FAIRBESSER BERLIN! – Sozial verantwortliche Beschaffung ......Faire Beschaffung in Deutschland –...

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Konferenzdokumentation FAIRBESSER BERLIN! – Sozial verantwortliche Beschaffung umsetzen 06.11.2019 Berlin, Haus der Demokratie & Menschenrechte

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Konferenzdokumentation

FAIRBESSER BERLIN! – Sozial verantwortliche Beschaffung umsetzen

06.11.2019

Berlin, Haus der Demokratie & Menschenrechte

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Inhalt

100 Jahre Internationale Arbeitsorganisation (ILO) ......................................................................... 3

Faire Beschaffung in Deutschland – Eine Übersicht ........................................................................ 4

Stück für Stück zur Fairen Hauptstadt – Praxisaustausch zu Guten Beispielen aus Berlin .............. 4

Rechtliche Perspektiven auf sozial verantwortliche Beschaffung .................................................... 5

Wege zu alternativen Nachweisformen – Soziale Kriterien in IKT-Ausschreibungen und alternative Nachweisformen ............................................................................................................................. 6

Berücksichtigung menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten – Sozial-nachhaltige Beschaffung von Spielwaren ...................................................................................................................................... 6

Verleihung von Urkunden an engagierte Verwaltungsmitarbeiter*innen .......................................... 7

Wie geht es weiter in Berlin? Perspektiven und Visionen für Faire Beschaffung in der Fairtradetown Berlin .............................................................................................................................................. 8 Am 06.11.2019 veranstalteten Weltwirtschaft, Ökologie und Entwicklung – WEED e.V. und die Christliche Initiative Romero – CIR e.V. in Kooperation mit dem Berliner FAIRgabe-Bündnis die Konferenz FAIRBESSER BERLIN! Sozial verantwortliche Beschaffung umsetzen! Anlass war unter anderem die laufende Reform des Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetzes (BerlAVG), zu deren Beginn die Organisationen Anfang 2018 die Konferenz FAIRgabe als Chance für ein faires Berlin veranstaltet hatten. Seither hat sich in Berlin einiges getan in Sachen sozialverantwortlicher Beschaffung. Es ist eine Verwaltungsvorschrift für soziale Kriterien in Planung und es soll bald mehr fachliche Unterstützung für Vergabestellen geben, die soziale Kriterien in ihren Ausschreibungen berücksichtigen. Außerdem haben Pilotausschreibungen stattgefunden, in denen soziale Kriterien gefordert wurden und es sind weitere geplant. Eine Befragung der Teilnehmer*innen zu Beginn der Veranstaltung zeigte außerdem, dass das Thema nun viel präsenter ist als vor 10 Jahren und von vielen mitgedacht wird. Nichtsdestotrotz bleibt Luft nach oben! Nach der Eröffnung der Konferenz durch Juliane Kühnrich von WEED und Tabitha Triphaus von der CIR gab Prof. Dr. Eva Senghaas-Knobloch von der Universität Bremen als Einstieg einen Überblick über 100 Jahre Internationale Arbeitsorganisation.

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100 Jahre Internationale Arbeitsorganisation (ILO) Prof. Dr. Eva Senghaas-Knobloch, Universität Bremen, Forschungszentrum Nachhaltigkeit

Mit diesem Vortrag wurde schnell klar: die ILO wird heute genauso gebraucht wie zur Zeit ihrer Gründung 1919. Derzeit sind weltweit die Hälfte aller Menschen in ungeschützten Verhältnissen tätig und 80 Prozent des Welthandels finden in trans-nationalen Produktionsnetzwerken und globalen Lieferketten statt. Zwar war man sich schon 1919 bewusst, dass ungehemmter Nationalismus und ungeregelter Wettbewerb in der Weltwirtschaft beispiellos destruktive Folgen haben, jedoch kommt es bis heute zu Schwierigkeiten in der Durchsetzung von ILO-Normen. Ein Grund ist laut Frau Senghaas-

Knobloch, dass sich die transnational aufgestellten Unternehmen, die sich mit einschlägigen Verhaltenscodices um eine Verbesserung der Lage bemühen, dabei allermeist nur ihre direkten Zulieferer der ersten Ebene erfassen. Gerade am Ende langer Ketten sind aber die Firmen mit den größten Defiziten. An sie werden die engen Vorgaben für Kosten und Termine der einkaufenden Multis weitergereicht. Seit 2011 sind Staaten gemäß den sog. Prinzipien und Leitlinien der Vereinten Nationen über Wirtschaft und Menschenrechte verpflichtet, die Menschenrechte zu achten, zu schützen und ggfs. Abhilfe zu schaffen. Unternehmen haben eine Sorgfaltspflicht, diese Rechte in ihren Wirtschaftsbeziehungen umzusetzen. Auch die EU unterstützt die Normen und verlangt nationale Aktionspläne zur Umsetzung. (Aktuell setzen sich WEED und die CIR gemeinsam mit zahlreichen weiteren Organisationen für ein verbindliches Lieferkettengesetz in Deutschland ein). Tatsächlich haben zahlreiche Länder die Kernarbeitsübereinkommen ratifiziert. Allerdings gerade Länder mit großer weltwirtschaftlicher Bedeutung nicht oder nur teilweise: z. B. Brasilien, China, Indien, aber auch die USA, begründet mit ihrer föderalen Struktur. Besonders groß ist die Ratifizierungslücke bei den zwei Übereinkommen zur Vereinigungsfreiheit und zum Schutz kollektiver Verhandlungen. Mehr als 40 Prozent der Weltbevölkerung lebt heute in Ländern die weder das grundlegende Übereinkommen zur Vereinigungsfreiheit noch zu kollektiven Verhandlungen ratifiziert haben. Und auch dort wo die Kernarbeitsnormen ratifiziert sind, finden sich vor Ort Mängel und Lücken bei der Anwendung Laut Prof. Dr. Senghaas-Knobloch reichen private Initiativen von Seiten einiger Unternehmen und Zertifizierungsagenturen oder zivilgesellschaftliches Engagement allein keinesfalls aus, um Rechte bei der Arbeit durchzusetzen. Notwendig sind eigene Organisationstrukturen der Beschäftigten und staatliche Strukturen vor Ort mit ausreichenden Ressourcen, z.B. für eine kompetente und mit Vollmachten ausgestattete, staatliche Arbeitsinspektion oder Gewerbeaufsicht. Unabdingbar sind aber auch zivilgesellschaftliche Aufmerksamkeit und größtmögliche Öffentlichkeit. Den spannenden Vortrag, in dem es auch um die Entstehung der ILO ging, können Sie hier nachlesen.

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Faire Beschaffung in Deutschland – Eine Übersicht Felicitas Schuldes, Servicestellen Kommunen in der Einen Welt (SKEW) Auch in diesem Beitrag wurde deutlich: politisch wird faire Beschaffung immer mehr gewollt. Die SKEW registriert einen Anstieg der aktiven Kommunen: 76 Kommunen sind im Portal Deutschland fairgleicht registriert. Das heißt sie haben sich für den Fairen Handel engagiert und/oder Sozialstandards in öffentlichen Ausschreibungen gefordert. Immer mehr Kommunen bewerben sich auch als Hauptstadt des fairen Handels. Dieser Preis existiert seit 2003. Felicitas Schuldes präsentierte erfolgreiche Beispiele für die nachhaltige Beschaffung von Arbeitskleidung aus Bonn, Dortmund und Langenzenn. Die Präsentation enthält außerdem Beispiele aus Buenos Aires und Kopenhagen sowie nützliche Informationen und Literaturhinweise zur fairen Beschaffung!

Stück für Stück zur Fairen Hauptstadt – Praxisaustausch zu Guten Beispielen aus Berlin

Da sich in Berlin in den letzten Jahren einiges getan hat, wurden in vier parallel stattfindenden Foren gute Beispiele für faire Beschaffung aus der Hauptstadt vorgestellt. Die Teilnehmer*innen konnten nacheinander an zwei von diesen teilnehmen.

Friedrichshain-Kreuzberg und Neukölln haben mit Unterstützung von WEED Natursteine aus sozial verantwortlicher Produktion ausgeschrieben. In den Ausschreibungen wurde bereits mit Angebotsabgabe von den Bietern eine Erklärung verlangt, in der sie sich verpflichten nur Steine zu verwenden, die unter Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen und darüber hinaus gehender Standards zu Arbeits- und Gesundheitsschutz hergestellt wurden. Vorgestellt wurden die Projekte von Juliane Kühnrich, Referentin für sozial verantwortliche Beschaffung. Mehr dazu erfahren Sie im Handbuch für faire Naturstein- und IT-Beschaffung.

Nicola Humpert von der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe arbeitet gerade an der Musterausschreibung für faireres Schulessen. Zukünftig sollen Reis, Ananas und Bananen in allen Berliner Schulen nach sozialen Kriterien beschafft werden. Angestoßen haben das Projekt Helena Jansen, Kepol-Koordinatorin in Friedrichshain-Kreuzberg und Tabitha Triphaus von der CIR. Weitere Infos finden Sie hier.

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Mehrere Berliner Fußballvereine kicken mittlerweile mit fairen Bällen und auch Schulen können seit März 2019 fair gehandelte Bälle über das Landesverwaltungsamt einkaufen. Michael Jopp, der Koordinator für Bezirkliche Entwicklungszusammenarbeit in Berlin, berichtete von der Kampagne „Berliner Sport – Rundum Fair“, die maßgeblich zu diesen Erfolgen beigetragen hat. 2020 soll die Kampagne auf Bundesebene gehoben werden, damit weitere Bundesländer dem Beispiel von Berlin folgen. Unterstützt wurde und wird er dabei von WEED, u.a. mit Workshops zum Thema Faire Bälle an Schulen.

Anne Neumann von Inkota e.V. informierte die Teilnehmenden in ihrem Workshop über die Produktionsbedingungen bei Lederschuhen. Neben schlechter Bezahlung sind viele Näher*innen, meist in Bangladesch, Chemikalien ausgesetzt, mit denen das Leder in einem aufwendigen Prozess vorbehandelt wurde. Diese gelangen auch in die Umwelt und verschmutzen beispielsweise Gewässer. Frau Neumann stellte Siegel vor, die man bei Leder fordern kann. Eine Alternative zu Lederschuhen, wie Schuhe aus Kunstleder, gibt es für den Bereich Arbeits- und Sicherheitsschuhe jedoch (noch) nicht. Was genau in Ihrem Schuh steckt erfahren Sie bei INKOTA.

Rechtliche Perspektiven auf sozial verantwortliche Beschaffung Katja Gnittke, Fachanwältin für Vergaberecht -WMRC Rechtsanwälte

Ein Grundsatz des Vergaberechts ist heute, dass soziale Aspekte berücksichtigt werden können. Damit hat sich auch hier die Situation deutlich zum Positiven verändert. Katja Gnittke stellte verschiedene Möglichkeiten vor, wie man sozial verantwortliche Kriterien in Ausschreibungen verankern kann. Dabei ging es auch um Möglichkeiten, wie man schlechte Arbeitsbedingungen von vornherein ausschließen könne: In der Lebensmittelbeschaffung kann man zum Beispiel saisonale, regionale Produkte beschaffen. Es ist zwar unzulässig eine Region einzugrenzen, aber Regionalität kann in Hinblick auf die Frische mit kürzeren Lieferwegen gerechtfertigt und in der Leistungsbeschreibung gefordert werden. Wichtig sind natürlich immer die Verbindung zum

Auftragsgegenstand und die Wahrung der Verhältnismäßigkeit. Beschaffer*innen sollten außerdem immer im Hinterkopf haben, dass die geforderten sozialen Kriterien überprüfbar sein müssen – hier kann im Zweifel viel Arbeit im Nachhinein entstehen. Bieterdialoge können eine flexiblere Verfahrensart sein, um vorher mit bietenden Unternehmen ins Gespräch zu kommen. Alle Details finden Sie im Vortrag von Frau Gnittke. Nach diesem allgemeinen rechtlichen Überblick stellten Annelie Evermann von WEED und Christian Wimberger von der CIR Aspekte für die Produktgruppen Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) und Spielzeug vor.

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Wege zu alternativen Nachweisformen – Soziale Kriterien in IKT-Ausschreibungen und alternative Nachweisformen Annelie Evermann, WEED e.V.

Bei IKT-Ausschreibungen können nicht nur Zertifikate gefordert werden, sondern auch gleichwertige Prüfprotokolle oder die Teilnahme an einer Brancheninitiative zu IKT kombiniert mit einem Audit-Bericht. Frau Evermann stellte in ihrem Vortrag diese und weitere Möglichkeiten für die Berücksichtigung sozialer Kriterien in IKT-Ausschreibungen vor und ging auch auf Möglichkeiten ein, wie man Konfliktrohstoffe, die in allen IKT-Geräten enthalten sind, berücksichtigen kann. Eine neue Bietererklärung, welche vom Beschaffungsamt des BMI mit dem IT-Branchenverband Bitkom ausgehandelt wurde, geht über die

ILO-Kernarbeitsnormen hinaus und bezieht je nach Auftragsvolumen auch die zweite und dritte Lieferkettenstufe mit ein. Als Nachweis soll ein Dokumentenkatalog mit Fragen u.a. zu den Produktionsstätten vorgelegt werden oder ein Audit durch einen Dritten. Annelie Evermann betonte, dass dies zeigt, dass die Bieterseite zu mehr bereit ist als nur zur Abgabe von Gütezeichen. Denn beim IT-Branchenverband waren mehrere große IT-Hersteller und auch Systemhäuser an der Verhandlung beteiligt. Auf Nachfrage stellt Frau Evermann fest, dass die Einhaltung mancher sozialer Kriterien, wie z.B. ob Vereinigungsfreiheit eingehalten wird, nur schwer mit Audits geprüft werden kann. Eine gute Möglichkeit ist daher die Mitgliedschaft bei der Monitoring-Organisation Electronics Watch, welche mit Arbeitsrechtsorganisationen vor Ort zusammenarbeitet. Weiterführende Informationen finden Sie in dieser Präsentation oder auf PC Global.

Berücksichtigung menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten – Sozial-nachhaltige Beschaffung von Spielwaren Christian Wimberger, CIR e.V. Bei Spielzeug verhält es sich ähnlich wie bei IT: derzeit ist kein fair zertifiziertes Spielzeug verfügbar. Bei gängigen Initiativen zu dem Thema liegt der Fokus auf Sozialaudits, nicht auf den Sorgfaltspflichten der Hersteller. Es gibt stichprobenartige Kontrollen in den Betrieben, die aber wenig glaubwürdig sind. Die Marktmacht der öffentlichen Hand kann bei Spielzeug also vor allem genutzt werden, um Anreize für Unternehmen zu schaffen, faires Spielzeug anzubieten. In einem Pilotprojekt mit der Stadt Köln führte die CIR einen Marktdialog mit Spielzeugherstellern durch und erfuhr so mehr über ihre bisherigen Bestrebungen, Sorgfaltspflichten in der Lieferkette umzusetzen. In der Ausschreibung wurde mit Fragebögen gearbeitet. Diese mussten sowohl von den Bietern, zum Teil aber auch von den Herstellern ausgefüllt werden. In den Zuschlagskriterien wurden soziale Aspekte mit 20% bewertet, neben dem Preis (40%) und der Qualität (40%). Alle Informationen zum genauen Vorgehen gibt es im Vortrag von Herrn Wimberger.

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Verleihung von Urkunden an engagierte Verwaltungsmitarbeiter*innen

Öffentliche Akteure die bei ihrem Einkauf auf soziale und ökologische Kriterien setzen haben eine große Hebelwirkung, die es ermöglicht unternehmerisches Handeln zu beeinflussen. Jede*r Verwaltungsmitarbeiter*in, der/die bei Ausschreibungen arbeits- und menschenrechtliche Kriterien berücksichtigt, ist Vorbild für Bürgerinnen und Bürger und macht gleichzeitig ganz direkt auf globale Zusammenhänge aufmerksam. Im Rahmen der Konferenz bedankten sich die Veranstalter*innen deshalb für besonderes Engagement in der sozial verantwortlichen Beschaffung. Denn eine Veränderung der öffentlichen Beschaffung gelingt nur mit engagierten Mitarbeiter*innen und die vorgestellten Pilotprojekte wären ohne die Unterstützung aus der Berliner Verwaltung nicht denkbar. Geehrt wurden deshalb Frau Ines Rackow von der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie, Frau Daniela Müller und Markus Rieger von der Senatsverwaltung für Inneres und Sport, Frau Helena Jansen vom Bezirk Friedrichshain Kreuzberg und Frau Beatrix Hartmann-Lamberty vom Landesverwaltungsamt. Frau Rackow hat sich besonders für die Verankerung von Kriterien des Fairen Handels bei der Ausschreibung für das Berliner Schulessen eingesetzt. Frau Müller und Herr Rieger setzen sich besonders für den Einsatz von fair produzierten Bällen bei Berliner Sportvereinen ein. Frau Hartmann-Lamberty hat sich für den Einkauf von fair produzierten Bällen stark gemacht. So können Schulen und Vereine seit März 2019 fair gehandelte Bälle über die Liste des LVwA

beziehen. Frau Jansen hat sich in den letzten zwei Jahren besonders für die Verankerung sozial verantwortlicher Kriterien in verschiedenen Pilot- und Musterausschreibungen zu Natursteinen, Fußbällen und Lebensmitteln stark gemacht, die Ausschreibungen kontinuierlich begleitet und nachgehakt, wenn es Unklarheiten bezüglich der Nachweise gab. Für dieses Engagement ein Herzliches Dankeschön und Weiterso an dieser Stelle!

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Wie geht es weiter in Berlin? Perspektiven und Visionen für Faire Beschaffung in der Fairtrade-Town Berlin Forderungen des Berliner FAIRgabe Bündnis Julia Otten, Berliner FAIRgabe-Bündnis & Germanwatch e.V.

Am Vormittag wurde deutlich, dass das Thema faire Beschaffung in Berlin an Bedeutung gewinnt. Noch immer fehlen allerdings ein verbindlicher Rahmen und der dazugehörige Kontroll-mechanismus. Das ging sowohl aus den Forderungen des FAIRgabe-Bündnisses als auch aus der anschließenden Podiumsdiskussion hervor.

Julia Otten vom Berliner FAIRgabe-Bündnis betonte, dass es nicht nur eine Gesetzesänderung braucht, sondern auch eine Änderung in den Strukturen. Bedarfe müssen beispielsweise

gebündelt werden, das Beschaffungsmanagement muss verbessert werden und es sollte eine Kompetenzstelle geben, die Beschaffer*innen dabei unterstützt, soziale Kriterien in Ausschreibungen rechtssicher einzufordern. Auch unterstützende politische Maßnahmen wie ein Aktionsplan für nachhaltigen Einkauf gehören zu den Forderungen des Bündnisses. Nicht zuletzt muss das Tarifvertragssystem gestärkt werden.

Podiumsdiskussion mit Staatssekretär Christian Rickerts, SenWEB, Dr. Ina Czyborra, SPD-Fraktion, Clara Herrmann, Bezirksstadträtin Friedrichshain-Kreuzberg, Frank Dickmann, CEO BESCO Steincontor

Laut Staatsekretär Rickerts werden einige dieser Forderungen berücksichtigt. Geplant sei beispielsweise faire Beschaffung in den Lehrplänen der Berliner Verwaltung zu verankern. Zudem sei das neue BerlAVG, welches aktuell von den Senatsverwaltungen gegengezeichnet wird, grundlegend anders als das derzeitige und berücksichtige soziale Kriterien umfassend. Die Kompetenzen und Einsatzmöglichkeiten der Kontrollgruppe sollen noch weiter ausgebaut werden und die Erstellung von Verwaltungsvorschriften für soziale Kriterien ist bereits im Gang. Bezüglich der vom FAIRgabe-Bündnis geforderten Kompetenzstelle für faire Beschaffung war noch nicht klar, ob dafür eine extra Stelle eingerichtet wird oder lediglich Honoraraufträge für spezifische Ausschreibungen vergeben werden. Rickerts befürwortete die Einrichtung einer eigenen Stelle.

Frank Dickmann, der CEO vom Steincontor BESCO, wünscht sich vor allem klare Vorgaben für Nachweise und deren Überprüfung. Nur so haben die Unternehmen die sich bemühen Sozialstandards einzuhalten wirklich einen Wettbewerbsvorteil. Clara Hermann betonte ebenfalls, dass sie gesetzliche Vorgaben befürworte. Allein so würde den Mitarbeiter*innen die Sicherheit gegeben, dass sie die Kriterien wirklich fordern und im Zweifel mehr Geld ausgeben dürfen.

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Abschließend fasste Ina Czyborra zusammen: Faire Beschaffung ist zwar auch eine Kostenfrage, sollte aber trotzdem immer mitgedacht und gestärkt werden. In einer Stadt wie Berlin, in der es schon so viele gute Beispiele für nachhaltige Wirtschaft gibt, könnte eine flächendeckende faire Beschaffung zu einem Alleinstellungsmerkmal werden.

Die Veranstalter*innen und das FAIRgabe-Bündnis hoffen, dass den Worten nun Taten folgen und erwarten gespannt den Gesetzesentwurf. Berlin kann mehr! Berlin handel! Fair!

Eine ganz besondere Art der Dokumentation wurde in Form einer Visualisierung von Gabriele Schlipf erstellt.

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Bilder Bildrechte: Christliche Initiative Romero e.V. & S.1 Gabriele Schlipf Kontakt Christliche Initiative Romero e.V. Weltwirtschaft, Ökologie & Entwicklung e.V. Tabitha Triphaus Referentin für Beschaffung, fairen Handel [email protected] Telefon: 0251 - 67441320 www.ci-romero.de Berliner FAIRgabe-Bündnis

www.fairgabe.berlin

Tina Haupt Referentin für nachhaltige Produktion & Beschaffung [email protected] Juliane Kühnrich Referentin für nachhaltige Beschaffung [email protected] Tel: 030 - 27596644 www.weed-online.org

Es wird darauf hingewiesen, dass die veröffentlichende Organisation für den Inhalt allein ver-antwortlich ist. Die hier dargestellten Positionen geben nicht den Standpunkt von Engagement Global gGmbH und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwick-lung oder der Landesstelle für Entwicklungszusammenarbeit Berlin (LEZ) wieder.