Familiengesundheitspflege - Eine Erweiterung für die Pflege zu Hause im Bezirk Steyr-Land (OÖ)
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Familiengesundheitspflege
Eine Erweiterung für die Pflege zu Hause im Bezirk Steyr-Land (OÖ)
Mag. Stefan Hagauer, [email protected]
Ergebnisse der Bedarfsanalyse
Empfehlungen für die Einführung
Methode und Ziele Methode:
• 10 problemzentrierte leitfadengestützte Einzelinterviews mit pflegenden Angehörigen
aus der Gemeinde Großraming (Zeitraum Jänner bis April 2010)
• Feldzugang - „Stammtisch für pflegende Angehörige“ in Großraming
• Auswertung - Zusammenfassende qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring (2009)
Ziele:
• Beispielhafte Bedarfsanalyse anhand der Situation der pflegenden Angehörigen
• Bezirksspezifische Empfehlungen für die Umsetzung der Familiengesundheitspflege
im ambulanten Pflege- und Betreuungsbereich
• Zukunftsszenario der Arbeit einer Family Health Nurse im Bezirk Steyr-Land
Diskussion und Aussicht Für eine erfolgreiche Einführung einer professionellen Familiengesundheitspflege in
Österreich sind demzufolge zahlreiche Maßnahmen notwendig. Die Pflegeexperten sind
sich einig, dass die Familiengesundheitspflege das zu wenig ausgeschöpfte
Betätigungsfeld der Gesundheitsförderung und Prävention im ambulanten Bereich
forcieren und professionalisieren kann. Ein konzipiertes Zukunftsszenario bestätigt diese
Annahme. Unter der Annahme, dass die zuvor gegebenen Empfehlungen umgesetzt
werden, wird im Szenario die Arbeit einer Family Health Nurse im Bezirk Steyr-Land
beschrieben. Im Detail analysiert das Szenario folgende Punkte:
- Berufsqualifikation (fachliche Kompetenzen, Berufserfahrung, persönliche Fähigkeiten)
- Potentielle Anstellungsverhältnisse und die dazugehörigen Tätigkeitsbereiche
- Arbeitsplatz (Ausstattung, Lokalisation, etc.)
Nähere Informationen bzgl. den Umsetzungsempfehlungen und dem Zukunftsszenario sind
auf der Homepage des Österreichischen Gesundheits- und Krankenpflegeverbandes in der
vollständigen Diplomarbeit (www.oegkv.at/publikationen/abschlussarbeiten/diplomarbeiten.
html) nachzulesen.
Literatur
Eberl I., Schnepp W. (2008): Abschlussbericht – Die multizentrische Pilotstudie der WHO zur Family Health Nurse. Eine Untersuchung über die Machbarkeit der Familiengesundheitspflege in Deutschland. Lehrstuhl für familienorientierte und gemeindenahe Pflege in
Witten/Herdecke. Im Auftrag des Deutschen Bundesverband für Pflegeberufe e. V. (DBfK).
Rotes Kreuz Österreich (2008): To Do-Liste für Österreich. Online unter http://www.roteskreuz.at/fileadmin/user_upload/PDF/Gesellschaftspolitik/Anliegen_Bundesregierung_Final__2_.pdf (18.11.2008).
Wild M. (2007): Pflege (in) der Familie – Umsetzung der Family Health Nurse in Österreich. Österreichische Pflegezeitschrift, 60, 10, 18-23.
Wild M. (2008): Gesundheitsförderung im Alter. Gesundheitsförderung ein neues Handlungsfeld für die Pflege? Online unter http://www.oeph.at/docs/Linz2008/Wild.pdf (20.03.2010).
Ausgangslage Die Implementierung einer Familiengesundheitspflege wird hier zu Lande bereits von
Pflegeexperten gefordert. Diese Forderung ist die logische Folge von fehlenden
adäquaten familien- und gemeindenahen Pflege- und Betreuungsangeboten. Das RK
Österreich schlägt diesbezüglich das WHO Konzept der Family Health Nurse vor und
hat bereits in Zusammenarbeit mit dem Land Steiermark, dem ÖGKV, sowie dem
Gesundheitsministerium ein auf nationale Strukturen adaptiertes Ausbildungs-
curriculum für eine mögliche Umsetzung entworfen (vgl. Wild, 2007, 21).
Kernaspekt der Familiengesundheitspflege ist ein interaktionsorientierter Pflegeansatz,
der die pflegebedürftige Person inkl. ihres Bezugssystems als Leistungsempfänger
sieht. Für die Pflege zu Hause in Österreich bedeutet das eine Erweiterung des
Handlungsfeldes. Gesundheitsförderung und Prävention können so gezielt in die
Familien eingebracht werden (vgl. Wild, 2008, 18-19).
FOKUS Pflege- und Betreuungsangebot (inkl. Ehrenamt)
• keine adäquaten Hilfsdienste (Familie wird im Kontext der Gesamtsituation nicht
wahrgenommen, fehlende Absprache der Hilfsdienste untereinander)
• Fehlendes/mangelndes Entlassungsmanagement nach Krankenhausaufenthalt
• Viele Ansprechpersonen erschweren Informationseinholung und Eigeninitiative
• Stammtisch für pflegende Angehörige ist wesentliche Bereicherung (geschützter und
vertraulicher Rahmen, Austausch-, Informations- und Fortbildungsplattform)
• Familien- und gemeindenahe Angebote können/wollen nicht in Anspruch genommen
werden (fehlendes Angebot bzw. Angebotsnähe, fehlende Zeit durch Notwendigkeit
der Anwesenheit daheim, kein geschützter anonymer Rahmen, Gesundheitszustand
der pflegenden Angehörigen lässt es nicht zu)
• Regelmäßiger Kontakt mit Pflegefachkraft erwünscht (fixe Person im Ort)
• Regelmäßige Informationen zum aktuellen Angebot erwünscht
FOKUS Pflege und Betreuung im Setting „Familie“
• Bedürfnis Familienangehörige zu Hause zu pflegen (familiäres Verpflichtungsgefühl)
• Familie und ihre Bedeutung (Unterstützungsressource, familiärer Zusammenhalt als
Entscheidungskriterium für die Pflege zu Hause)
• Einschränkungen/Veränderungen (ständige Anwesenheit notwendig, Belastungs-
grenzen werden erreicht bzw. überschritten, eigene Bedürfnisse werden zweitrangig)
FOKUS Wissens-/Informationsstand pflegender Angehöriger
• Wissensmangel über regionales Pflege- und Betreuungsangebot (zu wenig und nicht
auf die pflegenden Angehörigen abgestimmte Informationsvermittlung)
• Information und Wissen fördert Situationsbewältigung (Förderung der Selbstfürsorge
und Unabhängigkeit, Copingstrategien werden entwickelt)
FOKUS pflegende Angehörige im Kontext der Gesellschaft
• fehlende Wertschätzung und Anerkennung (von Familie, Hilfsdienste, Gemeinde)
• Unzufriedenheit mit der Pflegestufeneinteilung (fehlende Einbindung der pflegenden
Angehörigen und der Hilfsdienste, Momentaufnahme, lange Wartezeiten)
FOKUS Familiengesundheitspflege – erste Vorstellungen
• fremde Person (nicht vom Ort), welche regelmäßig die Familien aufsucht
• Anonymität (Familiensituation soll im Ort nicht bekannt werden)
• primäre Ansprechperson für sämtliche pflegerische Belange im Ort
1. Sensibilisierung gesundheitspolitischer Entscheidungsträger
Überzeugungsarbeit der österreichischen Pflegewissenschaft auf Kommunal-, Bezirks-,
Landes- und Bundesebene (Föderalismus!) bzgl.:
• Nachhaltigkeit (finanziell u. qualitativ) v. Gesundheitsförderung u. Prävention
• Notwendigkeit von Familien/pflegenden Angehörigen für das nationale Pflegesystem
• Aufwertung des ambulanten Pflege- und Betreuungssektors
2. Adäquate Familiengesundheitspflegeausbildung
• Weiterbildung nach § 64 bis zur vollständigen Akademisierung der Pflege und Inte-
grierung von Lehrveranstaltungen mit Fokus familien- und gemeindenahe Pflege in die
derzeitigen pflegebezogenen Studiengänge
• Nach vollständiger Akademisierung Ansiedlung auf tertiärer Ebene (Masterstudium
bzw. Universitätslehrgang) durch die Gespag in Zusammenarbeit mit dem FH Campus
Steyr oder Linz
• Dozenten – nationale Experten v. der Curriculumsentwicklung, ausländische Experten
(z.B. vom deutschen Pilotprojekt) und regionale Experten
• Ausbildungsorganisation – berufsbegleitend mit Theorieblöcken
• Berufsbezeichnung – „Family Health Nurse“ zur besseren internationalen Transparenz,
Vergleichbarkeit und Nostrifizierbarkeit (vgl. Eberl et al., 2008, 52)
• Zielgruppe – DGKS und DGKP aus dem ambulanten und stationären Bereich
• Ausbildungskosten – Übernahme durch Arbeitgeber und der öffentlichen Hand
3. Einbindung der Familiengesundheitspflege in die bezirks-
spezifischen Strukturen
• Angebotserweiterung für die vom SHVSE beauftragten Organisationen (RK, Caritas)
• Ausbau des Informations- und Beratungsangebotes der Sozialberatungsstellen
• Durchführung eines Community Assessments als Planungsgrundlage für den SHVSE
• Family Health Nurse als Pflegexperte bei der Pflegestufeneinteilung
• Referenten für Fort- und Weiterbildungskurse im Rahmen der Angehörigenpflege
• Ehrenamt (z.B. Stammtisch für pflegende Angehörige) und Gemeinden (z.B. Um-
setzung von Gesundheitsprojekten) als Profiteure von Family Health Nursing
• Finanzierung
- Rahmenbedingungen auf Kommunal-, Bezirks-, Landes- und Bundesebene für
Leistungsanerkennung und Vergütung durch öffentliche Hand schaffen
- bundesweit einheitliche Strukturen und Leistungsangebot in der ambulanten Pflege
4. Regional flächendeckende Bedarfsevaluierung
• Pflegende Angehörige als adäquate Zielgruppe für Bedarfsevaluierung
• Regionale Leistungsanbieter, Organisationsleitungen, Beratungsstellen, in der am-
bulanten Pflege und Betreuung tätige Pflegefachkräfte (inkl. Ehrenamtliche) müssen
ebenso in die Bedarfsevaluierung miteinbezogen werden
5. Pilotprojekt als Vorstufe und Richtungsweiser
• Zur Feststellung der Machbarkeit und konkreten Problemstellen bzgl. einer Umsetzung
• Bedarfsanalyse zeigt, dass die im Rahmen des Curriculums erarbeiteten potentiellen
Handlungsfelder einer Family Health Nurse im Bezirk Steyr-Land durchaus erprobt
werden können
• Finanzierung durch Land OÖ, SHVSE und die einzelnen Gemeinden
• Wissenschaftliche Begleitforschung um Nachhaltigkeit zu überprüfen