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PREPRESS & PRINT | COLOR-MANAGEMENT 20 Druckmarkt 106 Dezember 2016 LIEBER SPÄT ALS GAR NICHT Mit über 190 Teilnehmern war die 5. Ausgabe des Fogra Colour Management Symposiums in München bestens besucht. Praxisnah bis visionär wurden Themengebiete wie Markenrecht, Werbemittelbeschaffung, Stolperfallen bei Software-Einstellungen, ISO-Druckbedingungen, DeviceLink-Profile, Spektraldaten, Multicolor-Anwen- dungen, Backlit-Besonderheiten im Large-Format-Print, Highspeed-Inkjet-Druck, Farbe im 3D-Druck, icc MAX und mehr behandelt. Leider kam uns die drupa 2016 mit ihren wichtigen Neuheiten dazwischen, sodass wir diesen Beitrag bisher nicht publizieren konnten. Doch für den ›Stehsatz‹ oder die Ablage ist das Thema zu wichtig. Also lieber später als gar nicht. Denn wer im Interesse seiner eigenen Wettbewerbsfä- higkeit und Kunden etwas lernen will, ist dafür auch bereit, Zeit zu investieren. Etwa für das umfangreiche Thema Farbe und dessen Management. Da sich aber Werbeagenturen kaum um dieses Thema kümmern, bleibt vieles (wenn nicht alles) an den Druckereien hän- gen. Ganz besonders jetzt, wo sich einiges an den Druckbedingungen ändert. COLOR-MANAGEMENT FARBKOMMUNIKATION IST MEHR ALS CMYK

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20 • Druckmarkt 106 • Dezember 2016

LIEBER SPÄT ALS GAR NICHT

Mit über 190 Teilnehmern war die 5. Ausgabe des Fogra

Colour Management Symposiums in München bes tens

besucht. Praxisnah bis visionär wurden Themengebiete

wie Markenrecht, Werbemittelbeschaffung, Stolperfallen

bei Software-Einstellungen, ISO-Druckbedingungen,

De vice Link-Profile, Spektraldaten, Multicolor-Anwen-

dungen, Backlit-Beson derheiten im Large-Format-Print,

Highspeed-Inkjet-Druck, Farbe im 3D-Druck, icc MAX

und mehr behandelt.

Leider kam uns die drupa 2016 mit ihren wichtigen

Neuheiten dazwischen, sodass wir diesen Beitrag bisher

nicht publizieren konnten. Doch für den ›Stehsatz‹ oder

die Ablage ist das Thema zu wichtig. Also lieber später

als gar nicht.

Denn wer im Interesse seiner eigenen Wettbewerbsfä-

higkeit und Kunden etwas lernen will, ist dafür auch

bereit, Zeit zu investieren. Etwa für das umfangreiche

Thema Farbe und dessen Management. Da sich aber

Werbeagenturen kaum um dieses Thema kümmern,

bleibt vieles (wenn nicht alles) an den Druckereien hän-

gen. Ganz besonders jetzt, wo sich einiges an den

Druckbedingungen ändert.

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issensvermittlung pur hattedas 5. Fogra Colour Mana -

ge ment Symposium Ende Februar2016 in Sachen Farb- und Auftrags-kommunikation geboten. Sehr hilf-reich, informativ und mit Tiefgang fürdiejenigen, die sich mit der Thematikschon immer beschäftigten – undauch für die, die das künftig intensi-ver wollen. Denn Farbkommunika-tion ist weit mehr als Farbnamen,Farbmaßzahlen oder ICC-Profile. Eines der Haupt probleme in derFarb kommunikation sind allerdingsdiffuse Farbangaben von Kunden, dieauf der anderen Seite aber eine ein-heitliche Farb anmutung auf allenMedienkanälen erwarten. Präzise definierte Farben spielen ge-rade bei Farbmarken eine gewichtigeRolle. Und das beginnt bereits beider Definition, wenn es darum geht,solche Einzelfarben und Farbkombi-nationen zu schützen. Sogenannte›Eintragungserfordernisse‹ sind eineobjektive Beschreibung anhandeines vom EuGH anerkanntenKennzeichnungs code wie RAL, Pan-tone, HKS oder CIELAB. Zur schüt-zenswerten Marke wird die Far be al-lerdings erst in Verbindung mit(ebenfalls farbigen) Schriftzügen;man denke an das Ni vea-Blau oderCoca-Cola-Rot. Die ›rechtserhaltendeBenutzung‹ setzt dabei voraus, dassdie Farbmarke auch angewendetwird und dabei farbmetrische Tole-ranzen eingehalten werden. Diesschlägt natürlich auch auf die ›Wer-bemittelbeschaffung‹ durch. Wenn 280 Rollenoffsetdrucker in 18Ländern für Werbemittel eines Kon-zerns arbeiten, geht es nicht ohneDefinitionen, Qualitäten und Toleran-zen. Steffen Kujus, Print- & Assetma-nagement der Rewe AG in Köln, be-schrieb die objektiven Probleme undwelche Zieltoleranzen zugelassensind, um bei den jährlich etwa 2.500Ausschreibungen Chancengleichheitzu gewährleisten. Es laufe in der Zwischenzeit zwaralles digital, doch sei immer mehrFachwissen verloren gegangen, be-

klagte Mario Drechsler, Highendme-dia. Das Hintergrundwissen rund umFarbmetrik und die entsprechendenNormen fehle. Beispielsweise die Be-deutung des Messmodus M1 (ISO13655:2009) bei der Beurteilung auf-gehellter Papiere in Verbindung mitder D50-Pultbeleuchtung (ISO 3664:2009) oder die Möglichkeiten, mitPDF/X-4-Daten (ISO 15930-7) undDeviceLink-Profilen die Farbwieder-gabequalität oder Sonderfarbendar-stellung besser in den Griff zu be-kommen. Er räumte aber ein, dass imFarbmanagement noch im mer vielfalsch gemacht werden kön ne.

Nicht nur Output Device

Hilfreich bei der Umstellung von deralten auf die neuen Normen kannlaut Peter Kleinheider von inpetto:zipcon das Projekt ›Fred15‹ sein, indem bvdm, ECI, Fogra und Ugra Ar-beitsmittel (PSO-v3-Profile und Gray-Con-Messmittel) für die beiden wich -tigsten neuen Druckbedingungenentwickelt haben. Fogra51 (PSO coa -ted v3 Fogra 52) löst Fogra39 (ISO-coated_v2_ECI) ab, Fogra52 (PSOun-coated_v3) ersetzt Fogra47 (PSOun-coated_ISO12647_ECI).Worin die qualitativen Unterschiedealt/neu liegen, und warum eine Um-stellung notwendig sei, beschriebFlorian Süßl, Professor an der Beuth-Hochschule für Technik in Berlin undeiner der Hauptakteure im Projekt.Ein Wunsch der Praxis war, das ledig-lich farbmetrisch übereinstimmendeProof- und Druckexemplar in besserevisuelle Übereinstimmung zu brin-gen. Die ISO 12647-2:2013 habehierzu die Rahmenbedingungen ge-schaffen. Fogra51/52 seien die ers ten Charak-terisierungsdaten, die im Messmo-dus M1 erstellt sind und die opti-schen Aufheller im Papier berück-sichtigen – der Hauptgrund für diebisherige Diskrepanz. Agenturen undDru cker sollten mit der Umstellungaber nicht warten, weil sie den An-schluss an die schon laufende Um-stellung verpassen kön nten.Das sieht auch Martin Klein von ctrl-s in Stuttgart so. Sein Appell an

die Drucker: »Werdet Datenhändler,beratet, und seid nicht nur OutputDevice.« Da nach wie vor Daten mitProfilen nach den alten Druckbedin-gungen ins Haus kommen, könneeine Umstellung jedoch nur pa ral lelund nicht radikal erfolgen. Einenwertvollen Beitrag leisteten in die-sem Szenario die Referenzdruck-Up-dates zur bvdm Altona Test Suite 2.0.Die Umrechnung zwischen alten undneuen Profilen müsste mit einer Rei -he von DeviceLink-Profilen für alleFälle abgedeckt werden. Ein guterFarbserver, der diese CMYK-CMYK-Anpassungen automatisch berech-net, oder explizit erstell te Device-Link-Profile seien dafür nö tig. Zweiderartige Profile (Fogra39 zu Fo -gra51 und umgekehrt) stehen aufECI.org im Download-Bereich. Wei-tere Varianten sollten zudem einenveränderten Unbuntaufbau (GCR),den Gesamtfarbauftrag (zurzeit300%) und Rastermodelle (auch FM)berücksichtigen.

Sonderfarben und Multicolor

Wenn das Arbeiten in CMYK schonseine Herausforderungen mit sichbringt, wird es bei Multicolor undSonderfarben noch einmal komple-xer. Denn was das nicht stan dar di -sierte Multicolor überhaupt bedeu-tet, umriss Dietmar Fuchs von Color-Logic: Es ist eine Farbraumerweite-rung durch fes te Farbpaletten, ein bisdrei Zusatzfarben zu CMYK, kom-plett abweichende CMYKRGB- undCMYKOGV-Farbsätze oder völlig ei-gene Sonderfarbenseparationen.Einen Ansatz, Sonderfarben herstel-lerneutral zu de finieren, bietet CxF(Color Exchange Format, ISO 17972)mit dem Normteil 4:2014 CxF/X-4.Teil 4 korrespondiert mit den sonder-farben- und mehrkanaligen NormenPDF/X-4 und Nachfolger. Erst mitCxF/X-4 werden in PDF/X-4 Über-druckfärbungen, Lasur- beziehungs-weise Deckverhalten und Farbreihen-folge abgebildet. .

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Ab Illustrator CS6 ist mit dem ›IC3DCxF Manager‹ der Import der CxF/X-4-Daten in die Illustrator-Palette unddas Speichern als PDF/X-4 mit einge-betteten CxF/X-4-Daten mög lich. Arkadius Kalwa vom polnischen Falt-schachteldrucker Karton-Pak rechne -te vor, wie Multicolor-Separationenwirtschaftlich und qualitativ vorteil-haft eingesetzt werden können. Da -bei werden Prozess- und Sonderfar-ben basierend auf Spektraldaten 7-farbig (CMYK + RGB mit vier RGB-Optionen) oder 6-farbig (CMYK +RG) separiert.Dabei machte er anhand verschiede-ner Aufträge aus der Faltschachtel-produktion deutlich, dass mit derrichtigen Vorgehensweise und Sepa-ration Anlaufmakulatur und Produk-tionszeit in beachtlichen Größenord-nungen eingespart werden könnten.So stünden 240 kg Makulatur nurnoch 40 kg gegenüber und 4,0 Stun-den nur noch 2,5 Stunden Produkti-onszeit gegenüber. Dabei steigereder 7-Farben-Druck die Sättigung,während Helligkeit und Farbton un-verändert blieben. Eine zusätzlicheSteigerung ließe sich mit mehrkana-ligen DeviceLink-Profilen erzielen.

Farbkontrolle für Durchlicht

Dieser Tagungsabschnitt legte Pra-xisprobleme offen, die bei der Farb-wiedergabe in der Außen- und Back-lit-Werbung zu bewältigen sind. Tho-mas Liesner von der Vignold Grouperläuterte dabei die Hürden bei derUmstellung der Leuchtrahmen aufLED-Licht. Denn bei der Umrüstungvon europaweit fast 900 Leuchtrah-men von Fluoreszenzlampen (5.500bis 6.000 Kelvin) auf LEDs, habe diebisher bewährte Farbwiedergabe imbeidseitigen UV-Druck mit Fogra39-Offsetprofilen ihre Gültigkeit verlo-ren. Daher wurden die gravierendenvisuellen Unterschiede von Röhrenund LEDs ermittelt, die LED-Licht-farbe spektral gemessen und alsWeißpunkt das stan dardisierte D50beim Erstellen des Ausgabeprofils er-setzt. In das Profil mussten Auflicht-(Tag) und Durchlichtsituation (Nacht)einfließen. Mit dem spezialisierten

Spektralfotometer barbieri SpectroLFP und einer Anpassung an dieLeucht kastenbedingungen mittelsFarbraumverzerrung in ColorLogicColorAnt habe dieses Problem eini-germaßen gelöst werden können.Der dürftige Farbwiedergabeindexder LEDs von 66 offenbarte da rüberhinaus den Grund, warum im LED-Licht alle Farben weniger gesättigterschienen. Da dies nicht mit einemICC-Profil korrigierbar sei, mussteeine unterstützende Auflicht-Be-leuchtung helfen. Fazit: Keine unge-eigneten LEDs akzeptieren, sonderngemeinsam mit dem Kunden dimm-bare LED-Kästen mit Farbwiederga-beindex > 90 auswählen und nach-messen!Den Claim ›Printing the Expected –Drucken, wie es der Kunde wünscht‹bezog Dorin Pitigoi auf die Backlit-Problematik. Der Rumäne erwähntealle denkbaren Einflussgrößen in sei-nem Vortrag, der durch seine Fakten-fülle bestach: LFP-Anforderungen,Substrat (Fo lie, Textil, Papier) undDicke beziehungsweise Streueigen-schaften, Finishing, Untergrün de beiFarbmessungen, Lichtmessung undkonkrete Betrachtungsbedingungen,Standardisierungsansätze (PSO,PSD), Proof und Validierung, PDF/X-Datenqualität, Workflow- und RIP-Einstellungen ... Da raus resultierteein Konzept, wie sich sys tematischan die Sache herangehen lässt.1. Evaluierung: Wartung in Überein-stimmung mit den Herstellereinstel-

lungen, Eignung der Materialkombi-nation prüfen, Farbreferenz wählen,Auf- und Durchlicht-Besonderheitenkonkretisieren. 2. Prozesskontrolle: Kalibrierung, da -rauf basierend Charakterisierungsda-ten und ICC-Profil erstellen. 3. Verifizierung: Validierung mit Me-dienkeil oder Mess streifen, Lineari-sierung und Qualitätssicherung.Vor allem müssen die Umgebungs-bedingungen bekannt sein. Die nenRöhren oder LEDs als Lichtquelle undwelche Lichtart empfiehlt sich? Diekonkrete Lichtsituation am Aufstel-lungsort muss definiert werden. Wel-ches Material in welchem Set up mitwelcher Beleuchtung führt zu wel-cher Druckart? Beidseitiger Druck seibei Back lit-PVC und -Textil üblich. Eswerde im Rollen-LFP-Inkjet in zweiDurchläufen produziert, was passge-naue Motivspiegelung erfordere,wobei je nach Setup und Durch-leuchtung die Intensitätsanteile zwi-schen Vorder- und Rückseitendruckharmonisch sein müssten. EinseitigerDruck wer de mit weißen Schichtenzwischen jeweils zwei Prozessfarb-schichten im Flach bett-LFP ausge-führt, zum Beispiel auf Acryl-, Plexi-und Standardglas oder transparen-ten Selbstkle befolien.Dr. Patrick Herzog von R&D in Colour,Emsdetten, beschrieb in einer selbstfür Farbmetriker anspruchsvollenPräsentation, wie eine inhomogeneDurchlichtmessung am Backlit-Ma-terial zu vermeiden sei und durcheine mathematisch korrigierte Auf-lichtmessung ersetzt werden könne. Dieses sogenannte Rec to-Verso-Mo -dell sei erst vor ein paar Jahren vonMathieu Hébert und Ro ger DavidHersch publiziert worden und findesich im Fogra-Forschungsbericht›Farbma nagement für transparenteMedien‹.

Highspeed-Inkjet-Druck

Um den Highspeed-Inkjet-Druck kon-kurrenzfähiger zu machen, müsse dieEntwicklung auf geringere Preise beiden Tinten und in einer noch breite-ren Eignung unkonditionierter Pa-piere hinarbeiten, meinte Arjen Gold-

schmidt von Canon. Auf eine 30 Zollbreite Bahn prasselten schließlichpro Sekunde 36 Mrd. Tintentröpf-chen. Wer nachrechnen will: 0,76 mBreite, 160 m/Min. Geschwindigkeit,1.200 x 1.200 dpi Auflösung, je 4Farben auf Vorder- und Rückseite,Feuerrate 64 kHz. Über die durch-schnittliche Tröpfchengröße von 2 Pi-colitern ließen sich gleich Verbrauchund Kosten berechnen. Zudem erläuterte Goldschmidt, wietintensparende Kalibrierung und Pro-filierung an der bei Boschdruck in-stallierten Océ ImageStream 3500vorgenommen werden. Ausgehendvon der stark limitierten Auswahl anHighspeed-Inkjet-tauglichen gestri-chenen und ungestrichenen Papierenentwickelte Océ eine Tinte, die auchvon gestrichenem Offsetpapier ohneKoaleszenz (Zusammenziehen derTröpfchen zu Lachen) angenommenwird. Bei einer Auflösung von 1.200x 1.200 dpi seien 100 Pixel mit Tröpf-chenvolumen von 2,2 pl (Verbrauch220 pl) darstellbar; die geschwindig-keitsorientierte Auflösung von 600 x600 dpi erlaube 25 Pixel mit 5 pl(125 pl), 7 pl (175 pl) und 12 pl (300pl). Gegenüber dem Offset sei derPunktzuwachs im Inkjet etwa dop-pelt so hoch und abhängig von Ras -termodell, Papieroberfläche und Tin-tenviskosität.Die Linearisierung im Farbraum ori-entiere sich an den Primär- und Se-kundärfarben von Fo gra 39. Die Test-form umfasse bis zu 4.000 Felder.Gedruckt werde in ei nem nichtperi-odischen Raster (Multilevel). Überdas Tröpfchenvolumen könnten dieTonwertkurven derart gestaltet, ver-schoben und geneigt werden, dass –ähnlich wie im GCR für den Offset-druck – mit einem reduzierten Tin-tenauftrag gearbeitet werden könne,ohne die Farbwiedergabe zu desta-bilisieren. Damit spare man nicht nurteure Tinte, sondern verhinde re Koa-leszenzeffekte, beschleunige dieTrocknung und erweitere das Papier-spektrum.Allerdings beeinflusse eine Reduzie-rung unter 240% Gesamtauftrag dieTertiärfarben und unter 200% sogardie Sekundärfarben. Da her beziehe

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Océ die Bedruckbarkeit des Mediumsin der Form ein, dass Auflösung undTröpfchenvolumen ausbalanciert zurStabilisierung der Farbwiedergabebeitragen. Die Reduzierung werdemit festem Grenzwert des Gesamt-farbauftrags (zum Beispiel 200%)oder des Tintenvolumens (zum Bei-spiel 220 pl pro 100 Pixel) kalkuliert.Mit diesem patentierten Verfahrensei sogar ein stabiler (wenngleich inder Dichte grenzwertiger) Gesamt-auftrag von unter 100% möglich.Boschdruck optimiere seine Papierenach Grammatur und Applikation,für ähnliche Papiere biete sich dasModifizieren von Profilfamilien an.Eine Nachkalibrierung sei wegen derhohen Stabilität selten nötig, aberautomatische Voreinstellungen fürdas Finden des Optimums gebe esnicht.

Qualität im High speed-Inkjet

Kai Brückel, Partner für Farbmanage-ment und Qualitätssicherung, stelltezusammen, was Qualität im High -speed-Inkjet-Druck beeinflusst undwas Anwender benötigen. Im Ver-gleich zum Offset seien die herstel-lerspezifischen Farbensysteme die›Kostentreiber‹ des Verfahrens undgeringe Substratvielfalt ohne Stan-dardisierung ein Unsicherheitsfaktor.Ein durchgängig digitaler Prozess mitschwankungsfreier, stabiler Ausgabewird gefordert. Qualitätsparameterseien Farbwiedergabe auch bei CI-

Far ben, Flächenhomogenität, opti-maler Passer, akzeptable Auflösung,geringes Durch schlagverhalten, les-bare Strich- und QR-Codes, Dublet-ten- und Fehlererkennung. Übersehen werde dabei oft der Ener-gieverbrauch im Stand-by. Eine Ein-teilung in marktrelevante Qualitäts-klassen A (Akzidenzen wie Offset-druck auf Bilderdruckpapier), B (ak-zidenzähnliche Produkte) und C (zei-tungsähnliche Produkte, Flyer, Bei -lagen) laut Fogra-ProzessStandardDigitaldruck (PSD) biete sich an.Mit einer ausgeklügelten Testformprüft Brückel für beide Seiten der Pa-piere die Gültigkeit von ICC-Profilen(zum Beispiel Offsetstandard ISO12647-2 mit Fogra39), großflächigeGraubalance, Auflösung, Druck -kopfpositionierung und damit ver-bunden die Homogenität und Inten-sität des Tintenauftrags – denn esgibt so etwas wie Strangunterschie -de, vor allem wenn einzelne Druck-köpfe innerhalb der Formatbreite er-neuert wurden. Für Diana Esser von Esser printSolu-tions, Bretten, ist die Fogra-PSD-Zer-tifizierung ein wich tiges Marketing -Argument. Esser setzt eine vierfarbigdruckende HP WebPress T230 ein.Brückl begleitete die Zertifizierungim Januar 2016. Dabei gelang es, ei-nige bislang unbemerkte Schwach -stellen im Workflow herauszufinden(hilfreich: PDFX-ready-Output-Datei). Gedruckt werden ausschließlich Ma-nuale, denen gegebenenfalls sogar

Ersatzteile beigelegt werden müs-sen, die Esser mit bevorratet. Quali-tät bedeute daher nicht nur die opti-male Farbwiedergabe, sondern auchund vor allem Fehlerfreiheit und rei-bungslose Produktion.

Farbe im textilen Dekordruck

Beim industriellen Textildruck stehedie Umstellung auf digitale Prozessetrotz Digitaldruck noch am Anfang,erläuterte Andreas Stephan von Ep -son. Viele Designer arbeiteten analogmit Stift und Pinsel und scannen ihreEntwürfe ein, statt Grafiktablett undSoftware zu nutzen. Dementspre-chend seien Farbmanagement, digi-tal unterstütztes Prototyping undProofen die Ausnahme. Es fehle ge-nerell am Verständnis, welche Effi-zienz der Fortschritt biete.Georg Boedler von Infoserv Medien-konzepte schilderte entsprechendePraxiserfahrungen. Für den Druck aufGewebe, Bezüge, Gardinen, Tapetenund Bildleinwand komme vor allemder Farbstoffsublimationsdruck inFrage. Trotz der hohen Anforderun-gen an die Farb wiedergabe werdefast ausschließlich visuell bewertet.Und das, obwohl das Druckverfahrenanfällig gegen Temperatur- undFeuchtigkeitsschwankungen sei. Dieeingesetzten Farben seien von hoherGüte, sodass vorhersagbare und re-produzierbare Qualität über die Soft-ware erzielt werden kön ne. Perio -disch müssten die zu den Geweben

passenden Linearisierungen über -prüft werden. Leider seien die Toolsfür den Dekordruck jedoch oft arm-selig ausgestattet: Linearisierung un-zulänglich, Einstellmöglichkeiten re-duziert, unsinnige vermeintliche Ver-einfachungen, zu simple Ma -nipulation des Schwarzaufbaus, derdie Farbwiedergabe gut stabilisierenkönnte. Für die Fogra gäbe es einweites Betätigungsfeld.Dass es digitalen Textildruck auchauf der Höhe der Zeit gibt, bewiesAntonios Granis von der Colour Con-sultant Group in Thessaloniki. DieTextil-Digitaldruck-Wertschöpfungs-kette zu charakterisieren und zu sta-bilisieren hat sich Granis zum Ge-schäftsmodell auserkoren. Das wich -tigste Know-how betreffe eine aufdas Gewebe abgestimmte Vorbe-handlung, um die Farbannahme zuoptimieren. Auch die Auswahl desSublimationsfarbstoffs richte sichnach dem Gewebe. Lediglich die fastuniversell anwendbaren Pigmentfar-ben kämen ohne Vorbehandlungaus. Die meisten Sublimationsfarb-stoffe benötigten eine Dampffixie-rung. Das abschließende Waschenund Trocknen habe keinen Einflussauf die Farb wiedergabe.Viele Eingriffsmöglichkeiten bötenRIPs und Tröpfchenvolumen. Die Da -ten ermittelt Granis mit einem Kugel-kopf-Spektralfotometer und zur Pro-filerstellung benutzt er bereits die fürsolche Messgeometrien offene ICC-Profilspezifikation v5 iccMAX. .

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Wohin die Reise geht

Dr. Andreas Kraushaar, Abteilungslei-ter Vorstufentechnik und Farbmetrik-experte bei der Fogra, wollte amEnde des zweitägigen Symposiumsschließlich wissen, welche Anwen-dungen zu erwarten sind oder be-reits funktionierten.Ob Farbmanagement im 3D-Druckfür die grafische Branche eine Rollespielt, sei einmal dahin gestellt. Je-denfalls präsentierte Dr. Philipp Trös -ter von der Fogra das Thema ›Grafi-scher 3D-Druck‹. Die Zukunft des ICC-basierten Farb-managements skizzierte Dr. MaxDer hak, Co-Chairman beim Interna-tional Colour Consortium (ICC). Da-nach soll iccMAX die reale farbigeWelt abbilden. Dazu sei en bisherigeICC-Beschränkungen zu überwinden:beispielsweise statt NormlichtartD50 und 2°-Normalbeobachter allebeliebigen Lichtfarben und Gesichts-feldgrößen, statt CIELAB oder CIEXYZ als geräteunabhängiger Profil-verbindungsfarbraum spektrale Farb-messdaten, statt diffuser auch ge-richtete Beleuchtung, statt simplerauch vieldimensionale Farbtransfor-mationen, aber statt komplizierterICC-Profil-Workflows auch einfachs -te Farbverarbeitungen – kurz: eineoffenere Farbmanagement-Platt-form, um völlig neue Anwendungenzu stimulieren. Diese lägen aber we-niger in der Druck indus trie, wenn -gleich Derhak die AnwendungsfelderVerpackung, Digitaldruck und Kunst-reproduktionen nannte. Realistischererscheinen farbige Werkstoffeschlechthin, in diesem Sin ne natür-lich auch durchgefärbte Verpa -ckungs materialien.Eine erste (deutsche) Anwendungnach iccMAX-Intention ist input4,eine Soft ware von basICColor für dieKameraprofilierung mit spektralenDa ten für beliebige Lichtarten, unteranderem geeignet für die Bestands-aufnahme und Gemäldereproduk-tion in Museen.

Mehr dazu:V www.color.org/iccmax/index.xalter

KOMMENTARWARUM COLOR-MANAGEMENT NICHT EINFACHER GEHT

Der nebenstehende Beitrag über das Fogra-Symposium ist in mehrfachen Ansätzen redigiertund schließlich deutlich gekürzt. Trotzdem setzen wir in dem Beitrag voraus, dass jeder denFach-Jargon der Farbmetriker und Color-Management-Experten versteht. Dass dem nicht so ist,wissen wir auch. • Von Klaus-Peter Nicolay

Aber zuerst einmal allerhöchsten Respekt für den AutorDieter Kleeberg. Zwei Tage Symposium, prall gefüllt mitanspruchsvollen Referaten – und dann eine Zusammen-fassung, die einer wissenschaftlichen Abhandlunggleich kommt! Aber der ›Druckmarkt‹ ist nun einmal ein-facher gestrickt. Und in Sachen Color-Management sindwir alles andere als Experten.Wenn Color-Management aber nicht ohne speziellesFachwissen, nicht ohne Normen, de ren entsetzliche Be-nennungen und nicht ohne Spezialisten-Kauderwelschgeht, weiß ich auch, warum sich Designer, Produktionerin den Agenturen (und nicht nur dort) beim ThemaColor-Management umdrehen und anfangen bitterlichzu weinen – oder aber schlicht und einfach abwinken.Und das, obwohl sie es waren, die eine bessere visuelleÜbereinstimmung gefordert haben.Ich habe dafür sogar Verständnis! Denn seit nunmehrgut 20 Jahren (und länger) reden wir von und über überColor-Management-Systeme. Und seit 20 Jahren (oderlänger) hat sich nichts bewegt. Es ist alles nochmals vielkomplizierter geworden.Im gleichen Zeitraum wurden Satz und Reprotechnik›demokratisiert‹, sodass das heute jeder kann (mehroder weniger gut). Satz und Repro wurden an die Kun-den ausgelagert, die in diesem Fach weder ausgebildet,noch gegautscht sind.Das alles fing mit den in der Branche gefeierten ›offe-nen Systemen‹ an, die Unabhängigkeit von den ›bösen‹Herstellern versprachen. Dabei begab sich die Branchein eine neue Abhängigkeit von Software-Giganten, ausderen Fesseln man sich kaum noch lösen kann. Vorallem wunderte sich die Branche auf einmal, dass Far b -verläss lichkeit nicht mehr so funktionierte, wie man esvon ›geschlossenen‹ System wie denen von Hell, Cros-field oder Scitex erwarten konn te. Die Vielfalt an Hard-und Software (PC von X, Softwa re von Y und Dru ckervon Z) machten es unmöglich, Farbe aufeinander abzu-stimmen. Des halb wurde der Schlachtruf ›Color-Ma na -ge ment‹ ausgegeben. Mit Software von eben den Her-stellern, die Urheber der ganzen Misere waren.

So lässt sich auch erklären, warum es bis heute nichtgelungen ist, das The ma verständlicher zu machen oderTools anzubieten, die den Umgang mit Farbe vereinfa-chen. Den Herstellern wird das auch künftig nicht ins

Konzept passen. Und ich habe den schlimmen Verdacht,dass es allen anderen Akteuren in diesem Umfeld auchnicht um Verständlichkeit geht, sondern darum, sich un-entbehrlich zu machen. Vereinfachung wäre dabei hin-derlich. Wer würde dann noch Berater für Color-Ma-nagement beauftragen, wenn es jeder beherrschenkönn te? Womit wollte die Schar an Beratern dann ihrGeld verdienen?

Der Schuss könnte aber auch nach hinten losgehen. Wirhaben auf der drupa erlebt, wie intensiv sich Herstellermit Print 4.0 und dem automatisierten Drucken ausei n -andersetzen. Dazu passt alles, nur nicht, dass irgend woirgendjemand mit einem Messkeil oder Densitometerdurch die Gegend läuft und die Maschine am Dru ckenhindert. Messen, Kalibrieren und alles, was dazugehört,muss bereits im Vorfeld geschehen sein. Es kann dem-nach auch für den Dru cker keine Knöpfe mehr ge ben,an denen er drehen kann. Damit stellt sich auch dieFrage, ob sich Drucker mit dieser Thematik überhauptnoch beschäftigen sollen?Natürlich geht es heute um mehr als um das Belichtenvon Filmen für den Offsetdruck. Digitaldruckmaschinenjeglicher Couleur sind dazu gekommen und auch dieDarstellung im Internet etc. soll farblich genau das wie-dergeben, was sich der Kunde oder Designer wünscht.Es geht aber auch darum, die Prozesse so schlank wiemöglich zu halten. Da ist Color-Management, wie es bisheute praktiziert wird, eher hinderlich – es sei denn,Color-Management ist so automatisiert, dass es nie-mand mehr merkt. Und genau das sollte Ziel der Ent-wicklungen sein (und ist es wohl auch, wenn man dasInternational Colour Consortium richtig versteht). Beianderen Arbeitsschritten innerhalb des Workflows funk-tioniert es doch auch!

Damit hätten die Entwickler ja schon genug zu tun.Wenn in Sachen Color-Management dann aber die Rededavon ist, man kön ne sich damit einen Wettbewerbsvor-sprung erarbeiten, kommen mir allerdings Zweifel. Ichkenne keine Druckerei, die wegen besonders schönerProfilierungskurven im Color-Management auch nureinen Auftrag mehr oder weniger verkauft hat. Da übensich einige CMS-Spezia lis ten wohl im Nachplappernsinnfreier Marketing-Sprüche.

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