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FernUniversität in Hagen Die Fortbestehensprognose im Rahmen des modifizierten zwei stufigen Überschuldungsbegriffs Thomas Rieger RECHTSWISSENSCHAFT

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Die Fortbestehensprognose im Rahmen des modifizierten zwei­stufigen Überschuldungsbegriffs

Thomas Rieger

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RECHTSWISSENSCHAFT

Die Fortbestehensprognose im Rahmen des modifizierten zweistufigen Überschuldungsbegriffs

ISBN: 978­3­96163­132­2http://unipress.readbox.net

17,10 €

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Thomas Rieger

Die Fortbestehensprognose im Rahmen des modifizierten zweistufigen Überschuldungsbegriffs

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Die Fortbestehensprognose im Rahmen des modifizierten

zweistufigen Überschuldungsbegriffs

Inauguraldissertation zur Erlangung des Grades eines Doktors der Rechte der Rechtswissenschaftlichen Fakultät

der FernUniversität in Hagen

von Thomas Rieger

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Impressum Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Die vorliegende Arbeit wurde von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der FernUniversität in Hagen im Wintersemester 2017/2018 als Dissertation angenommen. Erstgutachter: Prof. Dr. Ulrich Wackerbarth Zweitgutachter: Prof. Dr. Osman Isfen Disputation: 23. Januar 2018 1. Auflage 2018 ISBN 978-3-96163-132-2 readbox unipress in der readbox publishing GmbH Münsterscher Verlag für Wissenschaft Am Hawerkamp 31 48155 Münster http://unipress.readbox.net

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Vorwort

Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2017/2018 von der FernUniver-sität in Hagen als Dissertation angenommen. Rechtsprechung und Literatur wurden bis Februar 2017 berücksichtigt.

Mein herzlicher Dank gilt zunächst meinem Doktorvater, Herrn Professor Dr. Ulrich Wackerbarth, für die Betreuung der Arbeit. Herrn Prof. Dr. Osman Isfen danke ich für die schnelle Anfertigung des Zweitgutachtens und Frau Prof. Dr. Barbara Völz-mann-Stickelbrock für die Komplettierung des Prüfungsausschusses.

Mein herzlicher Dank gilt auch meiner Familie, die mich nicht nur stets motiviert und unterstützt hat, sondern bedingt durch die vorliegende Arbeit oftmals auch am Wochenende oder in den Ferien auf mich verzichten musste. Ohne sie wäre diese Ar-beit nicht zustande gekommen, weshalb ich diese Arbeit meiner Familie widme.

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort............................................................................................................ 5

Inhaltsverzeichnis ........................................................................................... 7 Abkürzungsverzeichnis .................................................................................. 13 A. Einleitung ............................................................................................... 19

I. Krisenbedingte Anpassung des Überschuldungsbegriffs im Jahre 2008 .............................................................................................................19

II. Unklarheiten im Rahmen der Fortbestehensprognose ................................21 III. Ziel der vorliegenden Arbeit und Gang der Untersuchung ........................22

B. Grundlagen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und des Überschuldungstatbestands ...................................................................25

I. Eröffnungsgründe des Insolvenzverfahrens ..................................................25 II. Grundlagen des Überschuldungstatbestands .................................................26

1. Persönlicher Anwendungsbereich ..........................................................26 2. Insolvenzantragspflichten und Folgen einer Pflichtverletzung .........27

a) Sinn und Zweck der Insolvenzantragspflichten ..........................27 b) Antragspflichtige Personen .............................................................29 c) Insolvenzantragsfrist ........................................................................29

aa) Fristbeginn ................................................................................29 (1) Meinungsstand ................................................................29 (2) Stellungnahme .................................................................30

bb) Fristende ...................................................................................31

d) Folgen einer Verletzung der Insolvenzantragspflichten ............32

aa) Haftung .....................................................................................32 bb) Strafbarkeit ...............................................................................32

3. Bestandteile der Überschuldungsprüfung .............................................33

a) Überschuldungsstatus ......................................................................33 b) Fortbestehensprognose ...................................................................33

aa) Vorbemerkung .........................................................................33 bb) Begriff des Unternehmens .....................................................33 cc) Fortführungswille ....................................................................35 dd) Prognosezeitraum ....................................................................35 ee) Prognosegegenstand ...............................................................37 ff) Prognosewahrscheinlichkeit ..................................................37

(1) Allgemeine Anforderungen ..........................................37 (2) Besondere Anforderungen bei beabsichtigten

oder eingeleiteten Sanierungsmaßnahmen .................38

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(a) Innerbetriebliche Sanierungsmaßnahmen ....... 38 (b) Sanierungsmaßnahmen unter Beteiligung

Dritter ..................................................................... 39

c) Prüfungsreihenfolge ........................................................................ 43

4. Mangelnde Praxisrelevanz des Überschuldungstatbestands ............. 44

a) Mangelnde Praxisrelevanz als Eröffnungsgrund........................ 44 b) Mangelnde Praxisrelevanz im Bereich der Haftung und

Strafbarkeit wegen Insolvenzverschleppung .............................. 47

C. Historische Entwicklung des Überschuldungstatbestands ................... 51

I. Überschuldungsbegriffe der Konkursordnung ............................................. 51

1. Einstufige Überschuldungsbegriffe ....................................................... 51

a) Überschuldungsbegriff bei Inkrafttreten der Konkursordnung im Jahr 1877 ..................................................... 51

b) Weitere Entwicklung im 19. und 20. Jahrhundert ..................... 54

aa) Abkehr von der Überschuldungsprüfung nach der Handelsbilanz .......................................................................... 54

bb) Auffassungen zur Bewertung ............................................... 56

2. Einfacher zweistufiger Überschuldungsbegriff ................................... 59 3. Modifizierter zweistufiger Überschuldungsbegriff ............................. 60

a) Kritik am einfachen zweistufigen Überschuldungsbegriff durch Egner/Wolff ......................................................................... 60

b) Teleologische Reduktion des Überschuldungstatbestands durch K. Schmidt ............................................................................ 61

II. Überschuldungsbegriffe der Insolvenzordnung ........................................... 63

1. Überschuldungsbegriff bei Inkrafttreten der Insolvenzordnung im Jahr 1999 ............................................................................................... 63

a) Erster Bericht der Kommission für Insolvenzrecht aus dem Jahr 1985 ........................................................................... 63

b) Gesetzesentwurf der Bundesregierung aus dem Jahr 1992 ........................................................................... 64

c) Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses aus dem Jahr 1994 ........................................................................... 65

d) Gesetzeswortlaut bei Inkrafttreten des § 19 Abs. 2 InsO a.F. im Jahr 1999 ................................................................... 66

2. Überschuldungsbegriff des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes von 2008 ..................................................................................................... 67

D. Gegenstand der Fortbestehensprognose ................................................ 75

I. Vorbemerkung .................................................................................................... 75 II. Berücksichtigungsfähige Rechtsprechung und Literatur ............................ 75

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III. Rechtsprechung des BGH .................................................................................79

1. Entscheidung des BGH aus dem Jahr 1982 .........................................79 2. Entscheidung des BGH aus dem Jahr 1987 .........................................79 3. Dornier-Entscheidung des BGH aus dem Jahr 1992..........................80 4. Entscheidung des BGH aus dem Jahr 1997 .........................................82 5. Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2004 .........................................83 6. Zusammenfassung .....................................................................................84

IV. Sonstige Rechtsprechung und Literatur ..........................................................85

1. Vorbemerkung ...........................................................................................85 2. Finanzkraft bzw. finanzielles Gleichgewicht ........................................85 3. Alleinige Maßgeblichkeit der künftigen Zahlungsfähigkeit ................86

a) Begründung .......................................................................................86 b) Berücksichtigung der Mittelherkunft ............................................86

aa) Differenzierung nach Innen- und Außenfinanzierung ..................................................................86

bb) Berücksichtigung einer eventuellen Außenfinanzierung ..................................................................89

(1) Begründung .....................................................................89 (2) Kritik in der Literatur ....................................................91

cc) Keine Berücksichtigung einer eventuellen Außenfinanzierung ..................................................................92

(1) Begründung .....................................................................92 (2) Kritik in der Literatur ....................................................93

4. Zusätzliche Prognoseelemente neben der künftigen Zahlungsfähigkeit ......................................................................................93

a) Positive Cashflows (bzw. Einzahlungsüberschüsse) ..................93 b) Einnahmenüberschüsse ...................................................................97 c) Ertragskraft bzw. -fähigkeit ......................................................... 102

aa) Begründung ........................................................................... 102 bb) Kritik in der Literatur .......................................................... 108

d) Erlöse in ausreichendem Umfang .............................................. 109 e) Rentabilität ...................................................................................... 112

aa) Begründung ........................................................................... 112 bb) Kritik in der Literatur .......................................................... 113

f) Beseitigung der rechnerischen Überschuldung ........................ 113

aa) Begründung ........................................................................... 113 bb) Kritik in der Literatur .......................................................... 114

g) Umfassendere Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage .................................................................................................. 114

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aa) Begründung ........................................................................... 114 bb) Kritik in der Literatur .......................................................... 117 cc) Stellungnahme ....................................................................... 117

h) Alleinige Maßgeblichkeit der künftigen Ertragsfähigkeit ....... 118

aa) Begründung ........................................................................... 118 bb) Kritik in der Literatur .......................................................... 120

V. Stellungnahme .................................................................................................. 120

1. Zwingende Prognose der künftigen Zahlungsfähigkeit ................... 120 2. Erweiterung des Prognosegegenstands ............................................... 122

a) Notwendigkeit der Erweiterung des Prognosegegenstands ... 122

aa) Problemaufriss ...................................................................... 122 bb) Ansatz der h.M...................................................................... 124 cc) Zwischenergebnis ................................................................. 128

b) Erweiterung des Prognosegegenstands anhand erfolgsorientierter Größen ........................................................... 128

aa) Einnahmenüberschüsse ....................................................... 128 bb) Ertragskraft bzw. -fähigkeit ................................................ 130 cc) Erlöse in ausreichendem Umfang ..................................... 131 dd) Rentabilität ............................................................................. 132 ee) Beseitigung der rechnerischen Überschuldung ............... 133 ff) Zwischenergebnis ................................................................. 135

c) Erweiterung des Prognosegegenstands anhand liquiditätsorientierter Größen ...................................................... 135

aa) Differenzierung nach Innen- und Außenfinanzierung .. 135 bb) Positive Cashflows (bzw. Einzahlungsüberschüsse) ...... 136

3. Ergebnis .................................................................................................... 140

E. Anlass zur Erstellung einer Fortbestehensprognose ............................ 143

I. Vorbemerkung .................................................................................................. 143 II. Abstrakter Anlass zur Erstellung einer Fortbestehensprognose ............. 143 III. Konkrete Anlässe zur Erstellung einer Fortbestehensprognose ............. 144

1. Vorbemerkung ........................................................................................ 144 2. Erstellung des Jahresabschlusses.......................................................... 145 3. Bereits getroffener Liquidationsbeschluss .......................................... 147 4. Deutlicher Rückgang betriebswirtschaftlicher Erfolgsgrößen ........ 148 5. Einzelne negative Geschäftsvorfälle von einigem Umfang ............ 148 6. Verbindlichkeiten von einigem Umfang ............................................. 149 7. Kreditunwürdigkeit................................................................................. 152 8. Sanierungsbedürftigkeit ......................................................................... 153 9. Drohende Zahlungsunfähigkeit ........................................................... 153 10. Hälftiger Verlust des Stamm- bzw. Grundkapitals ........................... 154

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11. Nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag ................................ 156 12. Liquiditätsprobleme................................................................................ 157 13. Stellungnahme ......................................................................................... 157

IV. Kontrolle einer früheren Fortbestehensprognose ..................................... 158 V. Aktualisierung einer früheren Fortbestehensprognose ............................. 160 VI. Erfahrungen aus der Praxis ............................................................................ 160 VII. Zusammenfassung ........................................................................................... 161

F. Vorschläge für flankierende gesetzliche Regelungen ........................... 163

I. Vorbemerkung.................................................................................................. 163 II. Pflicht zur Durchführung und Dokumentation einer

Überschuldungsprüfung ................................................................................. 164

1. Verpflichtende Durchführung einer Überschuldungsprüfung ....... 164

a) Rahmenbedingungen einer verpflichtenden Überschuldungsprüfung ............................................................... 164

b) Festlegung der Zeitpunkte für eine verpflichtende Überschuldungsprüfung ............................................................... 166

c) Zwischenergebnis .......................................................................... 167

2. Dokumentationspflicht .......................................................................... 167

III. Haftung .............................................................................................................. 168 IV. Strafbarkeit ........................................................................................................ 169 V. Verortung und Wortlaut entsprechender gesetzlicher Regelungen ........ 170 VI. Zusammenfassung ........................................................................................... 171

G. Zusammenfassung und Ergebnis ......................................................... 173

I. Juristisch-betriebswirtschaftliche Analyse als methodischer Ansatz ...... 173 II. Gegenstand der Fortbestehensprognose ..................................................... 173 III. Anlass zur Erstellung einer Fortbestehensprognose ................................. 174 IV. Vorschläge für flankierende gesetzliche Regelungen ................................. 175

Anhang: Mindestgliederung der Kapitalflussrechnung nach DRS 21 .......... 177 A. Rechtliche Wirkung von Empfehlungen des DRSC ............................. 177 B. DRS 21 .................................................................................................. 177 C. Direkte Ermittlung des Cashflows ....................................................... 177 D. Indirekte Ermittlung des Cashflows ..................................................... 180 Literaturverzeichnis ..................................................................................... 183 Abbildungsverzeichnis ................................................................................. 203

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Abkürzungsverzeichnis

a.A. andere Ansicht

Abs. Absatz

AG Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift)

AktG Aktiengesetz

Anm. Anmerkung

Art. Artikel

Artt. Artikel

Az. Aktenzeichen

BB BetriebsBerater (Zeitschrift)

BeckOK Beck’scher Online-Kommentar

BGB Bürgerliches Gesetzbuch

BGBl. Bundesgesetzblatt

BGH Bundesgerichtshof

BilMoG Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz

BKR Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht (Zeitschrift)

bzw. beziehungsweise

d.h. das heißt

DB Der Betrieb (Zeitschrift)

DJZ Deutsche Juristenzeitung (Zeitschrift)

Dr. Doktor

DrittelbG Gesetz über die Drittelbeteiligung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat

DRS Deutscher Rechnungslegungsstandard

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DRSC Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V.

DStR Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift)

DZWIR Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht (Zeitschrift)

EGGmbHG Einführungsgesetz zum Gesetz betreffend die Gesellschaften mit be-schränkter Haftung

ESUG Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen

f. folgende

ff. fortfolgende

FMStÄndG Gesetz zur Erleichterung der Sanierung von Unternehmen

FMStG Gesetz zur Umsetzung eines Maßnahmenpakets zur Stabilisierung des Finanzmarktes

Fn. Fußnote

FN-IDW IDW Fachnachrichten

FS Festschrift

gem. gemäß

GenG Gesetzes betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften

GesE Gesetzentwurf

ggf. gegebenenfalls

GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung

GmbHG Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung

GmbHR Die GmbH-Rundschau (Zeitschrift)

GuV-Rech-nung

Gewinn- und Verlustrechnung

GWR Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht (Zeitschrift)

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h.c. honoris causa

h.L. herrschende Lehre

h.M. herrschende Meinung

HGB Handelsgesetzbuch

hrsg. herausgegeben

Hrsg. Herausgeber

i.d.R. in der Regel

i.S. im Sinne

i.S.d. im Sinne des

i.S.v. im Sinne von

i.V.m. in Verbindung mit

IDW Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V.

IFRS International Financial Reporting Standards

InsO Insolvenzordnung

InsVV Insolvenzrechtliche Vergütungsverordnung

InsVZ Zeitschrift für Insolvenzverwaltung und Sanierungsberatung (Zeit-schrift)

JZ Juristenzeitung (Zeitschrift)

Kap. Kapitel

KO Konkursordnung

KSI Krisen-, Sanierungs- und Insolvenzberatung (Zeitschrift)

KTS Zeitschrift für Insolvenzrecht: Konkurs Treuhand Sanierung (Zeit-schrift)

KWG Kreditwesengesetz

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m.w.N. mit weiteren Nachweisen

MAH Münchener Anwaltshandbuch

MitbestG Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer

MoMiG Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen

n.F. neue Fassung

NJW Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift)

Nr. Nummer

NVwZ Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (Zeitschrift)

NWB NWB Steuer- und Wirtschaftsrecht (Zeitschrift)

NZG Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht (Zeitschrift)

NZI Neue Zeitschrift für das Recht der Insolvenz und Sanierung

o.Ä. oder Ähnlichem/s

o.g. oben genannte(n/r/s)

OLG Oberlandesgericht

RegE Gesetzentwurf der Bundesregierung

Rz. Randziffer

S. Seite(n)

sog. sogenannte(n/r/s)

u.a. unter anderem

usw. und so weiter

v. vom

vgl. vergleiche

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wistra Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht (Zeitschrift)

WM Wertpapiermitteilungen (Zeitschrift)

WPg Die Wirtschaftsprüfung (Zeitschrift)

z.B. zum Beispiel

ZfBf Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung (Zeitschrift)

ZGR Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht (Zeitschrift)

Ziff. Ziffer

ZInsO Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht (Zeitschrift)

ZIP Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (Zeitschrift)

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A. Einleitung

I. Krisenbedingte Anpassung des Überschuldungsbegriffs im Jahre 2008

Was im Sommer 2007 als Folge eines spekulativ aufgeblähten Immobilienmarktes zunächst als lokale US-Immobilienkrise (sog. Subprime-Krise1)) begann, weitete sich im Jahr 2008 zu einer weltweiten Finanzkrise aus. Der Zusammenbruch der US-Großbank Lehman Brothers und deren Insolvenzantrag am 15. September 2008 stellten den vorläu-figen Höhepunkt der Finanzkrise dar. Deutschland konnte sich diesen internationalen Entwicklungen nicht entziehen, auch der deutsche Finanzmarkt stand daher unter Druck,2) was zu erheblichen Wertverlusten insbesondere bei Aktien und Immobilien führte.3) Diese Wertverluste konnten bei Unternehmen, die hiervon besonders massiv betroffen waren, selbst bei Zugrundelegung von Fortführungswerten4) zu einer rech-nerischen Überschuldung5) führen.6) Nach dem seit Inkrafttreten der Insolvenzord-nung7) geltenden sog. einfachen zweistufigen Überschuldungsbegriff wären die Organe der betroffenen Unternehmen aufgrund der rechnerischen Überschuldung verpflichtet gewesen, innerhalb von drei Wochen nach Eintritt der rechnerischen Überschuldung einen Insolvenzantrag zu stellen.8)

Um das nach Ansicht des Gesetzgebers ökonomisch völlig unbefriedigende Ergeb-nis zu vermeiden, dass auch Unternehmen, bei denen die überwiegende Wahrschein-lichkeit besteht, dass sie weiter erfolgreich am Markt operieren können, zwingend ein Insolvenzverfahren zu durchlaufen haben,9) kehrte der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur

___________ 1) Vgl. hierzu die Ausführungen von Fischer, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch,

§ 125 Rz. 66 ff. 2) GesE FMStG vom 14. Oktober 2008, BT-Drucks. 16/10600, S. 1. 3) GesE FMStG vom 14. Oktober 2008, BT-Drucks. 16/10600, S. 12. 4) Fortführungswerte sind – in Abgrenzung zu Liquidations- oder Zerschlagungswerten – diejenigen

Werte, die den Vermögensgegenständen eines Unternehmens bei dessen Weiterführung beigemes-sen werden. Wie eine Bewertung zu Fortführungswerten zu erfolgen hat ist in höchstem Maße um-stritten, vgl. hierzu umfassend Pfaff, S. 23, 46 ff.

5) Von einer rechnerischen Überschuldung ist auszugehen, wenn die Passiva ohne Berücksichtigung des Eigenkapitals die Aktiva übersteigen.

6) GesE FMStG vom 14. Oktober 2008, BT-Drucks. 16/10600, S. 12. 7) BGBl. I 1994, S. 2866 ff. 8) GesE FMStG vom 14. Oktober 2008, BT-Drucks. 16/10600, S. 12 f. 9) GesE FMStG vom 14. Oktober 2008, BT-Drucks. 16/10600, S. 13.

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Umsetzung eines Maßnahmenpakets zur Stabilisierung des Finanzmarktes vom 17. Oktober 200810), kurz FMStG, – zunächst befristet bis zum 31. Dezember 2010 – zu dem bereits vor Inkrafttreten der Insolvenzordnung sowohl in der Rechtsprechung als auch der Literatur anerkannten sog. modifizierten zweistufigen Überschuldungsbegriff zurück. Nach diesem liegt Überschuldung vor, wenn das Vermögen des Schuldners die beste-henden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unter-nehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich (§ 19 Abs. 2 Satz 1 InsO). Die sog. Fortbestehensprognose, die unter Geltung des einfachen zweistufigen Überschuldungsbegriffs lediglich über den Wertansatz des Vermögens und der Schul-den des betrachteten Unternehmens entschied, führte nunmehr bei positivem Progno-seergebnis zu einer Verneinung der insolvenzrechtlichen Überschuldung insgesamt.

Nachdem sich die Finanzkrise im Laufe des Jahres 2009 zu einer globalen Wirt-schaftskrise entwickelt hatte und sich zudem nach Auffassung des Gesetzgebers die Änderung des Überschuldungsbegriffs nach entsprechenden Rückmeldungen aus der Praxis bewährt habe,11) wurde die befristete Geltung des modifizierten zweistufigen Überschuldungsbegriffs durch das Gesetz zur Erleichterung der Sanierung von Unternehmen vom 24. September 200912), kurz FMStÄndG, zunächst bis zum 31. Dezember 2013 verlängert (vgl. Art. 1 FMStÄndG i.V.m. Artt. 7 Abs. 2, 6 Abs. 3 FMStG). Eine in der Folgezeit im Auftrag der Bundesregierung durchgeführte Expertenbefragung kam zu dem Ergebnis, dass aus Praxiserwägungen eine Beibehaltung des modifizierten zwei-stufigen Überschuldungsbegriffs wünschenswert sei.13) Infolgedessen wurde durch das Gesetz zur Einführung einer Rechtsbehelfsbelehrung im Zivilprozess vom 5. Dezember 201214) die Befristung aufgehoben. Der modifizierte zweistufige Überschuldungsbegriff gilt dementsprechend – jedenfalls nach dem derzeitigen Willen des Gesetzgebers – nun-mehr auf Dauer.

___________ 10) BGBl. I 2008, S. 1982; zu den neben der Änderung des Überschuldungstatbestands durch das

FMStG vorgenommenen Änderungen vgl. etwa Brück/Schalast/Schanz, BB 2008, 2526 ff. 11) GesE FMStÄndG vom 21. September 2009, BT-Drucks. 16/13927, S. 4. 12) BGBl. I 2009, S. 3151. 13) Vgl. Bitter/Hommerich/Reiß, ZIP 2012, 1201 ff. 14) BGBl. I 2012, S. 2418.

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II. Unklarheiten im Rahmen der Fortbestehensprognose

Obwohl der Gesetzgeber durch die Entfristung des durch das FMStG wiederein-geführten modifizierten zweistufigen Überschuldungsbegriffs einen erbitterten Streit um die Frage nach dem „richtigen“ Überschuldungsbegriff fürs Erste entschieden hat, blieben und bleiben mangels entsprechender gesetzgeberischer Vorgaben im Hinblick auf dessen konkrete Auslegung etliche praxisrelevante Fragen offen. In der Sache be-treffen diese meist die Fortbestehensprognose, welche durch das FMStG in den Mit-telpunkt der Überschuldungsprüfung gerückt ist.15) Innerhalb der Fortbestehensprog-nose sind es insbesondere die Fragen nach dem Prognosegegenstand sowie dem Anlass zur Erstellung einer Fortbestehensprognose, die von erheblicher Bedeutung in der Pra-xis sind.

Die Nachlässigkeiten des Gesetzgebers hinsichtlich dieser beiden Fragen würden für sich genommen noch nicht so schwer wiegen, hätte zumindest der BGH zu diesen eindeutig Stellung bezogen, was aber jedenfalls bisher nicht geschehen ist. Wer in dieser Situation auf eine Klärung durch die Literatur hofft, wird enttäuscht, nachdem dort ein teils erbitterter Streit zu den beiden aufgeworfenen Fragen geführt wird.

Unmittelbare Folge dieser Unklarheiten ist u.a., dass die Überschuldung im Ver-gleich zur Zahlungsunfähigkeit als dem zweiten obligatorischen Insolvenzeröffnungs-grund deutlich schwerer handhabbar ist und aus diesem Grund in der Praxis nur eine untergeordnete Rolle spielt, weil die Überschuldung in der Krise des Unternehmens vielfach schlicht gar nicht, in der weit überwiegenden Zahl der Fälle jedenfalls aber zu spät erkannt wird. Nachdem der Zustand der Überschuldung aber nach allgemeiner Erfahrung früher eintritt als derjenige der Zahlungsunfähigkeit,16) wäre es insbesondere aus Sicht der ungesicherten Gläubiger wünschenswert, dass die Überschuldung eines Unternehmens tatsächlich bzw. früher überprüft wird.

___________ 15) Sikora, NWB 2009, 232 (233); ähnlich Hecker/Glozbach, BB 2009, 1544 (1545); Steffan, in: IDW, WP

Handbuch 2014, Band II, Abschnitt S Rz. 210. 16) Vgl. Bußhardt, in: Braun, Kommentar zur InsO, § 19 Rz. 1; Drukarczyk, WM 1994, 1737 (1737); Haas,

in: Baumbach/Hueck, Kommentar zum GmbHG, Vor § 64 Rz. 25; Hüffer, Kommentar zum AktG, § 92 Rz. 13; Kallmeyer, GmbHR 1999, 16 (16); Kuleisa, in: Sanierungsrecht, § 19 Rz. 2; H.-F. Müller, in: Münchener Kommentar zum GmbHG, Band 3, § 64 Rz. 22; K. Schmidt, in: K. Schmidt/Uhlen-bruck, Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, Rz. 5.81; ders., in: Lutter, Das Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, 188 (200); Theiselmann/Redeker, in: Theiselmann, Praxishandbuch des Restrukturierungsrechts, Kap. 13 Rz. 61; Wellensiek/Schluck-Amend, in: Römermann, MAH GmbH-Recht, § 23 Rz. 151; Wolf, S. 37.

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Eine wesentliche Ursache für die nach wie vor bestehenden Unklarheiten könnte darin liegen, dass es sich bei der Fortbestehensprognose um einen Rechtsbegriff han-delt, der allein mit juristischen Auslegungsmethoden nicht greifbar gemacht werden kann. Erforderlich hierfür wäre vielmehr ein juristisch-betriebswirtschaftlicher Ansatz, für den es vielen Juristen aber an entsprechenden betriebswirtschaftlichen Kenntnissen zu mangeln scheint. Vielfach werden nämlich Begriffe aus dem betriebswirtschaftli-chen Bereich wie z.B. Einnahmenüberschüsse, Ertragskraft oder Erlöse eher umgangs-sprachlich verwendet und somit verkannt, dass die Betriebswirtschaftslehre schon früh jedem dieser Begriffe in ihrer Fachsprache eine klare Definition zugeordnet hat, die bei korrekter Verwendung im Bereich des Rechts eine Vielzahl von Missverständnissen ausschließen würde. Die Betriebswirte haben im Gegensatz zu den Juristen kein gestei-gertes Interesse, den Begriff der Fortbestehensprognose näher zu beleuchten, nachdem diesem neben seiner rechtlichen keine eigenständige betriebswirtschaftliche Bedeutung zukommt. Seine Funktion reduziert sich vielmehr einzig und allein auf seine Rolle im Rahmen des insolvenzrechtlichen Überschuldungstatbestands.17)

III. Ziel der vorliegenden Arbeit und Gang der Untersuchung

Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird daher versucht, mittels einer juristisch-betriebswirtschaftlichen Analyse der Gesetzesmaterialien sowie der bisherigen Recht-sprechung und Literatur Klarheit dahingehend zu schaffen, was Gegenstand der Fort-bestehensprognose ist und was Anlass zur Erstellung einer Fortbestehensprognose sein muss. Ergänzend wird erörtert, ob und wie durch flankierende gesetzliche Rege-lungen erreicht werden kann, dass die Überschuldung in der Praxis tatsächlich öfter und früher überprüft und erkannt wird. Das Ziel der vorliegenden Arbeit liegt demnach nicht darin, ein „Allheilmittel“ zur Lösung aller Probleme des Überschuldungstatbe-stands zu finden, sondern es geht vielmehr darum, eine Vorverlagerung der Überschul-dungsprüfung in der Praxis zu erreichen. Eine solche Vorverlagerung hätte zweierlei positive Effekte:

___________ 17) Die insolvenzrechtliche Fortbestehensprognose darf insoweit nicht mit der handelsrechtlichen Fort-

führungsprognose verwechselt werden, vgl. insoweit IDW, Zusammenwirken von handelsrechtlicher Fort-führungsprognose und insolvenzrechtlicher Fortbestehensprognose.

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- Zum einen können aufgrund der zeitlich früheren Befassung mit der poten-tiellen Überschuldungssituation bei einzelnen Unternehmen noch außerinsol-venzliche Sanierungsoptionen bestehen, die bei einer zeitlich späteren Befas-sung möglicherweise nicht mehr gegeben wären. Die betreffenden Unterneh-men könnten demnach vor der Insolvenz bewahrt werden, die Überschul-dungsprüfung hätte mithin insolvenzprophylaktische Wirkung.

- Sofern trotz der zeitlich früheren Befassung im Einzelfall keine außerinsol-venzlichen Sanierungsoptionen mehr bestehen und für das betroffene Unter-nehmen unmittelbar nach Durchführung der Überschuldungsprüfung Insol-venzantrag gestellt werden muss, wäre zum anderen durch die zeitlich frühere Befassung jedenfalls dem gesetzgeberischen Ziel einer rechtzeitigen Eröff-nung des Insolvenzverfahrens genüge getan. Dies wiederum würde zu im Durchschnitt höheren Befriedigungsaussichten für die ungesicherten Gläubi-ger führen.

Vor diesem Hintergrund werden in Abschnitt B (S. 25 ff.) der vorliegenden Arbeit zunächst die Grundlagen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und des Überschul-dungstatbestands beschrieben.

In Abschnitt C (S. 51 ff.) folgt eine umfassende Darstellung der historischen Ent-wicklung des Überschuldungstatbestands und damit der verschiedenen Überschul-dungsbegriffe seit Inkrafttreten der Konkursordnung vom 10. Februar 187718) (KO) bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Einführung einer Rechtsbehelfsbelehrung im Zivilprozess vom 5. Dezember 201219). Diese Darstellung zeigt zum einen eindrücklich, weshalb die Schaffung zweistufiger Überschuldungsbegriffe und damit der Fortbestehensprognose überhaupt notwendig geworden war, zum anderen offenbart sie aber auch, welche Probleme mit der Fortbestehensprognose einhergehen.

Abschnitt D (S. 75 ff.) befasst sich sodann mit dem Gegenstand der Fortbestehens-prognose und damit mit dem wesentlichen Aspekt des modifizierten zweistufigen Überschuldungsbegriffs.

___________ 18) Deutsches Reichsgesetzblatt, 1877, S. 351 ff. 19) BGBl. I 2012, S. 2418.

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In Abschnitt E (S. 143 ff.) wird den Fragen nachgegangen, wann eine Fortbeste-hensprognose erstellt und ob – und wenn ja wann – diese kontrolliert und ggf. aktua-lisiert werden muss.

In Abschnitt F (S. 163 ff.) schließlich wird untersucht, ob dem Überschuldungstat-bestand abgesehen von der gesetzgeberischen Festlegung auf einen bestimmten Über-schuldungsbegriff und dessen möglichst eindeutiger Auslegung durch flankierende ge-setzliche Regelungen zu einer höheren Praxisrelevanz verholfen werden kann.

Zusammenfassung und Ergebnis in Abschnitt G (S. 173 ff.) schließen die Arbeit ab.

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B. Grundlagen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und des Überschul-dungstatbestands

I. Eröffnungsgründe des Insolvenzverfahrens

Das wesentliche Interesse eines Gläubigers besteht in der vereinbarungsgemäßen Erfüllung seiner Forderung. Ist eine vollständige Erfüllung aufgrund mangelnder Leis-tungsfähigkeit des Schuldners nicht mehr möglich, reduziert sich das Interesse auf eine Erfüllung der Forderung in höchstmöglichem Umfang.

Im Falle der Insolvenz des Schuldners schafft insbesondere die rechtzeitige Eröff-nung des Insolvenzverfahrens Masse und damit Quoten.20) Aus Gläubigerschutzge-sichtspunkten ist es daher zwingend erforderlich, das schuldnerische Vermögen ab ei-nem gewissen Punkt dem gerichtlich geordneten Insolvenzverfahren zuzuführen. Würde dies nicht geschehen, käme es zu einem Wettlauf der Gläubiger,21) bei dem die Ersten vollständige und die Letzten keinerlei Befriedigung erhielten.

Ob und wann ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermö-gen eines Schuldners gestellt werden kann – oder ggf. gestellt werden muss (vgl. § 15a InsO) –, hängt vornehmlich von der Erfüllung der Tatbestandsmerkmale eines der Eröffnungsgründe der Insolvenzordnung ab. Die Insolvenzordnung kennt neben den für bestimmte Schuldner obligatorischen Eröffnungsgründen der Zahlungsunfähigkeit (vgl. § 17 InsO) und der Überschuldung (vgl. § 19 InsO) den stets fakultativen Eröff-nungsgrund der drohenden Zahlungsunfähigkeit (vgl. § 18 InsO). Während die Zah-lungsunfähigkeit für jedes Insolvenzverfahren und für jeden Antrag den alleinigen all-gemeinen Eröffnungsgrund darstellt, sind die drohende Zahlungsunfähigkeit und die Überschuldung sowohl in sachlicher und persönlicher als auch in zeitlicher Hinsicht beschränkt.22)

___________ 20) Pape, in: Uhlenbruck, Kommentar zur InsO, § 1 Rz. 8. 21) Dieser Wettlauf wird plastisch auch Windhundrennen genannt, vgl. Vuia, in: Gottwald, Insolvenz-

rechts-Handbuch, § 4 Rz. 3. 22) Eilenberger, in: Münchener Kommentar zur InsO, Band 1, § 17 Rz. 4.

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II. Grundlagen des Überschuldungstatbestands

1. Persönlicher Anwendungsbereich

Der persönliche Anwendungsbereich des Eröffnungsgrundes der Überschuldung ist beschränkt auf juristische Personen (§ 19 Abs. 1 InsO)23) sowie Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürli-che Person ist, es sei denn, zu den persönlich haftenden Gesellschaftern gehört eine andere Gesellschaft, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist (§ 19 Abs. 3 InsO)24). Auf natürliche Personen und Gesellschaften, bei de-nen direkt oder indirekt zumindest eine natürliche Person persönlich haftender Gesell-schafter ist, findet der Überschuldungstatbestand als Eröffnungsgrund hingegen grundsätzlich keine Anwendung.25)

Daneben ist Überschuldung Eröffnungsgrund für Insolvenzverfahren über einen Nachlass (vgl. § 320 Satz 1 InsO) und das Gesamtgut einer fortgesetzten Gütergemein-schaft (vgl. § 332 Abs. 1 i.V.m. § 320 Satz 1 InsO).

Der Beschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs des Überschuldungstat-bestands als Eröffnungsgrund für das Insolvenzverfahren liegt die Überlegung zu-grunde, dass es sich bei den vom persönlichen Anwendungsbereich erfassten Schuld-nern um rechtlich verselbstständigte sowie lediglich beschränkt haftende Vermögens-massen handelt.26)

___________ 23) Nach § 19 Abs. 1 InsO ist die Überschuldung damit u.a. Eröffnungsgrund für die Aktiengesellschaft

(vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 AktG), die Kommanditgesellschaft auf Aktien (vgl. § 278 Abs. 1 AktG), die GmbH (vgl. § 13 Abs. 1 GmbHG), die Unternehmergesellschaft, die eingetragene Genossenschaft (vgl. § 2 GenG), den rechtsfähigen Verein (vgl. §§ 21 f. BGB), den Versicherungsverein auf Gegen-seitigkeit (vgl. § 15 VAG), die rechtsfähige Stiftung (vgl. § 80 BGB) und die Europäische Gesell-schaft (Societas Europaea, kurz SE, vgl. EG VO 2157/2001, Titel I Art. 1). Der nicht rechtsfähige Verein wird durch § 11 Abs. 1 Satz 2 InsO für die Zwecke des Insolvenzverfahrens einer juristischen Person gleichgestellt.

24) Nach § 19 Abs. 3 InsO ist die Überschuldung damit u.a. Eröffnungsgrund für die Offene Handels-gesellschaft und die Kommanditgesellschaft, bei der weder direkt noch indirekt eine natürliche Per-son persönlich haftender Gesellschafter ist. Die Vorschrift des § 19 Abs. 3 InsO erfasst damit ins-besondere die aus gesellschafts- und steuerrechtlichen Gründen beliebte Konstruktion der GmbH & Co. KG.

25) Bei einem Kreditinstitut ist die Überschuldung nach § 46b Abs. 1 KWG ausnahmsweise auch dann Eröffnungsgrund für das Insolvenzverfahren, wenn Inhaber des Kreditinstituts ein Einzelkaufmann oder eine Personenhandelsgesellschaft ist.

26) Drukarczyk/Schüler, in: Münchener Kommentar zur InsO, Band 1, § 19 Rz. 1.

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Die Beschränkung ist jedoch nicht ohne Kritik geblieben.27) Während einzelne Kri-tiker die Ausdehnung des Überschuldungstatbestands als Eröffnungsgrund für das In-solvenzverfahren auf alle unternehmerisch tätigen Schuldner fordern,28) schlagen an-dere vor, bei natürlichen Personen und Gesellschaften, bei denen direkt oder indirekt zumindest eine natürliche Person persönlich haftender Gesellschafter ist, die Haftung über das der Unternehmung gewidmete Vermögen hinaus aufzugeben.29)

2. Insolvenzantragspflichten und Folgen einer Pflichtverletzung

a) Sinn und Zweck der Insolvenzantragspflichten

Wird eine vom persönlichen Anwendungsbereich des Eröffnungsgrundes der Überschuldung erfasste juristische Person oder Gesellschaft ohne Rechtspersönlich-keit zahlungsunfähig oder überschuldet, sind gem. § 15a InsO bestimmte Personen verpflichtet, ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, einen Eröffnungsantrag zu stellen.

Sinn und Zweck der Insolvenzantragspflichten sind die rechtzeitige Einleitung des Insolvenzverfahrens und damit der Schutz sowohl der Altgläubiger vor einer weiteren Verringerung der Haftungsmasse als auch der Neugläubiger vor einem Vertragsab-schluss mit notleidenden Gesellschaften.30) Dabei legen die Insolvenztatbestände als Terminierungsregeln den Zeitpunkt fest, in dem das Ungleichgewicht zwischen Haf-tung und Verfügungsrechten unerträglich wird, weil das unternehmerische Risiko auf die Gläubiger verlagert wurde.31)

Besonders plastisch wird die Notwendigkeit zur verpflichtenden Einleitung des In-solvenzverfahrens bei einem Blick hin zum Eröffnungsgrund der Überschuldung: Sind die vorhandenen Vermögenswerte geringer als die Schulden, gehört das Unternehmen

___________ 27) Vgl. etwa Biermann, S. 74 ff.; Haack, S. 27; Kilger, ZRP 1976, 190 (193); K. Schmidt, JZ 1982, 165

(171 ff.); ders., Wege zum Insolvenzrecht der Unternehmen, S. 59 ff.; ders., in: Aktuelle Probleme des neuen Insolvenzrechts, S. 87; Schürer, S. 88 ff.

28) K. Schmidt, JZ 1982, 165 (173 f.); ders., Wege zum Insolvenzrecht der Unternehmen, S. 59 ff.; ders., in: Aktuelle Probleme des neuen Insolvenzrechts, S. 87.

29) In diesem Zusammenhang wird auch der Begriff der „eigenständigen Unternehmung“ verwendet, vgl. Schürer, S. 90.

30) RegE MoMiG vom 25. Juli 2007, BT-Drucks. 16/6140, S. 55. 31) Steffek, S. 68.

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wirtschaftlich betrachtet seinen Gläubigern, weil im Fall einer sofortigen Liquidation nicht alle Gläubiger befriedigt werden könnten.32) Der Überschuldungstatbestand mar-kiert damit die Grenzlinie zu dem für den Geschäftsleiter verbotenen „wrongful tra-ding“.33) Da ab diesem Zeitpunkt die Anteile an einem überschuldeten Unternehmen regelmäßig wertlos sind, versuchen die Anteilseigner häufig – und mit ihnen meist auch die Unternehmensleitung – durch hoch riskante Geschäfte Gewinne zu erwirtschaften, durch welche die Überschuldung abgebaut, die Unternehmensfortführung gesichert und eine Werterholung der Unternehmensanteile erreicht werden kann („gambling for resurrection“).34) Falls die riskanten Geschäfte jedoch misslingen, ist der Schaden für die Gläubiger größer, als wenn bereits bei Eintritt der Überschuldung die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt worden wäre.35) Die Weiterführung einer überschulde-ten Gesellschaft stellt damit bereits ab dem Eintritt der Überschuldung eine Spekula-tion auf Kosten der Gläubiger und nicht mehr auf Kosten der Gesellschafter dar,36) da weitere Verluste – und auch weitere Kredite – die prospektive Masse weiter verrin-gern.37)

Die mit dem Eröffnungsgrund der Überschuldung durch die Insolvenzantrags-pflichten des § 15a InsO verbundene obligatorische Vorverlagerung der Verfah-renseinleitung ist somit Korrelat zum beschränkten Haftungsfonds dieser Vermögens-massen.38) Bei diesen macht nicht erst die Unzulänglichkeit liquider Mittel das Insol-venzverfahren erforderlich, sondern vielmehr bereits die Unzulänglichkeit des Vermö-gens insgesamt. Aus diesem Grund muss ein Insolvenzverfahren bereits dann eingelei-tet werden, wenn die Rechte der an dem Unternehmen beteiligten Gläubiger gefährdet sind.39) Wenn man so will, ist die verpflichtende Einleitung des Insolvenzverfahrens bei Überschuldung demnach der Preis für die nur beschränkte Haftung der betroffenen Gesellschaften.

___________ 32) Theiselmann/Redeker, in: Theiselmann, Praxishandbuch des Restrukturierungsrechts, Kap. 13 Rz. 61. 33) K. Schmidt, DB 2008, 2467 (2467). 34) Hater, S. 23; ähnlich Wackerbarth, Bundesregierung verschärft Finanzkrise sowie Wackerbarth, NZI 2009,

145 (147), der in diesem Zusammenhang den Begriff „Casino-Aktion“ verwendet. 35) Hater, S. 23. 36) Steffek, S. 102. 37) Meyer-Cording, BB 1985, 1925 (1925). 38) H.-F. Müller, in: Münchener Kommentar zum GmbHG, Band 3, § 64 Rz. 22; ähnlich auch Dru-

karczyk/Schüler, in: Münchener Kommentar zur InsO, Band 1, § 19 Rz. 1; Wellensiek/Schluck-Amend, in: Römermann, MAH GmbH-Recht, § 23 Rz. 151.

39) Hater, S. 5 m.w.N.

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b) Antragspflichtige Personen

Handelt es sich um eine juristische Person, so treffen die Insolvenzantragspflichten nach § 15a Abs. 1 Satz 1 InsO die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwick-ler. Handelt es sich hingegen um eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit i.S.d. § 15a Abs. 1 Satz 2 InsO, treffen die Insolvenzantragspflichten die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter oder die Ab-wickler, wobei § 15a Abs. 1 InsO nach § 15a Abs. 2 InsO sinngemäß gilt, wenn diese organschaftlichen Vertreter ihrerseits Gesellschaften sind, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, oder sich die Verbindung von Ge-sellschaften in dieser Art fortsetzt.

Nach § 15a Abs. 3 InsO ist im Fall der Führungslosigkeit einer GmbH auch jeder Gesellschafter, im Fall der Führungslosigkeit einer Aktiengesellschaft oder einer Ge-nossenschaft auch jedes Mitglied des Aufsichtsrats zur Stellung des Antrags verpflich-tet, es sei denn, diese Person hat von der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung oder der Führungslosigkeit keine Kenntnis. Führungslosigkeit liegt nach der Legalde-finition des § 10 Abs. 2 Satz 2 InsO vor, wenn eine juristische Person keinen organ-schaftlichen Vertreter hat.40) Wann dies der Fall ist, richtet sich nach den allgemeinen Regeln des Gesellschaftsrechts über Beginn und Ende der Organstellung.41)

c) Insolvenzantragsfrist

aa) Fristbeginn

(1) Meinungsstand

Antragspflichtige Personen müssen den Eröffnungsantrag nach § 15a Abs. 1 Satz 1 InsO ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zah-lungsunfähigkeit oder Überschuldung (sog. Drei-Wochen-Frist) stellen.

___________ 40) Vgl. auch die entsprechenden Legaldefinitionen in § 35 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 GmbHG, § 78

Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 AktG, § 24 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 GenG. 41) Ganter/Lohmann, in: Münchener Kommentar zur InsO, Band 1, § 10 Rz. 21.

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Wann die Drei-Wochen-Frist zu laufen beginnt ist streitig. Der BGH geht insoweit in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass für den subjektiven Tatbestand der ge-nannten Ansprüche die Erkennbarkeit der Insolvenzreife für die Geschäftsleitung ge-nüge, wobei diese bei objektivem Vorliegen eines Eröffnungsgrundes zu vermuten sei.42) Da die Geschäftsleitung zur laufenden Beobachtung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens verpflichtet sei, seien an die Möglichkeit der Erkennbarkeit einer Krise keine hohen Anforderungen zu stellen, diese sei prinzipiell vielmehr als gegeben anzusehen.43)

In der Literatur ergibt sich hinsichtlich des Fristbeginns ein unklares Bild. Während der überwiegende Teil der Literatur ebenfalls auf die Erkennbarkeit der Insolvenzreife abstellt,44) verlangt ein anderer Teil die diesbezügliche positive Kenntnis bzw. böswil-lige Unkenntnis.45) Eine weitere Meinung schließlich stellt bereits auf das objektive Vorliegen eines Eröffnungsgrundes ab.46)

(2) Stellungnahme

Den Zeitpunkt des objektiven Eintritts eines Eröffnungsgrundes bereits als Beginn der Insolvenzantragsfrist zu definieren, erscheint vor dem Hintergrund, dass die Drei-Wochen-Frist – auch unter Berücksichtigung des Gläubigerschutzes – eine Sanierung der Gesellschaft ermöglichen soll, verfehlt. Nähme man hingegen an, dass die Insol-venzantragsfrist erst mit positiver Kenntnis bzw. böswilliger Unkenntnis des Vorlie-

___________ 42) BGH, Urteil v. 15. März 2011 – Az. II ZR 204/09, abgedruckt in NJW 2011, 2427 (2430) [zu § 64

GmbHG a.F.]; Urteil v. 18. Oktober 2010 – Az. II ZR 151/09, abgedruckt in WM 2010, 2313 (2314) [zu § 64 GmbHG a.F.]; Urteil v. 14. Mai 2007 – Az. II ZR 48/06, abgedruckt in NJW 2007, 2118 (2120) [zu § 92 AktG a.F.]; Urteil v. 29. November 1999 – Az. II ZR 273/98, abgedruckt in NZG 2000, 370 (370) [zu § 64 GmbHG a.F.].

43) BGH, Urteil v. 6. Juni 1994 – Az. II ZR 292/91, abgedruckt in NJW 1994, 2220 (2224) [zu § 64 GmbHG], vgl. auch BGH, Urteil v. 23. Februar 2004 – Az. II ZR 207/01, abgedruckt in NZG 2004, 619 (621) [zu §§ 30, 31, 32b GmbHG a.F.].

44) Bayer/Schmidt, AG 2005, 644 ff.; Bremen, in: Graf-Schlicker, Kommentar zur InsO, § 15a Rz. 6; Hirte, in: Uhlenbruck, Kommentar zur InsO, § 15a Rz. 14; Kleindiek, in: Heidelberger Kommentar zur InsO, § 15a Rz. 13; H.-F. Müller, in: Münchener Kommentar zum GmbHG, Band 3, § 64 Rz. 67; Poertzgen, ZInsO 2008, 944 (946 f.); Gundlach, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 7 Rz. 9.

45) Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, Kommentar zum GmbHG, Vorbemerkung § 64 Rz. 67 ff.; wohl auch Nerlich, in: Michalski, Kommentar zum GmbHG, Band 2, § 64 Rz. 33; Möhlmann-Mahlau/Sch-mitt, NZI 2009, 19 (21).

46) Mönning, in: Nerlich/Römermann, Kommentar zur InsO, § 15a Rz. 16; wohl auch Bußhardt, in: Braun, Kommentar zur InsO, § 15a Rz. 15 f.

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gens eines Eröffnungsgrundes zu laufen beginnt, ließe diese Auffassung unberücksich-tigt, dass ein zu später Beginn der Insolvenzantragsfrist unter Gläubigerschutzgesichts-punkten eine erhebliche Gefährdung darstellen kann. Denn je weiter die Krise des Un-ternehmens fortgeschritten ist, desto eher versuchen Geschäftsleitung und Anteilseig-ner die Krise durch Vornahme riskanter Geschäfte zu bewältigen. Je länger der objek-tive Eintritt eines Insolvenzgrundes also zurückliegt, desto schneller vermindert sich tendenziell die zur Befriedigung der Gläubiger zur Verfügung stehende Haftungs-masse. Am sachgerechtesten erscheint es demnach, im Hinblick auf den Beginn der Drei-Wochen-Frist des § 15a Abs. 1 Satz 1 InsO auf den Zeitpunkt der Erkennbarkeit der Insolvenzreife des Unternehmens abzustellen.

bb) Fristende

Die Drei-Wochen-Frist darf entsprechend dem Wortlaut des § 15a Abs. 1 Satz 1 InsO nicht in jedem Fall, sondern nur bei begründeter Aussicht darauf ausgeschöpft werden, dass der Rechtsträger durch Sanierungsmaßnahmen gerettet werden kann.47) Kommen Sanierungsbemühungen von Vorneherein nicht in Betracht, ist der Antrag sofort zu stellen. Es handelt sich bei der Drei-Wochen-Frist des § 15a Abs. 1 Satz 1 InsO mithin um eine Höchstfrist.48)

Kommen Sanierungsmaßnahmen in Betracht, müssen diese geeignet sein, den ein-getretenen Insolvenzgrund nicht nur vorübergehend, sondern nachhaltig zu beseiti-gen.49) Stundungen beenden daher den Lauf der Drei-Wochen-Frist insbesondere dann nicht, wenn keine vernünftige Aussicht darauf besteht, dass die gestundeten Forderun-gen nach Ablauf der Stundung erfüllt werden können.

___________ 47) Vgl. BGH, Urteil v. 9. Juli 1979 – Az. II ZR 118/77 („Herstattbank“), abgedruckt in NJW 1979, 1823

(1826 f.); OLG Naumburg, Urteil v. 20. August 2003 – Az. 5 U 67/03, abgedruckt in GmbHR 2004, 361 (363); Bußhardt, in: Braun, Kommentar zur InsO, § 15a Rz. 16; Hirte, in: Uhlenbruck, Kommen-tar zur InsO, § 15a Rz. 16; Klöhn, in: Münchener Kommentar zur InsO, Band 1, § 15a Rz. 117, 120 ff.; Leithaus, in: Andres/Leithaus, Kommentar zur InsO, § 15a Rz. 6.

48) Klöhn, in: Münchener Kommentar zur InsO, Band 1, § 15a Rz. 20. 49) Hirte, in: Uhlenbruck, Kommentar zur InsO, § 15a Rz. 16, 18; Leithaus, in: Andres/Leithaus, Kom-

mentar zur InsO, § 15a Rz. 9.

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d) Folgen einer Verletzung der Insolvenzantragspflichten

aa) Haftung

Werden die Insolvenzantragspflichten nach § 15a Abs. 1 und 2 InsO von den Ver-pflichteten nicht beachtet, können erhebliche zivil- und strafrechtliche Konsequenzen die Folge sein.

So sind antragspflichtige Geschäftsführer zum einen der Gesellschaft zum Ersatz von Zahlungen verpflichtet, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder Feststellung ihrer Überschuldung geleistet werden, es sei denn es handelt sich um Zahlungen, die auch nach diesem Zeitpunkt mit der Sorgfalt eines ordentlichen Ge-schäftsmanns vereinbar sind (vgl. insbesondere § 64 Abs. 1 Sätze 1 und 2 GmbHG, § 93 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 92 Abs. 2 Sätze 1 und 2 AktG, § 34 Abs. 2 GenG i.V.m. § 99 GenG und §§ 130a, 177a HGB).

Zum anderen haftet jede antragspflichtige Person gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 15a InsO den Altgläubigern ab dem Eintritt der Insolvenzreife in Höhe des sog. Quotenschadens sowie den Neugläubigern in voller Höhe ihrer gegen die Gesellschaft gerichteten Forderungen.50)

Das Damoklesschwert der potentiellen Haftung wegen Insolvenzverschleppung sollte einen Geschäftsführer dennoch nicht dazu verleiten, den Insolvenzantrag zu früh zu stellen. Denn in einem solchen Fall ergibt sich für den Geschäftsführer ebenfalls die Gefahr einer Haftung, dieses Mal allerdings gegenüber der Gesellschaft und deren Gesellschaftern.51)

bb) Strafbarkeit

Neben die zivilrechtlichen Folgen einer Nichtbeachtung der Insolvenzantrags-pflichten des § 15a Abs. 1 bis 3 InsO treten nach § 15a Abs. 4 und 5 InsO erhebliche strafrechtliche Folgen.

So wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer ent-gegen § 15 Abs. 1 bis 3 InsO einen Eröffnungsantrag nicht, nicht richtig oder nicht

___________ 50) Vgl. H.-F. Müller, in: Münchener Kommentar zum GmbHG, Band 3, § 64 Rz. 206 ff.; Strohn, NZG

2011, 1161 ff. 51) Ausführlich hierzu Haas/Kolmann/Pauw, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 92 Rz. 154 ff.

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rechtzeitig stellt. Handelt der Täter in den Fällen des § 15 Abs. 4 InsO fahrlässig, ist die Strafe nach § 15a Abs. 5 InsO Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

3. Bestandteile der Überschuldungsprüfung

a) Überschuldungsstatus

Überschuldung liegt nach § 19 Abs. 2 Satz 1 InsO vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fort-führung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich.

Ob „das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt“ (vgl. § 19 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 InsO), wird durch die Aufstellung eines sog. Überschul-dungsstatus überprüft.52) Im Überschuldungsstatus werden die Aktiva und Passiva des Unternehmens in einer Weise gegenübergestellt, die eine Beurteilung darüber ermögli-chen soll, ob eine Gesellschaft zu einem bestimmten Tag überschuldet ist.53)

b) Fortbestehensprognose

aa) Vorbemerkung

Ob „die Fortführung des Unternehmens (…) nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich“ (vgl. § 19 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 InsO) ist, wird durch die Erstellung der sog. Fort-bestehensprognose überprüft. Da das Gesetz nicht festlegt, wann von einer nach den Umständen überwiegend wahrscheinlichen Fortführung des Unternehmens ausgegan-gen werden kann, sind die formalen und materiellen Voraussetzungen einer positiven Fortbestehensprognose äußerst umstritten, vereinzelt wird die Fortbestehensprognose sogar insgesamt infrage gestellt.54)

bb) Begriff des Unternehmens

Die Einheit, für welche die Fortbestehensprognose zu erstellen ist, ist dem Wort-laut des § 19 Abs. 2 Satz 1 InsO nach das Unternehmen. Nachdem es sich bei dem

___________ 52) Der Überschuldungsstatus wird vereinzelt auch schlicht Status oder aber Überschuldungsbilanz ge-

nannt, vgl. etwa Schäfer, S. 16; ausführlich zum Überschuldungsstatus Ampferl, in: Beck/Depré, Pra-xis der Insolvenz, § 2 Rz. 160 ff.; Förschle/Hoffmann, in: Winkeljohann/Förschle/Deubert, Sonder-bilanzen, Ziff. P.II.; Gundlach, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 6 Rz. 44 ff.; Schäfer, S. 136 ff.

53) Pfaff, S. 19. 54) Wackerbarth, NZI 2009, 145 (146 f.).

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Begriff des Unternehmens um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt, kann dieser sowohl betriebswirtschaftlich als auch (gesellschafts-)rechtlich zu verstehen sein. Aus den Regelungen zur Insolvenzfähigkeit (vgl. § 11 InsO) und zum persönlichen Anwen-dungsbereich des Eröffnungsgrundes der Überschuldung (vgl. § 19 Abs. 1 und 3 InsO) ergibt sich indes, dass weder gesellschaftsrechtlich unselbstständige Unternehmensteile einzeln55) noch konzernverbundene Unternehmen gemeinsam56) Objekt der Fortbeste-hensprognose sein können, sondern dass diese für den einzelnen Rechtsträger einheit-lich zu erstellen ist.57) Der Begriff des Unternehmens ist folglich (gesellschafts-)recht-lich zu beurteilen und wird nachfolgend in diesem Sinne verwendet.

Werden also beispielsweise von einer GmbH in einem Unternehmensteil Hautpfle-geprodukte und in einem anderen Lebensmittel hergestellt, ist Objekt der Fortbeste-hensprognose die gesamte GmbH. Erbringt eine weitere GmbH Logistikdienstleistun-gen für diese produzierende GmbH, ist für jede der beiden GmbHs die Fortbestehens-prognose separat zu erstellen. Dies gilt auch für den Fall, dass keine der beiden GmbHs ohne die jeweils andere wirtschaftlich lebensfähig wäre. In einem solchen Fall ist es jedoch nicht unwahrscheinlich, dass die Überschuldungsprüfung bei den beiden GmbHs zum selben Ergebnis führt.

___________ 55) Haas, in: Baumbach/Hueck, Kommentar zum GmbHG, Vor § 64 Rz. 33; Hater, S. 91. 56) Ott/Vuia, in: Münchener Kommentar zur InsO, Band 1, § 11 Rz. 35 m.w.N. 57) A.A. unter umfassender Begründung Götker, Rz. 210 ff.

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cc) Fortführungswille

Subjektive Voraussetzung für eine positive Fortbestehensprognose ist nach einhel-liger Meinung der Fortführungswille des Schuldners58) und damit nicht nur seiner Or-gane,59) sondern auch – und vor allem – der über die Stilllegung zu befindenden Ge-sellschafter.60) Dies liegt darin begründet, dass es den Gesellschaftern möglich sein muss, eine Geschäftsleitung ohne Fortführungswillen auszutauschen und dadurch den Fortführungswillen wiederherzustellen, wenn der Fortbestand der Gesellschaft objek-tiv möglich ist.61) Haben die Gesellschafter die Liquidation der Gesellschaft beschlos-sen, so ist der Fortführungswille des Schuldners unabhängig davon zu verneinen, ob die Geschäftsleitung die Gesellschaft fortführen möchte oder nicht.

dd) Prognosezeitraum

Bei subjektiv gegebenem Fortführungswillen hängt die Fortbestehensprognose ausschließlich von der objektiven Überlebensfähigkeit des betrachteten Unternehmens ab. Welche Anforderungen an diese Prognose zu stellen sind, ist nicht nur anhand ju-ristischer, sondern überwiegend anhand betriebswirtschaftlicher Maßstäbe zu bestim-men.62)

___________ 58) BGH, Urteil v. 18. Oktober 2010 – Az. II ZR 151/09, abgedruckt in DStR 2011, 130 (131); Be-

schluss v. 9. Oktober 2006 – Az. II ZR 303/05, abgedruckt in DStR 2006, 2186; Kammergericht, Urteil v. 1. November 2005 – Az. 7 U 49/05, abgedruckt in ZInsO 2006, 437 (439); Dahl/Schmitz, NZG 2009, 567 (567); Haas, in: Baumbach/Hueck, Kommentar zum GmbHG, Vor § 64 Rz. 33; Hater, S. 101 ff.; Leithaus, in: Andres/Leithaus, Kommentar zur InsO, § 19 Rz. 6; Mätzig, in: BeckOK GmbHG, § 64 Rz. 36; Römermann, GWR 2010, 609; Schröder, in: Hamburger Kommentar zum Insol-venzrecht, § 19 Rz. 14, 17; Wellensiek/Schluck-Amend, in: Römermann, MAH GmbH-Recht, § 23 Rz. 157.

59) Haas, in: Baumbach/Hueck, Kommentar zum GmbHG, Vor § 64 Rz. 33; Mätzig, in: BeckOK GmbHG, § 64 Rz. 36.

60) OLG Hamburg, Urteil v. 8. November 2013 – Az. 11 U 192/11, abgedruckt in ZInsO 2013, 2447 (2449); Ampferl, in: Beck/Depré, Praxis der Insolvenz, § 2 Rz. 152; Hater, S. 102; Mönning, in: Ner-lich/Römermann, Kommentar zur InsO, § 19 Rz. 19; Schröder, in: Hamburger Kommentar zum In-solvenzrecht, § 19 Rz. 17; Theiselmann/Redeker, in: Theiselmann, Praxishandbuch des Restrukturie-rungsrechts, Kap 13 Rz. 70 f.

61) Hater, S. 102. 62) A.A. Götker, Rz. 196, der die Auffassung vertritt, dass die Frage, welche Anforderungen an die Prog-

nose zu stellen sind, von juristischer Seite zu bestimmen sei, und betriebswirtschaftliche Methoden nur zur Prüfung herangezogen werden könnten, ob diese Anforderungen erfüllt seien.

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Im Rahmen der Überprüfung der objektiven Überlebensfähigkeit des Unterneh-mens ist zunächst der Prognosezeitraum von entscheidender Bedeutung für das Er-gebnis der Fortbestehensprognose. Weder dem Gesetz noch den Materialien zum Ge-setzgebungsverfahren der Insolvenzordnung lassen sich jedoch Anhaltspunkte zur Be-messung des Prognosezeitraums entnehmen. Die Materialien zum Gesetzgebungsver-fahren des FMStG enthalten hingegen den Hinweis, die Finanzkraft des Unternehmens müsse „mittelfristig“ zur Fortführung ausreichen.63) Den Materialien zum Gesetzge-bungsverfahren des FMStÄndG wiederum lässt sich entnehmen, dass es sich hierbei um einen Zeitraum von ein bis zwei Jahren handeln soll.64)

In Rechtsprechung und Literatur finden sich zahlreiche – teils konkrete und teils weniger konkrete – Aussagen zu dem einer Fortbestehensprognose zugrunde zu legen-den Zeithorizont. Die h.L. geht indes davon aus, dass der für die Fortbestehensprog-nose relevante Zeitraum üblicherweise das laufende und das folgende Geschäftsjahr umfassen soll.65) Die Begrenzung des Prognosezeitraums wird hierbei im Wesentlichen dadurch gerechtfertigt, dass mit ihr eine Verringerung des Prognoserisikos einhergehe. Bei dem vorgenannten Prognosezeitraum handele es sich allerdings nur um einen Richtwert, der Prognosezeitraum sei letztlich eine Frage des Einzelfalls.66)

___________ 63) GesE FMStG vom 14. Oktober 2008, BT-Drucks. 16/10600, S. 15. 64) GesE FMStÄndG vom 21. September 2009, BT-Drucks. 16/13927, S. 4. 65) Aleth/Harlfinger, NZI 2011, 166 (169); Ampferl, in: Beck/Depré, Praxis der Insolvenz, § 2 Rz. 158;

Bitter, in: Scholz, Kommentar zum GmbHG, Band 3, Vorbemerkung zu § 64 Rz. 36 f.; Bork, ZIP 2000, 1709 (1710); Dahl/Schmitz, NZG 2009, 567 (567); Drukarczyk/Schüler, in: Münchener Kom-mentar zur InsO, Band 1, § 19 Rz. 62; Gundlach, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 6 Rz. 41; Hermanns, in: Buth/Hermanns, RSI, § 25 Rz. 56; Hirte/Knof/Mock, ZInsO 2008, 1217 (1223); Kirchhof, in: Heidelberger Kommentar zur InsO, § 19 Rz. 10; Mönning, in: Nerlich/Römermann, Kommentar zur InsO, § 19 Rz. 19 f.; Otto, MDR 2008, 1369 (1370); Pape, in: Kübler/Prütting/Bork, Kommentar zur InsO, Band I, § 19 Rz. 40; Schulze-Osterloh, in: Baumbach/Hueck, Kommentar zum GmbHG, 18. Auflage (Vorauflage), § 64 Rz. 13; Steffan/Solmecke, ZInsO 2015, 1365 (1373); a.A. Beck, KSI 2009, 61 (63), der die Notwendigkeit eines ausgedehnteren Prognosezeitraums insbeson-dere an dem Beispiel endfälliger Darlehen festmacht; K. Schmidt, DB 2008, 2467 (2470), der für eine Ausweitung der Prognose „soweit sie irgend reichen kann“ plädiert, da man sich nicht zu der Annahme verleiten lassen dürfe, „ein Unternehmen sei dann schon nicht überschuldet, wenn es erst mittelfristig in die Insol-venz abgleiten wird. Die Aussicht, den Todeskampf mittelfristig noch zu verlängern, kann selbstverständlich nicht genügen“; Wimmer, NJW 1996, 2546 (2547), der ohne weitere Begründung von einem Prognosezeit-raum von zwei bis drei Jahren ausgeht.

66) Bork, ZIP 2000, 1709 (1710); Bußhardt, in: Braun, Kommentar zur InsO, § 19 Rz. 32; Dru-karczyk/Schüler, in: Münchener Kommentar zur InsO, Band 1, § 19 Rz. 62; Gundlach, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 6 Rz. 41; Steffan/Solmecke, ZInsO 2015, 1365 (1373); Temme, S. 127.

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ee) Prognosegegenstand

Die ganz wesentliche Frage bei der im Rahmen der Fortbestehensprognose zu überprüfenden objektiven Überlebensfähigkeit des Unternehmens ist, was Gegenstand der Fortbestehensprognose ist. Während sich die Rechtsprechung mit dieser Frage bis-her verhältnismäßig selten auseinandersetzen musste, war und ist der Inhalt der Fort-bestehensprognose in der Literatur seit jeher umstritten. Im Kern geht es hierbei meist um die Frage,

- ob Prognosegegenstand ausschließlich die künftige Zahlungsfähigkeit des Unternehmens ist oder

- ob weitere Prognoseelemente hinzutreten. Die Bandbreite der hierzu vertretenen Auffassungen ist beachtlich. Da der Gegen-

stand der Fortbestehensprognose Kern der vorliegenden Arbeit ist, wird er in Ab-schnitt D (S. 75 ff.) eingehend untersucht.

ff) Prognosewahrscheinlichkeit

(1) Allgemeine Anforderungen

Nach dem Wortlaut des § 19 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 InsO ist trotz rechnerischer Überschuldung eine insolvenzrechtliche Überschuldung zu verneinen, sofern die Fort-führung des Unternehmens nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich ist. Wann indes von einer solchen überwiegenden Wahrscheinlichkeit ausgegangen werden kann, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen.

In Rechtsprechung und Literatur wird in diesem Zusammenhang vielfach unter-schieden zwischen den allgemeinen Anforderungen, die an die Eintrittswahrscheinlich-keit von zukünftigen Ereignissen gestellt werden, und den besonderen Anforderungen bei beabsichtigten und eingeleiteten Sanierungsmaßnahmen. Im Hinblick auf die allge-meinen Anforderungen ist die bisherige Rechtsprechung wenig ergiebig, nachdem sich die Gerichte ganz offensichtlich bis dato nur mit solchen Sachverhalten auseinander-setzen mussten, bei denen Sanierungsmaßnahmen entweder beabsichtigt oder bereits eingeleitet waren. Die Literatur wiederum geht – i.S. einer schlichten Wortlautausle-

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gung – übereinstimmend davon aus, dass allgemein zur Annahme einer positiven Fort-bestehensprognose die Fortführung des Unternehmens zu mehr als 50% wahrschein-lich sein muss.67)

(2) Besondere Anforderungen bei beabsichtigten oder eingeleiteten Sanie-rungsmaßnahmen

(a) Innerbetriebliche Sanierungsmaßnahmen

Aus der sich bei einem Unternehmen in der Krise ergebenden Notwendigkeit von Sanierungsmaßnahmen folgt im Rahmen der Fortbestehensprognose im Hinblick auf die Prognosewahrscheinlichkeit die Frage, unter welchen Voraussetzungen derartige Maßnahmen im Rahmen der Prognose Berücksichtigung finden dürfen. Bei der Beant-wortung dieser Frage wird vielfach unterschieden zwischen innerbetrieblichen Maß-nahmen und solchen, die der Beteiligung Dritter bedürfen.

Bei innerbetrieblichen Sanierungsmaßnahmen, wie etwa Kostensenkungsprogram-men, Maßnahmen zur Umsatzsteigerung, Plänen zur Reduktion des Personalstandes oder Produktionsumstellungen, ist in chronologischer Reihenfolge zu unterscheiden in lediglich mögliche, schon geplante und bereits eingeleitete Maßnahmen. Lediglich mögliche – und erst recht unrealistische – Sanierungsmaßnahmen sollen bei der Er-stellung der Fortbestehensprognose außeracht zu lassen sein.68) Zu berücksichtigen seien hingegen solche Sanierungsmaßnahmen, mit deren Ausführung zwar noch nicht begonnen wurde, die aber bereits konkret geplant seien, wenn die feste Absicht zur Realisierung bestehe und diese auch realistisch erscheine.69) Entsprechendes soll gelten, wenn mit erfolgversprechenden Sanierungsmaßnahmen innerbetrieblicher Art bereits

___________ 67) Arnold, in: Henssler/Strohn, Kommentar zum Gesellschaftsrecht, § 19 InsO Rz. 6; Drukarczyk/Schü-

ler, in: Münchener Kommentar zur InsO, Band 1, § 19 Rz. 77; Haas, in: Baumbach/Hueck, Kom-mentar zum GmbHG, Vor § 64 Rz. 40; Kirchhof, in: Heidelberger Kommentar zur InsO, § 19 Rz. 11; H.-P. Müller/Haas, in: Kölner Schrift zur InsO, 2. Auflage (Vorauflage), S. 1805; Pape, in: Küb-ler/Prütting/Bork, Kommentar zur InsO, Band I, § 19 Rz. 37, 46; Schröder, in: Hamburger Kom-mentar zum Insolvenzrecht, § 19 Rz. 16; Mock, in: Uhlenbruck, Kommentar zur InsO, § 19 Rz. 221.

68) Karollus/Huemer, S. 109 (zum österreichischen Recht). 69) Karollus/Huemer, S. 108 (zum österreichischen Recht); ähnlich Sikora, NWB 2009, 232 (237).

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begonnen wurde.70) Im Hinblick auf den Wahrscheinlichkeitsmaßstab sollen beabsich-tigte oder eingeleitete Maßnahmen zur Sanierung und Liquiditätssicherung mit ihren Auswirkungen dann in die Betrachtung einzubeziehen sein, wenn zu erwarten sei, dass die beabsichtigten Effekte mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eintreten werden.71)

(b) Sanierungsmaßnahmen unter Beteiligung Dritter

Während für innerbetriebliche Sanierungsmaßnahmen demnach letztlich der glei-che Maßstab angelegt wird wie für die Wahrscheinlichkeit der Unternehmensfortfüh-rung insgesamt, werden bei Sanierungsmaßnahmen unter Beteiligung Dritter teilweise hiervon abweichende, strengere Maßstäbe angelegt. So forderte beispielsweise das OLG Köln in einer Entscheidung aus dem Jahr 2009, dass im Rahmen der Fortbeste-hensprognose

„neben der Innenfinanzierung nur nachweislich verfügbare Möglichkeiten der Außenfinanzie-rung (Eigenkapitalzufuhr, Gesellschafterdarlehen, Kredite usw.) berücksichtigt werden.“72)

Sämtliche anderen Oberlandesgerichte und auch der BGH stellen hingegen zur An-nahme einer positiven Fortbestehensprognose weniger restriktive Anforderungen an die Verbindlichkeit derartiger Sanierungsmaßnehmen.73) Es herrscht folglich eine sehr starke Tendenz in der Rechtsprechung dahingehend, dass eine rechtsverbindliche Ver-einbarung von Sanierungsmaßnahmen unter Beteiligung Dritter nicht gefordert wird.

In der juristischen Literatur findet sich eine Vielzahl von Veröffentlichungen, die sich mit der Frage beschäftigen, welche Anforderungen zur Annahme einer positiven

___________ 70) Karollus/Huemer, S. 107 (zum österreichischen Recht). 71) So noch IDW FAR 1/1996, S. 5 = WPg 1997, 22 (24); der Standard IDW S 11, der die vorgenannten

Empfehlungen des Fachausschusses Recht des IDW abgelöst hat, stellt scheinbar höhere Anforde-rungen, wenn er verlangt, dass die Maßnahmen hinreichend konkretisiert sein müssen, vgl. IDW S 11, Rz. 66.

72) OLG Köln, Urteil v. 5. Februar 2009 – Az. 18 U 171/07, veröffentlicht in beck-online unter BeckRS 2009, 08494.

73) Vgl. beispielsweise BGH, Urteil v. 23. Februar 2004 – Az. II ZR 207/01, abgedruckt in BB 2004, 1240 (1242); Urteil v. 22. November 2012 – Az. IX ZR 62/10, abgedruckt in NJW-RR 2013, 558 (560); OLG Stuttgart, Urteil v. 7. Dezember 2004 – Az. 10 U 119/04, veröffentlicht in beck-online unter BeckRS 2007, 16286; OLG Koblenz, Urteil v. 9. Februar 2006, abgedruckt in NZG 2006, 583 (584); LAG Hamm, Urteil v. 24. Januar 2008 – Az. 15 Sa 1669/07, veröffentlicht in beck-online unter BeckRS 2008, 52686; OLG Hamburg, Urteil v. 4. Juli 2008 – Az. 11 U 278/05, veröffentlicht in beck-online unter BeckRS 2008, 17846.

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Fortbestehensprognose bei erforderlichen Sanierungsmaßnahmen unter Beteiligung Dritter bestehen. Die strengste Auffassung geht hierbei scheinbar davon aus, dass zur Berücksichtigung solcher Maßnahmen verbindliche Erklärungen vorliegen müssen.74)

Eine weniger strenge Auffassung geht davon aus, dass grundsätzlich nur solche Maßnahmen berücksichtigt werden dürften, denen der betreffende Dritte bereits zu-gestimmt habe.75) Dies soll grundsätzlich auch dann gelten, wenn ex ante – vernünf-tigerweise – mit der Zustimmung des Dritten zu rechnen sei.76) In Ausnahmefällen soll allerdings eine Berücksichtigung lediglich wahrscheinlicher Maßnahmen möglich sein, wobei hierbei in Maßnahmen der Eigenkapitalzufuhr77), Maßnahmen der Fremdkapi-talzufuhr78) und Sanierungshilfen von Gläubigern79) unterschieden wird.

Die am wenigsten strenge Auffassung berücksichtigt Sanierungsmaßnahmen unter Beteiligung Dritter bereits dann im Rahmen der Fortbestehensprognose, wenn deren Umsetzung wahrscheinlich ist.80) Während der kleinere Teil der Vertreter dieser Auf-fassung mit der „überwiegenden Wahrscheinlichkeit“ an die einzelne Sanierungsmaß-nahme den gleichen Maßstab anlegt wie an die Fortbestehensprognose insgesamt,81) verlangt eine Vielzahl von Autoren, dass die Realisierung derartiger Sanierungsmaß-nahmen „hinreichend gesichert“82) sein müsse.

Betrachtet man die strengste der dargestellten Auffassungen, nach der Sanierungs-maßnahmen unter Beteiligung Dritter ausschließlich bei bereits erteilter Zustimmung

___________ 74) Böcker, S. 94; Drukarczyk/Schüler, in: Münchener Kommentar zur InsO, Band 1, § 19 Rz. 69; dies., in:

Kölner Schrift zur InsO, S. 69 f. 75) Haas, in: Baumbach/Hueck, Kommentar zum GmbHG, Vor § 64 Rz. 35; Karollus/Huemer, S. 105 ff.

(zum österreichischen Recht); Sikora, NWB 2009, 232 (237 f.); ders., ZInsO 2010, 1761 (1770). 76) Haas, in: Baumbach/Hueck, Kommentar zum GmbHG, Vor § 64 Rz. 35. 77) Vgl. Sikora, NWB 2009, 232 (238); ders., ZInsO 2010, 1761 (1771); ebenso Karollus/Huemer, S. 119

(zum österreichischen Recht). 78) Vgl. Haas, in: Baumbach/Hueck, Kommentar zum GmbHG, Vor § 64 Rz. 35; ebenso Karollus/Hue-

mer, S. 122 ff. (zum österreichischen Recht); Sikora, NWB 2009, 232 (238); ders., ZInsO 2010, 1761 (1771).

79) Vgl. Sikora, ZInsO 2010, 1761 (1772). 80) Aleth/Harlfinger, NZI 2011, 166 (171); Drews, S. 191; Groß/Amen, WPg 2002, 225 (231); Haußer/Heeg,

ZIP 2010, 1427 (1428); IDW S 11, Rz. 66; Mönning, in: Nerlich/Römermann, Kommentar zur InsO, § 19 Rz. 19; Weber/Küting/Eichenlaub, GmbHR 2014, 1009 (1015); Wolf, S. 32 f.

81) Aleth/Harlfinger, NZI 2011, 166 (171); Drews, S. 191. 82) Hermanns, in: Buth/Hermanns, RSI, § 25 Rz. 47; IDW S 11, Rz. 66; Steffan, in: IDW, WP Handbuch

2014, Band II, Abschnitt S Rz. 245; Wolf, S. 32 f.

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der Dritten berücksichtigt werden dürfen, müssen dieser die tatsächlichen Gegeben-heiten der Praxis entgegengehalten werden. So wird eine Refinanzierung i.d.R. – und insbesondere in Zeiten der Krise – erst kurz vor oder sogar erst mit Auslaufen der aktuellen Finanzierung verbindlich abgeschlossen, sodass bis zu diesem Zeitpunkt eine nachweisliche Verfügbarkeit der finanziellen Mittel nicht gegeben ist.83) Gleiches gilt beispielsweise für Forderungsverzichte der Gläubiger, die erfahrungsgemäß allenfalls in einem Zeitpunkt gewährt werden, in dem keine alternative Maßnahme zur Vermei-dung der Insolvenz mehr zur Verfügung steht.

Der weniger strengen Auffassung, die lediglich im Grundsatz bereits erteilte Zu-stimmungen der Dritten zu Sanierungsmaßnahmen verlangt, muss entgegengehalten werden, dass die von ihr zugelassenen Ausnahmen in der Krise eines Unternehmens eher die Regel darstellen.84)

Diejenige Auffassung, nach der Sanierungsmaßnahmen unter Beteiligung Dritter bereits dann im Rahmen der Fortbestehensprognose berücksichtigt werden können, wenn deren Umsetzung dem Grundsatz des § 19 Abs. 2 Satz 1 InsO entsprechend „wahrscheinlich“ ist, berücksichtigt am ehesten das prognostische Element der Fortbe-stehensprognose. Da sie zudem die praxisnaheste sämtlicher Auffassungen ist, er-scheint sie im Grundsatz als vorzugswürdig. Nicht einfach zu beantworten ist indes die sich anschließende Frage, welches Maß an Wahrscheinlichkeit im Zusammenhang mit Sanierungsmaßnahmen unter Beteiligung Dritter erforderlich ist.

Pauschal ein höheres Maß an Wahrscheinlichkeit zu fordern als bei innerbetriebli-chen Sanierungsmaßnahmen, an denen Dritte (scheinbar) nicht beteiligt sind, scheint nicht zielführend zu sein. So besteht beispielsweise auch bei einer geplanten Umsatz-steigerung die Gefahr, dass diese nicht oder nicht in dem geplanten Umfang zum Tra-gen kommt. Sofern auf einer solchen Umsatzsteigerung – wie leider viel zu häufig – ein kompletter Sanierungsplan fußt, dürfte das hieraus resultierende Risiko dem einer nur überwiegend wahrscheinlichen Eigen- oder Fremdkapitalzufuhr mindestens ent-sprechen, wenn nicht sogar deutlich höher liegen. Hingegen pauschal das gleiche Maß an Wahrscheinlichkeit zu fordern als bei innerbetrieblichen Sanierungsmaßnahmen, nämlich eine lediglich überwiegende Wahrscheinlichkeit, scheint ebenfalls der falsche

___________ 83) Aleth/Harlfinger, NZI 2011, 166 (171). 84) Ebenso Aleth/Harlfinger, NZI 2011, 166 (171).

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Ansatz zu sein, da der Erfolg der Maßnahmen in besonderem Maße von dem Verhal-ten der Dritten abhängt.

Letztlich dürfte im Hinblick auf die Erfolgswahrscheinlichkeit von Sanierungsmaß-nahmen unter Beteiligung Dritter entscheidend sein, zu welchem Zeitpunkt diese be-urteilt wird.85) Sofern beispielsweise im Falle einer erforderlichen Refinanzierung ein Unternehmen die Marktkonditionen für eine Kreditvergabe erfüllt und die Refinanzie-rung erst in knapp zwei Jahren notwendig sein wird, kann dem Unternehmen eine Fortbestehensprognose nicht mit dem Hinweis abgesprochen werden, die Refinanzie-rung sei derzeit – etwa mangels entsprechender Vertragsentwürfe etc. – nicht „hinrei-chend gesichert“. Liegt der Zeitpunkt der drohenden Zahlungsunfähigkeit hingegen be-reits in der nahen Zukunft, so wird man wenige Wochen vor diesem Zeitpunkt jeden-falls sehr weit fortgeschrittene Verhandlungen mit den Kreditgebern verlangen müs-sen, da andernfalls nicht mehr ernsthaft damit gerechnet werden kann, dass in der ver-bleibenden Zeit eine Refinanzierung gelingt.

Entscheidend ist also, ob in der verbleibenden Zeit nach dem jeweiligen Planungs- und Umsetzungsstand der erforderlichen Maßnahme noch ernsthaft damit gerechnet werden kann, dass die Maßnahme zum gewünschten Erfolg führen wird. Solange sub-jektiv und objektiv erfolgversprechende Verhandlungen geführt werden, sollte nicht wegen des Fehlens rechtsverbindlicher Vereinbarungen die Fortbestehensprognose verneint werden. Um eine solche Situation der Unsicherheit allen Beteiligten transpa-rent zu machen, sollte das Management im Rahmen der stattfindenden Verhandlungen frühzeitig einen realistischen Zeitplan („milestones plan“) vereinbaren, innerhalb dessen die Verhandlungen beendet sein werden. Dieser Zeitplan sollte neben einem Endzeit-punkt mehrere Zwischenzeitpunkte definieren, bis zu denen verschiedene Etappen-ziele erreicht sein müssen („milestones“). Als derartige Etappenziele kommen beispiels-weise die Erstellung eines Sanierungsgutachtens oder der Abschluss eines Absichtspa-piers in Betracht. Tritt im weiteren Verlauf eines der vorab definierten Etappenziele nicht zum ebenfalls vorab definierten Zeitpunkt ein, müssen die Verhandlungen grundsätzlich als gescheitert angesehen werden. Haben sich seit Aufstellung des Zeit-

___________ 85) Dies erkennt auch das IDW in seinem Standard IDW S 11 zur Beurteilung des Vorliegens von In-

solvenzeröffnungsgründen, zieht hieraus aber nur unzureichende Schlüsse, vgl. IDW S 11, Rz. 63, 66.

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plans die grundlegenden Annahmen nicht wesentlich verändert, so kann dem Unter-nehmen ab dem Zeitpunkt des Scheiterns der Verhandlungen auch keine positive Fort-bestehensprognose mehr zugesprochen werden. Müssen die Annahmen hingegen we-gen neuerer Erkenntnisse angepasst werden, so kann in Ausnahmefällen auch eine An-passung des Zeitplans in Betracht kommen.

Zu berücksichtigen ist, dass ein solcher Zeitplan nicht die Tatsache vernachlässigen sollte, dass das Gläubigerrisiko umso höher ist, je weiter die Unternehmenskrise fort-geschritten ist. Liegt der Zeitpunkt, in dem es ohne Durchführung der jeweiligen Sa-nierungsmaßnahme zu einer finanziellen Unterdeckung kommen wird, noch in weiter Ferne, wird der Zeitplan zeitliche Puffer und dadurch einen längeren Verhandlungs-zeitraum ausweisen dürfen. Tritt die planerische Unterdeckung hingegen zeitnah ein, müssen auch die in den Zeitplan aufgenommenen Etappenziele schneller erreicht wer-den. Dies führt im Ergebnis dazu, dass auch „hinreichend sichere“ Verhandlungsergeb-nisse und auch verbindliche Erklärungen der Dritten schneller erreicht werden müssen.

c) Prüfungsreihenfolge

Nach dem Wortlaut des § 19 Abs. 2 Satz 1 InsO („es sei denn“) stehen Überschul-dungsstatus und Fortbestehensprognose in einem Regel-Ausnahme-Verhältnis: Ein Unternehmen ist regelmäßig insolvenzreif, wenn der Überschuldungsstatus eine Un-terdeckung ausweist, sofern nicht ausnahmsweise von einer positiven Fortbestehens-prognose ausgegangen werden kann. Aufgrund des Vorhandenseins dieses Regel-Aus-nahme-Verhältnisses stünde an sich zu vermuten, dass im Rahmen der Überschul-dungsprüfung zunächst ein Überschuldungsstatus und sodann eine Fortbestehens-prognose zu erstellen wäre.

Die h.M. geht jedoch davon aus, dass auf einer ersten Stufe zunächst die Fortbe-stehensprognose und – nur wenn diese negativ ausfalle – auf einer zweiten Stufe ein Überschuldungsstatus zu erstellen seien.86) Fragt man allerdings nach den Gründen für diese Prüfungsreihenfolge, so zeigt sich, dass diese keineswegs rechtlicher Natur sind,

___________ 86) Vgl. IDW S 11, Rz. 53; zustimmend Frystatzki, NZI 2014, 840 (844); Kühne, in: Nickert/Lamberti,

Überschuldungs- und Zahlungsunfähigkeitsprüfung, Rz. 234; Steffan, in: IDW, WP Handbuch 2014, Band II, Abschnitt S Rz. 212 ff.; Steffan/Solmecke, ZInsO 2015, 1365 (1368).

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sondern vielmehr wird darauf verwiesen, dass eine Fortbestehensprognose schneller und kostengünstiger zu erstellen sei als ein Überschuldungsstatus. Richtig dürfte daher sein, die Prüfungsreihenfolge ins Ermessen der Prüfungsverpflichteten zu stellen.87)

4. Mangelnde Praxisrelevanz des Überschuldungstatbestands

a) Mangelnde Praxisrelevanz als Eröffnungsgrund

Während die Überschuldung als Insolvenzauslöser in der Theorie einen erhebli-chen Stellenwert einnimmt, ist ihre Bedeutung in der Praxis ungleich untergeordneter Natur.88) Dies gelte umso mehr für nicht vom Schuldner gestellte Anträge, da für Gläu-biger als Außenstehende die Überschuldung nur schwer glaubhaft zu machen sei.89)

Folgende Tabelle, die den Anteil der Insolvenzanträge je Eröffnungsgrund solcher Unternehmen darstellt, die aufgrund ihrer jeweiligen Rechtsform zum persönlichen Anwendungsbereich des Überschuldungstatbestands gehören, belegt diese Ansicht:90)

___________ 87) So etwa Gundlach, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 6 Rz. 38; Mock, in: Uhlenbruck, Kom-

mentar zur InsO, § 19 Rz. 40 ff.; Weber/Küting/Eichenlaub, GmbHR 2014, 1009 (1014); Wolf, DStR 1995, 859 (859).

88) Vgl. Ahrendt/Plischkaner, NJW 2009, 964 (965); Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, Kommentar zum GmbHG, Vorbemerkung zu § 64 Rz. 25; Drukarczyk/Schüler, in: Münchener Kommentar zur InsO, Band 1, § 19 Rz. 21; Häuser, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 85 Rz. 152b; Penzlin, NZG 2000, 464 (464); Pfaff, S. 4; Theiselmann/Redeker, in: Theiselmann, Praxishandbuch des Restrukturierungsrechts, Kap. 13 Rz. 61; Wellensiek/Schluck-Amend, in: Römermann, MAH GmbH-Recht, § 23 Rz. 151.

89) Bußhardt, in: Braun, Kommentar zur InsO, § 19 Rz. 33. 90) Die Berechnungen wurden anhand der Publikationen des Statistischen Bundesamts zur Fachserie 2

Reihe 4.1 mit dem Titel Unternehmen und Arbeitsstätten – Insolvenzverfahren vorgenommen. Rechts-grundlage für die Erhebung der Daten durch das Statistische Bundesamt war bis zum 31. Dezember 2012 der § 39 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz. Seit dem 01. Januar 2013 richtet sich die Erhebung der Daten nach dem Gesetz über die Insolvenzstatistik, welches durch das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen vom 07. Dezember 2011 (ESUG) eingeführt wurde.

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2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015

Zahlungsunfähigkeit 58,65% 58,06% 57,27% 57,87% 58,49% 34,22% 29,51% 26,54%

Drohende Zahlungsunfä-higkeit 0,77% 0,73% 0,89% 0,86% 0,85% 0,92% 0,86% 1,04%

Überschuldung 5,73% 5,66% 5,22% 4,33% 4,15% 2,78% 2,53% 2,06%

Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung 34,63% 35,27% 36,32% 36,59% 36,13% 60,96% 65,91% 69,08%

Drohende Zahlungsunfä-higkeit und Überschuldung 0,22% 0,29% 0,30% 0,35% 0,39% 1,11% 1,19% 1,28%

Abbildung 1: Anteil der Insolvenzanträge je Eröffnungsgrund von Unternehmen, die aufgrund ihrer je-weiligen Rechtsform zum persönlichen Anwendungsbereich des Überschuldungstatbestands gehören

Innerhalb der Gruppe derjenigen Unternehmen, die aufgrund ihrer jeweiligen Rechtsform zum persönlichen Anwendungsbereich des Überschuldungstatbestands gehören, variierte der Anteil der allein auf Überschuldung gestützten Insolvenzanträge in den vergangenen Jahren demnach zwischen gut 2 und knapp 6%, allerdings mit sin-kender Tendenz.

Fragt man innerhalb der definierten Gruppe nach dem Anteil der allein auf Über-schuldung oder auf Überschuldung und drohende Zahlungsunfähigkeit gestützten In-solvenzanträge, so ergibt sich in etwa folgendes Bild:91)

2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015

4,50% 4,82% 5,95% 5,95% 5,52% 4,68% 4,54% 3,89% 3,72% 3,34%

Abbildung 2: Anteil der allein auf Überschuldung oder auf drohende Zahlungsunfähigkeit und Überschul-dung gestützten Insolvenzanträge von Unternehmen, die aufgrund ihrer jeweiligen Rechts-form zum persönlichen Anwendungsbereich des Überschuldungstatbestands gehören

Nach alledem ist der h.M. insoweit zuzustimmen, dass der Tatbestand der Zah-lungsunfähigkeit als Insolvenzauslöser im Vergleich zum Tatbestand der Überschul-dung in der Praxis zwar die entscheidendere Rolle spielt. Anzumerken ist aber, dass

___________ 91) Die Berechnungen wurden ebenfalls anhand der Publikationen des Statistischen Bundesamts zur

Fachserie 2 Reihe 4.1 mit dem Titel Unternehmen und Arbeitsstätten – Insolvenzverfahren vorgenommen (vgl. Fn. 90).

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auch die h.M. aufgrund der dargestellten Zahlen nicht davon ausgeht, es gäbe in der Praxis keine Überschuldungsfälle. Vielmehr ist sie der Auffassung, dass die meisten Unternehmen, die insolvenzrechtlich wegen Zahlungsunfähigkeit in Erscheinung tre-ten, zuvor ein Stadium der Überschuldung durchlaufen hätten.92) Denn es herrsche die gängige Praxis, nach der Unternehmen im Regelfall einen Insolvenzantrag trotz einer möglicherweise seit längerer Zeit bestehenden Überschuldung erst nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit stellten.93)

Erfahrungen aus der Praxis zeigen zwar, dass diese Aussage eher für kleine als denn für mittlere und große Unternehmen zutrifft. Auch bei mittleren und großen Unter-nehmen befassen sich die Geschäftsführer aber meist nicht aus eigenem Antrieb heraus mit dem Überschuldungstatbestand, sondern weil sie von außen hierzu angehalten wer-den. Üblicherweise ist dies dann der Fall, wenn die finanzierenden Banken eine Kredi-tentscheidung in Form der Prolongation oder Ausweitung bestehender Darlehen tref-fen müssen. Da die Banken im Vorfeld der Entscheidung aufgrund regulatorischer Vorgaben neben der Sicherheitenlage auch die Kapitaldienstfähigkeit ihres Kunden (erneut) überprüfen müssen, stellen sie hierbei bei einem Unternehmen in der Krise dessen Sanierungsbedürftigkeit fest. Um trotz dieser Feststellung dennoch eine posi-tive Kreditentscheidung treffen zu können, bedarf es ebenfalls aufgrund regulatori-scher Vorgaben eines Sanierungsgutachtens, welches die Sanierungsfähigkeit des Un-ternehmens bestätigt. Zur Erstellung des Sanierungsgutachtens werden üblicherweise entsprechende externe betriebswirtschaftliche Berater hinzugezogen. Diese wiederum empfehlen den Geschäftsführern in kritischen Fällen die Hinzuziehung insolvenz-rechtlicher Berater, wodurch es dann im weiteren Verlauf vielfach zur erstmaligen Be-fassung der Geschäftsführer mit dem Überschuldungstatbestand kommt.

___________ 92) Pfaff, S. 5; ebenso Kliebisch/Linsenbarth, DZWIR 2012, 232 (234); ähnlich K. Schmidt, in:

K. Schmidt/Uhlenbruck, Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, Rz. 5.81. 93) Grätz, BB 2008, 2413; ähnlich Ahrendt/Plischkaner, NJW 2009, 964 (965); Theiselmann/Redeker, in:

Theiselmann, Praxishandbuch des Restrukturierungsrechts, Kap. 13 Rz. 61.

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b) Mangelnde Praxisrelevanz im Bereich der Haftung und Strafbarkeit wegen Insolvenzverschleppung

Nachdem also in der Praxis zwischen dem Zeitpunkt des Eintritts der Überschul-dung und der Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ganz offen-sichtlich auch nach der h.M. eine – teils erhebliche – zeitliche Diskrepanz liegt, sollte man meinen, dass der Überschuldungstatbestands jedenfalls im Bereich der Haftung und Strafbarkeit wegen Insolvenzverschleppung eine erhebliche Rolle spielen sollte. Die Realität ist jedoch auch hier eine andere.

Jedenfalls bei Vorliegen einer rechnerischen Überschuldung wäre für den Insol-venzverwalter und auch die sog. Neugläubiger die Darlegung eines schlüssigen Haf-tungsanspruchs gegen den Geschäftsführer an sich ein Leichtes, nachdem in einem entsprechenden Haftungsprozess zwar der Insolvenzverwalter bzw. die Neugläubiger darlegungs- und beweisbelastet sind.94) Sowohl der Insolvenzverwalter als auch die Neugläubiger genügen ihrer Darlegungs- und Beweislast im Falle der Überschuldung aber bereits dann, wenn sie eine Handelsbilanz mit dem Ausweis eines „nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrags“ vorlegen und die insolvenzspezifischen Abwei-chungen im Einzelnen erläutern.95) Zur Erläuterung dieser Abweichungen muss ent-weder ein Überschuldungsstatus mit Aufdeckung etwaiger stiller Reserven und Ansatz der Wirtschaftsgüter zu Veräußerungswerten aufgestellt oder dargelegt werden, dass stille Reserven und sonstige aus der Handelsbilanz nicht ersichtliche Veräußerungs-werte nicht vorhanden sind.96) Dabei muss der Anspruchsteller nicht jede denkbare Möglichkeit ausschließen, sondern nur nahe liegende Anhaltspunkte, wie etwa stille Reserven bei Grundvermögen.97) Ist es dem beweisbelasteten Insolvenzverwalter bzw.

___________ 94) Für den Fall der Klage des Insolvenzverwalters vgl. BGH, Beschluss v. 5. November 2007 – Az. II

ZR 262/06, abgedruckt in NZI 2008, 126 (126); für den Fall der Klage eines Neugläubigers vgl. BGH, Versäumnisurteil v. 12. März 2007 – Az. II ZR 315/05, abgedruckt in NJW 2007, 3130 (3131).

95) Für den Fall einer Klage des Insolvenzverwalters vgl. BGH, Beschluss v. 5. November 2007 – Az. II ZR 262/06, abgedruckt in NZI 2008, 126 (126); Urteil v. 7. März 2005 – Az. II ZR 138/03, abgedruckt in NZI 2005, 351 (351 f.); für den Fall einer Klage eines Neugläubigers vgl. BGH, Ver-säumnisurteil v. 12. März 2007 – Az. II ZR 315/05, abgedruckt in NJW 2007, 3130 (3131).

96) BGH, Urteil v. 7. März 2005 – Az. II ZR 138/03, abgedruckt in NZI 2005, 351 (351 f.). 97) BGH, Urteil v. 7. März 2005 – Az. II ZR 138/03, abgedruckt in NZI 2005, 351 (352).

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Neugläubiger nur deshalb nicht möglich, den Nachweis der Überschuldung zu führen, weil der Geschäftsführer die ihm obliegende Pflicht zur Führung und Aufbewahrung von Büchern und Belegen verletzt hat, gilt der Nachweis der Überschuldung sogar bereits als geführt.98)

Tatsächlich werden jedoch entsprechende Haftungsprozesse in der Praxis aus meh-reren Gründen selten geführt. Der ganz wesentliche Aspekt hierbei ist die oftmals man-gelnde Bonität des Geschäftsführers. Da es sich nämlich bei diesem nicht selten zu-gleich um einen oder sogar den einzigen Gesellschafter der insolventen Gesellschaft handelt, hat er oft im Vorfeld des Insolvenzantrags sämtliches private Vermögen ent-weder Gesellschaftsgläubigern als Drittsicherheit zur Verfügung gestellt oder zur er-hofften Rettung des Unternehmens noch in dieses investiert. Zur Darlegung eines Haf-tungsanspruchs in Höhe des verbleibenden Restvermögens, dass aus den genannten Gründen oftmals nur aus vier- bis maximal fünftstelligen Eurobeträgen besteht, genügt es dem Insolvenzverwalter dann meist, sich auf den wesentlich einfacher darzulegen-den Eröffnungsgrund der Zahlungsunfähigkeit zu konzentrieren. Denn bewegt sich der Haftungsanspruch der Höhe nach im Bereich eines Vielfachen des dem Geschäfts-führer verbleibenden Restvermögens, erklärt sich der Geschäftsführer in einer solchen Situation meist nolens volens zum Abschluss eines Vergleichs mit dem Insolvenzverwal-ter bereit.

Für die Neugläubiger stellt sich die Situation nochmals schlechter dar. Zum einen scheuen sie eher als der Insolvenzverwalter das jedem Prozess innewohnende Kosten-risiko. Zum anderen ist das – wie eben beschrieben geringe – Restvermögen des Ge-schäftsführers in den allermeisten Fällen schon vom Insolvenzverwalter realisiert wor-den, bevor der Neugläubiger aufgrund seiner im Vergleich zum Insolvenzverwalter deutlichen schlechteren Informationsbasis einen Prozess gegen den Geschäftsführer überhaupt beginnen könnte.

Verbleibt also die bei Insolvenzverschleppung drohende Strafbarkeit als möglicher praktischer Anwendungsbereich des Überschuldungstatbestands. Auch hier muss man allerdings feststellen, dass die Staatsanwaltschaften bei der Verfolgung entsprechender

___________ 98) BGH, Versäumnisurteil v. 12. März 2007 – Az. II ZR 315/05, abgedruckt in NJW 2007, 3130

(3131).

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Delikte meist sehr zurückhaltend agieren. Teils liegt dies an der chronischen Überlas-tung der handelnden Personen, teils an der im Strafrecht geltenden Unschuldsvermu-tung und den dadurch im Vergleich zum Insolvenzverwalter und den Neugläubigern deutlich erhöhten Anforderungen an den Nachweis der Insolvenzverschleppung.

Im Ergebnis muss dem Überschuldungstatbestand des § 19 InsO und den ihn flan-kierenden Insolvenzantragspflichten des § 15a InsO in ihrer aktuellen Ausgestaltung daher in der Tat mangelnde Praxistauglichkeit bescheinigt werden.

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C. Historische Entwicklung des Überschuldungstatbestands

I. Überschuldungsbegriffe der Konkursordnung

1. Einstufige Überschuldungsbegriffe

a) Überschuldungsbegriff bei Inkrafttreten der Konkursordnung im Jahr 1877

Die Überschuldung hat eine höchst wechselvolle Geschichte hinter sich.99) Dies ergab sich teils aus Gesetzesänderungen, teils lediglich aus einer geänderten Auslegung durch Rechtsprechung und Literatur. Die unterschiedlichen Ausprägungen des Über-schuldungstatbestands werden nachfolgend im Zeitverlauf dargestellt.

Vor Entstehung des Deutschen Reiches hatten sich im Hinblick auf die konkurs-veranlassenden Zustände einer Unternehmung im deutschsprachigen Raum zwei ge-gensätzliche Rechtskreise gebildet.100) In den auf der Grundlage des gemeinen Rechts erlassenen Partikulargesetzen des 17. und 18. Jahrhunderts war der Nachweis der Über-schuldung der alleinige Anknüpfungspunkt.101) Demgegenüber hatten die meisten neu-eren Landeskonkursgesetze in Anlehnung an das französische Recht102) die Zahlungs-einstellung als einzigen Anlass zur Eröffnung eines Konkursverfahrens angesehen, al-lerdings beschränkt auf den Fall des kaufmännischen Konkurses.103) Von der histori-schen Entwicklung her ist die Zahlungsunfähigkeit somit – was durchaus zu überra-schen vermag – der jüngere der beiden obligatorischen Eröffnungsgründe.104)

___________ 99) Theiselmann/Redeker, in: Theiselmann, Praxishandbuch des Restrukturierungsrechts, Kap. 13 Rz. 63;

umfassend zur historischen Entwicklung Götz, KTS 2003, 1 ff. 100) Haack, S. 17. 101) Haack, S. 17, nennt als Beispiel insoweit die Prozessordnungen der sächsischen Länder, die Prozess-

ordnung für das Kurfürstentum Hessen aus dem Jahr 1745 und die Konkursordnung für das Fürs-tentum Lippe-Detmold aus dem Jahr 1779.

102) Vgl. Art. 437 des Code de Commerce aus dem Jahr 1807. 103) Haack, S. 17, nennt als Beispiel insoweit die Bremer Verordnung für Debit- und Nachlasssachen aus

dem Jahr 1843 sowie die preußische Konkursordnung aus dem Jahr 1855. 104) Giebeler, S. 9.

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Als eines der vier berühmten Reichsjustizgesetze des Jahres 1877 ist zum 1. Okto-ber 1879 die Konkursordnung vom 10. Februar 1877 in Kraft getreten.105) Die Reichs-justizgesetze waren als Verfahrensgesetze nach der Entstehung des Deutschen Reiches von 1870/1871 als neues rechtseinheitliches Recht entwickelt worden.106) Die Konkur-sordnung wurde hierbei aus französischen Wurzeln und der Preußischen Konkursord-nung vom 8. Mai 1855 sowie den Vorarbeiten des Norddeutschen Bundes und des preußischen Justizministeriums entwickelt.107) Sie galt als „Perle der Reichsjustizgesetze“.108)

Die Konkursordnung legte fest, dass die Eröffnung des Konkursverfahrens grund-sätzlich die Zahlungsunfähigkeit des Gemeinschuldners voraussetzt (vgl. § 94 KO 1877109)). In der Begründung des Gesetzesentwurfs wurde betont, dass der Gemein-schuldner den negativen Folgen einer Verfahrenseröffnung erst dann ausgesetzt sein solle, wenn er seinen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen könne.110)

Lediglich bei einer beschränkten und eng abgegrenzten Gruppe von Rechtsträgern bzw. Vermögensmassen bildete neben der Zahlungsunfähigkeit auch die Überschul-dung einen Eröffnungsgrund für ein Konkursverfahren.111) So sah die Konkursord-nung bei ihrem Inkrafttreten den Überschuldungstatbestand zunächst nur für Aktien-gesellschaften (vgl. § 193 KO 1877112)), eingetragene Genossenschaften (vgl. § 195 KO 1877113) i.V.m. § 48 des Gesetzes, betreffend die privatrechtliche Stellung der Erwerbs- und Wirth-schafts-Genossenschaften vom 4. Juli 1868114)) und Nachlässe (vgl. § 203 KO 1877115)) vor.

___________ 105) RGBl. 1877, S. 351 ff. 106) Prütting, in: Heinrich, Wirtschaft im Umbruch, S. 112. 107) Prütting, in: Heinrich, Wirtschaft im Umbruch, S. 112. 108) Jaeger, DJZ 1930, 33 (34); vgl. hierzu Prütting, in: Heinrich, Wirtschaft im Umbruch, S. 112; Riedemann,

S. 11. 109) Ab dem 1. Januar 1900 bis zum Außerkrafttreten der Konkursordnung fand sich diese Regelung

aufgrund der Gesetzesnovelle vom 17. Mai 1898 in § 102 Abs. 1 KO wieder. 110) Drukarczyk/Schüler, in: Münchener Kommentar zur InsO, Band 1, § 19 Rz. 3, die auf Hahn, Materi-

alien zur Konkursordnung, S. 292 verweisen. 111) Götz, KTS 2003, 1 (16). 112) Ab dem 1. Januar 1900 bis zum Außerkrafttreten der Konkursordnung fand sich diese Regelung

aufgrund der Gesetzesnovelle vom 17. Mai 1898 in § 207 Abs. 1 KO wieder. 113) Durch die Gesetzesnovelle vom 17. Mai 1898 wurde die Regelung durch § 213 KO ersetzt, der für

sämtliche juristische Personen eine entsprechende Anwendung u.a. des § 207 Abs. 1 KO anordnete. 114) Bundesgesetzblatt des Norddeutschen Bundes 1868, S. 415 (427 f.). 115) Ab dem 1. Januar 1900 bis zum Außerkrafttreten der Konkursordnung fand sich diese Regelung

aufgrund der Gesetzesnovelle vom 17. Mai 1898 in § 215 KO wieder.

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Diese Ausnahme wurde wegen des Mangels einer jeden persönlichen Haftung ge-macht,116) was ein Blick in die Begründung des Gesetzesentwurfs eindrucksvoll belegt:

„Während ein Schuldner sonst mit seinem zukünftigen Vermögen den Gläubigern verhaftet bleibt, während Ehre und Kreditbedürftigkeit ihm verbieten, die Gläubiger in größere Verluste zu ziehen, sind die Gläubiger einer Aktiengesellschaft ausschließlich auf das Vermögen des Kapitalvereins ange-wiesen. Die Rücksicht auf die einzelnen Gesellschafter, welche bei anderen Gesellschaften erheblich ins Gewicht fällt, greift bei der Aktiengesellschaft nicht Platz. Kredit und Bestand derselben beruhen auf dem Bestande ihres Vermögens. Bei eingetretener Ueberschuldung [sic!] dürfen die Gläubiger nicht darauf verwiesen werden, abzuwarten, bis auch eine Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft aus-bricht.“117)

Der Gesetzgeber ging also davon aus, dass sich die Überschuldung zeitlich vor der Zahlungsunfähigkeit dokumentiere und dass im Verbund mit der Haftungsbeschrän-kung der Aktiengesellschaft diese frühere Terminierung eines Insolvenztatbestands er-wünscht sei.118) Sobald die Schulden der Aktiengesellschaft ihre Aktiva übersteigen, dass sonach eigentlich die Grundlage des Kapitalvereins, das Aktivkapital, gar nicht mehr vorhanden sei, müsse jeder Berechtigte seine Ansprüche zur Geltung bringen können.119)

Eine Definition der Überschuldung war der Konkursordnung zwar nicht zu ent-nehmen. In der Begründung des Gesetzesentwurfs heißt es aber, dass Überschuldung vorläge, „wenn das Vermögen der Gesellschaft nicht mehr so viel beträgt, daß [sic!] dasselbe die Schulden deckt“120).

Der Gesetzgeber war hierbei der Ansicht, dass der Konkursgrund der Überschul-dung für die Gläubiger leicht darzulegen und zu beweisen wäre, denn „[d]ie Schwierig-keiten, mit denen Gläubiger sonst zu kämpfen haben, um eine Ueberschuldung [sic!] ihres Schuldners nachzuweisen, w[ü]rden durch Veröffentlichung der Bilanzen zufolge Artt. 239, 239a des Handels-gesetzbuchs gehoben.“121) Nach dem Willen des historischen Gesetzgebers richtete sich die

___________ 116) von Völderndorff, in: Bezold, Gesetzgebung des Deutschen Reiches, S. 571 f. 117) Hahn, Materialien zur Konkursordnung, S. 390. 118) Drukarczyk/Schüler, in: Münchener Kommentar zur InsO, Band 1, § 19 Rz. 4. 119) von Völderndorff, in: Bezold, Gesetzgebung des Deutschen Reiches, S. 572. 120) Hahn, Materialien zur Konkursordnung, S. 390. 121) Hahn, Materialien zur Konkursordnung, S. 390.

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Bewertung des Gesellschaftsvermögens bei der Überschuldungsprüfung demnach aus-schließlich nach der Handelsbilanz.122) Der Ausweis eines negativen Eigenkapitals sollte folglich unmittelbar zur Überschuldung führen.123) Der historische Überschul-dungsbegriff des Gesetzgebers der Konkursordnung kam damit insbesondere ohne eine Fortbestehensprognose aus und kann folglich als einstufiger Überschuldungsbe-griff qualifiziert werden.124)

b) Weitere Entwicklung im 19. und 20. Jahrhundert

aa) Abkehr von der Überschuldungsprüfung nach der Handelsbilanz

In den Anfangsjahren nach Inkrafttreten der Konkursordnung hat die h.L. zu-nächst an dem Verständnis des Gesetzgebers festgehalten und damit u.a. einer Bewer-tung der Vermögensgegenstände entsprechend der Werte der Handelsbilanz zuge-stimmt.125) Dies liegt maßgeblich darin begründet, dass sich in der Zeit des Gesetzge-bungsprozesses der Konkursordnung die nach handelsrechtlichen Vorschriften aufge-stellte Bilanz in einem wesentlichen Punkt von der heutigen Handelsbilanz unterschied: Während nach den derzeitigen Rechnungslegungsvorschriften regelmäßig von der Fortführung des Unternehmens auszugehen ist (vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB), ent-sprach die damalige Handelsbilanz einer Liquidationsbilanz.126) Unmittelbarer Aus-druck dieses an der Unternehmensliquidation orientierten Konzepts ist auch heute noch § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB (Grundsatz der Einzelbewertung).127)

Der Grundstein für eine Auseinanderentwicklung von Handels- und Überschul-dungsbilanz war gelegt, nachdem als Reaktion auf den großen Aktienkrach in den Gründerjahren des Deutschen Reichs im Rahmen der Reform der aktienrechtlichen Vorschriften im Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch durch das Aktiengesetz vom 18. Juli 1884128) (AktG) zur Unterbindung bis dato möglicher Ausschüttungen

___________ 122) Pott, NZI 2012, 4 (4). 123) Götz, KTS 2003, 1 (18). 124) Prütting, in: Heinrich, Wirtschaft im Umbruch, S. 112. 125) Vgl. etwa Fitting, Reichs-Konkursrecht, S. 464, der noch im Jahr 1904 dem Verständnis des Gesetz-

gebers folgt. 126) Götz, KTS 2003, 1 (18); eingehend hierzu Wackerbarth, S. 142 ff. 127) Wackerbarth, S. 145 m.w.N. 128) RGBl. 1884, S. 123 ff.

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unrealisierter Gewinne sowohl für das Anlagevermögen als auch das Umlaufvermögen das Anschaffungswertprinzip wieder eingeführt worden war.129) Instruktiv sind hier die Ausführungen hinsichtlich der Bewertung des Anlagevermögens zu Anschaffungskos-ten in den Motiven zum Entwurf des Aktiengesetzes 1884:

„Gegenstände dieser Art, deren Besitz zur Erreichung des Gesellschaftszwecks für die Gesellschaft meist unentbehrlich ist und die deshalb bei ihrem Abgange durch neue gleicher Art ersetzt werden müssen, treten vollständig an die Stelle des darin festgelegten Betrags des Grundkapitals. Wäre die Gesellschaft genöthigt [sic!], in den Jahresbilanzen auch für diese Gegenstände, deren Verkaufswert je nach dem Verhältniss [sic!] von Angebot und Nachfrage erheblichen Preisschwankungen unterliegen kann, ohne dass sich der Nutzungswerth [sic!] zu ändern braucht, den zeitigen Verkaufswerth [sic!] zum Ansatz zu bringen, so würde sich vielfach eine völlig unrichtige Gewinnvertheilung [sic!] ergeben: denn es würde bei gesteigertem Preise das als Dividende vertheilt [sic!] werden, was bei richtiger Auf-fassung der Sachlage, namentlich aber bei sinkendem Preise sich als unzulässige Verwendung des Grundkapitals ergiebt [sic!].“130)

Mit der Einführung einer neuen Rechtsform durch das Gesetz betreffend die Gesell-schaften mit beschränkter Haftung vom 20. April 1892131) galt Entsprechendes für diese, allerdings nur bezogen auf das Anlagevermögen (vgl. § 43 Nr. 1 GmbHG [1892]).

Als Reaktion auf die Festlegung auf das Anschaffungswertprinzip kamen im Schrifttum bereits vor der Jahrhundertwende erste Zweifel auf, ob eine Bewertung an-hand der Handelsbilanzwerte als realistisch eingestuft werden könne.132) Früh wurde verstanden, dass der einstufige Überschuldungsbegriff des historischen Gesetzgebers im Falle der Überschuldungsprüfung von Unternehmen das zentrale Problem der Be-wertung der – insbesondere nicht geldnahen – Aktiva aufwerfe.133) Auch der Gesetz-geber erkannte im Rahmen der Reform des HGB im Jahre 1897 die Notwendigkeit eigener Ansatz- und Bewertungsvorschriften im Rahmen der Überschuldungsprüfung,

___________ 129) Götz, KTS 2003, 1 (20 f.). 130) Motive zum Entwurf des Aktiengesetzes 1884, Stenographische Berichte der Verhandlungen des Reichs-

tags V/4 – 1884, Anlagenband 1, Nr. 21, S. 304, vgl. hierzu auch Götz, KTS 2003, 1 (20 f.). 131) RGBl. 1892, S. 477 ff. 132) Vgl. etwa Staub, Kommentar zum Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch, 2. Auflage (Vorauf-

lage), Art. 240 § 10. 133) Prütting, in: Heinrich, Wirtschaft im Umbruch, S. 113.

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verzichtete im Gesetzgebungsprozess jedoch auf eine entsprechende explizite Rege-lung.134)

Eine weitere, wenn auch schwache Ursache für die Auseinanderentwicklung von Handelsbilanz und Überschuldungsstatus dürfte in der Einführung der Maßgeblichkeit der handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung zum Zwecke der steuerlichen Gewinnermittlung durch die zeitgleich eingeführten Landeseinkommen-steuergesetze von Sachsen und Bremen 1874 gelegen haben.135) Insbesondere jedoch die Anbindung der steuerlichen Gewinnermittlung an die handelsrechtliche Rech-nungslegung durch das im Deutschen Reich wirtschaftlich und politisch gewichtige Preußen 1891 leisteten der allgemeinen Anerkennung des Maßgeblichkeitsprinzips ei-nen bedeutsamen Vorschub.136) Folgen der Einführung des Maßgeblichkeitsprinzips waren zum einen, dass die Bilanzierungspflichtigen bei der Ausübung handelsrechtli-cher Ansatz- und Bewertungswahlrechte immer auch steuerliche Konsequenzen be-rücksichtigen mussten, zum anderen, dass der Gesetzgeber gewünschte steuerliche Wirkungen oder bei zu lose empfundenen Bindungen die Wiederannäherung der han-dels- und steuerrechtlichen Rechenwerke auch über eine Änderung der handelsrechtli-chen Vorschriften zu verwirklichen suchte.137)

bb) Auffassungen zur Bewertung

In der Folgezeit wurden in der Literatur erste Versuche unternommen, eigens für die Überschuldungsprüfung anzuwendende Bilanzierungsvorschriften zu konstruie-ren. Hierbei wurden als Leitbild zunächst Liquidationswerte138) herangezogen.139) Jaeger wies im Jahr 1902 beispielsweise auf Folgendes hin:

___________ 134) Vgl. ausführlich hierzu Götz, KTS 2003, 1 (23 ff.). 135) Götz, KTS 2003, 1 (28). 136) Götz, KTS 2003, 1 (28 f.). 137) Götz, KTS 2003, 1 (29). 138) Nach Mock, in: Uhlenbruck, Kommentar zur InsO, § 19 Rz. 127 m.w.N. sind unter Liquidations-

werten die Summe der Preise zu verstehen, die sich erzielen lassen, wenn die Gegenstände des Un-ternehmens im Rahmen der Unternehmensauflösung veräußert werden.

139) Götz, KTS 2003, 1 (25).

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„Die vornehmlich zur Ermittlung eines vertheilungsfähigen Ueberschusses [sic!] dienenden Bilan-zierungsvorschriften des § 261 HGB können ihrer Natur nach für die Feststellung des Konkursgrun-des nicht maßgebend sein. Vielmehr sind die Aktiva nach ihrem wirklichen, gegenwärtigen Werthe [sic!] (anders § 261 Nr. 1-3) und als Passiva nur die Gesellschaftsschulden in ihrer jetzigen Höhe, nicht die ‚Passivkonten‘ als solche, insbesondere nicht das Grundkapital und die Reservekonten (an-ders § 261 Nr. 5) in Ansatz zu bringen.“140)

Im weiteren Verlauf entstand im Schrifttum ein erbitterter Streit darüber, wie die Bewertung der einzelnen Vermögensgegenstände eines Unternehmens zu erfolgen hat. Dieser Streit setzte sich in Teilen bis zum Inkrafttreten der Insolvenzordnung fort und lässt sich im Wesentlichen in folgende Strömungen gliedern:

Während ein Teil der Autoren – insbesondere aus Gründen der Praktikabilität – eine Bewertung zu Handelsbilanzwerten forderte,141) verlangten andere Autoren die ausschließliche Bewertung zu Liquidationswerten.142) Aus Gläubigerschutzgesichts-punkten müsse der schlechteste Fall betrachtet werden, nämlich die bei einer gedachten Liquidation der Gesellschaft verfügbare Vermögensmasse.143)

Die Vertreter einer anderen Meinung gingen indes davon aus, die Aktivenbewer-tung beim einstufigen Überschuldungsbegriff habe ausschließlich unter der Annahme der Unternehmensfortführung zu erfolgen.144) Bei der Überschuldungsprüfung sei von der am Stichtag gegebenen Situation – nämlich der des lebenden Unternehmens – aus-zugehen, da ab dem Zeitpunkt seiner Gründung die Vermutung seiner Existenzfähig-keit für das Unternehmen solange streite, bis deren unwiederbringlicher Verlust fest-gestellt sei.145) Rechtstatsächlich argumentierend wurde zudem darauf hingewiesen,

___________ 140) Jaeger, Kommentar zur KO, 1. Auflage, §§ 207, 208 Anm. 3 m.w.N. 141) Drukarczyk, ZGR 1979, 553 (579 f.); ders., ZfbF 1986, 207 (230 ff.); Meyer-Cording, BB 1985, 1925

(1926 f.); ders., BB 1986, 415 (415 f.); ders., ZIP 1989, 485 (485 ff.). 142) Dahl, GmbHR 1964, 112 (113); Drexl/Kayser, BB 1981, 401 (403); Egner/Wolff, AG 1978, 99 (101);

Kühn, S. 46 ff.; ders., DB 1970, 549 (550 f.); Schmalenbach, S. 229; Vonnemann, S. 13, 18; ders., BB 1991, 867 (867); Wenger, S. 137.

143) Egner/Wolff, AG 1978, 99 (101). 144) Baier, NJW 1956, 1302 (1304); Haack, S. 96; ders., BB 1981, 883 (887 f.); Hirsch, in: FS Hueck, 307

(311); Hundertmark/Herms, BB 1972, 1118 (1119 f.); Sudhoff, NJW 1973, 1829 (1829). 145) Haack, S. 96; ders., BB 1981, 883 (887); ähnlich Hundertmark/Herms, BB 1972, 1118 (1119 f.).

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dass bei Zugrundelegung von Liquidationswerten ein Großteil der deutschen Unter-nehmen überschuldet wäre.146) Die Gegner einer Fortführungsbewertung waren hinge-gen der Auffassung, dass bis heute keine zufriedenstellende Antwort auf die Frage ge-geben werde, wie in dem statisch orientierten Überschuldungsstatus die dynamische Komponente der zukünftigen Unternehmensentwicklung dargestellt werden könne.147)

Da die jeweils alleinige Bewertung zu Handelsbilanz-, Liquidations- oder Fortfüh-rungswerten erheblicher Kritik ausgesetzt war, verlangten Teile der Autorenschaft die kumulative Bewertung sowohl zu Liquidations- als auch zu Fortführungswerten.148) Überschuldung war nach dieser Auffassung gegeben, sofern sich aus beiden Rechen-werken eine Unterdeckung ergab.149)

Einen völlig neuen Weg beschritt schließlich eine Auffassung aus dem betriebs-wirtschaftlichen Schrifttum, die ein rein dynamisches Modell zur Überschuldungsmes-sung vertrat.150) Nach einer Ansicht sollte im Rahmen der Überschuldungsprüfung al-leine maßgeblich sein, ob es dem betrachteten Unternehmen mit großer Wahrschein-lichkeit möglich sein würde, seine Verbindlichkeiten aus den künftigen Erträgen frist-gerecht zu decken.151) Nach anderer Ansicht kam es hingegen nicht auf künftige Er-träge an; Überschuldung lasse sich vielmehr befriedigend nur anhand eines Finanzplans messen als „Unfähigkeit zur Schuldendeckung im Zeitablauf“.152) Der wesentliche Unter-schied des einstufig rein dynamischen Überschuldungsbegriffs im Vergleich zu allen anderen bisher dargestellten Überschuldungsbegriffen lag darin, dass auf die Erstellung eines Überschuldungsstatus zur Gänze verzichtet wurde, nachdem dieser nach Ansicht

___________ 146) Fischer, DB 1981, 1345 (1346), ging bei Zugrundelegung von Liquidationswerten von einer Über-

schuldungsquote unter deutschen Unternehmen von bis zu 50% aus; Haack, S. 96, führt in diesem Zusammenhang aus: „Hinzu kommt, daß angesichts des zu beobachtenden Trends zur Verminderung des Ei-genkapitalanteils am Gesamtkapital (…) auch Unternehmen beim Ansatz von Liquidationswerten mit zunehmen-der Tendenz überschuldet sein würden, die durchaus noch als wirtschaftlich gesund bezeichnet werden können“; Schlüchter, S. 96, ging unter gleichen Voraussetzungen gar von einer Überschuldungsquote von bis zu 75% aus; vgl. auch Kupsch, WPg 1982, 273 (277); Moxter, in: Büschgen, Handwörterbuch der Finanzwirtschaft, Sp. 630 (635).

147) Vgl. hierzu ausführlich Pfaff, S. 23, 46 ff., 83 ff. 148) Rinklin, S. 63 f.; Schürer, S. 74 ff. 149) Schürer, S. 77 ff. 150) Fischer, DB 1981, 1345 (1347); Moxter, in: Büschgen, Handwörterbuch der Finanzwirtschaft, Sp. 630

(635 ff.); ähnlich Plate, DB 1980, 217 (222). 151) Fischer, DB 1981, 1345 (1347); ähnlich Plate, DB 1980, 217 (222). 152) Moxter, Büschgen, Handwörterbuch der Finanzwirtschaft, Sp. 630 (635).

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der Autoren funktional ungeeignet sei, eine Aussage über die tatsächliche Gläubiger-gefährdung zu treffen.153)

2. Einfacher zweistufiger Überschuldungsbegriff

Sämtliche einstufigen Überschuldungsbegriffe mussten sich den Vorwurf ihrer Einseitigkeit gefallen lassen.154) Bereits ab der Mitte des vorangegangenen Jahrhunderts forderten daher etliche Stimmen in der Literatur, vor der Festlegung einer Verwer-tungsprämisse zu prüfen, welche Verwertungsform im konkreten Fall relevant sei.155) Nur so sei die Berücksichtigung der individuellen wirtschaftlichen Verhältnisse der not-leidenden Gesellschaft gewährleistet.156) Denn allgemeingültige Bewertungsregeln für die Überschuldungsbilanz gebe es nicht, vielmehr sei in jedem einzelnen Fall zunächst zu untersuchen, ob das Unternehmen an sich Aussicht hat, weiterzubestehen.157) Die Entscheidung, ob die Fortführung der Gesellschaft wirtschaftlich sinnvoll und vertret-bar ist, müsse demzufolge bereits vor Aufstellung des Überschuldungsstatus getroffen werden. 158)

Auf der Grundlage dieser Auffassung schien sich eine zweistufige Überschuldungs-prüfung durchzusetzen, bei der zunächst im Rahmen einer Fortbestehensprognose überprüft wurde, ob das Unternehmen an sich überlebensfähig ist. Je nach Ergebnis dieser Fortbestehensprognose wurden die Vermögenswerte sodann zu Liquidations- oder zu Fortführungswerten bewertet.

___________ 153) Moxter, Büschgen, Handwörterbuch der Finanzwirtschaft, Sp. 630 (635); ähnlich Plate, DB 1980, 217

(221). 154) Ähnlich Drukarczyk/Schüler, in: Münchener Kommentar zur InsO, Band 1, § 19 Rz. 36. 155) Auler, DB 1976, 2169 (2169); Bilo, GmbHR 1981, 73 (75 f.); Hirtz, S. 62 ff.; Pribilla, KTS 1958, 1 (7);

Siedschlag, S. 96 f.; Zilias, WPg 1977, 445 (448). 156) Auler, DB 1076, 2169 (2169). 157) Pribilla, KTS 1958, 1 (7). 158) Auler, DB 1976, 2169 (2169).

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3. Modifizierter zweistufiger Überschuldungsbegriff

a) Kritik am einfachen zweistufigen Überschuldungsbegriff durch Eg-ner/Wolff

Ende der 70er-Jahre erfuhr der einfache zweistufige Überschuldungsbegriff jedoch erhebliche Kritik, insbesondere durch die Autoren Egner und Wolff.159)

Die Autoren kamen hierbei zu dem Ergebnis, dass im Rahmen des einfachen zwei-stufigen Überschuldungsbegriffs bei gegebener positiver Fortbestehensprognose in den weit überwiegenden Fällen keine (rechnerische) Überschuldung gegeben sein könne.160) Diese Auffassung fußte allerdings auf der Annahme, Voraussetzung einer positiven Fortbestehensprognose sei, dass die erzielten Erträge des betrachteten Un-ternehmens ausreichen, um langfristig die vertraglich bestimmte Verzinsung des Fremdkapitals und darüber hinaus mindestens eine als ausreichend erachtete Verzin-sung des Eigenkapitals sicherzustellen.161) Diese Forderung bedeutet letztlich, dass das Unternehmen aus Sicht der Anteilseigner rentabel arbeiten muss. Aufgrund dieser sehr weitreichenden Forderung verwundert es nicht, dass sich die Autoren damit im Wider-spruch zu der schon damals h.M. befanden, die im Prognosezeitraum der Fortbeste-hensprognose lediglich die künftige Zahlungsfähigkeit des Unternehmens forderte.

Abgesehen davon waren Egner und Wolff der Auffassung, bei der sich an eine posi-tive Fortbestehensprognose anschließenden Fortführungsbewertung der Aktiva des Unternehmens seien Ertragswerte162) anzusetzen.163) Da die Autoren wie dargestellt auf der Ebene der Fortbestehensprognose forderten, dass sogar eine ausreichende Verzin-sung des eingesetzten Gesamtkapitals im Zeitablauf erwirtschaftet wird,164) ergeben sich auf der Ebene des Überschuldungsstatus nur bei Zugrundelegung „selbstmörderisch“

___________ 159) Egner/Wolff, AG 1978, 99 ff. 160) Egner/Wolff, AG 1978, 99 (104). 161) Egner/Wolff, AG 1978, 99 (102). 162) Der Ertragswert eines Unternehmens wird ermittelt, indem dessen prognostizierte zukünftige Ge-

winne mit dem sog. Kalkulationszinsfuß diskontiert werden, vgl. hierzu Wöhe, S. 520 f. 163) Egner/Wolff, AG 1978, 99 (103). 164) Egner/Wolff, AG 1978, 99 (102 f.).

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hoher Zinserwartungen überhaupt noch Situationen einer rechnerischen Überschul-dung.165) Die Überschuldungsrechnung in Form des einfachen zweistufigen Überschul-dungsbegriffs hielten Egner und Wolff aus diesem Grund für eine bloße Bestätigungs-rechnung der Fortbestehensprognose.166) Die im Rahmen der Fortbestehensprognose damit als eigentliche Entscheidungsrechnung hervortretende Finanz- und Ertragspla-nung hielten die Autoren hingegen für stark von subjektiven Einflüssen durchsetzt und daher für schwer nachprüfbar167), letztlich wohl auch für manipulierbar.

Aufgrund der nach Meinung der Autoren gegebenen Unzulänglichkeiten des ein-fachen zweistufigen Überschuldungsbegriffs vertraten sie die Auffassung, ein Über-schuldungsstatus sei einstufig und stets zu Liquidationswerten aufzustellen.168) Da man aber auch bei der Festlegung der Liquidationswerte auf eine derartige Vielzahl von Problemen treffe, hielten Egner und Wolff letztlich auch diese Variante der Überschul-dungsprüfung für nicht geeignet.169) Im Ergebnis plädierten die Autoren daher für eine ersatzlose Streichung des Überschuldungstatbestands.170)

b) Teleologische Reduktion des Überschuldungstatbestands durch K. Schmidt

Die Reaktionen in der Literatur waren – zumindest was die Kritik an dem einfachen zweistufigen Überschuldungsbegriff angeht – meist zustimmend.171) Nur in wenigen Fällen setzten sich die Autoren allerdings mit der inhaltlichen Argumentation von Egner und Wolff auseinander.

K. Schmidt, der dies in einem Antwortbeitrag umfangreich tat, erklärte die Verfah-rensweise von Egner und Wolff insgesamt für „unnachsichtig“ und führte nachvollziehbar

___________ 165) Egner/Wolff, AG 1978, 99 (104). 166) Egner/Wolff, AG 1978, 99 (104). 167) Egner/Wolff, AG 1978, 99 (104). 168) Egner/Wolff, AG 1978, 99 (101). 169) Egner/Wolff, AG 1978, 99 (105). 170) Egner/Wolff, AG 1978, 99 (106). 171) Vgl. etwa Haack, NJW 1981, 1353; einschränkend K. Schmidt, AG 1978, 334 (335).

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aus, dass auch andere Tatbestände – wie etwa die Unterbilanzhaftung172) oder der vor-mals brisante Bereich der kapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen173) – zu weiten Teilen ebenfalls auf nicht hinreichend präzisen Zahlenwerken aufbauen.174)

Die von Egner und Wolff vorgetragene Kritik veranlasste K. Schmidt im Ergebnis zu folgendem Vorschlag: Der Überschuldungstatbestand sei teleologisch zu reduzieren, da es bei der Frage der Fortbestehensprognose nicht um die Frage gehe, welche Werte den Vermögensgegenständen beizulegen seien, sondern darum, ob eine bei Zugrunde-legung von Liquidationswerten festgestellte rechnerische Überschuldung wirklich den Konkursgrund der Überschuldung erfülle.175) Nach seiner Auffassung sei ein Unter-nehmen erst dann überschuldet (rechtliche Überschuldung), wenn (1) die Masse im Fall der Liquidation nicht ausreiche, um die Verbindlichkeiten zu befriedigen (rechne-rische Überschuldung) und (2) keine positive Fortbestehensprognose bestehe.176) Wäh-rend also die Fortbestehensprognose im Rahmen des bisherigen einfachen zweistufi-gen Überschuldungsbegriffs lediglich über die Art der Bewertung entschieden hat, ent-schied sie nunmehr über das Vorliegen einer insolvenzrechtlichen Überschuldung ins-gesamt.

Durch seinen Vorschlag wurde K. Schmidt letztlich zum „Vater“ des sog. modifi-zierten zweistufigen Überschuldungsbegriffs, welcher sich im Folgejahrzehnt zur h.L. entwickeln sollte. In der sog. Dornier-Entscheidung aus dem Jahr 1992 folgte schließlich auch der BGH erstmalig der Ansicht, dass die Fortbestehensprognose Bestandteil der Überschuldungsprüfung sei.177) Der BGH führte insoweit aus, dass von einer Über-schuldung nur dann gesprochen werden könne,

___________ 172) Die Unterbilanzhaftung der Gesellschaftsgründer greift grundsätzlich ein, wenn es zur Eintragung

der Gesellschaft im Handelsregister kommt und der Wert des Gesellschaftsvermögens abzüglich des in dem Gesellschaftsvertrag festgelegten Gründungsaufwands zum Zeitpunkt der Eintragung hinter dem in dem Gesellschaftsvertrag festgesetzten Nennbetrag des Grund- bzw. Stammkapitals zurückbleibt, vgl. zur Aktiengesellschaft Solveen, in: Hölters, Kommentar zum AktG, § 41 Rz. 15.

173) Die Rechtsfigur der kapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen wurde durch das MoMiG aufgege-ben, vgl. hierzu statt vieler Haarmeyer/Wutzke/Förster, in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, Handbuch der vorläufigen Insolvenzverwaltung, § 13 Rz. 43 ff.

174) K. Schmidt, AG 1978, 334 (340). 175) K. Schmidt, AG 1978, 334 (337 f.). 176) K. Schmidt, Wege zum Insolvenzrecht der Unternehmen, S. 50. 177) BGH, Urteil v. 13. Juli 1992 – Az. II ZR 269/91, abgedruckt in NJW 1992, 2891 ff.

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„wenn das Vermögen der Gesellschaft bei Ansatz von Liquidationswerten unter Einbeziehung stiller Reserven die bestehenden Verbindlichkeiten nicht deckt (rechnerische Überschuldung) und die Finanzkraft der Gesellschaft nach überwiegender Wahrscheinlichkeit mittelfristig nicht zur Fortfüh-rung des Unternehmens ausreicht (Überlebens- oder Fortbestehensprognose)“.178)

II. Überschuldungsbegriffe der Insolvenzordnung

1. Überschuldungsbegriff bei Inkrafttreten der Insolvenzordnung im Jahr 1999

a) Erster Bericht der Kommission für Insolvenzrecht aus dem Jahr 1985

In der zweiten Hälfte der Siebzigerjahre des vorigen Jahrhunderts ist die Dringlich-keit einer umfassenden Reform des Insolvenzrechts offensichtlich geworden, nachdem immer mehr Konkursanträge mangels Masse abgewiesen werden mussten.179) Damit ging einher, dass das Vergleichsverfahren in die Bedeutungslosigkeit abrutschte.180) Be-reits im Jahr 1978 wurde daher von dem damaligen Bundesminister der Justiz Dr. Hans-Jochen Vogel die sog. Kommission für Insolvenzrecht eingesetzt, der unabhän-gige Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft, Justiz, Anwaltschaft und Gewerkschaften angehörten. Die Kommission beschäftigte sich u.a. auch mit dem Konkursgrund der Überschuldung. Der diesbezügliche Leitsatz 1.2.6 Abs. 1 des Ersten Berichts der Kom-mission für Insolvenzrecht aus dem Jahr 1985 lautete wie folgt:

„Der Eröffnungsgrund der Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen bei Ansatz von Liqui-dationswerten die bestehenden Verbindlichkeiten nicht decken würde (rechnerische Überschuldung) und die Ertragsfähigkeit für absehbare Zeit weder gewährleistet erscheint noch in absehbarer Zeit wiederhergestellt werden kann (Prognose der Ertragsfähigkeit). Auf die Prognose der Ertragsfähigkeit

___________ 178) BGH, Urteil v. 13. Juli 1992 – Az. II ZR 269/91, abgedruckt in NJW 1992, 2891 (2894). 179) 1950 lag dieser Anteil bei 27%, 1960 bei 35%, 1970 bei 47% und 1983 bei 76%, vgl. Kommission für

Insolvenzrecht, Erster Bericht, S. 3; zu den Gründen vgl. Haarmeyer, in: Münchener Kommentar zur InsO, Band 1, § 26 Rz. 3.

180) 1950 lag der Anteil der Vergleichsverfahren bei 30%, 1960 bei 12%, 1970 bei 8% und 1983 unter 1%, vgl. Kommission für Insolvenzrecht, Erster Bericht, S. 3.

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kommt es nicht mehr an, wenn eine nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung und Bi-lanzierung erstellte Handelsbilanz ausweist, dass das Eigenkapital durch Verluste aufgezehrt ist.“181)

Die Kommission führte zur Begründung an, dass der Überschuldungstatbestand den Gläubigern zwar ein bestimmtes Haftungsvermögen erhalten solle; dennoch dürfe das Insolvenzverfahren nicht alleine aufgrund rechnerischer Überschuldung eröffnet werden, wenn nicht eine Vielzahl gesunder Unternehmen in die Liquidation getrieben und Existenzgründungen praktisch unmöglich gemacht werden sollen.182)

Mit ihrem Vorschlag folgte die Kommission im Ansatz dem modifizierten zweistu-figen Überschuldungsbegriff. Um den jederzeitigen Erhalt eines gewissen Restvermö-gens zu gewährleisten, wollte sie aber – insoweit in klarer Abkehr von K. Schmidt – eine positive Fortbestehensprognose, bei der es sich nach dem Willen der Kommission um eine Prognose der Ertragsfähigkeit handeln sollte, dann nicht mehr zur Überwindung einer rechnerischen Überschuldung zu Liquidationswerten genügen lassen, wenn auch nach Handelsbilanzwerten rechnerische Überschuldung vorlag.

b) Gesetzesentwurf der Bundesregierung aus dem Jahr 1992

Der am 15. April 1992 von der damaligen Bundesregierung vorgelegte Entwurf ei-ner Insolvenzordnung183) entfernte sich sodann sowohl von dem Vorschlag der Kom-mission für Insolvenzrecht als auch von dem modifizierten zweistufigen Überschul-dungsbegriff nach K. Schmidt. Der hier relevante § 21 Abs. 2 RegE-InsO lautete inso-weit wie folgt:

„Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt.“184)

Die Knappheit des Wortlauts erkennend führte der Gesetzgeber erklärend aus, dass ein Vergleich des Vermögens, das im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens als

___________ 181) Kommission für Insolvenzrecht, Erster Bericht, S. 111; vgl. hierzu Uhlenbruck, BB 1984, 1949 (1951); ders.,

KTS 1986, 27 (37 ff.). 182) Kommission für Insolvenzrecht, Erster Bericht, S. 112. 183) RegE InsO vom 15. April 1992, BT-Drucks. 12/2443. 184) RegE InsO vom 15. April 1992, BT-Drucks. 12/2443, S. 13.

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Insolvenzmasse zur Verfügung stände, mit den Verbindlichkeiten, die im Falle der Ver-fahrenseröffnung gegenüber Insolvenzgläubigern beständen, maßgeblich sei.185) Das vorhandene Vermögen sei hierbei realistisch zu bewerten und es dürften nur dann Fortführungswerte angesetzt werden, wenn die Fortführung des Unternehmens beab-sichtigt sei und das Unternehmen wirtschaftlich lebensfähig erscheine.186) Eine positive Prognose für die Lebensfähigkeit des Unternehmens – die leicht vorschnell zugrunde gelegt würde – dürfe die Annahme einer Überschuldung noch nicht ausschließen, son-dern erlaube nur eine andere Bewertung des Vermögens.187)

Letztlich sollte nach dem Willen der Regierung mit dem § 21 Abs. 2 RegE-InsO eine Rückkehr zum einfachen zweistufigen Überschuldungsbegriff erfolgen, indem die Fortbestehensprognose nur noch darüber entscheiden sollte, ob bei der Bewertung des Vermögens Fortführungs- oder Liquidationswerte anzusetzen sind. Eine rechnerische Überschuldung sollte sie hingegen nicht mehr überwinden können.

c) Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses aus dem Jahr 1994

Der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages erweiterte § 21 Abs. 2 RegE-InsO – letztlich zur Klarstellung – um einen weiteren Satz, der wie folgt lautete:

„Bei der Bewertung des Vermögens des Schuldners ist jedoch die Fortführung des Unternehmens zugrunde zu legen, wenn diese nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich ist.“188)

Der Ausschuss wies in seiner Begründung u.a. darauf hin, dass er mit seinem Vor-schlag entschieden von dem modifizierten zweistufigen Überschuldungsbegriff abwei-che, wie er von der Literatur zum damaligen Zeitpunkt vertreten worden sei und dem sich in seiner Dornier-Entscheidung auch der BGH angeschlossen habe.189) Auch die weitere Lektüre der Begründung legt nahe, dass der Rechtsausschuss der Auffassung war, erst er entferne sich mit der Erweiterung des § 21 Abs. 2 RegE-InsO um einen

___________ 185) RegE InsO vom 15. April 1992, BT-Drucks. 12/2443, S. 115. 186) RegE InsO vom 15. April 1992, BT-Drucks. 12/2443, S. 115. 187) RegE InsO vom 15. April 1992, BT-Drucks. 12/2443, S. 115. 188) Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zum RegE InsO vom 19. April 1994, BT-

Drucks. 12/7302, S. 12. 189) Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zum RegE InsO vom 19. April 1994, BT-

Drucks. 12/7302, S. 157.

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weiteren Satz vom modifizierten zweistufigen Überschuldungsbegriff. Tatsächlich hatte sich aber – wie oben dargestellt – bereits der Gesetzesentwurf der Bundesregie-rung wieder dem einfachen zweistufigen Überschuldungsbegriff zugewandt. Der Rechtsausschuss mag mit seiner Erweiterung allenfalls zur weiteren Klarstellung bei-getragen haben.190)

d) Gesetzeswortlaut bei Inkrafttreten des § 19 Abs. 2 InsO a.F. im Jahr 1999

Der letztlich in die Insolvenzordnung aufgenommene Überschuldungstatbestand lautete wie folgt (vgl. § 19 Abs. 2 InsO a.F.):

„Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt. Bei der Bewertung des Vermögens des Schuldners ist jedoch die Fortführung des Unternehmens zugrunde zu legen, wenn diese nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich ist.“

Nach dieser Rückkehr zum einfachen zweistufigen Überschuldungsbegriff war folglich auch bei Vorliegen einer positiven Fortbestehensprognose Überschuldung ge-geben, solange rechnerische Überschuldung vorlag. Die Fortbestehensprognose ent-schied damit im Rahmen des einfachen zweistufigen Überschuldungsbegriffs nur über den Wertansatz des Aktivvermögens des Schuldners, nicht aber über die Überschul-dung insgesamt. Die Zugrundelegung von Fortführungswerten war hierbei der zu be-gründende Ausnahmefall.191)

In der Literatur wurde der Wechsel vom modifizierten zweistufigen Überschul-dungsbegriff hin zum einfachen zweistufigen Überschuldungsbegriff als Verschärfung angesehen, die dem Schuldendeckungsprinzip bei haftungsbeschränkten Rechtsträgern besser Rechnung trage und das Prognoserisiko nicht den Gläubigern zuweise.192)

___________ 190) Ebenso Götz, KTS 2003, 1 (32). 191) BGH, Beschluss v. 9. Oktober 2006 – Az. II ZR 303/05, abgedruckt in NZI 2007, 44; ebenso Thei-

selmann/Redeker, in: Theiselmann, Praxishandbuch des Restrukturierungsrechts, Kap. 13 Rz. 64. 192) Schröder, in: Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht, § 19 Rz. 1c.

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2. Überschuldungsbegriff des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes von 2008

Die Krise der Finanzmärkte seit etwa Mitte 2007 und insbesondere die so genannte Subprime-Krise mit dem Zusammenbruch der US-Großbank Lehmann Brothers am 15. September 2008 führten zu einer weltweiten Vertrauenskrise in das Finanzsystem mit Folgewirkungen für die Weltwirtschaft.193) Nachdem sich auch Deutschland diesen internationalen Entwicklungen, die zu erheblichen Wertverlusten insbesondere bei Ak-tien und Immobilien führten,194) nicht entziehen konnte, wurde in sicherlich beachtli-cher Geschwindigkeit195), die teilweise gar als „Hektik“196) oder „Schnellschuss“197) be-zeichnet wird, das Gesetzgebungsverfahren des FMStG durchgeführt:198)

Am 14. Oktober 2008 wurde der Gesetzesentwurf199) in den Bundestag einge-bracht; bereits am 15. Oktober 2008 fand die erste Lesung statt, die mit der Überwei-sung des Gesetzesentwurfs an den Haushaltsausschuss als federführenden Ausschuss endete; noch am 15. Oktober 2008 nahmen die Ausschüsse die Beratung des Geset-zesentwurfs auf; schon am 17. Oktober 2008 lag die Beschlussempfehlung und der Bericht des Haushaltsausschusses vor; noch am gleichen Tag erfolgten die zweite und dritte Lesung im Bundestag; ebenfalls am 17. Oktober 2008 stimmte der Bundesrat dem Gesetz zu, es wurde vom Bundespräsidenten am gleichen Tag unterzeichnet und im BGBl. I verkündet; Datum des Inkrafttretens war der 18. Oktober 2008. Der Über-schuldungstatbestand lautete nunmehr wie folgt (vgl. § 19 Abs. 2 Satz 1 InsO):

„Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich.“

___________ 193) Fischer, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 125 Rz. 66. 194) GesE FMStG vom 14. Oktober 2008, BT-Drucks. 16/10600, S. 12. 195) Hecker/Glozbach, BB 2009, 1544 (1544); Bitter, ZInsO 2008, 1097 (1097) spricht insoweit von „Re-

kordzeit“, Hirte/Knof/Mock, ZInsO 2008, 1217 (1217) von „beeindruckender Schnelligkeit“ und Schröder, in: Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht, § 19 Rz. 1b von einer „dynamischen Entwicklung“.

196) Bitter, ZInsO 2008, 1097 (1097); Prütting, in: Heinrich, Wirtschaft im Umbruch, S. 110. 197) Böcker/Poertzgen, GmbHR 2008, 1289 (1293). 198) Vgl. ausführlich hierzu Brandner, NVwZ 2009, 211 ff., der die interessante Frage aufwirft, ob das

FMStG aufgrund des nur fünf Tage dauernden Gesetzgebungsverfahrens überhaupt in ordnungs-gemäßer Weise vom Parlament beraten worden ist.

199) GesE FMStG vom 14. Oktober 2008, BT-Drucks. 16/10600.

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Aufgrund der sogleich näher zu betrachtenden Begründung des Gesetzgebers zum FMStG sei zuvor auf folgende Ausführungen Jaegers aus dem Jahr 1902 zu konjunktur-bedingten Schwankungen der Liquidationswerte der Aktiva hingewiesen:

„Allerdings führt diese Bewerthungsart [sic!] dahin, daß [sic!] bei andauernd ungünstiger Kon-junktur Vermögensgegenstände (z.B. Fabrikgebäude) zu einem Satze in Betracht kommen, der viel-leicht weit hinter ihrem Anschaffungspreis und weit hinter dem nach Ueberwindung [sic!] der Schwie-rigkeiten zu erwartenden Werthe [sic!] zurückbleibt. Allein dies ergibt sich aus dem starren, aus-schließlich auf die Gegenwart abgestellten Begriffe der Ueberschuldung [sic!]. Gerade darin aber, daß [sic!] das Gesetz die Ueberschuldung [sic!] als Konkursgrund genügen läßt [sic!], liegt eine unent-behrliche Sicherung der auf das Gesellschaftsvermögen angewiesenen Gläubiger.“200)

Jaeger erkannte damit zwar die konjunkturbedingten Wertschwankungen der Liqui-dationswerte der Aktiva – und insbesondere diejenigen von Immobilienvermögen – durchaus als Problem an. Er räumte aber dem Gläubigerschutz aufgrund der Haftungs-beschränkung der Aktiengesellschaft dennoch überragende Bedeutung ein. Diese Wer-tungsfrage wurde auch noch im Jahre 1972 von Weber – dem damaligen Bearbeiter u.a. des § 207 KO in der achten Auflage des Kommentars zur Konkursordnung von Jaeger – inhaltsgleich beantwortet.201)

Gut einhundert Jahre nach der Kommentierung des § 207 KO durch Jaeger dienten nunmehr genau diese konjunkturbedingten Wertschwankungen der Aktiva, insbeson-dere aber die des Immobilienvermögens, dem Gesetzgeber im Rahmen des FMStG als Rechtfertigung dafür, dem Gläubigerschutz im Hinblick auf die Interessen der Kapi-talgesellschaft untergeordnete Bedeutung beizumessen.202) Nicht ohne Grund wird da-her teilweise angenommen, dass nunmehr auch die Insolvenzordnung als marktwirt-schaftliches Lenkungsinstrument203) bzw. Drehschraube politischer Einflussnahme204)

___________ 200) Jaeger, Kommentar zur KO, 1. Auflage, §§ 207, 208 Anm. 3. 201) Weber, in: Jaeger, Kommentar zur KO, 8. Auflage, §§ 207, 208 Anm. 20. 202) Vgl. GesE FMStG vom 14. Oktober 2008, BT-Drucks. 16/10600, S. 12 f. 203) Uhlenbruck/Vallender, NZI 2009, 1 (3); ähnlich Gehrlein, NZI 2009, 457 (458). 204) Gundlach, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 6 Rz. 23.

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benutzt werde. Ob sich aber der Überschuldungstatbestand als ökonomisch orientier-tes Steuerungsinstrument tatsächlich bewährt, müsse aber letztlich bezweifelt wer-den.205)

Die Gesetzesbegründung206) und eine Pressemitteilung des Bundesministeriums der Justiz207) machen zweierlei deutlich. Zum einen hat sich der Gesetzgeber bewusst dazu entschlossen, die Anpassung des Überschuldungsbegriffs allen Unternehmen zu-gutekommen zu lassen. Weder beschränkte er die Anpassung auf Finanzunterneh-men208) noch auf Unternehmen, deren Überschuldung auf der Finanzkrise des Jahres 2008 beruhte. Zwingend wäre eine solche – alle Unternehmen erfassende – Änderung nicht gewesen, wie beispielsweise die Reaktionen des Gesetzgebers auf die Hochwas-serkatastrophen der Jahre 2002209) und 2013 zeigen. 2002 hatte der Gesetzgeber sich für eine mehrmonatige Aussetzung der Insolvenzantragspflichten entschieden, sofern der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung auf den Auswirkungen der Hochwasserkatastrophe im August 2002 beruhte, die Antragspflichtigen ernsthafte Fi-nanzierungs- und Sanierungsverhandlungen führten und dadurch begründete Aussich-ten auf Sanierung bestanden (vgl. Art. 6 des Gesetzes zur Änderung steuerrechtlicher Vor-schriften und zur Errichtung eines Fonds „Aufbauhilfe“ vom 19. September 2002, BGBl. I 2002, S. 3651 [3652 f.]). Im Hinblick auf die Hochwasserkatastrophe im Jahr 2013 wurde eine nahezu wortgleiche Regelung verabschiedet (vgl. Art. 3 des Gesetzes zur Errichtung eines Sondervermögens „Aufbauhilfe“ und zur Änderung weiterer Gesetze (Aufbau-hilfegesetz) vom 15. Juli 2013, BGBl. I 2013, S. 2401 [2402]).

___________ 205) Uhlenbruck/Vallender, NZI 2009, 1 (3). 206) GesE FMStG vom 14. Oktober 2008, BT-Drucks. 16/10600, S. 12 f. 207) Bundesministerium der Justiz, Presseerklärung vom 13. Oktober 2008, nur online abrufbar unter

http://www.pressrelations.de/new/standard/result_main.cfm? pfach=1&n_fir-manr_=109209&sektor=pm&detail=1&r=342036&sid=&aktion=jour_pm&quelle=0, abgerufen am 6. Januar 2017.

208) Pott, NZI 2012, 4 (6) ist hinsichtlich der Anpassung des Überschuldungsbegriffs gar der Auffassung, dass diese für Finanzunternehmen überhaupt nicht erforderlich gewesen wäre, nachdem für diese § 15a InsO nicht anwendbar ist, sondern § 46b KWG als lex specialis gilt.

209) Vgl. hierzu Haas, in: Baumbach/Hueck, Kommentar zum GmbHG, 20. Auflage (Vorauflage), § 64 Rz. 43e.

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Zum anderen ist die Begründung des Gesetzgebers des FMStG hinsichtlich der Anpassung des Überschuldungsbegriffs in weiten Teilen konträr zu denjenigen Be-gründungen während des Gesetzgebungsverfahrens vor Inkrafttreten der Insolvenzor-dnung. Damals hatten sich sowohl die Bundesregierung210) als auch der Rechtsaus-schuss211) insbesondere aus Gläubigerschutzgesichtspunkten vehement gegen den mo-difizierten zweistufigen Überschuldungsbegriff ausgesprochen.

Hat man diese geänderte Argumentation des Gesetzgebers vor Augen, so über-rascht es nicht, dass in der Literatur teilweise angenommen wird, dass die Änderung des Überschuldungsbegriffs im Ergebnis zur Aufweichung des Insolvenzgrundes der Überschuldung führt.212) Insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Überschuldung betroffener Unternehmen auch unter Geltung des einfachen zweistufigen Überschul-dungsbegriffs durch weiteres Eigenkapital der Gesellschafter oder Rangrücktrittserklä-rungen der wesentlichen, meist ausreichend besicherten Gläubiger hätte vermieden werden können, ist es verständlich, dass konstatiert wird, dass die Änderung des Über-schuldungsbegriffs letztlich über eine schlichte Reaktion auf die Finanzkrise hinaus-gehe und zur Korrektur eines vom Gesetzgeber anscheinend als ökonomisch falsch empfundenen Insolvenzauslösetatbestands dient.213) Anstatt nämlich wie bisher den Gesellschafter sowie den wesentlichen Gläubigern das Problem der Überschuldung des betroffenen Unternehmens aufzubürden und die Insolvenzantragspflichten bei Überschuldung letztlich als Preis für die Haftungsbeschränkung zu begreifen, wurden mit der Wiedereinführung des modifizierten zweistufigen Überschuldungsbegriffs vor allem die ungesicherten Gläubiger mit den Problemen der Manipulierbarkeit und man-gelnden Nachvollziehbarkeit der Fortbestehensprognose belastet. In der Literatur wird

___________ 210) RegE InsO vom 15. April 1992, BT-Drucks. 12/2443, S. 115. 211) Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zum RegE InsO vom 19. April 1994, BT-

Drucks. 12/7302, S. 157; vgl. auch Haas, in: Baumbach/Hueck, Kommentar zum GmbHG, 20. Auflage (Vorauflage), § 64 Rz. 43e.

212) Steffek, S. 100; ähnlich Hess, Insolvenzrecht, Band 1, § 19 Rz. 15, der insoweit von einer „Lockerung der Insolvenzantragspflicht“ spricht.

213) Haas, in: Baumbach/Hueck, Kommentar zum GmbHG, 20. Auflage (Vorauflage), § 64 Rz. 43e.

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daher verständlicherweise vertreten, dass es durch das FMStG letztlich zu einer frag-würdigen Abschwächung des Überschuldungsbegriffs gekommen sei.214) Die für die Gläubiger hierdurch entstehenden Nachteile nehme der Gesetzgeber ausdrücklich hin, um den Unternehmen, die aufgrund der Finanzkrise bewertungstechnisch bilanzielle Abschläge verkraften müssen, zu helfen.215) Es wird gar eine „Ironie des Schicksals“ ge-nannt, dass die Finanzkrise, die ja die Folge eines auf sorgloser Spekulation beruhenden Vertrauensverlustes sei, nunmehr als Rechtfertigung dafür diene, künftig Spekulatio-nen auf Kosten der Gläubiger eines Unternehmens zuzulassen.216) In eine ähnliche Richtung geht die Aussage, die Bundesregierung räume den Unternehmen durch die Neufassung des § 19 Abs. 1 Satz 1 InsO genau die Freiheiten ein, die doch nach über-wiegender Auffassung zur Finanzkrise geführt haben.217)

Art. 7 Abs. 2 FMStG218) sah zunächst vor, dass zum 1. Januar 2011 eine Rückkehr zum einfachen zweistufigen Überschuldungsbegriff in der Fassung vor Inkrafttreten des FMStG erfolgen sollte. In der Literatur hatte sich bereits nach Inkrafttreten des FMStG eine kontroverse Diskussion entwickelt, ob die geplante Rückkehr zum einfa-chen zweistufigen Überschuldungsbegriff tatsächlich stattfinden sollte219), ob vielmehr der modifizierte zweistufige Überschuldungsbegriff beibehalten werden sollte220) oder ob gar der Überschuldungstatbestand insgesamt abgeschafft werden sollte221). Der Be-fristung lag die Erwartung zugrunde, dass sich die Wirkungen der Finanzkrise inner-halb des Jahres 2009 wesentlich abschwächen würden.222) Nachdem sich die Finanz-krise im Laufe des Jahres 2009 aber zu einer globalen Wirtschaftskrise entwickelt hatte

___________ 214) Gottwald, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 1 Rz. 73; ähnlich Drukarczyk/Schüler, in: Mün-

chener Kommentar zur InsO, Band 1, § 19 Rz. 1, die der Auffassung sind, dass die Idee des histo-rischen Gesetzgebers, Gläubigerschutz bei haftungsbeschränkten Rechtsformen u.a. durch die De-finition eines Schulden deckenden Mindestvermögens zu realisieren, durch die Neufassung des Überschuldungstatbestands ersatzlos aufgegeben worden sei.

215) Gundlach, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 6 Rz. 25. 216) Haas, in: Baumbach/Hueck, Kommentar zum GmbHG, 20. Auflage (Vorauflage), § 64 Rz. 43e. 217) Wackerbarth, Bundesregierung verschärft Finanzkrise. 218) BGBl. I 2008, S. 1982 (1989). 219) So wohl Haas, in: Baumbach/Hueck, Kommentar zum GmbHG, 20. Auflage (Vorauflage), § 64

Rz. 43e. 220) So beispielsweise Hüffer, Kommentar zum AktG, 10. Auflage (Vorauflage), § 92 Rz. 10; W. Müller,

in: FS Hüffer, S. 701 (706); K. Schmidt, DB 2008, 2467 (2470). 221) So beispielsweise Frystatzki, NZI 2011, 521 (526 f.); Lüer, in: FS Hüffer, 603 (614 f.). 222) GesE FMStÄndG vom 21. September 2009, BT-Drucks. 16/13927, S. 4.

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und sich nach Rückmeldungen aus der Praxis die Änderung des Überschuldungsbe-griffs bewährt habe,223) wurde die Befristung durch das FMStÄndG verlängert (vgl. Art. 1 FMStÄndG224) i.V.m. Artt. 7 Abs. 2, 6 Abs. 3 FMStG225)). Die zunächst geplante Rückkehr zum einfachen zweistufigen Überschuldungsbegriff in der Fassung vor In-krafttreten des FMStG sollte nunmehr zum 1. Januar 2014 erfolgen (vgl. Art. 1 FMStÄndG226)).

Auch bei dieser Befristung ist es aber letztlich nicht geblieben. Um die Notwendig-keit einer weiteren Verlängerung der Geltungsdauer des modifizierten zweistufigen Überschuldungsbegriffs oder eine Rückkehr zum früheren einfachen zweistufigen Überschuldungsbegriff zu evaluieren, hatte der Bundestag die Bundesregierung im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens des FMStÄndG im September 2009 gebeten, die Anwendung des derzeitigen Überschuldungsbegriffs zu beobachten, mit Fachkrei-sen und den Landesjustizverwaltungen zu diskutieren und dem Bundestag Mitte der nächsten Legislaturperiode über die gemachten Erfahrungen zu berichten.227)

Eine in Erfüllung dieses Auftrags durchgeführte Expertenbefragung kam zu dem Ergebnis, dass aus Praxiserwägungen entweder – als Mindestregelung – eine temporäre Verlängerung des modifizierten zweistufigen Überschuldungsbegriffs oder aber – als weitergehende Regelung – die dauerhafte Beibehaltung des modifizierten zweistufigen Überschuldungsbegriffs oder aber die gänzliche Abschaffung der Überschuldung als Auslöser einer Insolvenzantragspflicht wünschenswert seien.228) Die Mindestregelung wurde u.a. damit begründet, dass die volkswirtschaftlichen Vorteile die Nachteile klar überwiegen würden und zudem die Marktunsicherheiten, die 2008 Anlass zur Ände-rung des Überschuldungsbegriffs gaben, noch nicht überwunden seien, der vom Ge-setzgeber verfolgte Zweck also noch nicht erreicht sei.229) Bei einer Rückkehr zum alten Überschuldungsbegriff sei daher damit zu rechnen, dass lebensfähige Unternehmen in

___________ 223) GesE FMStÄndG vom 21. September 2009, BT-Drucks. 16/13927, S. 4. 224) BGBl. I 2009, S. 3151. 225) BGBl. I 2008, S. 1982 (1989). 226) BGBl. I 2009, S. 3151. 227) GesE FMStÄndG vom 21. August 2009, BT-Drucks. 16/13927, S. 5. 228) Bitter/Hommerich/Reiß, ZIP 2012, 1201 (1207 f.); kritisch insoweit Wackerbarth, Negative Fortführungs-

prognose für § 19 InsO. 229) Bitter/Hommerich/Reiß, ZIP 2012, 1201 (1207).

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das Insolvenzverfahren gedrängt würden.230) Die weitergehende Regelung wurde u.a. damit begründet, dass der einfache zweistufige Überschuldungsbegriff mit seiner bi-lanziellen Überschuldungsfeststellung aufgrund schwieriger Bewertungsprobleme und daraus folgender Rechtsunsicherheit in der Praxis weitgehend für unpraktikabel gehal-ten werde.231)

Der Gesetzgeber entschied sich letztlich für eine der auf Grundlage der Experten-befragung vorgeschlagenen Variante einer weitergehenden Reglung. Durch das Gesetz zur Einführung einer Rechtsbehelfsbelehrung im Zivilprozess vom 5. Dezember 2012232) wurde die Befristung aufgehoben. Der modifizierte zweistufige Überschuldungsbegriff soll dementsprechend – jedenfalls nach dem derzeitigen Willen des Gesetzgebers – nun-mehr auf Dauer gelten.

___________ 230) Bitter/Hommerich/Reiß, ZIP 2012, 1201 (1207). 231) Bitter/Hommerich/Reiß, ZIP 2012, 1201 (1208). 232) BGBl. I 2012, S. 2418.

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D. Gegenstand der Fortbestehensprognose

I. Vorbemerkung

Obwohl der Gesetzgeber durch die Entfristung des durch das FMStG wiederein-geführten modifizierten zweistufigen Überschuldungsbegriffs einen erbitterten Streit um die Frage nach dem „richtigen“ Überschuldungsbegriff fürs Erste entschieden hat, gibt es vom Gesetzgeber keine klaren Vorgaben, welche Voraussetzungen für eine po-sitive Fortbestehensprognose erfüllt sein müssen. Will man dem Aspekt des Gläubi-gerschutzes größere Bedeutung beimessen, wird man tendenziell strengere Anforde-rungen an den Nachweis einer positiven Fortbestehensprognose stellen. Will man hin-gegen die Rechte der Gesellschafter an ihrem Unternehmen stärker berücksichtigen, wird man die Anforderungen tendenziell nach unten schrauben. Bei der Frage nach den Voraussetzungen einer positiven Fortbestehensprognose bewegt man sich damit immer im Spannungsfeld zwischen Gläubigerschutz und den Interessen der Anteils-eigner.

Wenig überraschend ist die Bandbreite der zum Gegenstand der Fortbestehens-prognose vertretenen Auffassungen aufgrund der Tragweite entsprechender Festle-gungen beachtlich. Nachfolgend werden diese umfassend dargestellt. Nachdem zu-nächst geklärt wird, ob für eine Auslegung des durch das FMStG wiedereingeführten modifizierten zweistufigen Überschuldungsbegriff auch auf ältere Rechtsprechung und Literatur zurückgegriffen werden kann (vgl. hierzu sogleich unter Ziff. II, S. 75 ff.), erfolgt aufgrund ihres einführenden Charakters zunächst die Darstellung der Recht-sprechung des BGH nach der Chronologie der Entscheidungen, wobei sich unmittel-bar an jede Entscheidung eine kurze Stellungnahme anschließt (vgl. hierzu unten unter Ziff. III, S. 79 ff.). Die sonstige Rechtsprechung sowie die Literatur sind sodann nach der jeweils vertretenen Auffassung zum Prognosegegenstand gegliedert (vgl. hierzu un-ten unter Ziff. IV, S. 85 ff.). Es folgt eine umfassende eigene Stellungnahme (vgl. hierzu unten unter Ziff. V, S. 120 ff.).

II. Berücksichtigungsfähige Rechtsprechung und Literatur

Wie bereits ausgeführt wurde war die Fortbestehensprognose bereits Bestandteil des einfachen zweistufigen Überschuldungsbegriffs, der insbesondere dem Überschul-dungstatbestand der Insolvenzordnung bis zum Inkrafttreten des FMStG im Jahr 2008

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zugrunde lag. Während die Fortbestehensprognose dort jedoch lediglich über die Art der Bewertung entschied, kann sie im Rahmen des modifizierten zweistufigen Über-schuldungsbegriffs über das Vorliegen einer insolvenzrechtlichen Überschuldung ins-gesamt entscheiden. Aufgrund der unterschiedlichen Tragweite stellt sich daher die Frage, ob die Voraussetzungen einer positiven Fortbestehensprognose bei beiden Überschuldungsbegriffen identisch sind und daher im Rahmen einer Analyse des nun-mehr seit Inkrafttreten des FMStG wieder geltenden modifizierten zweistufigen Über-schuldungsbegriffs auch auf Rechtsprechung und Literatur zum einfachen zweistufi-gen Überschuldungsbegriff zurückgegriffen werden kann.

Die h.M. bejaht dies.233) Als Begründung wird insbesondere der identische Wortlaut herangezogen:234) Sowohl § 19 Abs. 2 Satz 2 InsO a.F. als auch § 19 Abs. 2 Satz 1 InsO n.F. enthalten übereinstimmend die Worte „Fortführung des Unternehmens (…) nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich“. Zudem lasse die wortkarge Begründung des Ge-setzgebers zur durch das FMStG bewirkten Änderung des § 19 Abs. 2 InsO keinesfalls den Schluss zu, der Gesetzgeber habe sich für eine andere bzw. strengere Form der Prüfung der Willigkeit und Fähigkeit zur Fortführung entschieden.235) Hinsichtlich der Frage der Technik könne daher vollständig mit demselben Instrumentarium wie bisher gearbeitet werden, mit der Maßgabe, dass es sich nicht um ein Bewertungs-, sondern um ein Entscheidungskriterium handelt.236)

Nach anderer Ansicht bedeute die überschuldungsausschließende Wirkung der Fortbestehensprognose des modifizierten einfachen Überschuldungsbegriffs in der

___________ 233) Bußhardt, in: Braun, Kommentar zur InsO, § 19 Rz. 12; Dahl, NZI 2008, 719 (720); Dahl/Schmitz,

NZG 2009, 567 (567); Drukarczyk/Schüler, in: Münchener Kommentar zur InsO, Band 1, § 19 Rz. 74; Eckert/Happe, ZInsO 2008, 1098 (1098); Haas, in: Baumbach/Hueck, Kommentar zum GmbHG, 20. Auflage (Vorauflage), § 64 Rz. 44; Harz/Bornmann/Conrad/Ecker, NZI 2015, 737 (741 f.); Hirte/Knof/Mock, ZInsO 2008, 1217 (1221); Kuleisa, in: Sanierungsrecht, § 19 Rz. 18; Pape, in: Kübler/Prütting/Bork, Kommentar zur InsO, Band I, § 19 Rz. 34; Schröder, InsVZ 2010, 3 (5); zum Zeitpunkt des Übergangs von der Konkursordnung zur Insolvenzordnung vgl. Fenske, AG 1997, 554 (556); K. Schmidt, in: Scholz, Kommentar zum GmbHG, 9. Auflage 2002 (Vorauflage), Band 2, Vorbemerkung zu § 64 Rz. 18; a.A. wohl Hüttemann, in: FS K. Schmidt, 761 (764).

234) Drukarczyk/Schüler, in: Münchener Kommentar zur InsO, Band 1, § 19 Rz. 74. 235) Drukarczyk/Schüler, in: Münchener Kommentar zur InsO, Band 1, § 19 Rz. 74. 236) Bußhardt, in: Braun, Kommentar zur InsO, § 19 Rz. 12; ähnlich Haas, in: Baumbach/Hueck, Kom-

mentar zum GmbHG, 20. Auflage (Vorauflage), § 64 Rz. 44.

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Fassung des FMStG eine Verringerung des Gläubigerschutzniveaus, weshalb zu erwar-ten sei, dass die Gerichte die Anforderungen an die Fortbestehensprognose aus Gläu-bigerschutzgründen tendenziell hochschrauben würden.237)

So verlockend mit der h.M. die einheitliche Heranziehung sämtlicher Rechtspre-chung und Literatur auch sein mag, ist im Ergebnis aufgrund der unterschiedlichen Funktion der Fortbestehensprognose beim einfachen zweistufigen Überschuldungsbe-griff einerseits und beim modifizierten zweistufigen Überschuldungsbegriff anderer-seits eine differenziertere Betrachtung erforderlich. Dies liegt maßgeblich in der fakti-schen Einstufigkeit des modifizierten zweistufigen Überschuldungsbegriffs begründet. Denn während beim einfachen zweistufigen Überschuldungsbegriff nach erfolgter Fortbestehensprognose – und damit gewissermaßen als Korrektiv – stets eine Gegen-überstellung von Vermögen und Schulden vorzunehmen war, kann beim modifizierten zweistufigen Überschuldungsbegriff nach Ansicht der h.M. bei bereits festgestellter positiver Fortbestehensprognose die zeit- und kostenintensive Aufstellung eines Über-schuldungsstatus als zweite Stufe der Überschuldungsprüfung entfallen.238) Diese un-terschiedliche Tragweite der Fortbestehensprognose führt dazu, dass zwar grundsätz-lich auch auf Rechtsprechung und Literatur zum einfachen zweistufigen Überschul-dungsbegriff abgestellt werden kann, aber eben nicht durchgängig. Vielmehr ist auf-grund der unterschiedlichen Tragweite der Fortbestehensprognose im Einzelfall eine differenzierende Betrachtung erforderlich.

___________ 237) Sikora, NWB 2009, 232 (234); zu den Anforderungen an eine positive Fortbestehensprognose ist

soweit ersichtlich bisher nur eine vielbeachtete erstinstanzliche Entscheidung ergangen, vgl. Amts-gericht Hamburg, Beschluss v. 2. Dezember 2011 – Az. 67 c IN 421/11, abgedruckt in NZI 2012, 85 ff.

238) Pape, in: Kübler/Prütting/Bork, Kommentar zur InsO, Band I, § 19 Rz. 11; Steffan, in: IDW, WP Handbuch 2014, Band II, Abschnitt S Rz. 210, 213; Theiselmann/Redeker, in: Theiselmann, Praxis-handbuch des Restrukturierungsrechts, Kap. 13 Rz. 64; a.A. K. Schmidt, ZIP 2013, 485 (489); ders., ZIP 2013, 485 (489).

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So wird beispielsweise ausdrücklich vertreten, dass das subjektive Kriterium der Fortbestehensprognose insbesondere auch auf eine sog. übertragende Sanierung ge-stützt werden könne.239) Bei einer übertragenden Sanierung erfolgt der Verkauf des Unternehmens im Wege eines sog. asset deals.240) Im Gegensatz zu einem share deal wer-den bei einem asset deal nicht die Geschäftsanteile am Unternehmensträger, sondern vielmehr die einzelnen zum Betrieb des Unternehmens erforderlichen Vermögensge-genstände an den Erwerber veräußert.241) Die Verbindlichkeiten verbleiben hingegen vollumfänglich ebenso beim Veräußerer wie nicht betriebsnotwendiges Vermögen.

Nach anderer Auffassung sei die – teilweise schlicht aus der Kommentierung zum einfachen zweistufigen Überschuldungsbegriff übernommene – Sichtweise, nach der das subjektive Kriterium der Fortbestehensprognose auf eine übertragende Sanierung und damit auf den Fortführungswillen eines Erwerbers gestützt werden könne, im Rahmen des modifizierten zweistufigen Überschuldungsbegriffs grundsätzlich nicht mehr haltbar.242) Ob der neue Unternehmensträger im Falle einer übertragenden Sanie-rung willens und in der Lage sei, das Unternehmen fortzuführen, sei letztlich unerheb-lich, da die Gläubiger der veräußernden Gesellschaft im Falle der Veräußerung des Betriebsvermögens lediglich aus dem durch den asset deal erzielten Kaufpreis befriedigt würden.243)

Dem ist zuzustimmen. Während beim einfachen zweistufigen Überschuldungsbe-griff nach erstellter Fortbestehensprognose auf einer zweiten Stufe stets ein Überschul-dungsstatus zu erstellen war, ist dies beim modifizierten zweistufigen Überschuldungs-begriff im Falle einer positiven Fortbestehensprognose nach ganz h.M. nicht erforder-lich.244) Gerade diese zweite Stufe wäre aber notwendig, um zu erkennen, ob der vom Erwerber gebotene Kaufpreis – zusammen mit dem Wert des sonstigen, ggf. bei der

___________ 239) Hater, S. 103; ebenso Bremen, in: Graf-Schlicker, Kommentar zur InsO, § 19 Rz. 16; Kirchhof, in: Hei-

delberger Kommentar zur InsO, § 19 Rz. 8; Mönning, in: Nerlich/Römermann, Kommentar zur InsO, § 19 Rz. 19; Pape, in: Kübler/Prütting/Bork, Kommentar zur InsO, Band I, § 19 Rz. 38; Schmerbach, in: Frankfurter Kommentar zur InsO, § 19 Rz. 33; Schröder, InsVZ 2010, 3 (6).

240) Tautorus/Janner, in: Nerlich/Kreplin, MAH Sanierung und Insolvenz, § 20 Rz. 11; umfassend zur übertragenden Sanierung Wellensiek, NZI 2002, 233 ff.

241) Wellensiek, NZI 2002, 233 (234). 242) Schäfer, S. 93. 243) Schäfer, S. 93. 244) Pape, in: Kübler/Prütting/Bork, Kommentar zur InsO, Band I, § 19 Rz. 11; Steffan, in: IDW, WP

Handbuch 2014, Band II, Abschnitt S Rz. 210, 213; Theiselmann/Redeker, in: Theiselmann, Praxis-handbuch des Restrukturierungsrechts, Kap. 13 Rz. 64; a.A. K. Schmidt, ZIP 2013, 485 (489).

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veräußernden Gesellschaft verbleibenden Vermögens – ausreicht, um nicht nur die innerhalb des Prognosezeitraums bei der veräußernden Gesellschaft fällig werdenden Verbindlichkeiten, sondern vielmehr sämtliche bei der veräußernden Gesellschaft ver-bleibenden Verbindlichkeiten zu bedienen. Entfällt aber diese zweite Stufe, so besteht das Risiko, dass die Erfüllung langfristiger Verbindlichkeiten nicht gesichert ist.

III. Rechtsprechung des BGH

1. Entscheidung des BGH aus dem Jahr 1982

Bereits in einer Entscheidung aus dem Jahr 1982 beschäftigte sich der BGH mit dem modifizierten zweistufigen Überschuldungsbegriff.245) Das Gericht verstand die-sen damals dergestalt, dass die Fortbestehensprognose der Ermittlung der rechneri-schen Überschuldung nachfolge und dass die demnach vorangehende Feststellung der rechnerischen Überschuldung zwingend sei.246) Da in dem vom BGH entschiedenen Fall von den Verantwortlichen kein Überschuldungsstatus aufgestellt worden war, musste sich das Gericht im Jahre 1982 noch nicht dazu äußern, ob es dem modifizier-ten zweistufigen Überschuldungsbegriff folgt.

Im Hinblick auf den Gegenstand der Fortbestehensprognose ist hervorzuheben, dass der BGH die Fortbestehensprognose zum damaligen Zeitpunkt dergestalt ver-standen hat, dass bei dieser „die Finanz- und Ertragslage des Unternehmens Berücksichtigung“ finde.247)

2. Entscheidung des BGH aus dem Jahr 1987

In einer weiteren Entscheidung des BGH aus dem Jahr 1987 zum modifizierten zweistufigen Überschuldungsbegriff, den das Gericht dort „Kombinationsmethode“ nennt, spricht der BGH dem modifizierten zweistufigen Überschuldungsbegriffs die grund-sätzliche Tauglichkeit zur Überschuldungsprüfung zu.248) Anzumerken ist jedoch, dass der BGH dem modifizierten zweistufigen Überschuldungsbegriff nicht den Vorzug gegenüber anderen Überschuldungsbegriffen Vorzug gibt. Vielmehr legt das Urteil

___________ 245) BGH, Urteil v. 27. Oktober 1982 – Az. VIII ZR 187/81, abgedruckt in NJW 1983, 676 ff. 246) BGH, Urteil v. 27. Oktober 1982 – Az. VIII ZR 187/81, abgedruckt in NJW 1983, 676 (677). 247) BGH, Urteil v. 27. Oktober 1982 – Az. VIII ZR 187/81, abgedruckt in NJW 1983, 676 (677). 248) BGH, Urteil v. 3. Februar 1987 – Az. VI ZR 268/85, abgedruckt in NJW 1987, 2433 (2433).

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nahe, dass der BGH zum damaligen Zeitpunkt jeden Überschuldungsbegriff zur Über-prüfung der Überschuldung als tauglich angesehen hätte, solange sich der jeweilige An-wender mit den anderen Überschuldungsbegriffen auseinandergesetzt und plausibel dargetan hat, weshalb der von ihm gewählte Überschuldungsbegriff im Vergleich zu den anderen Überschuldungsbegriffen vorteilhaft ist.

Im Hinblick auf den Gegenstand der Fortbestehensprognose ist erneut hervorzu-heben, dass der BGH auch 1987 davon ausging, dass im Rahmen der Fortbestehens-prognose nicht nur die Finanz-, sondern auch die Ertragslage überprüft werde und hierbei die künftige Ertrags- und Lebensfähigkeit einzubeziehen sei.249)

3. Dornier-Entscheidung des BGH aus dem Jahr 1992

Erstmalig folgte der BGH dem modifizierten zweistufigen Überschuldungsbegriff in seiner sog. Dornier-Entscheidung aus dem Jahr 1992.250) Im Rahmen dieser Entschei-dung ging der BGH davon aus, dass

„von einer Überschuldung (…) nur dann gesprochen werden [kann], wenn das Vermögen der Gesellschaft bei Ansatz von Liquidationswerten unter Einbeziehung stiller Reserven die bestehenden Verbindlichkeiten nicht deckt (rechnerische Überschuldung) und die Finanzkraft der Gesellschaft nach überwiegender Wahrscheinlichkeit mittelfristig nicht zur Fortführung des Unternehmens aus-reicht (Überlebens- oder Fortbestehensprognose). Es gilt mithin ein zweistufiger Überschuldungsbe-griff.“251)

Der BGH stellte damit hinsichtlich des Prognosegegenstands auf den weder recht-lich noch betriebswirtschaftlich eindeutig bestimmten Begriff der mittelfristigen Fi-nanzkraft ab. Analysiert man im Rahmen einer daher erforderlichen Auslegung die weiteren Ausführungen des BGH, so zeigt sich, dass das Gericht eine Definition des Begriffs schuldig blieb.

Die eingehende Analyse des Dornier-Urteils des BGH zeigt zudem, dass das Ge-richt zur Begründung der positiven Fortbestehensprognose keine präzisen betriebs-wirtschaftlichen Plandaten herangezogen hat – vermutlich, weil diese dem Gericht

___________ 249) BGH, Urteil v. 3. Februar 1987 – Az. VI ZR 268/85, abgedruckt in NJW 1987, 2433 (2433). 250) BGH, Urteil v. 13. Juli 1992 – Az. II ZR 269/91, abgedruckt in NJW 1992, 2891 ff. 251) BGH, Urteil v. 13. Juli 1992 – Az. II ZR 269/91, abgedruckt in NJW 1992, 2891 (2894).

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schlicht nicht zur Verfügung standen –, sondern die Überlebensfähigkeit der Gesell-schaft vielmehr anhand von Indizien beurteilte. So berücksichtigte das Gericht bei der Überprüfung der Fortbestehensprognose beispielsweise aus seiner Sicht erfolgverspre-chende „Absatz- und Gewinnchancen“252). Sowohl Absatz253) als auch Gewinn254) sind rein ertragswirksame Größen. Auf die Liquidität eines Unternehmens haben beide zunächst keinen Einfluss. Die Liquidität ändert sich vielmehr erst, wenn Kunden, an die Güter geliefert bzw. denen gegenüber Dienstleistungen erbracht wurden und denen gegen-über das Unternehmen hierdurch Forderungen generiert hat, diese Forderungen durch Zahlung erfüllen.

Ebenfalls eine Überprüfung der Fortbestehensprognose anhand von Indizien stellt die weitere Überlegung des BGH dar, eine positive Fortbestehensprognose habe im Fall der damaligen Gemeinschuldnerin u.a. daran festgemacht werden können, dass ein Dritter bereit war, als Investor in das Unternehmen der Gemeinschuldnerin einzustei-gen.255) Eine solche Investition aber hätte selbst im Falle ihrer tatsächlichen Umsetzung nicht zwingend Auswirkungen auf die Liquidität des Unternehmens gehabt, da völlig unklar bleibt, ob der Investor den von ihm angebotenen Betrag vollständig an den Gesellschafter geleistete hätte oder ob zumindest ein Teil als Einlage dem Unterneh-men der Gemeinschuldnerin zugutegekommen wäre. Vielmehr zeigt die von dem Ge-richt beschriebene Bereitschaft eines Dritten lediglich, dass dieser den Marktwert des Unternehmens deutlich höher einschätzte als dessen Nominalwert. Ob der Dritte zu dieser Einschätzung aber aufgrund der Absatz- und/oder Gewinnaussichten des Un-ternehmens, aufgrund dessen Liquiditätsreserven oder aber aufgrund irgendeiner sons-tigen Annahme gekommen ist, kann anhand des Sachverhalts nicht geklärt werden.

Es bleibt demnach zweierlei festzuhalten: Zum einen proklamierte der BGH in seiner Dornier-Entscheidung aus dem Jahr 1992 die mittelfristige Finanzkraft als Ge-genstand der Fortbestehensprognose, ohne diesen Begriff näher zu definieren. Zum

___________ 252) BGH, Urteil v. 13. Juli 1992 – Az. II ZR 269/91, abgedruckt in NJW 1992, 2891 (2894). 253) Unter Absatz versteht man die Summe der innerhalb eines Abrechnungszeitraums am Markt abge-

setzten Güter und/oder Dienstleistungen eines Unternehmens. 254) Nach Wöhe, S. 731 ff. handelt es sich beim Gewinn um die Differenz zwischen Erträgen und Auf-

wand eines Abrechnungszeitraums, die in der Gewinn- und Verlustrechnung ermittelt wird. 255) BGH, Urteil v. 13. Juli 1992 – Az. II ZR 269/91, abgedruckt in NJW 1992, 2891 (2894).

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anderen führte der BGH die mittelfristige Finanzkraft der damaligen Gemeinschuld-nerin nicht auf präzise betriebswirtschaftliche Plandaten – vermutlich, weil diese dem Gericht schlicht nicht zur Verfügung standen –, sondern auf Indizien zurück.

4. Entscheidung des BGH aus dem Jahr 1997

Im Rahmen einer weiteren Entscheidung des BGH aus dem Jahr 1997256) stellte dieser der damaligen Gemeinschuldnerin eine negative Fortbestehensprognose aus, da deren „Finanzkraft (…) objektiv mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht zur Fortführung des Unternehmens ausgereicht“ habe.257) Zudem sei „in den lediglich vier Monaten zwischen Gründung und Eintragung nicht nur das gesamte Stammkapital aufgezehrt (gewesen), sondern darüber hinaus (habe) die Gesellschaft noch weitere erhebliche Verluste erlitten“.258)

Festzustellen ist, dass der BGH an dem unbestimmten Begriff der mittelfristigen Finanzkraft festgehalten hat. Vermutlich mangels ausreichender betriebswirtschaftli-cher Plandaten überprüfte der BGH die Fortbestehensprognose erneut nur indiziell, wobei er zur Begründung seines negativen Ergebnisses insbesondere auf eine durch vorangegangene Verluste eingetretene Aufzehrung des Stammkapitals sowie weitere erhebliche Verluste259) abstellte. Das Vorhandensein eines Verlustes sagt jedoch noch nichts darüber aus, ob der Verlust zugleich zu einer Verminderung des Bestands an liquiden Mitteln geführt hat. Vielmehr können Verluste auch durch Abschreibungen260) oder aber durch die Bildung von Rückstellungen261) entstehen. Beide Kategorien von Geschäftsvorfällen haben allenfalls mittelbare Auswirkungen auf die Liquidität eines Unternehmens, denn im Fall von Abschreibungen liegt ein eventueller liquiditätswirk-samer Vorgang in der Vergangenheit, im Fall der Bildung von Rückstellungen in der Zukunft.

___________ 256) BGH, Urteil v. 29. September 1997 – Az. II ZR 245/96, abgedruckt in NJW 1998, 233 ff. 257) BGH, Urteil v. 29. September 1997 – Az. II ZR 245/96, abgedruckt in NJW 1998, 233 (234). 258) BGH, Urteil v. 29. September 1997 – Az. II ZR 245/96, abgedruckt in NJW 1998, 233 (234). 259) Der Begriff des Verlustes ist Teil des Begriffspaares Gewinn und Verlust. Gewinn wird definiert als

die positive und Verlust als die negative Differenz zwischen Erträgen und Aufwand eines Abrech-nungszeitraums. Nach Wöhe, S. 636 versteht man unter Erträgen den Wert aller erbrachten Leistun-gen eines Abrechnungszeitraums und unter Aufwendungen den Wert aller verbrauchten Leistungen eines Abrechnungszeitraums. Umfassend zur Gewinn- und Verlustrechnung Wöhe, S. 731 ff.

260) Umfassend zu Abschreibungen Wöhe, S. 696 ff. 261) Umfassend zu Rückstellungen Wöhe, S. 727 ff.

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Wirft man einen Blick auf die weitere Begründung des BGH, so dreht sich diese zunächst um die Frage, ob die Gesellschafter der damaligen Gemeinschuldnerin finan-ziell in der Lage gewesen wären, durch eigenes Vermögen das Stammkapital der Ge-meinschuldnerin wiederherzustellen.262) Mangels „tragfähigem Unternehmenskonzept“ hätte auch die Auffüllung des Stammkapitals kein anderes Ergebnis geliefert. Die sodann folgende Ausführung ist bemerkenswert und soll daher im Wortlaut wiedergegeben werden:

„Die nicht vollständige Ausschöpfung des Kreditrahmens ändert an dieser negativen Prognose nichts, weil keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, wie sich lediglich durch die Zuführung weiterer Kre-ditmittel die wirtschaftliche Lage der Gemeinschuldnerin dauerhaft hätte verbessern können“.263)

Den weiteren Ausführungen des BGH kann somit deutlich entnommen werden, dass das Gericht es für die Annahme einer positiven Fortbestehensprognose scheinbar nicht für ausreichend erachtet hätte, wenn dem Unternehmen durch die Auffüllung des Stammkapitals oder die Ausschöpfung des Kreditrahmens lediglich weitere liquide Mittel zur Verfügung gestellt worden wären. Vielmehr verlangte der BGH zur An-nahme einer positiven Fortbestehensprognose ausdrücklich ein „tragfähiges Unterneh-menskonzept“ sowie eine dauerhafte Verbesserung der wirtschaftlichen Lage der Ge-meinschuldnerin.

5. Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2004

In einer Entscheidung aus dem Jahr 2004, die noch zur Konkursordnung erging, erklärte der BGH, dass es einem – vom Berufungsgericht noch als erfolgversprechend eingestuften – Sanierungskonzept bereits an einer tragfähigen Grundlage gefehlt habe.264) Diese wurde dem Konzept u.a. wegen kontinuierlich rückläufiger Verkaufs-zahlen und der schon bestehenden beträchtlichen wirtschaftlichen „Schieflage“ des Un-ternehmens bescheinigt, die nach Ansicht des BGH durch Kosteneinsparungen im Zusammenhang mit einer geplanten Betriebsverlegung und dem Ausscheiden einer Geschäftsführerin nicht mehr zu einer mittelfristigen Sanierung der Gemeinschuldne-rin geführt hätten.265)

___________ 262) BGH, Urteil v. 29. September 1997 – Az. II ZR 245/96, abgedruckt in NJW 1998, 233 (234). 263) BGH, Urteil v. 29. September 1997 – Az. II ZR 245/96, abgedruckt in NJW 1998, 233 (234). 264) BGH, Urteil v. 23. Februar 2004 – Az. II ZR 207/01, abgedruckt in BB 2004, 1240 (1242). 265) BGH, Urteil v. 23. Februar 2004 – Az. II ZR 207/01, abgedruckt in BB 2004, 1240 (1242).

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Auch in seinem Urteil aus dem Jahr 2004 rekurriert der BGH damit bei der Über-prüfung der Fortbestehensprognose nicht auf die liquiden Mittel des Unternehmens, sondern greift mit den Verkaufszahlen (d.h. den Umsatzerlösen) und potentiellen Kos-teneinsparungen ebenfalls auf ertrags-, aber nicht unmittelbar liquiditätswirksame Grö-ßen zurück.

6. Zusammenfassung

Nach alledem ist festzuhalten, dass der BGH hinsichtlich des Gegenstands der Fortbestehensprognose auf den weder rechtlich noch betriebswirtschaftlich eindeutig definierten Begriff der mittelfristigen Finanzkraft abstellt. Aus diesem Grund wird ver-treten, dass die offenen Fragen, wie Finanzkraft in nachprüfbarer Weise zu messen und wie das Konzept der „überwiegenden Wahrscheinlichkeit“ zu operationalisieren ist, nicht explizit angesprochen würden.266) Da dem BGH bei seinen Entscheidungen ver-mutlich präzise betriebswirtschaftliche Plandaten schlicht nicht zur Verfügung stan-den, zog sich das Gericht auf eine indiziengestützte Prüfung zurück.

Bei der überwiegenden Zahl der Tatsachen, die der BGH als Indizien für oder ge-gen eine positive Fortbestehensprognose berücksichtigt – Absatz- und Gewinnchan-cen,267) potentielle Eigenkapitalzuführungen durch Investoren268) oder Gesellschaf-ter269), Aufzehrung des Stammkapitals270) oder weitere erhebliche Verluste271) –, handelt es sich um ertrags- und nicht um liquiditätswirksame Größen. Die alleinige Zuführung weiterer liquider Mittel durch die Gesellschafter oder die Ausschöpfung eines Kredit-rahmens lässt der BGH jedenfalls zur Annahme einer positiven Fortbestehensprog-nose ausdrücklich nicht genügen, sondern verlangt vielmehr ein tragfähiges Unterneh-menskonzept.272)

___________ 266) Drukarczyk/Schüler, in: Münchener Kommentar zur InsO, Band 1, § 19 Rz. 20. 267) BGH, Urteil v. 13. Juli 1992 – Az. II ZR 269/91, abgedruckt in NJW 1992, 2891 (2894). 268) BGH, Urteil v. 13. Juli 1992 – Az. II ZR 269/91, abgedruckt in NJW 1992, 2891 (2894). 269) BGH, Urteil v. 29. September 1997 – Az. II ZR 245/96, abgedruckt in NJW 1998, 233 (234). 270) BGH, Urteil v. 29. September 1997 – Az. II ZR 245/96, abgedruckt in NJW 1998, 233 (234). 271) BGH, Urteil v. 29. September 1997 – Az. II ZR 245/96, abgedruckt in NJW 1998, 233 (234). 272) BGH, Urteil v. 29. September 1997 – Az. II ZR 245/96, abgedruckt in NJW 1998, 233 (234).

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IV. Sonstige Rechtsprechung und Literatur

1. Vorbemerkung

Die in der sonstigen Rechtsprechung und Literatur zum Gegenstand der Fortbe-stehensprognose vertretenen Auffassungen bauen in den weit überwiegenden Fällen auf der Rechtsprechung des BGH und insoweit insbesondere auf dem von diesem ver-wendeten Begriff der mittelfristigen Finanzkraft auf.

Während oberlandesgerichtliche Rechtsprechung nahezu ausschließlich nur im Zeitraum bis zum Inkrafttreten des FMStG im Jahr 2008 ergangen ist und größtenteils uneinheitlich blieb, ist nach Inkrafttreten des FMStG ein erwähnenswerter und in der Literatur vielbeachteter Beschluss des Amtsgerichts Hamburg ergangen, der an eine positive Fortbestehensprognose sehr weitreichende Anforderungen stellt, indem er ne-ben der künftigen Zahlungsfähigkeit auch die künftige Ertragsfähigkeit fordert.

In der Literatur hingegen herrschte schon im Zeitraum bis zum Inkrafttreten des FMStG im Jahr 2008 hinsichtlich der Frage nach dem „richtigen“ Gegenstand der Fortbestehensprognose erheblicher Streit, der seit Wiedereinführung des modifizierten zweistufigen Überschuldungsbegriffs nochmals zusätzlich an Fahrt aufgenommen hat.

Die in der sonstigen Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassungen zei-gen zwar eine klare Tendenz hin zur alleinigen Maßgeblichkeit der künftigen Zahlungs-fähigkeit. Es sind jedoch durchaus auch andere Auffassungen vorzufinden, welche den Gesichtspunkt des Gläubigerschutzes durch die Berücksichtigung anderer oder zusätz-licher Elemente deutlicher in den Vordergrund zu rücken versuchen. Die vertretenen Auffassungen werden nachfolgend – gegliedert nach dem jeweils vertretenen Progno-segegenstand – umfassend dargestellt.

2. Finanzkraft bzw. finanzielles Gleichgewicht

Vereinzelt wird in Bezug auf den Prognosegegenstand ohne weitere Erläuterungen schlicht auf den auch vom BGH verwendeten – und an sich auslegungsbedürftigen – Begriff der Finanzkraft273) bzw. den – ebenso auslegungsbedürftigen – Begriff der fi-nanziellen Lage274) abgestellt.

___________ 273) Kammergericht, Urteil v. 20. Juli 2001 – Az. 9 U 1912/00, abgedruckt in NZG 2002, 383 (385). 274) Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, Kommentar zum GmbHG, Vorbemerkung zu § 64 Rz. 35.

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3. Alleinige Maßgeblichkeit der künftigen Zahlungsfähigkeit

a) Begründung

Soweit ersichtlich besteht innerhalb der sonstigen Rechtsprechung und Literatur hinsichtlich der Voraussetzungen einer positiven Fortbestehensprognose zunächst in-soweit weitestgehend Einigkeit, als dass die künftige Zahlungsfähigkeit des Unterneh-mens zumindest Teil des Prognosegegenstandes ist.275) Der überwiegende Teil der Rechtsprechung und Literatur ist darüber hinaus der Ansicht, dass neben die künftige Zahlungsfähigkeit keine weiteren Prognoseelemente treten.276)

Dieser Ansicht liegt die Annahme zugrunde, dass ein Unternehmen, solange von seiner dauerhaften Zahlungsfähigkeit auszugehen sei, nicht in ein Insolvenzverfahren gezwungen werden könne.277) Die Fortführung eines Unternehmens sei somit zulässig, wenn die Gläubigeransprüche erfüllt werden, d.h. vereinbarte Zins- und Tilgungszah-lungen geleistet werden könnten.278)

b) Berücksichtigung der Mittelherkunft

aa) Differenzierung nach Innen- und Außenfinanzierung

Innerhalb der Auffassung, nach der alleiniger Bestandteil des Prognosegegenstands die künftige Zahlungsfähigkeit des Unternehmens sein soll, besteht Streit hinsichtlich

___________ 275) A.A. soweit ersichtlich nur Kommission für Insolvenzrecht, Erster Bericht, S. 112; Götker, Rz. 222 ff. 276) OLG Hamburg, Urteil v. 8. November 2013 – Az. 11 U 192/11, abgedruckt in ZInsO 2013, 2447

(2449); OLG Köln, Urteil v. 5. Februar 2009 – Az. 18 U 171/07, abgedruckt in ZIP 2009, 808 (809 f.); OLG Saarbrücken, Urteil v. 30. November 2000 – Az. 8 U 71/00-15, abgedruckt in NZG 2001, 414 (415); Arnold, in: Henssler/Strohn, Kommentar zum Gesellschaftsrecht, § 19 InsO Rz. 6; Bitter, in: Scholz, Kommentar zum GmbHG, Band 3, Vorbemerkung zu § 64 Rz. 35; Böcker/Poertz-gen, GmbHR 2013, 17 (21); Bußhardt, in: Braun, Kommentar zur InsO, § 19 Rz. 14 f.; Dru-karczyk/Schüler, in: Münchener Kommentar zur InsO, Band 1, § 19 Rz. 59; Holtkötter/Portisch, For-derungsPraktiker 2012, 214 (216); IDW S 6, Rz. 85; IDW S 11, Rz. 59; Lenger/Nachtsheim, NZI 2014, 992 (994); Mönning, in: Nerlich/Römermann, Kommentar zur InsO, § 19 Rz. 19 f.; H.-F. Müller, in: Münchener Kommentar zum GmbHG, Band 3, § 64 Rz. 25; Nerlich, in: Michalski, Kommentar zum GmbHG, Band 2, § 60 Rz. 94 f.; K. Schmidt, in: Scholz, Kommentar zum GmbHG, 9. Auflage 2002 (Vorauflage), Band 2, Vorbemerkung § 64 Rz. 18 f.; Steffan, in: IDW, WP Handbuch 2014, Band II, Abschnitt S Rz. 238, 248; Mock, in: Uhlenbruck, Kommentar zur InsO, § 19 Rz. 213 f.

277) K. Schmidt, in: Scholz, Kommentar zum GmbHG, 9. Auflage 2002 (Vorauflage), Band 2, Vorbemer-kung zu § 64 Rz. 18 m.w.N.; ebenso Bitter/Kresser, ZIP 2012, 1733 (1743).

278) Drukarczyk/Schüler, in: Münchener Kommentar zur InsO, Band 1, § 19 Rz. 59.

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der Frage, ob im Rahmen der zur Prognose der künftigen Zahlungsfähigkeit erforder-lichen Finanzplanung sowohl diejenigen liquiden Mittel, die aus der Innenfinanzierung des Unternehmens herrühren, als auch diejenigen, die dem Unternehmen aus einer eventuellen Außenfinanzierung zufließen, berücksichtigt werden dürfen. Anders gesagt dreht sich der Streit um die Frage, welche Einzahlungen planerisch zur Ermöglichung künftiger Auszahlungen herangezogen werden dürfen.

Exkurs: Definition der Begriffe Einzahlungen und Auszahlungen sowie In-nen- und Außenfinanzierung

Unter Einzahlungen versteht man den Zufluss liquider Mittel.279) Das Gegenteil von Einzahlungen sind Auszahlungen. Hierunter versteht man den Abfluss liquider Mittel.280) Unter liquiden Mitteln versteht man die Summe an Bargeld und verfüg-baren Sichtguthaben.281) Die so definierten Zahlungsmittel sind eine Bestandsgröße, die durch die beiden Stromgrößen Einzahlungen bzw. Auszahlungen verändert wird.282)

___________ 279) Wöhe, S. 635. 280) Wöhe, S. 635. 281) Wöhe, S. 635. 282) Wöhe, S. 635.

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Unter Finanzierung versteht man die Bereitstellung finanzieller Mittel, die zur Durchführung einer Investition benötigt werden.283) Die verschiedenen Finanzie-rungsarten können u.a. unterschieden werden

• nach dem Weg der Mittelbereitstellung in Innen- und Außenfinanzierung und

• nach der Rechtsstellung der Kapitalgeber in Eigen- und Fremdfinanzie-rung.284)

Die Innenfinanzierung beruht auf der Verhinderung eines Zahlungsmittelab-flusses aus dem Unternehmen, wobei die damit einhergehende Erweiterung des Zah-lungsbereichs durch Einbehaltung von Gewinnen, Bildung von Rückstellungen oder Vermögensumschichtung (vom Investitionsbereich zum Zahlungsbereich) erfolgen kann.285) Der Finanzierung aus Vermögensumschichtung begegnet man in Form des Verkaufs von Gegenständen des Sach- und Anlagevermögens sowie der Finanzie-rung aus Abschreibungen.286)

Im Rahmen der Außenfinanzierung werden dem Unternehmen die finanziellen Mittel hingegen über die Finanzierungsmärkte (Kreditmärkte, Kapitalmärkte) zur Verfügung gestellt.287) Dabei kann die Finanzierung durch die bisherigen Eigentümer in Form von Eigenkapital (Eigenfinanzierung) oder Fremdkapital (Gesellschafter-darlehen), durch neue Eigentümer (Beteiligungsfinanzierung) oder durch Gläubiger (Fremdfinanzierung) erfolgen.288) Ein Unternehmen, welches im Rahmen der Innen-finanzierung einen Überschuss an liquiden Mitteln erwirtschaftet, hat grundsätzlich keinen Bedarf, weitere liquide Mittel im Wege der Außenfinanzierung zu beschaffen.

___________ 283) Wöhe, S. 466. 284) Wöhe, S. 469. 285) Wöhe, S. 470, 581 ff; vgl. auch Fleischer, in: Michalski, Kommentar zum GmbHG, Band 1, Systema-

tische Darstellung 5, Rz. 102. 286) Wöhe, S. 470, 582 f. 287) Fleischer, in: Michalski, Kommentar zum GmbHG, Band 1, Systematische Darstellung 5, Rz. 101. 288) Fleischer, in: Michalski, Kommentar zum GmbHG, Band 1, Systematische Darstellung 5, Rz. 101.

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bb) Berücksichtigung einer eventuellen Außenfinanzierung

(1) Begründung

Die h.M. geht davon aus, dass im Rahmen der Prognose der künftigen Zahlungs-fähigkeit sämtliche vorhandenen sowie sämtliche dem Unternehmen künftig zufließen-den liquiden Mittel, gleich ob diese aus der Innen- oder einer eventuellen Außenfinan-zierung herrühren, berücksichtigt werden dürfen.289)

Begründet wird diese Auffassung insbesondere damit, dass es aus Gläubigersicht keine Rolle spiele, aus welchen Quellen sich die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft speise.290) Hinsichtlich der Fragestellung komme es daher darauf an, ob die Gesellschaft im Fall ihrer Fortführung, sei es mit oder ohne zusätzliche Sanierungsmaßnahmen, unter Berücksichtigung ihres Kreditspielraums und sämtlicher Finanzierungsmöglich-keiten voraussichtlich in der Lage sei, ihre in absehbarer Zeit fälligen Verbindlichkeiten zu erfüllen.291) Da die tatsächliche Verfügbarkeit außenfinanzierter Mittel jedoch scheinbar als risikobehafteter angesehen wird als diejenige innenfinanzierter Mittel, werden im Falle außenfinanzierter Mittel vereinzelt höhere Anforderungen an deren Nachweisbarkeit gestellt.292)

Da zudem jedenfalls einzelne Vertreter der h.M. das Risiko erkennen, dass es zu einer Liquiditätsgewinnung zulasten der Substanz des Unternehmens kommen kann,

___________ 289) OLG Karlsruhe, Urteil v. 29. Februar 2000 – Az. 3 U 33/99, abgedruckt in NZG 2000, 791 (792);

OLG Köln, Urteil v. 5. Februar 2009 – Az. 18 U 171/07, abgedruckt in ZIP 2009, 808 (809 f.); Aleth/Harlfinger, NZI 2011, 166 (169 f.); Bitter, in: Scholz, Kommentar zum GmbHG, Band 3, Vor-bemerkung zu § 64 Rz. 35; Drews, S. 184 ff.; Drukarczyk/Schüler, in: Münchener Kommentar zur InsO, Band 1, § 19 Rz. 59; Groß/Amen, WPg 2002, 225 (225 f.); Haarmann/Vorwerk, BB 2015, 1603 (1608 f.); Mönning, in: Nerlich/Römermann, Kommentar zur InsO, § 19 Rz. 19 f.; Schulze-Osterloh, in: Baumbach/Hueck, Kommentar zum GmbHG, 18. Auflage 2006 (Vorauflage), § 64 Rz. 13; Stef-fan, in: IDW, WP Handbuch 2014, Band II, Abschnitt S Rz. 238, 248; Steffan/Solmecke, ZInsO 2015, 1365 (1373); Temme, S. 120 ff.; Ulmer, in: Hachenburg, Kommentar zum GmbHG, Band 3, § 63 Rz. 37.

290) Schulze-Osterloh, in: Baumbach/Hueck, Kommentar zum GmbHG, 18. Auflage 2006 (Vorauflage), § 64 Rz. 13; ähnlich Bitter, in: Scholz, Kommentar zum GmbHG, Band 3, Vorbemerkung zu § 64 Rz. 35.

291) Ulmer, in: Hachenburg, Kommentar zum GmbHG, Band 3, § 63 Rz. 37. 292) OLG Köln, Urteil v. 5. Februar 2009 – Az. 18 U 171/07, abgedruckt in ZIP 2009, 808 (809 f.).

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stellen sie insoweit fest, dass die bloße Aussicht, den Todeskampf mittelfristig zu ver-längern, nicht zur Annahme einer positiven Fortbestehensprognose genügen könne.293) Im Einzelfall wird daher trotz gegebener künftiger Zahlungsfähigkeit die Überlebens-fähigkeit des Unternehmens verneint, wobei zur Begründung unterschiedliche Ansätze gewählt werden.

Einen pauschalen Ansatz zur Vermeidung eines vermögensschmälernden „Ster-bens auf Raten“ scheint zunächst die Forderung darzustellen, Grundlage der Prognose der künftigen Zahlungsfähigkeit müsse stets ein schlüssiges und realisierbares Unter-nehmenskonzept sein.294) Denn nimmt man an, dass ein Unternehmenskonzept, das ausschließlich auf Liquiditätsgewinnung zulasten der Substanz des Unternehmens ab-zielt, ohne zu einer Verbesserung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens zu füh-ren, grundsätzlich wohl kaum den Anforderungen an ein „schlüssiges“ und „realisier-bares“ Unternehmenskonzept genügen dürfte, wäre in einem solchen Fall trotz gege-bener künftiger Zahlungsfähigkeit die Fortbestehensprognose negativ.

Einen spezielleren Ansatz stellt der Vorschlag dar, einem Unternehmen schon heute die positive Fortbestehensprognose abzusprechen, wenn absehbar sei, dass die vorhandenen Mittel nur noch für einige Jahre zur Bedienung feststehender Verbind-lichkeiten ausreichten, diese Mittel später jedoch verbraucht sein würden und das Un-ternehmen sodann auch keine (weiteren) Erträge generieren könne.295) Ein weiterer Fall, in dem eine positive Fortbestehensprognose trotz Zahlungsfähigkeit während des

___________ 293) K. Schmidt, DB 2008, 2467 (2470). 294) OLG Stuttgart, Urteil v. 18. Januar 2006 – Az. 4 U 189/05, veröffentlicht in beck-online unter

BeckRS 2007, 05215; Haas, in: Baumbach/Hueck, Kommentar zum GmbHG, Vor § 64 Rz. 33; IDW S 11, Rz. 58; Mock, in: Uhlenbruck, Kommentar zur InsO, § 19 Rz. 212; ein „aussagekräftiges“ Unternehmenskonzept verlangend OLG Hamburg, Urteil v. 25. Juni 2010 – 11 U 133/06, abge-druckt in ZIP 2010, 2448 (2449); Altmeppen, Roth/Altmeppen, Kommentar zum GmbHG, Vorbe-merkung zu § 64 Rz. 35; Arnold, in: Henssler/Strohn, Kommentar zum Gesellschaftsrecht, § 19 InsO Rz. 6; Bork, ZIP 2000, 1709 (1711); ein „aussagefähiges“ Unternehmenskonzept verlangend Groß/Amen, WPg 2002, 225 (230 f.); H.-F. Müller, in: Jaeger, Kommentar zur InsO, Band 1, § 19 Rz. 38; ähnlich Mönning, in: Nerlich/Römermann, Kommentar zur InsO, § 19 Rz. 19, der eine Über-prüfung aller betriebswirtschaftlichen Rechenwerke auch anhand von Indikatoren, die nicht mathe-matisch abgeleitet werden können, verlangt.

295) Bitter/Kresser, ZIP 2012, 1733 (1740 f.).

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Prognosezeitraums negativ sein könne, seien hohe in der weiteren Zukunft fällige Ver-bindlichkeiten, wobei als Beispiele PIK-Finanzierungen296) und (erhebliche) Pensions-rückstellungen genannt werden.297) Beiden beispielhaft genannten Fällen einer abseh-baren Aufzehrung der Vermögenssubstanz könne man aber dadurch beikommen, dass man einen ausreichend langen Prognosezeitraum der rein liquiditätsorientierten Fort-bestehensprognose wähle, eine Erweiterung des Prognosegegenstands sei indes nicht erforderlich.298)

(2) Kritik in der Literatur

Da nach der h.M. letztlich einzige Voraussetzung für die Bejahung der objektiven Überlebensfähigkeit des Unternehmens dessen mittelfristige Zahlungsfähigkeit ist, wird der h.M. von ihren Kritikern insbesondere vorgeworfen, dass es nach ihrem Ver-ständnis zu Überschneidungen299) bzw. zur faktischen Identität300) der Eröffnungs-gründe der Überschuldung und der drohenden Zahlungsunfähigkeit komme, da dro-hend zahlungsunfähige Unternehmens regelmäßig auch zu Liquidationswerten rechne-risch überschuldet seien. Dies sei mit der vom Gesetzgeber gewählten fakultativen An-tragstellung bei der drohenden Zahlungsunfähigkeit nicht zu vereinbaren.301) Zwar wird dieser Kritik wiederum entgegengehalten, dass die Praxis zeige, dass ein Unter-nehmen, bei dem Zahlungsunfähigkeit drohe, nicht zwangsläufig bei Ansatz von Li-quidationswerten überschuldet sein müsse.302) Es wird aber dennoch zugegeben, dass es sich bei Insolvenzen, die im Rahmen einer Liquidation zu einer hundertprozentigen Befriedigung aller Gläubiger führen, wohl um Ausnahmefälle handeln dürfte.303)

___________ 296) Die Abkürzung PIK steht für payment in kind; bei PIK-Finanzierungen handelt es sich um endfällige

Darlehen, vgl. auch Beck, KSI 2009, 61 (62 f.). 297) Bitter/Kresser, ZIP 2012, 1733 (1741). 298) Bitter/Kresser, ZIP 2012, 1733 (1741); K. Schmidt, DB 2008, 2467 (2470); ähnlich Sikora, ZInsO 2010,

1761 (1763), der allerdings weitergehende Anforderungen an den Nachweis der künftigen Zahlungs-fähigkeit stellt als die h.M.; kritisch hinsichtlich einer Verlängerung des Prognosezeitraums Schäfer, S. 102.

299) Götker, Rz. 223 f.; Wolf, S. 37. 300) Drukarczyk, WM 1994, 1737 (1743). 301) Götker, Rz. 223. 302) Temme, S. 122 f.; zustimmend Drews, S. 185. 303) Temme, S. 123.

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Das o.g. Risiko einer substanzaufzehrenden Liquiditätsgewinnung erkennend ist ein weiterer Kritikpunkt an der Sichtweise der h.M. der, dass nach dieser ein Finanzplan auch dann noch eine stetige Deckung der Verbindlichkeiten ausweise, wenn betriebs-notwendiges Vermögen veräußert werde.304) Hierdurch würden nachhaltige finanzielle Fehlbeträge aus dem operativen Geschäft aber nicht beseitigt, sondern vielmehr er-höht.305) Ein ähnliches Risiko wird angesprochen, wenn darauf hingewiesen wird, dass ein insolvenzgefährdetes Unternehmen seine Liquidität auch schlicht durch die Auf-nahme weiteren Fremdkapitals aufrechterhalten könne.306)

cc) Keine Berücksichtigung einer eventuellen Außenfinanzierung

(1) Begründung

Weitergehende Anforderungen als die h.M. stellt eine Auffassung, die zwar die Fortbestehensprognose gleichermaßen als reine Zahlungsfähigkeitsprognose versteht, im Rahmen des für die Prognose der künftigen Zahlungsfähigkeit erforderlichen Fi-nanzplans aber grundsätzlich nur solche liquiden Mittel berücksichtigt, die aus der In-nenfinanzierung des Unternehmens herrühren.307)

Begründet wird dieser Ansatz damit, dass ein Unternehmen nur dann ohne weiteres als fortführbar angesehen werden könne, wenn der Finanzplan auf absehbare Zeit kei-nen im Wege der Außenfinanzierung zu deckenden Kapitalbedarf aufweise.308) Be-stünde aber das Erfordernis, neues Eigen- oder Fremdkapital zu beschaffen, um den Finanzplan zum Ausgleich zu bringen, konkretisiere sich die Fortführbarkeit in der Finanzierbarkeit des Kapitalbedarfs.309) Die Fortführbarkeit hänge deshalb davon ab, ob das Unternehmen in der Zukunft finanzielle Überschüsse in einem Umfang erwirt-schaften könne, der es Kapitalgebern vorteilhaft erscheinen lasse, die zur Deckung des dazu bestehenden Kapitalbedarfs erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen.310)

___________ 304) Götker, Rz. 225. 305) Götker, Rz. 225. 306) Wolf, DStR 1995, 859 (859). 307) Nonnenmacher, in: FS Moxter, S. 1325. 308) Nonnenmacher, in: FS Moxter, S. 1325. 309) Nonnenmacher, in: FS Moxter, S. 1325. 310) Nonnenmacher, in: FS Moxter, S. 1325.

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Diese Vorteilhaftigkeit sei dann gegeben, wenn der Barwert der künftigen Cashflows311) nach Investitionen und Tilgungen auf Altkredite nicht kleiner sei als der Kapitalbe-darf.312) Zu berücksichtigen ist hierbei, dass bei der Berechnung dieses Barwerts nicht nur eine dem Prognosezeittraum entsprechende Zeitspanne herangezogen wird, son-dern vielmehr – wie bei Barwertberechnungen üblich – die gesamte zukünftige Lebens-dauer des Unternehmens.313)

(2) Kritik in der Literatur

Der Ansatz, bei der Prognose der künftigen Zahlungsfähigkeit grundsätzlich eine eventuelle Außenfinanzierung des Unternehmens außeracht zu lassen, ist nicht ohne Kritik geblieben. So wird – wie bereits erwähnt – insbesondere die Auffassung vertre-ten, dass es aus Gläubigersicht keine Rolle spiele, aus welchen Quellen sich die Zah-lungsfähigkeit der Gesellschaft speise.314) Beispielsweise müsse auch ein rechtsverbind-licher und nicht entziehbarer Verlustausgleichsanspruch gegen zumindest einen nach-weislich solventen Dritten Berücksichtigung finden können, wobei in diesem Zusam-menhang stets die sich aus § 302 AktG (ggf. analog) ergebende Verlustausgleichspflicht zwischen durch einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag verbundenen Unternehmen angeführt wird.315)

4. Zusätzliche Prognoseelemente neben der künftigen Zahlungsfähigkeit

a) Positive Cashflows (bzw. Einzahlungsüberschüsse)

Neben den Auffassungen, die im Hinblick auf den Gegenstand der Fortbestehens-prognose die künftige Zahlungsfähigkeit für allein maßgeblich halten, existieren etliche andere Auffassungen, die durch die Berücksichtigung zusätzlicher Prognoseelemente versuchen, den Gläubigerschutz stärker in den Vordergrund zu rücken.

___________ 311) Zur Definition des Begriffs Cashflow vgl. unten unter Abschnitt D.IV.4.a), S. 93 ff. 312) Nonnenmacher, in: FS Moxter, S. 1325. 313) Nonnenmacher, in: FS Moxter, S. 1318. 314) Schulze-Osterloh, in: Baumbach/Hueck, Kommentar zum GmbHG, 18. Auflage 2006 (Vorauflage),

§ 64 Rz. 13; ähnlich Bitter, in: Scholz, Kommentar zum GmbHG, Band 3, Vorbemerkung zu § 64 Rz. 35.

315) Drews, S. 184; ebenso Bork, ZIP 2000, 1709 (1710); Temme, S. 120 f.

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So verlangen die Vertreter einer Auffassung neben der künftigen Zahlungsfähig-keit, dass zudem zukünftig positive Cashflows (bzw. Einzahlungsüberschüsse) erwirt-schaftet werden.316) Die Definition des Begriffs Cashflow variiert jedoch zwischen den einzelnen Vertretern dieser Auffassung teilweise erheblich.

Exkurs: Definition der Begriffe Kapitalflussrechnung und Cashflow

Bei der Kapitalflussrechnung (bzw. Cashflow-Rechnung) handelt es sich um eine Bewegungsrechnung, in der für einen bestimmten Zeitraum Herkunft und Ver-wendung verschiedener liquiditätswirksamer Mittel (Geld, Güter oder Leistungen) dargestellt werden.317) Sie soll durch Gegenüberstellung von Einzahlungen und Aus-zahlungen einer Abrechnungsperiode Informationen zur Finanzkraft eines Unter-nehmens liefern.318) In der Kapitalflussrechnung sind die Zahlungsströme nach den Cashflows für die Bereiche der laufenden Geschäftstätigkeit, der Investitionstätigkeit und der Finanzierungstätigkeit gesondert darzustellen.319)

Der Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit stammt aus der auf Erlöser-zielung ausgerichteten Tätigkeit des Unternehmens, soweit er nicht dem Cashflow aus der Investitions- oder der Finanzierungstätigkeit zuzuordnen ist.320) Ferner sind

___________ 316) So etwa Möhlmann, DStR 1998, 1843 (1844 f.), der im Rahmen einer kurzfristigen, etwa auf zwölf

Monate begrenzten Prognose künftige Zahlungs- und Ertragsfähigkeit und im Rahmen einer mit-telfristigen, etwa auf drei Jahre begrenzten Prognose das Vorhandensein künftiger positiver Cash-flows verlangt; kritisch insoweit Drukarczyk/Schüler, DStR 1999, 646 ff.; vgl. auch Wolf, S. 38 sowie ders., DStR 1998, 126 (127), der zwar eine „nachhaltige Wiedererlangung der Ertragskraft“ verlangt, von einer solchen aber schon bei Vorhandensein künftiger positiver Cashflows ausgeht; ähnlich Nonnen-macher, in: FS Moxter, S. 1325, der bei Vorhandensein eines im Wege der Außenfinanzierung zu deckenden Kapitalbedarfs dessen Finanzierbarkeit verlangt und diese bejaht, wenn der Barwert der künftigen Cashflows nach Investitionen und Tilgungen auf Altkredite nicht kleiner ist als der Kapi-talbedarf; vgl. auch Harz/Baumgartner/Conrad, ZInsO 2005, 1304 (1309); missverständlich Dru-karczyk/Schüler, in: Münchener Kommentar zur InsO, Band 1, § 19 Rz. 59, 94, die zwar einen posi-tiven „Netto-Cashflow“ verlangen (Rz. 94), bei dessen Ermittlung aber auch den Kassenanfangsbe-stand berücksichtigen und damit letztlich auf die alleinige Maßgeblichkeit der künftigen Zahlungs-fähigkeit abstellen (Rz. 59); dieses Verständnis aufgreifend Bremen, in: Graf-Schlicker, Kommentar zur InsO, § 19 Rz. 19.

317) Vgl. Winnefeld, Bilanz-Handbuch, Kap. O Rz. 2 ff.; zur Mindestgliederung der Kapitalflussrechnung vgl. die im Anhang aufgeführten Empfehlungen des Deutschen Rechnungslegungs Standards Committee e.V.

318) Wöhe, S. 747. 319) DRS 21, S. 10 Rz. 15. 320) DRS 21, S. 5 (Zusammenfassung); vgl. auch Winnefeld, Bilanz-Handbuch, Kap. O Rz. 20 ff.

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Ertragsteuerzahlungen grundsätzlich der laufenden Geschäftstätigkeit zuzuord-nen.321)

Der Cashflow aus Investitionstätigkeit stammt aus Zahlungsströmen im Zu-sammenhang mit den Ressourcen des Unternehmens, mit denen langfristig, meist länger als ein Jahr, ertragswirksam gewirtschaftet werden soll.322) Der Investitionstä-tigkeit zuzuordnen sind auch Zahlungsströme von Finanzmittelanlagen im Rahmen der kurzfristigen Finanzdisposition, sofern diese nicht dem Finanzmittelfonds zuzu-ordnen sind oder zu Handelszwecken gehalten werden.323) Ferner sind Zahlungs-ströme aus dem Erwerb und dem Verkauf von konsolidierten Unternehmen als In-vestitionstätigkeit zu klassifizieren.324) Weiterhin sind erhaltene Zinsen sowie erhal-tene Dividenden der Investitionstätigkeit zuzuordnen und gesondert auszuwei-sen.325)

Dem Cashflow aus der Finanzierungsstätigkeit sind grundsätzlich die Zah-lungsströme zuzuordnen, die aus Transaktionen mit den Unternehmenseignern so-wie aus der Aufnahme oder Tilgung von Finanzschulden resultieren.326) Ferner sind gezahlte Zinsen sowie gezahlte Dividenden der Finanzierungstätigkeit zuzuord-nen.327)

Soweit vereinzelt im Rahmen der Fortbestehensprognose neben einer Prognose der künftigen Zahlungsfähigkeit schlicht zukünftige positive Cashflows gefordert wer-den, lässt sich den Ausführungen teilweise nicht eindeutig entnehmen, welches Ver-ständnis des Cashflows den Überlegungen zugrunde gelegt wird.328) Mangels entspre-chender Erläuterungen kann daher nicht festgestellt werden, ob ein zukünftig positiver Gesamtcashflow verlangt wird oder ob nur der Cashflow aus laufender Geschäftstä-tigkeit künftig positiv sein soll.

Auf eine Variante des Cashflows aus laufender Geschäftstätigkeit stellt etwa eine Auffassung ab, die den Cashflow wie folgt berechnet:329)

___________ 321) DRS 21, S. 5 (Zusammenfassung). 322) DRS 21, S. 5 (Zusammenfassung); vgl. auch Winnefeld, Bilanz-Handbuch, Kap. O Rz. 25 ff. 323) DRS 21, S. 5 (Zusammenfassung). 324) DRS 21, S. 5 (Zusammenfassung). 325) DRS 21, S. 5 (Zusammenfassung). 326) DRS 21, S. 5 (Zusammenfassung); vgl. auch Winnefeld, Bilanz-Handbuch, Kap. O Rz. 30 ff. 327) DRS 21, S. 5 (Zusammenfassung). 328) Möhlmann, DStR 1998, 1843 (1844 f.). 329) Wolf, S. 38.

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Jahresüberschuss/-fehlbetrag

+ Abschreibung

+ Zinsaufwand

= Erweiterter Cashflow

- Zinsaufwand

= vorhandenes Liquiditätspotential zur Schuldentilgung

Da die Berechnung mit dem Jahresergebnis beginnt, handelt es sich um eine indi-rekte Ermittlung des Cashflows. Ein Blick auf die drei Aktivitätsformate des Cashflows zeigt, dass es sich demnach um eine Variante des Cashflows aus laufender Geschäfts-tätigkeit handeln muss, da nur bei diesem eine indirekte Ermittlung überhaupt möglich ist.330) Weshalb aber im vorliegenden Fall eine Korrektur des Jahresergebnisses ledig-lich hinsichtlich der Abschreibungen, nicht aber hinsichtlich sonstiger zahlungsunwirk-samer Aufwendungen und Erträge (wie z.B. eine Zu- oder Abnahme der Rückstellun-gen) erfolgt, ist betriebswirtschaftlich nicht nachvollziehbar.331)

Umfassendere Korrekturen nimmt eine Auffassung vor, die den Cashflow wie folgt ermittelt:332)

Jahresüberschuss bzw. unterjährige (monatliche) Ergebnisse

+ Aufwendungen, die nicht zu Auszahlungen führen/geführt haben

- Erträge, die nicht zu Einzahlungen führen/geführt haben

Da die Berechnung erneut mit dem Jahresergebnis beginnt und es sich folglich um eine indirekte Ermittlung des Cashflows handelt, wird auch hier im Grundsatz der Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit berechnet. Da das Jahresergebnis um sämt-liche zahlungsunwirksamen Aufwendungen und Erträge korrigiert wird, handelt es sich

___________ 330) Vgl. hierzu die im Anhang aufgeführten Empfehlungen des Deutschen Rechnungslegungs Standards Com-

mittee e.V. zur Mindestgliederung der Kapitalflussrechnung. 331) Üblicherweise stellt die Korrektur des Jahresüberschusses/-fehlbetrages hinsichtlich der Abschrei-

bungen nur eine von mehreren erforderlichen Korrekturen dar, vgl. hierzu die im Anhang aufge-führten Empfehlungen des Deutschen Rechnungslegungs Standards Committee e.V. zur Mindestgliederung der Kapitalflussrechnung für den Fall der indirekten Ermittlung des Cashflows.

332) Harz/Baumgartner/Conrad, ZInsO 2005, 1304 (1309).

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darüber hinaus nahezu um die Reinform des Cashflows aus laufender Geschäftstätig-keit.333)

b) Einnahmenüberschüsse

Ein ähnliches zusätzliches Erfordernis wie dasjenige zukünftiger positiver Cash-flows bzw. Einzahlungsüberschüsse stellt dasjenige zukünftiger Einnahmenüber-schüsse dar, welches im Rahmen der Überprüfung der Fortbestehensprognose insbe-sondere verschiedene Oberlandesgerichte334) zur Rechtslage nach Inkrafttreten der In-solvenzordnung und vor Inkrafttreten des FMStG aufstellten, das sich aber auch in der Literatur335) wiederfindet. Die Fortbestehensprognose sei positiv, wenn sich die über-wiegende Wahrscheinlichkeit ergebe, dass die Gesellschaft mittelfristig Einnahmen-überschüsse erzielen werde, aus denen die gegenwärtigen und künftigen Verbindlich-keiten gedeckt werden könnten.336)

Zu berücksichtigen ist zunächst, dass sich diejenigen Oberlandesgerichte, die im Rahmen der Überschuldungsprüfung neben der künftigen Zahlungsfähigkeit künftige Einnahmenüberschüsse forderten, letztlich allesamt auf eine Meinung in der Literatur

___________ 333) Nach den im Anhang aufgeführten Empfehlungen des Deutschen Rechnungslegungs Standards Committee

e.V. zur Mindestgliederung der Kapitalflussrechnung wäre das Jahresergebnis zur Berechnung der Reinform des Cashflows aus der laufenden Geschäftstätigkeit zusätzlich noch um Ein- und Auszah-lungen aus außerordentlichen Posten zu korrigieren.

334) Kammergericht, Urteil v. 1. November 2005 – Az. 7 U 49/05, abgedruckt in ZInsO 2006, 437 (438); OLG Frankfurt, Urteil v. 20. März 2009 – Az. 10 U 148/08, veröffentlicht in beck-online unter BeckRS 2009, 25567; OLG Naumburg, Urteil v. 20. August 2003 – Az. 5 U 67/03, abgedruckt in GmbHR 2003, 361 ff.; OLG Schleswig, Urteil v. 11. Februar 2010 – Az. 5 U 60/09, abgedruckt in NZI 2010, 492 ff.

335) Giebeler, S. 102 ff.; Theiselmann/Redeker, in: Theiselmann, Praxishandbuch des Restrukturierungs-rechts, Kap. 13 Rz. 69, 73; vgl. auch Hermanns, in: Buth/Hermanns, RSI, § 25 Rz. 44, der die Fort-bestehensprognose allerdings trotz der Forderung nach Einnahmenüberschüssen als Prognose mit-telfristiger Zahlungsfähigkeit versteht.

336) Kammergericht, Urteil v. 1. November 2005 – Az. 7 U 49/05, abgedruckt in ZInsO 2006, 437 (438); OLG Frankfurt, Urteil v. 20. März 2009 – Az. 10 U 148/08, veröffentlicht in beck-online unter BeckRS 2009, 25567; OLG Naumburg, Urteil v. 20. August 2003 – Az. 5 U 67/03, abgedruckt in GmbHR 2003, 361 (362); OLG Schleswig, Urteil v. 11. Februar 2010 – Az. 5 U 60/09, abgedruckt in NZI 2010, 492 (493); ähnlich Theiselmann/Redeker, in: Theiselmann, Praxishandbuch des Restruk-turierungsrechts, Kap. 13 Rz. 69, 73, die zunächst die Ansicht äußern, dass im Rahmen der Fortbe-stehensprognose entscheidend sei, ob das Unternehmen in der Lage sei, „im laufenden und im folgenden Geschäftsjahr positive Einnahmenüberschüsse zu erwirtschaften, aus denen die Forderungen der Gläubiger beglichen werden können“ (Rz. 66), sodann aber einschränkend erklären, die Ertragsplanung müsse belegen, „dass zumindest ein Teil der Gläubigeransprüche aus Einnahmenüberschüssen erfüllt werden“ könne (Rz. 70).

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stützten.337) Eine Überprüfung der Fundstelle zeigt indes, dass die Meinung von den Gerichten nicht vollständig wiedergegeben wurde. Der dortige Autor ging vielmehr davon aus, dass die Fortbestehensprognose positiv sei,

„wenn sich die überwiegende Wahrscheinlichkeit ergibt, dass (die) Gesellschaft über die erforderli-che Liquidität verfügen wird, um einen Einnahmenüberschuss zu erzielen, aus dem die gegenwärtigen und künftigen Verbindlichkeiten gedeckt werden können (…)“.338)

Während demnach die Gerichte zur Annahme einer positiven Fortbestehensprog-nose neben der künftigen Zahlungsfähigkeit zukünftige Einnahmenüberschüsse ver-langen, scheint nach der von den Gerichten zitierten Meinung in der Literatur lediglich ein jederzeit verfügbares Mindestmaß an Liquidität erforderlich zu sein, welches im konkreten Einzelfall jedenfalls ausreichen muss, dem Unternehmen die Erzielung eines Einnahmenüberschusses zu ermöglichen, aus dem die gegenwärtigen und künftigen Verbindlichkeiten gedeckt werden können.

Das Erfordernis zukünftiger Einnahmenüberschüsse wird scheinbar daraus herge-leitet, dass hierdurch eine positive Fortbestehensprognose insbesondere in den Fällen abgelehnt werden könne, in denen die Gläubiger im Prognosezeitraum allein durch die Aufnahme neuer Kredite oder durch Notverkäufe befriedigt werden können.339)

___________ 337) Bei der Meinung in der Literatur handelt es sich um Schulze-Osterloh, in: Baumbach/Hueck, Kom-

mentar zum GmbHG, 17. Auflage 2000 (Vorauflage), § 64 Rz. 12; das OLG Frankfurt und das OLG Schleswig beziehen sich in ihren Begründungen insoweit auf das zeitlich früher ergangene Urteil des OLG Naumburg, vgl. OLG Frankfurt, Urteil v. 20. März 2009 – Az. 10 U 148/08, veröffentlicht in beck-online unter BeckRS 2009, 25567 und OLG Schleswig, Urteil v. 11. Februar 2010 – Az. 5 U 60/09, abgedruckt in NZI 2010, 492 (493); das OLG Naumburg wiederum bezieht sich ebenso wie das Kammergericht auf die genannte Meinung in der Literatur, vgl. OLG Naumburg, Urteil v. 20. August 2003 – Az. 5 U 67/03, abgedruckt in GmbHR 2003, 361 (362); Kammergericht, Urteil v. 1. November 2005 – Az. 7 U 49/05, abgedruckt in ZInsO 2006, 437 (438).

338) Schulze-Osterloh, in: Baumbach/Hueck, Kommentar zum GmbHG, 17. Auflage 2000 (Vorauflage), § 64 Rz. 12, der die Auffassung auch in der letzten, von ihm kommentierten Auflage noch aufrecht erhielt, vgl. Schulze-Osterloh, in: Baumbach/Hueck, Kommentar zum GmbHG, 18. Auflage 2006 (Vorauflage), § 64 Rz. 13; ebenso Pape, in: Kübler/Prütting/Bork, Kommentar zur InsO, § 19 Rz. 45.

339) Vgl. Theiselmann/Redeker, in: Theiselmann, Praxishandbuch des Restrukturierungsrechts, Kap. 13 Rz. 69, 73, die allerdings einschränkend darauf hinweisen, dass sich zumindest übergangsweise die Zahlungsfähigkeit trotz operativer Verluste auch aus der Veräußerung von Teilbetrieben oder nicht betriebsnotwendigem Vermögen oder neuen Krediten ergeben könne (Rz. 70).

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Exkurs: Definition der Begriffe Einnahmenüberschuss, Einnahmen und Aus-gaben

1. Ein Einnahmenüberschuss liegt vor, wenn die Ausgaben eines Abrechnungs-zeitraums kleiner sind als die Einnahmen desselben Abrechnungszeitraums. Un-ter Einnahmen versteht man neben allen Einzahlungen auch die innerhalb ei-nes Abrechnungszeitraums erfolgte Erhöhung von Forderungen sowie die im selben Abrechnungszeitraum erfolgte Verminderung von Schulden.340) Das Ge-genteil von Einnahmen sind Ausgaben. Hierunter versteht man neben allen Auszahlungen auch die innerhalb eines Abrechnungszeitraums erfolgte Vermin-derung von Forderungen sowie die im selben Abrechnungszeitraum erfolgte Erhöhung von Schulden.341)

2. Einnahmen sind von Einzahlungen und Ausgaben von Auszahlungen abzu-grenzen:

Abbildung 3: Verhältnis von Einzahlungen und Auszahlungen zu Einnahmen und Ausgaben

Während sich bei dem Begriffspaar der Einzahlungen und Auszahlungen der Zahlungsmittelbestand verändert,342) ist dies bei dem Begriffspaar der Ein-nahmen und Ausgaben nicht zwingend der Fall. Denn dort muss sich nur die Bestandsgröße Geldvermögen, nicht aber zwingend auch der Zahlungsmittel-bestand verändern. Zum Geldvermögen gehören neben dem Zahlungsmittel-bestand auch Forderungen, Verbindlichkeiten werden hingegen abgezogen.343)

___________ 340) Wöhe, S. 635. 341) Wöhe, S. 635. 342) Zur Definition der Begriffe Einzahlungen, Auszahlungen und Zahlungsmittelbestand vgl. oben un-

ter Abschnitt D.IV.3.b)aa), S. 86 ff. 343) Wöhe, S. 635.

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Es kann damit folglich die Situation entstehen, dass ein Unternehmen noch zah-lungsfähig ist, aber wegen Verbindlichkeiten, die die Summe aus Zahlungsmit-telbestand und Forderungen übersteigen, ein negatives Geldvermögen hat.

3. Der Unterschied zwischen Einzahlungen und Einnahmen sei an folgendem Bei-spiel verdeutlicht:

Abbildung 4: Verhältnis von Einzahlungen zu Einnahmen

Ein Unternehmen, bei welchem das Geschäftsjahr dem Kalenderjahr ent-spricht, verkauft in der letzten Dezemberwoche ein Erzeugnis an einen Kun-den, das auch sofort geliefert wird. Dem Kunden wird hierbei ein Zahlungsziel von zwei Wochen gewährt. Bereits durch den Verkauf und die Lieferung des Erzeugnisses entsteht eine kurzfristige Forderung des Unternehmens gegenüber dem Kunden. Die Entstehung dieser kurzfristigen Forderung stellt eine Ein-nahme dar, da sich hierdurch der Bestand an kurzfristigen Forderungen und damit das Geldvermögen des Unternehmens erhöht haben. Zu einer Einzah-lung und damit einer Erhöhung des Zahlungsmittelbestands kommt es aber erst, wenn der Kunde die kurzfristige Forderung des Unternehmens unter Ausnut-zung des ihm gewährten Zahlungsziels Anfang Januar des Folgejahres durch Zahlung erfüllt. Die Einzahlung im Folgejahr stellt zwar erneut eine Einnahme dar. Die Erfüllung der kurzfristigen Forderung stellt aber wegen des Abgangs der kurzfristigen Forderung zugleich eine Ausgabe dar. Im Hinblick auf das Geldvermögen ist die Erfüllung einer kurzfristigen Forderung durch Zahlung daher als neutral anzusehen.

4. Eine Ausgabe, der in dem gleichen Abrechnungszeitraum noch keine Auszah-lung folgt, ist in folgendem Beispiel gegeben:

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Abbildung 5: Verhältnis von Auszahlungen zu Ausgaben

Das Unternehmen aus dem vorangegangenen Beispiel kauft in der letzten Dezemberwoche Rohstoffe bei einem Lieferanten, die auch sofort geliefert wer-den. Dem Unternehmen wird hierbei ebenfalls ein Zahlungsziel von zwei Wo-chen gewährt. Bereits durch den Kauf und die Lieferung der Rohstoffe entsteht eine kurzfristige Verbindlichkeit des Unternehmens gegenüber dem Lieferan-ten. Die Erhöhung des Bestands an kurzfristigen Verbindlichkeiten stellt bereits eine Ausgabe dar, welche das Geldvermögen vermindert hat. Zu einer Auszah-lung und damit einer Verminderung des Zahlungsmittelbestands kommt es aber erst, wenn das Unternehmen die kurzfristige Verbindlichkeit gegenüber dem Lieferanten unter Ausnutzung des ihm gewährten Zahlungsziels Anfang Januar des Folgejahres durch Zahlung erfüllt. Die Auszahlung im Folgejahr stellt zwar erneut eine Ausgabe dar. Die Erfüllung der kurzfristigen Verbindlichkeit stellt aber wegen des Abgangs der kurzfristigen Verbindlichkeit zugleich eine Ein-nahme dar. Im Hinblick auf das Geldvermögen ist die Erfüllung einer kurzfris-tigen Verbindlichkeit durch Zahlung daher ebenfalls als neutral anzusehen.

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c) Ertragskraft bzw. -fähigkeit

aa) Begründung

Eine weitere Auffassung in der Rechtsprechung344), insbesondere aber in der Lite-ratur345) verlangt neben der künftigen Zahlungsfähigkeit zur Annahme einer positiven Fortbestehensprognose künftige Ertragskraft bzw. -fähigkeit346) des Unternehmens.

Sofern von den Vertretern dieser Auffassung der Begriff der Ertragsfähigkeit näher erläutert wird, variieren die vorgenommenen Definitionen erheblich. So stellen ein-zelne Autoren beispielsweise trotz des Wortlauts nicht auf ertrags-, sondern vielmehr auf liquiditätsorientierte Größen ab.347) Das Amtsgericht Hamburg wiederum geht in einem vielbeachteten Beschluss aus dem Jahr 2011 von Ertragsfähigkeit aus, wenn die überwiegende Wahrscheinlichkeit vorliege, dass die Gesellschaft mittelfristig Einnah-menüberschüsse erzielen werde.348) Andere Autoren bewegen sich hingegen deutlich näher am betriebswirtschaftlichen Sinn des Begriffs der Ertragsfähigkeit und verstehen

___________ 344) OLG Hamm, Urteil v. 2. Dezember 2009 – Az. 11 U 151/08, abgedruckt in ZInsO 527 (529), das

aber neben der Ertrags- auch die Umsatzlage des Unternehmens überprüfte; ausdrücklich die Er-tragsfähigkeit prüfte das Amtsgericht Hamburg, Beschluss v. 2. Dezember 2011 – Az. 67 c IN 421/11, abgedruckt in NZI 2012, 85 (86 f.).

345) Bittmann, wistra 2009, 138 (140); Dahl, NZI 2008, 719 (720); Dahl/Schmitz, NZG 2009, 567 (567); Ehlers, NZI 2011, 161 (162); Grube/Röhm, wistra 2009, 81 (83); Harz/Bornmann/Conrad/Ecker, NZI 2015, 737 (742); Kuleisa, in: Sanierungsrecht, § 19 Rz. 24; H.-P. Müller/Haas, in: Kölner Schrift zur InsO, 2. Auflage (Vorauflage), S. 1805; Schröder, InsVZ 2010, 3 (6); Wolf, S. 37 f.; ders., DStR 1998, 126 (127); ders., DStR 2009, 2682 (2683 f.).

346) Nachfolgend wird aus Gründen der Übersichtlichkeit soweit möglich einheitlich der Begriff „Er-tragsfähigkeit“ verwendet.

347) Bittmann, wistra 2009, 138 (140), der von einer positiven Fortbestehensprognose ausgeht, „wenn die Ertragskraft ausreicht, die Unternehmensfinanzierung bis zum Ende des Prognosezeitraums (…) zu gewährleisten“; Harz/Baumgartner/Conrad, ZInsO 2005, 1304 (1309), nach denen „die Ertragskraft eines Unternehmens (…) insbesondere durch eine Analyse des Cashflows, der den sog. Innenfinanzierungsspielraum eines Unternehmens wiederspiegele, ermittelt werden“ könne; vgl. zudem Wolf, S. 38 sowie ders., DStR 1998, 126 (127), der eine „nachhaltige Wiedererlangung der Ertragskraft“ verlangt, von einer solchen aber schon bei Vorhandensein künftiger positiver Cashflows ausgeht.

348) Amtsgericht Hamburg, Beschluss v. 2. Dezember 2011 – Az. 67 c IN 421/11, abgedruckt in NZI 2012, 85 (86); ähnlich Dahl, NZI 2008, 719 (720), sowie Dahl/Schmitz, NZG 2009, 567 (567), die verlangen, „dass das Unternehmen wenigstens mittelfristig positive Erträge und damit Einnahmenüberschüsse er-wirtschaftet“.

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hierunter die Möglichkeit, ein Unternehmen verlustfrei weiterzuführen.349) Ähnlich, aber etwas weitreichender ist die Forderung, dass im Prognosezeitraum die Wiederer-zielung operativer Gewinne nachweisbar sein müsse.350)

Die Auffassungen, die zur Prognose der Ertragsfähigkeit auf liquiditätsorientierte Größen oder aber auf Einnahmenüberschüsse abstellen, wurden inhaltlich bereits an früherer Stelle eingehend erörtert. Im Rahmen der folgenden Ausführungen wird daher ein streng betriebswirtschaftliches Verständnis zugrunde gelegt und von Ertragsfähig-keit ausgegangen, wenn das Unternehmen Gewinne im handelsbilanziellen Sinne er-wirtschaftet, also die Aufwendungen eines Abrechnungszeitraums kleiner sind als die Erträge desselben Abrechnungszeitraums.

Exkurs: Definition der Begriffe Erträge und Aufwendungen

1. Unter Erträgen versteht man den Wert aller erbrachten Leistungen eines Ab-rechnungszeitraums.351) Das Gegenteil von Erträgen sind Aufwendungen. Hierunter versteht man den Wert aller verbrauchten Leistungen eines Abrech-nungszeitraums.352)

2. Erträge sind von Einnahmen und Aufwendungen sind von Ausgaben abzugren-zen:

___________ 349) Grube/Röhm, wistra 2009, 81 (83), die – insoweit allerdings widersprüchlich – davon ausgehen, dass

es mit der verlustfreien Weiterführung eines Unternehmens gleichbedeutend sei, wenn „aus den er-wirtschafteten Erträgen mindestens die Verbindlichkeiten und Kosten des laufenden Betriebs“ gedeckt werden können; wohl auch Sikora, NWB 2009, 232 (234 f.); kritisch hinsichtlich eines solchen Verständnis-ses i.S.d. Gewinn- und Verlustrechnung Schäfer, S. 103 f.

350) Ehlers, NZI 2011, 161 (162), der – insoweit allerdings widersprüchlich – scheinbar davon ausgeht, dass diese Forderung mit der Forderung nach künftigen Einnahmenüberschüssen gleichzusetzen sei; ähnlich Schröder, InsVZ 2010, 3 (6), der verlangt, „dass das Unternehmen aus Erträgen Liquiditätsüber-schüsse erwirtschaftet, die es in den Stand versetzen, seine fälligen Verpflichtungen zu erfüllen“.

351) Wöhe, S. 636. 352) Wöhe, S. 636.

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Abbildung 6: Verhältnis von Einnahmen und Ausgaben zu Erträgen und Aufwand

Während sich bei dem Begriffspaar der Einnahmen und Ausgaben die Be-standsgröße Geldvermögen verändert, ist dies bei dem Begriffspaar der Erträge und der Aufwendungen nicht zwingend der Fall. Denn dort muss sich nur die Bestandsgröße Reinvermögen, nicht aber zwingend auch die Bestandsgröße Geldvermögen verändern. Zum Reinvermögen gehört neben dem Geldvermö-gen auch das Sachvermögen.353) Zum Sachvermögen wiederum gehören bei-spielsweise die Betriebsimmobilie oder der Maschinenpark des Unternehmens.

3. Der Unterschied zwischen Einnahmen und Erträgen sei an folgendem Beispiel verdeutlicht:

Abbildung 7: Verhältnis von Einnahmen zu Erträgen

Ein Unternehmen, bei dem das Geschäftsjahr dem Kalenderjahr entspricht, produziert im laufenden Geschäftsjahr Erzeugnisse auf Lager. Verkauft und ge-liefert werden die Erzeugnisse aber erst im folgenden Geschäftsjahr. Bereits durch die Produktion der Erzeugnisse kommt es zu einem Ertrag, da sich das

___________ 353) Wöhe, S. 636.

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Reinvermögen des Unternehmens erhöht.354) Zu einer Erhöhung des Geldver-mögens und damit einer Einnahme kommt es aber erst, wenn das Unternehmen die Erzeugnisse im folgenden Geschäftsjahr an Kunden verkauft und liefert.355) Denn erst dann kommt es zur Entstehung von Forderungen gegenüber den Kunden.

4. Eine Ausgabe, der in dem gleichen Abrechnungszeitraum noch kein Aufwand folgt, ist in folgendem Beispiel gegeben:

Abbildung 8: Verhältnis von Ausgaben zu Aufwand

Das Unternehmen aus dem vorangegangenen Beispiel verbringt noch in der letzten Dezemberwoche gelieferte Rohstoffe zunächst ins Lager, da diese erst im kommenden Geschäftsjahr benötigt werden. Zu einer Ausgabe kommt es bereits durch den Kauf und die Lieferung der Rohstoffe, denn hierdurch ent-steht eine Verbindlichkeit gegenüber dem Lieferanten und es verringert sich folglich das Geldvermögen. Durch die zeitgleiche Lieferung der Rohstoffe er-

___________ 354) Ein Ertrag entsteht durch die Produktion bereits im laufenden Geschäftsjahr aufgrund der Regelun-

gen der §§ 253 Abs. 1 Satz 1, 255 Abs. 2 HGB: Von einem Unternehmen selbst hergestellte Vermö-gensgegenstände sind (höchstens) mit den Herstellungskosten zu bilanzieren. Zu diesen gehört nach § 255 Abs. 2 HGB zunächst einmal der Verbrauch von Vorräten. Insoweit führt die Produktion aber lediglich zu einem Aktivtausch: Was vorher Vorräte waren, sind nunmehr aufgrund der Verar-beitung Erzeugnisse. Nun wird aber auch der Verarbeitungsprozess im Rahmen der Herstellungs-kosten berücksichtigt: Was nämlich an Arbeits- und Verwaltungsleistung in den Prozess eingeflossen ist, wird ebenfalls den Herstellungskosten zugeschlagen. Das Vorhalten von Arbeits- und Verwal-tungsleistung aber wird richtigerweise in der Bilanz nicht als Vermögensgegenstand erfasst und es kommt damit durch den Verarbeitungsprozess auch nicht zu einem Aktivtausch. In Höhe solcher Positionen der Herstellungskosten, die nicht auf Bilanzpositionen beruhen, liegt demnach kein Ak-tivtausch vor, sondern es kommt vielmehr zu einem Ertrag.

355) Hierbei wurde der Einfachheit halber vernachlässigt, dass es durch Verkauf und Lieferung zu einem weiteren Ertrag kommt, da die zu Herstellungskosten bilanzierten Vermögensgegenstände mit ei-nem Aufschlag an die Kunden verkauft werden.

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höhen sich aber wiederum die Vorräte und damit das Sachvermögen. Aus die-sem Grund kommt es noch nicht zu einer Verminderung des Reinvermögens. Ein solcher Wertverzehr und damit ein Aufwand entstehen erst, wenn das Un-ternehmen die Rohstoffe im folgenden Geschäftsjahr verbraucht. Denn hier-durch verringern sich die Vorräte, damit das Sachvermögen und damit auch das Reinvermögen des Unternehmens.356)

Das stärkste Argument für das Erfordernis einer zusätzlichen Ertragsfähigkeitsprü-fung ist zunächst ein inhaltliches: Dass eine ertragslose Gesellschaft ihr Zahlungs-gleichgewicht durch neue Liquiditätsquellen – sei es durch Aushöhlung der Substanz oder Liquiditätsleistungen der Gesellschafter – vorläufig aufrechterhalten könne, dürfe nicht darüber hinwegtäuschen, dass eine solche ertraglose Gesellschaft de facto zulas-ten der Gläubiger fortgeführt werde.357) Zwar könne die frische Liquidität ermöglichen, Sanierungsmaßnahmen oder das Unternehmenskonzept (z.B. notwendige Neuinvesti-tionen) umzusetzen, aber nachweisbar müsse die Wiedererzielung operativer Gewinne im Prognosezeitraum sein.358) Dies gelte jedenfalls dann, wenn die Gesellschaft nicht über genügend Eigenkapital verfüge, um einen möglicherweise nur vorübergehenden Ertragseinbruch aufzufangen oder eine geregelte Liquidation mit deutlich höheren Li-quidationsquoten – im Gegensatz zu den Zerschlagungswerten – abwickeln zu kön-nen.359)

Bestätigt fühlen sich die Vertreter der dargestellten Auffassung zum einen durch die Gesetzesbegründung zum FMStG, aus der sich ergebe, dass der Gesetzgeber auf die Sanierungsfähigkeit von Unternehmen und damit nicht alleine auf die Liquidität abstelle, was aus den in der Gesetzesbegründung verwandten Begriffen „turnaround“,

___________ 356) Der Einfachheit halber wurde an dieser Stelle vernachlässigt, dass es zeitgleich zu dem Rohstoffver-

brauch im Rahmen der Produktion zu einer Erhöhung des Werts der Halbfertigerzeugnisse und damit zu einem Ertrag kommt.

357) Ehlers, NZI 2011, 161 (162); ähnlich insoweit Schröder, InsVZ 2010, 3 (6); Wolf, DStR 2009, 2682 (2683).

358) Ehlers, NZI 2011, 161 (162). 359) Wolf, DStR 2009, 2682 (2683).

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„weiter erfolgreich am Markt operieren“ und „günstige Zukunftsprognose“ folge.360) Hierfür sprä-chen auch die in der Pressemitteilung des Bundesministeriums für Justiz vom 13. Ok-tober 2008 erwähnten Beispiele.361)

Zum anderen bestätige auch die Rechtsprechung des BGH und einiger Oberge-richte, dass man eine positive Fortbestehensprognose nur dann annehmen könne, wenn neben Unternehmenskonzept und darauf aufbauendem Finanzplan gesichert sei, dass das Unternehmen wenigstens mittelfristig wieder positive Erträge erwirt-schafte.362) Das Erfordernis einer Ertragsfähigkeitsprognose fände sich insbesondere bereits in dem Dornier-Urteil des BGH aus dem Jahre 1992 wieder, denn in der dortigen Entscheidung stelle der BGH bei der Beurteilung der Fortbestehensprognose im We-sentlichen nicht auf bestimmte Kennzahlen ab, sondern setze sich vielmehr mit den operativen Geschäftschancen der betreffenden Gesellschaft inhaltlich auseinander und stelle im dortigen Fall fest, dass im Zeitpunkt der Prognoseentscheidung die Entwick-lung eines bestimmten Produkts als allgemein erfolgversprechend betrachtet wurde und für das Produkt einen Markt mit den entsprechenden Absatz- und Gewinnchan-cen gesehen wurde; und dies, obgleich die Gesellschaft zum damaligen Zeitpunkt über keine laufenden Einnahmen aus Geschäftstätigkeit verfügte, was zu einer erheblichen rechnerischen Überschuldung führte.363) Daran werde deutlich, dass nach der Recht-sprechung des BGH für eine positive Fortbestehensprognose jedenfalls Aussichten auf einen operativen Geschäftserfolg in Zukunft bestehen müssten.364) Schließlich stehe eine solche Sichtweise auch im Einklang mit dem modifizierten zweistufigen Über-schuldungsbegriff zu Zeiten der Konkursordnung, dessen Begründer Karsten Schmidt

___________ 360) Amtsgericht Hamburg, Beschluss v. 2. Dezember 2011 – Az. 67 c IN 421/11, abgedruckt in NZI

2012, 85 (87); ebenso Dahl, NZI 2008, 719 (720); Dahl/Schmitz, NZG 2009, 567 (567); wegen der Gesetzesbegründung vgl. GesE FMStG vom 14. Oktober 2008, BT-Drucks. 16/10600, S. 13.

361) Dahl, NZI 2008, 719 (720); wegen der Beispiele vgl. die nur online abrufbare Pressemitteilung des Bundesministeriums der Justiz vom 13. Oktober 2008, abrufbar unter http://www.pressrelati-ons.de/new/standard/result_main.cfm? pfach=1&n_firmanr_=109209&sektor=pm&detail=1&r=379172&sid=&ak-tion=jour_pm&quelle=0, abgerufen am 6. Januar 2017.

362) Dahl, NZI 2008, 719 (720). 363) Amtsgericht Hamburg, Beschluss v. 2. Dezember 2011 – Az. 67 c IN 421/11, abgedruckt in NZI

2012, 85 (86). 364) Amtsgericht Hamburg, Beschluss v. 2. Dezember 2011 – Az. 67 c IN 421/11, abgedruckt in NZI

2012, 85 (86 f.).

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immer wieder betont habe, die Aufgabe des Überschuldungstatbestands bestehe darin, dass der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit nicht abgewartet, aber ein zur dauerhaften Bedienung seiner Verbindlichkeiten fähiges Unternehmen auch nicht in das Insolvenz-verfahren gezwungen werden darf.365)

bb) Kritik in der Literatur

Die Forderung nach einer neben die Prognose zur Zahlungsunfähigkeit tretenden zusätzlichen Prognose zur Ertragsfähigkeit war und ist erheblicher Kritik ausgesetzt.366)

Zwar wird zugegeben, dass sich eine kombinierte Zahlungs- und Ertragsfähigkeits-prognose zunächst als grundsätzlich probates Mittel erweise, um das Problem „künstli-cher“ Liquiditätsnachweise in den Griff zu bekommen, da entsprechende Unternehmen i.d.R. am Ertragsfähigkeitsnachweis scheitern würden.367) Die Ertragsfähigkeitsprog-nose wird aber von der h.M. insbesondere deswegen abgelehnt, weil sie jegliche Au-ßenfinanzierung unberücksichtigt lasse.368) Aus Gläubigersicht spiele es aber keine Rolle, aus welchen Quellen sich die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft speise.369) Aus diesem Grund müssten jedenfalls sichere, nicht entziehbare Verlustausgleichsansprü-che gegen Dritte bei der Prognose berücksichtigt werden können, da auch hierdurch die Befriedigung der Gläubiger gesichert sei.370)

Zudem sei zu berücksichtigen, dass insbesondere junge Unternehmen häufig mit-telfristig nicht ertragsfähig seien, ohne dass diesen automatisch die dauerhafte (Über-)Lebensfähigkeit abgesprochen werden müsse.371) Auch die Gewinn- und Ver-lustrechnung von krisenhaften Unternehmen sei i.d.R. mit Sanierungsaufwendungen

___________ 365) Dahl, NZI 2008, 719 (720); vgl. auch Bitter, in: Scholz, Kommentar zum GmbHG, Band 3, Vorbe-

merkung zu § 64 Rz 25 m.w.N. 366) Aleth/Harlfinger, NZI 2011, 166 (168); Drews, S. 184; Frystatzki, NZI 2011, 173 (178); Greil/Herden,

ZInsO 2011, 109 (112 f.); Haas, in: Baumbach/Hueck, Kommentar zum GmbHG, Vor § 64 Rz. 37; Hecker/Glozbach, BB 2009, 1544 (1545); Mock, in: Uhlenbruck, Kommentar zur InsO, § 19 Rz. 214; Möhlmann-Mahlau/Schmitt, NZI 2009, 19 (21 f.); Sikora, ZInsO 2010, 1761 (1763); Steffan, in: IDW, WP Handbuch 2014, Band II, Abschnitt S Rz. 248; Temme, S. 120 f.; Weller, DStR 2010, 1046 (1048).

367) Sikora, ZInsO 2010, 1761 (1763). 368) Bork, ZIP 2000, 1709 (1710); Drews, S. 184. 369) Haas, in: Baumbach/Hueck, Kommentar zum GmbHG, 19. Auflage (Vorauflage), § 19 Rz. 46

m.w.N. 370) Bork, ZIP 2000, 1709 (1710); ebenso Drews, S. 184; Sikora, ZInsO 2010, 1761 (1763). 371) Aleth/Harlfinger, NZI 2011, 166 (168).

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belastet, sodass beim expliziten Ertragsfähigkeitspostulat die erhebliche Gefahr be-stünde, dass auch tatsächlich lebensfähige Unternehmen mit der Erbringung des ge-genständlichen Nachweises innerhalb des Prognosezeitraums überfordert seien.372) Ei-ner „Verschleuderung des Vermögens“ könne schließlich bereits dadurch entgegengewirkt werden, dass man das Ergebnis der Fortbestehensprognose negativ ausfallen lasse, so-fern das finanzielle Gleichgewicht des Unternehmens nur durch Verkauf betriebsnot-wendigen Vermögens aufrechterhalten bzw. hergestellt werden könne.373)

d) Erlöse in ausreichendem Umfang

Das OLG Düsseldorf vertrat in einer Entscheidung aus dem Jahr 1995 die Ansicht, eine positive Fortbestehensprognose setze grundsätzlich die Aufstellung eines Finanz- und Ertragsplans voraus, aus dem sich eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür ergebe, dass mittelfristig nicht mit dem Eintritt einer Zahlungsunfähigkeit, sondern damit zu rechnen sei, dass die Gesellschaft in überschaubarer Zukunft ihre fälligen Verpflichtungen erfüllen werde.374) Das Gericht versteht hierunter die Fähigkeit, dass „Erlöse in einem Umfang erwirtschaftet werden (…), der eine Tilgung aller fälligen und fällig wer-denden Verbindlichkeiten ermöglicht(…)“.375) Der Begriff der Erlöse ist in der Betriebswirt-schaft Teil des Begriffspaars Erlöse und Kosten.

Exkurs: Definition der Begriffe Erlöse und Kosten

1. Unter Erlösen versteht man den Wert aller erbrachten Leistungen im Rahmen der typischen betrieblichen Tätigkeit.376) Das Gegenteil von Erlösen sind Kos-ten. Hierunter versteht man den bewerteten Verzehr von Gütern und Dienst-leistungen, der durch die betriebliche Leistungserstellung verursacht wird.377)

2. Erlöse sind von Erträgen und Kosten sind von Aufwendungen abzugrenzen:

___________ 372) Sikora, ZInsO 2010, 1761 (1763). 373) Frystatzki, NZI 2011, 173 (178). 374) OLG Düsseldorf, Urteil v. 19. Januar 1995 – Az. 6 U 272/93, abgedruckt in NJW-RR 1996, 1443

(1444). 375) OLG Düsseldorf, Urteil v. 19. Januar 1995 – Az. 6 U 272/93, abgedruckt in NJW-RR 1996, 1443

(1444); ähnlich OLG Hamm, Urteil v. 2. Dezember 2009 – Az. 11 U 151/08, abgedruckt in ZInsO 527 (529), das aber neben der Umsatz- auch die Ertragslage des Unternehmens überprüfte; ähnlich auch Becker/Pape/Wobbe, DStR 2010, 506 (506).

376) Wöhe, S. 638. 377) Wöhe, S. 638.

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Abbildung 9: Verhältnis von Erlösen und Kosten zu Erträgen und Aufwand

Während sich bei dem Begriffspaar der Erlöse und Kosten die Be-standsgröße des betriebsnotwendigen Vermögens verändert, ist dies bei dem Begriffspaar der Erträge und des Aufwands nicht zwingend der Fall. Denn dort muss sich nur die Bestandsgröße des Reinvermögens, nicht aber zwingend auch die Bestandsgröße des betriebsnotwendigen Vermögens verändern.378)

3. Der Unterschied zwischen Erträgen und Erlösen sei an folgendem Beispiel ver-deutlicht

Abbildung 10: Verhältnis von Erlösen zu Erträgen

Ein vom Unternehmenszweck her ausschließlich produzierendes Unterneh-men ist Eigentümer einer Immobilie, die vermietet ist. Die Immobilie stellt da-mit nicht betriebsnotwendiges Vermögen dar, gehört aber dennoch zum Rein-vermögen des Unternehmens. Erträge aus der Vermietung der Immobilie sind sog. betriebsfremde und damit neutrale Erträge und stellen demnach keine Er-löse dar. Läge der Unternehmenszweck indes auch im Bereich der Vermietung und Verpachtung von Immobilien, so würde die vermietete Immobilie sowohl

___________ 378) Vgl. Wöhe, S. 638.

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zum Reinvermögen als auch zum betriebsnotwendigen Vermögen gehören. Er-träge aus der Vermietung der Immobilie wären sog. Zweckerträge und damit als Grunderlöse den Erlösen zuzurechnen.

4. Ein Aufwand, der nicht den Kosten zugerechnet wird, ist in folgendem Beispiel gegeben:

Abbildung 11: Verhältnis von Kosten zu Aufwand

Das vom Unternehmenszweck her ausschließlich produzierende Unterneh-men aus dem vorangegangenen Beispiel hat einen externen Dienstleister mit der Reinigung der vermieteten Immobilie beauftragt. Da die Immobilie nicht be-triebsnotwendiges Vermögen darstellt, handelt es sich bei dem aus der Beauf-tragung des externen Dienstleisters entstehenden Aufwand um neutralen Auf-wand, der nicht den Kosten zugerechnet wird. Läge der Unternehmenszweck indes auch im Bereich der Vermietung und Verpachtung von Immobilien, würde es sich bei dem Aufwand um Zweckaufwand handeln, der den Grund-kosten und damit den Kosten zuzurechnen wäre.

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e) Rentabilität

aa) Begründung

Eine weitere Auffassung verlangt zur Annahme einer positiven Fortbestehensprog-nose neben der künftigen Zahlungsfähigkeit die künftige Rentabilität des Unterneh-mens.379) Zur Begründung wird insbesondere vorgebracht, dass längerfristig ein finan-zielles Gleichgewicht ohne eine positive Ertragslage nicht denkbar sei.380)

Sofern die Vertreter dieser Auffassung den Begriff der Rentabilität näher erläutern, variieren die vorgenommenen Definitionen erheblich. Nach einer Ansicht sei es zur Annahme der künftigen Rentabilität des Unternehmens beispielsweise lediglich erfor-derlich, dass das Unternehmen mittelfristig Aussicht habe, höhere Einnahmen als Aus-gaben zu erzielen.381) Nach anderer Ansicht soll Rentabilität hingegen gegeben sein, wenn die erzielten Erträge ausreichen, um langfristig die vertraglich bestimmte Verzin-sung des Fremdkapitals und darüber hinaus mindestens eine als ausreichend erachtete Verzinsung des Eigenkapitals sicherzustellen.382)

Die Auffassung, die zur Prognose der künftigen Rentabilität auf Einnahmenüber-schüsse abstellt, wurde inhaltlich bereits an früherer Stelle eingehend erörtert. Im Rah-men der folgenden Ausführungen wird damit von künftiger Rentabilität ausgegangen, wenn der Gewinn im handelsbilanziellen Sinne mindestens einen solchen Umfang hat,

___________ 379) Egner/Wolff, AG 1978, 99 (102 f.); Kirchhof, in: Heidelberger Kommentar zur InsO, 4. Auflage (Vo-

rauflage), § 19 Rz. 12, der allerdings später auf die alleinige Maßgeblichkeit der künftigen Zahlungs-fähigkeit abstellte, vgl. Kirchhof, in: Heidelberger Kommentar zur InsO, 7. Auflage (Vorauflage), § 19 Rz. 9 f.; unklar Zilias, WpG 1977, 445 (448), der im Rahmen des einfachen zweistufigen Überschul-dungsbegriffs davon ausgeht, dass der Vorstand einer Aktiengesellschaft in einem Überschuldungs-status nur dann Fortführungswerte ansetzen dürfe, wenn er „aufgrund sorgfältiger betriebswirtschaftlicher Analyse der Rentabilität des Unternehmens, seiner Finanzierung sowie fundierter Erwartungen hinsichtlich der künf-tigen Entwicklung zu der Überzeugung (gelangt), daß die Gesellschaft lebensfähig ist und auf absehbare Zeit nicht mit ihrer Liquidation gerechnet werden muß“.

380) Egner/Wolff, AG 1978, 99 (102). 381) Kirchhof, in: Heidelberger Kommentar zur InsO, 4. Auflage (Vorauflage), § 19 Rz. 12. 382) Egner/Wolff, AG 1978, 99 (102).

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dass Ausschüttungen an die Unternehmenseigner möglich sind und diese für die Un-ternehmenseigner im Hinblick auf das von ihnen eingesetzte Kapital eine durchschnitt-liche branchenübliche Rendite bedeuten.383)

bb) Kritik in der Literatur

Der weit überwiegende Teil der Literatur lehnt die Forderung nach einer Prognose zur Rentabilität des Unternehmens als zu weitgehend ab.384)

Insbesondere wird vorgebracht, die Interessen der Gläubiger seien solange nicht gefährdet, wie das Schuldnerunternehmen in der Lage sei, alle fälligen Verbindlichkei-ten fristgerecht zu erfüllen.385) Würde man darüber hinaus die künftige Rentabilität des Unternehmens verlangen, würde man einen Geschäftsführer zwingen, einen Insol-venzantrag zu stellen, nur weil sein Unternehmen für die Unternehmenseigner nicht rentabel wäre.386) Teilnehmer am Wirtschaftsverkehr könnten aber nicht verpflichtet werden, den Gang zum Insolvenzgericht anzutreten, weil sich ihr Eigenkapital nicht risikoäquivalent verzinse.387)

f) Beseitigung der rechnerischen Überschuldung

aa) Begründung

Eine deutliche Verschärfung im Vergleich zu derjenigen Auffassung, die neben der künftigen Zahlungsfähigkeit die künftige Rentabilität des Unternehmens verlangt, stellt eine Auffassung dar, nach der eine positive Fortbestehensprognose nur dann gestellt werden könne, wenn ein Unternehmen voraussichtlich in der Lage sein wird, wieder rentabel zu arbeiten und auf Grund dessen in absehbarer Zeit, d.h. im laufenden oder

___________ 383) Vergleicht man dieses Verständnis mit derjenigen Auffassung, die neben der künftigen Zahlungsfä-

higkeit lediglich die künftige Ertragsfähigkeit des Unternehmens verlangt (vgl. hierzu oben unter Abschnitt D.IV.4.c)aa), S. 102 ff.), so gilt die Regel, dass jedes rentable Unternehmen zwingend ertragsfähig, aber nicht jedes ertragsfähige Unternehmen auch rentabel ist.

384) Vgl. etwa Bork, ZIP 2000, 1709 (1709 f.); Drews, S. 183 f.; Steffan, in: IDW, WP Handbuch 2014, Band II, Abschnitt S Rz. 248; Temme, S. 119 f.

385) Drews, S. 183; ähnlich Temme, S. 119. 386) Vgl. Bork, ZIP 2000, 1709 (1709), der insoweit – wohl versehentlich – von dem Gesellschafter

spricht, der zum Insolvenzantrag gezwungen wäre. 387) Drukarczyk, ZfBf 1986, 207 (217); ähnlich Drews, S. 183.

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im nächsten Geschäftsjahr, die rechnerische Überschuldung zu beseitigen.388) Anzu-merken ist, dass hierbei ausdrücklich auf die rechnerische Überschuldung zu Liquida-tionswerten und nicht etwa zu Handelsbilanzwerten abgestellt wird.389)

Der Auffassung scheint die Überlegung zugrunde zu liegen, dass das der rechneri-schen Überschuldung immanente Risiko der nicht vollständigen Befriedigung sämtli-cher Gläubiger ohne die Forderung nach einer Beseitigung der rechnerischen Über-schuldung lediglich „konserviert“ werde.390)

bb) Kritik in der Literatur

Sofern sich andere Autoren mit der dargestellten Auffassung auseinandersetzen, wird diese durchgängig als zu weitgehend abgelehnt, da hierdurch ein überaus strenges und für viele durchaus auch auf Dauer lebensfähige Unternehmen unerreichbares Er-fordernis aufgestellt werde.391) Das Erfordernis der Wiederauffüllung des Vermögens-standes gehe zudem nicht mit dem Grundanliegen der modifizierten zweistufigen Überschuldungsprüfung konform, da dieses darauf hinauslaufe, dass das Abstellen auf die Schuldendeckung durch ein zusätzliches dynamisches Element in Form der Fort-bestehensprognose ergänzt werde.392)

g) Umfassendere Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage

aa) Begründung

Während die bisher dargestellten Auffassungen im Rahmen der Erweiterung des Prognosegegenstands stets auf konkrete betriebswirtschaftliche Größen abgestellt ha-ben, existieren weitere Auffassungen, die den Prognosegegenstand weiter und damit

___________ 388) OLG Schleswig, Urteil v. 19. Oktober 2000 – Az. 5 U 138/99, abgedruckt in NZG 2001, 273 (274);

ähnlich Bähner, KTS 1988, 443 (446 f., 450 f.); Kuleisa, in: Sanierungsrecht, § 19 Rz. 17, 24, der ver-langt, dass sich die rechnerische Überschuldung nicht erhöht.

389) OLG Schleswig, Urteil v. 19. Oktober 2000 – Az. 5 U 138/99, abgedruckt in NZG 2001, 273 (274); wohl auch Bähner, KTS 1988, 443 (444), der allerdings an anderer Stelle ausführt, dass Gewinne bei Vorliegen einer rechnerischen Überschuldung nicht ausschüttbar seien (S. 450), was auf ein handels-bilanzielles Verständnis der rechnerischen Überschuldung hindeutet; zum – dem deutschen Recht vergleichbaren – österreichischen Recht existiert ebenfalls eine Auffassung, die neben der künftigen Zahlungsfähigkeit die Beseitigung der rechnerischen Überschuldung fordert, diese aber meist han-delsbilanziell versteht, vgl. die Ausführungen bei Karollus/Huemer, S. 82 f., die allerdings selbst nicht dieser Auffassung folgen.

390) Vgl. Bähner, KTS 1988, 443 (449 f.). 391) Karollus/Huemer, S. 85. 392) Karollus/Huemer, S. 85.

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zwangsläufig weniger konkret fassen. Führt man sich vor Augen, dass es gerade die beschränkte Sichtweise der bisher dargestellten Auffassungen ist, die wegen teils er-heblichen Wertungswidersprüchen als problematisch anzusehen ist, scheint das Erfor-dernis einer umfassenderen Betrachtung des jeweiligen Einzelfalls die logische Konse-quenz dieser Problematik zu sein.

In diesem Sinne geht eine Stimme in der Literatur zum einfachen zweistufigen Überschuldungsbegriff beispielsweise davon aus, dass die Fortbestehensprognose keine quantitative Analyse auf Grund von Werten für Vermögen und Schulden sei, sondern es sich hierbei um eine allgemein gehaltene Aussage zur Zukunft des Unter-nehmens handele.393)

Eine erhebliche Ausdehnung des Prognosegegenstands stellt eine weitere Auffas-sung dar, die im Rahmen der Fortbestehensprognose eine „umfassende Berücksichtigung der gesamten wirtschaftlichen Lage“ fordert.394) In eine ähnliche Richtung geht die Forde-rung, neben einer positiven Prognose zur Zahlungsfähigkeit seien auch „sonstige betriebs-wirtschaftliche Erwägungen“ zu berücksichtigen.395) Auch im – dem deutschen Recht auch an dieser Stelle sehr ähnlichen – österreichischen Recht findet sich eine Vielzahl von Autoren, die im Rahmen der Fortbestehensprognose unter dem Begriff der „Sekundär-prognose“ eine umfassende Bewertung der künftigen Unternehmensentwicklung for-dern.396)

Andere Stimmen in der Literatur fordern für die Annahme einer positiven Fortbe-stehensprognose nicht nur die schlichte künftige Zahlungsfähigkeit des Unterneh-mens, sondern darüber hinaus, dass diese nachhaltig sein müsse.397) Davon sei auszu-gehen, wenn die während des Prognosezeitraums im Rahmen der Innenfinanzierung erwirtschafteten Einzahlungsüberschüsse die gegenwärtigen und die künftigen Ver-bindlichkeiten decken oder eine nachhaltige Außenfinanzierung gewährleistet sei.398)

___________ 393) Burger/Schellberg, KTS 1995, 563 (571), die allerdings davon ausgehen, dass man die Fortführungs-

prämisse bereits zugrunde legen könne, soweit keine Auflösung des Unternehmens geplant sei. 394) Böcker, S. 95. 395) Leithaus, in: Andres/Leithaus, Kommentar zur InsO, § 19 Rz. 6. 396) Karollus/Huemer, S. 86 ff. m.w.N.; ähnlich Sikora, ZInsO 2010, 1761 (1764). 397) Schäfer, S. 98 ff.; Sikora, ZInsO 2010, 1761 (1764). 398) Schäfer, S. 116.

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Einen anderen Ansatz wählt eine Auffassung, die davon ausgeht, dass einem Un-ternehmen eine positive Fortbestehensprognose nur dann zugesprochen werden könne, wenn dieses kreditwürdig sei.399) Da die moderne Kreditwürdigkeitsprüfung die Vergabe eines Kredites nicht so sehr von der Eigenkapitalsituation, sondern vor allem von der Ertragslage des Unternehmens abhängig mache, könne die günstige Ertragssi-tuation und die daraus resultierende Kreditwürdigkeit des Unternehmens dazu führen, dass ein Unternehmen lebensfähig sei, obwohl es rechtlich – gemeint ist wohl rechne-risch – überschuldet sei.400) Ein Unternehmen sei entweder kreditwürdig und deshalb nicht überschuldet oder aber kreditunwürdig und deshalb überschuldet. 401)

Eine weitere Auffassung schließlich verlangt neben der künftigen Zahlungsfähig-keit, dass das Unternehmen sanierungsfähig sein müsse.402) In Erweiterung der reinen Liquiditätsprüfung müsse die Fortbestehensprognose daher berücksichtigen, ob ein sorgfältiger, verantwortungsvoller Geschäftsmann unter Abwägung der Gläubiger-schutzinteressen und der Unternehmenserhaltungsinteressen eine Sanierung für sinn-voll und aussichtsreich erachten würde.403)

Allen vorstehend dargestellten Auffassungen ist gemein, dass sie in Abkehr von einer rein zahlenmäßigen Überschuldungsprüfung eine weitgehend verbale Darstellung der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens verlangen.404) Ob und in welchem Umfang diese verbale Darstellung durch betriebswirtschaftliches Zahlenmaterial „un-terfüttert“ werden muss, hängt hingegen von den jeweiligen Anforderungen ab.

___________ 399) Beintmann, S. 29, 108; Haas, S. 57 f.; ähnlich Kallmeyer, GmbHR 1999, 16 (17) der die Kreditwürdigkeit

zwar nicht als notwendige, jedenfalls aber als hinreichende Bedingung einer positiven Fortbeste-hensprognose ansieht; vgl. auch Wolf, DStR 1995, 859 (861).

400) Beintmann, S. 29. 401) Beintmann, S. 29 f. 402) Karollus/Huemer, S. 79; Pfaff, S. 30, 37 ff.; wohl auch Rüntz, in Heidelberger Kommentar zur InsO,

§ 19 Rz. 9 f., die andererseits für ausreichend hält, wenn lediglich die Zahlungsfähigkeit im laufenden und folgenden Geschäftsjahr gesichert ist (Rz. 10).

403) Harneit, S. 92; Pfaff, S. 38. 404) So ausdrücklich Karollus/Huemer, S. 88; ebenso Sikora, ZInsO 2010, 1761 (1764).

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bb) Kritik in der Literatur

Den vorstehend dargestellten Auffassungen wird entgegengehalten, dass es sowohl nach dem Wortlaut als auch nach der gesetzgeberischen Begründung des Überschul-dungstatbestands einer zuverlässigen betriebswirtschaftlichen und damit quantitativen Analyse bedürfe, bevor eine positive Prognose für die Fortführung eines Unterneh-mens erstellt werden könne.405) Eine rein verbale und allgemein gehaltene Aussage zur Zukunft des Unternehmens soll den Anforderungen an eine positive Fortbestehens-prognose daher jedenfalls nicht genügen.

cc) Stellungnahme

Die dargestellten Auffassungen versuchen letztlich durch eine erhebliche Erweite-rung des Prognosegegenstands sämtliche Einzelfälle in den Griff zu bekommen, in denen unter Gläubigerschutzgesichtspunkten trotz positiver Prognose zur Zahlungs-fähigkeit eine positive Fortbestehensprognose wegen sonstiger Erwägungen verneint werden sollte. Die Auffassungen gleichen sich damit im Ergebnis sehr stark der h.M. an, die Ähnliches durch die Forderung nach einem schlüssigen und realisierbaren Un-ternehmenskonzept zu erreichen versucht.

Beiden Ansätzen kann zwar entgegengehalten werden, dass eine präzisere Heran-gehensweise wünschenswert wäre, damit für den Prognoseersteller erkennbar wird, weshalb er trotz positiver Zahlungsfähigkeitsprognose insgesamt zu einem negativen Prognoseergebnis kommen muss. Voraussetzung hierfür wäre aber, dass überhaupt konkrete betriebswirtschaftliche Größen oder Kennziffern existieren, anhand derer eine Entscheidung zur Fortbestehensprognose getroffen werden kann. Diese Frage wiederum ist Kern des Streits um den Gegenstand der Fortbestehensprognose und kann daher erst nach Durchsicht sämtlicher Auffassungen im Rahmen einer abschlie-ßenden Stellungnahme beantwortet werden.

___________ 405) Götker, Rz. 209.

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h) Alleinige Maßgeblichkeit der künftigen Ertragsfähigkeit

aa) Begründung

Neben den bisher dargestellten Auffassungen, die allesamt die Meinung vertreten, dass die künftige Zahlungsfähigkeit des Unternehmens zumindest Teil des Prognose-gegenstandes ist, wurde zum einfachen zweistufigen Überschuldungsbegriff von ein-zelnen Autoren in der Literatur die Auffassung vertreten, dass im Rahmen der Fortbe-stehensprognose alleine eine Prognose der künftigen Ertragsfähigkeit maßgeblich sei.406) Ähnlicher Ansicht war zuvor schon die Kommission für Insolvenzrecht gewe-sen, die allerdings eine Variante des modifizierten zweistufigen Überschuldungsbe-griffs vertrat.407)

Zu berücksichtigen ist zunächst, dass der dargestellten Auffassung im Falle der Li-teraturmeinung das Verständnis zugrunde lag, dass sich die Fortbestehensprognose nicht auf die Fortführbarkeit des Schuldners, mithin des Unternehmensträgers, be-ziehe, sondern vielmehr auf die Fortführbarkeit eines vom Schuldner betriebenen Un-ternehmens.408) Der Begriff des Unternehmens wird damit im Gegensatz zur ganz h.M.409) nicht gesellschaftsrechtlich, sondern vielmehr betriebswirtschaftlich definiert. Weiter wird ausgeführt, dass die Zukunft eines derart definierten Unternehmens sich nicht mit Hilfe einer Prognose bezüglich der künftigen Zahlungsfähigkeit bestimmen lasse, da Zahlungspflichten nur den Unternehmensträger, nicht aber ein von ihm ge-führtes Unternehmen treffen.410) Werde der Schuldner zahlungsunfähig, bedeute dies daher nicht zwingend die Zerschlagung seines Unternehmens.411)

Der dargestellten Literaturmeinung liegt damit letztlich die Überlegung zugrunde, dass auch im Falle künftiger Zahlungsunfähigkeit das – betriebswirtschaftlich definierte – Unternehmen des Schuldners im Falle der Ertragsfähigkeit wahrscheinlich weiterbe-trieben werden wird. Diese Überlegung soll sodann die Rechtfertigung dafür liefern,

___________ 406) Drukarczyk, WM 1994, 1737 (1741 ff.); Götker, Rz. 231 ff. 407) Kommission für Insolvenzrecht, Erster Bericht, S. 111 ff. 408) Götker, Rz. 210 ff. 409) Vgl. statt vieler Mock, in: Uhlenbruck, Kommentar zur InsO, § 19 Rz. 210 m.w.N. 410) Götker, Rz. 213, 218. 411) Götker, Rz. 222.

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dass zumindest für diejenigen Vermögensgegenstände, die das Unternehmen des Schuldners betreffen, trotz künftiger Zahlungsunfähigkeit Fortführungswerte anzuset-zen seien.

Nach Ansicht der Kommission sollte die Fortbestehensprognose negativ sein, wenn die Ertragsfähigkeit für absehbare Zeit weder gewährleistet erscheine noch in absehbarer Zeit wiederhergestellt werden könne.412) Ein nur vorübergehender Verlust der Ertragsfähigkeit sollte hingegen als Ursache für eine negative Fortbestehensprog-nose ausscheiden.413) Ertragsfähigkeit des Unternehmens sei nach der Literatur gege-ben, wenn es fortgeführt werden könne, ohne dass Verluste entstünden.414) Nur bei einer zumindest ausgeglichenen Gewinn- und Verlustplanungsrechnung könne damit von der Fortführbarkeit der Unternehmenstätigkeit und somit einem positiven Prog-noseergebnis ausgegangen werden.415) Führe die gegenwärtige Gewinn- und Verlust-rechnungsplanung hingegen zu einem negativen Ergebnis, könne die Umsetzung von Sanierungskonzepten zu einer Fortführungsfähigkeit führen.416)

Eine nicht nur zusätzliche, sondern vielmehr alleinige Ertragsfähigkeitsprüfung scheint insbesondere deswegen gefordert worden zu sein, um Überschneidungsberei-che zum lediglich fakultativen Eröffnungsgrund der drohenden Zahlungsunfähigkeit auszuschließen. So betonte die Kommission für Insolvenzrecht, dass das prognosti-sche Element des Überschuldungstatbestands, das sich auf das unternehmerische Merkmal der Ertragsfähigkeit beziehe, nicht mit dem – ebenfalls von der Kommission vorgeschlagenen – Eröffnungsgrund der drohenden Zahlungsunfähigkeit gleichgesetzt werden dürfe.417) In die gleiche Richtung geht die Kritik der vorgenannten Litera-turmeinung an der h.M., nach der sich die Anwendungsbereiche der Überschuldung und der drohenden Zahlungsunfähigkeit im Regelfall überschneiden würden, wenn

___________ 412) Kommission für Insolvenzrecht, Erster Bericht, S. 111. 413) Kommission für Insolvenzrecht, Erster Bericht, S. 112. 414) Götker, Rz. 232; Kommission für Insolvenzrecht, Erster Bericht, S. 112; ähnlich Drukarczyk, WM 1994, 1739

(1743), der „mindestens ausgeglichene Plan-GuV-Rechnungen“ verlangt. 415) Götker, Rz. 233. 416) Götker, Rz. 235, der im Falle einer im Rahmen des Sanierungskonzepts erforderlichen Außenfinan-

zierung zusätzlich voraussichtliche finanzielle Überschüsse in einem Umfang fordert, der Kapital-gebern die Investition vorteilhaft erscheinen lasse (Rz. 236).

417) Kommission für Insolvenzrecht, Erster Bericht, S. 112.

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sich die Fortbestehensprognose nur auf die künftige Zahlungsfähigkeit des Schuldners bezöge.418)

Die Vorzugswürdigkeit einer Ertragsfähigkeitsprognose im Vergleich zu einer Zah-lungsfähigkeitsprognose ergebe sich zudem auch daraus, dass ein zu deren Überprü-fung erstellter Finanzplan zwar ausweise, wie sich die Fortführung des Schuldners li-quiditätsmäßig darstelle, er zeige aber nicht, warum die Fortführung möglich sein soll.419) Bei einer Prognose, die sich auf die Ertragsfähigkeit beziehe, werde hingegen nur der innere Wert einer Unternehmung berücksichtigt, eine Außenfinanzierung bleibe demgegenüber unberücksichtigt.420)

Schließlich wird angeführt, dass der Vorschlag einer reinen Ertragsfähigkeitsprog-nose den Vorteil habe, dass das Manipulationspotential der Ersteller der Plan-GuV-Rechnungen bedeutend geringer sei als die bei einer reinen Zahlungsfähigkeitsprog-nose sich bietenden Spielräume.421)

bb) Kritik in der Literatur

Die Forderung nach einer alleinigen Maßgeblichkeit künftiger Ertragsfähigkeit wird in der Literatur insbesondere deswegen kritisiert, weil aus einer künftigen Ertragsfähig-keit noch nicht auf die jederzeitige künftige Zahlungsfähigkeit geschlossen werden könne, letztere jedoch die Grundvoraussetzung der künftigen unternehmerischen Le-bensfähigkeit bilde.422)

Darüber hinaus werden gegen eine reine Ertragsfähigkeitsprognose dieselben Ar-gumente vorgebracht, die auch gegen eine neben eine Zahlungsfähigkeitsprognose tre-tende zusätzliche Ertragsfähigkeitsprognose vorgebracht werden.423)

V. Stellungnahme

1. Zwingende Prognose der künftigen Zahlungsfähigkeit

Betrachtet man die gesamte Bandbreite der dargestellten Auffassungen, so ist zu-nächst festzustellen, dass eine Überprüfung der Zahlungsfähigkeit im Rahmen der

___________ 418) Götker, Rz. 223. 419) Götker, Rz. 225. 420) Götker, Rz. 225. 421) Drukarczyk, WM 1994, 1737 (1743). 422) Sikora, ZInsO 2010, 1761 (1763). 423) Vgl. etwa Drews, S. 184; ähnlich Temme, S. 120 f.

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Fortbestehensprognose unerlässlich ist. Dies ergibt sich sowohl aufgrund betriebswirt-schaftlicher als auch aufgrund rechtlicher Gesichtspunkte.

Unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten ist nämlich zu berücksichtigen, dass die Aufrechterhaltung der Zahlungsfähigkeit die Grundvoraussetzung für unter-nehmerische Tätigkeit ist.424) Reicht der Zahlungsmittelbestand beispielsweise nicht aus, um die für eine Aufrechterhaltung der Produktion erforderlichen Rohstoffe zu erwerben, wird es unweigerlich zu Verzögerungen im Produktionsablauf kommen. So-fern in einer solchen Situation nicht auf Vorräte an Fertigprodukten zurückgegriffen werden kann, werden die Verzögerungen im Produktionsablauf mangels Bevorratung zwangsläufig zu Umsatzeinbußen führen. Diese wiederum können dazu führen, dass sich eine vormals positive Ertragslage in eine Verlustsituation wandelt. Zumindest nicht nur kurzfristige Liquiditätsmängel leiten somit meist eine Abwärtsspirale ein, die auch die Ertragsfähigkeit eines Unternehmens teils erheblich belasten kann.

Darüber hinaus ist unter rechtlichen Gesichtspunkten zu berücksichtigen, dass im Falle eines negativen Ergebnisses der Liquiditätsprognose bereits im Zeitpunkt der Prognoseerstellung erkennbar wird, dass im weiteren Zeitverlauf wegen der dann ein-tretenden Zahlungsunfähigkeit mit der zwingenden Einleitung des Insolvenzverfah-rens zu rechnen ist. In einer Situation, in der zudem bereits die rechnerische Über-schuldung des Unternehmens eingetreten ist, ist es unter Gläubigerschutzgesichts-punkten schlicht nicht hinnehmbar, dass das Management das Unternehmen sehenden Auges bis zur unvermeidlichen Zahlungsunfähigkeit fortführt, da das nicht unerhebli-che Risiko besteht, dass bis zum diesem Zeitpunkt die letzten noch vorhandenen freien Vermögenswerte zur weiteren Aufrechterhaltung der Zahlungsfähigkeit zu Schleuder-preisen veräußert werden. Würde das Unternehmen dergestalt „Geld verbrennen“, wäre die Fortführung des Unternehmens bei gegebener rechnerischer Überschuldung letztlich ausschließlich eine Fortführung zulasten der ungesicherten Gläubiger.

___________ 424) Wöhe, S. 641.

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2. Erweiterung des Prognosegegenstands

a) Notwendigkeit der Erweiterung des Prognosegegenstands

aa) Problemaufriss

Es ergibt sich damit die Frage, ob im Rahmen der Fortbestehensprognose der Blick auf die künftige Zahlungsfähigkeit des Unternehmens ausreichend ist, oder ob der Prognosegegenstand erweitert werden muss.

Ohne Einschränkungen zugestimmt werden kann in diesem Zusammenhang zu-nächst der Aussage, dass ein Unternehmen, solange von seiner dauerhaften Zahlungsfä-higkeit auszugehen ist, nicht in ein Insolvenzverfahren gezwungen werden kann.425) Denn weder aus Gläubigerschutzgesichtspunkten, noch aufgrund rechtlicher oder be-triebswirtschaftlicher Erwägungen gäbe es hierfür einen Anlass. Geht man von der dauerhaften Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens aus, so könnte darüber hinaus eben-falls ohne Einschränkungen der Aussage gefolgt werden, dass es – insbesondere aus Gläubigersicht – keine Rolle spielt, aus welchen Quellen sich die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft speist.426) Unter der vorgenannten Voraussetzung der dauerhaften Zah-lungsfähigkeit wäre damit eine Erweiterung des Gegenstands der Fortbestehensprog-nose nicht erforderlich und im Rahmen der damit alleinigen Prognose der künftigen Zahlungsfähigkeit könnten sämtliche bereits vorhandenen und dem Unternehmen zu-künftig noch zufließenden liquiden Mittel berücksichtigt werden, gleich ob diese aus der Innen- oder einer eventuellen Außenfinanzierung stammen.

Soweit ersichtlich nimmt jedoch keine der zum Gegenstand der Fortbestehens-prognose vertretenen Auffassungen und insbesondere auch nicht die h.M. für sich in Anspruch, die dauerhafte Zahlungsfähigkeit des Unternehmens zu überprüfen. Vielmehr ist der regelmäßige Prognosezeitraum nach allen Auffassungen zu beschränken. Dies ist zwar wegen der durch eine zeitliche Ausdehnung des Prognosezeitraums wachsen-

___________ 425) K. Schmidt, in: Scholz, Kommentar zum GmbHG, 9. Auflage 2002 (Vorauflage), Band 2, Vorbemer-

kung zu § 64 Rz. 19; ders., in: Aktuelle Probleme des neuen Insolvenzrechts, S. 84. 426) Schulze-Osterloh, in: Baumbach/Hueck, Kommentar zum GmbHG, 18. Auflage (Vorauflage), § 64

Rz. 13; ähnlich Bitter, in: Scholz, Kommentar zum GmbHG, Band 3, Vorbemerkung zu § 64 Rz. 35.

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den Prognoseunsicherheit eine Maßnahme, die nicht zuletzt unter Gläubigerschutzge-sichtspunkten sinnvoll und daher zu begrüßen ist. Wählt man aber der h.M.427) folgend einen regelmäßigen Prognosezeitraum von ein bis zwei Jahren, so kann bei einem po-sitiven Ergebnis der Zahlungsfähigkeitsprognose beileibe nicht mehr von der dauerhaf-ten Zahlungsfähigkeit des Unternehmens gesprochen werden.428) Man muss sich daher wegen der Beschränkung des Prognosezeitraums zwangsläufig mit der Frage auseinan-dersetzen, ob für ein Unternehmen unter bestimmten Voraussetzungen die Einleitung des Insolvenzverfahrens trotz mittelfristiger Zahlungsfähigkeit nicht doch zwingend sein sollte.

Hierbei gilt es zunächst und insbesondere zu berücksichtigen, dass der rechneri-schen Überschuldung einer Gesellschaft aus Gläubigersicht ein erhebliches Risiko im-manent ist: Die Position der Gläubiger ist nämlich in einer solchen Situation – selbst wenn eine positive Fortbestehensprognose gegeben sein sollte – deshalb gefährdet, weil sie vom fortbestehenden Fortführungswillen des Schuldners und damit insbeson-dere der Gesellschafter abhängt.429) Da bei gegebener Ertragslosigkeit des Unterneh-mens jederzeit die Möglichkeit besteht, dass die Unternehmenseigner das Interesse an dem Unternehmen verlieren und aus diesem Grund dessen Liquidation beschließen, besteht für die Gläubiger stets die Gefahr, dass sich das der rechnerischen Überschul-dung immanente Risiko realisiert. Fällt der Fortführungswille der Unternehmenseigner weg, entfällt auch die positive Fortbestehensprognose.430) Der dann aufzustellende Überschuldungsstatus belegt die rechnerische Überschuldung und es ist zwingend In-solvenzantrag zu stellen. Fordert man nun in einer solchen Situation der rechnerischen Überschuldung nur die jederzeitige Zahlungsfähigkeit, so besteht die Gefahr, dass das beschriebene Risiko zwar verschoben, aber nicht verringert wird. Es realisiert sich also zwar nicht sofort, aber jedenfalls zu irgendeinem Zeitpunkt in der Zukunft.

___________ 427) Vgl. statt vieler Mock, in: Uhlenbruck, Kommentar zur InsO, § 19 Rz. 217 f. m.w.N. 428) Spliedt, DB 1999, 1941 (1944) ist daher der Auffassung, die Beschränkung des Prognosezeitraums

vermeide keine Ungenauigkeiten, sondern schaffe sie erst, indem pauschal gleichbleibende Verhält-nisse unterstellt würden.

429) Wackerbarth, NZI 2009, 145 (147). 430) Prominentes Beispiel der jüngeren Vergangenheit ist die Verlagsgruppe Weltbild GmbH, deren kirchli-

che Gesellschafter sich Anfang 2013 weigerten, die Sanierung des defizitären Unternehmens weiter zu finanzieren. Unmittelbare Folge dieser Weigerung war der Wegfall der Fortbestehensprognose sowie die unverzügliche Insolvenzantragstellung.

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Hinzu kommt, dass es bei gegebener rechnerischer Überschuldung aufgrund der Beschränkung des Prognosezeitraums und der dementsprechend nur mittelfristig prognostizierten Zahlungsfähigkeit im Gegensatz zur dauerhaften Zahlungsfähigkeit durchaus eine Rolle spielt, aus welchen Quellen sich die Zahlungsfähigkeit des Unter-nehmens speist. Denn die Gefahr, dass zulasten der Vermögenssubstanz des Unter-nehmens die mittelfristige Liquidität durch weitere Kredite oder Maßnahmen wie Sale-and-lease-back-Geschäfte, Forderungsfactoring oder die Veräußerung nicht betriebsnot-wendigen oder gar betriebsnotwendigen Vermögens „künstlich“ aufrecht erhalten wird, wiegt umso schwerer, je kürzer der Prognosezeitraums ist. Lässt sich die Auf-rechterhaltung der Liquidität aber nur noch auf Kosten der Vermögenssubstanz des Unternehmens darstellen, so ist es in den meisten Fällen – gerade aus Gläubigersicht – durchaus wünschenswert, dass das Insolvenzverfahren eher früher als später eingeleitet wird, nachdem insbesondere die rechtzeitige Verfahrenseröffnung Masse und damit Quoten schafft.431)

Sowohl das Risiko der jederzeit möglichen Liquidationsentscheidung als auch das Risiko der weiteren Substanzvernichtung machen es erforderlich, dass Ansätze zur gläubigerschützenden Erweiterung des Prognosegegenstandes geprüft werden.

bb) Ansatz der h.M.

Nach dem Ansatz der h.M. ist für ein Unternehmen trotz der dargestellten Risiken grundsätzlich solange von einer positiven Fortbestehensprognose auszugehen, wie es mit überwiegender Wahrscheinlichkeit innerhalb des Prognosezeitraums aus den be-reits vorhandenen sowie den im Rahmen der Innen- und einer eventuellen Außenfi-nanzierung künftig zufließenden liquiden Mitteln sämtliche Verbindlichkeiten im Zeit-punkt ihrer Fälligkeit erfüllen kann. Es spielt damit grundsätzlich also keine Rolle, ob das betrachtete Unternehmen innerhalb des Prognosezeitraums „Geld verbrennt“. Dies gilt gleichermaßen für den Fall, dass entsprechende Auszahlungsüberschüsse aus Einmaleffekten herrühren (etwa der Erfüllung von Verbindlichkeiten aus der Liquida-tion eines unrentablen Unternehmensteils), als auch für den Fall, dass deren Ursache in einer dauerhaften Schieflage des operativen Geschäfts liegt.

___________ 431) Pape, in: Uhlenbruck, Kommentar zur InsO, § 1 Rz. 8.

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Die dargestellten Risiken versucht die h.M. scheinbar insbesondere dadurch kalku-lierbar zu machen, dass sie als Grundlage für die alleinige Prognose der künftigen Zah-lungsfähigkeit ein Unternehmenskonzept verlangt, das „schlüssig“ und „realisierbar“ sein müsse.432) Nimmt man mit der einhelligen Meinung an, dass subjektive Vorausset-zung einer positiven Fortbestehensprognose der Fortführungswille des Schuldners ist,433) kann ein solches Unternehmenskonzept nur die Fortführung, nicht aber die Li-quidation des schuldnerischen Unternehmens vorsehen, da eine positive Fortbeste-hensprognose andernfalls bereits aufgrund des fehlenden Fortführungswillens zu ver-neinen wäre. Diese Erkenntnis aber führt dazu, dass sich die h.M. dem Vorwurf eines erheblichen und zunächst nicht auflösbaren Widerspruchs ausgesetzt sehen muss: Kein „schlüssiges“ und „realisierbares“ Unternehmenskonzept, das die Fortführung des schuldnerischen Unternehmens unterstellt, wird ausschließlich auf die künftige Zah-lungsfähigkeit des Unternehmens abzielen. Bestandteil eines solchen Konzeptes ist vielmehr das Leitbild des sanierten Unternehmens, das nach dem in der Praxis weitest-gehend anerkannten Standard IDW S 6 (Anforderungen an die Erstellung von Sanie-rungskonzepten) in wirtschaftlicher Hinsicht mindestens eine nachhaltige durch-schnittliche branchenübliche Rendite und eine angemessene Eigenkapitalausstattung aufweisen soll.434) Die Forderung nach einer nachhaltigen durchschnittlichen bran-chenüblichen Rendite bedeutet letztlich aber nichts anderes, als dass das Unternehmen aus Sicht seiner Anteilseigner wieder rentabel werden soll. Die Forderung nach einer angemessenen Eigenkapitalausstattung wiederum führt im Hinblick auf den Über-schuldungstatbestand dazu, dass eine eventuell bestehende rechnerische Überschul-dung zwangsläufig zunächst einmal beseitigt werden muss, damit in der Folge eine aus-reichende Eigenkapitalbasis geschaffen werden kann. Auf den Punkt gebracht wird der Gegenstand der Fortbestehensprognose damit durch die Forderung nach einem

___________ 432) Vgl. hierzu Fn. 294. 433) Vgl. hierzu BGH, Beschluss v. 9. Oktober 2006 – Az. II ZR 303/05, abgedruckt in DStR 2006,

2186; Urteil v. 18. Oktober 2010 – Az. II ZR 151/09, abgedruckt in DStR 2011, 130 (131); Kam-mergericht, Urteil v. 1. November 2005 – Az. 7 U 49/05, abgedruckt in ZInsO 2006, 437 (439); Dahl/Schmitz, NZG 2009, 567 (567); Haas, in: Baumbach/Hueck, Kommentar zum GmbHG, Vor § 64 Rz. 33; Hater, S. 101 ff.; Leithaus, in: Andres/Leithaus, Kommentar zur InsO, § 19 Rz. 6; Mätzig, in: BeckOK GmbHG, § 64 Rz. 36; Römermann, GWR 2010, 609; Schröder, in: Hamburger Kommen-tar zum Insolvenzrecht, § 19 Rz. 14, 17; Wellensiek/Schluck-Amend, in: Römermann, MAH GmbH-Recht, § 23 Rz. 157.

434) IDW S 6, Rz. 90.

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„schlüssigen“ und „realisierbaren“ Unternehmenskonzept – sozusagen „durch die Hintertür“ – erheblich erweitert. Faktisch treten neben eine Prognose der künftigen Zahlungsfähigkeit die Forderungen nach einer Wiederherstellung der Rentabilität des Unternehmens sowie einer Beseitigung der rechnerischen Überschuldung.

Dieser der h.M. immanente Widerspruch ließe sich nur dann auflösen, wenn man in zeitlicher Hinsicht innerhalb des Prognosezeitraums nur die künftige Zahlungsfä-higkeit verlangen und für die Umsetzung des Unternehmens- bzw. Sanierungskonzepts gar keine – oder zumindest eine jenseits des Prognosezeitraums liegende – Frist setzen würde.435) Dem steht allerdings bereits entgegen, dass zumindest vereinzelt in Bezug auf den zeitlichen Rahmen der Wiederherstellung der Rentabilität vertreten wird, dass das Unternehmenskonzept darauf abstellen solle, die nachhaltige Ertragsfähigkeit des Krisenunternehmens binnen eines kurzen Zeitraums, der möglichst nicht mehr als ein halbes Jahr umfassen sollte, wiederherzustellen.436)

Abgesehen davon, dass vielfach ein Zeitraum von nur einem halben Jahr für die Wiederherstellung der nachhaltigen Ertragsfähigkeit als zu kurz angesehen werden muss, ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass die Setzung unterschiedlicher Fristen unter Gläubigerschutzgesichtspunkten ein nicht unerhebliches Risiko darstellen würde, da nach dem Ende des Prognosezeitraums der Zahlungsfähigkeitsprognose nicht über-prüft würde, ob das Unternehmen bis zum Abschluss der Sanierung sämtliche Ver-bindlichkeiten im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit wird erfüllen können. Ein Auseinanderfal-len der Fristen ist daher abzulehnen.

Trotz dieses dargestellten Widerspruchs auf den ersten Blick gläubigerschützend, stellt die Forderung nach einem „schlüssigen“ und „realisierbaren“ Unternehmenskon-zept aus einem anderen Blickwinkel betrachtet möglicherweise sogar ein Risiko für die Gläubiger dar. Denn die Gläubiger eines Unternehmens interessiert letztlich einzig und allein, dass das Unternehmen seine Verbindlichkeiten im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit er-füllt. Auf welche Mittel das Unternehmen hierbei zurückgreift interessiert die Gläubi-

___________ 435) So beispielsweise Hirte/Knof/Mock, ZInsO 2008, 1217 (1223). 436) Groß/Amen, WPg 2002, 433 (436).

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ger hingegen ebenso wenig wie die Frage, ob es sich bei ihrem Schuldner um ein wirt-schaftlich erfolgreiches oder gar rentables Unternehmen handelt. Ein „schlüssiges“ und „realisierbares“ Unternehmenskonzept zu verlangen, welches aufgrund der obigen Ausführungen eben nur dann als „schlüssig“ und „realisierbar“ angesehen werden kann, wenn es auf das Leitbild des sanierten Unternehmens abzielt,437) ist zum Schutz der Gläubiger jedenfalls nicht erforderlich. Vielmehr kann es sogar ein Risiko für die Gläubiger darstellen, wenn eine positive Fortbestehensprognose nur deswegen abge-lehnt würde, weil eine solche nachhaltige Gesundung nicht mehr – oder zumindest vorerst nicht – darstellbar ist. Es sind nämlich durchaus Fälle denkbar, in denen mit-telfristig weder eine nachhaltige durchschnittliche branchenübliche Rendite für die Un-ternehmenseigner erzielbar ist noch eine bestehende rechnerische Überschuldung be-seitigt werden kann, das Unternehmen aber dennoch mit geringen Gewinnen oder zu-mindest verlustfrei weitergeführt werden kann. Während die Unternehmenseigner an der mittelfristigen Fortführung eines solchen Unternehmens möglicherweise kein In-teresse haben, wäre diese zum Schutz der Gläubiger ausreichend. Den Unternehmens-eignern aber in einer solchen Situation ausnahmslos die Möglichkeit zur Fortführung zu nehmen, indem man das Unternehmen in ein Insolvenzverfahren zwingt, würde in vielen Fällen aufgrund der aktuellen Ausgestaltung des Insolvenzverfahrens, insbeson-dere aber der anfallenden Verfahrenskosten eine Schädigung der Gläubiger bedeuten.

Zusammenfassend kann daher Folgendes festgehalten werden: Berücksichtigt man entsprechend der h.M. im Rahmen der Prognose der künftigen Zahlungsfähigkeit sämtliche vorhandenen sowie sämtliche dem Unternehmen künftig aus der Innen- und einer eventuellen Außenfinanzierung zufließenden liquiden Mittel, birgt dies das aus Gläubigerschutzgesichtspunkten erhebliche Risiko einer weiteren Verringerung der Haftungsmasse. Fordert man zur Vermeidung dieses Risikos pauschal ein „schlüssiges“ und „realisierbares“ Unternehmenskonzept, erweitert man den Gegenstand der Fort-bestehensprognose um weitere Elemente, möglicherweise gar um diejenigen einer Wie-derherstellung der Rentabilität und einer Beseitigung der rechnerischen Überschul-dung. Abgesehen von der Widersprüchlichkeit einer solchen Erweiterung des Progno-segegenstands „durch die Hintertür“ geht insbesondere die Forderung nach einer Wie-derherstellung der Rentabilität aus Gläubigerschutzgesichtspunkten zu weit und birgt

___________ 437) Vgl. IDW S 6, Rz. 90.

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damit das Risiko einer gläubigerschädigenden Einleitung des Insolvenzverfahrens. Die h.M. kann daher sinnvoll nur dergestalt verstanden werden, dass sie zur Erfüllung der Voraussetzungen einer positiven Fortbestehensprognose im Regelfall ausschließlich die künftige Zahlungsfähigkeit des Unternehmens innerhalb des Prognosezeitraums verlangt, im – zu begründenden – Ausnahmefall aber die Fortbestehensprognose trotz gegebener künftiger Zahlungsfähigkeit verneint.

cc) Zwischenergebnis

Da die h.M. damit den dargestellten Risiken einer jederzeit möglichen Liquidations-entscheidung und einer weiteren Substanzvernichtung mit einem unzureichenden Lö-sungsansatz entgegentritt, ist zu überprüfen, ob andere Ansätze zur gläubigerschützen-den Erweiterung des Prognosegegenstandes zu besseren Ergebnissen führen.

Bedingt durch die Beschränkung des Prognosezeitraums scheidet hierfür die un-mittelbare Überprüfung der längerfristigen Zahlungsfähigkeit des Unternehmens an-hand eines Finanzplans aus, da die Beschränkung des Prognosezeitraums ja insbeson-dere zur Erhöhung der Prognosesicherheit und damit zur Erhöhung der Gläubigersi-cherheit vorgenommen wird. Es ist also vielmehr zu überprüfen, ob eine betriebswirt-schaftliche Größe existiert, bei der das Datenmaterial in zeitlicher Hinsicht zwar für die Dauer des Prognosezeitraums erhoben wird, anhand derer sich aber – zumindest mittelbar – eine Aussage zur längerfristigen Zahlungsfähigkeit jenseits des Prognose-zeitraums ableiten lässt. Die dargestellte Bandbreite der hierzu vertretenen Auffassun-gen zeigt, dass die Antwort auf diese rein betriebswirtschaftliche Fragestellung nicht auf der Hand zu liegen scheint.

b) Erweiterung des Prognosegegenstands anhand erfolgsorientierter Größen

aa) Einnahmenüberschüsse

Eine Gruppe von Auffassungen stellt nun wie dargestellt neben der künftigen Zah-lungsfähigkeit auf betriebswirtschaftliche Größen ab, anhand derer sich üblicherweise Aussagen über den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens treffen lassen. Hierzu

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zählen die Auffassungen, die neben der künftigen Zahlungsfähigkeit Einnahmenüber-schüsse438), künftige Ertragsfähigkeit439), Erlöse in ausreichendem Umfang440), künftige Rentabilität441) oder aber die Beseitigung der Überschuldung442) fordern.

Das Vorhandensein von Einnahmenüberschüssen scheint auf den ersten Blick zwar ein brauchbarer Ansatz zu sein, um wirtschaftlich erfolgreiche von wirtschaftlich erfolglosen Unternehmen zu unterscheiden. Jedoch können auch krisenbehaftete Un-ternehmen Einnahmenüberschüsse generieren, ohne dass sich ihre wirtschaftliche Si-tuation verbessert. Berücksichtigt man, dass die Erfüllung von Forderungen und Ver-bindlichkeiten durch Zahlung im Hinblick auf das Geldvermögen neutral ist (vgl. hierzu oben unter Abschnitt IV.4.b), S. 97 ff.), so liegt einem Einnahmenüberschuss bei unterstelltem normalem Geschäftsgang stets eine Erhöhung des Geldvermögens durch Einzahlungen oder Zugänge im Forderungsbestand zugrunde.443) Mit der Erhö-hung des Geldvermögens geht im Falle der Einnahmen durch Einzahlungen eine so-fortige Erhöhung des Zahlungsmittelbestandes einher, im Falle der Einnahmen durch Zugänge im Forderungsbestand folgt diese in aller Regel zeitnah.444) Das Vorhanden-sein eines Einnahmenüberschusses hat damit bei unterstelltem normalem Geschäfts-gang stets positive Auswirkungen auf die Liquidität des Unternehmens.

Nachdem jedoch unter den Begriff der Einnahme sämtliche Einzahlungen gleich welcher Herkunft fallen (vgl. hierzu oben unter Abschnitt IV.4.b), S. 97 ff.), werden neben Einzahlungen aus der laufenden Geschäftstätigkeit auch solche aus Vermögen-sumschichtungen oder dem Bereich der Außenfinanzierung erfasst. Insbesondere die Berücksichtigung von Einzahlungen aus Vermögensumschichtungen kann aber zu Er-gebnissen führen, die unter Gläubigerschutzgesichtspunkten nicht hinnehmbar sind.

___________ 438) Vgl. hierzu oben unter Abschnitt D.IV.4.b), S. 97 ff. 439) Vgl. hierzu oben unter Abschnitt D.IV.4.c), S. 102 ff. 440) Vgl. hierzu oben unter Abschnitt D.IV.4.d), S. 109 ff. 441) Vgl. hierzu oben unter Abschnitt D.IV.4.e), S. 112 ff. 442) Vgl. hierzu oben unter Abschnitt D.IV.4.f), S. 113 ff. 443) Vernachlässigt wird hierbei, dass dem Einnahmenüberschuss auch Einnahmen außerhalb des nor-

malen Geschäftsgangs zugrunde liegen können, die beispielsweise aus einem nicht durch Auszah-lung erfolgten Abgang einer Verbindlichkeit (z.B. wegen Erlass der Verbindlichkeit) oder der Auf-lösung von Rückstellungen resultieren.

444) Vernachlässigt wird hierbei, dass es zu einem nicht durch Einzahlung erfolgten (teilweisen) Abgang einer Forderung kommen kann, weil beispielsweise der Kunde in wirtschaftlichen Schwierigkeiten steckt und daher buchhalterisch eine Wertberichtigung der gegen ihn gerichteten Forderung vorge-nommen wird.

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Dies gilt insbesondere für den Fall, dass die hinzugewonnenen liquiden Mittel vollstän-dig oder jedenfalls zum weit überwiegenden Teil zum „Stopfen von Löchern“ des ope-rativen Geschäfts verwendet werden.

Um daher Einnahmenüberschüssen trotz regelmäßig positiver Indizwirkung im Hinblick auf den wirtschaftlichen Erfolg und auch die Liquiditätssituation eines Un-ternehmens eine weitergehende positive Wirkung im Hinblick auf den Gläubigerschutz zuzusprechen, würde es in jedem Einzelfall einer tiefergehenden Analyse der Zusam-mensetzung der Einnahmenüberschüsse bedürfen. Im Hinblick auf den Gläubiger-schutz kann daher Einnahmenüberschüssen pauschal keine positive Indizwirkung zu-gesprochen werden.

bb) Ertragskraft bzw. -fähigkeit

Sofern man zur Bejahung einer positiven Fortbestehensprognose die künftige Er-tragsfähigkeit des Unternehmens fordert, ergeben sich bei Erfüllung dieser Forderung regelmäßig positive Auswirkungen im Hinblick auf eine bestehende rechnerische Über-schuldung. Denn wird von dem Unternehmen künftig stets ein Überschuss der Erträge über den Aufwand erwirtschaftet, so baut sich die rechnerische Überschuldung im Zeitverlauf regelmäßig ab.445) Dies erscheint aus Sicht der Gläubiger auch wünschens-wert, da bei Vorhandensein einer rechnerischen Überschuldung die Position der Gläu-biger insbesondere deshalb gefährdet ist, weil sie vom fortbestehenden Fortführungs-willen der Gesellschafter des Schuldnerunternehmens abhängt.

Wirft man aber einen Blick auf die potentiellen Quellen künftiger Ertragsfähigkeit, so zeigt sich, dass auch bei krisenbehafteten Unternehmen Fälle denkbar sind, in denen sich eine rechnerische Überschuldung nicht abbaut, sondern vielmehr ausweitet. Be-ruht das positive Ergebnis beispielsweise darauf, dass das Unternehmen durch die Ver-äußerung von Vermögensgegenständen – beispielsweise einer Immobilie – stille Reser-ven aufgelöst hat,446) führt auch die Forderung nach künftiger Ertragsfähigkeit nicht

___________ 445) Hierbei ist zu berücksichtigen, dass ein Wertzuwachs bei den Handelsbilanzwerten zwar regelmäßig

auch zu einem Wertzuwachs bei den Liquidationswerten führen wird. Es sind aber zum einen Fälle denkbar, in denen diese Regel ausnahmsweise nicht zutrifft. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass der Wertzuwachs zu Liquidationswerten betragsmäßig in den seltensten Fällen den Wertzu-wachs zu Handelsbilanzwerten erreichen wird, sondern in den weit überwiegenden Fällen geringer ausfallen wird.

446) Durch die Veräußerung eines Vermögensgegenstandes kommt es dann zu einer Auflösung stiller Reserven und damit einem Ertrag, wenn der erzielte Kaufpreis über dem Buchwert liegt.

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dazu, dass das Risiko einer (weiteren) Aushöhlung der Vermögenssubstanz des Unter-nehmens vermieden wird. Umgekehrt sind auch Fälle denkbar, in denen ein für einen gewissen Zeitraum ertragsloses Unternehmen langfristig betrachtet dennoch als wirt-schaftlich erfolgreich eingestuft werden kann. Beispielhaft hierfür sind Unternehmen in der Start-up- oder in einer Sanierungsphase.

Die künftige Ertragsfähigkeit eines Unternehmens mag damit zwar regelmäßig ein Indiz für den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens sein. Ohne eingehende Ana-lyse der Quellen der künftigen Ertragsfähigkeit im Einzelfall wird man aber nicht klären können, ob das betreffende Unternehmen tatsächlich wirtschaftlich erfolgreich ist und ob durch die künftige Ertragsfähigkeit des Unternehmens das Ausfallrisiko der Gläu-biger reduziert wird.

cc) Erlöse in ausreichendem Umfang

Zunächst ist hinsichtlich der Auffassung, die zur Bejahung einer positiven Fortbe-stehensprognose Erlöse in ausreichendem Umfang fordert, zuzugeben, dass es regel-mäßig als positives Indiz im Hinblick auf den wirtschaftlichen Erfolg eines Unterneh-mens zu werten ist, wenn die Kosten eines Abrechnungszeitraums kleiner sind als die Erlöse desselben Abrechnungszeitraums, mithin also ein Überschuss an Erlösen er-wirtschaftet wurde. Die Auffassung vernachlässigt aber, dass von dem Umfang der Erlöse eines Unternehmens nicht ohne weiteres auf dessen Fähigkeit zur Schuldentil-gung geschlossen werden kann. Das bloße Erzielen von Erlösen sagt nämlich noch nichts darüber aus, ob dem Unternehmen in ausreichendem Maße liquide Mittel zur Tilgung der fälligen und fällig werdenden Verbindlichkeiten zur Verfügung stehen.

Liegt beispielsweise ein erheblicher neutraler Aufwand vor – etwa eine Steuernach-zahlung nach einer stattgefundenen Betriebsprüfung –, so kann dieser neutrale Auf-wand existenzgefährdend sein, obwohl das Unternehmen im Rahmen der Kostenrech-nung ein Mehr an Erlösen ausweist. Anders herum kann ein Unternehmen trotz einem Mehr an Kosten dennoch ertragsfähig und auch liquide sein. Dies gilt beispielsweise für den Fall, dass ein Maschinenbauer aus der Vermietung nicht betrieblich genutzter Immobilien in ausreichendem Maße neutrale Erträge erwirtschaftet, um zusammen mit den betrieblichen Erträgen sämtliche Aufwendungen zu decken. Fließen dem Unter-nehmen aus der Vermietung der nicht betrieblich genutzten Immobilien zudem liquide

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Mittel in ausreichendem Umfang zu, so ist nicht ersichtlich, weshalb es aus Gläubiger-sicht ausnahmslos wünschenswert sein soll, das Insolvenzverfahren zu eröffnen.

Auch um anhand des erwarteten Umfangs der Erlöse Rückschlüsse hinsichtlich der zukünftig vorhandenen liquiden Mittel ziehen zu können, wären demnach umfangrei-che Überleitungsrechnungen erforderlich. Eine pauschale positive Indizwirkung kann daher dem Umfang der Erlöse nicht zugesprochen werden.

dd) Rentabilität

Derjenigen Auffassung, die neben der künftigen Zahlungsfähigkeit künftige Ren-tabilität fordert, kann letztlich das gleiche Argument entgegengehalten werden, welches schon der Forderung nach künftiger Ertragsfähigkeit entgegengebracht wurde: Beruht nämlich die Rentabilität etwa darauf, dass das Unternehmen durch die Veräußerung von Vermögensgegenständen stille Reserven aufgelöst hat,447) kommt es hierdurch zu einer (weiteren) Aushöhlung der Vermögenssubstanz des Unternehmens.

Abgesehen davon, dass darüber hinaus gegen eine pauschale Forderung nach künf-tiger Rentabilität ebenso wie gegen eine pauschale Forderung nach künftiger Ertrags-fähigkeit vorgebracht werden kann, dass es einer eingehenden Analyse der Quellen der künftigen Rentabilität im Einzelfall bedarf, um zu klären ob das betreffende Unterneh-men tatsächlich wirtschaftlich erfolgreich ist und ob durch die künftige Rentabilität des Unternehmens das Ausfallrisiko der Gläubiger reduziert wird, ist die Forderung nach künftiger Rentabilität letztlich selbst unter Gläubigerschutzgesichtspunkten ggf. zu weitreichend. Denn der Überschuldungstatbestand soll als obligatorischer Eröffnungs-grund zunächst einmal nur darüber entscheiden, ob der Geschäftsführer unter Gläubi-gerschutzgesichtspunkten in einer gegebenen Situation zur Stellung eines Insolvenzan-trags verpflichtet ist oder nicht. Im Falle eines rechnerisch überschuldeten Unterneh-mens mit nur geringer Ertragslage und damit mangelnder Rentabilität nun pauschal zu unterstellen, dass die Fortführung des Unternehmens für die Gläubiger zu riskant sei, greift zu kurz. Ohne eingehende Analyse der Ertragslage muss vielmehr davon ausge-gangen werden, dass die Fortführung wegen der – zumindest – geringen Erträge aus Sicht der Gläubiger jedenfalls vorteilhaft wäre. Gerade die geringen Erträge sprechen

___________ 447) Durch die Veräußerung eines Vermögensgegenstandes kommt es dann zu einer Auflösung stiller

Reserven und damit einem Ertrag, wenn der erzielte Kaufpreis über dem Buchwert liegt.

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zudem dafür, dass das Interesse der Unternehmenseigner am Unternehmen und damit deren Fortführungswille fortbestehen werden. Möglicherweise geben sich die Unter-nehmenseigner mit den nur geringen Erträgen zufrieden oder nutzen die verhältnismä-ßig gute Ausgangslage, um die Ertragslage durch Sanierungsmaßnahem zu verbessern. Ihnen diese Möglichkeit dadurch abzuschneiden, dass man mangels Rentabilität die verpflichtende Eröffnung des Insolvenzverfahrens fordert, stellt einerseits einen zu weitreichenden Eingriff in die Rechte der Gesellschafter dar. Andererseits sind wie dargestellt auch Fälle denkbar, in denen die Weiterführung des Unternehmens trotz mangelnder Rentabilität auch aus Sicht der Gläubiger wünschenswert ist.

ee) Beseitigung der rechnerischen Überschuldung

Den Vertretern derjenigen Auffassung, die innerhalb des Prognosezeitraums eine Beseitigung der Überschuldung fordert, muss einerseits zugutegehalten werden, dass ihre Sichtweise in besonderem Maße den Begriffskern der Überschuldung berücksich-tigt, wenn sie sich zumindest noch insoweit mit der rechnerischen Überschuldung aus-einandersetzen, als dass die Vermögensdeckung auf absehbare Zeit wiederhergestellt werden müsse.448) Sämtlichen anderen Auffassungen hat sie zudem voraus, dass sie durch das Zusatzerfordernis der Beseitigung der rechnerischen Überschuldung eine klare Abgrenzung zum fakultativen Eröffnungsgrund der drohenden Zahlungsunfä-higkeit erreicht.

Andererseits muss man sich fragen, ob überhaupt alle Arten von Unternehmen in der Lage sind, die Forderung nach einer Beseitigung der rechnerischen Überschuldung innerhalb des Prognosezeitraums zu erfüllen. Man betrachte hierzu etwa den Fall eines anlagenintensiven Unternehmens, etwa den eines Maschinenbauers. Am Anfang der unternehmerischen Tätigkeit stehen erhebliche Investitionen ins Sachanlagevermögen, die meist zu einem nicht unerheblichen Teil durch Fremdkapital finanziert werden. Bewertet man das Vermögen zu Liquidationswerten, so wird von Anfang an eine rech-nerische Überschuldung bestehen, die sich aber über den Zeitverlauf abbauen wird. Denn unter Liquidationsgesichtspunkten hat das Unternehmen im Hinblick auf die neu erworbenen Maschinen kurz nach der Inbetriebnahme die größten Wertverluste hinzunehmen. Unmittelbar einleuchtend ist in diesem Zusammenhang, dass die von

___________ 448) Karollus/Huemer, S. 83.

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dem Unternehmen neu erworbenen Maschinen im Liquidationsfall nur noch als ge-braucht weiterveräußert werden können. Neben dem Anschaffungspreis der Maschi-nen fallen aber oft weitere, teils erhebliche Anschaffungsnebenkosten an. Werden bei-spielsweise für die Maschinen spezielle Fundamente oder gar Gebäude benötigt, kön-nen die hierdurch entstehenden Aufwendungen im Einzelfall sogar höher sein, als der Anschaffungspreis der Maschinen selbst. Derartigen Anschaffungsnebenkosten aber kann im Falle der Liquidation oft keinerlei Wert beigemessen werden. Würden für ei-nen liquidationsbedingten Rückbau der Maschinen weitere Kosten anfallen, so kann im Extremfall eine neuwertige Maschine bereits kurz nach ihrer Inbetriebnahme unter Liquidationsgesichtspunkten nur noch Schrottwert haben. Trotz eines möglicherweise Jahrzehnte andauernden Zustands rechnerischer Überschuldung kann das Unterneh-men trotz alledem von Anfang an wirtschaftlich höchst erfolgreich sein und aufgrund entsprechender Marktverhältnisse dauerhaft erhebliche operative Gewinne erzielen. Einem solchen Unternehmen nun wegen der absehbar nicht zu beseitigenden rechne-rischen Überschuldung eine positive Fortbestehensprognose abzusprechen, wäre auf-grund der aktuellen Ausgestaltung des Insolvenzverfahrens, insbesondere der anfallen-den Verfahrenskosten auch für die ungesicherten Gläubiger nachteilig.

Bereits dieses eine Beispiel zeigt, dass die pauschale Forderung einer mittelfristigen Beseitigung der rechnerischen Überschuldung der in der Realität gegebenen Komple-xität nicht gerecht wird. Den Ansatz der dargestellten Auffassung aufgreifend könnte allenfalls gefordert werden, dass ein rechnerisch überschuldetes Unternehmen stets be-gründete Aussicht darauf haben muss, dass die rechnerische Überschuldung zu irgend-einem Zeitpunkt in der Zukunft abgebaut werden kann. Denn ohne eine derartige Per-spektive würde das der rechnerischen Überschuldung immanente Risiko der nicht voll-ständigen Befriedigung sämtlicher Gläubiger tatsächlich lediglich „konserviert“449). Be-rücksichtigt man in diesem Zusammenhang allerdings, dass manche anlagenintensiven Unternehmen (z.B. Kraftwerke) Jahrzehnte benötigen, bis sich eine Investition „rech-net“, tendiert der Mehrwert einer derartigen Prognose zumindest in solchen Fällen aufgrund des langen Planungszeitraums und des hieraus resultierenden Prognoserisi-kos gegen null.

___________ 449) Vgl. Bähner, KTS 1988, 443 (449 f.).

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ff) Zwischenergebnis

Ob ein Unternehmen künftig wirtschaftlich erfolgreich arbeitet, ist aus Gläubiger-schutzgesichtspunkten letztlich irrelevant. Im Ergebnis interessiert die Gläubiger eines Unternehmens nämlich einzig und allein, ob ihre Forderungen im Zeitpunkt ihrer Fäl-ligkeit vollständig bezahlt werden können. Ob dies der Fall sein wird, kann nicht an-hand eines Blicks auf erfolgsorientierte Größen, sondern nur anhand eines Blicks auf die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens beantwortet werden.

Um anhand von erfolgsorientierten Größen eine Aussage zur Zahlungsfähigkeit des Unternehmens machen zu können, wäre stets eine eingehende Analyse der jewei-ligen erfolgsorientierten Größe, insbesondere zu deren Quellen, erforderlich. Eine ver-lässliche Aussage zur längerfristigen Zahlungsfähigkeit ließe sich zudem verlässlich nur dann treffen, wenn die jeweilige erfolgsorientierte Größe rechnerisch in eine liquidi-tätsorientierte Größe übergeleitet wird. Zur Vermeidung dieses – teils mit erheblichem Mehraufwand verbundenen – Umwegs liegt es daher wesentlich näher, bei der Festle-gung des zusätzlichen Elements der Fortbestehensprognose anstatt auf erfolgsorien-tierte Größen auf eine liquiditätsorientierte Größe abzustellen.

c) Erweiterung des Prognosegegenstands anhand liquiditätsorientierter Größen

aa) Differenzierung nach Innen- und Außenfinanzierung

Wesentliches Merkmal derjenigen Auffassungen, die nach dieser Maßgabe verfah-ren und neben der künftigen Zahlungsfähigkeit auf weitere liquiditätsorientierte Grö-ßen abstellen, ist, dass eine Differenzierung der liquiden Mittel anhand deren Herkunft vorgenommen wird.

Eine dieser Auffassungen verneint eine positive Fortbestehensprognose regelmä-ßig, sobald der zur Überprüfung der Fortbestehensprognose aufzustellende Finanzplan im Rahmen der Innenfinanzierung eine Unterdeckung und damit einen im Wege der Außenfinanzierung zu deckenden Kapitalbedarf aufweist. In einer solchen Situation könne eine Ausnahme nur für den Fall gemacht werden, dass der ermittelte Kapitalbe-darf unter den dargestellten Voraussetzungen finanzierbar sei.

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Bereits der erste Schritt – also die grundsätzliche Außerachtlassung außenfinanzier-ter Mittel – ist unter Gläubigerschutzgesichtspunkten fragwürdig. Denn neben den be-reits oben erwähnten Verlustausgleichsansprüchen gegenüber Dritten, die auf Grund-lage der oben dargestellten Kritik in der Tat bei der Liquiditätsplanung berücksichtigt werden sollten, gilt dies auch für weitere Maßnahmen der Fremdfinanzierung. So sind insbesondere Eigenkapitalzuführungen aus Sicht der Gläubiger stets vorteilhaft, da dem Zuwachs an Aktiva keine entsprechende Erhöhung der Verbindlichkeiten gegen-übersteht.

Über diesen Makel des ersten Schritts der dargestellten Auffassung hilft auch deren zweiter Schritt – also die ausnahmsweise Berücksichtigung außenfinanzierter Mittel im Falle ihrer Finanzierbarkeit – nicht hinweg. Es dürfte nämlich die Gläubiger jedenfalls im Falle von Eigenkapitalzuführungen nicht weiter interessieren, ob die Renditeerwar-tungen der Gesellschafter erfüllt werden oder nicht. Zwar mag im Falle einer Enttäu-schung der Renditeerwartungen die Gefahr größer sein, dass die Gesellschafter die Li-quidation der Gesellschaft beschließen und sich demnach das der rechnerischen Über-schuldung stets immanente Risiko der nicht vollständigen Befriedigung sämtlicher Gläubiger realisiert. Den Gesellschaftern aber bereits vorher die Zuführung weiteren Eigenkapitals deswegen zu verwehren, weil ihre Renditeerwartungen wahrscheinlich nicht erfüllt werden können, dürfte für die ungesicherten Gläubiger des Unternehmens grundsätzlich nicht vorteilhaft sein.

Im Ergebnis bringt eine Differenzierung der liquiden Mittel in innen- und außen-finanzierte Mittel daher keine Vorteile und ist daher abzulehnen.

bb) Positive Cashflows (bzw. Einzahlungsüberschüsse)

Fordert man wie die Vertreter einer weiteren Auffassung positive Cashflows aus laufender Geschäftstätigkeit, so ist diesbezüglich zunächst festzustellen, dass derartige Cashflows grundsätzlich ein deutliches Indiz für ein – zumindest in seinem operativen Kern – wirtschaftlich gesundes Unternehmen ist. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist der Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit zudem ein Indikator für die Finanzkraft des Unternehmens, denn positive Cashflows aus laufender Geschäftstätigkeit können

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zur Finanzierung von neuen Anlageinvestitionen, zur Schuldentilgung oder aber für Ausschüttungen an die Anteilseigner verwendet werden.450)

Im Vergleich zur h.M. wäre durch das Erfordernis künftiger positiver Cashflows aus laufender Geschäftstätigkeit sichergestellt, dass eine operative Schieflage nicht über längere Zeit „quersubventioniert“ würde. Bei einem Unternehmen, das über einen mit-telfristigen Zeitraum im Rahmen seiner laufenden Geschäftstätigkeit „Geld ver-brennt“, könnte daher keine positive Fortbestehensprognose mehr angenommen wer-den.

Obwohl ein positiver Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit demnach grund-sätzlich ein deutliches Indiz für ein – zumindest in seinem operativen Kern – wirt-schaftlich gesundes Unternehmen ist, wäre es im Rahmen der Überprüfung der Fort-bestehensprognose mit der Forderung solcher positiver Cashflows jedoch noch nicht getan. Damit durch die Forderung aus Gläubigersicht ein Mehrwert erreicht wird, wäre vielmehr erforderlich, dass die positiven Cashflows zumindest einen solchen Umfang haben müssen, dass im Bereich der Finanzierungstätigkeit des Unternehmens langfris-tig die fristgerechte Tilgung von Anleihen und Finanzkrediten sichergestellt ist. Bei dieser Forderung kann es sich indes nur um eine Regel handeln, von der bestimmte Ausnahmen gemacht werden müssen.

Zunächst stellt es nämlich keine Verschlechterung der Situation der Gläubiger dar, wenn ein negativer Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit durch entsprechende Einzahlungen seitens der Unternehmenseigner ausgeglichen wird. Aber auch für den Fall, dass ein negativer Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit zeitweise durch be-reits vorhandene liquide Mittel, einen ausnahmsweise positiven Cashflow aus der In-vestitionstätigkeit oder aber einen positiven Cashflow aus der Finanzierungstätigkeit ausgeglichen wird, kann dem betreffenden Unternehmen eine positive Fortbestehens-prognose nicht pauschal abgesprochen werden. Vielmehr ist in einer solchen Situation zu überprüfen, ob die Annahme einer positiven Fortbestehensprognose ausnahms-weise aufgrund objektiv erfolgversprechender Sanierungsmaßnahmen gerechtfertigt erscheint. Denn gerade bei Unternehmen in der Krise sind oft erhebliche Auszahlun-gen erforderlich, um eine durchgreifende Sanierung erst zu ermöglichen (z.B. Ver-

___________ 450) Vgl. hierzu Wöhe, S. 643.

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pflichtungen aus einem Sozialplan wegen der Schließung eines unrentablen Unterneh-mensteils oder die Verpflichtung zur Zahlung eines negativen Kaufpreises aus der Ver-äußerung eines solchen). Zumindest für den Fall objektiv erfolgversprechender Sanie-rungsmaßnahmen muss es daher zulässig sein, dass es für eine gewisse Dauer zu nega-tiven Cashflows aus laufender Geschäftstätigkeit kommt und die benötigte Liquidität in diesem Zeitraum aus den vorhandenen liquiden Mitteln, durch Desinvestitionen o-der durch die Neuaufnahme von Darlehen dargestellt wird. So kann beispielsweise die Veräußerung eines rentablen Unternehmensteils oder einer nicht betriebsnotwendigen Immobilie die erforderliche Liquidität bringen, um das (Rest-)Unternehmen durch Sa-nierungsmaßnahmen erfolgreich aus der Krise zu führen.

Um allerdings bewerten zu können, ob Sanierungsmaßnahmen objektiv erfolgver-sprechend sind, wird meist eine umfassende Analyse des Einzelfalls erforderlich sein. Im Falle eines für die gesamte Dauer des Prognosezeitraums negativen Cashflows aus laufender Geschäftstätigkeit wird folglich die beschränkte Betrachtung einzelner wei-terer erfolgs- oder liquiditätsorientierter Größen nicht genügen, um zu belegen, dass trotz der operativen Schieflage des Unternehmens ausnahmsweise eine positive Fort-bestehensprognose angenommen werden darf.

Sofern die Auszahlungen aber nicht nur ein „Stopfen von Löchern“ darstellen, sondern es sich um einen ernsthaften Sanierungsversuch handelt, ist zu berücksichti-gen, dass kurz- bis mittelfristig eine Liquiditätsgewinnung zulasten der Substanz des Unternehmens oft zwingende Voraussetzung dafür ist, dass mittel- bis langfristig eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage überhaupt noch erreicht werden kann. Dies belegt insbesondere ein Blick auf das sog. Hockey-Stick-Modell451), welches in der Praxis überdurchschnittlich vielen Sanierungskonzepten zugrunde liegt. Bei diesem werden zunächst die im Unternehmen vorhandenen Liquiditätsreserven mobilisiert, um durch diese sodann eine Kostensenkung sowie eine strategische Neuausrichtung herbeizu-führen.452) Plastisch wird das Konzept etwa am Beispiel eines erforderlichen Personal-abbaus, in dessen Zusammenhang Verpflichtungen aus einem Sozialplan zu erfüllen

___________ 451) Vgl. zum Hockey-Stick-Modell Groß/Amen, WPg 2002, 433 (442). 452) Groß/Amen, WPg 2002, 433 (442).

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sind: Nur durch die anfänglichen Auszahlungen kann erreicht werden, dass längerfris-tig die Personalkosten sinken. Ein ähnliches Beispiel stellt die Veräußerung eines un-rentablen Unternehmensteils dar, bei der dem Erwerber vom Veräußerer ein sog. ne-gativer Kaufpreis453) gezahlt wird. Auch hier wird aus Sicht des Veräußerers durch die anfängliche Auszahlung erreicht, dass die verbleibenden rentablen Unternehmensteile nicht länger den unrentablen Unternehmensteil mittragen müssen. Keinen Fall der Kostensenkung, sondern der strategischen Neuausrichtung stellt etwa eine Erweite-rung des Produktportfolios dar. Durch die anfänglichen Auszahlungen im Rahmen der für die Erweiterung erforderlichen Investitionen wird erreicht, dass längerfristig Ein-zahlungsüberschüsse aus dem Absatz des neuen Produkts erzielt werden.

Die gewählten Beispiele zeigen, dass es viele Situationen geben kann, in denen eine Sanierung mithilfe des Hockey-Stick-Modells auch aus Sicht der ungesicherten oder nur teilweise gesicherten Gläubiger sinnvoll sein kann, da sich deren Befriedigungsaus-sichten im Falle einer erfolgreichen Sanierung verbessern. Es liegt aber in der Natur der Sache, dass Sanierungskonzepte auch scheitern können. In der Praxis ist dies leider verhältnismäßig häufig der Fall und liegt nicht selten an im Vorhinein nicht absehbaren zeitlichen Verzögerungen oder höheren Sanierungskosten. Der Grund für ein Schei-tern der Sanierung können aber im Falle eines erforderlichen Schuldenschnitts mög-licherweise auch „räuberische Gläubiger“ sein, die durch Formulierung überzogener Vorstellungen hoffen, einen besseren Schnitt zu machen als die anderen, an dem Schul-denschnitt beteiligten Gläubiger.

Kommt es aufgrund des Scheiterns des Sanierungskonzepts sodann im weiteren Zeitverlauf zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens, ist die Haftungsmasse durch die zur Ermöglichung der Sanierung erfolgten liquiditätsbildenden Maßnahmen und den anschließenden – zumindest teilweisen – Verbrauch der hinzugewonnenen liquiden Mittel weiter verringert worden, ohne dass bereits eine wirtschaftliche Erholung des Unternehmens erreicht werden konnte. Durch die Verringerung der Haftungsmasse haben sich insbesondere die Befriedigungsaussichten der ungesicherten oder nur teil-

___________ 453) Von einem „negativen Kaufpreis“ spricht man, wenn sich der Veräußerer im Rahmen der Veräuße-

rung eines ertragslosen oder gar notleidenden Unternehmens gegenüber dem Erwerber zur Zahlung eines „Draufgeldes“ verpflichtet, vgl. hierzu Beisel, in: Beisel/Klumpp, Der Unternehmenskauf, § 11 Rz. 18.

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weise gesicherten Gläubiger verschlechtert, weshalb diese letztlich als die Leidtragen-den einer gescheiterten Sanierung angesehen werden müssen. Die Position der voll-ständig gesicherten Gläubiger wird sich durch den gescheiterten Sanierungsversuch in den weit überwiegenden Fällen nicht verändert haben. Die Anteilseigner wiederum hatten sowieso „nichts mehr zu verlieren“, da ihre Anteile meist bereits vor Beginn des Sanierungsversuchs wertlos waren. Liquiditätsbildende Maßnahmen, die zwar die Zah-lungsfähigkeit des Unternehmens über einen gewissen Zeitraum aufrechterhalten, letztlich aber lediglich dessen unausweichliche Insolvenz hinauszögern – sei es, weil die hinzugewonnenen liquiden Mittel zum „Stopfen von Löchern“ verwendet werden, sei es, weil mit ihnen sinnlose Sanierungsversuche finanziert werden –, müssen daher aus Gründen des Gläubigerschutzes verhindert werden können.

Dass die positiven Cashflows aus laufender Geschäftstätigkeit darüber hinaus even-tuelle negative Cashflows aus der Investitionstätigkeit ausgleichen, ist hingegen nicht erforderlich. Im Hinblick auf die Finanzierung von Anlagegütern ist es nämlich im Grundsatz unschädlich, wenn diese nicht durch positive Cashflows aus laufender Ge-schäftstätigkeit, sondern durch Vermögenumschichtungen oder Erhöhungen des Fremdkapitals finanziert werden. Dies liegt darin begründet, dass durch den Zugang des betreffenden Anlageguts stets ein Gegenwert für einen eventuellen Abgang von Vermögen (für den Fall einer Vermögensumschichtung) oder eine eventuelle Erhö-hung der Verbindlichkeiten (für den Fall einer Erhöhung des Fremdkapitals) gegeben ist. Wegen dem Risiko, das aus Gläubigersicht Vermögensumschichtungen innewohnt, ist es dementsprechend am zielführendsten, den Cashflow aus der Investitionstätigkeit im Rahmen einer Cashflow-Analyse zur Überprüfung der Fortbestehensprognose ins-gesamt außen vor zu lassen.

3. Ergebnis

In Übereinstimmung mit der h.M. muss im Zusammenhang mit der Fortbestehens-prognose eines Unternehmens zwingend dessen künftige Zahlungsfähigkeit überprüft werden.

Da der Prognosezeitraum insbesondere unter dem Gesichtspunkt des Gläubiger-schutzes zu beschränken ist – nach der h.M. auf einen Zeitraum von ein bis zwei Jahren – und die Zahlungsfähigkeit des betrachten Unternehmens folglich nicht bis in alle Ewigkeit überprüft wird, ist der Prognosegegenstand zu erweitern. Als zusätzliches

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Prognoseelement käme hierbei allenfalls eine betriebswirtschaftliche Größe in Be-tracht, die vom zugrundeliegenden Datenmaterial her in zeitlicher Hinsicht zwar für die Dauer des Prognosezeitraums erhoben wird, anhand derer sich aber – zumindest mittelbar – eine Aussage zur längerfristigen Zahlungsfähigkeit jenseits des Prognose-zeitraums ableiten lässt.

Sämtliche erfolgsorientierten Größen scheiden als zusätzliche Prognoseelemente aus, nachdem für eine verlässliche Aussage zur längerfristigen Zahlungsfähigkeit stets eine eingehende Analyse der jeweiligen erfolgsorientierten Größe, insbesondere zu de-ren Quellen, sowie eine Überleitung der erfolgsorientierten Größe in eine liquiditäts-orientierte Größe erforderlich wären.

Im Hinblick auf liquiditätsorientierte Größen kommt ein Rückgriff auf den Cash-flow aus laufender Geschäftstätigkeit in Betracht. Sind die künftigen Cashflows aus laufender Geschäftstätigkeit (zumindest zum Ende des Prognosezeitraums) positiv und haben diese zudem einen solchen Umfang, dass im Bereich der Finanzierungstä-tigkeit des Unternehmens die fristgerechte Tilgung von Anleihen und Finanzkrediten sichergestellt ist, kann dem betreffenden Unternehmen eine positive Fortbestehens-prognose schlechterdings nicht verwehrt bleiben.

Reichen die künftigen Cashflows aus laufender Geschäftstätigkeit zur fristgerech-ten Tilgung von Anleihen und Finanzkrediten nicht aus oder sind die Cashflows nega-tiv, muss eine positive Fortbestehensprognose hingegen grundsätzlich verneint wer-den. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist dann zu machen, wenn die erwarteten Deckungslücken durch entsprechende Einzahlungen seitens der Unternehmenseigner, bereits vorhandene liquide Mittel, einen ausnahmsweise positiven Cashflow aus der Investitionstätigkeit oder aber Einzahlungen aus der Begebung von Anleihen oder der Aufnahme von Finanzkrediten ausgeglichen werden können. Außer für den Fall von Einzahlungen seitens der Unternehmenseigner muss hierbei jedoch sichergestellt sein, dass objektiv erfolgversprechende Sanierungsmaßnahmen o.Ä. eingeleitet werden, die in absehbarer Zeit und in ausreichendem Maße zu positiven Cashflows aus laufender Geschäftstätigkeit führen. Hierfür ist in jedem Fall eine umfassende Betrachtung des Einzelfalls erforderlich, die beschränkte Betrachtung einzelner weiterer betriebswirt-schaftlicher Größen ist nicht ausreichend.

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E. Anlass zur Erstellung einer Fortbestehensprognose

I. Vorbemerkung

In der Praxis sind zwei weitere entscheidende Fragen im Zusammenhang mit der Fortbestehensprognose zum einen die, wann deren Erstellung erforderlich wird, zum anderen ob – und wenn ja wann – diese zu kontrollieren und ggf. zu aktualisieren ist.

Rechtsprechung und Literatur erörtern derartige Fragen zum Prüfungszeitpunkt vielfach lediglich allgemeiner, und zwar im Zusammenhang mit der Ermittlung des Zeitpunkts einer Überprüfung der Überschuldung insgesamt. Nachdem die h.M. im Rahmen des modifizierten zweistufigen Überschuldungsbegriffs jedoch davon aus-geht, dass die Überschuldungsprüfung mit der Erstellung der Fortbestehensprognose beginnt,454) ist der Zeitpunkt, in dem eine Überprüfung der Überschuldung insgesamt für erforderlich gehalten wird, in den weit überwiegenden Fällen identisch mit dem Zeitpunkt, in dem die Erstellung einer Fortbestehensprognose erforderlich ist. Wird daher im Folgenden, insbesondere bei der Heranziehung von Rechtsprechung und Li-teratur, teilweise verallgemeinernd vom Zeitpunkt der Überschuldungsprüfung gespro-chen, so ist dieser Zeitpunkt mit dem Zeitpunkt der Erstellung einer Fortbestehens-prognose gleichzusetzen.

II. Abstrakter Anlass zur Erstellung einer Fortbestehensprognose

Rechtsprechung und Literatur, die sich abstrakt mit dem Anlass zur Erstellung ei-ner Fortbestehensprognose befasst, bleibt zu weiten Teilen denkbar unbestimmt. So geht die überwiegende Auffassung davon aus, die Überschuldungsprüfung sei erst bei „handfesten Krisensymptomen“455) bzw. in der „Unternehmenskrise“456) durchzuführen. Je schlechter hierbei die wirtschaftliche Lage des Unternehmens sei, desto dringender sei zu prüfen, ob ein Insolvenzgrund vorliege.457)

___________ 454) Vgl. statt vieler IDW S 11, Rz. 53. 455) Karollus/Huemer, S. 131 (zum österreichischen Recht); ähnlich Drews, S. 180; IDW S 11, Rz. 2, 94. 456) Ebenso Uhlenbruck, in: Uhlenbruck, Kommentar zur InsO, 13. Auflage (Vorauflage), § 19 Rz. 54. 457) Vgl. Hater, S. 63.

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Jedenfalls im Ansatz eindeutiger ist eine andere Auffassung, nach der die Über-schuldung eines Unternehmens und damit auch dessen Fortbestehensprognose zu je-dem Zeitpunkt geprüft werden müsse, da es eine kontinuierliche Selbstprüfungspflicht des Unternehmens gebe.458) Was im Zeitverlauf variiere, sei nicht die Prüfungspflicht insgesamt, sondern vielmehr die Intensität, mit welcher dieser nachgegangen werden müsse.459)

Zu überzeugen vermag letztlich nur, die Überprüfung der Insolvenzantragspflicht als ständigen Bestandteil des Pflichtenkatalogs des Geschäftsführers zu begreifen. Mit welcher Intensität er diese Überprüfung durchführen muss, kann aufgrund der Realität des Unternehmensalltags nur eine Frage des Einzelfalls sein. Der Leiter eines hochpro-fitablen Unternehmens, das zeitlebens nur Gewinne erwirtschaftet hat und bis dato zu keinem Zeitpunkt auch nur in die Nähe von Liquiditätsschwierigkeiten gekommen ist, wird also weniger Anlass zur Überprüfung der Insolvenzantragspflicht haben als der Leiter eines Unternehmens, das seit Jahren mit Umsatzrückgängen und Verlusten zu kämpfen hat und dessen Finanzierung „auf wackligen Beinen“ steht.

III. Konkrete Anlässe zur Erstellung einer Fortbestehensprognose

1. Vorbemerkung

Bei der Entwicklung einer Unternehmenskrise spielt betriebswirtschaftlich betrach-tet meist eine Vielzahl von Faktoren zusammen, denn bei der Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage eines Unternehmens handelt es sich meist um einen schleichen-den Prozess, und nicht etwa um ein singuläres Ereignis.460) Auch der BGH äußerte in diesem Zusammenhang die Ansicht, der genaue Zeitpunkt des Eintritts einer finanzi-ellen Krise sei oft für den Betroffenen selbst nicht eindeutig und für Außenstehende noch schwerer zu erkennen.461) In der Literatur wird darauf aufbauend die Auffassung

___________ 458) K. Schmidt, ZIP 2013, 485 (490); ders., in: K. Schmidt/Uhlenbruck, Die GmbH in Krise, Sanierung

und Insolvenz, Rz. 1.35, 11.1 ff. 459) Vgl. K. Schmidt, ZIP 2013, 485 (490). 460) Auch das IDW ist der Auffassung, dass Unternehmen in der Krise regelmäßig verschiedene Stadien

durchlaufen, wobei sich in der Entwicklung bis hin zur Insolvenz die Stadien der Stakeholder-, Stra-tegie-, Produkt- und Absatzkrise sowie der Erfolgs- und Liquiditätskrise unterscheiden lassen, vgl. hierzu IDW S 6, Rz. 62 ff.

461) BGH, Urteil v. 6. April 2000 – Az. IX ZR 422/98, abgedruckt in NJW 2000, 1950.

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vertreten, es sei aus diesem Grund ebenso wenig möglich, die Überschuldung datums-genau festzustellen, wie den Anlass zur Überschuldungsprüfung exakt zu terminie-ren.462)

Um konkrete Anlässe für eine Überschuldungsprüfung und damit die Erstellung einer Fortbestehensprognose dennoch so weit als möglich festzulegen, haben sich in Rechtsprechung und Literatur etliche Krisenanzeichen herausgebildet, bei deren Vor-liegen der Unternehmensleiter üblicherweise eine Überschuldungsprüfung durchfüh-ren müsse. Bei der Festlegung dieser Krisenanzeichen bewegt man sich stets im Span-nungsfeld zwischen Gläubigerschutz auf der einen Seite und Schutz des Unternehmens vor unnötigen Kosten auf der anderen Seite. Dem jeweiligen Krisenanzeichen muss daher zum Schutz des Unternehmens zum einen ein gewisses Mindestmaß an Risiko für die Gläubiger innewohnen, damit es als Anlass zur Überschuldungsprüfung heran-gezogen werden darf.

Zum anderen gilt es zu berücksichtigen, dass insbesondere die Rechtsprechung sich naturgemäß nur in solchen Fällen mit konkreten Anlässen zur Überschuldungsprüfung beschäftigt, in denen es im weiteren Zeitverlauf tatsächlich zur Insolvenz gekommen ist. Die Rechtsprechung klärt daher nur, ob der betreffende Geschäftsführer zu dem durch den Klageantrag definierten Zeitpunkt eine Überschuldungsprüfung hätte ein-leiten müssen. Dieser Zeitpunkt wird aber in den weit überwiegenden Fällen nicht der-jenige sein, in dem der Geschäftsführer erstmalig eine Überschuldungsprüfung hätte einleiten müssen. Weitergehende Ausführungen dazu, ob der Geschäftsführer im Ein-zelfall schon früher die Überschuldung hätte prüfen müssen, wird das Gericht daher nur selten machen.

2. Erstellung des Jahresabschlusses

Ein Anlass zur Überschuldungsprüfung soll die Erstellung des Jahresabschlusses sein, nachdem aufgrund der Regelung des § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB im Rahmen der Erstellung des Jahresabschlusses ebenfalls eine Prognose hinsichtlich der Fortführung des Unternehmens erstellt werden müsse.463)

___________ 462) Hater, S. 63. 463) Vgl. Uhlenbruck, in: Uhlenbruck, Kommentar zur InsO, 13. Auflage (Vorauflage), § 19 Rz. 54.

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Nach § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB ist bei der Bewertung der im Jahresabschluss aus-gewiesenen Vermögensgegenstände und Schulden von der Fortführung der Unterneh-menstätigkeit auszugehen, sofern dem nicht tatsächliche oder rechtliche Gegebenhei-ten entgegenstehen. Der vom Gesetz für die Zwecke der Bewertung unterstellte Re-gelfall ist damit die Fortsetzung der Unternehmenstätigkeit (sog. going-concern-concept).464) Davon könne ohne weiteres ausgegangen werden, wenn das Unternehmen in der Ver-gangenheit nachhaltige Gewinne erzielt habe, leicht auf finanzielle Mittel zurückgreifen könne und keine bilanzielle Überschuldung drohe (sog. implizite Fortführungsprog-nose).465)

Liegen diese Voraussetzungen nicht vor und verfügt das Unternehmen auch nicht über ausreichende stille Reserven, sollen die gesetzlichen Vertreter eingehende Unter-suchungen zur Unternehmensfortführung anhand aktueller, hinreichend detaillierter und konkretisierter interner Planungsunterlagen, insbesondere eines Finanzplans, an-zustellen haben (sog. explizite Fortführungsprognose).466) Eine tatsächliche Gegeben-heit, die in diesem Fall einer positiven bilanzrechtlichen Fortführungsprognose entge-genstehen könne, sei insbesondere das Vorliegen eines Insolvenzgrundes.467)

Zustimmend lässt sich daher konstatieren, dass im Zuge der Erstellung des Jahres-abschlusses die Überschuldungsprüfung und damit die Erstellung einer Fortbestehens-prognose immer dann erforderlich sein werden, wenn dem Unternehmen keine impli-zite positive handelsrechtliche Fortführungsprognose gestellt werden kann und zudem keine ausreichenden stillen Reserven vorhanden sind. Sind die Krisenanzeichen, die im

___________ 464) Winkeljohann/Büssow, in: Beck‘scher Bilanz-Kommentar, § 252 HGB Rz. 9. 465) Winkeljohann/Büssow, in: Beck‘scher Bilanz-Kommentar, § 252 HGB Rz. 10; ähnlich Ehlers, NZI

2011, 161 (164), der jedoch zusätzlich die Wiedererlangung der nachhaltigen Ertragsfähigkeit for-dert; ähnlich zudem IDW PS 270, Rz. 9, wonach die gesetzlichen Vertreter zwar nicht „ohne weite-res“, aber zumindest „grundsätzlich“ von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit ausgehen können, sofern die genannten Kriterien erfüllt sind; dem IDW zustimmend Lilienbecker/Link/Raben-horst, BB 2009, 262 (263).

466) IDW PS 270, Rz. 10; ebenso Lilienbecker/Link/Rabenhorst, BB 2009, 262 (264); ebenso und hierbei den Begriff der „expliziten Fortführungsprognose“ verwendend Winkeljohann/Büssow, in: Beck‘scher Bilanz-Kommentar, § 252 HGB Rz. 10.

467) Vgl. Ballwieser, in: Münchener Kommentar zum HGB, Band 4, § 252 Rz. 11; Merkt, in: Baum-bach/Hopt, Kommentar zum HGB, § 252 Rz. 7; Morck, in: Koller/Kindler/Roth/Morck, Kom-mentar zum HGB, § 252 Rz. 3.

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Rahmen der Erstellung des Jahresabschlusses eine explizite handelsrechtliche Fortfüh-rungsprognose erforderlich machen, bereits vor Erstellung des Jahresabschlusses auf-getreten und dem Geschäftsführer auch bekannt geworden, so handelt es sich bei der Erstellung des Jahresabschlusses indes nicht um den Zeitpunkt, in dem die Überschul-dung und damit die insolvenzrechtliche Fortbestehensprognose des Unternehmens erstmalig zu hinterfragen sind. Oder anders gesprochen: Hätte der Geschäftsführer das betreffende Krisenanzeichen schon vor Erstellung des Jahresabschlusses erkennen können, hätte er auch schon früher eine Überschuldungsprüfung einleiten müssen.

3. Bereits getroffener Liquidationsbeschluss

Ein weiterer Anlass zur Erstellung einer Fortbestehensprognose soll ein bereits ge-troffener Liquidationsbeschluss sein.468)

Diese Auffassung lässt allerdings unberücksichtigt, dass die Fortbestehensprognose bei bereits getroffenem Liquidationsbeschluss in den weit überwiegenden Fällen nega-tiv ausfällt. Schließlich dient die Liquidation dazu, die laufenden Geschäfte der Gesell-schaft zu beendigen, deren Verpflichtungen zu erfüllen, die Forderungen derselben einzuziehen und das Vermögen der Gesellschaft in Geld umzusetzen (vgl. § 70 Satz 1 Halbsatz 1 GmbHG). Zur Beendigung schwebender Geschäfte können zwar auch neue Geschäfte eingegangen werden (vgl. § 70 Satz 2 GmbHG). Da der Eintritt in die Liquidation aber zur Beendigung der werbenden Tätigkeit der Gesellschaft führt, wird der Liquidationszweck durch solche neuen Geschäfte verletzt, die nach Art und Um-fang zu einer faktischen Rückumwandlung in eine werbende Gesellschaft führen.469) Mit Fassung eines Liquidationsbeschlusses wird daher in den weit überwiegenden Fäl-len der Fortführungswille der Unternehmenseigener entfallen und die insolvenzrecht-liche Fortbestehensprognose demzufolge negativ ausfallen.470) Richtig wäre daher, im Falle eines bereits getroffenen Liquidationsbeschlusses nicht die Erstellung einer Fort-bestehensprognose, sondern vielmehr die Erstellung eines Überschuldungsstatus zu fordern.

___________ 468) Karollus/Huemer, S. 132 (zum österreichischen Recht). 469) Etwas anderes soll nach der h.M. für die handelsrechtliche Fortführungsprognose gelten, da auch

nach der Auflösung der Gesellschaft von der Fortführung des Unternehmens auszugehen sei, vgl. H.-F. Müller, in: Münchener Kommentar zum GmbHG, Band 3, § 70 Rz. 21.

470) H.-F. Müller, in: Münchener Kommentar zum GmbHG, Band 3, § 71 Rz. 26 m.w.N.

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4. Deutlicher Rückgang betriebswirtschaftlicher Erfolgsgrößen

Weitere Anlässe zur Erstellung einer Fortbestehensprognose sollen ein deutlicher Umsatzrückgang, deutlich sinkende Auftragseingänge oder ein seit längerem nicht um-geschlagenes Warenlager zu verzeichnen sein.471) Diese Sichtweise dürfte sich derge-stalt verallgemeinern lassen, dass deutliche Rückgänge betriebswirtschaftlicher Erfolgs-größen eine Überschuldungsprüfung erforderlich machen sollen.

Einer derart pauschalen Herangehensweise wird zwar entgegengehalten, dass ein negativer Geschäftsverlauf nicht zwingend in eine Überschuldung münden müsse.472) Dem wiederum ist aber entgegenzuhalten, dass aus Gläubigerschutzgesichtspunkten nicht nur solche Ereignisse Anlass zur Überschuldungsprüfung sein sollten, die „zwin-gend“ in eine Überschuldung münden, sondern vielmehr auch solche, bei denen dies häufig oder zumindest überdurchschnittlich oft der Fall ist. Davon aber wird man bei einem Rückgang betriebswirtschaftlicher Erfolgsgrößen zumindest dann ausgehen müssen, wenn der negative Geschäftsverlauf bereits einen erheblichen Umfang ange-nommen hat. Dies gilt umso mehr, als viele Unternehmen, die operativ als solide an-gesehen werden können, zu Liquidationswerten bereits rechnerisch überschuldet sein werden. Abschließend muss aber dennoch festgestellt werden, dass mit dem Begriff des „deutlichen Rückgangs betriebswirtschaftlicher Erfolgsgrößen“ eine Situation be-schrieben wird, die wenig konkret und daher für die Definition eines konkreten Anlas-ses zur Erstellung einer Fortbestehensprognose auch wenig geeignet ist.

5. Einzelne negative Geschäftsvorfälle von einigem Umfang

Eine weitere Auffassung verlangt die Erstellung einer Fortbestehensprognose bei einzelnen negativen Geschäftsvorfällen von einigem Umfang. Dies soll beispielsweis der Fall sein bei hohen Verlusten aus einzelnen Geschäften, hohen außerplanmäßigen Abschreibungen oder dem Eintritt hoher Haftungsrisiken.473) Auch der Nichteingang einer bedeutenden, seit längerem fälligen Forderung wird in diesem Zusammenhang genannt.474)

___________ 471) Förschle/Hoffmann, in: Winkeljohann/Förschle/Deubert, Sonderbilanzen, Abschnitt P Rz. 80; ähn-

lich Mock, in: Uhlenbruck, Kommentar zur InsO, § 19 Rz. 47. 472) Möhlmann-Mahlau/Schmitt, NZI 2009, 19 (21). 473) Hater, S. 64. 474) Förschle/Hoffmann, in: Winkeljohann/Förschle/Deubert, Sonderbilanzen, Abschnitt P Rz. 80.

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Dass ein einzelner Geschäftsvorfall eine vormals positive in eine negative Fortbe-stehensprognose umkehrt ist durchaus denkbar, hängt aber maßgeblich vom Umfang des jeweiligen Geschäftsvorfalls ab. Erst wenn dieser – etwa aufgrund dessen Relation zu den liquiden Mitteln oder dem Eigenkapital – erhebliche Auswirkungen auf den Geschäftsverlauf hat, wird die Fortbestehensprognose ernsthaft gefährdet und aus die-sem Grund zu überprüfen sein. Es ist daher erneut eine Frage des konkreten Einzel-falls, ob der betreffende Geschäftsvorfall ein solches Ausmaß hat, dass bereits eine Überschuldungsprüfung einzuleiten ist. Für die Definition eines konkreten Anlasses zur Erstellung einer Fortbestehensprognose ist daher auch der Begriff des „negativen Geschäftsvorfalls von einigem Umfang“ wenig geeignet.

6. Verbindlichkeiten von einigem Umfang

Eine weitere Auffassung verlangt die unverzügliche Prüfung von Insolvenzauslö-setatbeständen, sobald Verbindlichkeiten in beträchtlicher Höhe auflaufen.475) Nach ähnlicher Ansicht soll eine Fortbestehensprognose bei anhängigen Passivprozessen über erhebliche Verbindlichkeiten zu erstellen sein.476) In die gleiche Richtung zielt eine weitere Ansicht, die die Erstellung der Fortbestehensprognose bei Existenz eines „über-zogenen Kreditrahmens“ fordert.477)

Zuzustimmen ist dieser Auffassung zwar insoweit, als ein Unternehmen bei Errei-chen eines bestimmten Umfangs an Verbindlichkeiten und damit bei Vorliegen einer bestimmten Kapitalstruktur nicht mehr sinnvoll fortgeführt werden kann. Will man diesen Umfang konkret bestimmen, erscheint ein Rückgriff auf in der Betriebswirt-schaftslehre bekannte Finanzierungs- und Bilanzregeln, insbesondere die sog. goldene Bilanzregel sinnvoll.

Exkurs: Kapitalstruktur und Finanzierungsregeln

Unter dem Begriff der Kapitalstruktur versteht man die Gliederung des Kapi-tals in Eigenkapital und verschiedene Positionen des Fremdkapitals (langfristige Dar-lehen, kurzfristige Darlehen, Lieferantenverbindlichkeiten usw.).478) Im Hinblick auf

___________ 475) Haas, in: Baumbach/Hueck, Kommentar zum GmbHG, 20. Auflage (Vorauflage), § 64 Rz. 61. 476) Karollus/Huemer, S. 132 (zum österreichischen Recht). 477) Hater, S. 64. 478) Wöhe, S. 593.

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die optimale Gestaltung haben sich in der Betriebswirtschaftslehre im Laufe der Zeit einige Finanzierungsregeln herausgebildet, deren Ziel es ist, bei gegebener Vermö-gensstruktur die Kapitalstruktur so zu gestalten, dass die Zahlungsfähigkeit langfris-tig gesichert ist.479) Man unterscheidet hierbei zwischen der vertikalen Finanzierungs-regel, die die Passivseite der Bilanz isoliert betrachtet, und horizontalen Finanzie-rungsregeln, die eine Beziehung zwischen der Vermögensstruktur und der Kapital-struktur herstellen.480)

Die vertikale Finanzierungsregel verlangt in ihrer strengsten Form, dass das Eigenkapital (EK) mindestens so hoch sein soll wie das Fremdkapital (FK).481) In abgemilderter Form hält man ein Kapitalstrukurverhältnis von EK : FK = 1 : 1 für erstrebenswert, EK : FK = 1 : 2 für solide und EK : FK = 1 : 3 für noch zulässig.482) Die vertikale Finanzierungsregel fußt hierbei auf der Annahme, dass ein Unterneh-men umso kreditwürdiger ist und umso mehr Verluste verkraften kann, je höher das Eigenkapital ist.483) Da die vertikale Finanzierungsregel in ihrer starren Verallgemei-nerung insbesondere Branchenzugehörigkeit und Vermögenszusammensetzung ver-nachlässigt, wird sie jedoch im Ergebnis für unbrauchbar gehalten.484)

In der Praxis relevanter als die vertikale Finanzierungsregel sind die horizonta-len Finanzierungsregeln, die eine Fristenkongruenz zwischen der Mittelverwen-dung und der Mittelverfügbarkeit fordern.485) Die sog. goldene Finanzierungsregel ist im Bankgewerbe entstanden und besagt, dass die Bank kurzfristig hereingenom-mene Kundengelder (sog. Passivgeschäft) nur kurzfristig ausleihen darf (sog. Aktiv-geschäft).486) Auf andere Wirtschaftsbereiche lässt sich die goldene Finanzierungsre-gel nicht ohne weiteres übertragen, da es dort an der banküblichen Querbeziehung zwischen Aktiv- und Passivgeschäft fehlt: Steht auf der Aktivseite der Bilanz bei-spielsweise eine Maschine mit einer Nutzungsdauer von zwei Jahren und eine weitere

___________ 479) Wöhe, S. 594. 480) Wöhe, S. 594. 481) Wöhe, S. 594. 482) Wöhe, S. 594. 483) Wöhe, S. 596. 484) Wöhe, S. 596. 485) Vgl. Wöhe, S. 596. 486) Wöhe, S. 596.

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mit einer Nutzungsdauer von zwanzig Jahren, lässt sich in aller Regel – insbesondere für einen Externen – nicht feststellen, welche Maschine mit Eigenkapital oder lang-fristigem bzw. kurzfristigem Fremdkapital finanziert wurde.487)

An dieser Stelle setzt die sog. goldene Bilanzregel ein, die sich auf eine pau-schalierte Fristenkongruenz beschränkt: Langfristig gebundenes Vermögen soll lang-fristig, kurzfristig gebundenes Vermögen darf kurzfristig finanziert werden.488) In ih-rer weitesten Fassung besagt die goldene Bilanzregel, dass Anlagevermögen und langfristig gebundenes Umlaufvermögen mit Eigenkapital bzw. langfristigem Fremd-kapital finanziert sein müssen und nur das kurzfristig gebundene Umlaufvermögen mit kurzfristigem Kapital finanziert werden darf.489)

So wünschenswert aus Gläubigersicht die Einhaltung der goldenen Bilanzregel auch sein mag, gilt es zu berücksichtigen, dass diese in vielen Fällen den Interessen der Gesellschafter zuwiderläuft. Wesentlicher Grund hierfür ist der sog. Leverage-Effekt, der die Hebelwirkung des Fremdkapitals beschreibt, wonach mit vermehrtem Einsatz von Fremdkapital – unter günstigen Bedingungen – eine Erhöhung der Eigenkapital-rentabilität erreicht werden kann.490) Solange also die Rentabilität des Gesamtkapitals (Eigenkapital + Fremdkapital) höher ist als der Fremdkapitalzins, ist es für die Gesell-schafter sinnvoll, weiteres Fremdkapital aufzunehmen, da durch diese Maßnahme die Eigenkapitalrentabilität steigt.491)

Damit wird eines deutlich: Solange der Cashflow aus der laufenden Geschäftstätig-keit einen solchen Umfang hat, dass Zins- und Tilgungsleistungen im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit geleistet werden können, spielt der betragsmäßige Umfang des Fremdkapitals oder dessen Verhältnis zur Bilanzsumme keine entscheidende Rolle. Viel interessanter wäre demnach ein Blick auf die mit den Fremdkapitalgebern vereinbarten Zins- und Tilgungsbestimmungen. Ein langfristiges, vollständig besichertes und daher in aller Re-gel niedrigverzinsliches Darlehen spricht insoweit für ein geringeres Risiko für die

___________ 487) Wöhe, S. 596. 488) Wöhe, S. 596 f. 489) Wöhe, S. 597. 490) Wöhe, S. 602. 491) Umfassend hierzu Wöhe, S. 602 f.

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sonstigen Gläubiger als ein kurzfristiges, unbesichertes und daher in aller Regel hoch-verzinsliches Darlehen.

7. Kreditunwürdigkeit

Ein ähnlicher Anlass zur Erstellung einer Fortbestehensprognose soll der Eintritt der Kreditunwürdigkeit eines Unternehmens sein.492)

Bei dem Begriff der Kreditunwürdigkeit handelte es sich um einen Fachterminus aus dem – mittlerweile obsolet gewordenen493) – Bereich der eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen. Hiernach waren Gesellschafter mit ihren Darlehensforderun-gen – entgegen der heutigen Regelung des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO – nur dann als nach-rangige Insolvenzgläubiger einzustufen, sofern besondere Voraussetzungen gegeben waren. Bei dem hierbei insbesondere zu überprüfenden Merkmal der Kreditunwürdig-keit ging es darum festzustellen, ob die Gesellschaft einen zur Fortführung ihres Ge-schäftsbetriebs erforderlichen Kreditbedarf nicht aus eigener Kraft decken konnte und deshalb liquidiert werden hätte müssen, wenn nicht der Gesellschafter mit seiner Leis-tung einsprang oder eingesprungen wäre.494)

Der Auffassung, nach welcher der Eintritt der Kreditunwürdigkeit ein Anlass zur Überprüfung der Fortbestehensprognose sein soll, wird entgegengehalten, dass dieser Zeitpunkt nicht genau bestimmbar sei.495) Hierzu ist zunächst festzustellen, dass auch im Rahmen des Eigenkapitalersatzrechts nicht derjenige Zeitpunkt bestimmt wurde, in dem die Kreditunwürdigkeit der Gesellschaft eingetreten war. Vielmehr wurde anhand eines konkreten Sachverhalts überprüft, ob ein bestimmtes Gesellschafterdarlehen zu einem bestimmten Zeitpunkt eigenkapitalersetzenden Charakter hatte. Die Frage, ob die Kreditunwürdigkeit der Gesellschaft bereits vor diesem Zeitpunkt eingetreten war, war hierbei ebenso unerheblich wie die Frage, wann genau die Kreditunwürdigkeit ein-getreten war.

Beschäftigt man sich darüber hinaus näher mit diesbezüglicher Rechtsprechung und Literatur, so wird deutlich, dass die Feststellung der Kreditunwürdigkeit stets an-hand des konkreten Einzelfalls unter Heranziehung verschiedener Indizien erfolgte.

___________ 492) Wagner, in: IDW, Neuorientierung der Rechenschaftslegung, S. 174 ff. 493) Die betreffenden §§ 32a, 32b GmbHG wurden durch das MoMiG aufgehoben, ausführlich zu den

Änderungen Poepping, BKR 2009, 150 ff. 494) BGH, Urteil v. 11. Oktober 2011 – Az. II ZR 18/10, abgedruckt in NZI 2011, 952 (952 f.). 495) Möhlmann-Mahlau/Schmitt, NZI 2009, 19 (21).

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Daher ist der vorgetragenen Kritik insoweit zuzustimmen, als dass bei Heranziehung des Eintritts der Kreditunwürdigkeit als Anlass zur Überschuldungsprüfung letztlich der eine, nicht näher bestimmbare Zeitpunkt durch einen anderen, ebenfalls nicht nä-her bestimmbaren Zeitpunkt ausgetauscht würde.

8. Sanierungsbedürftigkeit

Eine weitere Ansicht schlägt die Sanierungsbedürftigkeit eines Unternehmens als Anlass zur Erstellung der Fortbestehensprognose vor.496)

Bei dem Begriff der Sanierungsbedürftigkeit handelt es sich um einen Fachtermi-nus, der u.a. im Bereich der Sanierungsdarlehen verwendet wird.497) Bei einem Sanie-rungsdarlehen handelt es sich um ein Darlehen, das ein Kreditinstitut, meistens die sog. Hausbank, einem sanierungsbedürftigen Unternehmen zum Zwecke der Sanierung, also mit dem Ziel der Insolvenzabwendung, insbesondere bei drohender Zahlungsun-fähigkeit (§ 18 Abs. 2 InsO) gewährt.498) Ein Unternehmen soll in diesem Zusammen-hang als sanierungsbedürftig gelten, wenn es die Betriebssubstanz, um das Unterneh-men fortzuführen und die Verpflichtungen zu erfüllen, nicht aufrechterhalten könne und für das Unternehmen, wenn sich dessen wirtschaftliche Lage weiter verschlechtert, ein Insolvenzantrag wegen Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit gestellt werden müsse.499)

Letztlich muss auch die Heranziehung der Sanierungsbedürftigkeit eines Unterneh-mens als Anlass zur Überschuldungsprüfung insoweit kritisiert werden, als wiederum lediglich der eine, nicht näher bestimmbare Zeitpunkt durch einen anderen, ebenfalls nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt ausgetauscht wird.

9. Drohende Zahlungsunfähigkeit

Nach einer weiteren Auffassung soll sich ein Anlass zur Überschuldungsprüfung für den Geschäftsführer dann ergeben, wenn konkrete Anzeichen einer drohenden Zahlungsunfähigkeit vorlägen, da regelmäßig der Zustand der Überschuldung einer Zahlungsunfähigkeit vorausgehe.500)

___________ 496) Hater, S. 64. 497) Vgl. zu Sanierungsdarlehen Wallner, NZI 2006 553 (553 ff.) 498) Häuser, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 85 Rz. 8 m.w.N. 499) Hater, S. 64; vgl. auch Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis, Rz. 5.28 m.w.N. 500) Mätzig, in: BeckOK GmbHG, § 64 Rz. 31.

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Nachdem wesentliche Voraussetzung einer positiven Fortbestehensprognose die künftige Zahlungsfähigkeit des betreffenden Unternehmens ist, würde eine drohende Zahlungsunfähigkeit – zumindest bei Zugrundelegung eines einheitlichen Prognose-zeitraums – in den weit überwiegenden Fällen auch zu einer negativen Fortbestehens-prognose führen. Richtigerweise sollten daher konkrete Anzeichen einer drohenden Zahlungsunfähigkeit in der Tat Anlass sein, die künftige Zahlungsfähigkeit im Rahmen einer Fortbestehensprognose näher zu analysieren und ggf. – nämlich bei negativem Prüfergebnis – einen Überschuldungsstatus aufzustellen.

10. Hälftiger Verlust des Stamm- bzw. Grundkapitals

Nach ganz h.M. soll der Geschäftsführer einer GmbH stets zur Überschuldungs-prüfung und damit zur Erstellung der Fortbestehensprognose verpflichtet sein, sobald er wegen hälftigen Verlustes des Stammkapitals zur Einberufung der Gesellschafter-versammlung verpflichtet sei.501) Dies ist nach § 49 Abs. 3 GmbHG der Fall, wenn sich aus der Jahresbilanz oder aus einer im Laufe des Geschäftsjahres aufgestellten Bilanz ergibt, dass die Hälfte des Stammkapitals verloren ist. Entsprechende Einberufungs-verpflichtungen existieren zulasten des Vorstands einer Aktiengesellschaft (§ 92 Abs. 1 AktG) sowie zulasten des Vorstands einer Genossenschaft (§ 33 Abs. 3 GenG) und werden im Hinblick auf einer Verpflichtung zur Überschuldungsprüfung entsprechend herangezogen.

Trotz des unterschiedlichen Wortlauts der verschiedenen Regelungen502) geht die ganz h.M. davon aus, dass es nach allen Normen auf das Vorliegen einer Bilanz ebenso

___________ 501) Karollus/Huemer, S. 131 (zum österreichischen Recht); Nickert, in: Nickert/Lamberti, Überschul-

dungs- und Zahlungsunfähigkeitsprüfung, Rz. 286; a.A. Mätzig, in: BeckOK GmbHG, § 64 Rz. 31, der bei hälftigem Verlust des Stammkapitals eine Überschuldungsprüfung „nur im Einzelfall“ ver-langt.

502) Nach dem Wortlaut des § 49 Abs. 3 GmbHG scheint sich die Verpflichtung des Geschäftsführers zur Einberufung der Gesellschafterversammlung nur für den Fall zu ergeben, dass sich der hälftige Verlust des Stammkapitals „aus der Jahresbilanz oder einer im Laufe des Geschäftsjahres aufgestellten Bilanz ergibt“. Nach dem Wortlaut des § 92 Abs. 1 AktG scheint sich für den Vorstand einer Aktiengesell-schaft eine entsprechende Verpflichtung zur Einberufung der Hauptversammlung darüber hinaus für den Fall zu ergeben, dass ein hälftiger Verlust des Grundkapitals „bei pflichtgemäßem Ermessen“ anzunehmen ist.

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wenig ankommen könne, wie darauf, dass der Kapitalverlust aus dieser Bilanz ersicht-lich sei.503) Der Geschäftsführer sei vielmehr verpflichtet, die finanzielle Lage der Ge-sellschaft laufend zu überwachen und – sobald er aufgrund konkreter Anhaltspunkte den Verdacht eines Verlusts des hälftigen Stamm- bzw. Grundkapitals habe – notfalls eine Zwischenbilanz zu erstellen.504) Darüber – und insbesondere über den Wortlaut des § 49 Abs. 3 GmbHG – hinaus bestehe eine Einberufungspflicht des Geschäftsfüh-rers auch dann, wenn er von einem entsprechenden Absinken des Eigenkapitals ohne Aufstellung einer Zwischenbilanz Kenntnis habe („Bilanz im Kopf des Geschäftsfüh-rers“).505)

Die Regelungen zur Anzeigepflicht bei hälftigem Verlust des Stamm- bzw. Grund-kapitals stellen einen wichtigen Bestandteil eines übergreifenden Systems gläubiger-schützender Regelungen des Zivil-, Straf-, Gesellschafts-, Handels- und Insolvenz-rechts dar.506) Nachdem bei einem bereits hälftigen Verlust des Stamm- bzw. Grund-kapitals die nicht unerhebliche Gefahr besteht, dass die Gesellschaft zu im Vergleich zu Handelsbilanzwerten meist niedrigeren Liquidationswerten bereits rechnerisch überschuldet ist, muss der Eintritt einer solchen Situation demnach durchaus Anlass sein, die Fortbestehensprognose detailliert zu überprüfen.

___________ 503) BGH, Urteil v. 20. Februar 1995 – Az. II ZR 9/94, abgedruckt in NJW-RR 1995, 669 ff.; Bloehs, in:

Pöhlmann/Fandrich/Bloehs, Kommentar zum GenG, § 33 Rz. 21; Dauner-Lieb, in: Henss-ler/Strohn, Kommentar zum Gesellschaftsrecht, § 92 AktG Rz. 4; Geibel, in: Henssler/Strohn, Kommentar zum Gesellschaftsrecht, § 33 GenG Rz. 12; Hillmann, in: Henssler/Strohn, Kommentar zum Gesellschaftsrecht, § 49 GmbH Rz. 12; Liebscher, in: Münchener Kommentar zum GmbHG, Band 2, § 49 Rz. 56; Römermann, in: Michalski, Kommentar zum GmbHG, Band 2, § 49 Rz. 100; Spindler, in: Münchener Kommentar zum AktG, Band 2, § 92 Rz. 12; a.A. Meyer-Landruth, in: Meyer-Landrut/Miller/Niehus, Kommentar zum GmbHG, § 49 Rz. 13.

504) Liebscher, in: Münchener Kommentar zum GmbHG, Band 2, § 49 Rz. 56 m.w.N.; vgl. Lutter, ZIP 1999, 641 (643), der davon ausgeht, dass der Geschäftsleiter in einer solchen Situation den handels-rechtlichen Jahresabschluss „regelmäßig monatlich und mindestens vierteljährlich“ fortzuschreiben habe.

505) Zu den Kapitalerhaltungsregeln bei der Aktiengesellschaft und der GmbH vgl. Wackerbarth, S. 128 ff.

506) Vgl. für einen Überblick über die kapitalgesellschaftsrechtlichen Institute des Gläubigerschutzes Wa-ckerbarth/Eisenhardt, Gesellschaftsrecht II, Rz. 146.

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11. Nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag

Ebenfalls nach ganz h.M. sei eine Überschuldungsprüfung vorzunehmen, wenn sich aus der Handelsbilanz zu einem Stichtag die Existenz eines „nicht durch Eigenka-pital gedeckten Fehlbetrages“ i.S.v. § 268 Abs. 3 HGB ergebe.507) Ein solcher Fehlbe-trag indiziere, auch nach § 19 Abs. 2 InsO, die rechtliche Überschuldung.508)

An dieser Auffassung wird kritisiert, dass sie verkenne, dass in den meisten Fällen die Aufzehrung des Eigenkapitals nicht erst zum handelsrechtlichen Bilanzstichtag, sondern viel früher im Geschäftsjahr vorliege.509) Dem ist auf der einen Seite uneinge-schränkt zuzustimmen, nachdem in einer Bilanz lediglich – meist in der Vergangenheit liegende – Geschäftsvorfälle dargestellt werden. Es erscheint daher auf den ersten Blick naheliegender, bei den einzelnen Geschäftsvorfällen anzusetzen. Auf der anderen Seite ist jedoch zu berücksichtigen, dass der weit überwiegende Teil der Vertreter dieser Auffassung die Durchführung einer Überschuldungsprüfung nicht nur bei Eintritt ei-ner handelsrechtlichen Überschuldung verlangt, sondern darüber hinaus auch in ande-ren Situationen, die zeitlich vor dem bilanziellen Niederschlag einer handelsrechtlichen Überschuldung liegen. So vertritt beispielsweise wie soeben bereits dargestellt ein Großteil der Autoren die Auffassung, bereits bei hälftigem Verlust des Stamm- bzw. Grundkapitals sei eine Überschuldungsprüfung einzuleiten. Richtigerweise wird man daher wohl sagen müssen, dass der Eintritt einer handelsrechtlichen Überschuldung ein schwerwiegendes Indiz für das Vorhandensein einer auch insolvenzrechtlichen Überschuldung ist und daher stets Anlass sein sollte, die Fortbestehensprognose zu hinterfragen.

___________ 507) BGH, Urteil v. 2. April 2001 – Az. II ZR 261/99, abgedruckt in NJW-RR 2001, 1043 f.; Förs-

chle/Hoffmann, in: Winkeljohann/Förschle/Deubert, Sonderbilanzen, Abschnitt P Rz. 80; Mätzig, in: BeckOK GmbHG, § 64 Rz. 31; Nickert, in: Nickert/Lamberti, Überschuldungs- und Zahlungsun-fähigkeitsprüfung, Rz. 286; zur Rechtslage vor Inkrafttreten des FMStG vgl. Seicht, in: FS Loitlsber-ger, S. 291 (299); von Buddenbrock/Rathje, BB 2010, 1331 (1332); Wolf, DStR 1998, 126 (126).

508) BGH, Versäumnisurteil v. 12. März 2007 – Az. II ZR 315/05, abgedruckt in NZG 2007, 466 (467); Urteil v. 16. März 2009 – Az. II ZR 280/07, abgedruckt in NZG 2009, 550 (550); Mätzig, in: BeckOK GmbHG, § 64 Rz. 31; Steffan, in: IDW, WP Handbuch 2014, Band II, Abschnitt S Rz. 218; Theisel-mann/Redeker, in: Theiselmann, Praxishandbuch des Restrukturierungsrechts, Kap. 13 Rz. 68.

509) Möhlmann-Mahlau/Schmitt, NZI 2009, 19 (21).

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12. Liquiditätsprobleme

Schließlich wird vereinzelt auch die Ansicht vertreten, erhebliche Zahlungsrück-stände seien Anlass zur Erstellung einer Fortbestehensprognose.510) Ähnlich ist eine Ansicht, nach der die Fortbestehensprognose zu erstellen sei, wenn Überziehungen des Kreditrahmens, Rücklastschriften oder Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen vorhanden seien.511) Schließlich wird in diesem Zusammenhang auch der „Wegfall der Kreditlinien“ als Anlass zur Erstellung einer Fortbestehensprognose genannt.512)

Sämtliche Auffassungen bauen auf bereits vorhandenen Liquiditätsproblemen des Unternehmens auf. Der angeblichen Eignung derartiger Krisenanzeichen, Anlass zur Erstellung einer Fortbestehensprognose zu sein, muss entgegengehalten werden, dass in einer solchen Situation regelmäßig bereits der – deutlich einfacher nachweisbare – Eröffnungsgrund der Zahlungsunfähigkeit gegeben sein wird. Es dürfte daher in einem derartigen Fall zielführender sein, sich – zumindest zunächst – auf diesen Eröffnungs-grund zu konzentrieren und die deutlich zeit- und kostenintensivere Überprüfung des Eröffnungsgrundes der Überschuldung hintenanzustellen. Dieses Vorgehen berück-sichtigt, dass nach Ansicht der h.M. einer Zahlungsunfähigkeit regelmäßig ein längerer Zeitraum der Überschuldung vorausgeht.513) Das aus diesem Grund bereits ohnehin drohende Risiko der Haftung und Strafbarkeit wegen Insolvenzverschleppung sollte nicht durch weitere Verzögerungen, die durch die Erstellung einer Fortbestehensprog-nose zwangsläufig entstehen, erhöht werden. Kommt man indes im Rahmen einer Überprüfung des Eröffnungsgrundes der Zahlungsunfähigkeit zu dem Ergebnis, dass dieser (noch) nicht gegeben ist, wird die Erstellung einer Fortbestehensprognose un-ausweichlich sein.

13. Stellungnahme

Die Gesamtschau der dargestellten Ansichten zeigt, dass scheinbar versucht wird, durch Festlegung möglichst vieler allgemeingültiger Anlässe für die verpflichtende Er-

___________ 510) Karollus/Huemer, S. 132 (zum österreichischen Recht). 511) OLG Oldenburg, Urteil v. 24. April 2008 – Az. 8 U 5/08, abgedruckt in NZG 2008, 778 (779). 512) Karollus/Huemer, S. 132 (zum österreichischen Recht). 513) K. Schmidt, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, Rz. 5.81.;

Pfaff, S. 5.

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stellung einer Fortbestehensprognose möglichst nahe an den Zeitpunkt heranzukom-men, in dem die Überschuldung der Gesellschaft tatsächlich eintritt. Da der Großteil der vorgeschlagenen Anlässe aber entweder wenig greifbar ist oder aber üblicherweise zu einem Zeitpunkt eintritt, in dem die Überschuldung der Gesellschaft bereits seit längerem eingetreten ist, sollte man nicht dem Irrglauben unterliegen, man könne durch Festlegung möglichst vieler Anlässe zur Überschuldungsprüfung auch nur in die Nähe desjenigen Zeitpunkts gelangen, in dem die Überschuldung der Gesellschaft tat-sächlich eintritt. Vielmehr kann es bei der Festlegung solcher Anlässe nur darum gehen, einige wenige allgemeingültige Krisenanzeichen und damit Anlässe zu definieren, de-nen üblicherweise ein erhöhtes Risiko für die Gläubiger innewohnt. Als allgemeingül-tige Anlässe für die verpflichtende Erstellung einer Fortbestehensprognose kommen daher nur der Eintritt einer drohenden Zahlungsunfähigkeit sowie der mindestens hälf-tige Verlust des Stamm- bzw. Grundkapitals in Betracht.

Neben diesen beiden allgemeingültigen Anlässen existiert darüber hinaus bei jedem Unternehmen eine Vielzahl weiterer branchen- und unternehmensspezifischer Risiken, die das Überleben des betreffenden Unternehmens erheblich gefährden können. So kann beispielsweise die Zerstörung einer Produktionsmaschine, wenn es die einzige ihrer Art war, durchaus existenzgefährdend sein. Stehen hingegen weitere Produkti-onsmaschinen des gleichen Typs zur Verfügung, wird der Produktionsablauf durch den Verlust nur einer Maschine je nach Auslastung möglicherweise noch nicht einmal beeinträchtigt. Auch die Insolvenz eines Auftraggebers führt nicht zwingend zu wirt-schaftlichen Schwierigkeiten auch beim Auftragnehmer, sondern vielmehr erst dann, wenn das entsprechende Auftragsvolumen relativ gesehen von Bedeutung für den Auf-tragnehmer ist (sog. Klumpenrisiko).

Branchen- und unternehmensspezifische Risiken muss der Geschäftsführer eigen-ständig definieren und ein entsprechendes Risikofrüherkennungssystem implementie-ren.

IV. Kontrolle einer früheren Fortbestehensprognose

Die überwiegende Zahl der Unternehmenskrisen zieht sich über einen längeren Zeitraum, nicht selten sogar über mehrere Jahre hin. Es liegt daher nahe, dass es mit der (einmaligen) Erstellung einer Fortbestehensprognose meist nicht getan sein wird,

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sondern dass diese vielmehr kontrolliert und ggf. aktualisiert werden muss.514) Es stellt sich daher die Frage, in welchen Zeitabständen eine Kontrolle und ggf. Aktualisierung der Fortbestehensprognose zu erfolgen hat.

Die Antwort auf diese Frage hängt ganz maßgeblich davon ab, ob sich die in der Fortbestehensprognose aufgestellten Planungsprämissen bewahrheiten oder nicht. So wird zu Recht angenommen, die Verantwortlichen seien nicht in jedem Fall verpflich-tet, eine positive Fortbestehensprognose dauernd zu wiederholen.515) Für den Fall, dass die in einer früheren Fortbestehensprognose getroffenen Annahmen nach wie vor zu-treffen, wird vielmehr angenommen, dass eine Fortschreibung erst zum Stichtag des nächsten Jahresabschlusses erforderlich sein soll.516) Nach anderer Auffassung müsse die Überschuldungsprüfung hingegen fortlaufend erfolgen, wenn ein Unternehmen in einer Krisensituation sei.517)

Festzustellen ist zunächst, dass die Kontrollpflicht des Geschäftsführers hinsicht-lich einer früheren Fortbestehensprognose solange besteht, wie die Krise des Unter-nehmens andauert. Was im Zeitverlauf variiert, ist lediglich die Intensität, mit der der Geschäftsführer seiner Kontrollpflicht nachkommen muss. Dies wiederum hängt ganz maßgeblich von dem früheren Prognoseergebnis ab. Je größer das Ausmaß der Krise ist, insbesondere aber je angespannter die Liquiditätssituation des Unternehmens ist, desto engmaschiger ist eine frühere Fortbestehensprognose („Soll-Zustand“) auf Ab-weichungen zur tatsächlichen Entwicklung („Ist-Zustand“) hin zu überprüfen. Im Ext-remfall kann dies dazu führen, dass sich die Verantwortlichen nahezu täglich fragen müssen, ob die Annahmen in der von ihnen oder einem Berater erstellten Fortbeste-hensprognose noch den aktuellen Gegebenheiten entsprechen. Hängt die Sanierung wie meist von Beiträgen Dritter ab, muss der Geschäftsführer insbesondere im Blick behalten, ob ein ggf. mit den Beteiligten abgestimmter Zeitplan tatsächlich von allen Beteiligten eingehalten werden kann und auch tatsächlich eingehalten wird. Denn kommt es zu zeitlichen Abweichungen, muss sich der Geschäftsführer unverzüglich Klarheit über die Gründe für die Verzögerungen verschaffen und hinterfragen, ob die

___________ 514) Vgl. hierzu Uhlenbruck; in: Uhlenbruck, Kommentar zur InsO, 13. Auflage (Vorauflage), § 19 Rz. 56. 515) Uhlenbruck; in: Uhlenbruck, Kommentar zur InsO, 13. Auflage (Vorauflage), § 19 Rz. 56. 516) Vgl. hierzu Karollus/Huemer, S. 132 (zum österreichischen Recht); ähnlich Uhlenbruck; in: Uhlenbruck,

Kommentar zur InsO, 13. Auflage (Vorauflage), § 19 Rz. 56. 517) Förschle/Hoffmann, in: Winkeljohann/Förschle/Deubert, Sonderbilanzen, Abschnitt P Rz. 81

m.w.N.; zur Rechtslage vor Inkrafttreten des FMStG vgl. Wolf, DStR 1998, 126 (126).

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vormals positive Fortbestehensprognose unter den geänderten Prämissen und insbe-sondere den eingetretenen Verzögerungen noch aufrecht erhalten werden kann.

V. Aktualisierung einer früheren Fortbestehensprognose

Stellen die Verantwortlichen im Rahmen der Erfüllung ihrer Kontrollpflicht Ab-weichungen zwischen dem Ist- und dem Soll-Zustand fest, stellt sich die Frage, ob diese Abweichungen einer Aktualisierung der Fortbestehensprognose erforderlich ma-chen.

Festzustellen ist in diesem Zusammenhang zunächst, dass es in der Natur der Sache liegt, dass sich die in der Fortbestehensprognose getroffenen Annahmen – als Aussa-gen über zukünftige Ereignisse und Entwicklungen – im Nachhinein als unzutreffend erweisen können. Handelt es sich hierbei nur um geringfügige Abweichungen, so wird eine Aktualisierung einer früheren Fortbestehensprognose nur dann erforderlich sein, wenn die frühere Fortbestehensprognose aufgrund eines nur knapp positiven Ergeb-nisses leicht ins Negative umschlagen kann. Bietet eine frühere Fortbestehensprognose hingegen einen ausreichenden Sicherheitspuffer, wird eine Aktualisierung nicht so schnell erforderlich werden. Jedenfalls bei erheblichen negativen Abweichungen ist es zutreffend, dass eine frühere Fortbestehensprognose bereits vor dem Stichtag des nächsten Jahresabschlusses aktualisiert werden muss.518)

VI. Erfahrungen aus der Praxis

Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass eine Befassung der Geschäftsführer mit der Fortbestehensprognose meist nicht aus eigenem Antrieb heraus stattfindet. Oft-mals geschieht dies vielmehr erst, wenn die finanzierenden Banken eine Kreditent-scheidung in Form der Prolongation oder Ausweitung bestehender Darlehen treffen müssen und daher von dem Unternehmen die Erstellung eines Sanierungsgutachtens durch externe betriebswirtschaftliche Sanierungsberater verlangen (vgl. hierzu bereits oben unter Abschnitt B.II.4.a), S. 44 ff.). Da demnach in einer solchen Situation mit den Banken Gläubiger des Unternehmens und mit den externen Beratern unabhängige Dritte an der Entscheidung über die Fortbestehensprognose beteiligt sind, kann übli-cherweise mit einer gewissen Professionalität und vor allem Objektivität gerechnet

___________ 518) So Karollus/Huemer, S. 132 (zum österreichischen Recht); zur Überschuldungsprüfung insgesamt vgl.

IDW S 11, Rz. 54, 67.

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werden. Bei der Entscheidung über die Fortbestehensprognose handelt es sich mithin in einer solchen Situation keineswegs um eine alleinige Entscheidung der Geschäfts-führer und Gesellschafter, die diese „im stillen Kämmerchen“ treffen.

Abgesehen von diesen Fällen gibt es in der Praxis diejenigen Fälle, in denen die Geschäftsführer von ihrem Steuerberater, dem Wirtschaftsprüfer oder einem nicht in-solvenzrechtlich orientierten Rechtsanwalt auf eventuelle insolvenzrechtliche Prob-leme hingewiesen werden, die Geschäftsführer sodann einen insolvenzrechtlich orien-tierten Rechtsanwalt zurate ziehen und hierdurch eine erstmalige Befassung der Ge-schäftsführer mit der Fortbestehensprognose stattfindet. Kommt der insolvenzrecht-lich orientierte Rechtsanwalt zu dem Ergebnis, dass eine positive Fortbestehensprog-nose verneint werden muss oder diese jedenfalls als kritisch anzusehen ist, so muss man die dann anstehenden Entscheidungen der Geschäftsführer und Gesellschafter durchaus als solche „im stillen Kämmerchen“ ansehen. Hierbei kommt es durchaus vor, dass die Geschäftsführer und Gesellschafter trotz Kenntnis der Situation „weiter-machen“; der beratende Rechtsanwalt muss das Mandat dann zur Vermeidung eigener Haftung und Strafbarkeit freilich niederlegen.

Im Ergebnis zeigen die Erfahrungen aus der Praxis also, dass bei einer tatsächlichen Befassung der Geschäftsführer mit der Fortbestehensprognose die notwendige Pro-fessionalität meist durch die weiteren Beteiligten – Banken, betriebswirtschaftliche Sa-nierungsberater, insolvenzrechtlich orientierte Rechtsanwälte – gewährleistet ist. Prob-lematisch bleibt aber, dass sich die Geschäftsführer vielfach gar nicht erst mit der Fort-bestehensprognose beschäftigen und diese weiteren Beteiligten daher auch gar nicht erst in Erscheinung treten.

VII. Zusammenfassung

Ein Geschäftsführer muss die Überschuldung seines Unternehmens und damit auch dessen Fortbestehensprognose zu jedem Zeitpunkt prüfen, da eine kontinuierli-che Selbstprüfungspflicht des Unternehmens existiert. Die Intensität, mit welcher die-ser nachgegangen wird, variiert jedoch im Zeitverlauf (vgl. hierzu oben unter Ziff. II, S. 143 ff.).

Als allgemeingültige Anlässe für die verpflichtende Erstellung einer Fortbestehens-prognose kommen nur der Eintritt einer drohenden Zahlungsunfähigkeit sowie der mindestens hälftige Verlust des Stamm- bzw. Grundkapitals in Betracht (vgl. hierzu

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oben unter Abschnitt III.13, S. 157 ff.). Neben diesen beiden allgemeingültigen Anläs-sen existiert darüber hinaus bei jedem Unternehmen eine Vielzahl weiterer branchen- und unternehmensspezifischer Situationen, die das Überleben des betreffenden Unter-nehmens erheblich gefährden können. Diese branchen- und unternehmensspezifi-schen Situationen muss jeder Geschäftsführer eigenständig definieren und ein entspre-chendes Risikofrüherkennungssystem implementieren.

Dauert die Unternehmenskrise an, so hat der Geschäftsführer eine frühere Fortbe-stehensprognose zu kontrollieren (vgl. hierzu oben unter Abschnitt IV, S. 158 f.) und ggf. zu aktualisieren (vgl. hierzu oben unter Abschnitt V, S. 160 f.). Treffen die in einer früheren Fortbestehensprognose getroffenen Annahmen nach wie vor zu, ist eine Ak-tualisierung erst zum Stichtag des nächsten Jahresabschlusses erforderlich. Liegen ge-ringfügige negative Abweichungen vor, so ist eine Aktualisierung einer früheren Fort-bestehensprognose nur dann erforderlich, wenn die frühere Fortbestehensprognose nur einen geringen Sicherheitspuffer ausgewiesen hat. Bei erheblichen negativen Ab-weichungen ist eine frühere Fortbestehensprognose stets zu aktualisieren.

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F. Vorschläge für flankierende gesetzliche Regelungen

I. Vorbemerkung

Auch wenn die h.M. der Handelsbilanz für die Zwecke der Überschuldungsprüfung die Eignung abspricht,519) dürfte konsensfähig sein, dass eine Überschuldung anders als anhand von Handelsbilanzwerten niemals in einfacher Form feststellbar sein wird. Denn will man anstatt auf Handelsbilanzwerte auf Liquidations- oder Fortführungs-werte zurückgreifen, so benötigt man zwangsläufig gesonderte Ansatz- und Bewer-tungsvorschriften. Löst man sich hingegen von der Vermögensbewertung und prüft die Überschuldung ausschließlich anhand der Fortbestehensprognose, so bedarf es auch hierfür gesonderter Vorgaben, um über das Vorliegen oder Nichtvorliegen einer positiven Fortbestehensprognose entscheiden zu können.

All diesen „Nebenrechnungen“ ist gemein, dass sie ihren Sinn und Zweck aus-schließlich in der Überschuldungsprüfung haben und die Überschuldungsprüfung nicht zuletzt aus diesem Grund in der Praxis auch vernachlässigt wird. Bei der Suche nach einem praxistauglichen Überschuldungstatbestand darf man sich daher nicht al-leine von der Maxime leiten lassen, den richtigen Zeitpunkt zu definieren, in dem ma-teriell Überschuldung eintritt. Ein praxistauglicher Überschuldungstatbestand wäre vielmehr erst dann gegeben, wenn die Überschuldung tatsächlich häufiger als bisher geprüft würde.

Verfolgt man vor diesem Hintergrund den nachvollziehbaren Wunsch nach einem praxistauglichen Überschuldungstatbestand, so darf man dennoch nicht vergessen, dass der Gegenstand der Überschuldungsprüfung, also das Unternehmen, jedenfalls formal noch im Eigentum der Gesellschafter steht. Bei dem Wunsch nach einem pra-xistauglichen Überschuldungstatbestand darf man daher nicht so weit gehen, dass man sich nur deswegen auf einen bestimmten Überschuldungsbegriff festlegt, weil dieser einfacher handhabbar ist als andere. Denn es sollte trotz allem vermieden werden, dass der Eintritt der Überschuldung auf einen zu frühen Zeitpunkt festgelegt wird, da dies aus Sicht der Gesellschafter schlicht nicht hinnehmbar wäre.

___________ 519) Vgl. statt vieler Gundlach, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 6 Rz. 44; Ampferl, in:

Beck/Depré, Praxis der Insolvenz, § 2 Rz. 160.

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All diese Überlegungen zeigen, dass man gedanklich zwei Zeitpunkte voneinander trennen muss: Den Zeitpunkt, in dem Insolvenzantrag wegen Überschuldung zu stel-len ist, und den Zeitpunkt, in dem (spätestens) die Überschuldung eines Unternehmens zu überprüfen ist. Der erste der beiden genannten Zeitpunkte muss zwingend durch den Überschuldungstatbestand selbst festgelegt werden. Der zweite der beiden ge-nannten Zeitpunkte hingegen könnte durch flankierende gesetzliche Regelungen fest-gelegt werden, was Gegenstand dieses letzten Abschnitts der vorliegenden Arbeit ist.

Bei der Festlegung solcher flankierender gesetzlicher Regelungen könnte zunächst sinnvoll sein, den Zeitpunkt, in dem Geschäftsführer – jedenfalls spätestens – eine Überschuldungsprüfung durchführen müssen, gesetzlich zu fixieren (vgl. hierzu so-gleich unter Abschnitt II.1, S. 164 ff.). Folgt man diesem Vorschlag, so ist zudem zwin-gend zu klären, ob eine solche Pflicht zur Durchführung einer Überschuldungsprüfung mit einer Pflicht zur Dokumentation derselben einhergehen sollte (vgl. hierzu unten unter Abschnitt II.2, S. 167 ff.) und welche zivil- und strafrechtlichen Folgen eine Pflichtverletzung haben sollte (vgl. hierzu unten unter Abschnitt III und IV, S. 168 ff.).

II. Pflicht zur Durchführung und Dokumentation einer Überschuldungs-prüfung

1. Verpflichtende Durchführung einer Überschuldungsprüfung

a) Rahmenbedingungen einer verpflichtenden Überschuldungsprüfung

Historisch betrachtet hat eine ausdrückliche gesetzliche Regelung zur verpflichten-den Durchführung einer Überschuldungsprüfung noch zu keinem Zeitpunkt in der Vergangenheit existiert. Vielmehr wurde und wird die entsprechende Verpflichtung des Geschäftsführers von den Gerichten seit jeher von der gesetzlich geregelten Insol-venzantragspflicht abgeleitet. Auch eine ausdrückliche gesetzliche Regelung zur ver-pflichtenden Dokumentation einer Überschuldungsprüfung existiert nicht.520)

Der Grund für das Fehlen einer gesetzlichen Regelung zur verpflichtenden Durch-führung einer Überschuldungsprüfung dürfte u.a. darin begründet liegen, dass die h.M. wenig konkret davon ausgeht, dass Anlass zur Überschuldungsprüfung „die Unterneh-menskrise“ sei.521) Bei dem Begriff der Unternehmenskrise handelt es sich aber – wie

___________ 520) Vgl. K. Schmidt, in: K. Schmidt, Kommentar zur InsO, § 19 Rz. 50. 521) Vgl. etwa Uhlenbruck, in: Uhlenbruck, Kommentar zur InsO, 13. Auflage (Vorauflage), § 19 Rz. 54.

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leider so oft im Zusammenhang mit dem Überschuldungstatbestand – um einen wenig greifbaren Begriff. Es erscheint daher auf den ersten Blick wenig zielführend, gesetzlich eine pauschale Verpflichtung zur Durchführung einer Überschuldungsprüfung für den Fall „der Unternehmenskrise“ zu regeln. Würde eine solche Verpflichtung indes durch eindeutig definierte Tatbestände ergänzt, bei deren Vorliegen regelmäßig eine Unter-nehmenskrise anzunehmen ist, hätte eine entsprechende Regelung durchaus ihre Da-seinsberechtigung.

Bei der Festlegung dieser Tatbestände und damit konkreterer Zeitpunkte, in denen der Geschäftsführer – jedenfalls spätestens – eine Überschuldungsprüfung durchfüh-ren muss, muss man sich klar machen, dass es zu diesen Zeitpunkten im Einzelfall dennoch stets entweder zu früh oder zu spät für die Durchführung einer Überschul-dungsprüfung sein wird. Denn es wäre ein aussichtsloses Unterfangen, würde man le-diglich einen einzigen Zeitpunkt festlegen wollen, der für ausnahmslos alle Unterneh-men der richtige für die Durchführung einer Überschuldungsprüfung wäre. Dafür ist die wirtschaftliche Realität mit ihren verschiedenen Branchen, aber auch den verschie-denen Größenklassen der Unternehmen und – nicht zuletzt – der Unterschiedlichkeit der handelnden Personen, schlicht zu vielfältig.

Betrachtet man die Folgen einer verfrühten bzw. verspäteten Überschuldungsprü-fung, so ergibt sich für den Fall der verfrühten Überschuldungsprüfung, dass durch diese für das Unternehmen – jedenfalls im Nachhinein betrachtet – als unnötig zu qua-lifizierende Kosten entstehen können. Dies wird das Unternehmen unter dem Aspekt des Gläubigerschutzes aber hinnehmen müssen, sofern die Festlegung des Zeitpunkts für eine verpflichtende Durchführung einer Überschuldungsprüfung nicht willkürlich erfolgt. Sofern nämlich anerkannt ist, dass eine bestimmte Situation tendenziell gläubi-gergefährdend ist, erscheint es durchaus gerechtfertigt, das Unternehmen bei Eintritt dieser Situation ggf. mit entsprechenden Kosten zu belasten, um das tatsächliche Vor-liegen einer Gläubigergefährdung zu überprüfen.

Betrachtet man demgegenüber die Auswirkungen einer verspäteten Überschul-dungsprüfung, so wird es aufgrund der Verspätung in den allermeisten Fällen zu (wei-teren) Schäden bei den Gläubigern kommen. Dem kann allerdings dadurch Rechnung getragen werden, dass die gesetzliche Regelung zur verpflichtenden Durchführung ei-ner Überschuldungsprüfung lediglich den spätesten Zeitpunkt definiert, in dem der

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Geschäftsführer eine Überschuldungsprüfung durchführen muss. Dies bedeutet, dass es im konkreten Einzelfall durchaus auch früher angezeigt sein kann, eine Überschul-dungsprüfung durchzuführen. Ob der Geschäftsführer einen solchen früheren Zeit-punkt schuldhaft verpasst, ist dann eine Frage des konkreten Einzelfalls. Verpasst der Geschäftsführer aber den gesetzlich geregelten (spätesten) Zeitpunkt zur Durchfüh-rung einer Überschuldungsprüfung, so sollte er sich nicht (mehr) exkulpieren können.

Im Ergebnis lässt sich daher festhalten, dass bei nicht willkürlicher Festlegung der Zeitpunkte, in denen verpflichtend eine Überschuldungsprüfung durchzuführen ist, die Vorteile für die Gläubiger die Nachteile für das Unternehmen bzw. dessen Gesell-schafter überwiegen dürften.

b) Festlegung der Zeitpunkte für eine verpflichtende Überschuldungsprü-fung

Wagt man also trotz der vorstehend beschriebenen Abgrenzungsschwierigkeiten die Festlegung auf einen konkreten Zeitpunkt, in dem – jedenfalls spätestens – eine Überschuldungsprüfung durchzuführen wäre, so ist vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen zur historischen Entwicklung des Überschuldungstatbestands unmittel-bar einleuchtend, dass jedenfalls die Zeitpunkte für eine verpflichtende Überschul-dungsprüfung für sämtliche Beteiligten möglichst einfach erkennbar sein sollten.

Berücksichtigt man darüber hinaus die obigen Ausführungen zu den Anlässen zur Überschuldungsprüfung, wie sie sich bereits in Rechtsprechung und Literatur wieder-finden, so bietet es sich an, hinsichtlich der Voraussetzungen für eine verpflichtende Durchführung einer Überschuldungsprüfung zum einen an die Regelung des § 49 Abs. 3 GmbHG anzuknüpfen, nämlich die Verpflichtung des Geschäftsführers, bei hälftigem Verlust des Stammkapitals die Gesellschafterversammlung einzuberufen.522) Dass bei Erreichen der Grenze des hälftigen Verlusts des Stammkapitals bestimmte

___________ 522) Diese, damals zwar noch an anderer Stelle, aber jedenfalls bereits seit Inkrafttreten des GmbH-

Gesetzes existierende Regelung geht zurück auf eine entsprechende, ebenfalls noch heute existie-rende Regelung des Aktiengesetzes von 1937 (vgl. § 83 AktG 1937 sowie aktuell § 92 Abs. 1 AktG), die wiederum an eine entsprechende Regelung des Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuchs von 1861 anknüpfte (vgl. Art. 240 Abs. 1 ADHGB); vgl. hierzu Fleischer, in: Spindler/Stilz, Kommentar zum AktG, § 92 Rz. 5 m.w.N.

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Rechtsfolgen ausgelöst werden, ist aufgrund der langen Historie der Norm hinreichend bekannt. Darüber hinaus entspricht es wie o.g. bereits dargestellt auch jetzt schon der ganz h.M., dass der Geschäftsführer bei Eintritt der Voraussetzungen des § 49 Abs. 3 GmbHG eine Überschuldungsprüfung durchzuführen habe.523) Würde man eine ent-sprechende Verpflichtung gesetzlich verankern, dürfte es hierbei selbstverständlich – wie auch im Falle des § 49 Abs. 3 GmbHG524) – weder auf das Vorliegen einer Bilanz noch darauf ankommen, dass der Kapitalverlust aus dieser Bilanz ersichtlich ist; viel-mehr müsste die Verpflichtung den Geschäftsführer auch unterjährig treffen.

Zum anderen könnte die Regelung des § 18 InsO, also die drohende Zahlungsun-fähigkeit herangezogen werden. Da der Geschäftsführer sowieso zur Aufstellung einer Liquiditätsplanung verpflichtet ist,525) kann er eine im Planungszeitraum eintretende drohende Zahlungsunfähigkeit mithin unschwer erkennen.

c) Zwischenergebnis

Im Ergebnis erscheint es daher zielführend, gesetzlich eine pauschale Verpflich-tung zur Durchführung einer Überschuldungsprüfung für den Fall „der Unterneh-menskrise“ zu regeln und eine solche regelmäßig anzunehmen, wenn einer oder beide der eindeutig definierten Tatbestände des hälftigen Verlusts des Stammkapitals und der drohenden Zahlungsunfähigkeit vorliegen.

2. Dokumentationspflicht

Abweichend von der aktuellen Gesetzeslage müsste die Pflicht zur Durchführung einer Überschuldungsprüfung ergänzt werden durch eine Dokumentationspflicht, da andernfalls nicht überprüfbar ist, ob der Geschäftsführer die Überschuldungsprüfung tatsächlich durchgeführt hat.

___________ 523) Karollus/Huemer, S. 131 (zum österreichischen Recht); a.A. Mätzig, in: BeckOK GmbHG, § 64

Rz. 31, der bei hälftigem Verlust des Stammkapitals eine Überschuldungsprüfung „nur im Einzelfall“ verlangt.

524) Vgl. BGH, Urteil v. 20. Februar 1995 – Az. II ZR 9/94, abgedruckt in NJW-RR 1995, 669 ff.; Hill-mann, in: Henssler/Strohn, Kommentar zum Gesellschaftsrecht, § 49 GmbH Rz. 12; Liebscher, in: Münchener Kommentar zum GmbHG, Band 2, § 49 Rz. 56; Römermann, in: Michalski, Kommentar zum GmbHG, Band 2, § 49 Rz. 100; a.A. Meyer-Landruth, in: Meyer-Landrut/Miller/Niehus, Kom-mentar zum GmbHG, § 49 Rz. 13.

525) Vgl. Haas/Ziemons, in: Michalski, Kommentar zum GmbHG, Band 2, § 43 Rz. 74b; dies., in: BeckOK GmbHG, § 43 Rz. 117.

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Hinsichtlich des Umfangs der verpflichtenden Dokumentation sollten hingegen keine Vorgaben gemacht werden, denn es gilt zu berücksichtigen, dass in der Praxis auch einfach gelagerte Fälle denkbar sind, in denen beispielsweise bereits anhand stiller Reserven bei einem Vermögensgegenstand (z.B. einer Immobilie) eine Überschuldung i.S.d. § 19 InsO rechtssicher ausgeschlossen werden kann. Würde man Vorgaben zum Umfang der verpflichtenden Dokumentation machen, würden diese für einen solchen Fall geringer Komplexität in jedem Fall zu weitreichend sein, da sich diese allgemein gehaltenen Vorgaben selbstverständlich nicht an Fällen geringer Komplexität, sondern an Fällen zumindest durchschnittlicher Komplexität orientieren müssten. Im Ergebnis stünde es also im Ermessen des verpflichteten Geschäftsführers, in welchem Umfang er die durchgeführte Überschuldungsprüfung dokumentiert.

III. Haftung

Um dem Überschuldungstatbestand durch die gesetzliche Festlegung einer Pflicht zur Durchführung und Dokumentation einer Überschuldungsprüfung tatsächlich zu einer höheren Praxisrelevanz zu verhelfen, müssten dem verpflichteten Geschäftsfüh-rer im Falle der Pflichtverletzung die Haftung gegenüber der Gesellschaft, insbeson-dere aber auch gegenüber den Gläubigern drohen.

Ein weiterer Ansatz zur Erhöhung der Praxistauglichkeit des Überschuldungstat-bestands könnte hierbei sein, die Darlegungs- und Beweislast im Hinblick auf die Haf-tung des Geschäftsführers für die Fälle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft oder der Abweisung eines entsprechenden Antrags mangels Masse zu verlagern. So wäre insbesondere denkbar, die Überschuldung für den Fall gesetzlich zu vermuten, dass der Geschäftsführer von dem mindestens hälfti-gen Verlust des Stammkapitals bzw. der drohenden Zahlungsunfähigkeit Kenntnis er-langt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Die Vermutung sollte der Geschäftsführer nur dann widerlegen können, wenn er tatsächlich eine Überschul-dungsprüfung durchgeführt und diese auch dokumentiert hat. Kann er die tatsächliche Durchführung und Dokumentation einer Überschuldungsprüfung nicht nachweisen, so sollte er die Überschuldung hingegen nicht widerlegen können.

Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass es sich bei diesem Vorschlag um eine sehr weitreichende Verlagerung der Darlegungs- und Beweislast zulasten des Ge-schäftsführers handelt. Es muss aber durchaus berücksichtigt werden, dass das Gesetz

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auch an anderer Stelle faktisch entsprechende Vermutungsregelungen kennt. So war es Gesellschaftern nach dem bis Ende 2008 geltenden Recht der kapitalersetzenden Dar-lehen möglich, eine Anfechtung nach § 135 InsO u.a. dadurch zu verhindern, dass sie darlegten und ggf. bewiesen, dass es sich bei dem getilgten bzw. besicherten Darlehen im Zeitpunkt der Tilgung bzw. Besicherung nicht um ein kapitalersetzendes Darlehen gehandelt hat. Bei der Neuregelung des § 135 InsO hat der Gesetzgeber hiervon Ab-stand genommen, sodass nunmehr die Tilgung bzw. Besicherung jeglicher Darlehen unter den weiteren Voraussetzungen der genannten Norm anfechtbar ist.

IV. Strafbarkeit

Um dem Überschuldungstatbestand durch die gesetzliche Festlegung einer Pflicht zur Durchführung und Dokumentation einer Überschuldungsprüfung tatsächlich zu einer höheren Praxisrelevanz zu verhelfen, müssten dem verpflichteten Geschäftsfüh-rer im Falle der Pflichtverletzung Strafbarkeit drohen. Da entsprechende Delikte im Vergleich Delikten der Insolvenzverschleppung deutlich einfacher nachweisbar wären, ist davon auszugehen, dass die Staatsanwaltschaften diese trotz chronischer Überlas-tung der bei den Behörden handelnden Personen eher verfolgen würden.

In diesem Zusammenhang gilt es zu berücksichtigen, dass für den Fall, dass zu dem Zeitpunkt, in dem die Hälfte des Stammkapitals verloren ist, bereits Überschuldung i.S.d. § 19 InsO vorliegt, dem Geschäftsführer bereits aus anderen Regelungen Straf-barkeit droht (vgl. insoweit § 64 Satz 1 GmbHG, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 15a InsO sowie § 15a Abs. 4 und 5 InsO). Die Strafbarkeit für den Fall der Verletzung der ge-setzlichen Pflicht zur Durchführung und Dokumentation einer Überschuldungsprü-fung müsste demnach über diese bereits de lege lata drohende Strafbarkeit hinausgehen, um eine zusätzliche Wirkung bei dem verpflichteten Geschäftsführer erzielen zu kön-nen.

Ein Ansatz könnte sein, Strafbarkeit auch für den Fall vorzusehen, dass zwar wegen der Kenntnis des Geschäftsführers hinsichtlich eines mindestens hälftigen Verlusts des Stammkapitals bzw. einer drohenden Zahlungsunfähigkeit sowie einer dennoch nicht durchgeführten oder zumindest nicht dokumentierten Überschuldungsprüfung eine Pflichtverletzung vorliegt, es im Nachhinein aber gar nicht zu einer Insolvenz des Un-ternehmens kommt. Dass es sich damit mangels Schaden und konkreter Gefährdung um ein abstraktes Gefährdungsdelikt handeln würde, wäre hinnehmbar, wenn nicht

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sogar wünschenswert, nachdem durch die Pflicht zur Durchführung und Dokumenta-tion einer Überschuldungsprüfung ja gerade Gefahren entgegengetreten werden soll, die aus der Unternehmenskrise erwachsen und durch die beschränkte Haftung der GmbH eine besondere Dimension erlangen können. Zudem zeigt ein Blick auf die bereits bestehenden Regelungen zur Strafbarkeit bei Verletzung der Verlustanzeige-pflicht (vgl. insoweit § 84 GmbHG) sowie bei Insolvenzverschleppung (vgl. insoweit § 15a Abs. 4, 5 InsO), dass die Klassifizierung als abstraktes Gefährdungsdelikt letzt-lich der übergreifenden gesetzlichen Systematik entspräche. Es läge im Übrigen nahe, sich hinsichtlich des Strafrahmens ebenfalls an den beiden vorgenannten Delikten zu orientieren.

V. Verortung und Wortlaut entsprechender gesetzlicher Regelungen

Hinsichtlich der Verortung entsprechender gesetzlicher Regelungen zur ver-pflichtenden Durchführung und Dokumentation einer Überschuldungsprüfung sowie zur Haftung bei Verletzung der entsprechenden Pflicht böte es sich auf den ersten Blick an, insoweit auf die Insolvenzordnung zurückzugreifen, da hierdurch rechtsform-übergreifend nur eine einzige Regelung geschaffen werden müsste, während andern-falls diverse Gesetze (GmbHG, AktG, usw.) geändert werden müssten. Letztlich ist aber festzustellen, dass eine entsprechende Regelung systematisch in die einzelnen Ge-setze der verschiedenen haftungsbeschränkten Gesellschaften gehört, nachdem die In-solvenzordnung hinsichtlich all ihrer Regelungen stets voraussetzt, dass jedenfalls einer der Insolvenzgründe – und sei es nur die drohende Zahlungsunfähigkeit – materiell bereits eingetreten ist. Eine Verortung im GmbHG (bzw. AktG, usw.) hätte darüber hinaus den Vorteil, dass dieses den Geschäftsführer die gesamte Dauer seiner Ge-schäftsführertätigkeit begleitet. Mit der Insolvenzordnung beschäftigt sich der Ge-schäftsführer hingegen erst – und selbst dann nur widerwillig –, wenn die Krise seines Unternehmens nicht mehr von der Hand zu weisen ist.

Innerhalb des GmbH-Gesetzes böte sich eine Regelung entweder im Umfeld des § 43 GmbHG oder im Umfeld des § 64 GmbHG an. Da die Pflicht zur Durchführung und Dokumentation einer Überschuldungsprüfung den Geschäftsführer bereits vor Eintritt der materiellen Überschuldung treffen sollte, erscheint es systematisch richti-ger, den dritten Abschnitt („Vertretung und Geschäftsführung“) und nicht etwa „erst“ den fünften Abschnitt des GmbH-Gesetzes („Auflösung und Nichtigkeit der Gesellschaft“) für

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eine entsprechende Regelung zu wählen. Da die betreffende Pflicht den Geschäftsfüh-rer darüber hinaus ständig und nicht etwa nur bei Aufstellung des Jahresabschlusses treffen sollte, wäre eine Regelung zwischen den §§ 41 und 42 GmbHG als § 41a GmbHG anzustreben. Diese neue Regelung könnte beispielsweise wie folgt lauten:

(1) Befindet sich die Gesellschaft in einer Krise, haben die Geschäftsführer unverzüglich und nachweisbar zu prüfen, ob Überschuldung nach § 19 der Insolvenzordnung vorliegt. Eine Krise im Sinne des Satzes 1 wird vermutet, sobald 1. drohende Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 18 Abs. 2 der Insolvenzordnung vor-

liegt oder 2. sich bei Aufstellung der Jahresbilanz oder einer Zwischenbilanz ergibt oder bei pflicht-

mäßigem Ermessen anzunehmen ist, dass die Hälfte des Stammkapitals verloren ist. (2) Geschäftsführer, welche die ihnen nach Absatz 1 obliegende Pflicht verletzen, haften der

Gesellschaft und den Gläubigern der Gesellschaft für den daraus entstandenen Schaden als Gesamtschuldner. Die Überschuldung der Gesellschaft gilt hierbei als in dem Zeitpunkt eingetreten, in dem die Geschäftsführer nach Absatz 1 zur Prüfung der Überschuldung verpflichtet gewesen wären. Die Vermutung nach Satz 2 ist für die Geschäftsführer unwi-derlegbar.

Die oben vorgeschlagene Rechtsfolge der Strafbarkeit des Unterlassens einer ver-pflichtenden Überschuldungsprüfung könnte in dem derzeit nicht besetzten § 83 GmbHG geregelt werden und wie folgt lauten:

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer es als Ge-schäftsführer unterlässt, bei Vorliegen einer Krise der Gesellschaft unverzüglich und nach-weisbar zu prüfen, ob Überschuldung nach § 19 der Insolvenzordnung vorliegt.

(2) Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geld-strafe.

VI. Zusammenfassung

Um dem Überschuldungstatbestand zu einer größeren Praxisrelevanz zu verhelfen, sollte zunächst mittels einer entsprechenden flankierenden gesetzlichen Regelung fest-gelegt werden, dass der Geschäftsführer bei Eintritt einer Krise der Gesellschaft eine Überschuldungsprüfung durchführen und dokumentieren muss.

Für den Fall der Pflichtverletzung sollte einerseits die Haftung des Geschäftsfüh-rers gegenüber der Gesellschaft im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über

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das Vermögen der Gesellschaft oder der Abweisung eines entsprechenden Antrags mangels Masse durch eine Verlagerung der Darlegungs- und Beweislast verschärft wer-den, andererseits die Pflichtverletzung strafbewehrt sein.

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G. Zusammenfassung und Ergebnis

I. Juristisch-betriebswirtschaftliche Analyse als methodischer Ansatz

Mit der Wiedereinführung des modifizierten zweistufigen Überschuldungsbegriffs durch das FMStG hat der Gesetzgeber nur vermeintlich einen praxistauglichen Über-schuldungstatbestand geschaffen, denn mangels entsprechender gesetzgeberischer Vorgaben bleiben im Hinblick auf dessen konkrete Auslegung etliche praxisrelevante Fragen offen. Besonders drängend sind hierbei die Fragen nach dem Gegenstand der Fortbestehensprognose sowie dem Anlass zur Erstellung einer Fortbestehensprog-nose. Nachdem hinsichtlich dieser beiden Fragen auch seitens des BGH sowie seitens der Literatur keine eindeutigen Antworten zu erhalten sind, wurden sie zum Gegen-stand der vorliegenden Arbeit gemacht.

Nachdem als eine wesentliche Ursache für die nach wie vor bestehenden Unklar-heiten ein Mangel an betriebswirtschaftlichen Kenntnissen ausgemacht wurde, wurde im Rahmen dieser Arbeit eine juristisch-betriebswirtschaftliche Analyse als methodi-scher Ansatz gewählt, um dem Überschuldungstatbestand durch Schaffung weiterer Klarheit zu mehr Praxistauglichkeit zu verhelfen. Denn nur wenn die Überschuldung eines Unternehmens tatsächlich überprüft wird, kann der Überschuldungstatbestand dazu beitragen, dass man dem wesentlichen Ziel der Insolvenzordnung, nämlich der Stärkung der Gläubigerinteressen besser gerecht wird.

II. Gegenstand der Fortbestehensprognose

Hinsichtlich des Gegenstands der Fortbestehensprognose wurde festgestellt, dass insbesondere aus betriebswirtschaftlicher Sicht eine Überprüfung der Zahlungsfähig-keit unerlässlich ist (vgl. hierzu oben unter Abschnitt D.V.1, S. 120 f.).

Wegen der Beschränkung des Prognosezeitraums ist der Gegenstand der Fortbe-stehensprognose jedoch zu erweitern (vgl. hierzu oben unter Abschnitt D.V.2, S. 122 ff.). Hierbei ist eine betriebswirtschaftliche Größe zu wählen, bei der das Da-tenmaterial in zeitlicher Hinsicht zwar für die Dauer des Prognosezeitraums erhoben wird, anhand derer sich aber – zumindest mittelbar – eine Aussage zur längerfristigen Zahlungsfähigkeit jenseits des Prognosezeitraums ableiten lässt.

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Erfolgsorientierte Größen scheiden als zusätzliche Prognoseelemente aus, da bei diesen zur Ableitung einer Aussage über die längerfristige Zahlungsfähigkeit eine ein-gehende Analyse der Quellen der jeweiligen erfolgsorientierten Größe sowie eine Über-leitung der erfolgsorientierten Größe in eine liquiditätsorientierte Größe erforderlich wären (vgl. hierzu oben unter Abschnitt D.V.2.b), S. 128 ff.).

Es ist daher auf eine liquiditätsorientierte Größe, nämlich den Cashflow aus lau-fender Geschäftstätigkeit zurückzugreifen (vgl. hierzu oben unter Ab-schnitt D.V.2.c)bb), S. 136 ff.). Dieser muss (zumindest zum Ende des Prognosezeit-raums) einen solchen Umfang haben, dass im Bereich der Finanzierungstätigkeit des Unternehmens die fristgerechte Tilgung von Anleihen und Finanzkrediten sicherge-stellt ist. Reicht auch zum Ende des Prognosezeitraums der künftige Cashflow aus lau-fender Geschäftstätigkeit zur fristgerechten Tilgung von Anleihen und Finanzkrediten noch nicht aus, muss überprüft werden, ob dem Unternehmen dennoch ausnahms-weise eine positive Fortbestehensprognose gestellt werden kann. Dies kann nur dann der Fall sein, wenn die erwarteten Deckungslücken durch entsprechende Einzahlungen seitens der Unternehmenseigner, bereits vorhandene liquide Mittel, einen ausnahms-weise positiven Cashflow aus der Investitionstätigkeit oder aber Einzahlungen aus der Begebung von Anleihen oder der Aufnahme von Finanzkrediten ausgeglichen werden können. Außer für den Fall von Einzahlungen seitens der Unternehmenseigner muss hierbei aber sichergestellt sein, dass objektiv erfolgversprechende Sanierungsmaßnah-men o.Ä. eingeleitet werden, die in absehbarer Zeit und in ausreichendem Maße zu positiven Cashflows aus laufender Geschäftstätigkeit führen.

III. Anlass zur Erstellung einer Fortbestehensprognose

Im Hinblick auf den Anlass zur Erstellung einer Fortbestehensprognose wurde zu-nächst festgestellt, dass ein Geschäftsführer die Überschuldung seines Unternehmens und damit auch dessen Fortbestehensprognose zu jedem Zeitpunkt prüfen muss, da eine kontinuierliche Selbstprüfungspflicht des Unternehmens existiert (vgl. hierzu oben unter Abschnitt E.II, S. 143 f.). Die Intensität, mit welcher dieser nachgegangen wird, variiert jedoch im Zeitverlauf.

Als allgemeingültige Anlässe für die verpflichtende Erstellung einer Fortbestehens-prognose kommen nur der Eintritt einer drohenden Zahlungsunfähigkeit sowie der mindestens hälftige Verlust des Stamm- bzw. Grundkapitals in Betracht (vgl. hierzu

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oben unter Abschnitt E.III.9 und E.III.10, S. 153 ff.). Sämtliche weiteren als allgemein-gültig angesehenen Anlässe sind entweder wenig greifbar oder treten üblicherweise zu einem Zeitpunkt ein, in dem die Überschuldung der Gesellschaft bereits seit längerem eingetreten ist(vgl. hierzu oben unter Abschnitt E.III.13, S. 157 f.).

Neben diesen beiden allgemeingültigen Anlässen existiert darüber hinaus bei jedem Unternehmen eine Vielzahl weiterer branchen- und unternehmensspezifischer Risiken, die das Überleben des betreffenden Unternehmens erheblich gefährden können (vgl. hierzu oben unter Abschnitt E.III.13, S. 157 f.). Diese muss der Geschäftsführer ei-genständig definieren und ein entsprechendes Risikofrüherkennungssystem implemen-tieren.

Dauert die Unternehmenskrise an, so hat der Geschäftsführer eine frühere Fortbe-stehensprognose zu kontrollieren (vgl. hierzu oben unter Abschnitt E.IV, S. 158 ff.) und ggf. zu aktualisieren (vgl. hierzu oben unter Abschnitt E.V, S. 160). Treffen die in einer früheren Fortbestehensprognose getroffenen Annahmen nach wie vor zu, ist eine Aktualisierung erst zum Stichtag des nächsten Jahresabschlusses erforderlich. Liegen geringfügige negative Abweichungen vor, so ist eine Aktualisierung einer früheren Fortbestehensprognose nur dann erforderlich, wenn die frühere Fortbestehensprog-nose nur einen geringen Sicherheitspuffer ausgewiesen hat. Bei erheblichen negativen Abweichungen ist eine frühere Fortbestehensprognose stets zu aktualisieren.

IV. Vorschläge für flankierende gesetzliche Regelungen

Sämtliche Überlegungen zur Festlegung des „richtigen“ Zeitpunkts des Eintritts der Überschuldung zeigen, dass man gedanklich zwei Zeitpunkte voneinander trennen kann: Den Zeitpunkt, in dem Insolvenzantrag wegen Überschuldung zu stellen ist, und den Zeitpunkt, in dem (spätestens) die Überschuldung eines Unternehmens zu über-prüfen ist (vgl. hierzu oben unter Abschnitt F.I, S. 163 f.).

Durch eine flankierende gesetzliche Regelung sollte daher festgelegt werden, dass Geschäftsführer bei Eintritt einer Krise der Gesellschaft unverzüglich eine Überschul-dungsprüfung durchführen (vgl. hierzu oben unter Abschnitt F.II.1, S. 164 ff.) und diese auch dokumentieren muss (vgl. hierzu oben unter Abschnitt F.II.2, S. 167).

Für den Fall der Verletzung dieser Pflichten zur Durchführung und Dokumenta-tion der Überschuldungsprüfung sollte zum einen die Haftung des Geschäftsführers gegenüber der Gesellschaft im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das

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176

Vermögen der Gesellschaft oder der Abweisung eines entsprechenden Antrags man-gels Masse durch eine Verlagerung der Darlegungs- und Beweislast verschärft werden (vgl. hierzu oben unter Abschnitt F.III, S. 168 f.), zum anderen sollte die Verletzung dieser Pflichten strafbewehrt sein (vgl. hierzu oben unter Abschnitt F.IV, S. 169 f.).

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177

Anhang: Mindestgliederung der Kapitalflussrechnung nach DRS 21

A. Rechtliche Wirkung von Empfehlungen des DRSC

Das Bundesministerium der Justiz kann gem. § 342 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HGB eine privatrechtlich organisierte Einrichtung durch Vertrag anerkennen und ihr u.a. die Auf-gabe übertragen, Empfehlungen zur Anwendung der Grundsätze über die Konzern-rechnungslegung zu entwickeln. Soweit Empfehlungen einer nach § 342 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HGB anerkannten Einrichtung vom Bundesministerium der Justiz bekanntge-macht und vom Bilanzierenden beachtet worden sind, wird die Beachtung der die Kon-zernrechnungslegung betreffenden Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung gem. § 342 Abs. 2 HGB vermutet. Als Einrichtung i.S.d. § 342 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HGB anerkannt wurde von dem Bundesministerium der Justiz der Deutsche Standardisie-rungsrat (DSR), bei dem es sich um ein Gremium des Deutschen Rechnungslegungs Standards Committee e.V. (DRSC) handelt.

B. DRS 21

Mit Datum vom 4. Februar 2014 hat der DSR den Deutschen Rechnungslegungs Standard Nr. 21 (DRS 21) verabschiedet. Im DRS 21 sind die Grundsätze niedergelegt, die Mutterunternehmen zu beachten haben, die gem. § 297 Abs. 1 HGB eine Kapital-flussrechnung für den Konzernabschluss aufzustellen haben.526) Unternehmen, die ih-ren Jahresabschluss um eine Kapitalflussrechnung zu erweitern haben oder freiwillig eine Kapitalflussrechnung aufstellen, wird seitens des DRSC empfohlen, dies in Über-einstimmung mit dem DRS 21 tun.527)

C. Direkte Ermittlung des Cashflows

Als Anlage 1 zum DRS 21 wird dem Anwender sowohl für die direkte Methode als auch für die indirekte Methode der Ermittlung des Cashflows jeweils ein Mindestglie-derungsschema für die Aufstellung einer Kapitalflussrechnung an die Hand gegeben. Dieses stellt sich für den Fall der direkten Ermittlung des Cashflows wie folgt dar:528)

___________ 526) DRS 21, S. 5 (Zusammenfassung). 527) DRS 21, S. 5 (Zusammenfassung). 528) DRS 21, S. 17 f.

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1. Einzahlungen von Kunden für den Verkauf von Erzeugnissen, Waren und Dienstleistungen

2. - Auszahlungen an Lieferanten und Beschäftigte

3. + Sonstige Einzahlungen, die nicht der Investitions- oder der Finanzierungstätigkeit zuzuordnen

sind

4. - Sonstige Auszahlungen, die nicht der Investitions- oder der Finanzierungstätigkeit zuzuordnen

sind

5. + Einzahlungen aus außerordentlichen Posten

6. - Auszahlungen aus außerordentlichen Posten

7. -/+ Ertragsteuerzahlungen

8. = Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit (Summe aus 1 bis 7)

9. + Einzahlungen aus Abgängen von Gegenständen des immateriellen Anlagevermögens

10. - Auszahlungen für Investitionen in das immaterielle Anlagevermögen

11. + Einzahlungen aus Abgängen von Gegenständen des Sachanlagevermögens

12. - Auszahlungen für Investitionen in das Sachanlagevermögen

13. + Einzahlungen aus Abgängen von Gegenständen des Finanzanlagevermögens

14. - Auszahlungen für Investitionen in das Finanzanlagevermögen

15. + Einzahlungen aus Abgängen aus dem Konsolidierungskreis

16. - Auszahlungen für Zugänge zum Konsolidierungskreis

17. + Einzahlungen aufgrund von Finanzmittelanlagen im Rahmen der kurzfristigen Finanzdisposi-

tion

18. - Auszahlungen aufgrund von Finanzmittelanlagen im Rahmen der kurzfristigen Finanzdisposi-

tion

19. + Einzahlungen aus außerordentlichen Posten

20. - Auszahlungen aus außerordentlichen Posten

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21. + Erhaltene Zinsen

22. + Erhaltene Dividenden

23. = Cashflow aus der Investitionstätigkeit (Summe aus 9 bis 22)

24. + Einzahlungen aus Eigenkapitalzuführungen von Gesellschaftern des Mutterunternehmens

25. + Einzahlungen aus Eigenkapitalzuführungen von anderen Gesellschaftern

26. - Auszahlungen aus Eigenkapitalherabsetzungen an Gesellschafter des Mutterunternehmens

27. - Auszahlungen aus Eigenkapitalherabsetzungen an die anderen Gesellschafter

28. + Einzahlungen aus der Begebung von Anleihen und der Aufnahme von (Finanz-)Krediten

29. - Auszahlungen aus der Tilgung von Anleihen und (Finanz-)Krediten

30. + Einzahlungen aus erhaltenen Zuschüssen/Zuwendungen

31. + Einzahlungen aus außerordentlichen Posten

32. - Auszahlungen aus außerordentlichen Posten

33. - Gezahlte Zinsen

34. - Gezahlte Dividenden an Gesellschafter des Mutterunternehmens

35. - Gezahlte Dividenden an andere Gesellschafter

36. = Cashflow aus der Finanzierungstätigkeit (Summe aus 24 bis 35)

37. Zahlungswirksame Veränderungen des Finanzmittelfonds (Summe aus 8, 23, 36)

38. +/- Wechselkurs- und bewertungsbedingte Änderungen des Finanzmittelfonds

39. +/- Konsolidierungskreisbedingte Änderungen des Finanzmittelfonds

40. + Finanzmittelfonds am Anfang der Periode

41. = Finanzmittelfonds am Ende der Periode (Summe aus 37 bis 40)

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180

D. Indirekte Ermittlung des Cashflows

Für den Fall der indirekten Ermittlung des Cashflows stellt sich das Mindestgliede-rungsschema nach DRS 21 wie folgt dar:529)

1. Periodenergebnis (Konzernjahresüberschuss/-fehlbetrag einschließlich Ergebnisanteile ande-

rer Gesellschafter)

2. +/- Abschreibungen/Zuschreibungen auf Gegenstände des Anlagevermögens

3. +/- Zunahme/Abnahme der Rückstellungen

4. +/- Sonstige zahlungsunwirksame Aufwendungen/Erträge

5. -/+ Zunahme/Abnahme der Vorräte, der Forderungen aus Lieferungen und Leistungen sowie an-

derer Aktiva, die nicht der Investitions- oder Finanzierungstätigkeit zuzuordnen sind

6. +/- Zunahme/Abnahme der Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen sowie anderer Pas-

siva, die nicht der Investitions- oder Finanzierungstätigkeit zuzuordnen sind

7. -/+ Gewinn/Verlust aus dem Abgang von Gegenständen des Anlagevermögens

8. +/- Zinsaufwendungen/Zinserträge

9. - Sonstige Beteiligungserträge

10. +/- Aufwendungen/Erträge aus außerordentlichen Posten

11. +/- Ertragsteueraufwand/-ertrag

12. + Einzahlungen aus außerordentlichen Posten

13. - Auszahlungen aus außerordentlichen Posten

14. -/+ Ertragsteuerzahlungen

15. = Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit

16. + Einzahlungen aus Abgängen von Gegenständen des immateriellen Anlagevermögens

17. - Auszahlungen für Investitionen in das immaterielle Anlagevermögen

___________ 529) DRS 21, S. 18 f.

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18. + Einzahlungen aus Abgängen von Gegenständen des Sachanlagevermögens

19. - Auszahlungen für Investitionen in das Sachanlagevermögen

20. + Einzahlungen aus Abgängen von Gegenständen des Finanzanlagevermögens

21. - Auszahlungen für Investitionen in das Finanzanlagevermögen

22. + Einzahlungen aus Abgängen aus dem Konsolidierungskreis

23. - Auszahlungen für Zugänge zum Konsolidierungskreis

24. + Einzahlungen aufgrund von Finanzmittelanlagen im Rahmen der kurzfristigen Finanzdisposi-

tion

25. - Auszahlungen aufgrund von Finanzmittelanlagen im Rahmen der kurzfristigen Finanzdisposi-

tion

26. + Einzahlungen aus außerordentlichen Posten

27. - Auszahlungen aus außerordentlichen Posten

28. + Erhaltene Zinsen

29. + Erhaltene Dividenden

30. = Cashflow aus der Investitionstätigkeit (Summe aus 16 bis 29)

31. + Einzahlungen aus Eigenkapitalzuführungen von Gesellschaftern des Mutterunternehmens

32. + Einzahlungen aus Eigenkapitalzuführungen von anderen Gesellschaftern

33. - Auszahlungen aus Eigenkapitalherabsetzungen an Gesellschafter des Mutterunternehmens

34. - Auszahlungen aus Eigenkapitalherabsetzungen an die anderen Gesellschafter

35. + Einzahlungen aus der Begebung von Anleihen und der Aufnahme von (Finanz-)Krediten

36. - Auszahlungen aus der Tilgung von Anleihen und (Finanz-)Krediten

37. + Einzahlungen aus erhaltenen Zuschüssen/Zuwendungen

38. + Einzahlungen aus außerordentlichen Posten

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39. - Auszahlungen aus außerordentlichen Posten

40. - Gezahlte Zinsen

41. - Gezahlte Dividenden an Gesellschafter des Mutterunternehmens

42. - Gezahlte Dividenden an andere Gesellschafter

43. = Cashflow aus der Finanzierungstätigkeit (Summe aus 31 bis 42)

44. Zahlungswirksame Veränderungen des Finanzmittelfonds (Summe aus 15, 30, 43)

45. +/- Wechselkurs- und bewertungsbedingte Änderungen des Finanzmittelfonds

46. +/- Konsolidierungskreisbedingte Änderungen des Finanzmittelfonds

47. + Finanzmittelfonds am Anfang der Periode

48. = Finanzmittelfonds am Ende der Periode (Summe aus 44 bis 47)

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Aktiengesellschaft: eine betriebswirtschaftli-che Untersuchung, Düsseldorf 1966 [zitiert als: Hirtz]

Holtkötter, Dieter/Portisch, Wolf-gang

Going Concern-Prognosen in der Unterneh-menskrise – Sanierungsrelevante Merkmale von Prognoseaussagen zur Bestimmung der Zahlungsfähigkeit von Firmen in der Krise, ForderungsPraktiker 2012, S. 214-219

Holzborn, Timo/von Vietinghoff, Petra (Hrsg.)

Haftung und Insolvenz im GmbH-Recht, München 2013 [zitiert als: Bearbeiter, in: Holzborn/v. Vietinghoff, Haftung und In-solvenz im GmbH-Recht]

Hoos, Jan-Philipp/Kleinschmidt, Andreas

Verlängerung des durch das Finanzmarktsta-bilisierungsgesetz geänderten Überschul-dungsbegriffs – Perpetuierung eines „uner-wünschten Rechtszustands“?, NZG 2009, S. 1172-1173

Hüffer, Uwe Kommentar zum Aktiengesetz, 12. Auflage, München 2016 [zitiert als: Hüffer, Kommen-tar zum AktG] Kommentar zum Aktiengesetz, 10. Auflage, München 2012 [zitiert als: Hüffer, Kommen-tar zum AktG, 10. Auflage (Vorauflage)]

Hundertmark, Dedo/Herms, Volk-mar

Zur Überschuldung von Kapitalgesellschaf-ten, BB 1972, S. 1118-1120

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Neuorientierung der Rechenschaftslegung, Düsseldorf 1995 [zitiert als: IDW, Neuorien-tierung der Rechenschaftslegung]

Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (Hrsg.)

Verlautbarung des IDW FAR 1/1996: Emp-fehlungen zur Überschuldungsprüfung bei Unternehmen [zitiert als: IDW FAR 1/1996] Quelle: WPg 1997, S. 22-25

Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (Hrsg.)

IDW Prüfungsstandard: Die Beurteilung der Fortführung der Unternehmenstätigkeit im Rahmen der Abschlussprüfung (IDW PS 270) [zitiert als: IDW PS 270] Quelle: WPg 2003, S. 775-780; FN-IDW 2003, S. 315-323; WPg Supplement 4/2010, S. 10-11; FN-IDW 2010, S. 433

Institut der Wirtschaftsprüfer in Positionspapier des IDW: Zusammenwirken

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Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (Hrsg.)

IDW Standard: Anforderungen an die Er-stellung von Sanierungskonzepten (IDW S 6) [zitiert als: IDW S 6] Quellen: WPg Supplement 4/2012, S. 130-151; FN-IDW 2012, S. 719-741

Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (Hrsg.)

WP Handbuch 2014 – Wirtschaftsprüfung, Rechnungslegung, Beratung, Band II, 14. Auflage, Düsseldorf 2014 [zitiert als: Be-arbeiter, in: IDW, WP Handbuch 2014, Band II]

Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (Hrsg.)

IDW Standard: Beurteilung des Vorliegens von Insolvenzeröffnungsgründen (IDW S 11) [zitiert als: IDW S 11] Quellen: WPg Supplement 2/2015, S. 108-120, FN-IDW 2015, S. 202-213

Jaeger, Ernst Fünfzig Jahre Konkursordnung, DJZ 1930, Sp. 33-40

Jaeger, Ernst Kommentar zur Konkursordnung, 1. Auf-lage, Berlin 1902 [zitiert als: Jaeger, Kommen-tar zur KO, 1. Auflage]

Jaeger, Ernst (Begr.)/Weber, Fried-rich (Hrsg.)

Kommentar zur Konkursordnung, 8. Auf-lage, Berlin 1973 [zitiert als: Bearbeiter, in: Jae-ger, Kommentar zur KO, 8. Auflage]

Jaeger, Ernst (Begr.)/Henckel, Wolfram/Gerhardt, Walter (Hrsg.)

Kommentar zur Insolvenzordnung, Band 1, §§ 1-55 InsO, 2004 [zitiert als: Bearbeiter, in: Jaeger, Kommentar zur InsO, Band 1]

Kallmeyer, Harald Good will und Überschuldung nach neuem Insolvenzrecht, GmbHR 1999, S. 16-18

Kilger, Joachim Die Reformbedürftigkeit des Konkurs- und Vergleichsrechts, ZRP 1976, S. 190-194

Karollus, Martin/Huemer, Daniela Die Fortbestehensprognose im Rahmen der Überschuldungsprüfung, 2. Auflage, Wien 2006 [zitiert als: Karollus/Huemer]

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Kliebisch, René/Linsenbarth, Mar-tin

Die Haftungsrisiken der Geschäftsleitung aufgrund des befristeten Überschuldungsbe-griffs des § 19 Abs. 2 InsO, DZWIR 2012, S. 232-238

Kirchhof, Hans-Peter/Eidenmüller, Horst/Stürner, Rolf (Hrsg.)

Münchener Kommentar zur Insolvenzord-nung Band 1, §§ 1-79 InsO, InsVV, 3. Auflage, München 2013 [zitiert als: Bearbeiter, in: Münchener Kommentar zur InsO, Band 1]

Koller, Ingo/Kindler, Peter/Roth, Wulf-Henning/Morck, Winfried

Kommentar zum Handelsgesetzbuch, 8. Auflage, München 2015 [zitiert als: Bear-beiter, in: Koller/Kindler/Roth/Morck, Kommentar zum HGB]

Kayser, Godehard/Thole, Chris-toph (Hrsg.)

Heidelberger Kommentar zur Insolvenzord-nung 8. Auflage, Heidelberg 2016 [zitiert als: Bear-beiter, in: Heidelberger Kommentar zur InsO] 7. Auflage, Heidelberg 2014 [zitiert als: Bear-beiter, in: Heidelberger Kommentar zur InsO, 7. Auflage (Vorauflage)] 4. Auflage, Heidelberg 2006 [zitiert als: Bear-beiter, in: Heidelberger Kommentar zur InsO, 4. Auflage (Vorauflage)]

Kübler, Bruno M./Prütting, Hanns/Bork, Reinhard

Kommentar zur Insolvenzordnung, Band I, Loseblatt, Stand: September 2016 (68. Er-gänzungslieferung), Köln [zitiert als: Bearbei-ter, in: Kübler/Prütting/Bork, Kommentar zur InsO, Band I]

Kühn, Günter Die Konkursantragspflicht bei Überschul-dung einer GmbH, die schuldhafte Verlet-zung dieser Pflicht und der sich daraus erge-bende Schadensersatzanspruch gegen die Geschäftsführer, Gesellschafter und Dritte – zugleich ein Beitrag zum Problem der Un-terkapitalisierung der GmbH, Münster 1969 [zitiert als: Kühn]

Kühn, Günter Bewertungsprobleme bei Feststellung der Überschuldung einer GmbH, DB 1970, S. 549-555

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Kupsch, Peter Bilanzierungsproblematik und Vorstands-pflichten bei Verlust in Höhe der Hälfte des Grundkapitals und bei Überschuldung, WPg 1982, S. 273-280

Lenger, Norman/Nachtsheim, Thomas

Insolvenzeröffnungsgründe – Praxisrele-vante Aspekte des neuen IDW ES 11, NZI 2014, S. 992-995

Lilienbecker, Thomas/Link, Ro-bert/Rabenhorst, Dirk

Beurteilung der Going-Concern-Prämisse durch den Abschlussprüfer bei Unterneh-men in der Krise, BB 2009, S. 262-266

Lüer, Hans-Jochem Gesetzgeberischer Gestaltungseifer statt Rechtspolitik – Zur Neufassung von § 19 Abs. 2 InsO, in: Festschrift für Uwe Hüffer zum 70. Geburtstag, hrsg. von Peter Kind-ler, Jens Koch, Peter Ulmer, Martin Winter, München 2010, S. 603-615 [zitiert als: Lüer, in: FS Hüffer]

Lutter, Marcus Zahlungseinstellung und Überschuldung un-ter der neuen Insolvenzordnung, ZIP 1999, S. 641-647

Meyer-Cording, Ulrich Mehr Klarheit für die Insolvenztatbestände!, BB 1985, S. 1925-1927

Meyer-Cording, Ulrich Wann wirken die Insolvenztatbestände?, BB 1986, S. 415-417

Meyer-Landruth, Joachim/Miller, F. Georg/Niehus, Rudolf J.

Kommentar zum Gesetz betreffend die Ge-sellschaften mit beschränkter Haftung, Ber-lin/New York 1987 [zitiert als: Bearbeiter, in: Meyer-Landruth/Miller/Niehus, Kommen-tar zum GmbHG]

Michalski, Lutz (Hrsg.) Kommentar zum Gesetz betreffend die Ge-sellschaften mit beschränkter Haftung Band 1, Systematische Darstellungen, §§ 1-34 GmbHG, 2. Auflage, München 2010 [Be-arbeiter, in: Michalski, Kommentar zum GmbHG, Band 1] Band 2, §§ 35-85 GmbHG, §§ 1-4 EGGmbHG, 2. Auflage, München 2010 [zi-tiert als: Bearbeiter, in: Michalski, Kommentar zum GmbHG, Band 2]

Möhlmann, Thomas Die Überschuldungsprüfung nach der neuen

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Insolvenzordnung, DStR 1998, S. 1843-1848 Möhlmann-Mahlau, Thomas/Sch-mitt, Jens

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Nerlich, Jörg/Kreplin, Georg (Hrsg.)

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Nerlich, Jörg/Römermann, Volker (Hrsg.)

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Nickert, Cornelius/Lamberti, Udo H.

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Nonnenmacher, Rolf Sanierung, Insolvenz und Bilanz, in: Fest-schrift zum 65. Geburtstag von Professor Dr. Dr. h.c. Dr. h.c. Adolf Moxter, hrsg. von Wolfgang Ballwieser, Hans-Joachim Bö-cking, Jochen Drukarczyk, Reinhard H. Schmidt, Düsseldorf 1994, S. 1313-1332 [zi-tiert als: Nonnenmacher, in: FS Moxter]

Obermüller, Manfred/Kuder, Ka-ren

Insolvenzrecht in der Bankpraxis, 8. Auf-lage, Köln 2011 [zitiert als: Obermüller, Insol-venzrecht in der Bankpraxis]

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Pape, Gerhard/Uhlenbruck, Wil-helm/Voigt-Salus, Joachim (Hrsg.)

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Penzlin, Dietmar Kritische Anmerkungen zu den Insolvenzer-öffnungsgründen der drohenden Zahlungs-unfähigkeit und der Überschuldung (§§ 18 und 19 InsO), NZG 2000, S. 464-470

Pfaff, Karl Die Rückkehr zur Fortführungsbewertung im Überschuldungstatbestand – eine Unter-

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suchung zu § 19 Abs. 2 InsO und den Insol-venzverschleppungsdelikten –, Köln 2009 [zitiert als: Pfaff]

Plate, Georg Eignung von Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung als Indikatoren für die Insol-venzreife einer Unternehmung, DB 1980, S. 217-222

Pöhlmann, Peter/Fandrich, An-dreas/Bloehs, Joachim

Kommentar zum Genossenschaftsgesetz, 4. Auflage, München 2012 [zitiert als: Bear-beiter, in: Pöhlmann/Fandrich/Bloehs, Kom-mentar zum GenG]

Poepping, Melanie Die Auswirkungen des MoMiG auf die in-solvenzrechtliche Behandlung von Gesell-schafterdarlehen ab dem 1. 11. 2008, BKR 2009, S. 150-156

Poertzgen, Christoph Der 3-Wochen-Zeitraum im Rahmen der Antragspflicht (§ 15a InsO), ZInsO 2008, S. 944-952

Pott, Sarah Renaissance des modifiziert zweistufigen Überschuldungsbegriffs, NZI 2012, S. 4-9

Pribilla, Max E. Die Überschuldungsbilanz I., KTS 1958, S. 1-8

Richter, Bernd/Pernegger, Isabelle

Betriebswirtschaftliche Aspekte des RegE-ESUG, BB 2011, S. 876-882

Riedemann, Susanne Zur Entwicklung des Konkursrechts seit In-krafttreten der Konkursordnung unter dem Aspekt der Gläubigerautonomie, Nor-derstedt 2004 [zitiert als Riedemann]

Rinklin, Theo Hansjörg Die vergleichsfähige und konkursreife Un-ternehmung, Stuttgart 1960 [zitiert als: Rink-lin]

Römermann, Volker (Hrsg.) Münchener Anwaltshandbuch GmbH-Recht, 3. Auflage, München 2014 [zitiert als: Bearbeiter, in: Römermann, MAH GmbH-Recht]

Römermann, Volker Darlegungs- und Beweislast für positive Fortführungsprognose gemäß § 19 II InsO a.F. obliegt dem GmbH-Geschäftsführer, GWR 2010, S. 609

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Schimansky, Herbert/Bunte, Her-mann-Josef/Lwowski, Hans-Jürgen (Hrsg.)

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Schlüchter, Ellen Der Grenzbereich zwischen Bankrottdelik-ten und unternehmerischen Fehlentschei-dungen, Tübingen 1977 [zitiert als: Schlüchter]

Schmalenbach, Eugen Dynamische Bilanz, 13. Auflage, Köln 1962 [zitiert als: Schmalenbach]

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Schmidt, Andreas (Hrsg.) Sanierungsrecht, Köln 2016 [zitiert als: Bear-beiter, in: Sanierungsrecht]

Schmidt, Karsten Konkursgründe und präventiver Gläubiger-schutz – Ein Beitrag zur Diskussion um den Konkursgrund der Überschuldung, AG 1978, S. 334-240

Schmidt, Karsten Sinnwandel und Funktion des Überschul-dungstatbestandes – Rechtspolitische Per-spektiven der Verfahrenseröffnung im Insol-venzrecht, JZ 1982, S. 165-174

Schmidt, Karsten Wege zum Insolvenzrecht der Unterneh-men, Köln 1990 [zitiert als: K. Schmidt, Wege zum Insolvenzrecht der Unternehmen]

Schmidt, Karsten Insolvenzgründe und Haftung für Insol-venzverschleppung, in: Das Kapital der Ak-tiengesellschaft in Europa, hrsg. von Marcus Lutter, Berlin 2006 [zitiert als: K. Schmidt, in: Lutter, Das Kapital der Aktiengesellschaft in Europa]

Schmidt, Karsten Überschuldung und Insolvenzantragspflicht

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nach dem Finanzmarktstabilisierungsgesetz - Geschäftsleiterpflichten im Wechselbad der Definitionen, DB 2008, S. 2467-2471

Schmidt, Karsten Überschuldung und Unternehmensfortfüh-rung oder: per aspera ad astra – Grundsatz- und Praxisfragen um § 19 Abs. 2 InsO, ZIP 2013, S. 485-493

Schmidt, Karsten (Hrsg.) Kommentar zur InsO, 19. Auflage 2016, München 2016 [zitiert als: Bearbeiter, in: K. Schmidt, Kommentar zur InsO]

Schmidt, Karsten/Ebke, Werner F. (Hrsg.)

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Schmidt, Karsten/Uhlenbruck, Wil-helm (Hrsg.)

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Scholz, Franz (Begr.) Kommentar zum Gesetz betreffend die Ge-sellschaften mit beschränkter Haftung Band 3, §§ 53-85, Nachtrag MoMiG, 11. Auflage, Köln 2015 [zitiert als: Bearbeiter, in: Scholz, Kommentar zum GmbHG, Band 3] Band 2, §§ 45-87, 9. Auflage, Köln 2002 [zi-tiert als: Bearbeiter, in: Scholz, Kommentar zum GmbHG, 9. Auflage (Vorauflage), Band 2]

Schröder, Jens-Sören Die Prüfung der Fortführungsaussichten in Krise und Insolvenz, InsVZ 2010, S. 3-9

Schürer, Heinz Der Tatbestand der Überschuldung im deut-schen Insolvenzrecht – eine Stellungnahme aus betriebswirtschaftlicher Sicht, München 1962 [zitiert als: Schürer]

Seicht, Gerhard Gläubigerschutz, Bilanz und insolvenzrecht-liche Überschuldung, in: Zum Erkenntnis-stand der Betriebswirtschaftslehre am Be-ginn des 21. Jahrhunderts – Festschrift für Ericht Loitlsberger zum 80. Geburtstag, hrsg. von Udo Wagner, Berlin 2001 [zitiert als: Seicht, in: FS Loitlsberger]

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Siedschlag, Wolfgang Ansatzpunkte zu einer Reform des Insol-venzrechts (Konkurs und Vergleich) anhand neuerer Erfahrungen, Freiburg 1971 [zitiert als: Siedschlag]

Sikora, Karl Wie erstellt man eine tragfähige Fortbeste-hensprognose? – Anforderungen im Rah-men des geänderten insolvenzrechtlichen Überschuldungsbegriffs, NWB 2009, S. 232-239

Sikora, Karl Die Fortbestehensprognose im Rahmen der Überschuldungsprüfung, ZInsO 2010, S. 1761-1775

Spindler, Gerald/Stilz, Eberhard (Hrsg.)

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Spliedt, Jürgen D. Überschuldung trotz Schuldendeckung?, DB 1999, S. 1941-1946

Staub, Hermann Kommentar zum Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch (ohne Seerecht), 2. Auf-lage, Berlin 1894 [zitiert als: Staub, Kommen-tar zum Allgemeinen Deutschen Handelsge-setzbuch, 2. Auflage (Vorauflage)]

Steffan, Bernhard/Solmecke, Düs-seldorf

Die Beurteilung der Insolvenzeröffnungs-gründe, ZInsO 2015, S. 1365-1374

Steffek, Felix Gläubigerschutz in der Kapitalgesellschaft, Tübingen 2011 [zitiert als Steffek]

Strohn, Lutz Organhaftung im Vorfeld der Insolvenz, NZG 2011, S. 1161-1169

Sudhoff, Heinrich Der Antrag auf Eröffnung des Konkurs- o-der Vergleichsverfahrens, NJW 1973, S. 1829-1832

Temme, Ulrich Die Eröffnungsgründe der Insolvenzord-nung, Münster 1997 [zitiert als: Temme]

Theiselmann, Rüdiger (Hrsg.) Praxishandbuch des Restrukturierungs-rechts, 3. Auflage, Köln 2017 [zitiert als: Be-arbeiter, in: Theiselmann, Praxishandbuch des Restrukturierungsrechts]

Uhlenbruck, Wilhelm Grundzüge eines künftigen Insolvenzrechts nach den Vorstellungen der Reformkommis-sion, BB 1984, S. 1949-1961

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Uhlenbruck, Wilhelm/Hirte, Heri-bert/Vallender, Heinz (Hrsg.)

Kommentar zur InsO, 14. Auflage, Mün-chen 2015 [zitiert als: Bearbeiter, in: Uhlen-bruck, Kommentar zur InsO] Kommentar zur InsO, 13. Auflage, Mün-chen 2010 [zitiert als: Bearbeiter, in: Uhlen-bruck, Kommentar zur InsO, 13. Auflage (Vorauflage)]

Uhlenbruck, Wilhelm/Vallender, Heinz

Zehn Jahre Insolvenzordnung – eine kriti-sche Zwischenbilanz, NZI 2009, S. 1-11

Ulmer, Peter Konkursantragspflicht bei Überschuldung der GmbH und Haftungsrisiken bei Kon-kursverschleppung, KTS 1981, S. 469-492

Vonnemann, Wolfgang Die Feststellung der Überschuldung, Köln 1989 [zitiert als: Vonnemann]

Vonnemann, Wolfgang Die Feststellung der Überschuldung, BB 1991, S. 867-872

Wackerbarth, Ulrich Grenzen der Leitungsmacht in der internati-onalen Unternehmensgruppe, München 2001 [zitiert als: Wackerbarth]

Wackerbarth, Ulrich Bundesregierung verschärft Finanzkrise, Blog-Artikel, 2008, nur online abrufbar un-ter http://blog.fernuni-ha-gen.de/blawg/2008/10/24/bundesregierung-ver-scharft-finanzkrise/, abgerufen am 6. Januar 2017 [zitiert als: Wackerbarth, Bundesregierung verschärft Finanzkrise]

Wackerbarth, Ulrich Überschuldung und Fortführungsprognose, NZI 2009, S. 145-149

Wackerbarth, Ulrich Negative Fortführungsprognose für § 19 InsO, Blog-Artikel, 2012, nur online abruf-bar unter http://blog.fernuni-ha-gen.de/blawg/2012/07/09/negative-fortfuhrungs-prognose-fur-§-19-inso/, abgerufen am 6. Januar 2017 [zitiert als: Wackerbarth, Negative Fortfüh-rungsprognose für § 19 InsO]

Wackerbarth, Ulrich/Eisenhardt, Ulrich

Gesellschaftsrecht II – Recht der Kapitalge-sellschaften, Heidelberg, 2013 [zitiert als: Wackerbarth/Eisenhardt, Gesellschaftsrecht II]

Wallner, Christoph Der Sanierungskredit – ein Überblick, NZI 2006, S. 553-561

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201

Weber, Claus-Peter/Küting, Pe-ter/Eichenlaub, Raphael

Zweifelsfragen im Rahmen der Beurteilung des Vorliegens von Insolvenzeröffnungs-gründen – Zugleich Anmerkungen zu IDW ES 11, GmbHR 2014, 1009-1018

Wellensiek, Jobst Übertragende Sanierung, NZI 2002, S. 233-239

Weller, Niels Das Trugbild einer dichotomen insolvenz-rechtlichen Fortbestehensprognose – Grundlagen einer betriebswirtschaftlich fun-dierten Unternehmensplanung – Zugleich Entgegnung auf den Beitrag von Wolf, DStR 2009, 2682, DStR 2010, S. 1046-1050

Wenger, Ekkehard Unternehmenserhaltung und Gewinnbegriff – Die Problematik des Nominalwertprinzips in handels- und steuerrechtlicher Sicht, Wiesbaden 1981 [zitiert als: Wenger]

Wimmer, Richard Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers – Insbesondere im Fall der Zahlungsunfähig-keit und Überschuldung, NJW 1996, S. 2546-2551

Wimmer, Richard (Hrsg.) Frankfurter Kommentar zur Insolvenzord-nung, 8. Auflage, Frankfurt/Main 2015 [zi-tiert als: Bearbeiter, in: Frankfurter Kommen-tar zur InsO]

Winnefeld, Robert Bilanz-Handbuch, 5. Auflage, München 2015 [zitiert als: Winnefeld, Bilanz-Handbuch]

Wöhe, Günter (Begr.)/Döring, Ul-rich/Brösel, Gerrit

Einführung in die Allgemeine Betriebswirt-schaftslehre, 26. Auflage, München 2016 [zi-tiert als: Wöhe]

Wolf, Thomas Bewertung von Vermögensgegenständen in einem Überschuldungsstatus, DStR 1995, S. 859-863

Wolf, Thomas Überschuldung: Entstehung, Bilanzierung und Auswege, Herne/Berlin 1998 [zitiert als: Wolf]

Wolf, Thomas Das Erfordernis der Dokumentation von Überschuldungsbilanzen, DStR 1998, S. 126-128

Wolf, Thomas Mythos Fortbestehensprognose – Welche Rolle spielt die Ertragsfähigkeit?, DStR

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2009, S. 2682-2685 Ziemons, Hildegard/Jaeger, Carsten (Hrsg.)

Beck’scher Online-Kommentar GmbHG, 29. Edition, Stand: 1. November 2016, Mün-chen [zitiert als: Bearbeiter, in: BeckOK GmbHG]

Zilias, Manfred Unterbilanz und Überschuldung der Aktien-gesellschaft, WPg 1977, S. 445-455

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Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Anteil der Insolvenzanträge je Eröffnungsgrund von Unternehmen, die aufgrund ihrer jeweiligen Rechtsform zum persönlichen Anwen-dungsbereich des Überschuldungstatbestands gehören

Abbildung 2: Anteil der allein auf Überschuldung oder auf drohende Zahlungsun-fähigkeit und Überschuldung gestützten Insolvenzanträge von Unter-nehmen, die aufgrund ihrer jeweiligen Rechtsform zum persönlichen Anwendungsbereich des Überschuldungstatbestands gehören

Abbildung 3: Verhältnis von Einzahlungen und Auszahlungen zu Einnahmen und Ausgaben

Abbildung 4: Verhältnis von Einzahlungen zu Einnahmen Abbildung 5: Verhältnis von Auszahlungen zu Ausgaben Abbildung 6: Verhältnis von Einnahmen und Ausgaben zu Erträgen und Aufwand Abbildung 7: Verhältnis von Einnahmen zu Erträgen Abbildung 8: Verhältnis von Ausgaben zu Aufwand Abbildung 9: Verhältnis von Erlösen und Kosten zu Erträgen und Aufwand Abbildung 10: Verhältnis von Erlösen zu Erträgen Abbildung 11: Verhältnis von Kosten zu Aufwand