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X tlo r- /f 0 Festschrift für Herbert Kolb zu seinem 65. Geburtstag Unter Mitarbeit von Barbara Haupt und Hilkert Weddige herausgegeben von Klaus Matzel und Hans-Gert Roloff Sonderdruck Peter Lang Bern· Frankfurt am Main· New York . Paris " ., ", ';." "' .• '1\

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Festschriftfür

Herbert Kolbzu seinem 65. Geburtstag

Unter Mitarbeit vonBarbara Haupt und Hilkert Weddige

herausgegebenvon

Klaus Matzel und Hans-Gert Roloff

Sonderdruck

Peter LangBern· Frankfurt am Main· New York . Paris

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EDUARD HLAWITSCHKA

DIE VERBREITUNG DES NAMENS ZWENTIBOLDIN FRüHDEUTSCHER ZEIT

Personengeschichtliche Beobachtungen und Erwägungen

Unter unseren gegenwärtigen Rufnamen ist der Name Zwentibold nicht mehrzu finden. Dies kann verwundern, da er doch einst - an der Wende von dergroßfränkischen zur deutschen Geschichte - von einem König getragen wur-de und gerade das Namengut der Königssippen seit dem Beginn der deutschenGeschichte eigentlich eine weite Verbreitung erfuhr, jedenfalls nicht mehr -wie etwa noch in der Merowinger- und frühen Karolingerzeit - einen Exklu-sivcharakter hatte.! Dieser König, der den Namen Zwentibold trug, war von895-900 König von Lotharingien und ein Sohn des Markgrafen Arnulf vonKärnten, der im Herbst 887 durch den Thronsturz seines Onkels Kaiser KarlIll. zur Königsmacht im Ostfrankenreich gekommen ist. Zwentibold, um870 geboren, war ein außereheliches Kind Arnulfs, so wie Arnulf seinerseitsein außerehelich geborener Sohn des Karolingerkönigs Karlmann von Bayernwar, durch die Rechtsentwicklung im Frankenreich kein Thronrecht mehrhatte und statt diesem mit der Verwaltung der südöstlichen Randprovinz desOstfränkischen Reiches abgefunden worden war.2 Nur an diesen König Zwen-tibold denkt man zumeist, wenn einem der etwas merkwürdig anmutende Na-me begegnet, der bei manchem, der ihn zum ersten Male hört, mit seinerZweigliedrigkeit Zwenti- und -bold den Gedanken einer Kontamination vonZwerg und Kobold zu wecken scheint.

Daß der Name Zwentibold gewiß ungewöhnlich war, zeigt auch ein Blickin Förstemanns Altdeutsches Namenbuch. Darin kommt er überhaupt nicht

Zum Exklusivcharakter der Namen der männlichen Karolingerprinzen - wie auchschon der Merowinger - vgl. Gerd Tellenbach, Zur Bedeutung der Personenfor-schung für die Erkenntnis des früheren Mittelalters, (= Freiburger UniversitätsredenNF 25), Freiburg/Br. 1957, S. 20C.; zur weiten Verbreitung des Namengutes der Ot-tonen und Salier vgl. Karl August-Eckhardt, Genealogische Funde zur allgemeinenGeschichte, (= Germanenrechte NF, Deutschrechtl. Archiv 9), 2. Aufl. Witzenhau-sen 1963, S. 10.

2 Zusammenfassend zu König Zwentibolds Geburtszeit, Leben und Wirken vgl. Theo-dar Schieffer in der Einleitung zur Edition der Diplome dieses Regenten in MGDiplomata regum Germaniae IV: Die Urkunden Zwentibolds und Ludwigs des Kin-des, Berlin 1960, S. 3C.

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vor.3 Das aber hat wohl andere Gründe. Obgleich er durch die zweite Stamm-silbe -boldjbald, die uns in Namen wie Liutbold, Leopold, Erchanbold, Mlli-bald sehr geläufig ist, zu den unverkennbaren altdeutschen Rufnamen zu ge·hören scheint, ist dies aber keinesfalls so; und das Wissen darum dürfte fürFörstemann ausschlaggebend gewesen sein, diesen Namen nicht in seineSammlungen aufzunehmen. Denn dieser Name ist in der Tat erst durch eineAngleichung der ursprünglich nur ähnlich lautenden zweiten Stammsilbe andie germanische Zweitsilbe -bold - wie ebenso auch durch eine leichte Um-formung der ersten - entstanden. Er ist nämlich abgeleitet aus dem slawi-schen Namen Swatopluk, der seinerseits aus den beiden Namensteilen swittty/svaty 'heilig' und pulc/pluk 'Truppe, Haufe, Volk' gebildet ist.4

Der Geschichtsschreiber Regino von Prüm berichtet unsja doch in seinerChronik, daß Arnulf von Kärnten noch vor seiner Königserhebung eine Zeit-lang dem Fürsten der mährischen Slawen namens Zuendibolch freundschaft-lich verbunden war,ja daß jener damals auchfilium eius (= Arnulfs), quem expelice susceperat, a sacro fonte levavit eumque ex nomine suo Zuendibolchappellari fecit;5 und diese Übernahme der Taufpatenschaft an Arnulfs Sohndurch den Mährerfürsten dürfte um 870/71 geschehen sein.6 Den bei Regino

3 Ernst Förstemann, Altdeutsches Namenbuch I: Personennamen, ND der 2. Aufl. MUn-chen-Hildesheim 1966. Lediglich in Sp. 1382 flndet man unter den Einzelbelegenzum Wortstamm Svintha den Hinweis "Swindebald fUr Zwentibold, Acta Sancto-rum Juni VU S. 248".

4 Vgl. Thietmar v. Merseburg, Chronicon, ed. Robert Holtzmann, MG SS rer. Germ.NS IX, Berlin 1935, 5.197 Anm.6.

5 Regino, Cbron. ad 890, ed, Friedrich Kurze, MG SS rer, Germ., Hannover 1890, S.134.

6 Schon Ernst Dümmler, De Arnulf Francorum rege, Diss. Berlin 1852, S. 64, hatdarauf hingewiesen, daß nur 870 und noch zu Jahresanfang 871 die Beziehungenzwischen König Karlmann und Swatopluk d.Ä. so eng waren, daß letzterer als Tauf-pate für den Enkel Karlmanns in Frage kam. Diese Kontakte sind am besten aus denAnnates Fuldenses ad 870/871, ed, Friedrich Kurze, MG SS rer. Germ., Hannover1891, S. 70ff., ersichtlich. Swatopluk d.Ä. war auch nur in dieser Zeit in Bayern, sodaß ein anderes Jahr für die Übernahme der Taufpatenschaft und die persönlicheMitwirkung beim Taufakt entfällt. - Erwin Herrmann. Slawisch-germanische Be-ziehungen im südostdeutschen Raum von der Spätantike bis zum Ungarnsturm. EinQuellenbuch mit Erläuterungen, (= Veröffentlichungen des Collegium Carolinum17), München 1965, S. 174, verweist darauf, daß Arnulf v.K. - nach den Ann. Ful-dens. ad 890, S. 118 - im März 890 zu einem generale conventum cum Zwentibal·do duce etwa in der Gegend des Wiener Waldes aufbrach, und folgert hieraus: "DasJahr 890 sah die größte Annäherung des unberechenbaren Mährerfürsten an Arnulf;Svatopluk wurde Taufpate des illegitimen Sohnes Arnulfs, des Zwentibold (vonLothringen)". Hier ist der Zeitpunkt der Taufe, die nicht lange nach der Geburt vor-genommen zu werden pflegte, gewiß zu spät angesetzt; bereits 895 konnte ja Zwen·tibold selbständig in Lotharingien regieren, und 897 hat et sich verheiratet.

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schon leicht an die Volkssprache im ostfränkischen Reich angeglichenen Na-men des Mährerfürsten findet man in der slawischen Ursprungsform Zuato-pluk viel klarer überliefert bei dem im Slawischen heimischen Geschichts-schreiber Cosmas von Prag, der übrigens mit seiner Angabe, daß der Mährer-fürst Zuatopluk der compater Kaiser Arnulfs von Kärnten gewesen sei, denRegino-Bericht von der Taufpatenschaft an Arnulfs Sohn bestätigt." Undden Namen Zuatopluk/Swatopluk findet man für slawische Große ja auchsonst überliefert: so etwa für den mährischen Teilfürsten und Böhmenherzogder Jahre 1107-1109,8 für einen nach 1169 verstorbenen Sohn des KönigsWladislaw 11. von Böhmen.? für den vor 1201 verstorbenen gleichnamigenTeilfürsten von Mähren-Brünn.l? desgleichen für den von 1015-1019 bezeug-ten Sohn (bzw. als Sohn adoptierten Neffen) des russischen GroßfürstenWladimir d.Hl.,l1 auch für einen Sohn Herzog Mieszkos I.von Polen (t992), 12

einen 1122 getöteten dux Odrensis, 13 einen pomoranischen Fürstensohn (um1175),14 einen pomoranischen Adligen bzw. dux im 13. Jahrhundert.P füreinen polnischen Fürstensohn in der Mitte des 12. Jahrhunderts.P den russi-schen Großfürsten Swatopolc 11.(t 1113)17 usw.

Freilich wurde die slawische Grundform des Namens sehr rasch an diegermanischen Namen, die im Ostfränkischen bzw. sich zum deutschen Staatdes Mittelalters weiterentwickelnden Reich geläufig waren, assimiliert. So

7 Cosmas, Chronica Boemorurn lib.l c.14, ed. Berthold Bretholz - Wilhelm Weinberger,MG SS rer. Germ. NS 2, Berlin 1923, S. 32. - Die Erwähnungen der Taufpaten-schaft Swatopluks für Zwentibold in der Chronik Ottos v. Freising, im AuctariumMellicense, bei lohann v. Viktring etc. sind aus Reginos Chronik entlehnt.

8 Zu ihm vg!. besonders Cosmas, Chronica (Register), und Wilhelrn Wegener, Böh-men, Mähren und das Reich im Hochmittelalter, Köln-Graz 1959, S. 70, 120,173f.; Ders., Genealogische Tafeln zur mitteleuropäischen Geschichte, Göttingen1962-1969, Lfg. 1, S. 8.

9 Wilhelrn Wegener, Genealogische Tafeln S. 6.10 Wilhelm Wegener, Genealogische Tafeln S. 8.11 Thietmar v. Merseburg, Chron. (wie Anm. 4), Register; N. de Baumgarten, Genealo-

gies et mariages occidentaux des Rurikides Russes du Xe au xm= siecle, in: Orien-talia Christiana vol. IX nr. 35, Rom 1927, S. 7.

12 Thietmar v. Merseburg, Chron.lib. IV c. 57, S. 196ff.13 Annales Cracovienses vetusti ad 1122, MG SS XIX S. 578; Wilhelm Wegener, Ge-

nealogische Tafeln (wie Anm. 8) S. 30f.14 Wilhelrn Wegener, Genealogische Tafeln S. 32.15 Viele Belege in MG SS XIX und XXIX, Register.16 Vater des Petrus Vloski; vgl. MG SS XIX, Register; Swantopolk hieß auch der Sohn

des Petrus.17 N. de Baumgarten, Genealogies (wie Anm. 11) S. 10. - Vg!. dort auch Swiatopolk,

Prinz v. Tourov, t 1190 (S. 10) und Swiatopolk, Prinz v. Nowgorod, später v.Wolhynien, t 1154 (S. 23).

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heißt der Sohn Arnulfs v. Kärnten, über den dieser slawische Name breiterenBevölkerungsschichten im Ostfränkisch-deutschen Reich bekannt gewordensein dürfte, in seinen eigenen Urkunden sowohl Zuentipolc, Zuentipolch alsauch Zuentipold,18 und diese Angleichung läuft - vor allem bei den Ge-schichtsschreibern - weiter zu Namensformen wie Zendebald,19 Centebald,2oZuindibolt,21 Sindebaldus,22 Sinbaldus,23 Swindebald,24 Swenepolt25 undzu Zuntibold, 26 Zundebold,27 Tuntibaltf28 und Cuntebold29 usw.

Die Anlehnung an die Stammsilbe bold/bald und ebenso die Annäherungan die altdeutschen Wortstämme Swintlt[Sint - wie auch Gunt/Cunt - sinddabei deutlich zu fassen.

I

Aber nicht diesem Vorgang soll hier unsere Aufmerksamkeit gelten. Kaum be-achtet, aber doch auch von Interesse ist die Frage, ob und wie stark der NameZwentibold im ostfränkisch-deutschen Sprachraum rezipiert worden ist. Wur-de er im deutschen Adel - über den Lothringerkönig - breiter aufgenommenund weitergegeben? Die Frage ist nicht von vornherein etwa deswegen zu ver-neinen, weil König Zwentibold aus seiner kurzen, zwischen 897 und 900 be-zeugten Ehe mit der Liudolfingerin Oda, einer Schwester des späteren KönigsHeinrich l.,nur zwei Töchter - Benedicta und Cecilia - hatte, die (wohl nachder Wiederverheiratung Odas mit dem Matfriedinger Gerhard, gegen den Zwen-

18 MG DD Zwentibold (wie Anm. 2).19 Vgl. z.B. Annales Besuenses ad 893, MG SS 11 S. 248; Annales Blandinienses ad

895, MG SS VS. 24; usw.20 Liudprand, Antapodosis lib. I c. 20-22, ed, Joseph Becker, MG SS rer. Germ., Han-

nover-Leipzig 1915, S. 19f.; Joeundi Translatio S. Servatii, MG SS XII S. 106; Ab-bo, De bello Parisiaco us.n v. 579, MG Poetae Lat. IV S. 114.

21 Annales necrologici Prumienses, MG SS XIII S. 219.22 MG Libri memoriales I: Lib. memo Romaricensis, ed. Eduard Hlawitschka, Karl

Schmid u. Gerd Tellenbach, Dublin-Zürich 1970, S. 127 (= fol, S6v I I).23 MG Poetae Latini IV S. 384f., t= Gesta Berengarii imp. lib. III v. 8, 22, 43, 46

G1.).24 Vgl. Anm. 3.25 Nekrolog von Essen, ed. Konrad Ribbeck, Ein Essener Necrologium aus dem 13.

und 14. Jahrhundert, in: Beiträge zur Geschichte von Stadt und Stift Essen 20,1900, S. 104.

26 Annales Augienses ad 900, MG SS I S. 68; vgl, auch unten S. 269 und 283.27 Armales Einsidlenses ad 895, MG SS I S. 140; Codex Lauresharnensis I, ed. Karl

Glöckner, Darmstadt 1929, S. 339.28 MG Necrol. I S. 478, t= NecroL Sangallense),29 Vgl. unten S. 269.

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tibold bei der versuchten Niederwerfung eines großen Aufstandes im August900 sein Leben verlor) in das Kloster Süsteren kamen und dort als Sanktime-nialen und später sogar als Äbtissinnen ihre Tage verbracht haben sollen.30

Auch wenn somit keine direkten Nachkommen der Zwentiboldtöchter, dieden Zwentiboldnamen an Kinder oder Enkel weitervererben konnten, anzu-nehmen sind, so könnte dieser Name doch auf die gleiche Weise, wie derLotharingierkönig selbst zu ihm kam - nämlich durch die TaufpatenschaftZwentibolds bei einem Sohn seiner adligen Führungsschicht im regnum quon-dam Lotharii -, weitergegeben worden sein. Verwirft man diese Möglichkeitnicht umgehend und durchmustert man deshalb die Quellen des lotharingi-sehen Raumes, so stößt man z.B. auf eine im Kloster Gerresheim (bei Düssel-dorf) ausgestellte und in die Jahre 919-922 gehörende Urkunde, mit der eingewisser Wilhelm seiner Nichte Wendilswint Besitz in Merselo (wesd. von Ven-ray in der niederländischen Provinz Limburg) übertrug, wobei dieser Besitzin comitatu Zuntiboldi comitis lag.31 Über diesen Grafen Zuntibold/Zwen-tibold wird zwar weiter nichts gesagt, doch regt die Lage seiner Grafschaftim Südostzipfel der Niederlande an, darauf besonders zu achten, daß zweiReichenauer Gedenkeinträge aus der Mitte des 10. Jahrhunderts einen Zun-tebold bzw. Cuntebold im Verein mit einer in das Niederrheingebiet, in dasHamaland und nach Westfriesland zu lokalisierenden Adelsgruppe aufzeigen.Diese zwei Einträge seien hier genannt. Dabei werden zur leichteren Feststel-lung der Übereinstimmungen die in beiden Einträgen auftretenden und somiteinander entsprechenden Namen voll unterstrichen und die nur in jeweils ei-nem von ihnen sich darüberhinaus wiederholenden Namen, die die Sitte derNachbenennung in einer Familie zum Ausdruck bringen und somit - im Ver-ein mit der Wiederkehr der ganzen Namenkonstellation - die familienbezoge-ne Ausdeutung dieser Eintragungen nahelegen und eine willkürliche Zusam-menstellung der Namen verneinen, gestrichelt gekennzeichnet. Sie lauten: 32

30 Annales Aureaevallenses, MG SS XVI S. 682: Sub cuius (= Amalberga) doctriruznutnta fuerunt ftliae praedicti Ceinderboldi regis, Benedicta et Cecilia, quae succes·stve post mIlgistram suam praefuerunt. - Zur Ehe Zwentibolds mit der Liudolfin-gerin Oda und zu Odas Wiederverheiratung nach Zwentibolds Tode vgl, EduardHlawitschka, Die Anfange des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Unter-suchungen zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9., 10. und 11. Jh., Saar-brücken 1969, S. 59f.

31 Druck dieser im Original erhaltenen Urkunde bei Otto Oppermann, Rheinische Ur-kundenstudien I, Bonn 1922, S. 438f.; zur Datierung vgl. ebd. S. 9;zurOrtsidenti-fizterung vgl. Johanna Maria van Winter, Die Hamaländer Grafen (wie Anm. 35) S.37 Anm. 66.

32 MG Libri confrat. S. Galli, Augiensis, Fabariensis, ed. Paul Piper, Berlin 1884, S.236 (unten) und S. 168 col, 44a; Faksimile jetzt in: MG Libri memo et necrol, NSI: Das Verbrüderungsbuch der Abtei Reichenau, ed. J ohanne Autenrieth, DieterGeuenich U. Karl Schmid, Hannover 1979, Tafeln 68 (A-D/5) und 10 (B/14).

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Cod.aug.fol.68

Meginhart, Eberhard, Zuntebold, Meginhart, Friderih, - gk!!_1:!!f!a, VUigman,Amolf, Balduuin, Bilidrud, A_qfl..{q,My'{g_qn - Euusa, Rihilt, l1f!!4!!f_q,Ita,E'!..W!!!5m, - Meginhart, Dietrih,A_q_q!g_,Liutgart, Amalrat, Cunigund.Cog. aug.fol.1 0

!!.I!~ Ebisa, Chonrat, Meginhart. !f_y.E., - Richine, Vuoluine, Meginhart,Piledrud, _Ilg_4_(}p!.£.t_,!!.q4!p..[~!, Folcheric, Sigeboto, Cuntebold Meginhart,Eberhart, Vuicman, Chunigund, Liutgart, Richilt, Odalrih, Perenhart, Liutolt.

Ohne eine Analyse dieser beiden Namengruppen anzustreben und einzelneNamen bestimmten historischen Persönlichkeiten, die um Aufnahme in dasGebetsgedenken der Reichenauer Mönche nachsuchten, zuweisen zu wollen,läßt sich hier dennoch einiges festhalten. Kar! Schmid hat bereits 1960zeigen können, daß diese Namen ganz sicher Personen aus den Familienzu-sammenhängen um Graf Wichmann (Vuigman/Vuicman) von Hamalandangehören.P Dieser Graf, der eine Gemahlin Liutgart, einen wiederumWichmann genannten Sohn und zwei Töchter namens Adela und Liutgarthatte, war ja wahrscheinlich ein Enkel des Grafen Meginhart, der 898 denducatus seines ermordeten Bruders Eberhart erhielt. Eberhart und Meginhartsind dabei als Söhne eines älteren Grafen Meginhart und seiner Frau Evesagut bezeugt. Da Graf Wichmanns Gemahlin Liutgart eine Tochter des GrafenArnulf von Flandern und Adelas von Vermandois war und den Grafen Ba1-duin Ill. von Flandern zum Bruder hatte34 und alle diese Namen im erstenEintrag wiederkehren, dürfte es unbezweifelbar sein, in diesem Eintragdie Verwandtschaft Graf Wichmanns von Hamaland zu erblicken. Auchist vor kurzem schon aus dem nachbarlichen und etwa gleichzeitigen Neben-einander der Grafen Wichmann von Hamaland und Eberhard in den GauenDrente und Salland geschlossen worden, daß Wichmann und Eberhard naheVerwandte, wohl Bruder, gewesen sein werden.~ Und das dürfte sich dadurch

33 Karl Schrnid, Neue Quellen zum Verständnis des Adels im 10. Jahrhundert, in:Zeitsehr. f.d. Gesch. d. Oberrheins 108, 1960, S. 203-211. Zur Methode der Aus-wertung solcher Familien-Gedenkeinträge vgl. u.a. Eduard Hlawitschka, Die An-fänge (wie Anm. 30) S. 12-30.

34 Hierzu vgl. außer der genannten Arbeit von Karl Schmid auch Friedrich WilhelmOediger, Adelas Kampf um Eiten (996-1002), in: Ders., Vom Leben am Nieder-rhein. Aufsätze aus dem Bereich des alten Erzbistums Köln, Düsseldorf 1973,S.217ff.

3S Johanna Maria van Winter, Die Hamaländer Grafen als Angehörige der Reichs-aristokratie im 10. Jahrhundert, in: Rhein. Vierteljahrsblätter 44, 1980, S. 16ff.,bes. S. 33-37.

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bestätigen, daß Eberhards Gemahlin Amalrada, eine Tochter Graf Dietrichs,in diesem Eintrag genannt zu sein scheint und daß Eberhards und AmalradasSohn, der spätere Bischof Dietrich von Metz, in der ihm gewidmeten Vitaals ex pago Saxoniae Hamalant oriundus,36 und nicht als ex pago Drenteoder Sallant hervorgegangen bezeichnet worden ist, wie man es sonst erwar-ten müßte.37 - Der zweite Eintrag bietet mit seinen ersten fünfNamen einenauch sonst bezeugten= Nebenzweig dieser Verwandtengruppe, setzt alsoeinen anderen Gedenkstifter als im ersten Eintrag voraus, kommt aber in derzweiten Hälfte mit dem Namen Cuntebold, Meginhart, Eberhart, Vuicman,Chunigund, Liutgart, Richilt auf jene Personen zurück, deren auch im ersten,um Graf Wichmann kreisenden Eintrag gedacht wurde. Zumal Cuntebold,wie im erstgenannten Eintrag, auch bier wieder neben Meginhart und Eber-hart steht, dürfte er doch wohl zu deren engsten Verwandten gehört haben.Ob man ihn - mit J.M. van Winter39 - als deren Bruder ansehen soll, kannbier unerörtert bleiben. Möglich wäre es. Aber nicht vergessen sollte man,daß einerseits diese um Graf Wichmann angeordnete Verwandtengruppeeinen starken Bezug zum Frauenstift Elten am Niederrhein hatte,40 das vonGraf Wichmann nach dem Tod seiner Gemahlin Liutgart und seines Sohnesgleichen Namens Wichmann nicht lange vor 968 geschaffen worden war,daß auch mehrere ihr zugehörende Verstorbene in das Eltener Totenbuch'feingeschrieben worden sind, und daß andererseits ebenso einige Personendieser Verwandtengruppe in Xanten in das Totengedenken aufgenommenwurden42 und in eben dieses Xantener Totenbuch zum 30. August ein Zuenti-bold filius Zuentiboldi eomitis eingeschrieben worden ist.43 So ist dieserName am Niederrhein schließlich auch noch von seinem Namensträger aufeinen Sohn weitervererbt worden.

36 Sigebert v. Gembloux, Vita Deoderici ep. Mett. c.I, MG SS IV S. 464.37 So auch schon Anna Wirtz, Die Geschichte des Hamalandes, in: Annalen d. Histor.

Vereins f.d. Niederrhein 173, 1971, S. 46.38 Vgl. MG Libri confrat, S. 383, (= Cod. fabar. col. 107): Megenarth, Hiltigarth,

Hadabreht, Hue, Hebesa, Chuonradut, Hue, Megenarth.39 Vgl. Anm. 35.40 Vgl. Anm. 34.41 Het Necrologium en het Tynsboek von hat Adelijk Jufferen-Stift te Hoog-Elten,

ed. N.C. Kist, Leiden 1853, (auch in: Nederl. Archief voor kerkelijke geschiedenis,inzonderheit van Nederland 2, 1854).

42 Vgl. Johanna Maria van Winter, Die Hamaländer Grafen (wie Anm. 35) S. 27ff.,und Friedrich Wilhelm Oediger, Adelas Kampf (wie Anm. 34) S. 219ff. mit denAnm. 13,22,24.

43 Friedrich Wilhelm Oediger, Die Stiftskirche des m. Viktor zu Xanten. Das ältesteTotenbuch des Stiftes Xanten, Kevelaer 1958, S. 69. Der im Jahre 900 erschlageneKönig Zwentibold ist dort ebenfalls - richtig - zum 13. August eingetragen (S. 65).

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Mit einem anderen Zwentibold hat man es wohl zu tun, wenn ein Zuuenti-bold in einem Gedenkeintrag auftritt, der sich um die Familie des sächsischenMarkgrafen Gero und seiner Frau Judith sowie seiner Geschwister Graf Sieg-fried (secundus a regel) und Hidda (Gemahlin des Markgrafen Christian)rankt. Dieser um die Mitte des 10. Jahrhunderts entstandene Eintrag lau-tet:44Cod.aug.fo1.20Liutgart, Thietmar episcopus, Thietmar, Hiltigart, Thietmar, Asich, Gero,Christian, Vuodalind, Thietsuuind, Purehart. Pruni, Baco, Ingrim, Folchrih,Eberhart, Vuihart, Thietrat, Auo, Atto, Vfflng, - Gero, Iudita, Sigifrid, Hit-ta, Thietsuuind, Tete, Egilbret, Emmoga, Hadauuich, Zuuentibold, Helmerih,Christan, Heriman, Thiethere, Voto, Thietburg, Balco, Gero, Sigibret, Hott-rih, Gerburg, Hiltigart, - Liutgart, Helmerih. Imma, Hadaburg, Hiltiuuart,

. Pie, Otrih, Pruni, Suanagilt, Sigi[rid, Tete, Theter, Alflind, Tuotilo.Auch bei der Betrachtung dieses Eintrags kann es uns nicht um den Ver-

such einer Entschlüsselung aller Einzelnamen gehen. So weit dies möglich ist,haben schon K. Schmid und R. Wenskus ihre Beobachtungen hierzu vorgetra-gen.45 Was uns indessen auffallen kann, ist, daß im MittelteU des Eintrags -bald nach der in den Namen Gero, ludit, Sigifrid, Hitta, Thietsuuind aufschei-nenden engeren Familie des Markgrafen Gero - mit den Namen Hadauuieh,Zuuentibold und Voto der Kern einer auch im Liber memorialis von Remire-Mont eingeschriebenen Namengruppe nachfolgt. Jener wohl mehrere Jahrevor der Mitte des 10. Jahrhunderts in Rerniremont eingetragene Komplexlautet:46Lib .mem.romar .fo1.63r/5Odo, Gisla, Adult, Enri, Iudit, Zuendebaldus.

Daß diese Namen nicht zufällig zusammengewürfelt sind, zeigt auch dieoffenbar von der gleichen Hand vorgenommene Einritzung auf fo1.61r/2 die-ses Buches: Oto comis, Gisla, Aduit. 47 Bei ihr wird sogar aus dem comes-TitelOtos der hohe soziale Rang dieser Gruppe deutlich sichtbar. Wenn nun in ihrder Name ludit auftritt, die Gruppe selbst aber zum Umkreis der Gere-Ver-wandtschaft gehört und dazu bislang noch nicht das geringste über die Her-

44 MG Lib. confrat, (wie Anm. 32) S. 178f. col. 77a, 78a, 79a; Faksimile MG Librimemo et necroL NS I(wie Anm. 32) Tafel 20 (A2-S, B2-S, C2-4).

45 Karl Schmid, Neue Quellen (wie Anm. 33) S. 21lff.; Reinhard Wenskus, Sächsi-scher Stammesadel und fränkischer Reichsadel, (= Abhandlungen d. Akad. d. Wiss.in Göttingen, phll.-hlst. Kl., 3. Folge Nr. 93), Göttingen 1976, S. 387ff.

46 MG Lib. memo Romarie. (wie Anm. 22) S. 137.47 Ebd. S.13S.

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kunft von Markgraf Geros Gemahlin Judith bekannt ist,48 so könnte hier _diese Vermutung sei erlaubt - ein Hinweis auf deren Herkunftsfamilie vorlie-gen. Diese Familie müßte dann wohl im lotharingischen Raum verankert ge-wesen sein, weil ja doch im Remiremonter Gedenkbuch in der Regel sich nurGedenkbeziehungen aus diesem Raum niederschlugen, Remiremont jedenfallsnicht die weite Räume überspannenden Verbindungen und Kontakte aufzu-weisen hatte wie die Bodenseeklöster Reichenau und St. Gallen, die zudemEinkehrstationen auf dem Weg von und nach Italien gewesen zu sein scheinen.Daß Markgraf Gero seine Frau aus Lotharingien geholt haben könnte, brauch-te angesichts einer Reihe ähnlicher sächsisch-lotharingischer Heiratsverbindun-gen sowieso nicht zu verwundern.w Und ob dieser comis Oto, dessen Tochter- dem Remiremonter Eintrag zufolge - Iudith gewesen sein könnte, mit demGrafen Otto v. Verdun (von 939 bis 944 Herzog v. Lotharingien) gleichzuset-zen ist, der ein Sohn des 923 ermordeten Grafen Richwin v. Verdunso war?Otto v. Verdun, über dessen Verheiratung sonst nichts bekannt ist, müßtedann wohl eine Gisela zur Frau gehabt haben. Immerhin war - was dazu zubeachten ist - Richwin schon unter König Zwentibold Graf von Verdun undintervenierte bei diesem als venerandus comes. 51 Sein etwa 900-902 gebore-ner Sohn Otto könnte an diese guten Beziehungen seines Vaters bei der Be-nennung seines Sohnes zurückgedacht haben.52 Ganz besonders gut fügt sich

48 Hierzu liegt lediglich eine Vermutung von Karl Schmid, Von Hunfrid zu Burkard,Bemerkungen zur rätischen Geschichte aus der Sicht von Gedenkbucheinträgen, in:Geschichte und Kultur Churrätiens, Festschrift f. Pater Iso Müller, Disentis 1986,S. 186, vor: ,,In einem Reichenauer Eintrag des Markgrafen Gero von Sachsen tau-chen ein Mesi und eine Judith auf (MG Lib. confrat. S. 187, col. 109), so daß zuvermuten ist, die Gattin des sächsischen Markgrafen mit Namen Judith habe ihrenNamen über Verwandtschaftsbeziehungen zu den rätischen Welfen und somit letzt-endlich von der Kaiserin Judith erhalten". Eine Reihe anderer Einträge, in denenein Mesi vorkommt, scheint mir aber gegen eine solche Kombination zu sprechen.

49 So z.B. heiratete ja König Zwentibold v. Lotharlngien - wie oben S. 267f. schon ein-mal angedeutet - die Sächsin Oda, König Heinrichs I. Schwester; nach ZwentiboldsTod wurde Oda vom lotharingischen Grafen Gerhard heimgeführt; Mathilde, Toch-ter des Sachsenherzogs Hermann Billung, wurde vom Grafen Gottfried von Verdungeehelicht; der Markgraf der sächsischen Nordmark, Liuthar, heiratete Godilam exoccidentali regione nobiliter natam cum licentla Virdunensis Wigfrldi presulis conso-brin! eius, usw. Belege hierfür bei Eduard Hlawitschka, Die Anfänge (wie Anm. 30)S. 59f., 97. Herzog Giselbert v. Lotharingien hatte zudem Ottos d.Gr. SchwesterGerberga zur Frau.

SO Rudolf Köpke - Ernst Dümmler, Kaiser Otto d.Gr., (= Jahrbücher d. dt. Geschich-te), Leipzig 1876, S. 96f.

SI MG DD Zwentibold Nrn. 3 und 27. - Zu Graf Richwin vgL Robert Parisot, Le Roy-aume de Lorraine sous Ies Carolingiens (843-923), Paris 1899, Register, bes. S.603f.;Heinz Renn, Das erste Luxemburger Grafenhaus (963-1136), Bonn 1941, S. 25ff.

52 Wie Regino v. Prüm, Chron. (wie Anm. 5) ad 883, S. 121, - in Vorschau auf spätere

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dazu, daß wir im mittleren Lotharingien, in dem ja Graf Otto v. Verdun wirk-te und schon dessen Vater Richwin nicht nur als Graf von Verdun, sondernauch als Laienabt von St. Peter in Metz und von Moyenmoutier wie auch alsIntervenient in Touler Angelegenheiten tätig war, inmitten der 2. Hälfte des10. Jahrhunderts auch einen Zwentibald als Grafen überliefert finden. Im Jah-re 971 wurde nämlich das Signum Sindebaldi comitis Tullensis unter Urkun-den des Bischofs Gerhard von Toul gesetzt, wobei freilich die volle Authenti-zität dieser Urkunden nicht gesichert ist;53 aber immerhin erwähnen ihn auchdie Miracula S. Mansueti als urbis [Leucorum] comes Sindebauldus;S4 unddiese Würde scheint er - nach einer späten Bestätigungsurkunde aus dem Jah-re 1071 - auch schon zu Zeiten des Bischofs Gauzlin von Toul, d.h. vor 962,wahrgenommen zu haben.55 Im Jahre 987 wurde eine Tauschurkunde der Ab-tei Gorze (südl. Metz) über Weingüter in Scy nach den Regierungsjahren Kai-ser Ottos Ill., der Herzogszeit Theoderichs und den Amtsjahren Bischof Adal-beros 11. v. Metz datiert und hierbei auch - als weiteres Zeitbestimmungsele-ment - [sub] comite palatii Zendebaldo vermerkt.P Diese Pfalzgrafenwürdewar offenbar ein spezielles Amt des Bischofs von Metz57 für den Grafen vonTouI. In Gorze ist dieser an einem 21. März unbekannten Jahres verstorbeneMann, der das Gorzer Kloster reich beschenkt und gut gegen alle potentiellenGutsentfremder verteidigt hatte, auch bestattet worden. Das uns erhaltene

Ereignisse - berichtet, hat Graf Richwin seine erste Frau (eine Tochter des GrafenEngelram v. Flandern und der Friderada) wegen Ehebruchs enthaupten lassen. Dasmuß vor 908 - dem Jahre, in dem Regino seine Chronik vollendete - geschehensein. Da nun Richwin in zweiter Ehe die Witwe des 916 verstorbenen Grafen Wige-rich - namens Kunigunde - heiratete, sein erstehelicher Sohn Otto ab 922 (vgl.Flodoard, Annales, ed. Philippe Lauer, Paris 1905), wenn nicht schon ab 916 (vgl.Robert Parisot, Lorraine S. 617,626) in den Quellen hervorzutreten beginnt undRichwin noch in rüstigen Mannesjahren 923 erschlagen worden ist, dürfte die Ge-burtszeit Ottos einigermaßen gesichert sein. Oder ist er noch kurz vor 900 geboren?

53 Augustin Calmet, Histoire de Lorraine I, Nancy 1728, Preuves col. 383-385; GalliaChristiana XIII, 2. Aufl. Paris 1874, Preuves col. 457-459. - Zum verfälschten Zu-stand dieser beiden Urkunden vgl. Robert Parisot, Les Origines de la Haute-Lorraineet sa premiere maison duca1e (959-1033), Paris 1909, S. 147f. Anm. 7.

54 Adso, Miracula S. Mansueti c.12, MG SS IV S. 512.55 Augustin Calmet, Histoire de Lorraine, 2. Aufl. 11, Nancy 1745, Preuves col. 344:

cognon - sagt Friedrich v. Toul - veridico relatu, quod homines sancti Apri (= S.Evre de Toul) temporibus Gauzelin; hutus sed;s praelultl Leudebaldi (= richtig wohlSendebaldl) comitis locum ... suscepenmt.

56 Cartulaire de l'abbaye de Gorze, ed. A. d'Herbomez, (= Mettensia 11), Paris 1898,S. 213f. Nr. 117; dazu ebd, S. 520.

57 VgI. V. Chatelain, Le comte de Metz et la vouerie episcopale du vms au xrnssiecle, in: Jahrbuch d. Gesellschaft f. lothring. Gesch. u, Altertumskunde XIII,1901, S. 289ff.; vgl. auch Leon Vanderkindere, La formation territoriale desprinctpautes beiges au Moyen Age 11, Brüssel1902 (NO BrüsseI198l), S. 433.

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Epitaph bezeichnet ihn als einen Amtswalter (consuf),58 das Gorzer Nekrolognennt ihn eindeutig comes. 59 Im Epitaph wird besonders seine auserleseneHerkunft hervorgehoben (stemmatis egregii consuls. "Berühmt durch erhabe-nen Namen" sei er zudem "bei den Königen von den Vorfahren her gut be-kannt gewesen". Das ist sehr bezeichnend bzw. sprechend: Er war zwar keinSproß der königlichen Familie, aber doch bei den Königen nicht nur durchseinen von einem König entlehnten Namen, sondern ebenso durch seine Vor-fahren edler Herkunft in hohem Ansehen. Zieht man nun die Erwägung näherin Betracht, daß er ein Sohn des etwa 900 geborenen und 944 verstorbenenHerzogs Otto v. Lotharingien gewesen sein könnte und selbst etwa 925/30 ge-boren war, so ergäbe sich für ihn eine in dieser Zeit durchaus nicht ungewöhn-liche Lebensdauer von ca. 65 Jahren; es ergäbe sich vor allem aber für die imEpitaph angedeutete besondere Königsnähe eine deutliche Bestätigung. BeimSohn eines Lotharingierherzogs und Enkel eines für die Könige sehr wichtigenGrafen konnte der Epitaphienverfasser solche Angaben ohne Übertreibungtreffen.60

58 MG Poetae Latini V S. 310 Nr. 53:Stemmatis egregii consul meritique perhennisClauditur hoc tumulo, regnat at in domino.Hie Sendebaldus sublimi nomine elarusRegibuI a proavi' semper erat eelebrls.

59 Le Necrologe de Gorze, Contribution a l'histoire monastique, ed. Michel Parisse,Nancy 1971, S. 75, zum 21.111.: •.• Sendebaldta comes qui dedit nobis Metticur-tim cum äoma eiuI; gleiches Todesdatum im Epitaphium (wie Anm. 58).

60 Die Überprüfung der Möglichkeit, ob auch ein anderer Graf Otto als Vater des Gra-fen Zendebald v. Toul bzw, bischöflichen Metzer Pfalzgrafen in Frage kommt, zeigt,daß in jener Zeit kaum ein anderer lothringischer Graf Otto nachzuweisen ist. Auf-merksam zu machen wäre etwa auf einen Otto come" der nach dem Nekrolog vonGOIZe (wie Anm. 59, S. 76) an einem 16. April verstarb und den der Herausgeberdieses Nekrologs mit einem zu ca. 960 bezeugten Otto, Gislehertl quondam eo-mitis frater, identiflzieren möchte. Da dieser Otto aber bei seiner Nennung wie auchbei der Urkundenunterschrift keinen comes-Titel flihrt, obgleich er der Verwandte(parens) eines Rodulfus, [iliu, quondam nobilissimi eomitis Rodulfi et eius dilectaeconiugis Evae ist (vgl. Hermann Bloch, Die älteren Urkunden des Klosters S. Vanne,in: Jahrb, d. Ges. f. lothr. Gesch. u, Altertumskde. 10, 1898, S. 400-402 Nr. 14),bleibt diese Identifizierung recht fraglich. (Zur Familie des Grafen Rudol! und sei-ner Frau Eva vgl. zuletzt Wolfgang Haubrichs, Drei Miszellen zu Siedlungsnamenund Geschichte der frühmittelalterlichen Saarlande, in: Zeitsehr. f. d. Gesch. d.Saargegend 29, 1981, S. 42fr.). Der im Gorzer Nekrolog - außer dem zum 7. Sep-tember eingeschriebenen Herzog Otto (S. 85) - zum 16. April vermerkte Ottocome, steht zudem an letzter Stelle der Einträge zu diesem Tage, und zwar nacheinem Domn". Desiderius de Asperomonte, pictanciartu« huf'" mona.terli. Da dasGoner Nekrolog freilich nur in ganz später Abschrift (16./17. Jh.) überliefert ist

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III

Im bayerischen Raum begegnet der Name Zwentibold bereits am Ausgangdes 9. Jahrhunderts. Am 18. Mai 898 bestätigte Kaiser Arnulf v. Kärnten ei-nen zwischen dem Bischof Tuto von Regensburg und einer femina quedamnobilis nomine Uuinpurc abgeschlossenen Prekarievertrag.s! und diese Urkun-de hat die Historiker schon öfters interessiert.N In ihr wird dargelegt, daß dieedle Winburg durch die Hand ihres advocatus Otgoz ihre curtis Nördlingen(im Ries) an den Regensburger Bischof übertragen hat und dafür denselbenHof und dazu den Ort Wemding (IS km östl. v. Nördlingen) zu lebenslangerNutzung zurückerhielt, wobei Arnulf - was hier auffällt - Nördlingen alsWinburgs proprium suum kennzeichnete, quod [Uuinpurc] traditio ne filii suiZuentipulichi nostraque preceptali donatione in possessionem adepta est. InZwentipulch hat man Arnulfs illegitimen Sohn und in Winburg dessen Mutter,eine von Amulfs Konkubinen, erblickt, diese Sichtweise aber auch bald wie-der abgelehnt. E. Dümmler betonte bei seiner Zurückweisung, die bis heuteakzeptiert wird, es sei ,,nicht einzusehen, warum Amulf hier Zwentiboldnicht als König und als seinen Sohn bezeichnet" habe. Als Beischläferin Ar-nulfs werde nur Ellinrata ausdrücklich genannt.63

und somit keine präzisen paläographischen Datierungsmöglichkeiten offenläßt, dürf-te immerhin die Stellung in der Reihe der urspränglichen, vom 10.-12. Jahrhundertreichenden Eintragungen (vgl. ebd. S. 39) nach einem bereits mit einer Herkunfts-angabe versehenen Verstorbenen fUr einen späteren Grafen Otto - nicht für einenGrafen Otto der 1. Hälfte oder der Mitte des 10. Jahrhunderts - sprechen. Ob erallenfalls mit dem bald nach 969 als Gegner Erzbischof Adalberos von Reims inder Burg Warcq a.d. Maas bei Mouzon auftretenden Grafen Otto, dem Ahnhermder Grafen von Chiny, gleichzusetzen ist? Für den im Remiremonter Gedenkeintraggenannten Oto comis ist dieser aber gewiß zu spät - wie ebenso der in einer Preka-rieurkunde von 978 im Bidgau bezeugte (Heinrich Beyer, Mittelrhein. Urkunden-buch I, Koblenz 1860, S. 307f. Nr. 251; Camillo Wampach, Urkunden- u. Quellen-buch z. Gesch. d. altluxemburg. Territorien I, Luxemburg 1935, S. 258ff. Nr. 186)und noch 990 flir St. Maximin in Trier intervenierende (Camillo Wampach, a.a.O,S. 258 Anm. 3; Heinrich Beyer, a.a.0. S. 318 Nr, 261) comes Otto -, so daß manbei Identifizierungsbemühungen immer wieder auf den 944 als Herzog von Lotha-ringien verstorbenen Grafen Otto v. Verdun zurückverwiesen ist.

61 MG D Amulf Nr. 160.62 Vgl. etwa Ernst Dümmler, Geschichte des Ostfränkischen Reiches Ill, 2. Aufl. Leip-

zig 1888, S. 331 Anm. 3; Kurt Reindei, Die bayerischen Luitpoldinger 893-989,München 1953, S. IS; Dieter Kudorfer, Das Ries zur Karolingerzeit, in: Zeitschr. f.Bayer. Landesgesch. 33, 1970, S. S09, S14 mit Anm. 167.

63 VgI. Anm, 62; danach ebenso Ferdinand Janner, Geschichte der Bischöfe von Re-gensburg I, Regensburg 1883, S. 270; desgleichen Michael Mitterauer, Slawischerund bayrischer Adel am Ausgang der Karolingerzeit, in: Carinthia I, Geschichtlicheu. volkskundliche Beiträge z, Heimatkunde Kärntens, ISO. Jg. 1960, S. 70S. - Daß

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Aber so einfach läßt sich wohl nicht argumentieren und überzeugen. Gutgesichert ist, daß Arnulf mehrere Beischläferinnen hatte. Zu bedenken ist aberauch, daß er - als selbst illegitim geborener Sohn König Karlmanns - bereitskeinen Anspruch mehr auf die Nachfolge in der väterlichen Würde erhebenkonnte und nur durch das völlige Versagen seines Onkels Kaiser Kart III. undeinen Staatsstreich im Herbst 887 zum Königtum im Ostfrankenreich gelangtwar.64 Seinen eigenen illegitimen Sohn Zwentibold hat er zunächst 894 nichtals König im abzutrennenden Teilreich Lotharingien durchsetzen können, underst 895 hat er den Widerstand der Großen gegen dieses Vorhaben oberfläch-lich überwinden können.65 Um diesen Widerstand gegenjeden illegitim Gebo-renen in einer Führungsposition hat Arnulf also 898 bei der Urkundenauastel-lung sehr wohl gewußt, und er hat klar erkannt, daß er ihn nicht weiter her-ausfordern durfte. Daß Zwentibold als lllegitimer keine Chance auf dauerndeAkzeptanz hatte, zeigte sich außerdem sofort nach dem Tode Arnulfs, als so-gleich der legitim geborene Arnulfsohn Ludwig d.K. zur Regierungsübernah-me nach Lotharingien eingeladen und Zwentibold verlassen wurde. Die Wogender Ablehnung und des Aufstandes schlugen alsbald über Zwentibold zusam-men, und er fiel ein halbes Jahr später im Kampf gegen diese Aufstänruschen.66Amulf hatte also wegen der jedem lllegitimus entgegenstehenden bzw. ihn ab-lehnenden Zeittendenz allen Grund, seine Konkubine nicht als solche in einerfür alle späteren Zeiten gedachten Urkunde zu bezeichnen und auchseinenSohn, wenn er mit zu nennen war, nicht als Bastard bloßzustellen. So ist jaauch El1inrata nicht etwa noch in einer Urkunde Arnulfs selbst, sondern erstin einer Urkunde König Konrads 914, als der letze Versuch, den illegitim Ge-borenen ein Thronfolgerecht zu erhalten, längst zusammengebrochen war, alsconcubina Arnulfi serenissimt regis bezeichnet worden.67

Aber es gibt auch positive Anhaltspunkte dafür, daß Winburg KönigZwentibolds Mutter und Kaiser Amulfs Konkubine war. Sie ist in der Urkun-de als femina quedam nobilis gekennzeichnet, die für ihre Rechtshandlungeines advocatus bedarf, ist dabei aber nicht Witwe (vidua, matrona), muß alsodoch wohl ihren mitgenannten Sohn unehelich empfangen haben. Der advoca-

Amulf mehrere Konkubinen hatte, geht aus der Angabe der Fuldaer Annalen hervor,seine Kinder Zwentibold und Ratold seien de concubtntstl] geboren; Ann. Fulden-ses ad 889, (wie Anm. 78) S. 118.

64 Zu dieser komplexen Frage vgl. Eduard Hlawitschka, Vom Frankenreich zur For-mierung der europäischen Staaten- und Völkergemeinschaft 840-1046, Darmstadt1986, S. 88C. und S. 193-199; demnächst auch Hans Hagn, Zur Thronfolgeproble-matik illegitimer Merowinger, Karolinger und Ottonen, Kallmünz 1988.

65 Eduard Hlawitschka, Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Ge-schichte, Stuttgart 1968, S. 126.

66 Eduard Hlawitschka, Lotharingien S. 179ff.67 MG D Konrad I. Nr. 20 vom 24. Mai 914.

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tus Otgoz ist dazu kein einfacher Mann, sondern offenbar Graf im Gebiet vonLauingen a.d. Donau, das nur etwa 30 km südlich von Nördlingen entferntliegt,68 d.h. ein mit Reichsangelegenheiten Beauftragter Arnulfs. Dann läßtArnuIf ausdrücklich sagen, daß Winburg ihr Eigengut (proprium, proprietas),die curtis Nördlingen, traditio ne filii sui Zuentipulichi nostraque preceptalidonatione in possessionem erhalten hatte. Winburgs Sohn ZwentipoIch undArnulf v. Kärnten wirkten also einige Zeit vor der 898 vorgenommenen Be-stätigung Kaiser Arnulfs zugunsten Winburgs zusammen, indem der eine derletztgültige Tradent zu proprium, der andere der vorherige Schenker des Be-sitzrechtes (in possessionem) war. Das alles ist wohl kaum anders zu verstehenals unter der Voraussetzung, daß Zwentibold der bekannte gleichnamige SohnAmuIfs und daß seine unverheiratete und unter der advocatio eines Grafenstehende Mutter die bisher namentlich unbekannte Friedelfrau Arnulfs war,ja daß beide mit der Nördlinger curtis ihre Ausstattung erhalten hatten -Zwentibold zu dauerndem Eigen, seine Mutter Winburg zu Besitz und Nut-zung -, Zwentibold freilich nach seiner Königserhebung in Lotharingien 895diese Versorgung nicht mehr benötigte und seiner Mutter überließ. In dieserSichtweise fügen sich alle Anhaltspunkte, die die Urkunde zur Erklärung bie-tet, bestens zusammen. Der Bischof Tuto von Regensburg (894-930), mögli-cherweise ein ehemaliger Kaplan Arnulfs,69 der Arnulfs innere Sorgen undprivate Verhältnisse doch wohl am besten kannte,'70 hat sich übrigens, als erWinburgs Auftragung von Nördlingen an die Regensburger Kirche annahmund diese curtis - um Wemding vermehrt - an sie zur Dauernutzung zurück-gab, nicht nur hier einer Konkubine Amulfs angenommen; er hat sich Jahrespäter, 914, in völlig gleicher Weise gegenüber Ellinrata, die dann nach derendgültigen Ausschaltung der Illegitimen aus dem Thronrecht"! schon offenals concubina Amulfi serenissimi regis bezeichnet werden konnte, verhal-ten;71 und das mag die oben vorgenommene Gleichsetzung Zwentibolds undseiner Mutter Winburg mit Kaiser Arnulfs Sohn und Arnulfs Konkubine viel-leicht noch weiter absichern.

68 VgL MG D ArnulfNr. 8069 Vgl. Peter Schmid, Regensburg, Stadt der Könige und Herzöge im Mittelalter, Kall-

münz 1977, S. 441; loser Fleckenstein. Die Hofkapelle der deutschen Könige I,Stuttgart 1959, S. 207 Anm. 301; Ferdinand Janner, Regensburg IS. 2S5.

70 Ihn bezeichnete Amulf in seinem Diplom ausdrücklich als "nach Name (Tuto) undVerdienst den verläßlichsten (tutissimus) Hirten seiner Herde".

71 VgI. dazu Eduard Hlawitschka, Von der großfränkischen zur deutschen Geschichte,Kriterien der Wende, in: Schriften der Sudetendeutschen Akademie d. Wissenschaf-ten u. Künste 8, München 1988, S. 73ff.: vgL auch Anm. 64.

72 MG D Konrad I. Nr. 20.

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IV

Im gleichen Jahr 898, in dem Kaiser Amulf den Prekarievertrag seiner Konku-bine mit Bischof Tuto v. Regensburg bestätigte, schenkte er auch einem viroprogenie bonae nobilitatis exorto Zuentibolch videlicet nominato, Vasallendes Markgrafen Liutpold, im femen Kämtnerland den Hof Gurk und seineschon vorher im Gurktal und in Zeltschach, in der Grafschaft Liutpolds,empfangenen Lehen.P Ein weiteres Diplom, das diesen Zwentibold in glei-chen Wendungen nennt und dazu noch andere Güterkomplexe anführt, istlediglich eine Fälschung des ausgehenden 12. Jahrhunderts, nach dem Musterdes vorigen gefertigt.?' Jedoch ist dieser Zwentibold, Vasall des MarkgrafenLiutpold, wieder in einer Urkunde König Ludwigs d.K. vom 26. September903 genannt; er erhielt fünf Hufen im Bereich südlich von Kremsmünster mitFischereirechten in der Krems zu freiem Eigen.75 Die Personenidentität mitdem vorigen Zwentibold ist schon durch den gleichen Uberlieferungszusam-menhang - aus dem Kloster Gurk, in das sich dieses Zwentibolds NachfahrinHemma zurückgezogen und dem sie ihren ganzen Besitz vermacht hatte - ge-sichert.76

Um wen es sich bei diesem Mann handelt, ist eine offene Frage. Vorge-schlagen wurde gelegentlich, in ihm jenen Zwentibold, Sohn des eingangs er-wähnten und durch die Taufpatenschaft an Arnulfs illegitimem ältesten Sohnuns geläufigen Mährerfürsten Swatopluk/Zwentibolch (870-894), zu sehen,"

73 MG D Arnulf Nr. 162.74 MG D Arnulf Nr. 193.75 MG D Ludwig d.K. Nr. 27.76 VgI. die Vorbemerkungen zu den in Anm. 73-75 genannten MG-Editionen; auch

Kurt Reindel, Luitpoldinger (wie Anm. 62) S. 14 und 48. Ausführlicher hierzuAugust v. Jaksch, Die Gurker Geschichtsquellen 864·1232, (= Monumenta Histo-rica Ducatus Carinthiae I), Klagenfurt 1896, S. Iff.; dort auch S. 93ff. und S. 122ff.der Druck von zwei Bestätigungsurkunden Lothars v. Supplinburg und Konrads 1II.(MG D Lothar Ill. Nr. 29 und MG D Konrad III. Nr. 45), die - obzwar verfälschtbzw. gefälscht - Zwetboch u.a, als ursprünglichen Besitzinhaber nennen. Zum Erb-weg dieser Güter und dem eines benachbarten Besitzkomplexes vgI. zuletzt KurtHolter, Zwentibold und Pernstein, in: Jahrb, f. Landeskunde v. Niederösterreich38, 1968/70, S. 196-216. und Heinz Dopsch, Die Stifterfamilie des Klosters Gurkund ihre Verwandtschaft, in: Carinthia I, 161.1g., 1971, S. 95-123.

77 Vgl. die Literaturhinweise bei Kurt Reindel, Luitpoldinger S. 14; zuletzt so IrnreBoba, Moravia's history reconsidered. A reinterpretation of medieval sources, DenHaag 1971, S. 69ff.: "The circumstances surrounding this grant make clear that therecipient of the landed property can be non other than the young Sventopolk who,defeated by his brother Mojmar, was 'liberated' by Luitpold and 'protected' by Em-peror Arnulf, in 898".

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der - nach der Mitteilung der Fuldaer Annalen/'' - von Kriegsleuten Arnulfsvor den Nachstellungen seines Bruders Moymir befreit und aus Mitleid mitins eigene Land genommen worden war. Jedoch hat dem K. Reindei - wievorher schon E. Dümrnler - mit dem Argument widersprochen, daß jenerZwentibolch d.J. erst 899 bei den Bayern Aufnahme fand, während dochder Liutpoldvasall Zwentibolch schon im Sommer 898 in Kärnten von Amulfmit Besitz ausgestattet wurde; und andere sind ihm darin gefolgt.79 Viel-leicht läßt sich aber auch einiges dagegen halten.

Die bayerisch-mährischen Beziehungen waren, wie wir aus manchenQuellenangaben wissen, auch nach dem Tode des älteren SwatoplukjZwenti-bolch (894), der zudem vor seinem Tode sein Reich unter seine drei Söhnedreigeteilt hatte,SO recht unstet geblieben. Im Herbst 894 kam es zwar zueinem Friedensschluß inter Baioarios et Maravos; doch im folgenden Jahr(895) konnten sich die böhmischen Fürsten der mährischen Vorherrschaftentziehen und Böhmen wieder Arnulf unterstellen.S Und offenbar imZusammenhang damit - nämlich ein Jahr nach dem Tode Swatopluks dA.,wie eine byzantinische Quelle zu berichten weiß - brachen auch im Innerndes Großmährischen Reiches unter den Swatopluksöhnen ernste Spannungenauf.82 Daher wird uns auch für Weihnachten 896 überliefert, daßMaravorummiss; vor Kaiser Arnulf in Ötting erschienen und von ihm zur Aufrichtungdes Friedens dringend erbaten, ne exules eorum profugt reciperentur.83Der innere Machtkampf unter den Swatoplukkindem, von denen in derFolge nur noch zwei erwähnt werden, der dritte vielleicht schon das Lebenverloren hatte, war damals also bereits voll im Gange.84 Amulf ließ die

78 Ann. Puldenses ad 899, ed. Friedrich Kurze MG SS rer. Germ., Hannover 1891,S.133.

79 Kurt Reindei, Luitpoldinger (wie Anm. 62) S. 14f., wie vorher schon Ernst Düm-ler, Ostfrank. Reich m2 (wie Anm. 62) S. 463 Anm. 2. Dem Urteil Reindels folgtevor kurzem wieder Heinz Dopsch, Geschichte Salzburgs I S. 217 und III S. 1246,Salzburg 1981 und 1984, bei der Zurückweisung des in Anm. 77 zitierten Vor-schlags von I.Boba; desgleichen vorher ders., Stifterfamilie (wie Anm. 76) S. 109,und Michael Mitterauer, Slawischer und bayrischer Adel (wie Anm. 63) S. 70S.

80 Konstantinos Porphyrogenetos, De administrando imperio c. 41, ed. G. Moravcsikund Robert Jenkins, Budapest 1949, S. 180; auch in: Jean Paul Migne, PatrologiaGraeca 113, Paris 1864, co1.32Sf.

81 Ann. Fuldenses ad 894 und 895, S. 12Sf.82 Vgl. Anm. 80.83 Ann. Fuldenses ad 897, S. 130. - Kurt Reindel, Politische Geschichte Bayerns

im Karolingerreich, in: Max Spindler, Handbuch der bayerischen Geschichte I,2. Aufl. München 1981, S. 275, deutet dies so, daß "die Abgesandten beider Par-teien Arnulf baten, ihre flüchtigen Verbannten nicht aufzunehmen". Das geht in-dessen aus dem Quellenwortlaut nicht hervor.

84 Vgl. Ernst Dümmler, Ostfränkisches Reich m2 S. 452.

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Boten, als er ihre Forderung gehört hatte, sofort wieder abziehen, ging alsooffenbar - wie der karge Quellenwortlaut nahelegt - auf ihr Anliegen nichtein.8S Hatte er solche Verbannte (exules) der Mährer bereits aufgenommen?Das liegt schon deshalb nahe, weil die Mährerboten gewiß nicht grundlos er-schienen sein werden. Dann könnte Swatopluk dJ. der wichtigste unter die-sen exules gewesen sein. Für eine solche Sicht gibt es sogar gute Gründe. Alsnämlich zu Jahresanfang 898 die Todfeindschaft zwischen den beiden SöhnenSwatopluks dA., Moymir und Swatopluk d.J ./Zwentibolch, so weit aufge-staut war, daß sie sich entladen mußte, da schickte, wie es in den Fuldaer An-nalen ausdrücklich heißt, Amulf - lsta sdens, was seine bereits vorher erfolg-te Involvierung nochmals nahelegt - den Markgrafen Liutpold und den Gra-fen Aribo jener Partei, die bei ihm schon Hoffnung und Zuflucht (con[ugium)gefunden hatte, zur Unterstützung und Befreiung;86 dabei ist es durch die zu899 berichteten Ereignisse eindeutig klar, daß mit jener Partei Swatopluk d.J.gemeint war. Dieser Unterstützungsfeldzug fand offenbar im Frühjahr 898statt und endete mit dem Abzug des bayerischen Aufgebotes aus dem verheer-ten Mähren. Zu einem weiteren Plünderungsfeldzug in Mähren kam es im Win-ter 898 auf 899. Im Sommer 899 mußte dann ein bayerisches Aufgebot aber-mals in Mähren eingreifen und unter großen Verheerungen Swatopluk d.J.und seinen Anhang aus einer Befestigung, in der sie eingeschlossen waren, er-retten, wonach die Befreiten von den Bayern schließlich in ihre Heimat mitge-nommen wurden.87 Der Machtkampf in Mähren war dadurch zugunsten Moy-mirs ausgegangen.

In diesem Zusammenhang ist nun weiter wichtig, daß Kaiser Arnulf dieseletzte Aktion offenbar schon gar nicht mehr selbst angeordnet haben dürfte,

8S Ann. Fuldenses ad 897, S. 130: quol rex, ut audivit, absolvit et line mora ab irepermi-lit. Vgl. hingegen die Nachricht zum Empfang einerböhmischen Legation 895 (S.126):ad regem venientes et honorifice ab eo recepti; bzw. 897 (S. 131): Quo. ergo ducesrex imperator gratuito su.cipienl, verbaque conlolationis eorum pectoribus habun-clantiu. inseruit et laetabundos donoque honoratos plltriam in suam abire permisit,

86 Ann. Fuldenses ad 898, S. 13lf.: inter duos fratres genti. Marahenslum, Moymirumvidelicet ac Zentobolchum, eorumque populum dissensio atque discordia gravissimaexorta est; ita enim, ut, si uterque alterum suis vlribu. insequi atque conprehenderevaleret, capitalem subiret sententiam. Tune vero rex imperator ist« scienl marchio-nel suos, Liutbaldum lcilicet et Arbonem comitem, una cum ceteris /idelibus suis Iparti, quae ad se spem ac confuglum habuit, auxillum ad eorum liberationem pro- ,tectionemque Bawario. suos primates transmlsit. !

87 Ann. Fuldenses ad 899, S. 132f.: •.•Denique non post multum temporls Bawarl/ j'terminos Maraborum confidenter iterato intrantes et, quaecumque poterant, dirt-piendo populati sunt et Zentobolchum puerum, /ilium antiqul duels Zuentobolchi .suumque populum de erga.tulo civitatis, in quo incluBi morabantur, eripuerunt lp- fsamque civirarem ignl succenderunt atque in fines patriae suae pro mlserlcord/Qsecum abduxerunt.

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da er bereits im Juni 899 durch einen Schlaganfall niedergeworfen wordenwar; d.h. daß diese Maßnahme vom Markgrafen Liutpold, der für die Angele-genheiten an der Ostgrenze zuständig war, ausging.88 Hatte dieser nun ein be-sonderes Interesse an dem jüngeren Swatopluk? Ein solches ergäbe sich so-gleich, wenn Swatopluk d.J, der gleichnamige "aus einem Geschlecht hohenAdels" entstammende Vasall Markgraf Liutpolds war. Liutpold würde dannauch für seinen eigenen Vasallen aktiv geworden sein.89 Jener dürfte _ indieser Weise können die einzelnen Bausteinchen wohl zusammengefügt wer-den - schon 896, aus Böhmen vertrieben, in den Machtbereich Arnulfs v.Kärnten gekommen und dort Vasall Markgraf Liutpolds geworden sein, dannaber 897 eine erste Rückkehr nach Mähren versucht haben, die im Frühjahr898 mit Swatopluks d.J. liberatio und mit dem Abzug des bayerischen Un-terstützungsaufgebotes Markgraf Liutpolds vorläufig zu Ende ging. Im Som-mer 898 konnte er danach von Arnulf in Ranshofen seine Ausstattung imGurktal erhalten, bevor er dann offenbar zu Anfang 899 einen zweiten Rück-kehrversuch nach Mähren unternahm, der wiederum keinen Erfolg hatte undim Sommer 899 mit seiner erneuten Befreiung aus einer von Moymir belager-ten Befestigung seinen eigentlichen Abschluß fand. Bei dieser Sicht der Zu-sammenhänge ist es durchaus nicht ausgeschlossen, die Identifizierung deshochedlen Liutpoldvasallen mit dem mährischen Fürstensohn hinzunehmen.Die merkwürdige Kennzeichnung des von Arnulf v.K. Beschenkten _ einer-seits seine hochadlige Abstammung, andererseits sein Vasallenstatus bei Mark-graf Liutpold - drängt eine solche Aussage zudem gleichsam auf. Ein Einhei-mischer von hochadliger Abkunft würde uns ja wohl eher als comes denn alsVasall eines Markgrafen entgegentreten. Hingegen ist uns überliefert _ unddas läßt uns den Faden wohl noch ein Stück weiter zurückverfolgen _, daßbereits Herzog Swatopluk dA. im Jahre 890 zur Absicherung eines Friedenszwischen dem Großrnährischen Reich und Arnulfs Ostfränkischem Reich ei-nen Sohn - und das war entsprechend den Sitten der Zeit wohl nicht der erst-geborene Moymir,90 sondern der jüngere Swatopluk/Zwentibolch _ als Geisel

88 In den Fuldaer Annalen (vgl. Anm. 87) wird allein von Bawarli als Handelnden ge-sprochen, ohne daß ein kaiserlicher Auftrag erwähnt wird. Der im Vorjahr zur Klä-rung der Angelegenheiten an der Ostgrenze mit eingesetzte Graf Aribo war Inzwi-schen wegen der Unzuverlässigkeit seines Sohnes Isanrich von dieser Aufgabe ent-bunden worden.

89 Kurt Reindei, Politische Geschichte (wie Anm. 83) S. 275, meint, daß Arnulfv.K.der Taufpate des jungen Swatopluk war, doch gibt es dafür m.E. keinen Beleg. Einbesonderes Interesse Liutpolds, der ein nepos Arnulfs war - vgl. MG D Arnulf Nm.138 und 162 -, läßt sich also von daher nicht begründen.

90 Dieser wird in den Fuldaer Annalen als erster genannt; deshalb wird er allgemein alsErstgeborener angesehen; vgl. etwa Erwin Herrmann. Slawisch-germanische Bezie-hungen (wie Anm. 6) S.185.

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an Arnulf v.K. überstellte P! wobei wiederum bekannt ist, daß solche Geiselnanderen adligen Helfern anvertraut bzw. in deren Dienst gegeben wurden.PUnd solche Geiselverhältnisse konnten sich mitunter sogar zu engeren Freund-schaftsbeziehungen hin entwickeln.P Zudem konnte - wie ein älteres Bei-spiel aus dem gleichen Raum zeigt - die Aufnahme eines exul sehr bald zudessen Eingliederung als Lehensmann hinführen.P" Im Falle Swatopluks d.J./Zwentibolchs hatte die Übemahme eines Lehensverhältnisses sogar schonTradition: bereits Swatopluk dA. hatte sich 870 Arnulfs Vater Karlmannkomrnendiert,95 wobei wiederum bemerkenswert ist, daß Karlmann damalsseinem Vater Ludwig d.D. noch nicht in der Königswürde im bayerischen Teildes Ostfränkischen Reiches nachgefolgt und nur - ähnlich wie später Liut-pold zu Zeiten Kaiser Amulfs - der politische Vertrauensmann seines könig-lichen Vaters an der Ostgrenze des Reiches war.

Zieht man eine solche enge Beziehung Swatopluks d.J./Zwentipolchs zuMarkgraf Liutpold in Betracht, so kann man gar nicht mehr verwundert sein,wenn man den Namen Zwentibold auch in einem St. Galler Gedenkeintrag,

91 Regino v. Prom, Chron. (wie Anm. 5) ad 890, S. 134: Ad ultimum ... Zuendibolchpacem poposeit et dato [ilio obside hanc sero promeruit.

92 So ist z.B, bekannt, daß Herzog Hermann Billung der Lehensherr zweier Slawen-fürsten war und daß er den einen - nach einem Streit zwischen beiden - sueeditioni, regione privavit, [ilio ipdu" quem antea obstdem accepit, omni ipsiu,potestate tradita; Widukind v. Corvey, Res gestae Saxon. III c.69, ed. Paul Hirsch- Hans-Eberhard Lohmann, MG SS rer. Germ., Hannover 1935, S. 142f. - SchonKarl d.Gr. hatte bekanntlich sächsische Geiseln an Bischöfe und Grafen des ale-mannischen Gebietes übergeben; vgl. MG Capit. I, Hannover 1883, S. 233f.

93 Man braucht hier nur an den als Geisel ins Frankenreich gekommenen Paulus Diaco-nus zu erinnern, der zu einem Freund der Karolingerfamilie wurde, oder an Hein-richs d. Zänkers Geiselhaft beim Bischof von Utrecht und an seine rasche Freilas-sung nach Ottos 11.Tode.

94 Hinzuweisen ist hier auf den Fall des mährischen Kleinfürsten Priwina, der exulatusa Moimaro duce Maravorum ,upro Danubium venit ad Ratbodum, der in den An-fangsjahren König Ludwigs d.D. suscepit defensionem termini gegen die Slawen;Conversio Bagoariorum et Carantanorum c.10ff., MG SS XI S. llff., auch bei ErwinHerrmann, Slawisch-germanische Beziehungen S. 140. Ptiwina wurde von Ratboddem Könige Ludwig d.D, vorgestellt und zunächst mit Lehen (bene[idum) verse-hen, das er später als Eigen erhielt, zugleich wurde er Ludwigs fidelis dux noster(MG D Ludwig d.D. Nr. 45, 46, 100) genannt, der cum consensu et licentie nostra(= Ludwigs d.D.) auch empfangenes Gut weiterverschenkte, also als Lehensmanndie Erlaubnis des Lehensherrn einholte. Vgl. dazu auch Ernst Dümmler, Ostfränk,Reich 12 S. 33, 298, 112 S. 24, 176-178, 380; Erwin Herrmann, a.a.O, S. 108f.,123, 140f.

95 Ann. Fuldenses ad 870, S. 70: Zuentibald nepos Rastist propriis utilitatibus consu-lens se Carlmanno una cum regno, quod tenebat, tradidit.

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der ganz offensichtlich von Markgraf Liutpold initiiert wurde, antrifft. Dieseretwa um 90S entstandene Eintrag lautet: 96

Cod.sangall.fo1.73

Liutpold, Erchanger, Peractolt, Amolf, Peractolt, Peractolt, Chunigund, Liut-kart, Ruodun, Ruodolf, Erchanger, Adalhart, Kerbirich, Chunigund, Irimin-gart, Rickart, Hiltigart, Chunigund, Kerbinch. Perecta, Egilolf, Engildheo,Zundibold, Peractolt, Osterhilt.

Unter den hier zur Aufnahme in das Gebetsgedenken der St.Galler Möncheaufgeführten Personen lassen sich ohne Schwierigkeiten sogleich die engstenbekannten Verwandten Markgraf Liutpolds erkennen. Am Anfang steht näm-lich Markgraf Liutpold (t 907) selbst, dann folgen seine beiden alemanni-schen Schwäger - die bekannten Grafen Erchanger (t 917) und Berthold(t 917) - hernach seine beiden Söhne - die später zur Herzogswürde inBayern gelangten Arnulf (t 937) und Berthold (t 947) -; und nach einemweiteren Berthold, der Liutpolds Schwiegervater Pfalzgraf Berthold (bez.880-893) meinen könnte,97 steht Markgraf Liutpolds Gemahlin Kunigunde,die Schwester Erchangers und Bertholds. Die nachfolgenden Namen sindnicht mit derselben Sicherheit bestimmten Personen zuzuweisen, obgleichschon einige Ansätze hierfür vorliegen.98 Um den Identifizierungsschwierig-keiten zu entgehen, darf man freilich auch nicht ohne weiteres annehmen,daß nach der Erwähnung Kunigundes eine neue Gruppe anfange und dieselediglich deshalb mit der Liutpold-Farnilie in einem Gruppeneintrag vereintstehe, weil ein Reichenauer Schreiber zwei eingesandte Aufzeichnungen zufäl-lig zusammengefaßt habe.99 Diese Annahme ist schon deshalb nicht überzeu-

96 MG Lib. confrat. (wie Anm. 32) S. 94 001.306; Faksimile in: Subsidia SangallensiaI, hg. v. Michael Borgolte, Dieter Geuenich, Karl Schmid, St.Gallen 1986, S. 230;desgleichen bei Eberhard Dobler, Ein Gedenkeintrag der Kammerboten und Mark-graf Liutpolds von Bayern in St.Gallen, in: Hegau, Zeitsehr. f. Gesch., Volkskundeu. Naturgesch. d. Gebietes zwischen Rhein, Donau u. Bodensee, Heft 27/28, 1970{71, S. 108. Dort auch der Datierungsvorschlag zu ,,905", der freilich nicht völlig ge-sichert ist.

97 Zu diesem vgl. Michael Mitterauer, Karolingische Markgrafen im SÜdosten, (= Ar-chiv f. österr. Gesch. 123), Wien 1963, S. 239; Michael Borgolte, Die Grafen Ale-manniens in merowingischer und karolingischer Zeit, Sigmaringen 1986, S. 79f.

98 Vgl. Eberhard Dobler, Ein Gedenkeintrag (wie Anm. 96) S. 107·112, der das Na-mengut aus der aiemannischen Berthold-Familie richtig ins Auge faßt, mit seinerDeutung der Namen Zundibold, Rato!t und Pereckart auf die beiden illegitimenArnulf-5öhne und auf Herzog Bureherd v. Schwaben aber nicht überzeugen kann.

99 So Otto Mitis, Eine Gedenkstütung für Babenberger im Verbrüderungsbuch desKlosters Reichenau, in: Mitteilungen d. Inst. f. österrelch, Geschichtsforschung 57,

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gend, weil sich doch verschiedene Namen in der ganzen Gruppe wiederholenund auf diese Weise das Vorliegen eines größeren Familieneintrags anzeigenl(X)und weil sich in den Verbrüderungsbüchern des Bodenseeraumes noch andereGruppeneinträge auffinden lassen, die gegen die Aufteilung des obigen Ein-trags sprechen und vielmehr die Zusammengehörigkeit der beiden angenom-menen Teile untermauern.Pl Dadurch wird aber auch der miteingetrageneZundibold dem weiteren Verwandtenkreis Markgraf Liutpolds sicher zugewie-sen, auch wenn wir hier die ihn näher umgebenden Personen dieses Eintragesnicht weiter zu identifizieren versuchen. Daß es sich - was man gegen dasVorliegen eines Verwandteneintrages vermuten könnte - bei der NennungZundiboldsjZwentibolds um die Aufnahme lediglich eines Gefolgsmannes indas Familiengedenken gehandelt haben könnte und daß also dieser Gedenk-eintrag nach der engeren Familie Markgraf Liutpolds etwa dessen Gefolgsleuteverzeichnete, wird durch die Namenswiederkehr gleichfalls wenig wahrschein-lich. Darf man folglich annehmen, daß der 890 als Geisel ins Ostfrankenreichbzw. in die bayerische Ostmark gekommene, später wieder nach Mähren zu-rückgekehrte und beim Tode seines Vaters 894 im Großmährischen Reich anwe-sende, 896 erstmals aus Böhmen nach Bayern geflohene sowie 899 endgültig inBayern aufgenommene jüngere SwatoplukjZwentibold bald eine VerwandteMarkgraf Liutpolds geheiratet hat und so in dessen Verwandtschaftswnkreiseintrat? Ganz von der Hand zu weisen scheint dies gewiß nicht zu sein.102

1949, S. 258 Anm. 4. Diese Annahme ist bereits von Michael Mitterauer, Karolingi-sche Markgrafen (wie Anm. 97) S. 240, verworfen worden.

100 Der im ersten Teil schon dreimal auftretende Name Peractolt kehrt noch zweimal,der Name Chunlgund ebenfalls zweimal wieder,Erchanger findet man noch einmal,der Name Kerbirich tritt in der Gruppe insgesamt dreimal auf. Das alles kann keinZufall sein.

101 So findet man im Cod. sangalL auf fol. 72 (= Piper S. 93 col. 302) die folgende Na-mengruppe, aus der die hier unterstrichenen Namen auch in der oben betrachtetenGruppe auftreten: Ruoool[, Erchanger, Herolt, Hug, Vualdram, Ruoda, Chunigund,Perchta, Kerbtrg, Ruoäpert, Erchanger, Megincoz, Cuotker, Otk;,. Fasimile in:Subsidia Sangallensia I (wie Anm. 96) S. 229. VgI. dazu auch Michael Mitterauer,Karolingische Markgrafen (wie Anm. 97) S. 240.

102 Szabolcs de Vajay, Der Eintritt des ungarischen Stämmebundes in die europäischeGeschichte (862-933), Mainz 1968, S. 41 und 96, meint, Swatopluk 11. und seinBruder Moymir seien 904-906 im Kampf gegen die Ungarn gefallen. Hierfür kann ersich nur auf Aventins Annalen lib. IV S. 369 (Port haec Ungrl ... Moemarurn etSuatebogurn regulor praelio occidunt, MoraIJiaepartem dbl u,urpant) stützen, Dochverdient hier Aventin kaum Glauben; zu dessen Arbeitsweise vgl. etwa Kurt Rein-del, Luitpoldinger (wie Anm. 62) S. 19,30,36, 67f.

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vIn den Jahren zwischen 924 und 935 begegnet man in den Urkunden des Erz-bischofs Odalbert von Salzburg sehr häufig einem Zuentipolch: und zwar44-mal als Zeugen und dreimal als Tauschpartner oder Prekarienehmer.Pl Ererscheint dabei gleichfalls - wie der vorher betrachtete Träger dieses Namens- als nobllis vir nominatus Zuentipolch , ja sogar gleichfalls als vassus, - nureben diesmal als Vasall des Erzbischofs Odalbert.P' Daß er nicht mit demvorher behandelten Mann identisch sein kann, folgert nicht so sehr aus den et-wa eine Generationsspanne jüngeren Bezeugungen und aus dem anderenLehnsherrn - denn jenen könnte Zwentipolch ja nach dem Tode MarkgrafLiutpolds (t 907) gewechselt haben - als mehr noch aus der Tatsache, daßvon den Gütern, die in den drei Tauschurkunden als Besitztum dieses Zwen-tipolch bezeugt sind, keines zusammen mit den Erbgütern des vorher behan-delten Zwentibold/Swatopluk d.J. an die Nachfahrin Hemma und an die Kir-che von Gurk kam.IOS Begütert war dieser Zwentib old im heutigen ostbayeri-sehen Raum im Isengau nahe Mühldorf{Inn, im Gebiet um Traunstein und imangrenzenden Salzburggau. In den Salzburger Urkunden wird sogar sein Vatergenannt: es war dies ein gewisser Diotrnar, den man früher gelegentlich mitdem gleichnamigen Sohn des vor seiner Kirchenzeit verheiratet gewesenenSalzburger Erzbischofs Odalbert gleichsetzte, wodurch der erzbischöfliche Va-sall Zwentipolch als des Erzbischofs eigener Enkel angesehen wurde.1oti Diese

103 Salzburger Urkundenbuch I, ed. Willibald Hauthaler, Salzburg 1910, S. 69ff., alsZeuge in Nrn. 2, 6, 8, 10, 13,16,18-27,29, 31, 32, 37, 38, 40,44,45, SO, 51, 54,SS, 59, 60, 63,67-70,74,75,78, 83, 90, 92, 96, 101, 102; als Tauschpartner inNm. 88, 94, 98.

104 Vgl, die in Anm. 103 genannten drei Tauschurkunden.105 Dies beachtet nicht Imre Boba, Moravia's history reconsidered (wie Anm. 77) S. 71,

wenn er den bis 935 in den Salzburger Urkunden genannten Zuentepolch mit dem898 von Kaiser Arnulf beschenkten Zwentibold und zugleich mit dem aus Mährenvertriebenen Swatopolk 11.gleichsetzt. Ein weiteres kommt hinzu: Zwar wäre demArgument Bobas, "Sventopolk 1I was still a boy in 899 _ puer, filius antiqui duel,Zuentibolchi _" und könne durchaus bis nach 935 in Bayern gelebt haben, nichtsGewichtiges entgegenzuhalten, jedoch geht diese Gleichsetzung besonders deswegenin die Irre, weil doch der von 924-935 in den Salzburger Quellen genannte Zuente-polch sich nicht als filiu, Zuentepolchi duels, sondern als flliu, Diotmarl zu erken-nen gibt.

106 VgL z.B. die Vorbemerkung zur Edition der Tauschurkunde Zwentipolchs vom 1.Mai 934 bei Willibald Hauthaler, Salzburger Urkundenbuch I S. 157 Nt. 94; da-nach Kamillo Trotter, Beziehungen altbayerischer Herrengeschlechter zu Tirol, in:Verhandlungen d. Histor. Vereins f. Niederbayern 64, 1931, S. 90 Anrn. 61; zuletztso Carl Plank, Rihni, Graf Otokar von Leoben und Erzbischof Odalbert von Salz-burg, in: Siedlung, Macht und Wirtschaft, Festschrift Fritz Posch, Graz 1981, S. 74.

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Gleichsetzung des Zwentipolchvaters Diotmar mit dem gleichnamigen Sohndes Erzbischofs ist indessen nicht überzeugend,l07 und in neueren Arbeitenwird sie nicht mehr vertreten.H8 Insofern stellt sich ganz ohne vorgegebenenBlick auf vorhandene Zusammenhänge die Frage, wie das Auftreten des Zwenti-boldnamens bei einem im Gebiet zwischen Mühldorf und Salzburg veranker-ten Mann der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts wohl erklärt werden kann.

Auszugehen ist von der Beobachtung, daß die drei als Brüder ermittelba-ren Söhne des Erzbischofs Odalbert - namens Diotmar, Otachar und Pern-hartlOO - in den drei in Salzburg erhaltenen Zwentipolchurkunden als Zeugenfungierten: einmal stehen alle drei an der Spitze der Zeugen, einmal eröffnenzwei von ihnen und einmal nur einer die Reihe der Zeugen.t-? Das dürfte

107 Wichtig in dieser Frage ist, daß in mehreren Zeugenreihen der Salzburger Urkundendie drei Söhne Erzbischof Odalberts - Diotmar, Otachar und Pernhart (zu ihnen s. . !unten) - eng nebeneinander stehen, Zwentipolch aber von ihnen meistens durch ei-ne größere Zahl anderer Zeugen getrennt ist; vgl. im Codex Odalberti des Salzbur-ger Urkundenbuchs (wie Anm. 103) die Nrn. 8, 16,18,21,22,24,26,27,29,31,32,38,40, SO, Sl,S9,60,63,69,90,96,101. Das spricht nicht dafür, daß Zwenti-polch der Sproß des Erzbischofsohnes Diotmar war. Dazu kommt, daß in der Ur-kunde Nr. 88 Zuentibolch cum manu patris sui Diotmari dem Erzbischof OdalbertBesitzungen in Willenberg, Bergheim und Dorfen übergab, Zwentibolchs Vater alsozu den Handelnden des Rechtsvorgangs gehörte und folglich kein Zeuge sein konn-te, am Urkundenende aber dennoch Diotmar, Otachar ..• Pemhart - also die dreiErzbischofsöhne - neben anderen als teste, aufgeführt wurden. Der Zwentibolchva-ter Diotmar kann also nicht der gleichnamige Erzbischofsohn gewesen sein.

108 So etwa übernahm schon Michael Mitterauer, Karolingische Markgrafen (wie Anm.97) S. 258 (Register) die Identifizierung nicht und behandelte den Zwentibolchva-ter (S. 150-152) unabhängig vom gleichnamigen Erzbischofssohn (S. 196, 202,238). In seinem Aufsatz "Slawischer und bayrischer Adel" (wie Anm. 63) S. 693-726, bes. S. 703, betont er, daß ,,im Codex Odalberti mindestens drei, wenn nichtsogar vier verschiedene Diotmare begegnen". Und er setzt einen noch 976 nachweis-baren Diotmar mit dem so benannten Sohn des Erzbischofs Odalbert gleich und fol-gert daraus, daß dieser dann wohl "unmöglich der Vater des seit 924 genanntenZwentibold gewesen sein" könne. Da indessen die Gleichsetzung des Odalbertsoh-nes mit dem 976 genannten Diotmar nicht völlig gesichert ist, fehlt seiner Argumen-tation die Stringenz.

109 Diese Zusammengehörigkeit ergibt sich aus folgenden Urkunden des Codex Odal-berti bei Willibald Hauthaler, Salzburger Urkundenbuch I S. 63ff.: Nr. 80 (Odal-bertus venerabilis archteptscopus ..• conplacitationem cum Diotmaro nobili filio suoperegit), Nrn. 60 und 75 (Diotmar filius Odalberti), Ankündigung der Nrn. 79-81 imKapitelregister S. 65 (De conplecitattone Otacharls nobilis virl, De conplacitationeDiotmarl fratris sui, De conplacitatione Pernhardi fram, sui), Nrn. 61, 82 und 84(Diotmar et frater eiut Pernhart), Nr. 76 (Bernhard nobttt» filius Odalbem), Nr. 81(fratres nomine Diotmar et Pernhart in praesentia Odalberti archiepiscopt ... Bem-hart nobilis vir et consanguineus archiepiscopi),

110 Salzburger UB I S. ISH. Nr. 88 ([sti sunt testes: Diotmar, Otachar. Uuillihelm,

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darauf hinweisen, daß zwischen Zwentipolch und ihnen - auch wenn der Erz-bischofsohn Diotmar nicht zugleich der Zwentipolchvater Diotmar war - einenähere Verwandtschaftsbeziehung bestand.U! Möglicherweise waren diesebeiden Träger des Namens Diotmar Vettern, die dazu auch noch einen OnkelGraf Diotmar gehabt haben dürften.112 Da nun Erzbischof Odalbert vor seinerKirchenzeit mit einer Dame namens Rihni verheiratet war - Rihni ist ja doch

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Ruodolt, Pemhart, Ralolt ... ), S. 160f. Nr. 9B (Isti sunt testes nominati: Otker,Pemhart, ozo, Ralfolt ...; der 3. Bruder Diotmar fungiert hier als advocatu» desErzbischofs Odalbert); Nr. 94 (Isti sunt testes: Pemhart, Sig/hart ...)

111 Wenngleich Zwentibold in den vielen Fällen, in denen die drei (gelegentlich nurzwei) Erzbischofssöhne und Zwentibold zugleich als Zeugen fungierten, nicht ne-ben ihnen erscheint (vgl. Anm. 107), so steht er doch auch zweimal neben einemDiotmar (Salzburger UB I Nrn. 44 und 68). In Nr. 74 folgen aufeinander Diotmarcomes, Zuentipolch, während in vielen anderen Zeugenreihen der Graf Diotmarweit vor Zuentipolch rangiert. Zum Grafen Diotmar vgl. Anm. 112.

112 Vg!. hierzu schon Michael Mitterauer, Karolingische Markgrafen (wie Anm. 97) S.238,245; Kurt Reindel, Luitpoldinger (wie Anm. 62) S. 153. - Sehr bezeichnendist in diesem Zusammenhang eine Urkunde von Mitte September 933 aus demChiemgau (Salzburger UB I S. 156f. Nr. 93) über einen Gütertausch eines nobiIisvir Gundpold, der in einer anderen Urkunde (S. 75 Nt. 8) als comes bezeugt ist, mitErzbischof Odalbert. In ihr sind folgende Zeugen angegeben: Diotmar, Otker, itemDiotmar, Pernhart, Reglnperht, Dultineh, Rafolt, Ruodolt, Papo, Engliperht, Ho-holt, Volrat, Reginhart, Ogo, Meginhelm, Milo, Salaman, Folchrat, Fridaperht,Uuithart, item Diotmar, Pricho, Kanzo, Nanzo, Ludol!. Reginholt. An der Spitzesteht dabei der sonst mit dem comes-Titel bezeichnete Diotmar; dann folgen diedrei Brüder, d.h. die Söhne des Erzbischofs Odalbert (vgl. Anm. 109); und weit da-von entfernt folgt noch jener Diotrnar, den man als Vater Zwentipolchs ansprechenkann. Auch in Nr. 76 finden wir drei Diotmare bei den Zeugen. In Nr. 82 heißen dieZeugen: ... Diotmar comel, item Diotmar et Pernhart frater eius; Starchant ... DerGraf Diotmar steht hier also unmittelbar vor den Erzbischofsöhnen. - Michael Mit-terauer, Slawischer und bayrischer Adel (wie Anm. 63) S. 704, möchte den Zwenti-polch-Vater Diotmar mit dem Grafen Diotmar identifizieren; er verweist dabei dar-auf, daß im Codex Odalberti in der Urkunde Nr. 74 vom 24.IV.930 die Zeugenreihefolgendermaßen beginnt: Dlotmar comet, Zuentipolch, Rafolt, Reginhart, Kerhoh_ ..und diejenige in Nr. 7B vom 12.XI. ea, 924 ähnlich lautet: Diotmar, Kerhoh, Adal-berht, Zuentlpolch, Reginhart ... Dazu ist aber zu bemerken, daß 1.) der in Nr, 78an der Spitze stehende Diotmar wohl nicht der Graf dieses Namens war, sondernder Erzbischofsohn Diotmar, weil die in dieser Urkunde dokumentierte Tausch-handlung vom nobilil vir Otachar vorgenommen wurde, wir also hier die Erzbischof-söhne vor uns haben, wobei der eine Bruder für den anderen der Spitzenzeuge ist. Ineiner ganzen Reihe von Urkunden steht 2.) hingegen Zuentipolch in den Zeugenrei-hen weit von Graf Diotmar entfernt; vgl. Nrn. 6, 9,10, lB, (20), 21, (22), 23, (37),SO, 5 I, 67, (B3), 90, 96. Daß das einmalige Nebeneinanderstehen von Graf Diotmarund Zuentipolch in der Zeugenreihe nicht ausschlaggebend sein kann, zeigt auch derVergleich mit der Urkunde Nr. 75. Dort folgen aufeinander Diotmar filius OdDlber-ti, Zuentipolch; Zuentipolch steht also neben dem Erzbischofsohn. wozu aber obenAnm. 107 zu vergleichen ist.

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als Mutter des Erzbischofsohnes Diotmar bezeugt'P - und diese Rihni wie-derum eine nahe Verwandte Herzog Amulfs v. Bayern bzw. seines VatersMarkgraf Liutpold war,1l4 schließt sich hier wiederum ein Kreis auch fürZwentipolch und seinen Vater Diotmar zur Liutpoldverwandtschaft, in diewir ja schon im vorherigen Abschnitt auch Swatopluk d.J./Zwentibold ein-bezogen sahen. Sollte deshalb nicht der so auffällige Name des Diotrnarsoh-nes aus dieser liutpoldingischen Seitenverwandtschaft resultieren? Wurde ernach seinem Verwandten Swatopluk d.J. benannt?115 Dieser Gedanke liegt

113 Salzburger Urkundenbuch IS. 109 Nr. 45, dazu S. 102f. Nr. 41.114 Obwohl ein direktes Beweisstück nicht vorliegt, hat man schon seit dem letzten

Jahrhundert diese Verwandtschaft immer wieder angenommen. Josef Egger, DasAribonenhaus, in: Archiv f. österr, Gesch. 83, 1897, S. 409ff., sieht in ihr eineSchwester des Markgrafen Liutpold; ebenso Kamilla Trotter, Beziehungen (wieAnm. 106) S. 90. Hans Pirchegger, Der Besitz des Erzstiftes Salzburg an der Saweund Enns, in: Zeitsehr. d. Histor. Vereins f. Steiermark 36, 1943, S. 63, hält sie füreine Tochter Liutpolds, und Michael Mitterauer, Karolingische Markgrafen (wieAnm. 97) S. 238 und 245, fUreine Nichte Liutpolds. VgI. auch Kurt Reindel, Luit-poldinger (wie Anm. 62) S. 136f., 153ff., und Heinz Dopsch, Der bayerische Adelund die Besetzung des Erzbistums Salzburg im 10. und 11. Jahrhundert, in: Mittei-lungen d. Gesellschaft f. Salzburger Landeskunde 110/111, 1970/71,5.128-131.-Wichtig ist für die Argumentation, daß Rlhni, nobilissima [emina (!), von HerzogArnulf, Markgraf Liutpolds Sohn, einen großen Gunsterweis erhielt: Per rogatio-nem et tussionem (I) nostram (= Hzg. Amulfs) und in Anwesenheit zweier herzög-licher mlslll hatte der Erzbischof Odalbert an Rihni fUr ein einziges Tauschgut dieZelle Gars am Inn mit ihrem gesamten Besitz und allen Einkünften in 18 Orten so-wie den dritten Teil des Zehnten von 9 Kirchen zu vertauschen (Salzburger UB IS. lOSer. Nr. 44). Das läßt sich wohl nur als Sicherungsmaßnahme Arnulfs für einenahe Verwandte interpretieren. Zudem ist die Urkunde ,,Nr. 44 in den Formalienbesonders feierlich gehalten; dabei ist Herzog Arnulf nach der feierlichen Invoca-tionsformel als eigentlicher Urkundenaussteller eingeführt, und im Schlußprotokollist auch die Besiegelung mit dem Ringe hervorgehoben, was sonst in diesen Urkun-den nirgends vorkommt"; so Willibald Hauthaler in seiner Einleitung S. 56.

lIS In diesem Zusammenhang ist es auffällig, daß zur gleichen Zeit, in der wir diesenZuentipolch bezeugt finden, in den Salzburger Urkunden auch ein Maimir comesauftritt (vgl. Salzburger UB I Register), dessen Einordnung und Erklärung noch völ-lig offen ist und weiterer Untersuchungen bedarf. Zu verweisen ist hier vorerst aufMichael Mitterauer, Slawischer und bayrischer Adel (wie Anm. 63) S. 70Hf., derfreilich (S. 706£.) die Verbindungen von Zuentipolch und seinem Vater Diotmar so-wie von Graf Moimir zum großmährischen Fürstenhaus "sehr früh, jedenfalls in der1. Hälfte oder um die Mitte des 9. Jahrhunderts anzusetzen" bestrebt ist. Denn zujener Zeit begegne bereits ein Zuuentibald mit einer (Z)uuengizigna im SalzburgerVerbrUderungsbuch (MG Necrol. ß S. 12 col. 30) und 'sei auch eine Gruppe Szuen;tiepulc, Szuentezizna, Predezlaus im Evangeliar von Cividale eingetragen worden (C.Ludwig Bethmann, Die Evangelienhandschrift zu Cividale, in: Neues Archiv 2,1877, S. 120). "Von ihnen dürfte die jüngere Salzburger Gruppe um Graf Moimirund Zwentipolch abzuleiten sein". Ein zwingender Beleg oder Anhaltspunkt kannindes rur diese These nicht geltend gemacht werden. In Szuentiepulc und Szuentie-

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nahe. Zwentipolch wurde sogar schon als Enkel des 898/903 bezeugten Zwen-tibold/Zuentibolch angesehen,116 was freilich - da jener nach unseren obigenDarlegungen mit dem mährischen Fürstensohn Swatopluk d.J. gleichzusetzenist - den Zusammenhang etwas zu eng veranschlagen dürfte, da ja ein Enkelaus einer frühestens ca. 898/900 geschlossenen Ehell7 kaum schon 924 als Er-wachsener Zeuge von Rechtshandlungen sein konnte.H8

VI

Der seit dem ausgehenden 9. Jahrhundert im ostfränkisch-deutschen Bereichauftretende Name Zwentibold scheint somit letztlich in seinen lotharingischenwie auch den bayerischen Komponenten und deren Ausläufern auf die sla-wisch-bayerischen Kontakte der siebziger und neunziger Jahre des 9. Jahrhun-derts zurückzuführen zu sein. Diese Kontakte, die sich mit der EinschreibungSwatopluks dA. auch in den Liber memoria lis der Abtei Reichenau nieder-schlugen.U", waren freilich nicht lange von guter Dauer. Sie kamen ja bald in

zizna hat vielmehr Constantin Jireöek, Die Marginalnoten in der Evangelienhand-schrift zu Cividale, in: Sitzungsber. d. kgl. Böhmischen Gesellschaft d. Wiss. Prag,1877, S. 43, Swatopluk d.Ä. und seine Frau sehen wollen, was gewiß erst in die2. Hälfte des 9.1ahrhunderts verwiese. Nach Karl Forster (Hg.), Das Verbrüderungs-buch von St. Peter in Salzburg, (s Codices selecti SI), Graz 1974, S. 10 und 32, ge-hört der Salzburger Zwentibald-Eintrag erst dem letzten Drittel des 9. Jahrhundertsan. Damit entfällt der friihe Anknüpfungspunkt. Vgl. dazu auch Karl Schmid, DasZeugnis der Verbrüderungsbücher zur Slawenmission, in: Mitteilungen d. Ges, f.Salzburger Landeskunde 126, 1986, S. 198f.

116 So Ludmil Hauptmann, Hemma i Svatopluk, in: Rad lugoslavenske Akademije2S5, 1936, S. 243; diese Arbeit, die mir selbst nicht zugänglich war, ist ausgewer-tet bei Heinz Dopsch, Die Stifterfamilie (wie Anm. 76) S. 108f. Auch Kurt Holter,Zwentibold und Pernstein (wie Anm. 76) S. 201, sieht dies so: Es "bleibt uns derältere Zwentipold, der Empfänger der 5 Huben im Kremstal (a.903, vgl. oben S.278), und der jüngere, der Sohn Diotmars, vermutlich sein Enkel, der von 924 bis934 einer der häufigsten Zeugen in den Salzburger Urkunden ist".

117 Zu 899 wird Swatopluk dJ. noch puer genannt; vgl. oben Anm. 87.118 Ludmil Hauptmann, a.a.O., scheint - nach Heinz Dopsch, Stifterfamilie S. 109

Anm. 80 - den von 898 bis 903 in den Urkunden Kaiser Arnulfs und König Lud-wigs d.K. genannten Zuentipolch, Vasallen des Markgrafen Liutpold, mit demgleichfalls 898 genannten Sohn Winburgs gleichzusetzen und Winburg sowie ihrenungenannten Gemahl aus Großmähren stammend anzusehen. Zu Winburg vgl. je-doch oben S. 27Sff.

119 MG Lib. confrat. (wie Anm. 32) S. 226 col. 245 (= Cod. aug. fol, 63); Faksimile in:MG Libri memo et necrol. NS I (wie Anm. 32) Tafel63 (B 4/5); dazu vgl. Hansmar-tin Schwarzmaier, Ein Brief des Markgrafen Aribo an König Arnulf über die Ver-hältnisse in Mähren, in: Frühmittelalterl. Studien 6, 1972, S. 63ff., und Karl Schmid,

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eine unheilvolle Verquickung mit dem west-östlichen Missionsgegensatzauf dem Boden des Großmährischen Reiches, der mit den Namen Konstantin(Cyrill) und Methodius verbunden war, über den jedoch hier nicht zu berich-ten ist.120

Ob der Zwentibold-Name von den hier behandelten Adligen lange weiter-vererbt wurde, entzieht sich unserer Kenntnis. Im Niederrheingebiet gibtes Anzeichen für eine solche Weitergabe. Dort findet man ja - wie schonerwähnt - im Xantener Nekrolog zum 30. August (eines unbekannten Jahresvor 1045) einen Zuentibold filius Zuentiboldi comitis eingetragen.P! Auchim Mittelmoselgebiet ist nicht allein der Graf von Toul und bischöflichePfalzgraf von Metz namens Sendebald/Zwentibold bezeugt; das GorzerTotenbuch verzeichnet außer ihm (21. März) auch einen Sendebaldus sub-diaconus s. Gorgonii (=Gorze), der an einem 28. Februar (wohl im 11. Jahr-hundert) verstorben ist.l22 Daß er ein Nachkomme oder Verwandter desGrafen von Toul war, ist möglich, aber ganz ungewiß. - Der Name Zuntiboldtritt uns dann weiterhin in einem größeren Reichenauer Gedenkeintrag wohlder 2. Hälfte des 10. Jahrhunderts entgegen, ohne daß sich aber diese Namen-gruppe schon entschlüsseln läßt.l23 Gleiches gilt für einen über 200 Namenumfassenden Gruppeneintrag im Liber memorialis von Remiremont aus dem

Zum Quellenwert der Verbrüderungsbücher von St.Gallen und Reichenau, in: DA41,1985, S. 370. - In einem ähnlichen Zusammenhang könnte auch die EintragungSwatopluks in das Salzburger Verbriiderungsbuch (vgl, Anm.llS) gehören;dazu KarlSchmid, Das Zeugnis der Verbriiderungsbücher (wie Anm. 115) S. 194ff. - Auch derin MG Lib. confrat. S. 274 col. 413 (= Cod. aug. fol. 104) bzw. MG Libri memo etnecrol. NS I Tafel 104 vorhandene Eintrag Zuentibolch Plachzlzlau scheint einemfrühen slawischen Kontext anzugehören, wie ebenso die in Anm. 115 genannte Ein-schreibung im Evangeliar von Cividale. (Zur Frage, in welchem monasterium desöstlichen Oberitaliens sich der Codex im 9./10. Jahrhundert befunden haben dUrfte,vgLManfred Hellmann, Bemerkungen zum Evangeliar von Cividale, in: Siedlung (wieAnm. 106) S. 305-311; auch Uwe Ludwig und Karl Schmid, Hunfrid, Witagowound Heimo in einem neuentdeckten Eintrag des Evangeliars von Cividale, in: Ge-schichte und ihre Quellen, Festschrift für Friedrich Hausmann, Graz 1987, S. 8Sf.).

120 Hinzuweisen ist hier auf Heinz Löwe, Methodius im Reichenauer Verbrüderungs-buch, in: DA 38, 1982, S. 341-362, und Karl Schmid, Zum Quellenwert (wieAnm. 119) S. 361ff., wie auch auf Hansmartin Schwarzmaler, Ein Brief (wieAnm. 119) S. SHi6. Angekündigt ist ein Aufsatz von Gerd Althoff, Zur amicitiazwischen Svatopluk und Arnulfv. Kärnten; vgl, Karl Schmid, a.a.O, S. 389.

121 Vgl. oben S. 270.122 Michel Parisse, Le Necrologe de Gorze (wie Anm. 59) S. 71 (mit Datierungshinweis

S.39).123 MG Lib. confrat. S. 224 col. 238; Faksimile MG Libri memo et necrol. NS I Tafel

59 (D/X - 2/3).

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1. Viertel des 10. Jahrhunderts, in dessen Mitte (als 121.) ein Sindilboldsteht.P'

Im bayerischen Raum erscheint um 990 ein Zuntibold als Zeuge in einerRegensburger Traditionsnotiz.l25 Weiteres ist über diesen Mann nicht be-kannt. Mehr weiß man hingegen wiederum über einen nobilis vir Zontlbolt ,der zugleich als miles und als vasailus bezeichnet wird und wegen seines um1034-41 mit dem Abt von Tegernsee durchgefiihrten Gütertausches, den erex regia permisstone vornahm, Reichsvasall gewesen sein dürfte. Er gabseinen Besitz in Schatzhofen (Landkreis Landshut) gegen eine Hufe in Krois-bach (bei Amstetten) in Niederösterreich und fünf Königshufen an derSchwechat.l26 Zwischen 1046 und 1048 war er Zeuge der Besitzübergabeeines Edlen Adalfried in Egrnating (Landkreis Ebersberg) bei dessen Ein-tritt ins Kloster Tegernsee.P? Von der Forschung wird er mit Zovntipolt,dem Sohne Adalperts von Wald, identifiziert, der in gleichzeitigen Ebers-berger Traditionen genannt wird.l28 Finden wir doch im Ebersberger Cartu-lar eine auf 1029 zu datierende Traditionsnotiz, in der bei den ZeugenAdal-perht de Walda et filius etus Zovntipolt hervortritt.P? auch werden in einerUrkunde Graf Adalberos von Ebersberg für seine Frau Richlind u.a. Zovnti-pold et frater eius Popo de Walda als Zeugen genannt.P? Daß diese im ost-bayerischen Gebiet um Ebersberg und Landshut auftretende Familie "vonWald" mit dem in der 1.Hälfte des 10. Jahrhunderts im Isengau, Chierngauund Salzburggau bezeugten Diotmarsohn Zuntibold/Zwentibold zusammen-hängt, läßt sich gewiß vermuten.P! doch fehlen bislang noch eingehendediesbezügliche Forschungen, die hier auch nicht schnell erbracht werdenkönnen.

124 MG Lib. Mern. Romarie. S. 122, fol, 53v Nr.12.125 Johann Geier, Die Traditionen, Urkunden und Urbare des Klosters St. Paul in

Regensburg, MUnchen 1986, S. 4 Nr. 3.126 Peter Acht, Die Traditionen des Klosters Tegernsee 1003-1242, München 1952,

. S. 19f. Nr. 24.127 Ebd. S. 41 Nr.51.128 So Kamillo Trotter, Beziehungen (wie Anm. 106) S. 71 Anm. 19; danach Peter

Acht, Die Traditionen (wie Anm. 126) S. 19, Vorbemerkung zu Nr. 24.129 Friedrich Hector Graf Hundt, Das Cartular des Klosters Ebersberg, in: Abhandl.

d. Bayer. Akad. d. Wiss. mxi., XN.Bd., IlI.Abt., München 1879, S. 26 Nr. 27.Bei den Zeugen auch Ada/hoh et Gerold frater etuI de Walcia.

130 Ebd. S. 27f. Nr. 35. VgI. auch ebd. S. 28f. Nt. 39 bei den Zeugen: Papa et Zovntt-polt de Wa/da; ebd. S. 29 Nr. 41 (zum Jahre 1045) bei den Zeugen: Zovntipo/tde Walda; ebd. S. 29 Nt. 43 (von 1045) bei den Zeugen: Zovntipolt de W(alda);ebd. S. 30 Nr. 47 (von 1045) bei den Zeugen: Zovntlpolt; ebd. S. 47 Nr. 1 (ea,1040-1050) bei den Zeugen: Zontipold et Pabo de Wa/da.

131 Eine solche Vermutung hat schon Michael Mitterauer, Slawischer und bayrischerAdel (wie Anm. 63) S. 707 Anm. 115, ausgesprochen.

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Ganz vereinzelt steht schließlich noch ein Lorscher Mönch Zundeboldusda, der 1094 eine Urkunde über die Lorscher Propstei Heiligenberg amNeckar (bei Heidelberg) als Zeuge unterfertigte und um 1100 selbst Propstvon Heiligenberg war.132

Zu einer großen Ausbreitung des Namens Zwentibold im deutschspra-chigen Raum ist es also gewiß nicht gekommen; er ist - das läßt sich fest-halten, auch wenn nicht lückenlos alle erreichbaren Quellen für diese Aus-sage überprüft worden sind - im deutschen Sprachbereich nicht recht hei-misch geworden. Die Anfange seiner Vergabe gehen letztlich - wie bereitseinmal betont - auf die slawisch-bayerischen Berührungen zu Beginn der70er und während der 90er Jahre des 9. Jahrhunderts zurück und brauchenwohl nicht in noch älteren Kontakten vermutet zu werden.I33

132 Karl Glöckner, Codex Laureshamensis I, Darmstadt 1929, S. 409 Nr. 134 undS. 412 Nr. 139.

133 Vgl.oben Anm. 115.

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