Finanzmarktstabilitätsbericht_09_2005

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Finanzmarkt- stabilitätsbericht 9 Juni 2005 Eurosystem Oesterreichische Nationalbank Stabilität und Sicherheit.

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Finanzmarktstabilitätsbericht, Oesterreichische NationalbankFinancial Stability Report of Austria, Central Bank of Austria

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  • F i n a n z m a r k t -

    s t a b i l i t t s b e r i c h t

    9

    Juni 2005

    Eurosystem

    O e s t e r r e i c h i s c h e Nat i on a l b a n k

    Stabil itt und Sicherheit.

  • Der halbjahrlich erscheinende Finanzmarktstabilita tsbericht der OeNBenthalt regelmaige Analysen finanzmarktstabilitatsrelevanter Entwick-lungen in O sterreich und im internationalen Umfeld. Daneben werdenim Rahmen von Schwerpunktartikeln auch gesonderte Themen behan-delt, die im Zusammenhang mit der Stabilitat der Finanzmarkte stehen.

    Editorial Board:Andreas Ittner, Peter Mooslechner, Helene Schuberth, Michael Wurz

    Koordination:Walter Waschiczek

    Redaktion:Brigitte Alizadeh-Gruber

    Berichtsteil:Der Berichtsteil entstand in Kooperation der Abteilung fur die Analyse wirtschaftlicher Entwicklungen im Ausland,der Abteilung fur Finanzmarktanalyse und der Abteilung fur volkswirtschaftliche Analysen unter Mitarbeit von Wer-ner Dirschmid, Gernot Ebner, Johann Elsinger, Eleonore Endlich, Rudolf Habacht, Evelyn Hayden, AlexandraHohlec, Georg Hubmer, Gerald Krenn, David Liebeg, Gabriel Moser, Claus Puhr, Vanessa Maria Redak, ThomasReininger, Benedict Schimka, Stephan W. Schmitz, Martin Schurz, Markus Schwaiger, Gabriele Stoffler, ZoltanWalko, Walter Waschiczek.

    U bersetzung:Irene Popenberger, Susanne Steinacher

    Technische Gestaltung:Peter Buchegger (Grafische Gestaltung)Hausdruckerei der OeNB (Layout, Satz, Druck und Herstellung)

    Ru ckfragen:Oesterreichische Nationalbank, Sekretariat des Direktoriums/OffentlichkeitsarbeitPostanschrift: Postfach 61, 1001 WienTelefon: (+43-1) 40420-6666Telefax: (+43-1) 40420-6698E-Mail: [email protected]

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    ' Oesterreichische Nationalbank, 2005Alle Rechte vorbehalten.Reproduktionen fur nicht kommerzielle Verwendungen und Lehrtatigkeiten sind unter Nennung der Quellefreigegeben.

    DVR 0031577Wien, 2005

  • Berichtsteil

    Krisenresistenz des osterreichischen Finanzsystems weiter verbessert 6

    Internationales Umfeld zunehmend risikobehaftet 9RobustesWachstum bei niedrigen Zinsen, aber zunehmenden Risiken 9Kapitalstrome in die Emerging Markets auf hohem Niveau im Jahr 2004 13Zentral- und osteuropaische Finanzmarkte relativ stabil 16

    Finanzposition der realwirtschaftlichen Sektoren gestarkt 24Erhohte Krisenfestigkeit der Unternehmen 24Hohe Vermogensbildung und Verschuldung bei Haushalten 32Kasten: Methodische Fragen zur Ermittlung des Geldvermogens

    der osterreichischen Haushalte 37

    O sterreichische Finanzintermediare zeigen sich in guter Verfassung 39Stabilitat des Bankensystems weiter gefestigt 39Kasten: Alternative Unternehmensfinanzierung fur den Mittelstand 45Kasten: Zur Bedeutung sicherer Zahlungs- und Wertpapierabwicklungssysteme

    fur die Stabilitat der Finanzmarkte 51Kasten: Erneut ein Rekordjahr der nationalen Bankensektoren

    in Zentral- und Osteuropa 53Kasten: Die Analyselandschaft der osterreichischen Bankenaufsicht 58Andere Finanzintermediare zeigen erfreuliche Entwicklungen 60Kasten: Hedgefonds und Finanzmarktstabilitat 61

    Schwerpunktthemen

    Wie konsistent sind Eigenangaben von Hedgefonds uber ihren Anlagestil?Eine renditebasierte Analyse mittels Self-Organizing Maps 66Ramin Baghai-Wadji, Rami El-Berry, Stefan Klocker, Markus Schwaiger

    Institutionelle Determinanten der Eigenkapitalbildung in O sterreich 81Werner Dirschmid, Walter Waschiczek

    Demographische Entwicklung, kapitalgedeckte Pensionsvorsorge und Finanzmarktstabilitat 99Stefan W. Schmitz

    Das kroatische Bankensystem 117Thomas Reininger, Zoltan Walko

    Tabellenanhang137

    Hinweise149

    Redaktionsschluss: 11. Mai 2005

    Die von den Autoren zum Ausdruck gebrachte Meinung kann von der Meinung der OesterreichischenNationalbank abweichen.

    Inhalt

    Finanzmarktstabilita tsbericht 9 3

  • B e r i c h t s t e i l

  • InternationalerKonjunkturaufschwungleicht abgeschwa chtDie Weltwirtschaft, die im Jahr 2004kraftig gewachsen war, schwenkte inden ersten Monaten des Jahres 2005auf einen etwas flacheren Expansions-pfad ein. Wachstumsmotoren warendie USA, China und die ostasiatischenSchwellenlander, wahrend Japan undder Euroraum ein geringeres Wachs-tumstempo aufwiesen. Auch in denzentral- und osteuropaischen Landernschwachte sich am Beginn des Jahres2005 das Wachstum zum Teil deutlichab, allerdings bei weiterhin positivenWachstumsabstanden zum Euroraum.

    Gu nstige Entwicklungder internationalenFinanzma rkteTrotz der recht lebhaften Konjunkturverharrten die langfristigen Renditenauf den internationalen Anleihemark-ten bis zum Fruhjahr 2005 auf einemungewohnlich tiefen Niveau. Gleich-zeitig blieben die RenditeaufschlagevonUnternehmensanleihen gegenuberStaatsanleihen ahnlicher Laufzeit sehrniedrig.

    1Zum einen kam darin die

    positive Gewinnsituation der Unter-nehmen zum Ausdruck, zum anderenzeigten die institutionellen Investorenweiterhin hohe Risikobereitschaft undverstarkten angesichts des niedrigenNominalzinsniveaus ihre Suche nachRenditen.

    Die positiven Gewinnaussichtenfur die Unternehmen waren auch einwesentlicher Faktor fur die Kursan-stiege auf den Aktienmarkten im Euro-raum bis zum Fruhjahr 2005. Dabei

    ubertraf die Kursentwicklung des ATXim Jahr 2004 und im ersten Quartal2005 weiterhin die bedeutenden inter-nationalen Aktienindizes.

    Dieses insgesamt freundlicheUmfeld der Finanzmarkte hat die Per-formance der Portefeuilles osterrei-chischer Anleger gunstig beeinflusst.Das galt fur institutionelle Investoren,wie Versicherungen oder Investment-fonds, ebenso wie fur die privatenHaushalte, die mittlerweile einengroen Teil der Bewertungsverlustein ihrem Geldvermogen, die sie auf-grund der Aktienkursruckgange inden Jahren 2000 bis 2002 zu verzeich-nen hatten, wieder aufholen konnten.

    Spiegelbildlich waren die Risikenfur die Finanzmarktentwicklung imFruhjahr 2005mehrheitlich nach untengerichtet. So bestand angesichts deranhaltend hohen auenwirtschaftli-chen Ungleichgewichte der USA dasRisiko abrupter Verschiebungen iminternationalen Wahrungsgefuge, wasinsbesondere in den USA zu einemdeutlichen Anstieg der langfristigenZinsen fuhren konnte. Einen weiterennicht zu vernachlassigenden Risikofak-tor stellte der hohe Erdolpreis dar.

    Ertragslage des zentral-und osteuropa ischenBankensektors weiterverbessertDie Bankensektoren Zentral- und Ost-europas erzielten auch im Jahr 2004 imDurchschnitt hohe Eigenkapitalrendi-ten. Die groen osterreichischen Ban-kengruppen haben ihre Prasenz in die-ser Region weiter ausgebaut. Die dorterzielten Ergebnisse leisten nach wie

    1 Allerdings wurden Anfang Mai 2005 die Anleihen von General Motors und Ford zwei der bedeutendsten Emit-tenten auf dem US-Anleihemarkt auf Junk-Bond-Status herabgestuft.

    Krisenresistenz des osterreichischenFinanzsystems weiter verbessert

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  • vor substanzielle Beitrage zum Ergeb-nis der osterreichischen Bankkonzer-ne. Zum Teil ging dieser Ergebnisbei-trag auch auf die als Resultat desinternationalen Umfelds und gro-teils positiver Fundamentalfaktoren hohen Bewertungen der wichtigstenWahrungen in Zentral- undOsteuropazuruck. Eine allfallige Korrektur derWahrungen birgt somit ein gewissesRisiko fur die Ergebnisbeitrage derosterreichischen Tochterbanken.

    Finanzposition der o ster-reichischen Unternehmenund Haushalte gesta rktDie osterreichische Wirtschaft konntesich der Wachstumsabschwachung imEuroraum nicht ganzlich entziehen.Gleichwohl haben die Unternehmenihre Gewinne im Jahr 2004 gesteigertund konnten daher ihre Investitionenvermehrt aus eigenen Mitteln finan-zieren. Fur die Mittelaufnahme vonauen haben sie ein breites Spektrumvon Finanzierungsinstrumenten in An-spruch genommen,wobei die Bankkre-dite erstmals seit zwei Jahren wiederpositive Zuwachsraten aufwiesen. DieVerbesserung der Bilanzstruktur, diegestiegenen Gewinne und die nachwie vor gunstigen Finanzierungsbedin-gungenhabendieWiderstandsfahigkeitdes Unternehmenssektors gegenuberSchocks in den letztenQuartalen insge-samt erhoht.

    Die Einschatzung der finanziellenLage des Haushaltssektors fallt dem-gegenuber differenzierter aus. Wohlverzeichneten die Geldvermogen derprivaten Haushalte im Jahr 2004 denhochsten Zuwachs seit Bestehen derfinanziellenVermogensstatistik, gleich-zeitig nahm jedoch die Verschuldungweiter zu. Dabei durften die Zuwachsebei den Vermogen und bei den Kredi-ten zwischen den einzelnenHaushaltenungleich verteilt gewesen sein. U ber-

    hitzungen auf dem Immobilienmarkt,wie sie in anderen Landern des Euro-raums zu beobachten waren, sind inO sterreich bisher nicht eingetreten.

    Verbesserte Risikositua-tion der o sterreichischenBankenDie Risikosituation des osterrei-chischen Bankensektors hat sich imJahr 2004 verbessert. Im Inlandsge-schaft fuhrten eine signifikante Auswei-tung des Beteiligungs- und Provisions-ergebnisses und ein Ruckgang des Vor-sorgebedarfs zu einer verbessertenErtragslage. Die Eigenmittelausstat-tung befindet sich nach wie vor aufhohem Niveau, und auch die Ergeb-nisse der Stresstests geben einen positi-ven Befund hinsichtlich der Schockre-sistenz des Bankensektors. Insgesamtsind derzeit keine ausgepragten Fragili-taten des osterreichischen Bankensys-tems zu erkennen.

    Allerdings blieben die traditionel-len Schwachpunkte der osterrei-chischen Banken weiter bestehen:Trotz eines Ruckgangs der Aufwand-Ertrag-Relation blieb die Kostenbelas-tung vergleichsweise hoch. InfolgeintensivenWettbewerbs ist das Zinsge-schaft im internationalen Vergleichwenig ertragreich die Zinsspanneder Banken verengte sich im Jahr 2004sogar weiter. Aber auch mit niedrigenSpannen bildet das Zinsgeschaft einenverlasslichen Ertragsbestandteil furdie osterreichischen Banken. Die guteErtragslage der Tochterbanken in Zen-tral- und Osteuropa tragt gegenwartigwesentlich zur erhohten Risikotragfa-higkeit des osterreichischen Banken-sektors bei, fuhrt aber zu einer wach-senden Abhangigkeit von zukunftigenEntwicklungen auf diesen Markten.

    Weiterhin steter Beobachtung be-darf der weiterhin wachsende Anteilder Fremdwahrungskredite am inlan-

    Krisenresistenz des o sterreichischenFinanzsystems weiter verbessert

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  • dischen Kreditvolumen. Obwohl diegemeldeten Daten durch parallel ange-sparte Tilgungstrager Maximalwertedarstellen, ist das Fremdwahrungs-kreditvolumen im Euroraumvergleichauch unter Berucksichtigung dieser

    Effekte hoch. Die mittlerweile nahezuvollstandige Substitution von in japani-schen Yen denominierten Finanzie-rungen durch Kredite in SchweizerFrankenwar allerdings zweifellos stabi-litatsfordernd.

    Krisenresistenz des o sterreichischenFinanzsystems weiter verbessert

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  • Robustes Wachstum beiniedrigen Zinsen, aberzunehmenden Risiken

    Robustes Wachstumder Weltwirtschaft, gebremsteEntwicklung im Euroraumund in Japan

    Das globale Wirtschaftswachstumbetrug im Jahr 2004 laut IWF rund5%, die starkste Wachstumsrate seitden Siebzigerjahren, wobei die Dyna-mik in der zweiten Jahreshalfte etwasnachgelassen hat.WesentlicheUrsachedieser Verlangsamung ist der hohereErdolpreis. Der in US-Dollar gemes-sene Preis fur Erdol stieg im Laufedes Jahres 2004 stetig um bis zu 50%gegenuber dem Vorjahr und ubertrafdamit die in den meisten Wirtschafts-prognosen angenommene Entwick-lung. Der Erdolpreis blieb auch im ers-ten Quartal 2005 hoch, wobei sich diePreisvolatilitat deutlich erhohte. Diemeisten Prognosen nehmen einen auchin den nachsten Jahren anhaltendhohen Erdolpreis an. Fur die Jahre2005 und 2006 gehen IWF und OECDsowie die Europaische Kommissionvon einer weiterhin robusten wirt-schaftlichen Entwicklung aus, mitWachstumsraten in der Nahe der lang-jahrigen Durchschnitte und weiterhinmoderater Inflation. Die Risiken furdiesen gunstigen Ausblick fur dasWachstum sind allerdings uberwie-gend nach unten gerichtet. Dabei gibtinsbesondere das allgemein als zu hocheingeschatzte Leistungsbilanzdefizit derUSA weiterhin Anlass zur Sorge. Sokonnte es laut IWF im Falle einer nichtmehr langer ausreichenden Bereit-schaft internationaler Investoren zurAkkumulation bzw. Haltung von inUS-Dollar denominierten Finanztitelnzu einer substanziellen Abwertung desUS-Dollar sowie steigenden langfristi-gen Zinsen, insbesondere in den USA,

    kommen. Auch der Erdolpreis stellteinen Risikofaktor dar. Ein anhaltendhoher und erst recht ein weiteransteigender Erdolpreis konnte zueiner starkeren Wachstumsdampfungfuhren als derzeit angenommen. Eindadurch ausgeloster starker Inflations-druck konnte ebenfalls zu deutlich stei-genden langfristigen Zinsen fuhren.Letzteres birgt gewisse Risiken in Hin-blick auf eine mogliche Korrektur beiden relativ hohen Immobilienpreisenin einigen Landern sowie auf eine Aus-weitung der Spreads.

    In den USA setzte sich das robusteWirtschaftswachstum trotz des hohe-ren Erdolpreises fort, wobei das soli-de, wenngleich zuletzt etwas abge-schwachte Produktivitatswachstumsowie eine nach wie vor unterstut-zende Geld- und Fiskalpolitik aus-schlaggebend waren. Der private Kon-sum entwickelte sich aufgrund soliderEinkommenszuwachse, positiver Ver-mogenseffekte, steigender Beschafti-gung und eines hohen Konsumenten-vertrauens dynamisch, ebenso wie dieUnternehmensinvestitionen, welchevon positiven Umsatzerwartungensowie gunstigen Finanzierungsbedin-gungen und temporaren steuerlichenBegunstigungen profitierten. Die Infla-tionsrate erhohte sich erdolpreisbe-dingt, wahrend der binnenwirtschaftli-che Preisdruck aufgrund des relativniedrigen Wachstums der Lohnstuck-kosten und weiterhin freier Produk-tionskapazitaten bislang gering geblie-ben ist. Angesichts des nach Ein-schatzung des Federal Open MarketCommittee (FOMC) robusten Wirt-schaftsaufschwungs, stabiler Inflations-erwartungen, des begrenzten Auf-wartsdrucks auf die Inflation sowie aus-geglichener Risiken fur die kunftigeInflation und das kunftige Wirtschafts-wachstum wurden die Leitzinsen seitJuni 2004 in sieben Schritten um insge-

    Internationales Umfeld zunehmend risikobehaftet

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  • samt 175 Basispunkte auf 2,75% ange-hoben.

    In Japan verlangsamte sich dasWachstum nach einem starken Beginnim Jahr 2004 deutlich und verzeich-nete drei Quartale gering negativenWachstums. Hierbei schwachten sichvor allem die Exporte von IT-Guternsowie der private Konsum ab. LautIWF ist unter anderem aufgrund desgunstigen internationalen Umfeldsmit einem Wiedereinsetzen des Auf-schwungs zu rechnen; wegen der rela-tiv zum gesamtwirtschaftlichen Ange-bot geringen Nachfrage sollte esjedoch vorerst noch nicht zu einernachhaltigen Ruckkehr zu positivenInflationsraten kommen, was auf eineweiterhin akkommodierende Geld-politik der Bank of Japan hindeutet.

    Im Rest von Asien setzte sich dasstarke Wachstum der ersten Jahres-halfte 2004 bei uberwiegend modera-ter Inflation weiter fort, wobei vorallem in China trotz wirtschaftspoliti-scher Manahmen zur Einbremsungdes hohen Wirtschaftswachstums nachwie vor sehr hohe Wachstumsratenverzeichnet wurden. Der Aufbau dersubstanziellen, vornehmlich in US-Dollar denominierten Devisenreser-ven in der Region setzte sich im Jahr2004 aufgrund von U berschussen inder Kapital- und Leistungsbilanz wei-ter fort, wobei China den grotenAnteil hatte. Dies durfte ebenfalls zuden niedrigen Renditen bei US-Staats-anleihen beigetragen haben.

    ImVereinigtenKonigreich schwach-te sich das Wachstum in den vergange-nen Quartalen leicht ab und nahertesich damit dem Trendwachstum an.Dabei verloren der private Konsumsowie die Investitionen etwas anSchwung. Bei den Immobilienpreisenkam es erwartungsgema nicht zuletztaufgrund der gestiegenen kurzfristigenZinsen zu einer Stabilisierung nach Jah-

    ren starken Wachstums. Obwohl dieKapazitatsauslastung in der Wirtschaftweiter angestiegen und die Arbeitslo-sigkeit weiter niedrig ist, hat sich bis-lang kein wesentlicher, von den Loh-nen ausgehender Aufwartsdruck aufdie Inflation eingestellt. Die Leitzinsensind von Mai 2003 bis August 2004 auf-grund des durch den hohen Auslas-tungsgrad in der Wirtschaft zu erwar-tenden Aufwartsdrucks auf die Infla-tion um insgesamt 125 Basispunkteangehoben worden.

    Die Schweizer Wirtschaft hat seitMitte 2004 unerwartet stark an Dyna-mik verloren, wobei sowohl die Inves-titionen als auch die Exporte und derprivate Konsum betroffen waren. DieInflationsrate blieb weiterhin niedrig.Im Jahr 2005 sollte die Wirtschaftwegen einer verbesserten Exportkon-junktur und gunstiger Finanzierungs-bedingungen wieder an Schwunggewinnen. Die Leitzinsen wurden imJuni 2004 um 25 Basispunkte angeho-ben und sind seither unter anderemaufgrund der geringeren konjunkturel-len Dynamik konstant gehalten wor-den. Die Schweizerische Nationalbankhielt fest, dass sie im Falle unerwarte-ter Ereignisse, welche eine Aufwer-tung des Franken bewirken, angemes-sen reagieren wird.

    Im Euroraum kam es im zweitenHalbjahr 2004 zu einer prononciertenWachstumsabschwachung, wobei unteranderem Deutschland und Italienbesonders betroffen waren. Insgesamtentwickelte sich die Binnennachfrageim Euroraum vor dem Hintergrundhoher und volatiler Erdolpreise ge-dampft, wahrend das Wachstum derExportnachfrage, die im ersten Halb-jahr 2004 wesentlich zum Aufschwungbeigetragen hat, durch das abneh-mende Wachstum der Weltwirtschaftund die Aufwertung des Euro deutlichzuruckgegangen ist. Die Gewinnsitu-

    Internationales Umfeld zunehmend risikobehaftet

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  • ation der Unternehmen erholte sichzwar, fuhrte aber bislang nicht zueinem mageblichen Aufschwung inder Investitionstatigkeit, da nach wievor die Restrukturierung der Unter-nehmensbilanzen im Vordergrundstand. Die Konsumnachfrage blieb auf-grund von Lohnzuruckhaltung sowiedes bislang geringen Beschaftigungs-wachstums gedampft. Der Erdolpreis-anstieg fuhrte zu einem temporarenAnstieg der HVPI-Inflation, wahrendder binnenwirtschaftliche Preisdruckwegen moderat steigender Lohnegering geblieben ist und bislang keineZweitrundeneffekte des hoheren Erd-olpreises aufgetreten sind. Aufgrunddes bislang geringen binnenwirtschaft-lichen Preisdrucks wurden die Leit-zinsen weiterhin bei 2% belassen. Furdie Jahre 2005 und 2006 ist mit einergraduellen Beschleunigung des Wachs-tums zu rechnen, wobei vor allem dieBinnennachfrage zulegen sollte.

    Dollarschwache sowie ungewohnlichniedrige langfristige Zinsen

    Im zweiten Quartal 2004 hat auf denGeldmarkten in den USA ein Trendsteigender Zinsen eingesetzt. Dabeihatte die Ankundigung der US-Noten-bank, kunftige Leitzinsanhebungen inmavollem Tempo vonstatten gehenzu lassen, einen erheblichen Einflussauf die Erwartungen der Marktteil-nehmer. Im Marz 2005 verstarktensich die Erwartungen bezuglich einerBeschleunigung der Leitzinsanhebun-gen aufgrund steigender Inflationssor-gen. Diese Erwartungen bildeten sichAnfang April nach einer Reihe schlech-ter Konjunkturdaten wieder zuruck.Im Euroraum blieben die Zinsen aufdem Geldmarkt wegen der stabilenlangfristigen Inflationserwartungensowie der nachlassenden Konjunkturweitgehend stabil. Die impliziten Vola-tilitaten auf den Geldmarkten in den

    USA und im Euroraum gingen weiterzuruck.

    Auf den Anleihemarkten in denUSA blieben die Renditen nach einemRuckgang im dritten Quartal 2004 bisFebruar 2005 weitgehend unverandert.Dieswar angesichts des gunstigen Kon-junkturausblicks und der substanziel-len Leitzinsanhebungen der US-Noten-bank fur viele Beobachter uberra-schend, da unter solchen Rahmenbe-dingungen in der Vergangenheit dieRenditen in der Regel zum Teil deut-lich gestiegen sind. Ab Februar 2005kam es unterstutzt durch eine Rededes FOMC-Vorsitzenden sowie Speku-lationen uber eine Beschleunigung derLeitzinsanhebungen zu einem raschenRenditeanstieg, welcher allerdingsmit dem Ende der Spekulationen wie-der zuruckging. Die an indexiertenAnleihen gemessenen langfristigenInflationsrisikopramien sind in den ver-gangenen Quartalen trendgema wei-ter gestiegen. Im Euroraum setzte sichder Trend fallender Renditen von Sep-tember 2004 bis Anfang Janner 2005fort. Dabei durften die unerwartetschwache Konjunktur sowie der in die-sem Zeitraum vorherrschende, durchdie Schwache des US-Dollar ausge-loste Aufwertungsdruck auf den Euroden Anleihepreisen im Euroraum Auf-trieb verliehen haben. Die Inflationsri-sikopramien schwankten auf einem imlangfristigen Vergleich etwas hoherenNiveau.

    Die Risikoaufschlage auf Unter-nehmensanleihen in den USA und imEuroraum erreichten im Februar einim langfristigen Vergleich sehr niedri-ges Niveau und sind seither nach nega-tiven Nachrichten uber die Bonitatgroer US-amerikanischer Automobil-firmen deutlich angestiegen. Das imlangfristigen Vergleich relativ niedrigeNiveau der Risikopramien deutet aufeine weiterhin gegebene Risikobereit-

    Internationales Umfeld zunehmend risikobehaftet

    Finanzmarktstabilita tsbericht 9 11

  • schaft der Anleger hin, wobei sichaufgrund der insgesamt positivenGewinnsituation auch die Unterneh-mensbilanzen verbessert haben unddamit die Gefahr kunftiger Zahlungs-ausfalle gesunken sein sollte.

    Auf den Aktienmarkten in denUSA bewegten sich die Kurse weitge-hend auf dem gleichen Niveau, wobeider hohe Erdolpreis sowie zuletzt die

    etwas hoheren langfristigen Zinsenund eine von einem niedrigen Niveauaus leicht steigende Risikoaversiondie Effekte der guten Gewinnlageuberlagerten. Im Euroraum setzte sichder steigende Trend bei den Kursen bisMarz 2005 fort, wobei starke Unter-nehmensgewinne sowie die im Euro-raum starker gefallenen langfristigenZinsen ausschlaggebend waren.

    Auf denDevisenmarkten kam es imvierten Quartal 2004 zu einer ausge-pragten Dollarschwache, welche mitdem hohen Leistungsbilanzdefizitsowie weiterhin niedrigen langfristi-gen Zinsen in den USA in Zusammen-hang stand. Das Ausma der nominelleffektiven Aufwertung des Euro warjedoch geringer als in vergangenenPhasen einer Dollarschwache. Derjapanische Yen geriet zeitweise auf-grund von Spekulationen uber einekunftige Aufwertung des chinesischenYuan unter zusatzlichen Aufwertungs-druck, verlor allerdings insgesamt

    wegen der schwachen Konjunktursowohl gegen den US-Dollar als auchgegen den Euro an Wert. Der Schwei-zer Franken blieb zum Euro recht sta-bil. Die Devisenmarkte reagierten imBerichtszeitraum sehr sensitiv aufInformationen, welche auf Umschich-tungen von in US-Dollar denominier-ten Devisenreserven hindeuteten.Dabei reagierten der Euro und derSchweizer Frankenmit zumTeil deutli-chen Wertzuwachsen. Ab Mitte Marz2005 erholte sich der US-Dollar wie-der im Zuge sich verstarkender Erwar-tungen uber eine Beschleunigung der

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    Internationales Umfeld zunehmend risikobehaftet

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  • Leitzinsanhebung der Fed und einemdamit einhergehenden Anstieg derlangfristigen Zinsen in den USA.

    Kapitalstro me in dieEmerging Markets aufhohem Niveau im Jahr 2004Robuste Wirtschaftsaussichten 2005

    Das Wirtschaftswachstum in den auf-strebenden Volkswirtschaften (Emer-ging Market Economies, EMEs) lag imJahr 2004 mit einer durchschnittlichenZuwachsrate von uber 7% in nahezuallen Regionen uber den Erwartungen.Grunde dafur waren teils eine robusteInlandsnachfrage, verstarkte Exportak-tivitaten sowie gestiegene Rohstoff-preise. Auch im Jahr 2005 bleiben diekonjunkturellen Aussichten laut IWF-Prognosen robust. Der IWF hat dasreale BIP-Wachstum 2005 fur dieEMEs von 5,7% auf 6,3% revidiert;fur das Jahr 2006 rechnet er mit einerleichten Wachstumsabschwachung beiweiter nachlassendem Preisauftrieb.Die Risiken stammen vor allem ausdem internationalen Umfeld. Es sindjene, die auch fur die Industrielanderrelevant sind: der Erdolpreis, ein mog-licher Anstieg des niedrigen langfristi-gen Zinsniveaus, eine schleppendeErholung der Arbeitsmarkte, eineAbschwachung der Preise von Vermo-genswerten sowie eine hohe Wechsel-kursvolatilitat.

    Die EMEs Asiens bleiben nebendenUSA derwichtigste globaleWachs-tumsmotor. Ein wesentlicher Beitragzum Wachstum dieser Region stammtvon dem anhaltenden Investitions-boom, obwohl auf den Markten furInformationstechnologie Korrekturenerfolgten. Die Sanierung des Finanz-sektors und die Strukturreform imUnternehmenssektor haben in dieserRegion weiter Prioritat. In Chinadurfte das Wachstum im Jahr 2005trotz der vor einem Jahr begonnenen

    selektiven wirtschaftspolitischen Ma-nahmen zur Dampfung des hohenWachstums kaum wesentlich unterdem Vorjahreswert von 9,5% liegen.Wahrend bei den Zinsen Liberalisie-rungsschritte gesetzt wurden, wirdan der festen US-Dollar-Wechselkurs-bindung trotz wachsenden internatio-nalen Drucks festgehalten, was dasLand wettbewerbsmaig begunstigt.Obwohl in Indien erneut ein robustesWirtschaftswachstum erwartet wird,durfte das Budgetdefizit nahe bei 10%des BIP bleiben, wahrend der starkeZuwachs bei den kurzfristigen Waren-krediten eine erhohte Aufmerksamkeitseitens der Reserve Bank of India erfor-derlich macht.

    In Lateinamerika ist die Verschul-dung trotz Aufwertung der lokalenWahrungen noch immer hoch undstellt eine potenzielle Gefahrenquelledar. Das anhaltend hohe Wachstum,das von der Inlandsnachfrage getragenwird, durfte jedoch die Verschuldungs-lage verbessern und auch ein besse-res Investitionsklima erwirken. Diesschafft Spielraum fur das stark wach-sende Arbeitskraftepotenzial. Im Mitt-leren Osten schreitet der Aufbau derInfrastruktur zur Starkung des Nichtol-sektors voran. Laut IWFwerden in Tei-len Afrikas die Institutionen gestarktund die Governance verbessert, umdie Anfalligkeit auf Schocks zu reduzie-ren und die starkere Einbindung in dieweltweite Handelsliberalisierung zuerreichen.

    Russlands Wirtschaft profitiertzwar vom hohen Erdolpreis, doch hatsich das Investitionsklima nicht zuletztinfolge starkerer Staatsinterventioneingetrubt, sodass das Wachstum abder zweiten Jahreshalfte 2004 nachlieund daher fur heuer mit einer Ab-kuhlung des realen BIP-Wachstumsgerechnet wird. Den Risiken imFinanzsektor (15% der Kredite gelten

    Internationales Umfeld zunehmend risikobehaftet

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  • als notleidend) stehen eine gunstigeFiskalsituation und hohe Devisenreser-ven gegenuber. Die turkische Wirt-schaft legte im Jahr 2004 bei stark stei-gendem Leistungsbilanzdefizit uberra-schend um 8% zu und durfte heuerbei weiter sinkenden Inflationsratenum 5% wachsen. Der IWF gewahrtdem Land massive Finanzhilfe, mitder Auflage, strukturelle Reformenvoranzutreiben; private Kapitalzu-flusse bleiben aufgrund unzureichen-der Corporate Governance und man-gelndem Anlegerschutz noch immerschwach.

    Nettokapitalzustrome 2005: LeichterRuckgang nach Rekordniveau im Jahr2004 erwartet

    DieprivatenNettokapitalzuflusse indieEMEs konnten im Jahr 2004 nach IWF-Betrachtung vom dynamischen Wachs-tum der Weltwirtschaft profitieren.Wahrend die FDI-Nettozuflusse unddie volatilen Portfolioinvestitionenzugenommen haben, kam es bei derPosition AndereFlusse (Banken,Han-

    delskredite und Derivative) zu Abflus-sen. Etliche EMEs konnten die Finanz-ierungslucke uber lokale Kapital-markte teilweise schlieen. Auch imJahr2005werden laut IWFdieNettozu-strome bei den FDIs zunehmen, nichtzuletzt wegen der von den Akteurenals gunstig eingeschatzten Ertragsaus-sichten in denEMEs.Die in diesem Jahrgeringeren Nettozuflusse bei den Port-folioinvestitionen und Abflusse bei derPosition Andere Flusse, die auch dengesamten privaten Nettokapitalzuflussabschwachen werden, durften vorallem mit der Veranlagung der hohenEinnahmen Erdol exportierender Staa-ten sowie des erwarteten Schulden-ruckkaufs durch Russland im Rahmeneines Abkommens mit dem PariserClub im Zusammenhang stehen.

    Hauptempfanger fur die Nettoka-pitalzustrome bleiben die EMEsAsiens, vor allem China. Das Ziel eineranhaltend niedrigen Inflation beigleichzeitiger Stabilisierung des nomi-nellen Wechselkurses gegenuber demUS-Dollar stellt aus Sicht vieler asiati-

    Tabelle 1

    Private Kapitalstrome in Emerging Markets und Entwicklungslander laut IWF1)

    in Mrd USD2002 2003 2004 2005f 2006f

    Nettokapitalfluss laut IWF 75,8 149,5 196,6 175,1 193,9

    Nach InstrumentenDirektinvestitionen 144,4 151,9 186,4 217,4 222,3Portfolioinvestitionen 90,0 9,9 28,8 2,3 16,0Andere Flusse 21,4 7,5 18,6 44,6 44,4Nach Regionen (Lander)Lateinamerika (31) 3,3 15,2 12,7 22,4 30,3Europa (13) 55,3 52,0 60,6 65,8 57,7GUS (12) 9,5 16,4 2,9 6,4 2,7Mittlerer Osten (14) 4,0 2,4 21,0 31,2 25,1Afrika (47) 6,9 12,3 11,4 15,6 13,5Asien (15) 23,9 56,1 130,1 108,9 115,0

    NachrichtlichLeistungsbilanzsaldo 142,4 233,8 336,3 395,4 345,8Wahrungsreserven ( = Anstieg) 194,4 369,3 518,9 523,4 515,7davon China 75,7 117,2 206,6 210,0 210,0

    Quelle: IWF (WEO).

    Anmerkung: f = Prognose.1) Dargestellt sind aggregierte Zahlungsbilanzdatensatze von 131 Nichtindustrielandern, darunter die schwergewichtigen 44 EMEs. Wegen wiederholterRevisionen in den nationalen Zahlungsbilanzen, von denen auch die Vorjahre betroffen sind, konnen die Kapitalstrome nachtraglich stark abweichen.

    Internationales Umfeld zunehmend risikobehaftet

    14 Finanzmarktstabilita tsbericht 9

  • scher Notenbanken eine zentraleHerausforderung dar. Die starkenexternen Zuflusse die Reserven wer-den im Jahr 2005 aufgrund fortbeste-hender beachtlicher Leistungsbilanzu-berschusse und spekulativer Kapitalzu-flusse laut IWFweiter um uber 300 aufnahezu 1.200 Mrd USD ansteigen,womit mehr als 85% der jahrlichenImporte gedeckt werden konnen werden in den meisten Landern sub-stanziell sterilisiert, was auch Kostenverursacht; zusatzlich drohen Kapital-verluste, sollte der Wert des US-Dol-lar gegenuber diesenWahrungen nach-geben. Obwohl in den EMEs Asiens imJahr 2005 der Leistungsbilanzuber-schuss zuruckgehen durfte, solltendie Manahmen Chinas zur Abkuhlungder Wirtschaft (z. B. Quotenregelungbei der Aufnahme von Auslandskapitalfur die auf dem chinesischen Kredit-markt tatigen Auslandsbanken) denZufluss von Auslandskapital in dieRegion insgesamt dampfen. In denEMEs Europas hingegen konnten die

    FDI-Zuflusse im Jahr 2005 weiterzunehmen, da auslandische Konzerneaufgrund des hohen Ausbildungsstan-dards bei den lokalen Arbeitskraftenin etlichen Landern verstarkt in Pro-duktionen mit hohem Wertschop-fungsanteil investieren. Hingegen wer-den neben den Wirtschaften des Mitt-leren Ostens nun auch jene derGemeinschaft Unabhangiger Staaten(GUS) zu Nettokapitalexporteuren,dies aufgrund hoherer Einnahmen ausder Ausfuhr von Kohlenwasserstoffensowie auch im Zusammenhang mitdem erwarteten vorzeitigen Schulden-ruckkauf durch Russland.

    Grenzuberschreitende Forderungs-positionen osterreichischer Bankengegenuber Zentral- und Osteuropa iminternationalen VergleichEnde September 2004 entfielen vonden gesamten grenzuberschreitendenForderungspositionen des osterreichi-schen Bankensektors gegenuber EMEsund Entwicklungslandern mehr als

    Tabelle 2

    Forderungen der an die BIZ meldenden Banken gegenuber Zentral- und Osteuropa und der Turkei1)

    in % des BIP des EmpfangerlandesAT DE IT FR NL SE BE UK Europa2) USA Japan

    Zentral- und Osteuropa plus Turkei 1,9 6,5 1,3 1,1 1,0 0,8 0,8 0,7 16,1 0,7 0,4

    EU-Lander ZentraleuropasPolen 1,8 x 1,5 0,7 0,8 0,3 0,5 0,3 14,4 0,3 0,6Slowakei 5,1 x 3,4 0,9 0,4 0,0 1,9 0,1 19,9 0,5 0,3Slowenien 5,0 x 1,7 2,0 0,4 0,0 1,1 0,3 22,8 0,1 0,5Tschechische Republik 4,2 x 0,4 0,6 0,5 0,0 2,6 0,0 14,9 0,3 0,2Ungarn 4,8 x 3,2 1,9 1,0 0,0 3,6 0,9 34,6 0,4 0,7

    Sonstige LanderZentral- und OsteuropasBulgarien 1,3 x 2,7 0,8 1,6 0,1 0,2 0,6 18,8 1,5 0,2Kroatien 8,5 x 15,5 0,7 0,4 0,0 0,4 0,8 43,9 0,7 1,2Rumanien 1,1 x 1,1 1,6 1,9 0,1 0,1 0,3 13,1 0,6 0,0Russland 0,4 x 0,2 0,7 0,9 0,0 0,1 0,0 7,2 0,5 0,3

    Turkei 0,1 x 0,6 1,4 1,2 0,1 0,4 0,0 10,4 1,0 0,5Quelle: BIZ, Eurostat, IWF, nationale Quellen und eigene Berechnungen.

    Anmerkung: Die hier dargestellten Forderungen entsprechen den von der BIZ veroffentlichten Konsolidierten internationalen Forderungen der andie BIZ berichtenden Banken (BIS Quarterly Review March 2005, Table 9C). Diese umfassen sowohl die grenzuberschreitenden Forderungen insamtlichen Wahrungen als auch (mit Ausnahme O sterreichs und der USA) die von Tochterbanken in den Empfangerlandern in anderer Wahrungals jener des Empfangerlandes bestehenden Forderungen.1) Stand: Ende September 2004.2) Europa umfasst neben den hier aufgelisteten Herkunftslandern auch Danemark, Griechenland, Irland, Portugal, Finnland, Spanien, die Schweizund Norwegen.

    Internationales Umfeld zunehmend risikobehaftet

    Finanzmarktstabilita tsbericht 9 15

  • 58% auf die Volkswirtschaften derzehn neuen EU-Mitgliedstaaten undnahezu vier Funftel auf Zentral- undOsteuropa einschlielich der GUS.

    Abgesehen vom deutschen Banken-sektor, fur den keine disaggregiertenDaten vorliegen, hielt der osterrei-chische Bankensektor bei den Fremd-wahrungsforderungen der internatio-nalen Banken gegenuber den neuenEU-Mitgliedstaaten ZentraleuropasEnde September 2004 den erstenPlatz, selbst wenn die Fremdwahrungs-forderungen der osterreichischenTochterbanken in diesen Landern nichteingerechnet werden.

    Zentral- und osteuro-pa ische Finanzma rkterelativ stabilZentral- und osteuropa ische Euro-bonds behaupten sich gut trotz stei-gender US-ZinsenIm Jahr 2004 blieben in Fremdwah-rung denominierte Staatsanleihen von

    Emittenten aus aufstrebenden Mark-ten trotz des Anstiegs des US-Zinsni-veaus gut nachgefragt. Die Renditeab-stande von in US-Dollar und Eurodenominierten Staatsanleihen gegen-uber den Benchmarkanleihen der USAbzw. des Euroraums (gemessen amEMBI Global bzw. Euro-EMBI Globalvon J.P. Morgan) verringerten sich aufbreiter Basis zwischen Ende 2003 undEnde 2004 im Durchschnitt um 56bzw. 74 Basispunkte, was Gesamter-trage von jeweils fast 12% implizierte.

    Fur den Ruckgang der Renditeab-stande im Jahr 2004 waren die Verbes-serung von Fundamentaldaten in denaufstrebenden Markten, die sich auchin angehobenen Rating-Einstufungenwiderspiegelte, die weiterhin niedrigeRisikoaversion der Investoren und dieanhaltende Suche nach hoheren Ertra-gen angesichts der relativ niedrigenZinsen in den USA und im Euroraumentscheidend.

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    Internationales Umfeld zunehmend risikobehaftet

    16 Finanzmarktstabilita tsbericht 9

  • ImMarz 2005 erfolgte eine Auswei-tung der Renditeabstande, die die wei-tere Verengung in den beiden erstenMonaten des Jahres ubertraf. DieserRuckschlag, der parallel zu einemRen-diteanstieg der 10-jahrigen US-Staats-anleihen stattfand, durfte eine Kombi-nation aus einer nachholenden Reak-tion auf die vorangegangenen US-Zins-erhohungen und einer A nderung derEinschatzung kunftiger US-Zinserho-hungen gewesen sein. Die Ausweitungder Renditeabstande war bei latein-amerikanischen Emittenten besondersausgepragt.

    Unter den zentral- und osteuropai-schen Emittenten wiesen im Jahr 2004Rumanien und Bulgarien eine im Ver-gleich zum Euro-EMBI Global Indexuberdurchschnittliche Spreadverringe-rung aus, wahrend bei Polen, Ungarnund der Slowakei eine Verengungsolchen Ausmaes schon aufgrundder niedrigen Ausgangsniveaus ausge-schlossen war. Die Renditeabstanderumanischer Eurobonds sanken um103 auf 58 Basispunkte, wahrend dieRenditeabstande bulgarischer Staatsan-leihen sich um 89 auf 44 Basispunkteverringerten. Die Renditeabstandekroatischer Eurobonds verringertensich um 54 auf 42 Basispunkte. DieRuckgange der Renditeabstande durf-ten durch Rating-Verbesserungen,rucklaufige Defizite bei der kombinier-ten Leistungs- und Vermogensubertra-gungsbilanz (in Bulgarien und Kroa-tien), verbesserte Fiskalpositionensowie das weitere Naherrucken desEU-Beitrittsdatums im Falle von Bulga-rien und Rumanien und die Gewah-rung des EU-Kandidatenstatus im Fallevon Kroatien bewirkt worden sein. DieSpreadverengung dauerte bis AnfangMarz 2005 an, indem Niveaus von 30bis 40 Basispunkten erreicht wurden.Bis Ende Marz stiegen die Renditeab-stande dieser drei Lander im Zuge

    der globalen Korrektur der Euro-bond-Spreads aufstrebender Marktejedoch um 12 bis 18 Basispunkte an.Diese Aufwartsbewegung fiel aller-dings geringer aus als im Durchschnittdes Euro EMBI-Global (25 Basis-punkte) und deutlich geringer als imFall lateinamerikanischer Emittenten(bis zu 130 Basispunkte). Der Spiel-raum fur eine weitere Spread-Veren-gung erscheint relativ gering in Anbe-tracht der Renditeabstande der neuenEU-Mitgliedstaaten Polen, Slowakei,Tschechische Republik und Ungarn,die Ende Marz 2005 zwischen 13 und29 Basispunkte betrugen. Somit durf-ten Investoren zur Erzielung weiterhindeutlich hoherer nomineller Renditenals im Euroraum Investitionen inFremdwahrungsanleihen anderer ost-europaischer Emittenten in Betrachtziehen.

    Eurobonds der Russischen Fodera-tion boten Ende Marz 2005 einen Ren-diteabstand von 207 Basispunkten(EMBI Global), Eurobonds der Turkeieinen Abstand von 309 Basispunkten(EMBIGlobal) bzw. von 192Basispunk-ten (Euro-EMBI Global), bei einerzugleich ausreichenden Liquiditat:Russland hat mit 13% den drittgrotenAnteil am EMBI-Global, gefolgt vonder Turkei, die mit 7,5% den viert-groten Anteil hat. Beide Landerblicken auf eine mehrjahrige, zum TeilturbulenteVergangenheit auf den inter-nationalen Finanzmarkten zuruck. SeitAnfang 2004 wurden ihre Spreadsdeutlich enger, nicht zuletzt angesichtsbeachtlicher Erfolge bei der Stabilisie-rung ihrer Volkswirtschaften in denletzten Jahren, die sich auch in entspre-chendenRating-Verbesserungenwider-spiegelten. Russische Staatsanleihendurften durch die sehr gute Fremdwah-rungsliquiditat des Landes begunstigtwerden. Daruber hinaus treten Unter-nehmen und Gebietskorperschaften

    Internationales Umfeld zunehmend risikobehaftet

    Finanzmarktstabilita tsbericht 9 17

  • beider Lander regelmaig als Emitten-ten von Eurobonds auf, was zusatzlicheRisiko-Ertrags-Kombinationen ermog-licht. Der Status eines EU-Kandidaten-landes verleiht der Turkei einen gewis-sen Anker fur kunftige wirtschaftlicheStabilitat. Allerdings bestehen nebenden Risiken, die den gesamten Euro-bondmarkt betreffen und unter ande-rem mit der Renditeentwicklung derUS-Staatsanleihen zusammenhangen nicht unerhebliche landerbezogeneRisiken, die in Russland vor allem mitder Entwicklung des Erdolpreises undin der Turkei mit der jungsten starkenAusweitung des Leistungsbilanzdefizitszusammenhangen.

    Ende Marz 2005 wiesen ukraini-sche Eurobonds einen Renditeabstandvon etwa 209 Basispunkten (EMBI-

    Global) auf. Nach der Beruhigungder politischen Situation durfte sichdie mittel- bis langfristige Perspektiveverbessert haben. Anfang Mai 2005erhohte Standard & Poors sein Ratingfur ukrainische langfristige Fremdwah-rungsverbindlichkeiten der offentli-chen Hand von B+ auf BB. Serbienkehrte Anfang April 2005 im Zugedes Tausches von Altschulden gegen-uber seinen im Londoner Club verei-nigten Glaubigerbanken in Eurobondsauf den internationalen Kapitalmarktzuruck. Zuvor hatte das Land mit sei-nen im Pariser Club und im LondonerClub vereinigten Kreditgebern im Jahr2004 eine Vereinbarung uber einenSchuldennachlass getroffen und vonStandard & Poors im November 2004ein Rating (B+) erhalten.

    Wahrungsaufwertung bleibt Themain den meisten zentral- undosteuropa ischen LandernIm Jahr 2004 konnten sich dieWahrun-gen der meisten zentral- und osteuro-paischen Lander gegenuber dem Eurofestigen. Mit Ausnahme der slowaki-schen Krone, die bereits im Jahr 2003unter Aufwertungsdruck stand, unddes bulgarischen Lev, der im Rahmendes Currency Board Arrangements seitMitte 1997 einen fixen nominellenWechselkurs hat, folgte dies auf einenWertverlust im Jahr 2003. Dengroten Wertzuwachs im Jahr 2004verbuchte der polnische Zloty

    (+15,2%), der im Jahr zuvor auch diegroten Verluste erfahren hatte unddiese mit der Aufwertung fast zurGanze wettmachen konnte. Auch derungarische Forint (+7,2%) holte etwadrei Viertel des Wertverlustes des Jah-res 2003 wieder auf. Die tschechischeKrone wertete im Jahr 2004 um etwa6,5% gegenuber dem Euro auf undubertraf damit die Verluste desJahres 2003 deutlich. Die slowakischeKrone verbuchte erneut einenWertzu-wachs.

    Nachdem diese vier Wahrungenseit Ende 2004 gegenuber dem Euroweiter aufgewertet hatten, kamen sie

    Tabelle 3

    A nderungen bei Ratings fur langfristige Fremdwahrungsschulden der o ffentlichen Hand

    Moodys Standard & Poors Fitch

    Land Rating Seit Richtung Rating Seit Richtung Rating Seit Richtung

    Bulgarien Ba1 17.11.04 * BBB 24.06.04 * BBB 04.08.04 *Kroatien Baa3 27.01.97 BBB 22.12.04 * BBB 28.06.01 *Rumanien Ba1 02.03.05 * BB+ 14.09.04 * BBB 17.11.04 *Russland Baa3 08.10.03 * BBB 31.01.05 * BBB 18.11.04 *Turkei B1 21.12.00 BB 17.08.04 * BB 13.01.05 *Ukraine B1 10.11.03 * BB 11.05.05 * BB 21.01.05 *

    Quelle: Bloomberg.

    Internationales Umfeld zunehmend risikobehaftet

    18 Finanzmarktstabilita tsbericht 9

  • im Marz 2005 infolge der erhohtenRisikoaversion internationaler Investo-ren und Kurseinbuen bei Finanzwer-ten hoherer Risikoklassen (z. B. Euro-bonds, Unternehmensanleihen) unterDruck. Dennoch hatte die tsche-chische Krone Ende Marz 2005 einenetwas hoheren Wert in Euro als Ende2004, und die slowakische Krone, derForint und der Zloty wiesen nahezuunveranderte Werte auf.

    Seit dem Beitritt zum Wechsel-kursmechanismus WKM II blieb derslowenische Tolar weitgehend stabil,nahe bei dem Leitkurs gegenuberdem Euro. Da die Notenbank nun-mehr groere Wechselkursflexibilitatzulasst, ging der nominelle Abwer-tungstrend des rumanischen Leu imOktober 2004 zu Ende. Bis Ende Marz2005 wertete die Wahrung nominellum etwa 12% gegenuber dem Euroauf. Der Wechselkurs der kroatischenKuna blieb abgesehen von der ubli-

    chen saisonalen Aufwertung im Som-mer weitgehend stabil.

    Zwischen Ende April und EndeDezember 2004 schwachte sich derrussische Rubel gegenuber dem Euronominell kontinuierlich ab, allerdingsdeutlich geringer als seine Referenz-wahrung, der US-Dollar, gegenuberdem Euro an Wert verlor. Zugleicherfolgte eine weitere reale Aufwer-tung. Seit Anfang 2005 kam es parallelzur Starkung des US-Dollar gegenuberdem Euro zu einer Festigung desRubels um etwa 4% bis Ende Marz2005. Seit Anfang Februar 2005 orien-tiert die russische Notenbank ihreWechselkurspolitik nicht mehr aus-schlielich amWechselkurs des Rubelsgegenuber dem US-Dollar, sondern aneinem aus US-Dollar und Euro beste-henden Wahrungskorb. Von AnfangFebruar bis Mitte Marz 2005 betrugdas Gewicht des Euro im Korb etwa13%, seither knapp 25%.

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    Internationales Umfeld zunehmend risikobehaftet

    Finanzmarktstabilita tsbericht 9 19

  • Die Aufwertung der Wahrungenerfolgte zumeist vor dem Hintergrundeines Leistungsbilanzsaldos (in Prozentdes BIP), der auf relativ niedrigemNiveau negativ (in Russland sogar posi-tiv) war oder zwar auf relativ hohem,jedoch rucklaufigem (Bulgarien, Kroa-tien) bzw. annahernd stabilem Niveau(wie in Ungarn) negativ war. Auchwurden diese Defizite zu einembetrachtlichen Teil durch Netto-Direktinvestitionszuflusse finanziert;in Polen und in Bulgarien ubertrafendiese Zuflusse sogar das Defizit. EineAusnahme bildet Rumanien, wo diestarke Aufwertung im vierten Quartal2004 und im ersten Quartal 2005 beigleichzeitiger Ausweitung des Han-dels- und des Leistungsbilanzdefizitsauf relativ hohem Niveau im Jahr 2004(von 7,8% bzw. 6,0% des BIP imJahr 2003 auf 9,0% bzw. 7,5% desBIP im Jahr 2004) eine wirtschaftspoli-tische Herausforderung darstellt.

    Das hohe Zins- und Renditeniveauin lokalerWahrungwirkte vor allem inUngarn und in Rumanien in Richtungeiner Wahrungsaufwertung. Die Kapi-talzuflusse nach Rumanien wurdendurch die Erwartung der Mitte April2005 vorgenommenen Liberalisierungvon Kapitalbilanztransaktionen (Zulas-sung von kurzfristigen Leu-Einlagenvon Auslandern) angeheizt. Ein Teildes Spekulationskapitals durfte aufUmwegen bereits vor dem Inkrafttre-ten der Liberalisierung den Devisen-markt erreicht haben. Die rumanischeNotenbank kundigte an, Manahmenvorbereitet und mit der EuropaischenKommission abgestimmt zu haben,um einer unerwunschten zusatzlichenAufwertung der Wahrung nach erfolg-ter Liberalisierung entgegenzuwirken.Auch in der Tschechischen Republikund in Polen weiteten sich die Ren-diteabstande gegenuber dem Euro-raum von Ende 2003 bis September

    bzw. August 2004 aus, was belebendauf die Portfoliokapitalzuflusse indiese Lander wirkte. Danach bildetensich diese Renditeabstande wiederrasch zuruck und lagen Ende 2004bereits unter dem Niveau von Ende2003.

    Auch die zunehmende Kreditge-wahrung in Fremdwahrung an inlandi-sche Unternehmen und Haushalte inmehreren Landern (Bulgarien, Ruma-nien, Slowakei, Slowenien undUngarn) kann insofern zur Erklarungdes Aufwertungsdrucks auf die heimi-sche Wahrung beitragen, als dieseFremdwahrungskredite von den Kre-ditnehmern in Lokalwahrung umge-tauscht werden.

    Die slowakische und die rumani-sche Notenbank intervenierten im Jahr2004 und auch Anfang 2005 mit erheb-lichen Volumina auf dem Devisen-markt, um dem Aufwertungsdruckentgegenzuwirken. Der zuvor starkaufwertende rumanische Leu durftesich nicht zuletzt aufgrund einer massi-ven Intervention der rumanischenNotenbank Mitte Februar 2005 etwasstabilisiert haben. Auch die kroatischeNotenbank kaufte seit Anfang 2004Euro von den Kommerzbanken. Dietschechische Notenbank verkaufte trotz der Aufwertungstendenz derKrone monatlich kleinere Euro-Betrage auf dem heimischen Devisen-markt. Schlielich intervenierte dieslowenische Notenbank nach dem Bei-tritt zum WKM II mit geringen Betra-gen auf dem Devisenmarkt, um denMarktteilnehmern das Ende der Politikder graduellen Abwertung der Wah-rung zu signalisieren.

    Daruber hinaus setzten die slowaki-sche und die rumanische Notenbankihre Zinspolitik gezielt ein, um denAufwertungsdruck auf die Wahrungzu mildern. So senkte die slowakischeNotenbank ihren Leitzins im Jahr 2004

    Internationales Umfeld zunehmend risikobehaftet

    20 Finanzmarktstabilita tsbericht 9

  • in mehreren Schritten um insgesamt200 Basispunkte und im Februar 2005um weitere 100 Basispunkte auf nun-mehr 3,0%. Die rumanische Noten-bank verringerte ihren Leitzins von21,25% zu Jahresmitte 2004 auf 14,5%im Marz 2005. In beiden Landernerfolgten die Zinssenkungen parallelzu einem starken Ruckgang der Inflati-on, die in der Slowakei von 9,3% imDezember 2003 auf 2,6% im Februar2005 und in Rumanien von 14,1% imDezember 2003 auf 8,9% im Februar2005 fiel. In Ungarn stand vor allemder starker als erwartet ausgefalleneInflationsruckgang (von 5,6% imDezember 2003 bzw. 7,8% im Mai2004 auf 3,4% im Februar 2005) imHintergrund der Zinssenkungen derNotenbank um insgesamt 425 Basis-punkte zwischen Februar 2004 undMarz 2005. Auerdem stand die Sen-kung des Zinsniveaus auch mit derWahrungspolitik im Einklang, zumalsich der Wechselkurs seit Mitte 2004kontinuierlich festigte und sich abAnfang 2005 dem starken Ende des+/15%-Wahrungsbandes annaherte.Auch bei den Zinssenkungen der tsche-chischen Notenbank im Janner undMarz 2005 sowie des geldpolitischenRates in Polen Ende Marz 2005 spieltedie Wahrungsstarke eine Rolle.

    Insgesamt begunstigt die derzeitigeWahrungsstarke den Inflationsruck-gang in den betreffenden Landern.Allerdings konnte sich die erfolgtereale Aufwertung nachteilig auf dieWettbewerbsfahigkeit, die Leistungs-bilanzen und somit das Wirtschafts-wachstum auswirken. In jenen Fallen,wo die Aufwertungmit einer Zunahmeder Auslandsschulden (z. B. in Formvon Portfolio-Nettoinvestitionen inLokalwahrungsschuldpapiere) einher-ging, stellt sich die Frage der Nachhal-tigkeit dieses Trends. In diesemZusam-menhang sei vor allem auf das Risiko

    des raschenRuckflusses von uber einenlangeren Zeitraum akkumuliertemKapital hingewiesen, insbesondere imFall starker steigender Zinsen in denUSA oder im Euroraum. Der wach-sende Anteil von an inlandische Kredit-nehmer vergebenen Fremdwahrungs-krediten und das dadurch steigendeindirekte Wechselkursrisiko der Ban-ken erfordert kontinuierliche Beob-achtung.

    Renditeabstande von Staatsanleihenin Lokalwahrung gegenuber demEuroraum fallend

    DieRenditeabstandevon10-jahrigen innationaler Wahrung denominiertenStaatsanleihen gegenuber in Eurodeno-minierten Benchmarkanleihen ver-groerten sich bis in das dritte Quartal2004 in der Tschechischen Republik,Ungarn und Polen. Gema der harmo-nisierten langfristigen Zinsstatistik zurKonvergenzbeurteilung nahmen dieRenditeabstande zwischen Dezember2003 und August bzw. September 2004um bis zu 80 Basispunkte zu, auf 90Basispunkte in der TschechischenRepublik, 320 in Ungarn und 450 inPolen. Die Renditeabstande slowaki-scher Staatsanleihen lagen hingegenwahrend dieses Zeitraums weitgehendstabil bei 70 bis 100 Basispunkten.Danach setzte auf allen vier Markteneine deutliche Verringerung der Ren-diteabstande ein, die bis Anfang Marz2005 anhielt. ImMarz 2005, als es inter-national zu einemRuckzug der Investo-ren aus Finanzwerten hoherer Risiko-klassen kam, gab es einen moderatenAnstieg der Renditeabstande.

    In der Tschechischen Republik,Polen und Ungarn war die Entwick-lung des Renditeabstands seit Ende2003 gepragt vom Verlauf des Inflati-onsabstands zum Euroraum. In derTschechischen Republik und in Polenstieg der Inflationsabstand bis August/

    Internationales Umfeld zunehmend risikobehaftet

    Finanzmarktstabilita tsbericht 9 21

  • September 2004 und erreichte 0,8 bzw.2,6 Prozentpunkte. In Ungarn wurdemit 5,4 Prozentpunkten die Spitzebereits imMai 2004 erreicht. Dement-sprechend war in Ungarn bereits imersten Quartal 2004 eine weitere mar-kante Ausweitung des Renditeabstandserfolgt, die sich bis Mitte April 2004zuruckbildete. Der Anstieg des Infla-tionsabstands war neben dem Einflussder internationalen Energiepreise,der in den neuen EU-Mitgliedstaatenrelativ starker ausfiel als im Euroraum,durch A nderungen bei indirekten Steu-ern und bei regulierten Preisen imZuge des EU-Beitritts bedingt.

    Obwohl sich in Ungarn der Inflati-onsabstand schon im Juni 2004 zu ver-ringern begann, stieg der Renditeab-stand ungarischer Staatsanleihen paral-lel zu jenem tschechischer und pol-nischer Staatsanleihen bis August/September 2004 wieder an. Seit Sep-tember 2004 waren die Inflationsab-stande zum Euroraum in allen dreiLandern markant rucklaufig. In derTschechischen Republik und in Polensank der Inflationsabstand bis Februar2005 um etwa 1 bis 1,5 Prozentpunkte,und die Renditeabstande verringertensich um etwa 100 Basispunkte auf 0bzw. 210 Basispunkte. In Ungarn fielder Inflationsabstand bis Februar 2005um 3 Prozentpunkte, der Rendite-abstand maigte sich jedoch nur um120 Basispunkte, eventuell aufgrundunterschiedlicher Marktperzeptionder Fiskalpolitik in diesen Landern.Die tschechische Inflationsrate befandsich im Janner und Februar 2005erneut unter dem Euroraumniveau,wahrend sie in Ungarn und Polen imFebruar 2005 um etwa 1,5 Prozent-punkte uber dem Euroraumniveau lag.Der slowakische Inflationsabstand hin-gegen verringerte sich seit Ende 2003von einem sehr hohen Niveau (etwa7,5 Prozentpunkte) kontinuierlich fal-

    lend auf nur 0,6 Prozentpunkte imFebruar 2005.

    Als Reaktion auf den (erwarteten)Anstieg der Inflation waren die tsche-chischen und polnischen Renditeab-stande im ersten Halbjahr 2004 schongestiegen, bevor die tschechische unddie polnische Notenbank im Sommer2004 mit Leitzinserhohungen auf denInflationsanstieg reagierten, die wie-derum von zusatzlichen Ausweitungender Renditeabstande gefolgt wurden.In analoger Weise antizipierte auchdie Verengung der Renditeabstandedie Verringerung der Inflationsab-stande und die nachfolgenden Leitzins-senkungen der Notenbanken.

    In der Tschechischen Republik,Polen und der Slowakei war die Bud-getentwicklung im Jahr 2004 gunstigfur den Anleihenmarkt. In der Tsche-chischen Republik und in der Slowakeikonnte das Defizit gegenuber dem Jahr2003 auf 3,0% bzw. 3,3% des BIPgesenkt werden. In Polen stieg zwar vor allem aufgrund der Auswirkungendes EU-Beitritts auf den Staatshaushalt das Defizit von 6,2% des BIP im Jahr2003 auf 6,8% im Jahr 2004 (jeweilsinklusive der Kosten der Pensionsre-form). Alle drei Lander hatten jedochgemeinsam, dass das Defizit deutlichniedriger ausfiel als in den Konvergenz-programmen vom Mai und Dezember2004 angekundigt bzw. in der Herbst-prognose 2004 der Europaischen Kom-mission erwartet worden war. Auf deranderen Seite enttauschte der Budget-vollzug in Ungarn von Neuem. DasDefizit konnte zwar von 7,1% desBIP (nach Datenrevision) im Jahr 2003auf 5,4% im Jahr 2004 (jeweils inklu-sive der Kosten der Pensionsreform)gesenkt werden. Jedoch wurde derDefizitwert fur das Jahr 2003 gegen-uber dem Konvergenzprogramm vomDezember 2004 um fast 1 Prozent-punkt nach oben revidiert. Weiters

    Internationales Umfeld zunehmend risikobehaftet

    22 Finanzmarktstabilita tsbericht 9

  • lag das Defizit fur das Jahr 2004 zwar inHohe des Zielwerts des Konvergenz-programms vom Dezember 2004, da-mit jedoch deutlich uber dem im Kon-vergenzprogramm vom Mai 2004 ent-haltenen Zielwert von 4,6%. Zudemstellte der EU-Ministerrat im Janner2005 fest, dass Ungarn in Abwei-chung von der Ratsempfehlung vomJuli 2004 keine ausreichendenManahmen zur Verringerung desexzessiven Defizits gesetzt hatte. ImMarz 2005wurde eine neuerliche Rats-empfehlung an Ungarn ausgesprochen,bis Juli 2005Manahmen zur Defizitre-duktion zu setzen. In ihren aktuali-sierten Konvergenzprogrammen vomDezember 2004 sahen alle vier Landereine kontinuierliche weitere Verringe-rung des Budgetdefizits in den kom-menden Jahren vor. Im Falle der Tsche-chischen Republik und der Slowakeiliegt jedoch das Ergebnis fur das Jahr2004 nicht nur unter dem fur 2004angenommenen Ausgangsniveau, son-dern auch unter dem noch niedrigeren

    Zielwert fur das Jahr 2005. Ob dieDefizitziele fur die Jahre 2005 bis2008 angesichts des (mit AusnahmeUngarns) unerwartet niedrig ausge-fallenen Defizits im Jahr 2004 nachunten revidiert werden, ist nochunklar.

    Bei den Erwartungen der Markt-teilnehmer uber das Euro-Einfuh-rungsdatum verschob sich zwischenMai 2004 und Februar 2005 der furUngarn erwartete Termin um ein Jahrauf 2010 und zog dadurch gleich mitPolen und der Tschechischen Repu-blik. Der Beschluss der EU, die ausbereits begonnenen Pensionsreformenresultierenden Haushaltsabgange inden nachsten funf Jahren in zunehmen-dem Mae in das Defizit, das fur dasVerfahren bei einem ubermaigenDefizit herangezogen wird, einzu-rechnen, konnte eine raschere Inan-griffnahme fiskalischer Konsolidie-rungsmanahmen und eine A nderungder Erwartungen uber das Euro-Ein-fuhrungsdatum bewirken.

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    Internationales Umfeld zunehmend risikobehaftet

    Finanzmarktstabilita tsbericht 9 23

  • Erho hte Krisenfestigkeitder UnternehmenLebhafte Investitionen im Jahr 2004Die osterreichische Wirtschaft ge-wann nach einem schwachen viertenQuartal 2004 zu Beginn des Jahres2005 zwar wieder an Dynamik, konntesich aber der Wachstumsabschwa-chung im Euroraum nicht ganzlich ent-ziehen. Die Hauptwachstumsimpulsegingen im Jahr 2004 neben den Expor-ten von der Investitionstatigkeit aus,deren Steigerungsrate sich seit demdritten Quartal 2004 bedingt durchden Anstieg der Kapazitatsauslastungund die damit einhergehende Notwen-digkeit kapazitatserweiternder Investi-tionen wieder beschleunigt hatte.

    2Daruber hinaus durfte das kraftigeInvestitionswachstum im Jahr 2004 zueinem nicht unwesentlichen Teil ausVorzieheffekten im Zusammenhangmit der Investitionszuwachspramiebestanden haben, deren Auslaufen furdas Jahr 2005 eine Abschwachung der

    Investitionen erwarten lasst. AuchUnternehmensumfragen im Rahmendes WIFO-Konjunkturtests deutetenauf eine leichte Verlangsamung desErholungsprozesses hin, da im Fruh-jahr 2005 weniger Unternehmen alsim Herbst 2004 eine Ausweitung derProduktion planten.

    Innenfinanzierungspotenzialder Unternehmen gestiegen

    Der Auenfinanzierungsbedarf desUnternehmenssektors stieg in derzweiten Jahreshalfte 2004 nicht im glei-chen Ausma wie die Investitionstatig-keit, da die dafur erforderlichen Mittelzu einem wesentlichen Teil durchInnenfinanzierung aufgebracht werdenkonnten. Die Gewinnsituation derosterreichischen Unternehmen hatsich im Verlauf des Jahres 2004 gestutzt durch eine gunstige Lohn-stuckkostenentwicklung kontinuier-lich verbessert, auch wenn steigendeRohstoffpreise die Produktion verteu-

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    2 Die Jahreswachstumsrate verringerte sich zwar aufgrund von Basiseffekten im vierten Quartal 2004, in saison-bereinigter Betrachtung blieb jedoch das Expansionstempo der Bruttoanlageinvestitionen bis Ende 2004 hoch.

    Finanzposition der realwirtschaftlichenSektoren gestarkt

    24 Finanzmarktstabilita tsbericht 9

  • erten und dadurch die Ertrage minder-ten. Daruber hinaus verringerte dasniedrige Zinsniveau die Finanzierungs-kosten fur die Unternehmen.

    Als Indikatoren fur die verbesserteGewinnsituation der Unternehmenkonnen die Entwicklung der Gewinn-spanne3 und des Bruttobetriebsuber-schusses4 herangezogen werden, dieim Jahresverlauf 2004 nach oben zeig-ten (Grafik 5).

    Wieder starkerer Beitrag derBankkredite zur Unternehmens-finanzierung

    Aufgrund der gunstigen Ertragslagedes Unternehmenssektors wuchs dieAuenfinanzierung langsamer als dieInvestitionsausgaben, daruber hinaushat sich in der zweiten Jahreshalfte2004 auch ihre Struktur verandert.

    Der Anteil der Bankkredite an derAuenfinanzierung hat sich seit Mittedes Jahres 2004 wieder deutlicherhoht. Nachdem die Kreditaufnahmeim Jahr 2003 rucklaufig gewesen war,wies die Bankverschuldung seit Mittedes Jahres 2004 wieder eine positiveJahreswachstumsrate auf, die sich imDurchschnitt des vierten Quartals auf3,1% belief.5 Damit blieb die Kreditex-pansion weiterhin unter jener desgesamten Euroraums und zeigte uber-dies in den Jahren 2003 und 2004 weni-ger Dynamik als die Investitionsausga-ben der Unternehmen.

    Es gibt aber keine Anzeichen dafur,dass die geringe Kreditausweitung aufein verringertes Kreditangebotzuruckzufuhren ware. Laut den Ergeb-nissen der Umfrage fur das Kreditge-schaft (Bank Lending Survey) habendie Banken ihre Kreditstandards inden letzten Quartalen insgesamt nurwenig verandert, gleichzeitig gabendie befragten Bankmanager an, dasssich aufgrund der verbesserten In-nenfinanzierung die Kreditnachfragedes Unternehmenssektors verminderthat. Hauptmotive der Mittelaufnahmewaren Fusionen/U bernahmen undUnternehmensumstrukturierungensowie zuletzt auch die Investitionsfi-nanzierung.

    Die Struktur der Kredite verschobsich angesichts der Verflachung derZinsstrukturkurve und des niedrigennominellen Zinsniveaus weiterhin inRichtung langererLaufzeiten.ZumTeilkonnte der Ruckgang des relativenAnteils der kurzfristigen Verschuldungauch darauf zuruckzufuhren sein, dassinfolge der vermehrten Anschaffunglanglebiger Investitionsguter der lang-fristige Finanzierungsbedarf derUnter-nehmen relativ starker gestiegen seindurfte als dieNachfrage nach kurzfristi-gen Betriebsmittelkrediten.Durch denrucklaufigen Anteil kurzfristiger Kre-dite verminderte sich tendenziell dasLiquiditatsrisiko; da gleichzeitig diekurzfristigen Aktiva gestiegen sind,

    3 Die Gewinnspanne ist das Verhaltnis des Deflators der Bruttowertschopfung zu den Lohnstuckkosten.4 Der Bruttobetriebsuberschuss ist der durch die betriebliche Geschaftstatigkeit geschaffene Uberschuss nach Ver-

    gutung des Produktionsfaktors Arbeit. Er lasst sich aus dem BIP abzuglich der Arbeitnehmerentgelte und abzug-lich Produktionsabgaben (ohne Subventionen) ermitteln und bildet damit die VGR-Entsprechung zum Brutto-betriebsergebnis. Er stellt eine Naherungsvariable zur Messung der absoluten Gewinne dar.

    5 Aufgrund von Umstellungen in den Sektorzuordnungen von nichtfinanziellen Unternehmen zu privaten Haus-halten seitens einiger Melder entstand per Berichtstermin Juni 2004 ein Bruch in den entsprechenden Zeitrei-hen. Auf Basis der vorliegenden Informationen belief sich die Hohe des Fehlers fur Kredite an den Sektor privateHaushalte (ohne freie Berufe bzw. ohne private Organisationen ohne Erwerbszweck) zum Berichtstermin Juni2004 auf rund 2 Mrd EUR. Die Wachstumsraten der Kredite an Unternehmen und an private Haushalte (ohnefreie Berufe bzw. ohne private Organisationen ohne Erwerbszweck) wurden ab der zweiten Jahreshalfte 2004entsprechend adaptiert.

    Finanzposition der realwirtschaftlichenSektoren gesta rkt

    Finanzmarktstabilita tsbericht 9 25

  • hat sich die Liquiditatsposition derUnternehmen insgesamt im Verlaufdes Jahres 2004 deutlich erhoht.

    Anleihen spielten im zweiten Halb-jahr 2004 weiterhin eine wichtigeRolle fur das Mittelaufkommen derosterreichischen Unternehmen und

    trugen rund ein Viertel zur Auenfi-nanzierung bei. Gema Emissionssta-tistik stiegen die von nichtfinanziellenKapitalgesellschaften begebenen An-leihen in diesem Zeitraum um 16%gegenuber dem Vorjahr, wahrend imGegensatz dazu die Zuwachsrate der

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    Finanzposition der realwirtschaftlichenSektoren gesta rkt

    26 Finanzmarktstabilita tsbericht 9

  • Unternehmensanleihen im gesamtenEuroraummit 1,6% auf den geringstenWert seit Beginn der WWU gesunkenist. Im Unterschied zum Euroraum,wo Ende 2004 rund 15% der Unter-nehmensanleihen eine Laufzeit vonweniger als 1 Jahr aufwiesen, habenosterreichische Unternehmen prak-tisch keine kurzfristigen Emissionenbegeben. Da Anleihen eine langereLaufzeit als Kredite aufweisen undublicherweise endfallig gestaltet sind,vermindert ihre vermehrte Begebungtendenziell die Liquiditatsbelastungendes Unternehmenssektors. Gleichzei-tig ermoglichen sie es den emittieren-den Unternehmen, sich das derzeitigerelativ niedrige Zinsniveau fur einenlangeren Zeitraum zu sichern unddamit ihr Zinsanderungsrisiko zu ver-ringern.

    Zunehmende Bedeutung hattezuletzt die Kapitalaufnahme uber dieBorse. Zwar fand im Jahr 2004 trotz

    starker Kursgewinne nur eine einzigeNeuemission an der Wiener Borsestatt, die Kapitalerhohungen nichtfi-nanzieller Kapitalgesellschaften entwi-ckelten sich jedoch uberaus dynamisch.Insgesamt trug die Mittelaufnahmeuber die Borse im zweiten Halbjahr2004 knapp 6% zur Finanzierung derBruttoanlageinvestitionen bei mitim Jahresverlauf deutlich steigenderTendenz (Grafik 8) und erreichteeinen Anteil an der Auenfinanzierungvon rund 15%. In der zweiten Jahres-halfte 2004 wurden mehr als 8% desVolumens der Kapitalerhohungen undNeunotierungen von borsennotiertenAktien nichtfinanzieller Kapitalgesell-schaften des Euroraums in O sterreichaufgebracht (nach 3,2% im erstenHalbjahr). Obwohl alleine im viertenQuartal 2004 die Kurssteigerungenan der Wiener Borse zu einer Erho-hung des Marktwerts der ausgegebe-nen Anteilsrechte um 12 Mrd EUR

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    Finanzposition der realwirtschaftlichenSektoren gesta rkt

    Finanzmarktstabilita tsbericht 9 27

  • gefuhrt haben, blieb das Mittelaufkom-men des Unternehmenssektors uberdie Borse unter den hohen Wertender Jahre 1999 und 2000.

    Die Marktkapitalisierung der ander Wiener Borse notierten nicht-finanziellen Kapitalgesellschaften er-hohte sich seit Mitte 2004 von32 Mrd EUR auf 39 Mrd EUR undbetrug zuletzt rund 17% des BIP.6

    Das ist knapp die Halfte des gesamtenEuroraumdurchschnitts, der Ende2004 bei 40% lag.

    Daruber hinaus ist die Beteiligungs-finanzierung in Form auerborsli-cher Eigenmittelaufbringung gestie-gen, sodass der Anteil der gesam-ten Anteilswerte an den Verpflich-tungen des Unternehmenssektors imJahr 2004 deutlich zugenommen hat.

    Insgesamt haben damit die oster-reichischen Unternehmen ihre Finanz-ierungsbasis verbreitert. Zum einenkonnten sie dank der gunstigen Ge-winnsituation auf eine erhohte Innen-finanzierung zuruckgreifen, zum ande-ren haben sie eine breitere Palette vonexternen FinanzierungsinstrumenteninAnspruch genommen.

    Nach wie vor niedrigeFinanzierungskosten

    Die osterreichischen Unternehmenfanden bis zuletzt gunstige Bedingun-gen fur dieMittelzufuhr von auen vor.Das galt fur die Aufnahme von Fremd-kapital und von Eigenkapital gleicher-maen.

    Der leichte Abwartstrend der Zin-sen fur Unternehmenskredite, der im

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    6 Die Marktkapitalisierung aller an der Wiener Borse notierten Werte (inklusive finanzieller Gesellschaften)erreichte Ende 2004 knapp 28% des BIP.

    Finanzposition der realwirtschaftlichenSektoren gesta rkt

    28 Finanzmarktstabilita tsbericht 9

  • ersten Halbjahr 2004 zu beobachtengewesen war, setzte sich in weitererFolge zwar nicht fort, das Niveau derZinssatze war aber sowohl im Zeitab-lauf betrachtet als auch im Vergleichmit dem Euroraum niedrig.7 In realerBetrachtung sind die Kreditzinsen(Zinssatz fur Unternehmenskrediteabzuglich Inflation8) wahrend desgesamten Jahres 2004 gesunken.

    Eine Gegenuberstellung der Kun-denzinssatze der Banken mit einemZinssatz fur weitgehend risikoloseAnlagen kann einen Hinweis auf die inden Bankzinsen enthaltenen Risikokos-ten geben. Bei einer Betrachtung derDifferenz von Zinsen fur Unterneh-menskredite und des Swap-Satzes miteiner korrespondierenden Laufzeitzeigt sich, dass der Risikoaufschlag furgrovolumige Finanzierungen im zwei-ten Halbjahr 2004 nur leicht gestiegenund fur Kredite bis 1 Mio EUR prak-tisch unverandert geblieben ist.

    Diese Einschatzung im Wesent-lichen unveranderter Kreditvergabe-

    konditionen stimmt mit den jungstenErgebnissen der Umfrage uber dasKreditgeschaft uberein. Nachdem dieRichtlinien fur Unternehmenskrediteim vierten Quartal 2004 leicht gelo-ckert worden waren, blieb die grund-satzliche Ausrichtung der Kreditverga-bepolitik gegenuber Firmenkunden imersten Quartal 2005 unverandert.Allerdings wurden die Bedingungenfur Unternehmenskredite in einigenBereichen verscharft vor allem dieMargen fur risikoreichere Unterneh-menskredite wurden von den Bankenin den letzten beiden Quartalen ausge-weitet, wahrend die Spannen fur Aus-leihungen an Schuldner durchschnittli-cher Bonitat konstant blieben.

    Auch auf dem Aktienmarkt gestal-teten sich die Finanzierungsbedingun-gen bis zuletzt gunstig. Die Perfor-mance des ATX im Jahr 2004 und imersten Quartal 2005 ubertraf deutlichjene der bedeutenden internationalenAktienindizes. Da die Kurszuwachsevon steigenden Unternehmensgewin-

    7 Daten der harmonisierten EZB-Zinssatzstatistik stehen erst seit dem Berichtszeitpunkt Janner 2003 zur Ver-fugung.

    8 Deflator der Bruttoanlageinvestitionen.

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    Finanzposition der realwirtschaftlichenSektoren gesta rkt

    Finanzmarktstabilita tsbericht 9 29

  • nen begleitet wurden, war das Kurs-Gewinn-Verhaltnis seit dem zweitenQuartal 2004 rucklaufig, was impli-ziert, dass sich die Aktienfinanzierungan der Wiener Borse etwas verteuerthat. Allerdings blieb das Kurs-Ge-winn-Verhaltnis uber dem Vergleichs-wert fur den gesamten Euroraum.

    Ein ahnliches Bild bietet sich beider Differenz zwischen der Gewinn-rendite9 und der Rendite auf Staatsan-leihen, deren Entwicklung im Zeitab-lauf als Indikator fur die Risikopramiedes Aktienmarkts gesehen werdenkann. Ihr leichter Anstieg im Jahr 2004zeigt, dass sich die Konditionen derAktienfinanzierung im Vergleich zumallgemeinen Zinsniveau etwas ungun-stiger entwickelt haben (Grafik 10).

    Rucklaufige Verschuldungsquote desUnternehmenssektorsAls Folge der relativ geringen Fremd-kapitalaufnahme ist die Verschuldungdes Unternehmenssektors im Jahr2004 relativ zum BIP bzw. zu denUnternehmensertragen leicht gesun-ken (Grafik 11).

    In der Insolvenzentwicklung schlu-gen sich die gunstige Ertragsentwick-lung und die Verbesserung der Eigen-kapitalposition des Unternehmenssek-tors allerdings erst mit einiger Verzo-gerung nieder. Die Anzahl dereroffneten Insolvenzverfahren sankim ersten Quartal 2005 leicht, diemangels Masse abgewiesenen Kon-kursantrage verzeichneten allerdingsim Jahresabstand einen Anstieg von25%. Insgesamt betrug die Insolvenz-quote, bezogen auf die Gesamtzahl

    9 Die Gewinnrendite stellt den Kehrwert des Kurs-Gewinn-Verhaltnisses dar.

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    Finanzposition der realwirtschaftlichenSektoren gesta rkt

    30 Finanzmarktstabilita tsbericht 9

  • der Unternehmen, 0,7%. Die Insol-venzverbindlichkeiten, die im viertenQuartal 2004 noch um ein Achtel uberdemVergleichswert des Vorjahres gele-gen waren, sanken im ersten Quartal2005 um mehr als 20%.

    Resumee

    Die gestarkte Finanzposition und dienach wie vor gunstigen Finanzierungs-bedingungen auf den Finanzmarktensprechen dafur, dass sich die Krisenfes-tigkeit des Unternehmenssektors inden letzten Quartalen erhoht hat.

    Die Zuwachse bei Gewinnen undEigenkapital haben die Bilanzstrukturund die Bonitat des Unternehmenssek-tors erhoht. Dank der gestiegenenGewinne konnten die Unternehmenauf eine erhohte Innenfinanzierungzuruckgreifen, daruber hinaus habensie ein breites Spektrum an (Auen-)Finanzierungsinstrumenten in An-spruch genommen. Dabei hat die Be-deutung der Bankkredite fur die Finan-zierungsentscheidungen der Unter-

    nehmen im zweiten Halbjahr 2004wieder zugenommen.

    Die Struktur der Unternehmensfi-nanzierung hat sich in Richtung langer-fristiger Finanzierungsformen ver-schoben, wozu neben dem steigendenAnteil der Beteiligungsfinanzierungauch die verstarkte Inanspruchnahmevon Anleihen sowie die Tendenz zu lan-geren Laufzeiten bei Bankkrediten bei-getragen haben. Der Unternehmens-sektor ist dadurch einem verringertenLiquiditatsrisiko ausgesetzt (verzichtetdadurch allerdings auf einen Teil derKostenentlastung durch die niedrigenZinsen).

    Die Widerstandsfahigkeit des Un-ternehmenssektors gegenuber Schocksist gestiegen. Gleichzeitig wird durchdie verstarkte Inanspruchnahme vonKapitalmarktinstrumenten das unter-nehmerische Risiko, das in der Vergan-genheit primar vom Bankensektorgetragen wurde, breiter uber dieFinanzmarkte gestreut.

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    Finanzposition der realwirtschaftlichenSektoren gesta rkt

    Finanzmarktstabilita tsbericht 9 31

  • Allerdings bleiben auch in der aktu-ellen Situation Risiken bestehen: Zwarwaren die Gewinne der Unternehmenim Jahr 2004 sehr hoch, die Prognosenfur die weitere Konjunkturentwick-lung sind jedoch zuruckhaltend, sodasssich das Innenfinanzierungspotenzialder Unternehmen verringern konnte.Auch die Kostenentlastung, die dasderzeit niedrige Zinsniveau fur denUnternehmenssektor mit sich ge-bracht hat, konnte bei einem deutli-chen Anstieg der Zinsen zumindestteilweise wieder ruckgangig gemachtwerden. Allerdings haben in letzterZeit viele Unternehmen ihre Abhan-gigkeit von Zinsanderungen durch dieMittelaufnahme in Form von Anleihenund Aktien reduziert.

    Hohe Vermo gensbildungund Verschuldung beiHaushaltenNur leichte Einkommenszuwachse imJahr 2004

    Im Jahr 2004 hat sich die Einkommens-situation der privaten Haushalte nur

    marginal verbessert. Die verfugbarenEinkommen stiegen mit real 1,7%gleich stark wie im Jahr 2003. Trotzdes schwachen Einkommenswachs-tums gaben die Haushalte wieder mehrfur Konsum aus. Mit real 1,5% legtedas Konsumwachstum mehr als dop-pelt so stark zu wie im Jahr 2003,womit ein Groteil des Einkommens-zuwachses konsumtiv verwendet wur-de. Die Sparquote nahm gleichzeitigvon 8,9% auf 9,3% zu. Fur das Jahr2005 ist lautOeNB-Prognosemit einerVerbesserung der Haushaltseinkom-men zu rechnen. Die verfugbaren Ein-kommen sollen um real 2,0%wachsen,wobei die Steuerreform und das anhal-tende Beschaftigungswachstum posi-tive Effekte ausuben. Die Sparquotesoll 9,7% erreichen. Der Anstieg derSparquote in den letzten Jahren wirdteilweise auf Umverteilungen von denNettomasseneinkommen der Arbeit-nehmer, die eine niedrige Sparquoteaufweisen, zu den Gewinnen derSelbststandigen zuruckgefuhrt.10 Inden Finanzstromen der privaten Haus-

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    10 Siehe dazu WIFO-Prognose vom April 2005.

    Finanzposition der realwirtschaftlichenSektoren gesta rkt

    32 Finanzmarktstabilita tsbericht 9

  • halte zeigt sich diese Entwicklung ineinem zuletzt hohen Zuwachs desGeldvermogens bei gleichzeitig star-ker Verschuldung.

    Verschuldung nimmt weiter zu

    Der Verschuldungsgrad osterrei-chischer Haushalte ist im Jahr 2004weiter gestiegen. Die Verpflichtungenerreichten rund die Halfte des BIP,lagen mit 57% aber unter dem Ver-gleichswert des Euroraums (Grafik13). Ein Vergleich zwischen den Lan-dern des Euroraums zeigt, dass O ster-reich bei der Haushaltsverschuldungmit Italien und Finnland im unterenDrittel liegt.

    Nach Daten der Gesamtwirtschaft-lichen Finanzierungsrechnung nahmen

    die Haushalte Kredite in der Hohe von7,7 Mrd EUR auf. Das entsprichteinem Jahreswachstum von 7,0%.Der Groteil der Kreditaufnahmenentfiel mit 5,0 Mrd EUR auf Wohn-raumkredite, wahrend Konsumkredite1,3 Mrd EUR ausmachten. Allgemeinist die Zunahme der Verschuldungunter den gegenwartigen gesamt-wirtschaftlichen Rahmenbedingungennicht unproblematisch. Vor allem Kon-sumkredite weisen bei dem gegenwar-tig verhaltenen Einkommenswachstumerhohte Risiken auf, weil bei Zahlungs-unfahigkeit des Kreditnehmers keineSicherheiten wie sie bei Wohnraum-krediten in Form von Immobilien zurVerfugung stehen zur Deckung vor-handen sind.

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    Finanzposition der realwirtschaftlichenSektoren gesta rkt

    Finanzmarktstabilita tsbericht 9 33

  • Finanzierungsbedingungen in derzweiten Jahresha lfte 2004 weiterverbessertIm zweiten Halbjahr 2004 haben sichdie Finanzierungskonditionen bei denWohnraum- und Konsumkrediten wei-ter verbessert. Bei denWohnbaukredi-ten reduzierten sich die Zinsen imNeugeschaft um 60 Basispunkte aufreal 0,49%, wahrend die Realzinsenbei den Konsumkrediten von 3,22%auf 2,41% zuruckgingen. Die Zinsmar-gen der Banken haben sich bei den mit-telfristigen Konsum- und Wohnbau-krediten in der zweiten Jahreshalfte2004 leicht ausgeweitet. Dies konnteein Anzeichen dafur sein, dass der Ban-kensektor die mit der Kreditentwick-lung verbundenen zukunftigen Risikenschlechter einschatzt. Die Ergebnisseder Umfrage uber das Kreditgeschaftzeigen fur das vierte Quartal 2004

    ebenfalls eine leichte Verscharfungder Kreditkonditionen an. (Grafik 14).Allgemein tragt das niedrige Zins-niveau mageblich zur Entlastung derprivaten Kreditnehmer bei. Gleichzei-tig sind mit dem gunstigen Zinsumfeldauch Risiken verbunden. Moglicher-weise konnen die Haushalte bei derKreditaufnahme zukunftige Belastun-gen in Form steigender Zinsen nichtausreichend berucksichtigen, was eineVerschlechterung der Kreditqualitat inder Zukunft bedeuten wurde.11

    Vermogensbildung gewinnt im Jahr2004 weiter an Schwung

    Die Haushalte haben ihren Vermogens-aufbau im Jahr 2004 weiter kraftigvorangetrieben. Insgesamt durfte dasHaushaltsvermogen Sach- und Geld-vermogen zusammen um 21,9 MrdEURzugenommenhaben (Grafik 15).12

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  • Bei der Sachvermogensbildungdurften umfangreiche Mittel in denHaus- und Wohnungsneubau geflossensein.13 Dafur spricht einerseits die leb-hafte Nachfrage nach Wohnbaukredi-ten, andererseits ist bei den Preisenfur neue Eigentumswohnungen seitMitte 2004 ein Aufwartstrend zu beob-achten. Im ersten Halbjahr 2004 gin-gen die Eigentumspreise noch um

    1,5% gegenuber dem Vorjahr zuruck,wahrend sie Ende 2004 unverandertblieben. Die Preisentwicklung durfteauf den geringeren Angebotsuber-schuss zuruckzufuhren sein. Damitbleiben die Eigentumspreise weiterhinunter dem langjahrigen Durchschnitt.Die Preise fur gebrauchte Eigentums-wohnungen gingen im Jahr 2004 nurleicht um 0,6% zuruck (Grafik 16).

    Die Geldvermogensbildung er-reichte im Jahr 2004 17,2 Mrd EUR.Die Praferenz fur liquide Anlagefor-men schwachte sich dabei im Vergleichzu den Vorjahren etwas ab. In Bargeldund Einlagen wurden 6Mrd EUR oder

    rund ein Drittel der Geldvermogens-bildung gehalten, nachdem in den Jah-ren 2002 und 2003 noch mehr als dieHalfte auf diese Finanzierungsinstru-mente entfallen waren. Das deutetauf eine Normalisierung der Geldhal-

    13 Rund die Halfte der Sachvermogensbildung der privaten Haushalte entfallt auf Wohnungsinvestitionen. Dane-ben tragen die Investitionen der selbststandig Erwerbstatigen, die ebenfalls im Sektor private Haushalte statis-tisch erfasst werden, mageblich zur Sachvermogensbildung bei.

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    Finanzposition der realwirtschaftlichenSektoren gesta rkt

    Finanzmarktstabilita tsbericht 9 35

  • tung hin. Starker nachgefragt wurdenVersicherungsprodukte. Das Volumenan Lebensversicherungen und dieAnspruche gegenuber Pensionseinrich-tungen wurden um 4,8 Mrd EUR aus-geweitet. Auch in Investmentzertifi-kate wurde mit 2,9 Mrd EUR wiedermehr investiert, nachdem das Interessein den Vorjahren stark nachgelassen

    hatte. Die hohen Volumina, die vorallem in den letzten Quartalen in Ver-sicherungsprodukte und Investment-fonds geleitet worden waren, lassensich einerseits auf eine verstarkteAltersvorsorge der privaten Haushal-te, andererseits auf die Nachfrage nachFremdwahrungskrediten zuruckfuh-ren.14

    Unterstutzt wurde der finanzielleVermogensaufbau durch die Kursent-wicklung auf den nationalen und inter-nationalen Wertpapiermarkten (Gra-fik 17). Mit 3,5 Mrd EUR entfielenim Jahr 2004 rund 17% des gesamtenGeldvermogenszuwachses auf Kursge-winne. Mehr als die Halfte der Bewer-tungsveranderungen war auf Kursge-winne bei Aktien in der Hohe von 1,9Mrd EUR zuruckzufuhren, wahrendpositive Kursanderungen bei Invest-mentzertifikaten 1,3 Mrd EUR aus-machten. Zusammen mit den Kurszu-wachsen des Jahres 2003 in der Hohevon 2,6 Mrd EUR haben die Haushaltesomit einen Groteil der Vermogens-

    verluste, die zwischen 2000 und 2002eingetreten waren, kompensieren kon-nen. Allerdings ist aus Untersuchun-gen bekannt, dass sich der Aktienbesitznur auf einen kleinen Teil der Haus-halte in O sterreich konzentriert,womit die damit zusammenhangendenKursrisiken von geringer Bedeutungfur den gesamten Haushaltssektorsind. Anders stellt sich die Situationbei den Investmentzertifikaten dar,die aufgrund ihrer Charakteristika geringeres Veranlagungsrisiko durchdiversifizierte Portefeuilles vor allemvon Haushalten mit mittlerem Vermo-gen nachgefragt werden.

    14 Neben Lebensversicherungen fungieren Investmentfonds als Tilgungstrager fur Fremdwahrungsverbindlichkeiten.Mit der weiterhin steigenden Nachfrage der privaten Haushalte nach Fremdwahrungskrediten sind daher auchpositive Effekte auf die Geldvermogensbildung uber Lebensversicherungen und Investmentzertifikate verbunden.

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    Finanzposition der realwirtschaftlichenSektoren gesta rkt

    36 Finanzmarktstabilita tsbericht 9

  • Methodische Fragen zur Ermittlung des Geldvermo gens

    der o sterreichischen Haushalte

    Im Finanzmarktstabilitatsbericht der OeNB stutzt sich die Analyse der finanziellen Position der privatenHaushalte wesentlich auf die Daten der Gesamtwirtschaftlichen Finanzierungsrechnung (GFR). Die GFRgibt seit 1998 Aufschluss uber die Entwicklung der volkswirtschaftlichen Sektoren (Haushalte, Unterneh-men, Staat), liefert aber keine Informationen uber die okonomisch wichtigen Fragen der personellen Ver-mogensverteilung. Ob die O sterreicher reicher werden, kann mit dieser Makrostatistik daher nichtbeantwortet werden. Aber auch Fragen zum durchschnittlichen Geldvermogen eines osterreichischenHaushalts lassen sich nur unzureichend beantworten. Denn zum privaten Haushaltssektor werden inder GFR auch die Geldvermogenswerte von privaten Organisationen ohne Erwerbszweck (wie Kirche oderOGB), der Angehorigen der freien Berufe und nicht zuletzt der Stiftungen gerechnet. Damit wurde einmog-licherweise massiv gestiegenes Stiftungsvermogen entgegengesetzt gerichtete Vermogensentwicklungenauf Haushaltsebene uberdecken.

    Quellen eines Vermogenszuwachses konnen Ersparnisse, Erbschaften oder Kapitalgewinne sein.Manche dieser Vermogenszuwachsquellen hangen starker vom individuellen Verhalten ab (Sparen),andere sind starker externen Einflussfaktoren (Erbschaften, Kapitalgewinne) ausgesetzt. Diese Vermo-gensdeterminanten konnen zu einer Erhohung oder einer Verringerung beitragen.

    Aus Finanzmarktstabilitatsuberlegungen interessiert insbesondere die Zusammensetzung der Haus-haltportfolios. Es ist wichtig zu wissen, wie ertrags- und risikoorientiert Anleger sind und wie sich etwa einAnstieg der Haushaltsverschuldung auf verschiedene Haushaltstypen verteilt. Sind jene Haushalte, diesich verschuldet haben, identisch mit jenen, welche Vermogensaktiva erworben haben? Diese Fragen las-sen sich nicht auf Grundlage von Makrostatistiken einer GFR beantworten, sondern bedurfen einer mikro-statistischen Fundierung. Insbesondere die vielfaltigen Verhaltenseinflussfaktoren der Vermogensbildungverweisen auf die Notwendigkeit von Erhebungen auf derMikroebene. Aber auch die wirtschaftspolitischeFragestellung, ob die Menschen in O sterreich fur die Herausforderungen der privaten Zukunftsvorsorgebereits gerustet sind, kann nur mit Mikrodaten beantwortet werden.

    Eine Reihe von Notenbanken fuhrt regelmaig Befragungen zum Vermogen der Haushalte durch(Banca d Italia, Banco de Espana, Federal Reserve). Auch die OeNB halt gegenwartig eine osterreichweiteHaushaltsbefragung mit dem Ziel ab, die Geldvermogenszusammensetzung der privaten Haushalte inO sterreich zu erfassen, Finanzverhaltenscharakteristika zu identifizieren und die Veranderung der Vermo-gensverteilung in den letzten Jahren zu untersuchen. Die Ergebnisse dieser aktuellen Haushaltsbefragungder OeNB werden in einer der kunftigen Ausgaben des Finanzmarktstabilitatsberichts dargestellt werden.

    Deutlicher Anstieg bei denPrivatkonkursenMit der hohen Verschuldung der Haus-halte gehen steigende Privatkonkurseeinher. Im letzten Jahr erhohten sichnach Angaben des Kreditschutzver-bands die Gesamtinsolvenzen bei denHaushalten um ein Viertel auf 5.573Falle.15 Im ersten Quartal 2005 wur-den bereits 1.582 Privatkonkurse ver-zeichnet, was einer Jahreswachstums-rate von 13,7% entspricht. Mit der stei-

    genden U berschuldung erreichtenauch die Insolvenzverbindlichkeitenmit annahernd 700 Mio EUR einenHochstwert im Jahr 2004.

    Ein deutlicher Anstieg ist bei denKonkursantragen, die mangels Masseabgewiesen wurden, zu beobachten.Sie nahmen im Jahr 2004 um rundeinDrittel zu und stiegen auf 903 Falle.In den ersten dreiMonaten 2005warenbereits 304 abgewiesene Konkursan-trage zu beobachten, was einem

    15 Der Kreditschutzverband geht davon aus, dass ein Teil dieses Anstiegs auf eine Anderung der gesetzlichen Rege-lungen des Privatkonkurses im Jahr 2002 zuruckzufuhren ist. Dabei wurden die Zugangsvoraussetzungen zumVerfahren erleichtert, indem nicht mehr eine Restschuldbefreiung, sondern nur die Deckung der Verfahrenskostengewahrleistet sein muss.

    Finanzposition der realwirtschaftlichenSektoren gesta rkt

    Finanzmarktstabilita tsbericht 9 37

  • Zuwachs von 40,1% gegenuber dementsprechenden Vorjahresquartal ent-spricht. Immer mehr Haushalte sindsomit nicht in der Lage, sich zu ent-schulden.

    Deutliche Zunahmedes Geldvermogens bei gleichzeitighoher Verschuldungsneigung

    Die Einschatzung der finanziellen Lageder Haushalte fallt differenziert aus.Der Geldvermogenszuwachs und dasNettogeldvermogen erreichten imJahr 2004 den hochsten Wert seit Ein-fuhrung der finanziellen Vermogens-statistik im Jahr 1995 (Grafik 18). Dasstarkt die Widerstandskraft gegenuberSchocks.

    Gleichzeitig nimmt die Verschul-dung weiter zu. Die zwischen Arbeit-nehmern und Selbststandigen starkdivergierenden Einkommenszuwachsedeuten darauf hin, dass sich die Mog-

    lichkeit zur Vermogensbildung in denletzten Jahren sehr ungleich verteiltund zur Vermogenskonzentration inO sterreich weiter beigetragen hat.Konsumstabilisierung und Vermogens-bildung in Immobilien wird dadurchnur uber eine hohere Verschuldungmoglich, was allgemein mit hoherenInsolvenzrisiken verbunden ist. Vorallem die Wohnbaukredite habenzuletzt deutlich angezogen. Das nied-rige Zinsniveau erleichtert die furden Wohnungserwerb hohen Fremdfi-nanzierungen und tragt derzeit zu nied-rigen Kreditkosten bei. Dabei warejedochwunschenswert, dass Haushaltebei der Kreditaufnahme auch moglichekunftige Zinssteigerungen, die zunicht mehr tragbaren Belastungen desHaushaltsbudgets fuhren konnten unddamit die Gefahr der Zahlungsunfahig-keit erhohen, langfristig im Augebehalten.

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    Finanzposition der realwirtschaftlichenSektoren gesta rkt

    38 Finanzmarktstabilita tsbericht 9

  • Stabilita t des Banken-systems weiter gefestigtErfreuliche Gescha ftsentwicklung derosterreichischen BankenWeiterhin deutlicher Anstieg derGesamtbilanzsummeDie unkonsolidierte Bilanzsumme allerosterreichischenKreditinstitutewuchsseit dem Jahr 2003 beinahe kontinuier-lich und erreichte im Janner 2005 einenneuen Hochststand von 658,7 MrdEUR. Dies bedeutet ein deutlichesWachstum von 8,0% im Vergleich zumWert des Vorjahres. Die zehn grotenBanken (ohne Sonderbanken) zeigtendabei ein Wachstum von 6,8% underreichten damit einen Anteil von52,0% an der gesamten Bilanzsumme.Auffallend ist, dass vor allem die Lan-des-Hypothekenbanken, die Volksban-ken sowiedie Sonderbankenmit 19,0%,12,7% bzw. 12,3% uber durchschnittli-cheWachstumswerte aufwiesen.

    Fur das Bilanzsummenwachstumist weiterhin das Auslandsgeschaft vonbesonderer Bedeutung, das im Janner2005 auf der Aktivseite um 14,2%und auf der Passivseite um 9,3% imVergleich zum Vorjahr gestiegen ist.In diesem Zusammenhang ist auf dieExpansion der osterreichischen Kre-ditinstitute in Zentral- und Osteuropahinzuweisen. Die Kredite nahmen imJahresvergleich um 5,3% zu, wobeisich insbesondere die Fremdwahrungs-kredite weiterhin groer Beliebtheiterfreuen. Auf der Passivseite wird derAnstieg der Gesamtbilanzsumme voninlandischen Interbankverbindlichkei-ten (+8,0%) sowie zunehmendenInlandsemissionen getrage