FLÜSSE UND KANÄLE / INTERNATIONAL RIVERS AND CANALS || Die Panamakanal-Frage in ihrer globalen...

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Die Panamakanal-Frage in ihrer globalen Verflechtung, Analyse, Wertung, Perspektiven Author(s): BERNHARD WOLF Source: Archiv des Völkerrechts, 25. Bd., 2. H., FLÜSSE UND KANÄLE / INTERNATIONAL RIVERS AND CANALS (1987), pp. 129-173 Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KG Stable URL: http://www.jstor.org/stable/40798280 . Accessed: 12/06/2014 12:49 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Mohr Siebeck GmbH & Co. KG is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to Archiv des Völkerrechts. http://www.jstor.org This content downloaded from 195.34.79.26 on Thu, 12 Jun 2014 12:49:46 PM All use subject to JSTOR Terms and Conditions

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Die Panamakanal-Frage in ihrer globalen Verflechtung, Analyse, Wertung, PerspektivenAuthor(s): BERNHARD WOLFSource: Archiv des Völkerrechts, 25. Bd., 2. H., FLÜSSE UND KANÄLE / INTERNATIONALRIVERS AND CANALS (1987), pp. 129-173Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KGStable URL: http://www.jstor.org/stable/40798280 .

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ABHANDLUNGEN

Die Panamakanal-Frage in ihrer globalen Verflechtung

- Analyse, Wertung, Perspektiven -

BERNHARD WOLF Honorarprofessor des Völkerrechts an der Universität Panama*

Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Panama

Einleitung : Problemstellung

Die Panamakanal-Frage resultiert aus dem berechtigten Anspruch der Republik Panama auf Souveränität. Dieses Recht kollidiert mit den wirt- schaftlichen, politischen und strategischen Interessen der Vereinigten Staaten. Auf dieses Problem hat die Sitzung des Weltsicherheitsrates in Panama (1973) die Weltöffentlichkeit aufmerksam gemacht. Vorausgegangen waren politische Unruhen mit blutigen Zwischenfällen in der „kolonialen Enklave" der Kanalzone (1964). Noch heute hält der „Märtyrertag" das Bewußtsein für das Panamakanal-Problem im panamaischen Volk wach. Denn trotz der Carter-Torrijos-Kanalverträge (1977), deren Ziel die Übernahme des Betriebs und Schutzes des Kanals durch Panama im Jahre 2000 ist, kann die Panamakanal-Frage keineswegs als erledigt betrachtet werden.

Die Kontroverse über den Rechtsstatus des Kanals und seines Schutz- gürtels, der längste Streit zwischen zwei Staaten des amerikanischen Konti- nents, dauert nun ein dreiviertel Jahrhundert. Die Carter-Torrijos-Verträge haben zwar Spannungen abbauen, aber nicht alle Konfliktursachen beseiti- gen können. Heute steht im Mittelpunkt der Auseinandersetzungen die Interpretation und Anwendung des Vertragswerkes. Durchführungsgesetz und Amendments in den USA verstärken ernste Sorgen über die Zukunft des Panamakanals:

* Der Verfasser gibt aussdiließlidi seine persönliche Meinung wieder. Er war Marineoffizier und hat neben seiner diplomatischen Laufbahn an nord- und süd- amerikanischen Universitäten gelehrt. Von Ver dross (Wien), Guggenheiml Wehberg (Genf) und Lauterpacht (Cambridge) zum Völkerrechtsdozenten ausgebildet, wurde er von der Haager Völkerrechtsakademie nach Prüfung als einziger Deutscher 1952 ausgezeichnet. Er ist Fellow der Harvard-Universität (Anm. d. Red.).

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- Wird der Kanalvertrag im Jahre 2000 nach Geist und Buchstaben er- füllt werden?

- Wird Washington von seinem sog. einseitigen Interventionsrecht Ge- brauch machen, falls der Kanal ineffizient betrieben und von innen oder außen bedroht wird? Wenn ja, auf welche Weise?

- Wie wird Panama gegebenenfalls hierauf reagieren? Auch jüngste Entwicklungen, wie die zentralamerikanische Friedensini-

tiative der Contadora-Gruppe und das Interesse Japans, machen eine Neu- bewertung erforderlich. Die Gründung der Trilateralen Kommission (USA, Japan, Panama) über die Alternativen zum Panamakanal (1986) hat eine neue Phase im historischen Ringen um den Isthmus eingeleitet und die Kontroverse aus ihrer bilateralen Enge (USA - Panama) in globale Di- mensionen herausgeführt. Zusammen mit anderen führenden Industrie- nationen der Welt hat auch die Bundesrepublik Deutschland ein begrün- detes wirtschaftliches und politisches Interesse an der Sicherung der Seewege.

Die Panamakanal-Frage ist durch die Führungsmacht des Westens so eng mit den globalen Implikationen der Sicherheit und Seeschiffahrt ver- flochten, daß sie nicht isoliert betrachtet werden kann. Wie jede Territorial- frage im Völkerrecht kann sie integral nicht auf juristische Art gelöst wer- den; vielmehr hängt ihre sinnvolle Regelung auch von politischen, strate- gischen und wirtschaftlichen Erwägungen ab.

Ziel der vorliegenden Studie ist es - bei aller methodisch gebotenen Trennung der Ebenen fachspezifischer Sichtweisen - zu einer integrierten Zusammenschau beizutragen1. Dabei müssen die Überlegungen in zwei Richtungen gehen: Einerseits setzt eine kritische Sichtung des Materials eine retrospektive Analyse der Konfliktursachen voraus, was das Verständnis der Entwicklung des Rechtsstatus des Kanals erleichtert. Andererseits kann der Zugang zu möglichen Lösungen dadurch erweitert werden, daß die Panama- kanal-Frage in ihrem Bezugsrahmen globaler Verflechtungen gesehen wird.

1 In der sehr breiten Literatur zum Panamakanal überwiegen tedinisdie Dar- stellungen des „achten Weltwunders" und fiktionale Thematisierungen. Umfas- sende Werke der politisdien Gesdiidite und analytisdien Durdidringung der völker- reditlidien Gesamtproblematik fehlen. Das fragmentarische Sdirifttum überragen ob ihrer Qualität zwei sachlidi besdiränkte Abhandlungen: Richard Perruchoud, Le regime de neutralité du Canal de Panama und R. R. Baxter, The Law of Inter- national Waterways, sowie zwei zeitlidi begrenzte Darstellungen: zur Gesdiidite 1870-1914 David McCullough, The Path between the Seas und zum Verhand- lungsprozeß 1964-1978 William ] orden (ehem. US-Botsdiafter in Panama), Panama Odyssey. Zur bilateralen Vertragsbasis ist die Dokumentensammlung von Manuel Moreno (ehem. Außenminister von Panama), Status jurídico de la Zona del Canal de Panamá, 1964, eine zuverlässige Informationsquelle.

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Panamakanal-Frage 131

I. Grundlagen

1. Geographische Gegebenheiten

Der Isthmus von Panama liegt im Zentrum des Kontinents, etwa gleich weit von beiden Polen entfernt. Der niedrigste Teil der Andenausläufer fällt dort mit der schmälsten Stelle der Landenge zusammen. Genau dort hat die Natur mit dem vorgegrabenen Flußbett des Chagres den potentiel- len Erbauern des Kanals zugearbeitet. Die Position Panamas zwischen den zwei größten Ozeanen der Erde ist einzigartig.

Der Panamakanal gehört aber zu einem topographischen Problemgebiet2. Auf dem zentralamerikanischen Isthmus schwimmt über dem Erdmantel eine relativ dünne Kruste, die aus sich verschiebenden tektonischen Platten besteht. Diese geologische Aktivzone bestimmt nicht nur die Vulkanaus- brüche in Nicaragua, sondern auch die Bodenerosionen in Panama. Der Erdrutsch vom 13. Oktober 1986 hat - wie früher wiederholt - den Panamakanal an seiner engsten Stelle, dem „Schlangenpaß", bis zu 2/3 der Fahrrinne zugeschüttet, was auf die Dauer von Monaten dort nur Einbahn- verkehr erlaubt. Dieser Gedankengang, der die Verwundbarkeit des Kanals durch Naturereignisse zeigt, führt zur Frage nach den Alternativen zum Panamakanal3.

Hier soll nur die Bedeutung geologischer Faktoren für die strategischen Implikationen verdeutlicht werden. Schon Alexander von Humboldt hatte unter insgesamt neun möglichen Kanalrouten Nicaragua den Vorzug ge- geben, weil dort See und Fluß die zu bauende Kanalstrecke wesentlich ver- kürzt hätten. Er hatte aber auch gewarnt, es gäbe kein Gebiet auf der Erde, das so viele Vulkane habe wie Nicaragua4. Humboldt interessierte Thomas Jefferson für Nicaragua: Aus „Humboldt's route" wurde später „the Ameri- can route". In der von Admiral Walker geleiteten (1.) Interozeanischen Kommission standen die Chancen 100:1 gegen Panama als Standort. Schließ- lich ermächtigte die Lex Spooner die US-Regierung zum Kanalbau in Nica- ragua, es sei denn die Kostenfrage spräche zugunsten Panamas. Die USA hätten höchstwahrscheinlich ihren Kanal in Nicaragua gebaut, wäre es

2 Zum Begriff vgl. Gerhard Sandner, Zentralamerika und der Ferne Karibisdie Westen. Konjunkturen, Krisen und Konflikte 1503-1984, 1985, S. 35 ff.

3 Siehe unten S. 169. 4 David McCultougb, lhe lJath between the ì>eas. lhe Creation or the Manama

Canal 1870-1914, S. 283. Vgl. die Kanal-Theorien in Alexander von Humboldt, Essay politique sur le Royaume de la Nouvelle Espagne (Engl. Ausg.), Bd. 1, 1811, S. 19 ff., kommentiert von Gerstle Mack, La Tierra Dividida, 2. Aufl. 1978, S. 105 ff. und Miles Duval, Cádiz a Catay, 2. Aufl., 1973, S. 25 ff. Humboldt führt die folgenden 9 Kanalrouten auf: Flüsse Mississippi-Columbia und Grande- Colorado (beide heute USA), Panama, Golf von Tehuantepec (Mexiko), Nica- ragua, Napipi-Atrato-Cupica (Kolumbien), Atrato-San Juan (Kolumbien), Lima (Peru)-Pará (Brasilien) und Golf von San Jorge (Patagonien).

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nicht dem französischen Ingenieur Bunau-Varilla als Verhandlungsführer Panamas gelungen, die pro-Nicaragua-Haltung zu ändern, indem er den US-Abgeordneten nicaraguanische Briefmarken, die den feuerspeienden Vulkan Momotombo abbildeten, mit der Bemerkung zusandte: „Offizieller Beweis der Vulkanaktivität in Nicaragua"5.

In ihrer politischen Konsequenz kommt heute den geographischen Reali- täten erstrangige Bedeutung zu. Im Blick auf das Jahr 2000 wächst die Einsicht, daß es immer wichtiger wird, in Panama eher ein Zielland als ein Transitland zu sehen. Aus einem Weltseekanal mit Hinter-„Land" von sekundärer Bedeutung wird ein voll souveräner Staat mit einem Kanal. Denn die Transitfunktion des Isthmus entsteht nicht durch den Kanal, son- dern der Kanal entsteht aus ihr6.

Das Substantielle wurzelt im Territorium; die geographische Lage ist wie ein Naturschatz zu werten, ähnlich einer Energiequelle. Im Bewußtsein der Lagewertigkeit des Isthmus ist „die bessere Ausnutzung der privilegierten geographischen Position" das politische Hauptziel der panamaischen Regie- rung7. Die neue Sicht, der Kanal gehört zum Land und nicht das Land zum Kanal, ist im übrigen ein Faktor der Konsolidierung des Friedens8.

Daß Entwicklungslinien durch geographische Voraussetzungen in hohem Maße bedingt sind, beweist die Geschichte Panamas und seines Kanals.

5 McCullough, aaO., S. 315, 323, 259 ff., 266, 280, 283. Das Repräsentanten- haus billigte 1902 mit 308:2 Stimmen auch den 2. Walker-Bericht zugunsten der Nicaragua-Route, vgl. Panama Canal Treaties, Report of the Committee on Foreign Relations, United States Senate, vom 3. Februar 1978, S. 48. Erst als die Neue Panama-Kanalgesellschaft ihre Kaufpreisforderung von 109 auf 40 Mio US-$ senkte, um den Kanalbau in Nicaragua zu verhindern, konnte Präsident Theodore Roosevelt den Kongreß nach der Rede von Senator Hanna zugunsten des „Hannama Canal" umstimmen. Ferner vgl. Mack, aaO. (Anm. 4), S. 405 ff. und Duval, aaO., (Anm. 4), S. 171 ff.

6 Enrique Gerardo Abraham, zitiert nach Guillermo Garcia Montujar, Confe- rencias sobre las Relaciones de Panamá y los Estados Unidos, 1966, S. 28.

7 Wirtschaftspolitische Grundsatzrede des Staatspräsidenten von Panama Eric Arturo Dehalle vom 29. 1. 1986. Vgl. Planungsministerium, El concepto de la posición geográfica y la economía nacional (1978), in: Omar Jaén Suãrez, Geo- grafía de Panamá. Estudio Introductorio y Antología, 1985, S. 400 ff. Vgl. Rede des Präsidenten Delvalle in der Eröffnung der Industrie- und Handelsmesse am 11.3.1987.

8 Rede des Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesministerium für wirt- schaftliche Zusammenarbeit Dr. Volkmar Köhler in der Botschaft der Bundes- republik Deutschland in Panama am 22. März 1986: „In Panama unterstützen wir mit der Verdoppelung der Entwicklungshilfe die Entwicklung eines Landes mit Kanal - nicht einen Kanal mit Land . . . Wir würdigen die Rolle Panamas im Friedensprozeß in Zentralamerika" (nicht veröffentlicht).

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Panamakanal-Frage 133

2. Historische Hintergründe Dem Verständnis der zugrundeliegenden Problematik dient die Sicht des

Werdeganges der Panamakanal-Frage in drei Epochen und auf zwei Kon- fliktfeldern9:

a) Die spanische Epoche: Die Vision vom kürzeren Verkehrsweg zum Orient faszinierte seit den Tagen des Kolumbus. Mit der spanischen Ent- deckung des Pazifiks durch Baiboa (1513) wurde auch die Kanal-Idee ge- boren10. Kaiser Karl V. (Karl I. von Spanien) beauftragte 1513 Pascual de Andagoya mit der ersten Vermessungsstudie für eine künftige Kanalroute, die die Schiffbarmachung des Flusses Chagres vorsah. In seinem Auftrag identifizierte Saavedra bis 1539 vier Routen: Mexiko, Nicaragua, Panama, Kolumbien. Die erste Phase der Kanalprojekte endete mit der naturrecht- lichen Begründung des Eingriffs in den göttlichen Plan, der die Ozeane getrennt hat. In Wirklichkeit kam die Idee wegen fehlender technischer Kenntnisse und hoher Kosten während der ganzen Kolonialzeit nicht über das Projektstadium hinaus.

Eine zweite postkoloniale Phase der Kanalprojekte wurde von Alexander von Humboldt eingeleitet, der auch durch seine Freundschaft mit Simón Bolívar auf die Umsetzung von dessen Plänen einwirkte. Bolívar gab 1826 Anweisung, mögliche Kanalrouten im Sinne Humboldts zu erkunden. Für die Grundthese, die im Rahmen dieser Studie vertreten wird, ist wichtig, daß man trotz mangelnder Realisierung eine globale Zielsetzung vertrat. So erteilte Secretary of State Henry Clay seinen Delegierten zum Amphiktyo- nischen Kongreß, den Simón Bolívar zur Integration Amerikas 1826 nach Panama einberufen hatte, die Instruktion: „That vast object . . . should not be left to anyone power . . . the benefits of it ought not to be exclusively appropriated to any one nation, but should be extended to all parts of the globe . . .".

9 Die folgende Periodisierung ist gerade in einem Überschneidungsgebiet von Interessen wie Zentralamerika wegen der Vergröberung des Maßstabes und des Zwangs zur Auswahl von (damit bereits gewerteten) Fakten problematisch; sie ist ein Versudi, die sich überlappenden Entwiddungslinien nadi bestimmten Domi- nanten zu ordnen. Die Systematisierung nach nationalen Interessengruppen (spa- nisdie, französisdie, nordamerikanisdie Periode) läßt sidi grosso modo in Ein- klang bringen mit der zeitlidien Einteilung nadi dem Intensitätsgrad der Inwert- setzung (Idee, Bau, Kontrolle des Kanals).

10 Von weit groiSerer 1 ragweite als die Entdeckung des Isthmus von ranama durch Rodrigo de Bastidas 1501 und die Suche nach der „Meerenge" durch Cristóbal Colón 1502 ist daher die Entdeckung des „Südmeeres" durch Vasco Nuñez de Balboa 1513; vgl. Omar Jaén Suárez, aaO., (Anm. 7), S. XIV, 3, 13, vgl. Miles Duval aaO., (Anm. 4), S. 2 ff. Vorläufer des Kanals waren der Mauleselpfad „Camino Real" und der teilweise schiffbare „Camino de Cruces", über die Edel- metalle aus Südamerika nach Spanien transportiert wurden.

11 biehe lext der JNote vom 5. Mai liszb in narmoaio Anas, El <^anai de Panamá. Un estudio en Derecho Internacional y Diplomacia, 1957, S. 28 f.

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b) Die französische Epoche: Von Graf Ferdinand de Lesseps inspiriert, erhielt ein privater Unternehmer von der kolumbianischen Regierung die Salgar- Wyse-Konzession von 1878, den ersten Vertrag zum Kanal-Bau. Dieser sah Neutralität des Isthmus und Freiheit der Durchfahrt vor. Lesseps scheiterte an der Nichtübertragbarkeit seiner in Suez erfolgreichen Kon- zeption eines schleusenlosen Kanals auf die komplexere Situation am Isth- mus von Panama. Von tropischen Krankheiten und Finanzkrisen über- wältigt, brach die französische Initiative zusammen. „Seine Strategie paßte nicht zum Schlachtfeld"12. Die französische Epoche Panamas (1880-1900) hinterließ jedoch den Nachfolgern der „Compagnie Universelle du Canal de Panama" wertvolle Spuren, vor allem geologische Erkenntnisse. Die französische Regierung versicherte der amerikanischen, daß das Lesseps- Projekt ein Privatunternehmen war. Einen Konflikt mit der Monroe-Dok- trin, einen „Napoleon-Kanal", gab es nicht13. Erst der Fehlschlag von Lesseps wurde das bedeutsame Element der Kontroverse: eine Herausforderung.

c) Die nordamerikanische Epoche: Als Reaktion auf die französische Initiative ist die Konzeption der Kanal-Kontrolle zu verstehen. Ursprung waren die Rivalitäten mit europäischen Staaten in der Karibik. Als erste hatten die Holländer 1829 ein Bauunternehmen in Nicaragua organisiert, das aber wegen der Sezession Belgiens nicht weiter verfolgt werden konnte. Ursprünglich schwebte den USA in ihrer isolationistischen Phase ein „allen Nationen der Erde" offener Kanal vor, ohne exklusive Kontrolle. „Globale Interessen" standen für Präsident Polk 1848 auf dem Spiel, als er sich zum Mallarino-Bidlack- Vertrag mit Kolumbien äußerte14.

Später änderten die USA in ihrer expansionistischen Periode ihre Auf- fassung. Präsident Hayes stellte 1880 fest: „Die Politik dieses Landes ist ein Kanal unter amerikanischer Kontrolle". „An interoceanic canal . . . will be virtually a part of the coastline of the United States"15. Für Sectretary of State Evarst war der Kanal eine „Frage territorialen Charakters"16.

12 McCullough, aaO. (Anm. 4), S. 237, gibt eine anschaulich gesdiriebene Cha- rakteristik von Lesseps y siehe audi S. 171 ff.

!3 McCoullough, aaO., S. 119; Ganter, Christoph Erik, Panama. Roman um einen Kanal, 1942, S. 84, 100, 120, 139, 168, siehe auch Eduardo Lemaitre; Panama y su Separación de Colombia, 2. Aufl., 1972, S. 201 ff., und David Howarth, Panama, Die abenteuerliche Geschichte der Landenge und des Kanals, 1966, S. 203 ff.

14 Anas, aaO. (Anm. 11) S. 37 und Samuel Flagg Bemis, Latinamencan Policy of the United States, 1946, S. 105 und 404. Zum Mallarino-Bidlack- Vertrag, s. Anm. 20.

15 Vgl. McCullough, aaO. (Anm. 4), S. 121; Duval, aaO. (Anm. 4), S. 116- 117.

16 Messages of Presidents, Vol. Ill, S. 585 - 586. Secretary of State Blaine sprach von „substantiellem Teil der Küstenlinie der USA" und fügte ihr das Argument hinzu, daß die USA das einzige Land der Welt sind, das die voll- ständige Neutralität des Kanals gegenüber europäischen Staaten garantieren könnte, zitiert nach Duval, aaO. (Anm. 4), S. 116 f.

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Panamakanal- Frage 135

Bei der Herausbildung der ersten Vertragsinstrumente über das Rechts- statut eines künftigen interozeanischen Seeweges spielte die Monroe-Doktrin (1823) eine maßgebliche Rolle17. In der Optik des Panamakanals diente die politische Maxime dem Ziel, den Europäern „die Route zu versperren"18. Ihr Hauptzweck ist, zur eigenen Sicherheit sich die Option der Intervention in Lateinamerika offenzuhalten, wie der peruanische Völkerrechtler Ulloa die Monroe-Doktrin deutet19.

Aus dieser neuen Konzeption der Kontrolle heraus mußte Washington sich von seinen Vertragsverpflichtungen gegenüber Großbritannien und Kolumbien befreien. Dies sind seine zwei Konfliktfelder:

Um Prinzipien für den Rechtsstatus des Panamakanals ableiten zu kön- nen, ist erstens die britisch-amerikanische Kontroverse zu erwähnen, die ein halbes Jahrhundert gedauert hat. Im Jahre 1830 errichtete London ein de facto-Protektorat über das Gebiet der „Mosquitia"-Indianer an der atlan- tischen Küste von Nicaragua. Als Lord Palmerston mit dem Erwerb der Tiger-Insel auf der pazifischen Seite die britische Anspruchsgrundlage in

17 Die Erklärung von Präsident James Monroe vom 2. Dezember 1823 im Kongreß enthält in geraffter Fassung zwei fundamentale Prinzipien: (1) Die Vereinigten Staaten intervenieren weder in etablierten ausländischen Kolonien in Amerika noch in innere Angelegenheiten europäischer Mächte. (2) Washington akzeptiert keine neuen Kolonien in Amerika und begegnet europäischen Inter- ventionen in Lateinamerika notfalls mit Gewaltanwendung (Abs. 7, 48 und 49). Themarelevanter als diese Prinzipien ist freilich der von der Mehrheit der latein- amerikanischen Völkerrechtler hervorgehobene Aspekt, daß die Doktrin für Lateinamerika defensiv zu sein scheint, aber in Wirklichkeit ein Instrument zur Rechtfertigung der Intervention der USA in Lateinamerika ist, was das Roosevelt Corollary zur Monroe-Doktrin evident gemacht hat. Vier Argumente: (1) zur Rechtsnatur der Monroe-Doktrin: sie ist keine erga omnes wirkende Rechtsnorm, sondern eine politische Doktrin, obwohl sie auf der Haager Konferenz von 1899 von den Delegierten der USA urbi et orbi proklammiert wurde; (2) sie wurde von den USA selbst nicht immer respektiert, z. B. militärische Intervention in den spanischen Kolonien Kuba und Porto Rico 1898; (3) sie wurde von den euro- päischen Staaten mißachtet, z. B. französische Intervention in den Republiken des Mar del Plata (1838) und in Mexiko zugunsten Maximilians (1861); britische Intervention auf den Falkland (Mal vinen) Inseln (1833) und im Chaco-Krieg (1932 - 35) - wogegen Washington nicht protestiert hat! (4) und wesentlich: sie wurde von den lateinamerikanischen Republiken nicht akzeptiert, obwohl diese das Prinzip der Nicht-Intervention begrüßten. Die Vereinigten Provinzen des Rio de la Plata schlugen 1924 eine andere Klausel vor, die der Nidi t- Veränderung der im Zeitpunkt der Unabhängigkeit bestehenden Verwaltungsgrenzen Spaniens „uti possidetis", vgl. Fournial, Georges! Labarre, Roland, De Monroe à Johnson. La Politique des Etats Unis en Amérique Latine, 1966, S. 25. Siehe auch das be- sondere Kapitel El Canal Interoceánico y La Doctrina Monroe in Harmodio Arias, aaO. (Anm. 11), S. 94 ff.

is Vgl. Fournial! Labarre, aaO., (Anm. 17), S. 22. 19 Manuel Ulloa, zitiert nach Fournial/ Labarre, aaO., S. 25, bringt hiermit die

vorherrschende Lehrmeinung der lateinamerikanischen Völkerrechtler zum Aus- druck.

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Zentralamerika ausbauen wollte, begrenzten die USA den britischen Impe- rialismus mit der Monroe-Doktrin und zwei Verträgen. Der formellen britischen Anspruchserhebung setzte Washington zunächst den Mallarino- Bidlack- Vertrag mit Bogota (1846) entgegen, der den USA die ersten Tran- sitrechte auf dem Isthmus von Panama einräumte.

Auf dem zweiten Konfliktfeld - Kolumbien - ist themawichtig auch das, was nicht zustande kam: Die Angebote von Neu-Grenada (dem späte- ren Kolumbien), zu dem Panama als Department gehörte, an Großbritan- nien, Frankreich und die USA, einen neutralen Kanal unter Wahrung der Souveränität zu bauen, wurden nicht angenommen. Der Vertragsentwurf Mallarino-Bidlack von 1846 zwischen Neu-Grenada und den USA über Verkehrsrechte durch den Isthmus von Panama gegen Garantie seiner Neu- tralität und der Souveränität von Neu-Grenada wurde von Neu-Grenada zurückgewiesen. Mit diesen Fehlschlägen wurde eine Alternativlösung der Panamakanal-Frage verworfen, die das Souvernitätsproblem als Hauptur- sache des Konflikts gar nicht erst gestellt und somit die Panamakanal-Frage friedlich geregelt hätte20. Bezeichnend ist, daß Columbia-Professor John Bassett Moore Roosevelt in einem Gutachten bestätigte, daß die Rechts- grundlage (nur) für ein „Wegerecht" der USA in Panama auf der Basis des Mallarino-Bidlack-Vertrages gegeben sei21. Ein ähnliches Schicksal er- litt der Vertragsentwurf Herrán-Hay von 1903, der vom kolumbianischen Parlament wegen ungünstiger Bedingungen abgelehnt wurde. Er sah die Zession nicht von Souveränität, sondern von Nutzungsrechten an einer Kanalzone und ein einseitiges Schutzrecht der USA vor22.

20 Art. XXXV des Traité Général de Paix, d'Amitié, de Navigation et de Commerce, auch Mallarino-Bidlack- Vertrag genannt, lautete: Le gouvernement de la Nouvelle Grenade garantit au gouvernement des Etats-Unis le droit de transit de passage par un moyen quelconque de communication qui existe à présent ou qui est susceptible de s'ouvrir à l'avenir . . . Les Etats-Unis d'Amérique en compensation garantissent positivement et efficacement à la Nouvelle Grenade . . . la parfaite neutralité . . . aussi le droit de souveraineté et de propriété que la Nouvelle Grenade possède sur le dit Territoire. Vgl. Carlos M. Portocarrero, Tratados y Convenios Comerciales de Colombia; vgl. auch British Digest of International Law, Phase I, Part III, Territory, 1967, S. 281-282.

- . _ - « - - * <b * * m *. *■» m a » % lift Y . V Y* 1 ^rtl T"V ^^y 1 2i Vgl. Mack, aaU. (Anm. 5), î>. 43ï> und Walter La teuer, ine panama imanai, 1978, S. 29 ff.

22 Art. 4 besagt: Die Rechte der Vereinigten Staaten . . . werden die Souveräni- tät Kolumbiens über das besagte Territorium nicht berühren. Ein Textvergleich zwischen dem Hay-Bunau- Varilla- Vertrag und dem Hay-Herrán- Vertrag ergibt folgende vier Vorteile des letzteren: (1) kein Souveränitätsübergang, (2) kein Ewigkeitskonzept, (3) kein einseitiges Interventionsrecht der USA und (4) keine Einbeziehung der Häfen in die Kanalzone. Zum 2. Vorteil, der von Castillero Pimentel in seinem Buch Panama y los Estados Unidos, 1953, S. 48 f. genannt wird, ist freilich einzuwenden, daß der Hay-Herran-Vertrag eine Gültigkeitsdauer von 100 Jahren mit Verlängerung um Perioden gleicher Dauer vorsah, und zwar eine „única y absoluta opción de los Estados Unidos", was praktisch eine ver- steckte Ewigkeitskonzeption bedeutet.

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Panamakanal- F rage 137

Zusammenfassend ist für den Gedankengang festzuhalten: Maßgeblich hat sich die Rechtsstellung des Panamakanals in zwei Phasen herausgebildet:

Die erste Phase (1850 - 1900) ist vom britisch-französischen Einwirken gekennzeichnet. Ausgangspunkt war der Clayton-Bulwer- Vertrag von 185023, in dem die USA und Großbritannien sich gegenseitig jede exklusive Position hinsichtlich eines künftigen Kanals untersagten. Der Kanal war als Neutralitäts- und Demilitarisierungsregime konzipiert; Festungsanlagen wa- ren in Zentralamerika verboten. Die Prinzipien der Gleichheit der Flaggen, Freiheit der Schiffahrt, Sicherheit und Neutralität sollten seinen Status be- stimmen. Alle Nationen der Welt waren eingeladen, zu diesen Zielsetzun- gen beizutragen24.

Die zweite Phase (1901 bis heute) charakterisiert sich durch die nord- amerikanische Vormachtstellung. Der Widerspruch des Vertrages von 1850 zur Monroe-Doktrin sowie die Expansion der USA in den Pazifik (Hawai) und nach dem Krieg mit Spanien 1889 (Philippinen) führten zur Erklärung von Präsident McKinley von 1899, „unsere nationale Politik fordert . . . die Kontrolle des Kanals"25. Der Hay-Pauncef ote- Vertrag von 1901, der den Clayton-Bulwer- Vertrag von 1850 revidierte, bestimmte die neue inter- nationale Position des Panamakanals: Kontrolle der USA („under the auspices of the US-Government"), aber unter Wahrung des „general prin- ciple" der Konvention von Konstantinopel von 1888: Freiheit der Durch- fahrt für alle Nationen in Friedens- und Kriegszeiten sowie Neutralitäts- status26.

II. Vertragliche Kontroversen

1. Das Ancien Régime (1903-1979)

Die Kontroversen zwischen USA und Panama entstanden durch die Inbe- sitznahme der US-Kanalzone nach Inkrafttreten der Konvention über den Isthmischen Kanal von 1903 (nachstehend Isthmus-Konvention genannt). In der Ausübung der US- Jurisdiktion über panamaisches Territorium lag der „Geburtsfehler". Diese Konvention und ihre beiden Revisionen von 1936 und 1955 stellen die vertraglichen Grundlagen zwischen beiden Staa- ten bis 1979 dar. Für ihre Darstellung ist zeitliche Raffung und sachliche Straffung zulässig, weil sie als Konfliktursachen durch die Carter-Torrijos- Verträge aufgehoben wurden. Gleichwohl ist die folgende Charakterisie-

23 Vgl. Diogenes Arosemena, Historia Documental del Canal de Panamá, 1962, S. 39 ff.

24 Diese Formulierung ist ein bemerkenswerter Vorlaufer der heutigen Auf- forderung, dem Neutralitätsprotokoll beizutreten, siehe u. S. 152.

25 McKinley, zitiert von Charles ò. Camphell, The Transformation ot American Foreign Relations, 1985-1900, 1976, S. 154, und La Feber, aaO. (Anm. 21), S. 17.

26 Vgl. Arosemena, aaO. (Anm. 23), S. 39 ff., 135 ff., 105 ff.

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138 Bernhard Wolf

rung als verkürzte Beschreibung für das Verständnis der Problematik un- verzichtbar.

a) Mit der Isthmus-Konvention von 190327 garantierten die USA die

Unabhängigkeit Panamas, das den USA „auf ewig" die Kontrolle über einen Gebietsstreifen von 10 Meilen Breite und 50 Meilen Länge zum Bau, Betrieb und Schutz, zur Sanierung und Erhaltung der interozeanischen Was- serstraße gewährte. Mit der Inbesitznahme dieser „Kanalzone" entstanden schon 1904 die ersten Proteste Panamas: - Der Vertrag stelle weder eine Zession von Staatsgebiet noch einen abso-

luten Übergang von Souveränität dar. - Zur Kanalzone gehörten nicht die Hafenstädte Panama und Colon.

Präsident Theodore Roosevelt befürchtete, daß „die Ausübung der Ver-

tragsrechte der USA ohne echte Sympathie für die Zukunft des panamai- schen Volkes leicht den Erfolg des großen Projekts beeinträchtigen kann"28. Die Entsendung von Kriegsminister Taft nach Panama konnte den Souve-

ränitätsaspekt nicht klären. Die 1924 wieder aufgenommenen Verhandlun-

gen führten zum Vertrag Alfaro-Morales - Kellog- White von 1926, der von Panama nicht ratifiziert wurde.

b) Der Allgemeine Kooperations- und Freundschaftsvertrag von 1936, auch Arias-Roosevelt- Vertrag genannt29, war Ausdruck der neuen Politik Franklin Roosevelts der „guten Nachbarschaft". Themawichtig ist, daß er vor allem drei Interventionsklauseln abschaffte: - die Garantie der Unabhängigkeit Panamas durch die USA, die das Land

bis 1936 zu einem de facto Protektorat erniedrigte, - das Recht der USA, neue Land- und Wassergebiete in der Republik

Panama (außerhalb der Kanalzone) zu erwerben und

27 Zur Isthmus-Konvention, auch Hay-Bunau- Varilla- Vertrag genannt, vgl. Moreno, aaO. (Anm. 1), S. 7 ff.

28 Vgl. William D. McCain, The United States and the Republic ot Panama, 1978, (Span. Ausg.), S. 25, und Ricardo J. Alfaro, Medio Siglo de Relaciones entre Panamá y los Estados Unidos, 1953, S. 17 ff.

2» Vgl. Moreno, aaO. (Anm. 2), S. 125 ff., McCain, aaO. (Anm. 28), b. 2 analysiert gut die Probleme USA - Panama zum Vertrag von 1936. Aufgrund des Arias-Roosevelt- Vertrages (1936) verzichteten die USA auf das Recht, zu- sätzliche Land- und Wassergebiete zu erwerben (Art. II). Gleichzeitig wurde aber vereinbart, daß beide Regierungen die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um den Betrieb des Kanals aufrechtzuerhalten, falls bei Störungen die Nutzung zu- sätzlicher Land- und Wassergebiete nötig würde. Auf dieser Grundlage haben beide Regierungen 1942 ein Abkommen über die Pacht von Verteidigungsbereichen geschlossen in der Absicht, daß die gepachteten Gebiete an Panama spätestens ein Jahr nach Friedensschluß zurückgegeben werden. Im Jahre 1946 haben die USA diese Vereinbarung nicht eingehalten, sondern wollten die Gültigkeit des Ab- kommens durch den Filos-Hines- Vertrag von 1947 verlängern; dies rief einen massiven Protest des Volkes mit blutigen Auseinandersetzungen hervor, der die Regierung zur Ablehnung des Filos-Hines-Vertrages veranlaßte.

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Panamakanal- Frage 139

- die Ermächtigung der USA zu Interventionen in den inneren Ange- legenheiten Panamas, in den Hafenstädten Panama und Colón zur Auf- rechterhaltung der öffentlichen Ordnung.

Die Anhebung der Jahreszahlung von 250 000, - (1903) auf 430 000, -

US-$ stellt nur eine Anpassung an die Dollarabwertung dar. Panama kon- zedierte den USA das Recht, neue Land- und Wassergebiete nach Verein- barung zu erwerben, falls dies zum Betrieb des Kanals notwendig werden sollte. Trotz nicht zu leugnender Fortschritte im Vertragsverhältnis konnten nicht alle Konfliktelemente beseitigt werden. Der Spannungszustand blieb. Präsident Reman unternahm daher neue Vertragsverhandlungen unter dem Motto „Weder Millionen noch Almosen, sondern Gerechtigkeit!"30

c) Der Vertrag über Verständigung und gegenseitige Kooperation von 1955, auch Remon-Eisenhower- Vertrag genannt31, hat zwei weitere Inter- ventionsklauseln elemininiert: - die Monopolstellung der USA im interozeanischen Verkehr auf Schiene

und Straße und - die sanitäre Kontrolle der Hafenstädte Panama und Colón

Der Vertrag hat ursprüngliche gravamina gemildert, z. B. Anhebung der Kanal- Annuität von 430 000,- auf 1 930 000,- US-$, aber auch Sicher- heitsansprüche der USA honoriert: - die panamaische Konzession des Luftstützpunktes Rio Hato an die USA

für die Dauer von 15 Jahren und - die Ermächtigung der USA zum Bau einer strategischen Straße in der

Kanalzone für den Fall der Suspendierung der Eisenbahn. Die Zuspitzung der Spannungen 1958 und 1959, vor allem im Januar

1964, die gewaltsame Hissung der panamaischen Flagge in der US-Kanalzone, die fünf US-Bürgern und 21 Panamaen das Leben kostete und zum Ab- bruch der diplomatischen Beziehungen führte, zeigte der Weltöffentlichkeit, daß die eigentlichen Ursachen des Konflikts trotz vertraglicher Verbesse- rungen nicht beseitigt wurden: die Ressentiments der panamaischen Patrio- ten.

2. Die frühen Ursachen des Konflikts

Die Stufenfolge war im wesentlichen dreifacher Natur: a) Schon kurz nach der Isthmus-Konvention von 1903 ergaben sich im

Jahre 1904 die ersten Konfliktelemente bei der Anwendung der Vertrags- klauseln :32

30 Humberto, Ricord, El Tratado Remón-Eiscnhower, in Relaciones entre Panamá y los Estados Unidos, 1973, S. 256.

si Vgl. Moreno, aaO. (Anm. 1), S. 209 ff. 32 Die erste Protestnote von Jose Domingo de Obaldia, vgl. Moreno, aaO.

(Anm 1), S. 65 ff.

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140 Bernhard Wolf

- Die Garantie der Unabhängigkeit Panamas durch die USA, die Panama zu einer mediatisierten Nation machte,

- das Ewigkeitskonzept der Kanalkonzession, - der Souveränitätsanspruch der Vereinigten Staaten über die Kanalzone, - die unbegrenzte Ausübung politischer und administrativer Jurisdiktions-

rechte durch die USA in der Kanalzone, - der unbeschränkte Land- und Wassererwerb auf panamaischem Terri-

torium außerhalb der Kanalzone, - das Monopol der Vereinigten Staaten über den interozeanischen Verkehr, - die Intervention der USA in innerstaatlichen Angelegenheiten Panamas

zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und - die Unzulänglichkeit der wirtschaftlichen Vorteile des Kanalbetriebs für

Panama. b) Nach den blutigen Zusammenstößen vom Januar 1964 brach sich auf

beiden Seiten die Erkenntnis Bahn, daß die Vertragsbasis trotz ihrer Ver- besserungen von 1936 und 1955 die eigentlichen Ursachen des Konflikts nicht hat beseitigen können. Nach Auffassung der panamaischen Regierung lag die Quelle des Konflikts in der Verletzung der Würde Panamas seit dem „Geburtsfehler" von 1903. Daher verständigten sich die Präsidenten Johnson und Robles 1965 über die Verhandlungslinie, Anerkennung der panamaischen Souveränität, Abschaffung der Isthmuskonvention und des Ewigkeitskonzepts. Aber die drei Vertragsentwürfe33 von 1967 wurden mit der Begründung abgelehnt, daß sie zur Zielerreichung, der Beseitigung der Konfliktursachen, nicht genügten. Hierbei machte Panama folgende zusätz- liche Konfliktelemente geltend34: - die Fortsetzung der übertriebenen militärischen Präsenz der USA in der

Kanalzone, - die Ausführung von zivilen Arbeiten, die in den Verträgen nicht vor-

gesehen waren und - Dissenzen bei der Interpretation der gültigen Verträge.

c) Konzeptionell neue Wege wies Henry Kissinger mit seinen acht Prin- zipien zur Konfliktlösung. Sie basieren auf der Überzeugung, daß die Grundlage für ein harmonisches Verhältnis der gegenseitige Respekt ist und daß die Ursachen des Konflikts nur durch Gerechtigkeit und Billigkeit be- seitigt werden können. Die Gemeinsame Erklärung Tack-Kissinger35 vom

33 Die Vertragsentwürfe von 1967, vgl. Memoria del Ministerio de Relaciones Exteriores, 1968. Vgl. Panama Canal Treaties, aaO. (Anm. 5), S. 60 ff.

34 Die ablehnende Note ist veröffentlicht in Documentos Básicos de la Politica Exterior del Gobierno Revolucionario, S. 27 ff. S. Auszug aus dien drei Vertrags- entwürfen von 1967 in: Memoria del Ministro de Relaciones Exteriores, 1967, S. 51 ff. S. auch Carlos Bolivar Pedreschi, El Nacionalismo Panameño y la Cuestión Canalera, 2. Aufl. 1976, S. 7 ff.

85 Vgl. William J. ¡orden, Panama Odyssey, 1984, S. 696 f.

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Panamakanal- F rage 141

7. Februar 1974 ging daher prinzipiell von der derogativen Wirkung des künftigen Vertrages auf alle früheren Vereinbarungen aus. Kissinger leitete eine Wende in der „Kanal-Diplomatie" ein, indem er im Prinzip der Rück- gabe des Kanals an Panama zustimmte. Aber er warnte zugleich, vertrag- liche Kontroversen nicht als einzige Quelle der Irritation überzubewerten: „This does not mean that ratification of the treaties will resolve all diffe- rences between us and our neighbours to the south"36.

3. Die neue Ära (1979-1999)

Das von Präsident Carter und Regierungschef General Torrijos am 7. September 1977 unterzeichnete und am 1. Oktober 1979 in Kraft ge- tretene umfangreiche Vertragswerk besteht aus drei Hauptverträgen (neben Durchführungsvereinbarungen, Anlagen etc.)37 : - dem Vertrag über den Panamakanal (nachstehend Kanalvertrag ge-

nannt), - dem Vertrag über die permanente Neutralität und den Betrieb des

Panamakanals (nachstehend Neutralitätsvertrag genannt) und

- dem Protokoll zum Vertrag über die permanente Neutralität und den Betrieb des Panamakanals (nachstehende Kurzform: Neutralitätsproto- koll).

Ihre rechtliche Tragweite kann nur durch Vergleich dieser Fassungen mit den Vorschlägen Kissinger's beurteilt werden. Die nachstehende Synopse soll dies veranschaulichen:

Prinzipien der Tack-Kissinger-Erklärung (1974)

a) Aufhebung der Isthmus-Konvention von 1903 und ihrer Amendments von 1936 und 1955.

b) Beseitigung des Ewigkeitskonzepts des Vertragsverhältnisses (Revision innerhalb 20-25 Jahren).

Erfüllt bzw. nidit erfüllt durdi Carter-Torrijos-Verträge (1977)

Art. I des Kanalvertrages.

Art. II des Kanalvertrages: Vertragsbeendigung 31. 12. 1999, Mittag panamaisdier Ortszeit.

36 Panama Canal Hearings, Senate Foreign Relations Committee, zit. S. 172. 37 Tratados del Canal de Panamá, Dirección Ejecutiva para Asuntos del Canal

de Panamá (DEPAT), 1980, S. 3 ff., s. auch Carlos Alfredo López Guevara, El Tratado del Canal de Panamá, in Noveno Curso de Derecho Internacional, Or- ganización de Estados Americanos, Bd. 2, 1983. López Guevara vergleicht die Verträge von 1903 - 1977. Siehe Memoria del Ministerio de Relaciones Exteriores, 1978 - 1979, S. 39 ff. Vgl. auch in Panama Canal Treaties, Report aaO. (Anm. 5), eine interessante Analyse der Carter-Torrijos-Verträge, S. 65 ff.

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142 Bernhard Wolf

e) Beendigung der Ausübung jurisdik- tioneller Funktionen der USA auf panamaischem Staatsgebiet: Abschaf- fung der Regierung der Kanalzone und Beseitigung der Diskriminierung in Arbeit, Erziehung, Wohnung, Ju- stiz, Polizei und Einfuhrbeschrän- kung für panamaische Produkte in der Kanalzone.

d) Rückgabe des Territoriums der Ka- nalzone an die Republik Panama.

e) Gerechte Beteiligung Panamas am Gewinn aus dem Kanalbetrieb.

f) Beteiligung Panamas an der Ver- waltung des Kanals

g) Beteiligung Panamas an der gemein- samen Verteidigung und am Schutz des Kanals.

h) Veranlassung neuer Arbeiten zur Kapazitätserweiterung des Kanals.

Art. III des Kanalvertrags: Auflösung der Regierung der Kanal- zone; Beendigung der Jurisdiktionellen Funktionen der USA; Durchführungsvereinbarung zu Art. III.

Art. III des Kanalvertrags; Durchführungsvereinbarung zu Art. III. Art. XIII des Kanalvertrags: Fixierung von 0,30 $ pro Panama- Netto-Reg. Tonne per Transit, 10 Mio. US-$ Annuität und Superavit bis zu 10 Mio. US-$, falls es ein Superavit gibt. Strittig sind noch: a) indirekte wirtschaftliche Nutzung:

Beschäftigung, Militär, Personal und Angestellte, Käufe in Panama und

b) Superavit: USA behaupten Inexi- stenz eines Superavit, weil Kanal kein gewinnbringendes Ziel hat.

Art. I und III des Kanal Vertrags : Vier Panamaen im Direktorium der Kanal- kommission; Alternat zwischen US-Ad- ministrator und panamaischem Sub- Administrator am 1.1. 1990. Art. IV des Kanalvertrags, Ausfüh- rungsvereinbarung zu Art. IV: gemein- same Verteidigung, aber prioritäre Schutzpflicht der USA. Art. XII des Kanalvertrags, Noten- wechsel über die Gründung der Trila- teralen Studienkommission über Alter- nativen zum Panamakanal.

4. Neue Elemente des Konflikts

Der Rechtsstatus des Panamakanals stellt heute neue Probleme, die sach- lich berechtigte, aber auch emotional verwurzelte Auseinandersetzungen über das Panamakanal-Gesetz der USA und die Amendments von US- Senatoren verursachen.

Gemäß den Carter-Torr i jos- Verträgen überträgt Panama den USA Nutzungsrechte, um den Kanal zu „betreiben, aufrechtzuerhalten, zu ver- bessern, zu schützen und zu verteidigen". Von hier resultiert die neue Struk- tur der „Assoziation" als juristisches System der bis zum Jahre 2000 ge- meinsamen Verwaltung des Kanals. Dieses Grundkonzept wird in Frage gestellt durch das vom Abgeordneten Murphy eingebrachte Durchführungs-

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Panamakanal- F rage 143

gesetz vom 27. September 1979 der USA. Nach panamaischer Auffassung setzt es sich über Geist und Buchstaben des Kanalvertrages hinweg, zerbricht die Assoziationsstruktur und führt ein hegemoniales Element ein, indem es den Präsidenten und den Verteidigungsminister der USA zu den höchsten Autoritäten der Kanalkommission und den Botschafter in Panama zum Koordinator von Funktionen macht, die der Kanalvertrag der Kanalkom- mission zuweist. Denn der im Kanal vertrag vorgesehenen „wachsenden Par- tizipation" Panamas in Verwaltung, Schutz und Verteidigung des Kanals muß logischerweise eine abnehmende Beteiligung der USA entsprechen. Auf diesem Assoziationskonzept beruhen letztlich alle Kritiken Panamas am „Gesetz Murphy" (Nr. 96-70).

Schwerpunktmäßig geht es um folgende „Vertragsverletzungen"88:

a) Kanalmodernisierung. Das Gesetz 96 - 70 bestimmt, daß die Aus- gaben der Kanalkommission die Einnahmen nicht überschreiten dürfen. Diese Kapazitätslimitierung widerspreche dem Kanalvertrag, der in Art. XIII, Abs. 1 die USA verpflichtet, den Kanal „lasten- und schuldenfrei" zu übergeben. Das Verbesserungsprogramm (z. B. Erweiterung des „Schlangen- passes", Gaillard Cut) leide, weil es vom Volumen der Einnahmen der Kanal-Kommission abhängig gemacht werde. Dies bedeute, daß der US- Kongreß die Verantwortung der Vertragspartner für den Kanal der Kanal- Kommission übertrage. Wenn das Gesetz 96 - 70 außerdem das Vermögen der aufgelösten Kanalgesellschaft in das Eigentum der US-Regierung (an- statt der Kanal-Kommission als Rechtsnachfolgerin) überführt, könne der Panamakanal den wachsenden Anforderungen des Weltseeverkehrs nicht ge- recht werden. Dies widerspreche dem Kanalvertrag, der eine „kontinuier- liche und effiziente Operation" des Kanals festlege.

b) Kanalsicherheit. Die Carter-Torrijos-Verträge gestatten die Verlän- gerung der militärischen Präsenz der USA auf panamaischem Hoheitsgebiet bis zum letzten Tag dieses Jahrhunderts. Der befristete Verbleib von Stütz- punkten und Truppen ist jedoch an die exklusive Zweckbestimmung der Kanalsicherheit gebunden. Alle über diese Mission hinausgehenden mili- tärischen Aktivitäten seien vertragswidrig. Darunter fallen logistische und geheimdienstliche Tätigkeiten, militärische Planung und Ausbildung, die von panamaischem Staatsgebiet in Richtung ausländischer Staaten ausgeübt

88 So der Beridit von Außenminister Dr. Jorge Abadía Arias im Parlament im Oktober 1986: „El problema de la Ley 96 - 70 y las violaciones del Tratado del Canal de Panamá de 1977 cometidas por los Estados Unidos de América", passim. Dr. Abadía hat dem US-Kongreß 1986 eine Note überreicht, die 60 „Reklamatio- nen" auflistet, von denen hier nur wichtigere Beispiele angeführt werden können. Siehe auch Oydén Ortega Duran, La Ejecución de los Tratados del Canal de Panamá, 1985, S. 25 ff. und Dialogo: alternativa posible, perfiles sociales de Panama y Centroamericana, 1984, S. 126 ff.

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werden. Beschwerdegegner ist das US-Oberkommando Süd in Panama, das alle militärischen Tätigkeiten der USA in Lateinamerika leitet. Diese Art von Aktionen, zu denen auch Spionage und Gegenspionage gehören, setze Panama der Gefahr von Repressalien aus und verletze damit nicht nur die Souveränität Panamas, sondern auch die staatlichen Interessen der übrigen Kanalbenutzer.

c) Arbeitsrecht. Die panamaische Regierung wirft den Vereinigten Staa- ten vor, im Kanal-Gebiet weiterhin dieselbe diskriminatorische Politik des „gold role" und „silver role" aufrechtzuerhalten wie früher. Dies bedeutet, daß die Nordamerikaner eine höhere Entlohnung ihrer Arbeitsleistung er- halten als die panamaischen Bediensteten der Kanalkommission. Mit der wachsenden Partizipation von total 83% Panamaen in der Kanal-Kommis- sion hielte ihre Beschäftigungsquote von nur 29% in leitenden Positionen nicht Schritt.

d) Superavit. Art. XIII des Kanalvertrages sieht vor, daß Panama be- rechtigt ist, bis zu 10 Mio. US-$ jährlich zu erhalten, falls die Einnahmen die Ausgaben des Kanalbetriebs überschreiten (Superavit). Das Gesetz 96 - 70 schließt als Betriebskosten ein die Beträge der Abschreibung und Amortisierung für Einsatz, Erweiterung und Verbesserung der Anlagen, die Kosten der Erziehung und anderer öffentlicher Dienstleistungen für Nord- amerikaner sowie alle Kosten, die mit der Durchführung des Vertrages und dem Betrieb des Kanals zusammenhängen, auch dann wenn die Kosten vor Inkrafttreten des Vertrages entstanden sind. Diese Regelung verhindere die Bildung eines „contingency profit".

e) US-Privilegien. Die panamaische Regierung reklamiert, daß gewisse im Kan al vertrag nicht vorgesehene Ausgaben, die ein Erbe der Kolonial- zeit darstellen, dem Haushalt der Kanalkommission zugerechnet werden. Kosten, die z. B. für 4-malige Heimreisen von US-Staatsangehörigen jähr- lich anfallen, belasten die wirtschaftliche Teilhabe Panamas aufgrund des Superavit-Konzepts.

f) Wohnungsübergabe. Art. XIII, die Durchführungsvereinbarung zu Art. III und Anhang A regeln die Übergabe der Wohnungen. Die pana- maische Regierung ist der Auffassung, daß die Kanalkommission nicht be- nötigte Wohnungseinheiten zurückhält, deren Nutzungsrecht auf Panama übergehen müßte. Wohnungseinheiten, die von der Kanalkommission an Personal der Streitkräfte vermietet werden, stellen eine kommerzielle Akti- vität dar, die Panama zugutekommen müßte.

g) Board of Directors Art. Ill des Kanalvertrages sieht vor, daß die Vereinigten Staaten ihre Rechte und Pflichten durch die Kanalkommission ausüben, in deren Leitungsgremium die USA über eine Mehrheit von 5 zu 4

verfügen. Das Gesetz 96 - 70 gliedert die Kanalkommission in die Hierar- chie der US-Exekutive insofern ein, als ein Delegierter des US-Verteidi- gungsministers den Vorsitz in einem Kontrollorgan führt, was dem Kanal-

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Panamakanal-Frage 145

vertrag widerspricht. Das Gesetz 96 - 70 bestimmt, daß bei Sitzungen des Board of Directors nur dann ein quorum besteht, wenn eine Mehrheit von nordamerikanischen Mitgliedern anwesend ist, ohne die Gesamtzahl der Teilnehmenden zu berücksichtigen.

Wie ist die rechtliche Tragweite dieser Beschwerdepunkte zu beurteilen? Nach Auffassung der panamaischen Regierung müßten im Falle von

Lücken und Zweifeln beide Vertragspartner gemeinsam ihre Differenzen lösen, anstatt diese Aufgabe einem nordamerikanischen Gesetz zu über- lassen. Das Gesetz 96 - 70 sei eine „inakzeptable Ausnahme von den Prin- zipien des internationalen Rechts und den Usancen zwischen Nationen, die die Gerechtigkeit respektieren"39. Die panamaische Regierung fordert die substantielle Revision eines ungerechten Gesetzes, das der US-Kongreß vier Tage vor Inkrafttreten der Carter-Torrijos- Verträge verabschiedete, so daß Panama nur protestieren konnte40.

Nach Auffassung der Vereinigten Staaten fordert die Verfassung, daß der Kongreß die Gesetze billigt, die die Erfüllung von Verpflichtungen aus internationalen Verträgen gestatten41. Einige der behaupteten „Vertragsver- letzungen" scheinen in Washington nicht so schlüssig wie in Panama. So bleibt die Panamakanal-Kommission eine „US Government agency", an deren Führungsspitze das Pentagon und der Präsident stehen, der die ein- zige Aktie besitzt. Andere Gesetzesbestimmungen wurden bereits geändert. Wiederum andere enthüllen nur vorher nicht bedachte Aspekte.

Da die Panama Canal Act der Ratifikationsurkunde beigefügt und somit integrierender Bestandteil der Carter-Torrijos- Verträge geworden ist, kommt ihr eine völkerrechtlich bindende Wirkung für beide Vertragspartner zu. Obwohl das „Gesetz Murphy" nur vier Tage vor Unterzeichnung der Car- ter-Torrijos-Verträge erlassen wurde, haben auch die Vorbehalte volle Rechtsgültigkeit erlangt. Eine andere Frage ist, ob die Vorbehalte - die nach hier vertretener Auffassung Angebote zu Neuverhandlungen bedeu- ten - nicht einen neuen Vertrag implizieren, der einem zweiten Plebiszit in Panama aufgrund des Art. 274 der Verfassung von 1972 hätte unter- worfen werden müssen. Da dies nicht geschehen ist, liegt ein Grund der relativen Ungültigkeit des Kanalvertrages vor, der Annulierbarkeit wegen Verfassungswidrigkeit. Das panamaische Außenministerium war seinerzeit

39 Vizepräsident Roderick Esquivei auf der Gipfelkonferenz der Blockfreien- Bewegung in Harare am 5. September 1986. So auch Vize-Außenminister Cabrera auf der Blockfreienkonferenz in Guyana (März 1987).

40 Rede des Staatspräsidenten Eric Arturo Dehalle vor der 41. Generalver- sammlung der Vereinten Nationen am 23. September 1986. Die „Abschaffung oder Reform" des Panamakanal-Gesetzes 96-70 forderte Delvalle erneut in seiner Rede anläßlich der Eröffnung der Legislaturperiode am 1. März 1987.

41 Rede des Ub-rsotschatters Arthur Davis vor der Industrie- und .Handels- kammer Panama am 23. Oktober 1986, La Estrella de Panamá vom 26. und 27. Oktober 1986, S. A 2.

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146 Bernhard Wolf

der Auffassung, daß die Vorbehalte den Vertragsinhalt nicht substantiell modifizieren42. Ob Panama seine Forderung nach Reform des „Gesetzes Murphy" durchsetzen kann, ist angesichts der beiderseitigen Rechtsauffas- sungen zweifelhaft. Die widersprüchlichen Positionen sind politisch ver- ständlich, wenn man sich der starken Opposition gegen die Kanalverträge in beiden Ländern erinnert. Im US-Senat konnte ein Schiffbruch des Ver- tragswerkes nur mit einer Stimme Mehrheit bei Ratifizierung verhindert werden. In Panama hat sich laut Wahlgericht ca. ein Drittel der Bevölke- rung gegen die Verträge ausgesprochen.

III. Das Problem der Sicherheit des Kanals

Das Problem der Sicherheit der Weltseekanäle ist die Folge der Kon- frontation von zwei Interessen: einerseits das Interesse des kleineren Ufer- staates, den Kanal offen und konfliktfrei zu halten - das ist das Problem der Neutralität; andererseits das Interesse einer Großmacht, den Kanal wegen seines strategischen Wertes unter Kontrolle zu halten - das ist das Problem der Verteidigung, das die Souveränität des Territorialstaates be- rührt. Dieser Interessenkonflikt charakterisiert im Grundsatz sowohl den Suez- als auch den Panamakanal48.

1. Das Problem der Verteidigung des Kanals

Die Frage der Verteidigung des Panamakanals stellt sich für die USA und Panama aus unterschiedlicher Sicht. Washington verteidigt in Panama einen ganzen Kontinent, weil Panama Sitz des Hauptquartiers des Ober- kommandos Süd ist. Panama will nur den Kanal verteidigt sehen, weil es die Demilitarisierung des Kanals nach 2000 anstrebt. Bei der Ratifizierung des Vertrages von Tlatelolco (1967) über die Denuklearisierung Latein- amerikas wurde die US-Kanalzone in das Vertragsgebiet mit einbezogen. Die von Präsident Johnson gegründete Kommission für den Bau eines Kanals auf Meeresniveau stellt aber fest, daß „die Verteidigung des gegen- wärtigen Kanals ein integraler Bestandteil der Verteidigung der (beiden) Amerikas ist"44. Daß Verteidigung von Kanal und westlicher Hemisphäre nicht zu trennen sind, zeigt die strategische Schlüsselrolle des Panamakanals.

42 Vgl. Tratados (DEPAT), aaO. (Anm. 37), S. 279, Vgl. auch Europa-Archiv, Folge 23/1977, S. D 640 ff.

43 Anders der Nord-Ostsee-Kanal, der keine internationale, sondern eine Bundeswasserstraße ist; vgl. W.Otto Lampe, Die völkerrechtlidie Situation des Kieler Kanals gestern und heute, 1985, S. 39 f.

44 Vgl. James L. öusey, .Political rroDiem or Location, aspects or tne ranama

Canal, 1974, S. 27 f f .

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Panamakanal-Frage 147

Die Verteidigung des Panamakanals ist eine Fiktion. Jede realistische Einschätzung hat von einer Analyse der Bedrohung auszugehen. Konven- tionelle Luftangriffe erscheinen unwahrscheinlich, weil die potentiellen An- greifer (Sowjetunion, Kuba) als Nutzer des Kanals ein eigenes Interesse an dessen Unversehrtheit haben. Im Nuklearkrieg hat der Kanal keinen mili- tärischen Wert. In der vorhersehbaren Zukunft ist die Bedrohung von innen (Aufständische, Guerilla, Terroristen) die größte Sorge beider Regierungen. Daher sehen die Carter-Torrijos-Verträge für die Übergangszeit gemein- same Verteidigung des Kanals mit prioritärer Verantwortung der USA und für die Zeit über 2000 hinaus ein einseitiges Verteidigungsrecht beider Ver- tragspartner vor. Die größte Bedrohung des Kanals ist politischer, nicht militärischer Art. Ein antagonistisches Panama würde ein ernstes Risiko für den Kanalbetrieb bedeuten. Auch aus diesem Grunde kommt der Unter- stützung von Demokratie und Pluralismus in den zentralamerikanischen Ländern entscheidende Bedeutung zu. „Gegen terroristische Aktivitäten ist der Panamakanal nicht zu verteidigen - kein Ort auf der Erde", erklärte 1986 General Galvin, Chef des US-Oberkommandos Süd45. Das Schleusen- system ist zu leicht verwundbar. Ein Sabotageakt gegen den Erddamm des Gatun-Sees würde genügen, um den Kanal mangels Wasserversorgung für Jahre außer Betrieb zu setzen.

Eine militärische Nutzung des Kanalgebiets kann aus friedenspolitischen Erwägungen überhaupt nur dort akzeptiert werden, wo ihr defensiver Charakter außer Zweifel steht. Nur folgerichtig ist daher die Auffassung Panamas, daß die Präsenz ausländischer Militärbasen in der gegenwärtigen Stärke (14) dem Neutralitätsstatut widerspricht46.

45 General Galvin, Befehlshaber des US-Oberkommandos Süd, erklärte vor der amerikanischen Handelskammer in Panama am 11. Juli 1986: „Die primäre Ver-

teidigung des Panamakanals liegt in dem Bündnis, in der Freundsdiaft und in der Zusammenarbeit von siebzehn Ländern südlidi der Vereinigten Staaten. Idi kann nidit mit 10 000 Mann den Panamakanal insgesamt unter Kontrolle halten". Den

gleichen Grundgedanken formulierte der panamaisdie Sub-Administrator der Pa- namakanal-Kommission, Fernando Manfredo, vor der Föderation der Handels- kammern Panamas am 11. Januar 1987 wie folgt: „Im Rahmen einer wahren Demokratie braudit der Kanal zu seiner Verteidigung nur Polizisten mit Revolver und Gummiknüppel", (vgl. La Prensa vom 12. Januar 1987).

46 Wenn die relevanten Verträge, Hay-Pauncefote- und Isthmus-Konvention, den Begriff „Verteidigung" nidit verwenden, stehen dafür die Begriffe „Sdiutz" und „Sidierheit", die sidi auf Polizeifunktion oder Reglementierung der Durch- fahrt beziehen. „Verteidigung" könnte - so befürditet Panama - die Erriditung militärisdier Stützpunkte legitimieren. Art. XXIII der Isthmus-Konvention von 1903 autorisiert nur die Errichtung von Befestigungsanlagen für „Sicherheit" und „Schutz" des Kanals. Nach panamaischer Auffassung überschreitet der Um- fang der US-Streitkräfte in Panama den Begriffsinhalt der in den genannten

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148 Bernhard Wolf

2. Das Problem der Neutralität des Kanals

Das allgemeine Völkerrecht versteht unter permanenter Neutralität und Neutralisierung das gleiche: ein internationaler Rechtsstatus, dessen Konti- nuität nicht von der Existenz eines spezifischen Kriegszustandes abhängt. Die permanente Neutralität ist das Resultat einer mehrseitigen, die Neutrali- tät pure et simple hingegen einer einseitigen Willenserklärung, durch die ein Staat oder eine geographische Zone von einem bestimmten Kriege aus- genommen wird. Eine temporäre Neutralität kann als juristische Kategorie nur im Kriegsrecht existieren. Klassische Beispiele der Neutralisierung sind die Schweiz, Österreich und der Vatikan47.

Das Neutralitätsregime des Panamakanals leitet sich aus dem Hay- Pauncefote- Vertrag (1901) und der Isthmus-Konvention (1903) ab. Seine völkerrechtliche Gültigkeit wird von der Staatenpraxis bestätigt. Perma- nente Neutralität heißt nicht notwendigerweise Demilitarisierung, obwohl eine Reihe von Völkerrechtlern diese Lehre vertritt. Denn dem Neutrali- tätsstatut steht das Selbstverteidigungsrecht eines jeden Staates nicht ent- gegen, und die Staatenpraxis bestätigt die hier vertretene Auffassung, wie die Beispiele Schweiz und Österreich zeigen.

Der Vertrag über die permanente Neutralität des Panamakanals von 1977 stellt eine Reihe von Problemen:48

a) Formmängel. Die Kritik lateinamerikanischer Völkerrechtler setzt an der Ambiguität der Formulierung an. Der Vertrag stipuliert die Verpflich- tung zur Neutralität einseitig. Gemäß Art. 1 und 11 ist es lediglich „die

Verträgen von 1901 und 1903 zugelassenen „fortifications" zu rein defensiven Zwecken. Vgl. Arosemena, aaO. (Anm. 23), S. 135 ff und 181 ff. Siehe auch Herbert Grubmayer, Die immerwährende Neutralität und der Panamakanal. Ge- schichtliche Entwicklung und völkerrechtliche Stellung, österreichische Zeitschrift für Außenpolitik, 21 Jg., Heft 3, 1981, S. 202 ff. Das Kommunique des pana- maischen Außenministeriums vom 3. März 1972 stellt hierzu fest: die mili- tärische Präsenz der USA in der Kanalzone „verwandelt Panama in ein Zielgebiet für Repressalien im Falle eines Krieges, an dem die USA beteiligt sind, Panama aber nicht. Panama hat keine Feinde. Panama ist ein traditionell pazifisches Land, das niemals irgendeinen anderen Staat anggegriffen hat. Panama hat festgelegte Grenzen und unterhält die besten Beziehungen zu seinen Nachbarn. Panama ist der Auffassung, daß die beste Verteidigung des Kanals dessen Neutralisierung ist", Zeitschrift Loteria Nr. 169, 1972, S. 12.

47 Diese Auffassung vertritt grundsätzlich auch Ingo von Munch, Volkerrecht in programmierter Form, 1982, S. 429 f., obwohl er behauptet, „der Panamakanal ist ebenfalls (d. h. wie der Nord-Ostsee-Kanal) nicht internationalisiert".

48 Vgl. Tratados (DEPAT), aaO. (Anm. 37), S. 179 ff., auch Europa-Archiv, aaO. (Anm. 42), S. D 647. Vgl. César Quintero, La llamada Neutralidad del Canal, in Una Explosión en América: El Canal de Panama; eine Zusammenstellung von Monographien durch Enrique Jaramillo Levy. Quintero bezieht sich auf die Neutralität des Panamakanals aus der Sicht vor dem Inkrafttreten der Carter- Torrijos-Verträge.

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Panamakanal-Frage 1 49

Republik Panama", die „die Neutralität erklärt". Bedeutet dies, daß sich die Vereinigten Staaten nicht auf ein Neutralitätsstatut des Kanals ver- pflichtet fühlen? Dieser Formmangel ist unerheblich; denn am synallagmati- schen Charakter des Neutralità ts Vertrages besteht kein Zweifel.

b) Gültigkeitsprobleme. Eine völkerrechtliche Lehrmeinung behauptet, der Neutralitätsvertrag sei wegen zwei Fehlern49, Kompetenzmangels und unerlaubten Vertragsobjekts, absolut ungültig. Zum gesicherten Bestandteil des universellen Völkerrechts gehören die Gültigkeitsvoraussetzungen völ- kerrechtlicher Vereinbarungen. Neben einem berechtigten Vertragssubjekt sind hier themarelevant die fehlerfreie Willensübereinstimmung und das zulässig Vertragsobjekt. Absolute Ungültigkeit ist gegeben, wenn ein Ver- trag - inter alia - gegen eine zwingende Norm des allgemeinen Völker- rechts (jus cogens) verstößt: unerlaubtes Vertragsobjekt. Relative Ungültig- keit liegt vor, wenn ein Vertrag - von materiellen Fehlern (z. B. Irrtum) abgesehen - formell unter Kompetenzmangel leidet. Der Unterschied be- steht in der Heilbarkeit der Fehler durch Ungültigerklärung der letztge- nannten Vertragskategorie.

Um völkerrechtliche Rechte und Pflichten begründen zu können, muß sich der Bindungswille des Staates auf internationaler Ebene manifestieren. Dies erfolgt je nach Vertragstyp und innerstaatlicher Rechtsordnung durch Unter- zeichnung, Ratifizierung, Notenwechsel, Beitritt oder eine andere von den Vertragsparteien vereinbarte Form. Die Willensübereinstimmung im Neu- tralitätsvertrag manifestierte sich nicht nur durch Unterzeichnung, sondern unterlag auch dem Austausch der Ratifikationsurkunden in Panama. Ge- mäß der Verfassung der Vereinigten Staaten ratifizierte Präsident Carter nach „advice and consent" des Senats. Gemäß Verfassung der Republik Panama mußte aber das Volk im Wege des Plebiszits seine Zustimmung geben. Das Plebiszit fand in Panama am 23. Oktober 1977 statt. Hingegen führte der US-Senat am 16. März 1978 „amendments", Bedingungen, Vor- behalte und Erläuterungen in den Neutralitätsvertrag ein50.

Da Völkerrecht und Verfassungsrecht auf getrennten Ebenen der globalen Rechtsordnung liegen, kann kein Staat sich auf sein innerstaatliches Recht berufen, um die Nichterfüllung einer völkerrechtlichen Verpflichtung zu rechtfertigen. Die Verletzung einer innerstaatlichen Rechtsnorm hinsichtlich

49 Vgl. Julio E. Linares y Tratado concerniente a la Neutralidad Permanente y al Funcionamiento del Canal de Panama, 1970, S. 235 ff.

so Vgl. Tratados (DEPAT), aaO. (Anm. 37), S. 262 ff. und Panama Canal Treaties Reports, aaO. (Anm. 5), S. 5. Die gebilligten Texte der Amendments, Understandings und Reservations zum Kanalvertrag und zum Neutralitätsvertrag sind komplett veröffentlidit im Congressional Record Nr. 38 vom 16. März 1978 (Bd. 124) und Nr. 54 vom 18. April 1978 (Bd. 124). Die Debatten zum Kanal- vertrag sind in Nr. 53 und 54 vom 17. und 18. April 1978 sowie zum Neutrali- tätsvertrag in Nr. 35, 36, 37 und 38 vom 13., 14., 15. und 16. März 1978 (Bd. 124) veröffentlidit.

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der Vertragsabschlußkompetenz kann daher nicht als Fehler der Überein- stimmung geltend gemacht werden. Unerläßlich ist, daß eine derartige Ver- letzung manifest wird und eine Norm von fundamentaler Bedeutung be- rührt (z. B. Zustimmung des Parlaments zur Ratifizierung).

Da das Völkerrecht der Inbegriff von Normen ist, die Rechte und Pflich- ten der Staaten und der sonstigen Völkerrechtssubjekte zum Gegenstand haben, können die Staaten keine vertraglichen Verpflichtungen eingehen, ohne diesen Normenkreis zu respektieren. Alle Verträge müssen daher ein erlaubtes Objekt haben, d. h. einen Gegenstand, der nicht einer imperativen Norm des allgemeinen Völkerrechts (jus cogens) widerspricht51.

Geht man von der herrschenden Lehre aus, daß Verträge nichtig sind, die einem Vertragspartner Verpflichtungen auferlegen, „deren Erfüllung zur Zerstörung der Unabhängigkeit führt"52, dann ist der Neutralitätsvertrag absolut ungültig. Obwohl dieser Gedanke Fiores aus dem vergangenen Jahrhundert datiert, findet er an Prinzipien des Systems der Vereinten Nationen eine Stütze. Zu Recht stellt das panamaische Außenministerium fest, „der Staat kann nicht die Zerstörung seiner eigenen Persönlichkeit kontraktieren", was ungültig wäre53. Dies trifft aber auf den Vorbehalt De Concini nicht zu. Der Assistent Harmon von Senator Sparkman hat recht, wenn er argumentiert, daß die Reserve „De Concini" sich „niemals gegen die territoriale Unversehrtheit oder politische Unabhängigkeit Panamas richten wird"54, weil eine militärische Okkupation des panamaischen Staats- gebiets und Souveränitätsausübung durch die USA an die Zielsetzung ge- bunden ist, den Kanal wieder zu öffnen oder seinen Betrieb fortzusetzen.

c) Rechtswidrigkeit. Außerdem verstößt der Neutralitätsvertrag nach panamaischer Auffassung gegen das Völkerrecht, das Panama einen Rechts- anspruch gewährt, über seine Naturschätze frei zu verfügen. Secretary of State Kissinger hat 1974 bei Unterzeichnung der Gemeinsamen Prinzipien- erklärung anerkannt, daß die geographische Position seines Territoriums die Haupteinnahmequelle der Republik Panama bildet. Zahlreiche Resolu- tionen der Vereinten Nationen stellen fest, daß das Recht eines Staates auf Verfügung und Nutzung seiner Naturschätze seinem Souveränitätsrecht inhärent ist55. Numerische Häufung und inhaltliche Wiederholung von Re- solutionen der Vereinten Nationen beweisen, daß eine zwingende Norm des

51 Der Begriff des jus cogens geht auf die naturrechtliche Denkschule des Völkerrechts (Suarez, Grotius) zurück. Er wurde aber auch von der Mehrzahl der Positivisten akzeptiert und im Laufe des 19. Jahrhunderts generell konsolidiert. Daher wurde dieses Konzept in die Wiener Konvention über das Vertragsrecht von 1969 im Wege der Kodifizierung von Völkergewohnheitsrecht aufgenommen.

52 Vgl. Linares, aaO. (Anm. 49), S. 246 ff. 53 Vgl. Tratados (DEPAT), aaO. (Anm. 37), S. 254 ff. 54 Vgl. Panama Canal Treaties Report, aaO. (Anm. 5), S. 5. S. auch Anm. 50. 55 Vgl Linares, aaU. (Anm. 4V), i>. 221. siehe auch Juan Antonio lacx, roimca

Exterior, 1974, S. 103.

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Panamakanal-Frage 151

allgemeinen Völkergewohnheitsrechts im Entstehen ist. Kein Ausschlies- sungsgrund ist die Tatsache, daß diese Norm erst sehr spät und nur mit zögernder Zustimmung der Völkerrechtssubjekte zustande kommt, wie das Hispano-Luso- Amerikanische Völkerrechtsinstitut auf seinem XII. Kongreß in Mérida 1980 festgestellt hat66.

Der Neutralitätsvertrag verfolgt nach panamaischer Auffassung den Zweck, den USA gewisse Einflußnahmen auf die Form der Betriebsführung des Kanals, der Handhabung der Transitdienstleistungen und der Festle- gung der Kanalnutzungsgebühren zu erlauben. Das „Amendment One" verlangt fünf Kriterien, die Panama beachten muß, bevor es Transitgebüh- ren an neue Lageentwicklungen anpassen darf. Zu diesen fünf Erforder- nissen gehört auch die Berücksichtigung der Interessen der Vereinigten Staa- ten an der Aufrechterhaltung seiner Handelsmarine, am Wachstum des Welthandels und an den Auswirkungen der panamaischen Anpassungsmaß- nahmen auf die Entwicklung der verschiedenen Regionen der USA. Das Recht Panamas, über seine geographische Position hinsichtlich des Kanals frei zu verfügen, wird also von der Bedingung der Wahrung nationaler Interessen der USA auf Kosten der Souveränität Panamas abhängig ge- macht. Welche rechtspolitischen Konsequenzen ergeben sich hieraus?

3. Vorschläge „wahrer" Neutralität

Parallel zur Kritik am Neutralitätsvertrag laufen neue Vorschläge zur Lösung der Panamakanal-Frage. Ausgangspunkt ist der Grundgedanke, daß jede „echte" Neutralität des Kanals nicht nur von einem Staat erklärt und von zwei Staaten garantiert werden kann, sondern von den wichtigsten Kanalbenutzern mitgetragen werden muß. Zu diesem Zwecke sollte die Republik Panama als am künftigen Schicksal des Kanals am meisten inte- ressierter Territorialherr „die direkt oder indirekt interessierten militärischen und maritimen Hauptmächte der Welt" zu einem internationalen Kongreß nach Panama einladen57. Eine multilaterale Vereinbarung soll von der vor-

5<* Vgl. Instituto Hispano-Luso- Americano de Derecho Internacional, 12. Kongreß in Mérida, Venezuela (31. August - 7. September 1980), Veröffentlichung des Generalsekretariats, S. 13.

°' Vgl. Demos, julio Litas, Proyectos para una verdadera neutralidad per- manente del Canal de Panamá, 1986, S. 8 ff. Der panamaische Völkerrechtler Carlos Alfredo López Guevara (ehem. Außenminister) geht darüber hinaus, indem er argumentiert, daß das prioritäre Transitrecht gleich welcher Nation („paso expedito") das Wesen der Neutralität und das Prinzip der Gleichbehandlung zer- stört, was Konflikte hervorrufen und große Gefahr für den Kanal im Falles eines Krieges darstellen kann, an dem die USA beteiligt sind. Aus diesem Grunde müsse das Recht auf „paso expedito", das den USA durch den Neutralitätsvertrag (Art. VI) zugestanden wurde, abgeschafft werden. Vgl. El Tratado Concerniente

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genannten Staatengruppe ausgearbeitet und unterzeichnet werden. Konzep- tionelle Ansatzpunkte wären der Clay ton-Bui wer- Vertrag von 1850, der Hay-Pauncef ote- Vertrag von 1901 (beide unterzeichnet von USA und Groß- britannien), Art. XVIII der Isthmuskonvention von 1903, der den Art. 3 des Hay-Pauncefote- Vertrags hinsichtlich der Neutralität und des Schutzes der Wasserstraße übernimmt, und die Konvention von Konstantinopel von 1888 über die freie Schiffahrt durch den Suezkanal. Die Republik Panama müßte sich zur Ausführung von Entscheidungen des Weltsicherheitsrates hinsichtlich Betrieb und Schutz des Kanals verpflichten. Dies bedeutet Aus- klammerung des Art. 3 des Hay-Pauncefote- Vertrages (Annullierung der 3-Meilen-Grenze des Küstenmeeres) und der Art. 1 und 4 der Konvention von Konstantinopel. Ein Vertrag müßte den Übergang der Kanalverwal- tung von den USA auf die Republik Panama regeln. Hierfür soll keine über maximal 20 Jahre hinausgehende Frist vorgesehen werden.

Auch durch eine formelle Deklaration könnten die übrigen Hauptinteres- senten am freien Transitverkehr zum Ausdruck bringen, daß sie die perma- nente Neutralität des Kanals - möglichst auch des ganzen Isthmus von Panama - respektieren. Diese Erklärung würde dem Frieden in Latein- amerika und der Sicherheit in der Welt dienen.

Derartige Alternativvorschläge sind insofern positiv zu beurteilen, als sie die Basis des Neutralitätsregimes verbreitern. Während im Falle des Suezkanals die Neutralisierung aus einem multilateralen Vertrag (Konven- tion von Konstantinopel) herrührt, der für alle Staaten der Welt zur Unterzeichnung offen ist, wurde die Neutralität des Panamakanals nur durch bilaterale Vereinbarungen festgelegt. Die Vorschläge stellen aber den Wert des Beitritts dritter Staaten zum Neutralitätsprotokoll in Frage. Das Protokoll über die permanente Neutralität und den Betrieb des Pa- namakanals von 1977 sieht in Art. III ein Beitrittsrecht vor (s. Anlage). Bisher haben erst 33 Staaten von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Es fehlt offenbar an der Verdeutlichung der Motivation.

Einerseits stärkt der Beitritt dritter Staaten das Neutralitätsregime des Panamakanals, weil diese die Zielsetzung des Neutralitätsvertrages akzep- tieren. Präsident Delvalle hat den in der 41. VN-Generalversammlung ver- tretenen Regierungen empfohlen, das Neutralitätsprotokoll ohne weitere Verzögerung zu zeichnen. Diese Bestrebungen sollten ernst genommen und ihre generelle Zielrichtung sollte unterstützt werden. Denn sie dient lang- fristig der Rechtssicherheit und politischen Stabilität in einer konfliktreichen Region. Panama sieht sich auf das Empfindlichste beeinträchtigt, wenn Ver- pflichtungen zur Respektierung der Neutralität als res inter alios gesta

a la Neutralidad permanente del Canal y al Funcionamiento del Canal de Pana- ma, in Noveno Curso de Deredio Internacional, veröffentlicht in Organisation Amerikanischer Staaten, 1983, S. 328 ff.

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Panamakanal- F rage 153

Drittstaaten möglicherweise rechtlich nicht binden würden. Freilich werden dritte Staaten mit ihrem Beitritt nicht Vertragspartner. Denn es handelt sich hier um einen Beitritt sui generis: Die Rechtswirkung des Beitritts ist normalerweise, daß der beitretende Staat Vertragspartei wird, Art. I des Neutralitätsvertrages sieht aber den Beitritt (nur) zu den Zielen, nicht zum Vertrag selbst vor. Andernfalls hätten die beitretenden Drittstaaten den USA analoge Rechte und Pflichten hinsichtlich Betrieb und Schutz des Panamakanals.

Andererseits begünstigt der Beitritt dritter Staaten die Rechtsposition der Vereinigten Staaten auf Kosten Panamas, weil die beitretenden Staaten in gewissem Maße das versteckte einseitige Interventionsrecht der USA eben- falls bejahen. Der jetzige Beitritt erschwert somit die später evtl. not- wendige Neuverhandlung des Neutralitätsvertrages. Hier handelt es sich aber um ein Problem der Politik Panamas, falls es nach 2000 Neuverhand- lungen aufnehmen will. Auch die USA schließen diese Möglichkeit nicht aus. Die jetzige heftige Auseinandersetzung mit den USA über die „Lex Murphy" schafft nicht das für Neuverhandlungen notwendige politische Klima. Günstigere Voraussetzungen werden hierfür gegeben sein, wenn über einen neuen Kanal auf Meeresniveau oder einen neuen Schleusensatz für den alten Kanal mit den USA verhandelt werden muß.

4. Das Problem des Vorbehalts zu Verträgen

Geht man davon aus, daß die vom US-Senat gebilligten Erklärungen zu den Carter-Torrijos- Verträgen „Reformen" dieses Vertragswerkes bedeuten, wie Panama behauptet, stellt sich die Frage, ob dessen Gültigkeit von einem neuen Plebiszit in Panama abhängt. Oder sind die Erklärungen von Sena- toren nur als interpretative Erläuterungen der Kanal vertrage zu werten? Dies ist das Problem des Vorbehalts. Zunächst ist festzustellen, daß nicht ihre Bezeichnung, sondern ihr Inhalt die juristischen Wirkungen von Er- klärungen bestimmt. Nach Podestà Costa „charakterisiert sich die Reserve durch ein verspätet und einseitig entstehende Veränderung der Substanz oder Reichweite des Vertrages"58. Einige der Senatserklärungen modifizie- ren in der Tat den Inhalt des Neutralitätsvertrages, wenn auch mit unter- schiedlicher Intensität69:

a) Das „Adment One" (Reserve Church) verändert Art. IV insofern, als ein Recht der Vereinigten Staaten abgeleitet wird, unabhängig vom Anruf Panamas (also einseitig), zur Verteidigung des Kanals gegen jede Bedrohung tätig zu werden. Außerdem interpretiert der Auswärtige Ausschuß des Senats diese Verpflichtung der USA als „automatisch".

ss Podestà Costa, L. A., Deredio Internacional Público, 4. Aufl., 1960, I, S. 391. 59 Vgl. Tratados (DEPAT), aaO. (Anm. 37), S. 262 ff., Panama Canal Treaties

Report, aaO. (Anm. 5), S. 121 ff.

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154 Bernhard Wolf

b) Die „Condition One" (Reserve De Concini) modifiziert den Art. IV des Neutralitätsvertrages aus ähnlichen Motiven wie „Amendment One", indem sie die Berechtigung der Vereinigten Staaten zu Interventionen von Fällen des Angriffs von außen auf Fälle der Bedrohung von innen erweitert; d. h. sie legitimiert den Einsatz militärischer Streitkräfte in Panama, falls der Kanal gesperrt oder sein Betrieb durch Panama behindert wird. Sie modifiziert ferner Art. V des Neutralitätsvertrages insofern, als die USA auch nach dem 31. Dezember 1999 (Übergabe von Betrieb und Schutz des Kanals an Panama) berechtigt sein sollen, Kanalbetrieb, Streitkräfte, Ver-

teidigungspunkte und militärische Einrichtungen in irgendeinem Teil des Territoriums der Republik Panama - wenn auch nur von zeitlich begrenz- ter Dauer - aufrechtzuerhalten. „De Concini" fügt dem Neutralitätsver-

trag unter einem hypothetischen Szenario das Recht der USA auf Inter- vention in Panama bis zur militärischen Besetzung hinzu, d. h. Hoheitsakte zu setzen, die nur dem souveränen Territorialherrn zustehen.

c) Die „Condition Two" (Reserve Nunn) modifiziert die Art. V und VII des Neutralitätsvertrages, indem sie die USA und Panama zum Abschluß von Militärabkommen autorisieren, die den Einsatz der Streitkräfte oder die Errichtung von Verteidigungspunkten der USA in der Republik Panama auch über den 31. Dezember 1999 hinaus gestatten, und zwar ohne Zustim-

mung derjenigen Drittstaaten, die die Ziele des Neutralitätsvertrages mit ihrem Beitritt zum Protokoll bekräftigt haben.

d) Das „Amendment One" (Reserve Church) bestätigt die „Condition One" (Reserve De Concini) und verstärkt - aus den gleichen Motiven wie diese - die Interventionsrechte der Vereinigten Staaten in innerstaat- lichen Angelegenheiten Panamas, insofern als die Ausübung von Funktionen, die gewährleisten, daß der Panamakanal offen, neutral, sicher und zu-

gänglich bleibt, nicht als „Intervention" interpretiert werden kann.

e) Das Amendment Church modifiziert Art. III, Abschnitt I a, Buch- stabe c des Neutralitätsvertrages, indem es fünf Kriterien aufstellt, die Panama berücksichtigen muß, bevor es die Kanalnutzungsgebühren ver- ändert.

f) Das Amendment Brooke („Reserve Five") modifiziert Art. II des

Kanalvertrages und Art. VIII des Neutralitätsvertrages insofern, als dieser nicht 6 Monate nach dem Datum des Austausches der Ratifikationsurkun-

den, sondern erst am 1. Oktober 1979 (d.h. 1 Jahr und 3 1/2 Monate

später) in Kraft treten konnte.

Wie ist die Frage der Gültigkeit rechtlich zu werten? In diesem unge- sicherten Bereich der Völkerrechtstheorie ist nahezu alles kontrovers. Um- stritten ist der Begriff „Vorbehalt", umstritten ist die Anwendbarkeit auf

zweiseitige Verträge; umstritten sind die Rechtswirkungen von Vorbehalts-

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Panamakanal-Frage 155

erklärungen, insbesondere deren Zustimmungsbedürftigkeit60. Sicher ist nur eines: der innerstaatliche Ursprung des Vorbehalts (im Unterschied zur völkerrechtlichen Ebene) in den USA. Durch „amendments" und „under- standings" gestaltet der US-Senat die Vertragspraxis des Präsidenten mit. Im interamerikanischen System gilt, daß ein Vertrag zwischen Staaten mit Vorbehaltserklärung und Vorbehaltswiderspruch nicht in Kraft ist61. Seiner Rechtsnatur nach ist der Vorbehalt ein einseitiger Akt; insofern ist die Einseitigkeit der Interpretation seitens Panama unangreifbar. Ob ein ein- facher Interpretationsvorbehalt oder ein qualifizierter Vorbehalt im Rechts- sinne vorliegt, ist nach Sinn und Zweck der einzelnen Erklärung zu beur- teilen. Als echte Vorbehalte sind nur diejenigen Erklärungen von US-Sena- toren anzusehen, die auf eine Modifizierung der zu gestaltenden Rechtsbe- ziehungen abzielen. Dies wird man hinsichtlich eines - wenn auch ver- schleierten - Interventionsrechts der USA bejahen müssen. Geht man von der Zulässigkeit von Vorbehalten auch zu bilateralen Verträgen aus, so ist die umstrittene Frage nach der Rechtswirkung des Vorbehalts zu ent- scheiden. „Bei zweiseitigen Verträgen hängt die Rechtswirkung von der Zustimmung des Vertragspartners ab"62. Dies resultiert aus dem Konsens- prinzip.

Die Mehrheit der Völkerrechtler stimmt darin überein, daß eine völker- rechtliche Vereinbarung nach Vorbehalten nicht den gleichen Rechtswert wie vor deren Einführung hat. Lauterpacht weist darauf hin, daß die Re- serven im Prinzip das Angebot modifizieren63. Nach Verdross sind sie als neues Vertragsangebot zu betrachten64. Charles Rousseau geht unter Be- rufung auf den Schweizer Rivier vom synallagmatischen Charakter eines Abkommens aus, wenn er sagt, daß eine Ratifizierung unter Vorbehalten nur als ein Angebot neuer Vertragsverhandlungen zu interpretieren ist, sie daher keinen Rechtswert hat, solange die andere Vertragspartei den Vor- behalt nicht in ausdrücklicher Weise akzeptiert65.

Da jeder in Übereinstimmung mit der Wiener Vertragsrechtskonvention von 1969 (Art. 2, 1 d) formulierte Vorbehalt völkerrechtsgemäß ist, hat ein Vorbehaltswiderspruch nicht einmal den Charakter eines völkerrechtlichen Protestes, der sich - ex definitione - immer nur gegen völkerrechtswidrige Akte oder Ansprüche richten kann66. Rechtlich ist also gemäß Wiener Kon-

60 Theodor Schweisfurth, Vorbehalte zu internationalen Verträgen unter beson- derer Berücksichtigung der östlidien Vertragstheorie, Internationales Redit und Diplomatie Jg. 1970, 2. Halbband, S. 46 ff.

«i Schweisfurth, aaO., S. 50. 62 Schweisfurth, aaO., S. 57. 63 Oppenheim-Lauterpacht, International Law, 8. Aufl., Bd. I, S. 913 ff. o* Alfred Verdross, Volkerrecht, 5. Aurl. 1V64, b. 165. 65 Charles Rousseau, Droit International Public, 1971, S. 216. «6 Vgl. /. Kunz, in Strupp-Schlochauer, Wörterbuch des Völkerrechts, Bd. 2,

S. 812.

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vention der Vorbehaltswiderspruch zu einer Deklaration verkümmert, durch die der widersprechende Staat die Modifizierung des ursprünglichen Ange- bots durch den vorbehaltserklärenden Staat (nur) vertragspolitisch miß- billigt67. Um so wichtiger ist die Aussage des Rechtsberaters des Auswärtigen Ausschusses des US-Senats, Michael Glenn on, im Memorandum vom 12. Ja- nuar 1978 (das Senator Edmund S. Muskie am folgenden 9. März in den „Congressional Record" hat aufnehmen lassen): „In jedem Falle wird über die Materie, die einen Vorbehalt darstellt, durch den anderen Signatarstaat entschieden"68. Da Panama einer vorbehaltsbelasteten Ratifikation zuge- stimmt hat, ist der Vertrag gültig zustande gekommen.

IV. Das Problem der Souveränität des Kanals

Seit einem dreiviertel Jahrhundert ist der Souveränitätsaspekt der Angel- punkt im Konflikt. Die epochale Frage lautet: Wem kommen die territoria- len Kompetenzen über die Schiffahrtsstraße und den umliegenden Gelände- streifen zu, dem Uferstaat oder einem anderen die Wasserstraße kontrollie- renden Staat? Die Antwort hängt weitgehend von Einschätzungen ab: (1) von der Rechtsnatur der von Panama den USA übertragenen Rechte - das ist ein Problem der Vertragsinterpretation und (2) von der praktischen Anwendung der limitierten Jurisdiktionsrechte der USA - das ist ein Problem der Politik.

In der modernen Literatur wird vielfach behauptet, das Souveränitäts- problem Panamas habe nur noch ein historisches und akademisches Interesse; es sei gelöst. Dieser Auffassung kann nicht zugestimmt werden; denn die Souveränität Panamas ist und bleibt auch nach dem Jahre 2000 mit einer Hypothek belastet: dem einseitigen verdeckten Interventionsrecht der USA. Bei der Untersuchung dieser Fragen ist zunächst zwischen dem Rechtsstatus des Kanals selbst und seiner Schutzzone zu unterscheiden.

Unstreitig sind die völkerrechtlichen Regeln für das Kanalregime: Inter- nationalisierung, Neutralisierung sowie Befestigungsanlagen nur defen- siver Natur zur Selbstverteidigung. Vom Urteil des Ständigen Internatio- nalen Gerichtshofs im Fall Wimbledon 1923 (Kieler Kanal)69 kann abge- leitet werden, daß der Rechtsstatus der (künstlichen) internationalen Kanäle derselben Natur wie der für die (natürlichen) Meerengen ist und daß sie

67 Schweisfurth, aaO. (Anm. 60), S. 68. 68 Vgl. Lloyd Nash y Minan (Mrs. Harold Herberto Leich): Digest or United

States Practice in International Law, 1978. Office of the Legal Adviser, Depart- ment of State Publication, 1980.

«» Rousseau, aaU. (Anm. 6!>j, span. Ausg. s. 4ib. vgl. ̂ .r.j.i., recueil aes Arrêts, Série A, 9 et 14. Auch Lopez Guevara beruft sich auf den Wimbledon-Fall als Beispiel für das freie Durchfahrtsrecht, aaO. (Anm. 57), S. 326.

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Panamakanal-Frage 157

für neutrale Schiffe nur geschlossen werden können, falls sich der Uferstaat in einem bewaffneten Konflikt befindet. Dies bedeutet, daß das vom Prin- zip der Freiheit der Meere abgeleitete Redit auf friedliche Durchfahrt (innocent passage) durch den im „universellen Interesse internationalisier- ten Kanal" gilt. Das Statut des Panamakanals besteht in der Konzession einer öffentlichen Dienstleistung internationalen Charakters, deren Ver- waltung den USA anvertraut wurde, während die Republik Panama nie- mals auf ihre Souveränität über die Schiffahrtsstraße verzichtet hat. Dies ist die offizielle Position der panamaischen Regierung.

Heftig umstritten hingegen war die Rechtsstellung der ehemaligen US- Kanalzone. Als Schutzgürtel kann sie nicht unabhängig vom Status des Kanals betrachtet werden. Auch diese Zone war einer internationalen „ser- vitudo" ähnlich. Ein Teil der Völkerrechtsdoktrin geht von der Existenz dieses Rechtsinstituts aus und teilt sie in zwei Typen ein: die aktiven Servi- tuten (in faciendo) und die passiven (in non faciendo). Die letzteren hin- dern den Territorialstaat, seine Gebietshoheit ganz oder teilweise auszu- üben, ohne die Substanz des Rechts dadurch zu verlieren. Normalerweise beruhen sie auf Vertrag. Für Verdross bestehen sie auch ohne Vertrag, z. B. die gewohnheitsrechtliche friedliche Durchfahrt durch das Küstenmeer eines anderen Staates70. Im Falle Panamas liegen Verträge vor, die nun auf ihre Themarelevanz zu untersuchen sind.

1. Das Problem der Vertragsinterpretation

Der umstrittene Art. III des Hay-Bunau- Varilla- Vertrages von 1903 gewährt den USA „Rechte, Macht und Autorität . . ., als wenn sie die Souveränität hätten", allerdings unter Ausschluß der Ausübung derartiger souveräner Rechte Panamas (Hervorhebung durch Verf.)71. Wie ist die von Bunau-Varilla beabsichtigte Ambiguität der Formulierungen völkerrechtlich zu werten?

70 Die Existenz von dem Privatredit analogen Staatsservituten im Völkerredit ist kontrovers, vgl. Ständiger Internationaler Geriditshof Serie A, Nr. 1, S. 24. Vgl. Verdross y aaO. (Anm. 64), S. 266. Die Panamaisdie Völkerreditsakademie hat in ihrer Erklärung vom 17. Januar 1957 betont, daß der Betrieb des Panama- kanals auf einer Konzession internationaler öffentlicher Dienstleistungen beruht, weil das Hay-Bunau-Varilla-Abkommen (1903) im wesentlichen ein Vertrag ist, der die „Konzession öffentlicher Dienste internationalen Charakters" zum Gegen- stand hat. Vgl. Juan Materno Vasquez, Tratados del Canal de Panamá, 2. Bd. 1982, S. 255. Das ist auch die Auffassung der Regierung Panamas.

71 Verotrentlicht in Moreno, aaU. (Anm. lj, i>. ó. Mene ìnsoes. Memorandum der Untersuchungskommission vom 26. 11. 1904, in Belisario Porras, El Tratado del Canal y la Lucha por nuestra plena Soberanía, S. 37 ff. Die USA selbst haben später anerkannt, daß die Souveränität über die Kanalzone Panama zu- steht, vgl. Ellsworth Bunker (Verhandlungsleiter), The Panama Canal Negotia-

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158 Bernhard Wolf

Die offizielle Haltung der USA war, daß Panama die „titulare" Souve- ränität über die Kanalzone behalten hat72. Präsident Theodor Roosevelt war der Auffassung, daß der Vertrag Panama (nur) „the equivalent of sover- eignty" beließ73. Die Gegner der Carter-Torrijos- Verträge von 1977 argu- mentieren hingegen, daß die Kanalzone Staatsgebiet der USA war. Diese These findet eine Stütze an Erklärungen von Präsidenten über die terri- toriale Einbindung der Kanalzone als „ein Teil der Küstenlinie der USA" (Hayes 1880)74. Die Konzeption des Kaufs der Zone vertraten konserva- tive Senatoren der Südstaaten der USA. Ein extremer Leugner der pana- maischen Souveränität war Despagnet, der hervorhob: „. . . à l'exclusion de PEtat de Panama dont la souveraineté sur le canal et sa zone n'est plus qu'un vain mot"75. In ähnlichem Sinne verstand W. Taft unter formeller oder nomineller Souveränität eine „idéalité déserte"76.

Panama hat von Anfang an die Rechtsauffassung vertreten, daß es trotz Abtretung bestimmter Rechte zum Betrieb und Schutz des Kanals die volle Gebietshoheit über die Kanalzone behalten hat. Hays Interpretation von Art. III im Sinne eines absoluten Souveränitätstransfers begegnete dem Widerspruch Panamas: „Die Konvention über den Isthmischen Kanal ist weder eine Gebietszession noch eine absolute Souveränitätsübertragung"77. Der Verhandlungsführer Panamas Bunau-Varilla bestätigte diese These: „The United States, without becoming the sovereign, received the exclusive

tion: Popular Myth and Political Reality, in Department of State Bulletin, Vol. LXXIII, No. 1880-1905, 1975, S. 283 ff. Audi Julio Linares argumentiert, daß der Weltgerichtshof die Isthmus-Konvention von 1903 für nichtig erklären sollte wegen Ambiguität ihrer Klauseln und Negierung des Pinzips der Souveränität über die Bodenschätze, vgl. Del Recurso de Nulidad de la Convención del Canal ístmico ante la Corte Internacional de Justicia, 1975, S. 20 ff.

72 Vgl. Eloy Benedetti, Tres Ensayos sobre el Canal de Panamá, 1965, S. 8, siehe auch La F eher, aaO. (Anm. 21), S. 218.

73 Vgl. La Feber, aaO. (Anm. 21), S. 44 und Norman ]. Padelford, The Panama Canal in Peace and War, 1942, S. 48 ff. Der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten bezeichnete die US-Kanalzone im Jahre 1948 als „admittedly territory over which we do not have sovereignty", S. E. Bradford Burns, Panama: New Treaties or New Conflicts?, in Latin America, Februar 1978, S. 76.

74 „Fünfte Grenze Panamas. Vgl. Omar lornjos, La (Quintera frontera, 2. Aufl., 1981.

75 Vgl. Franti Despagnet , Cour de droit international public, 4. Aufl. 1910, S. 634.

76 Nach w. Taft hat die panamaische Regierung nur eine tonnelle bouveranitat: „Für unsere angelsächsische Mentalität ist eine formelle Souveränität, wie der Gou- verneur von Ohio, Allen, sagte, eine 'idéalité déserte*. Aber die spanische oder lateinamerikanische Mentalität mißt Worten und Formeln eine große Bedeutung bei. Zit. nach Fernando Morales: Panama, la Bataille pour la Zone du Canal, Avril 1973, S. 38.

77 Siehe Anm. 32.

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Panamakanal-Frage 159

u s e of the rights of sovereignty while respecting the sovereignty itself of the Panama Republic"78.

Eine Wertung muß von folgenden Kriterien ausgehen : Erstens folgt aus dem Wortlaut selbst, daß Art. III keine Zession von

Souveränität bedeutet. Das grammatikalische Phänomen des Konditional- satzes „(as) if it were the sovereign" verdeutlicht den Unterschied zwischen Hypothese und Realität. Die Formulierung einer hypothetischen Bedingung bestätigt per argumentum e contrario, daß die Souveränität tatsächlich nicht übertragen wurde; sonst verlöre die if-Formel ihre Daseinsberechtigung79. Ricardo Alfaro ist zuzustimmen, wenn er sagt, daß die Klausel „eine Be- dingung implizierter Negation" enthält80.

Zweitens - und wesentlicher - kommt es auf eine ganzheitliche Inter- pretation einer Vertragsbestimmung an, die Motiv und Zweck einschließt81. Gemäß Art. II der Isthmus-Konvention von 1903 beschränken sich die übertragenen Rechte der USA auf „usage, occupation and control" einer Zone82. Der Fall Panama ist also nicht mit dem Kauf von Alaska oder Louisiana auf ein- und dieselbe Stufe zu stellen. Der Verhandlungsführer der USA, Botschafter Sol Linowitz, kommentiert zutreffend: „If we had sovereignty we would not have needed the words that we have certain rights . . .a83.

Drittens - und entscheidend - ist der zweite Halbsatz des Art. III (unter Ausschluß derartiger souveräner Rechte der Republik Panama) re- striktiv zu interpretieren; denn „les limitations de la souveraineté ne se présument pas", wie der Ständige Internationale Gerichtshof im Lotus-Fall festgestellt hat84.

78 Bunau-V arilla, Panama, La Création, Destruction et Résurrection, 1913, S. 8 ff.

79 Vgl. Oxford Advanced Learner's Dictionary of Current English, 1974, S. 428, r. Spake: Past Tense in the if-clause, indicating a condition that cannot be, or is unlikely to be realized . . .: If you were a bird, you could fly".

80 Alfaro, aaO. (Anm. 28) bestätigt das gleiche Kriterium wie Obaldía, aaO. (s. Anm. 32).

81 Vattel bemerkt zutreffend: „Le motif qui conduit à la négociation et l'objet qui se considère au temps d'une négociation est la clef plus exacte pour arriver à la découverte de sa signification réelle. On doit prêter valeur à cette circonstance chaque fois que se présente une question obscure, ambigue ou indéterminée dans une loi ou un traité, ou au moment de son application dans un cas particulier", zit. nach Fabrega, Panama y los Estados Unidos ante el problema del Canal, 1966, S. 144 f.

82 Moreno y aaO., S. 2. Siehe auch Belisano Forras in Anm. 71. 83 Vgl. ¡orden, aaO. (Anm. 35), S. 468 ff. Siehe auch Panama Canal Treaties

(Anm. 5), 1978, S. 70. 84 Rousseau, aaO. (Anm. 65), Span. Ausg. S. 425.

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160 Bernhard Wolf

2. Das Problem der beschränkten Souveränität

Die Darstellung der Rechtslage des Panamakanals wäre unvollständig, wenn sie nicht auch in diesem Zusammenhang die im modernen Völkerrecht so zentrale Bedeutung des Selbstbestimmungsrechts und der Nichteinmischung hervorheben würde. Im Prinzip sind sich beide Vertragspartner einig: Inter- vention ist kein Recht, sondern ein Delikt. Sie verletzt das Selbstbestim- mungsrecht der Völker und die Prinzipien der souveränen Gleichheit und politischen Unabhängigkeit der Staaten85. Das Interventionsverbot besteht nicht erst aufgrund der Charta der Vereinten Nationen (Art. 2/4), der Charta der Organisation Amerikanischer Staaten (Art. 18) und des Inter- amerikanischen Vertrages über Gegenseitige Hilfe (Rio-Pakt, Art. I), auch nicht erst seit der 7. Panamerikanischen Konferenz in Montevideo von 1933, im allgemeinen Völkerrecht, sondern tendenziell bereits seit dem Briand- Kellog-Pakt (1928). Art. V des Kanalvertrags, der das Prinzip der Nicht- Intervention bekräftigt, ist vom juristischen Standpunkt also überflüssig. Die Wiederholung war eine politisch vorsorgliche Maßnahme; denn es ist eine alte Erfahrung aus internationalen Verhandlungen, daß eine auf kon- krete völkerrechtliche Vereinbarung gestützte Argumentation sich als stär- ker, weil überzeugender erweist als eine Berufung auf allgemeine Rechts- grundsätze.

Die Ausnahme bildet ein Vertrag, der die Einmischung in innerstaatliche Angelegenheiten eines anderen Staates ausdrücklich zuläßt. Lex specialis derogat legi generali; dies ist der Fall des Panamakanals. Für eine bestimmte völkerrechtliche Lehrmeinung bedeuten die Vorbehalte (amendments and understandings) von US-Senatoren ein „Angriffsrecht"86, weil das „Amend- ment One" zum Art. IV des Neutralitätsvertrages den USA ein Recht „to act" („derecho de actuar") für den Fall einräumt, daß die Sicherheit des

85 Zur bedenklidien Begriffsbestimmung „Intervention" bemerkt zutreffend Jorden: „Intervention in Panama and in the minds of the Latin Americans has a very special meaning. When Latin Americans think about intervention they think of foreign troops coming in, killing their people, removing their government or replacing their government, taking over and running the show, and that is the context of 'intevention' for the last 150 years in Latin America. They remember the Spanish, they remember the French in Mexico, they remember Haiti and Nicaragua, and all the rest of it. When they talk about 'intervention* that hits a

very sensitive nerve, and it is bloody difficult for any Panamanian to say: 'Yes, we have given the United States the right to intervene', S. 560 ff. Now when we are talking about 'intervention', we are talking about a very different thing. We are talking about fulfilling a specific treaty obligation to protect the Panama Canal, not to destroy Panama or replace the government, but to protect that canal ... All these countries that use the canal want to have it protected, want to have it open and safe, and would be quite happy if the United States did protect it"; vgl. Jorden, aaO. (Anm. 35), S. 560 ff.

86 Siehe Anm. 50.

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Panamakanal- Frage 161

Kanals durch Angriff oder Bedrohung gefährdet ist87. Dieser Auffassung pflichten Politiker bei, die aus anderen als völkerrechtlichen Gründen Geg- ner der Carter-Torrijos-Verträge sind, indem sie argumentieren, daß die Anwendung militärischer Gewalt bis zur Okkupation des panamaischen Staatsgebietes und zur Ausübung souveräner Rechte zulässig ist, die „die Zerstörung der politischen Unabhängigkeit und territorialen Integrität" im- pliziert88, obwohl dasselbe Amendment den Vorbehalt einschließt, daß die vorgenannte Aussage nicht ein Interventionsrecht in innere Angelegen- heiten Panamas bedeutet, sondern als Recht zu Aktionen verstanden werden muß, die sicherstellen sollen, daß der Kanal „offen, sicher und zugänglich" bleibt, weswegen sie sich nicht gegen die Unabhängigkeit und territoriale Integrität Panamas richten89.

Das Amendment Church hatte offenbar die Funktion, die interventio- nistischen Aspekte des Amendment De Concini zu neutralisieren. Dieses Ziel wurde aber kaum erreicht. Was Senator Church damit bewirkte, war eher eine Bekräftigung des sog. einseitigen Interventionsrechts der USA; denn die „reserve Church" ist ein Vorbehalt zum Kanal vertrag, nicht zum Neu- tralitätsvertrag. Nach Beendigung der Gültigkeit des ersten, bleibt der zweite in Kraft und somit das behauptete Interventionsrecht der USA über das Jahr 2000 hinaus.

Die panamaische Regierung ist der Auffassung, daß ein militärisches Ein- greifen der USA zum Schütze des Kanals erst nach Konsultation mit Pana- ma erfolgen wird. Sie lehnt daher den Begriff des „einseitigen Interventions- rechts" der USA ab. Denn nicht die Souveränität Panamas sei dadurch limi- tiert, sondern die Jurisdiktionellen Funktionen seien zu spezifischen Zwecken, um den Kanal neutral, sicher und offen zu halten, eingeschränkt90.

Panamaische Völkerrechtler sind der Auffassung, daß der Zweck der Aktion die Wiedereröffnung des Kanals ist; um diesen Zweck zu erfüllen, muß aber das Mittel des Interventionsaktes angewandt werden (z. B. mili- tärische Besetzung von Land- und Wasser gebieten um den Kanal herum). Nicht das sinnvolle Ziel verletzt also die Souveränität Panamas, sondern die unheilvolle mögliche Ausübung der Rechte der USA zur Erreichung dieses Zieles91.

87 Siehe Anm. 50. 88 Vgl. Linares, aaO. (Anm. 49), S. 246 tt. 8« Siehe Anm. 50 und Linares, aaO. (Anm. 49), S. 218 ff. 9<> Vgl. Tratados (DEPAT), aaO. (Anm. 37), S. 254 tt. 9* Vgl. Linares, aaO. (Anm. 49), S. 203. Cyrus Vance behauptet folgendes:

„Under the Neutrality Treaty - and I want to make this point very clear - the United States has the right to take any action we decide is necessary - including the use of troops - to meet any threat or aggression directed either against the Canal or against the passage of any ship - ours or anyone else's - through the Canal. That does not mean that we have the right to meddle in the internal affairs of Panama. It does mean, however, that we can defend and protect the Canal

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162 Bernhard Wolf

Die Carter-Torrijos- Verträge von 1977 legen fest, daß Panama die territoriale Souveränität über sein Staatsgebiet ausübt92. Diese Souveränität ist zwei Kategorien von Beschränkungen unterworfen:

a) Bis Ende 1999 sind noch ca. 40% der ehemaligen US-Kanalzone unter US-Kontrolle zu operationeilen und militärischen Zwecken; und

b) während der Übergangszeit und über das Jahr 2000 hinaus können die Vereinigten Staaten von ihrem verdeckten einseitigen Interventionsrecht Gebrauch machen, um den Kanal „permanent neutral" zu halten. Das „amendment No. 1" des Senators De Concini zum Art. IV verstärkt den interventionistischen Aspekt durch den Zusatz des Rechts der USA, Maß- nahmen zu ergreifen („to act"), um den Kanal „offen, sicher und zugäng- lich" zu halten93.

Ein möglicher Anwendungsbereich für die erste Kategorie der von Pana- ma akzeptierten Souveränitätsbeschränkung ist z. B. die strafrechtliche und steuerrechtliche Jurisdiktion der USA in der ehemaligen US-Kanalzone über US-Staatsangehörige, die in der Panamakanal-Kommission sowie in dem „Gebiet militärischer Koordinierung" und den Verteidigungsbereichen ar- beiten („Militärbasen" sind eliminiert)94.

Eine Beschränkung der Willensautonomie Panamas im Rahmen der zwei- ten Kategorie liegt darin, daß Panama verpflichtet ist, das Neutralitäts- regime hinsichtlich gleich welchen Kanals aufrechtzuerhalten, der im Isthmus von Panama während der jetzigen Übergangszeit und nach 2000 gebaut werden könnte. Falls beispielsweise Panama einen Kanal im Darién mit irgendeinem Drittstaat bauen wollte, haben die US-Kriegsschiffe das Recht auf prioritäre Passage95.

Auf der Basis des Amendment Nr. 1 (De Concini), demzufolge die USA „gleich welche Aktion" zur Aufrechterhaltung des Kanalbetriebs unterneh- men dürfen, könnte als Motiv seitens der USA eine Störung gleich welcher Art geltend gemacht werden, wie der „Zwischenfall der Melonenscheibe" gezeigt hat. Die hierdurch verursachte Intervention der USA in Panama (1856) fand ihre rechtliche Begründung in Art. XXXV des Mallarino-Bid- lack-Vertrages von 1846 zwischen USA und Neu-Grenada, wonach die USA verpflichtet waren, die Neutralität, die freie Durchfahrt und die Souveräni- tät von Neu-Grenada über den Isthmus von Panama aufrechtzuerhalten96.

before and after the year 2000". Siehe Cyrus Vance, Western Hemisphere: Panama Canal Treaties, Department of State Bulletin, Feb. 1978, S. 57.

»2 Vgl. Tratados (DEPAT), aaO. (Anm. 38), Preambel, Arts. I, III, S. 5 tt. S. audi López Guevara, aaO. (Anm. 38), S. 234 ff.

«3 Vgl. Comunicado des AuiSenministeriums vom 25. April iV/ö, b. z/ö; auch Anm. 59.

»4 Vgl. Tratados (DEPAT), Anm. 38, S. 81 ff. »5 Vgl. Tratados (DEPAT), Anm. 38, S. 5 ff., Preambel, Art. I und III. 9« Vgl. Linares, aaO. (Anm. 49), S. 246 ff.

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Panamakanal-Frage 163

Wie lassen sich die Sicherheitsinteressen der USA und das Souveränitäts- recht von Panama harmonisieren? Die beiderseitigen Interessen sind legitim. Sie sind nicht unvereinbar. Denn Panama und mit ihm ganz Lateinamerika anerkennen das Sicherheitsbedürfnis der USA hinsichtlich des Kanals. Sicher- heit ist auch für Panama lebenswichtig, weil ohne diese Voraussetzung die für Panama ausschlaggebende Wirtschaft nicht florieren kann.

Einerseits besteht in der rechtstheoretischen Konstruktion kein Zweifel, daß das Recht der USA, zweckentsprechende Maßnahmen zu ergreifen, den vertraglichen Ausnahmefall zulässiger Gewaltanwendung abdeckt. Anderer- seits beeinträchtigt die praktische Anwendung dieses Rechts die legitimen Interessen des Souveräns, über dessen Staatsgebiet der interozeanische Ver- kehrsweg erbaut wurde, und der übrigen Mitglieder der Völkergemeinschaft als Kanalbenutzer. Dieses Dilemma hat General Torrijos offenbar gesehen, als er bei Unterzeichung in Washington sagte, „dieser Vertrag (Neutralitäts- vertrag) setzt uns unter den defensiven Schirm des Pentagon; wenn er von den künftigen Generationen nicht mit Vernunft gehandhabt wird, kann er sich in ein Instrument permanenter Intervention verwandeln"97. Es handelt sich um Normen, deren Anwendung große Vorsicht, viel Takt und guten Willen voraussetzt. Hierbei ist der Respekt vor dem Selbstbestimmungsrecht der Völker von ausschlaggebender Bedeutung. Dies ist auch der Aussage von General Denis McAuliffe, damals Chef des Oberkommandos Süd, vor dem Auswärtigen Ausschuß des Senats zu entnehmen, „the most effec- tive defense of the Canal can be obtained in conjunction with a friendly Panama"98.

Das panamaische Volk ist nicht antiamerikanisch. Es gibt Autoren, die es das amerika-freundlichste Volk Lateinamerikas nennen. Aber es ist anti-„Zonians" eingestellt, d. h. antikolonial, gegen die Bewohner der US- Kanalzone. Seit dem ersten Protest Panamas von 1904 gegen den Hay- Bunau- Vertrag von 1903 hat Panama eine als epochalen Lebenskampf em- pfundene Frontstellung gegen die USA bezogen. Wenn das gespannte Ver- hältnis, vom Problem der Kanalzone entblößt, sich auch in der Mentalität des Volkes entkrampft, wird eine Lösung erleichtert. Es gibt für alle Pro- bleme eine Lösung, wenn die Umstände günstig sind. Zu einem neuen und reiferen Verhältnis zwischen Kleinstaat und Supermacht werden die gemein- samen Studien über die Alternativen zum Panamakanal führen. Es steht zu

97 Vgl. Tratados (DEPAT), aaO. (Anm. 37), S. 175 und 181. S. auch Omar Torrijos, aaO. (Anm. 74), 1981, S. 90.

98 Arr. I und VI des Neutralitätsvertrages, in: Tratados (DEPART), S. 179 und 181. Denis P. McAuliffe, jetzt Administrator der Panamakanal-Kommission, war sdion als General und US-Oberbefehlshaber Süd der Auffassung, daß für die Zugänglidikeit und Sidierheit des Kanals wichtig ist „a friendly environment around the Canal in which to operate, and we can do all of our defense tasks better in a friendly rather than hostile environment". Vgl. Panama Canal Treaties Report, aaO. (Anm. 5), S. 85.

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erwarten, daß diese ihre einigende Kraft nicht verfehlen werden. Mit der bilateralen Fragestellung war eine Verengung der Sicht der Probleme ver- bunden. Von neuen globalen Ansätzen ist eine gewisse Auflockerung der verhärteten zweiseitigen Vertragspositionen zu erhoffen.

Wie wird Panama auf US-Interventionen reagieren? Das hängt von den Formen der Aktionen ab". Falls die vorgenannten Prämissen außer Acht ge- lassen werden, ist nicht auszuschließen, daß Panama als Sitzstaat des Conta- dora-Prozesses sich an diese Gruppe und an das zu wählende zentral-ameri- kanische Parlament (Vorschlag des Präsidenten von Guatemala auf der Gipfelkonferenz von Esquipulas im Mai 1986), an die Organisation der Amerikanischen Staaten und an die Vereinten Nationen wenden wird, um jene multilaterale politische Unterstützung zu erreichen, die es bereits im Weltsicherheitsrat (1973) und in der Blockfreienbewegung erhalten hat, als sich die Souveränitätsfrage über die US-Kanalzone zuspitzte.

V. Globale Verflechtungen der Panamakanal-Frage

1. Einflechtung in die maritime Weltwirtschaft

Neben Souveränität und Sicherheit ruht die Lösung der Panamakanal- Frage auf einem dritten Pfeiler: der wirtschaftlichen Nutzung des Kanals. Hierbei geht es um drei Problemkreise: (a) Beteiligung an den Kanalein- nahmen; (b) „Rückfall" des Kanalgebiets und (c) Übergabe eines wirt- schaftlich nutzbaren Kanals im Jahre 2000100.

a) Für Panama ist der Kanal eine Haupteinnahme- und Beschäftigungs- quelle. Die USA zahlen jährlich 10 Mio US-$ Annuität, 10 Mio für öffent- liche Dienstleistungen und bis zu 10 Mio US- S „contingency profit". Panama hat außerdem Jahreseinnahmen von ca. 55 Mio $ aus Gebühren (0,31 $ pro Panama-Netto-Tonne)101. Da der Panamakanal auf Kosten- deckungsbasis operiert, gab es seit 1914 nur vier Gebührenerhöhungen, die letzte 1983; für die nächsten Jahre ist keine Anhebung zu erwarten. Panama fordert erhöhte Beteiligung an den direkten und indirekten Einnahmen der Kanalkommission102, obwohl es seine direkten Einnahmen in den sieben

99 Marcia Rijfkogel, El Art. XXXV del Tratado Mallarino-Bidlack, in: Rela- ciones entre Panamá y Estados Unidos, S. 109 ff.

loo Jorden, aaO. (Anm. 35), S. 435, Passim, Oydén Ortega Duran, Contadora y su Verdad, 1985.

loi Diese Maßeinheit bedeutet nicht Ladungsgewicht, sondern Ladungsraum (vacuum net tonnage).

102 Siehe das Problem des „Superavit" oben b. 15 t. Vgl. auch Urtega, aaU. (Anm. 38), S. 42 ff. S. auch Gesetz 96-70 der USA in Memoria del Ministerio de Relaciones Exteriores, 1978-79, S. 137. Die Texte der Amendments und der Debatten zum Panamakanal-Gesetz sind im Congressional Record Nr. 64 v. 21. Mai 1979 (Bd. 125) veröffentlicht.

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Panamakanal-Frage 165

Jahren der Vertragsdurchführung (1979-1986) auf 550 Mio $ im Ver- gleich mit nur 70 Mio $ von 1914 bis 1979 steigern konnte.

b) Der „Rückfall" des Schutzgürtels des Kanals an Panama führt zur Frage, wie dieses Gebiet entwickelt wird. Es geht um eine mit Industriali- sierung verbundene Landverteilung im Umfang von ca. 60% der ehemali- gen US-„Kanalzone" (die restlichen 40% werden zu operativen und mili- tärischen Zwecken benötigt). Dies ist innenpolitisch so heiß umkämpft, daß sich die Regierung weder auf ein Durchführungsgesetz zum Kanalvertrag noch auf einen Entwicklungsplan für die „Tierra Revertida" hat einigen können. Hier liegt die Schwachstelle in der Konzeption der „neuen Kanal- politik103.

Die Regierung steht außerdem vor einem entwicklungspolitischen Dilem- ma: Hat die Entwicklung des Kanalgebietes oder die Förderung von Land- wirtschaft und Sozialbereich Vorrang? Entwicklungspolitiker bezeichnen die erste Option als „Nord-Süd-Strategie", die zweite als „Ost-West-Strategie". Der Erzbischof von Panama, Marcos Gregorio McGrath, hat in einer viel beachteten Studie nachgewiesen, daß Armut und Rückstand in Panama auf die traditionelle Priorität für die Kanal- und Metropolitanzone zurückzu- führen ist104. Der Motor des Wirtschaftswachstums ist der Dienstleistungs- sektor, zu dem - neben dem Bankenzentrum Lateinamerikas und der Frei- handelszone - auch der Kanal (9% des BIP) gehört105.

c) Ein Ausweg aus diesem Dilemma und der Unterentwicklung wird in der zunehmenden Einflechtung Panamas in die maritime Weltwirtschaft ge- sehen. Nach dem Assoziationsmodell tendiert Panama zur immer ausge- prägteren Integration in den Weltmarkt. Die Planung der Kanalkommission geht von einem langfristigen gemäßigten Wachstum des Weltseeverkehrs aus. Die Handelsströme der USA verlagern sich immer mehr von Europa auf

103 Ein personell und finanziell sdiwadi dotiertes Büro DEPAT (Dirección Ejecutiva para Asuntos del Tratado) des Außenministeriums bemüht sich um Er- arbeitung von Entscheidungsgrundlagen. Das Parlament sieht seine prioritäre Aufgabe für 1987 in der Erörterung der von der regierenden Mehrheitspartei seit langem diskutierten Gündung einer autonomen Behörde CODAC (Corporación para el Desarollo del Area Canalera), zu dessen Funktion die Erarbeitung eines Entwicklungsmodells für das Kanalgebiet, eines Verwaltungsmodells für den Kanal ab 2000 und die Beratung der Studienkommission über die Alternativen zum Panamakanal gehört. DEPAT, gegründet durch Dekret Nr. 21 vom 8. Februar 1980, wurde gemäß Dekret Nr. 39 vom 9. März 1983 dem Außenministerium angeglie- dert. Vgl. Memoria del Ministerio de Relaciones Exteriores 1983, S. 20 ff. Es gibt bisher nur einen, vom Parlament noch nicht gebilligten, Gesetzentwurf vom März 1987.

104 Marcos Gregorio McGrath (Hg.): Hacia una hconomia mas Humana. Re- flexiones Cristianas para el Desarrollo de Panamá, con prioridad en los mas pobres, 1985, S. 55 ff. und 71 f.

105 Deutsch-Südamerikanische Bank, Kurzbericht über Lateinamerika Nr. 3/86, S. 110.

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Südostasien, was die Transittendenz durch Panama auch kurz- und mittel- fristig steigert106. Mit dieser Expansion - so wird behauptet - halte der Kanal nicht Schritt. Die ein Dreivierteljahrhundert alten Schleusenmechanis- men seien heute technisch obsolet. Angesichts der wachsenden Schiffsgröße sei die Transitkapazität des Kanals erschöpft107. Diese Kritik ist eher als taktische Argumentation Panamas zu werten, um die USA anzuhalten, den Kanal vertragsgemäß so zu verbessern, daß „die Transitbedingungen . . . den steigenden Anforderungen des Weltseehandels entsprechen"108.

Denn mit der Statistik läßt sich diese Ansicht nicht belegen. Die Anzahl der täglichen Passagen stieg von 31. 1 (1984) auf 33 (1986); jährlich von 12 766 (1985) auf 13 278 (1986). Der Transitverkehr wuchs nach Panama- Netto-Tonnage noch deutlicher von 356,687 (1985) auf 421,254 (1986)10». Das Modernisierungsprogramm nutzt dem Spielraum für Transitzuwachs von 33 auf maximal 42 Schiffen pro Tag. Die Panamakanal-Kommission verausgabt aus ihrem jährlichen Budget von über 400 Mio US-$ nahezu 100 Mio (25%) für Unterhaltung und Modernisierung des Kanals. Im Hin- blick auf die kritischen Jahre bis 2000 erhält das Ausbildungsprogramm hohe Priorität. Seit 1979 wurde die panamaische Beteiligung um 130% erhöht, so daß in der Kommission heute 83% Panamaen tätig sind. Deren Effizienz wird im Hinblick auf ihre volle Verantwortung ab 2000 von ihren nord- amerikanischen Kollegen nicht in Zweifel gezogen, sofern Eingriffe von militärischer Seite unterbleiben. Laut Erklärungen des Administrator Mc Auliffe ist der seit 1914 ohne Unterbrechung funktionierende Kanal in „aus- gezeichneter Kondition"110.

io« Biermeier, Jens D., Atlantik-Pazifik: Die neuen Trends in USA, Außen- politik Nr. 1/87, S. 58 ff.

107 Die These vom obsoleten Panamakanal wird von zahlreichen Publizisten vertreten, vgl. z. B. FAZ vom 12. Mai 1984. Laut Marcel Niedergang, Les vingt Amériques Latines, 1969, hätten Experten des Pentagon vorausgesagt, daß der Panamakanal wegen Überschreitens der Grenze der Benutzungsfähigkeit „bis 1980 vollkommen veraltet sein wird", vgl. deutsche Übersetzung 20 mal Lateinamerika, 1971, S. 446.

108 Vgl. Außenminister Dr. Abadia, El problema de la Ley 96-70 y las viola- ciones del Tratado, S. 13 und 18.

109 Statistik der Panamakanal-Kommission, Office of Executive Planning. Die Hauptnutzer des Kanals sind Panama, Liberia, Japan, USA, UdSSR, Griechenland und Großbritannien. Diese Flaggenstaaten stellen 60% des Jahrestransits nach Schiffsanzahl, Frachtvolumen und Gebührenanteil dar. Die Bundesrepublik Deutsch- land steht an 10. Stelle; siehe Panama Canal Commission, Annual Report, Fiscal Year 1985, S. 51. Vgl. auch fernando Manfredo, El Canal de Panamá, Revista Lotería No. 362, 1986, S. 70 ff.

110 Fanamakanal-Kommission, aaU., b. 1-11 und ló. Kaum menr verDesserungs- fähig sind freilich die durchschnittlichen Transitzeiten von 8-9 Stunden (von Schleuse zu Schleuse) und 23,9 Std. von Tiefwasser zu Tiefwasser, einschl. Hafen- liegezeiten.

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Panamakanal-Frage 167

Auch das andere Gegenargument mangelnder Transitfähigkeit bestimm- ter Schiffstypen ist nicht absolut stichhaltig. Denn deren maximal zulässigen Abmessungen von 106 Fuß Breite bedeuten kaum ein Hindernis für die Weltschiffahrt (98% kommerziell). Nicht transitfähig sind nur drei Kate- gorien von Schiffen, wobei nicht ihr Gewicht, sondern ihre Konfiguration der Ausschließungsgrund ist: die Super-Öltanker VLCC (100 - 200 000 Pa- nama-Netto-Tonnen) und ULCC (200 - 500 000 t), die Super-Flugzeug- träger (Attack Aircraft Carrier) und wenige Super-Passagierschiffe. Hiervon ist die zivile Komponente (unter 5% aller Handelsmarinen der Welt) nur von theoretischer Bedeutung, weil die Super-Öltanker fast ausschließlich andere Routen als Panama benutzen; Super-Passagierschiffe wie Queen Elizabeth I. und Queen Mary laufen ohnehin aus. Die militärische Kompo- nente fällt ebenso wenig ins Gewicht, weil die USA über eine „Two Ocean Navy" verfügen, und die viel zahlreicheren Begleitschiffe ihrer Super-Flug- zeugträger kein Transitproblem darstellen. Die jetzt noch zu verneinende Frage, ob Aufwand und Ertrag des Kanals in ein Mißverhältnis zueinander geraten, leitet zu den Alternativen über.

2. Einbettung in die globale Vision der Alternativen

Die Zukunft des Panamakanals hängt entscheidend von den Schlußfolge- rungen der Trilateralen Studienkommission (USA, Japan, Panama) über die Alternativen zum bestehenden Kanal ab. Schon die Interozeanische Kom- mission unter Präsident Johnson hatte den Bau eines schleusenlosen Kanals vorgeschlagen; ein entsprechender Vertragsentwurf war 1967 aber abgelehnt worden. Nun anerkennt Art. XII, Abs. 1 des Kanalvertrags von 1977, ein „sea-level canal may be important for international navigation in the future". Daher gründeten die Regierungen der USA und Panamas mit Notenwechsel vom 30. September 1982 ein Vorbereitungskommittee zum Studium der Rahmenbedingungen für die „Feasibility Study" der Alter- nativen, einschließlich eines Kanals auf Meeresniveau, und luden Japan als Mitglied ein. Das Trilaterale Kommittee legte nach sieben formellen Sitzun- gen von 1982 bis 1985 seinen Abschlußbericht mit Empfehlungen an die Mitgliedsregierungen vor. Im Januar 1986 nahmen das permanente Sekre- tariat der Studienkommission mit Sitz in Panama und im Juni 1986 der „Board of Commissioners" ihre Tätigkeiten auf111.

Ziel der Studie ist, alle potentiellen Verkehrsverbindungen über den Isth- mus von Panama zu identifizieren und zu evaluieren, die beste Alternative auszuwählen und hierfür konzeptionelle Pläne den drei Regierungen vorzu- legen. Die breit angelegte Skala von Komponenten der interdisziplinären Studie reicht

111 Zur Beteiligung vierter Staaten siehe section 9 des anliegenden „arrangements". Siehe auch Informe del Ministerio de Relaciones Exteriores, 1986, S. 229 ff.

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168 Bernhard Wolf

- historisch von Humboldts Vorschlägen bis zur Gegenwart, - regional vom „Landkanal" in Mexiko bis zum Atrato-Fluß in Kolumbien - sektoral vom geographisch-biologischen Inventar über die sozio-ökono-

mischen Auswirkungen jeder einzelnen Alternative bis zu politischen, technologischen und ökologischen Implikationen sowie

- global bis zur Nachfrage des Weltseehandels im 21. Jahrhundert unter besonderer Berücksichtigung des Schiffstypentrends, der Frachtenstruktur und der maritimen Verkehrsrouten.

Im Mittelpunkt aller Analysen steht der Status des Panamakanals im Wettbewerb mit anderen transisthmischen Verkehrsträgern. Durch Con- tainerverkehr sollen Atlantik und Pazifik verbunden werden, so daß Panama und Colón praktisch zu einem Hafen zusammenwachsen. Dieses „Center Port" genannte Vorhaben ist „das größte singuläre Entwicklungs- projekt Panamas" (UNDP).

Grundsätzlich gibt es vier Optionen: a) Expansion des gegenwärtigen Kanals:

Dritter Schleusensatz, Erweiterung, Vertiefung und Begradigung der Fahr- rinne, Vergrößerung des Seewasserreservoirs und Verbesserung operativer Systeme;

b) Bau eines schleusenlosen Kanals: Dieser ist gemäß Art. XII, 2 während der Übergangsperiode 1979-1999

ausgeschlossen und beschränkt sich auf panamaisches Staatsgebiet; die in anderen zentralamerikanischen Ländern erforderlichen Perforationen wür- den 2 - 3 mal höhere Kosten verursachen.

c) Komplementäre Verkehrssysteme: Ölleitungen, Landbrücken (Eisenbahn, Autobahn, Transportbandsystem, conveyor belt), Luftbrücke, Häfenausbau sowie

d) Sonstige Alternativen: Die technische Phantasie aller wird herausgefordert.

Der Zeithorizont der Studie ist auf fünf Jahre begrenzt; danach schließt sich die Phase der privaten „contractors" für Projektausschreibungen. Von den auf 20 Mio US-$ veranschlagten Kosten der Studie tragen die Ver-

tragsstaaten je ein Drittel. Dem finanzschwächeren Juniorpartner Panama hat die Interamerikanische Entwicklungsbank (BID) am 29. Januar 1987 Kredite in Höhe von 7,2 Mio US-$ gewährt, die seiner Quote entsprechen.

Die möglichen Auswirkungen auf vierte Staaten als Kanalbenutzer wer- den ein bedeutender Teil der Analysen sein. Die ganze Völkergemeinschaft ist aufgerufen, adäquate Beiträge zu den einzelnen Komponenten der Studie zu leisten. Hierbei denkt die panamaische Regierung an die wichtigsten Industrienationen, insbesondere an die Europäische Gemeinschaft112. Vierten

i12 Vortrag des ehem. Außenministers von Panama, Juan José Amado III, in der Universität von Panama am 29. Januar 1987.

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Panamakanal' F rage 1 69

Staaten soll grundsätzlich die Möglichkeit eingeräumt werden, Zutritt zu den Informationen zu erhalten, die aus den Studien über die Alternativen resultieren, ihr wissenschaftlich-technologisches Können hinsichtlich transisth- mischer Verkehrssysteme unter Beweis zu stellen, und sich als Partner an Bau, Betrieb und Verwaltung der „besten Alternative" zu beteiligen, die für Japan „the biggest project of the world" und für alle eine Heraus- forderung darstellt.

Keine der Bewertungen kann den doppelten konzeptionellen Wandel der Alternativen zum Panamakanal übersehen: (1) Die USA scheinen von ihrer ursprünglichen Fixierung auf einen neuen „sea-level canal" abzurücken und verstärkt zu flexibleren Formulierungen wie „Alternativen, einschließlich des schleusenlosen Kanals" überzugehen. Dies bedeutet, daß kurz- und mittel- fristig die Verbesserung des „alten" Kanals und die komlementären Ver- kehrssysteme realistischere Ziele sind als ein neuer Kanal auf Meeresniveau, dem - schon aus Kostengründen (geschätzt ca. 30 Mia US- $) - nur längerfristig Erfolgsaussichten zuzuschreiben sind. (2) Die Globale Vision der Studie ist beachtlich. Gemäß Leitlinienplan sind praktisch alle Vorstel- lungen („open ended list") prüfungsfähig, die nicht militärische Implikatio- nen enthalten oder Nuklearsprengungen erfordern. Das von der Studien- kommission angestrebte Gleichgewicht der Interessenwahrung zwischen Ufer- staat, Supermacht und übrigen Kanalbenutzern weist auf die künftig immer engere weltweite Verflechtung der Panamakanal-Frage hin. Ihr entscheidend neues Element ist der Sichtwandel von bilateraler Enge zu globalen Per- spektiven.

Schlußfolgerungen :

Zukunftsperspektiven

1. Die Schwierigkeit der Lösung der Panamakanal-Frage ist grosso modo bedingt durch das Dilemma der beiden einander entgegenstehenden Grund- forderungen: Souveränität für die Republik Panama und Sicherheit für die Vereinigten Staaten. Eine Harmonisierung dieser vitalen Interessen kann nur durch Verständigung zwischen beiden Staaten auf der Basis von Ge- rechtigkeit, Billigkeit und gegenseitigem Respekt herbeigeführt werden. Gerade wer mit guten Gründen für Souveränität und Völkerrecht eintritt, wird nicht verkennen, daß auch der Anspruch auf Sicherheit legitim ist. Nur ein in freundschaftlichem Geist vorzunehmender Ausgleich zwischen bilateralen, regionalen und globalen Interessen wird Grundlage eines ge- rechten und dauerhaften Friedens sein.

2. Aus dieser Sicht vollzieht sich in der Panamakanal-Frage ein Lern- prozeß der internationalen Beziehungen. Die alten Verträge sollten als Quelle von Irritationen nicht überbewertet werden; denn auch die neuen Verträge führen zu neuen Konflikten. Tatsächlich sind die entscheidenden

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Konfliktursachen weder die „schändliche" Isthmus-Konvention von 1903 (die kein Panamae unterzeichnet hat), noch die leoninischen Folgever- träge, sondern die tiefer wurzelnden Ressentiments der panamaischen Nationalisten gegen die sog. „Zonians" (Bewohner der US-Kanalzone) und nicht etwa gegen die USA als Nation. Nach Beilegung des epochalen Streits über diese „koloniale Enklave" besteht begründete Aussicht auf Ent- krampfung der bilateralen Beziehungen.

3. Gegenstand der akuten Kontroversen sind Interpretation und Durch- führung der Carter-Torrijos- Verträge von 1977. Panama behauptet, daß das Panamakanal-Gesetz des US-Kongresses (Public Law 96 - 70) sowie amendments und understandings von US-Senatoren sich über Geist und Buchstaben der Kanalverträge hinwegsetzen. Die Öffentlichkeit in beiden Vertragsstaaten ist ernsthaft besorgt, inwieweit die Kanalverträge um die Jahrhundertwende erfüllt werden. Während Außenminister Shultz erklär- termaßen an der Erfüllungspolitik festhält, kommen Angriffe gegen Panama aus dem Kongreß und der US-Presse. Die Heftigkeit der Kritik aus Panama erklärt sich durch den Blick auf die Wahlen 1989. Der Konflikt wird bei- derseits kontroverser ausgetragen als er ist.

4. Das Hauptziel des Kanalvertrages von 1977, die Ausübung souveräner Rechte Panamas über das ganze Territorium, wurde mit der Suspendierung der Jurisdiktion (Gerichts-, Polizei- und Verwaltungsfunktionen) der USA während der ersten Durchführungsphase (1979 - 1982) erreicht. Dies be- deutet politisch die Eliminierung der „kolonialen Enklave" der US-Kanal- zone. Das zweitwichtigste Ziel, die Rückgabe des Kanalgebietes an die Republik Panama, wurde während der jetzigen zweiten Durchführungs- phase hingegen nur teilweise erfüllt. So wurden beispielsweise nur 64% der Wohnungseinheiten übergeben, nur 39% Panamaen in leitenden Posi- tionen der Kanalkommission beschäftigt. Auf Seiten Panamas liegt die Schwachstelle des Implementierungsprozesses im legislativen Bereich. Bisher gibt es weder ein Durchführungsgesetz noch einen Entwicklungsplan für das Kanalgebiet.

5. Von besonderer Bedeutung für die rechtliche Beurteilung der künftigen Statusfrage ist die fehlende Multilateralisierung des Neutralitätsregimes. Weder die einseitige Erklärung der Neutralität durch Panama noch die einseitige Garantie der Neutralität durch die USA, die als res inter alios gesta die übrigen Mitglieder der Völkergemeinschaft nicht binden würde, bilden eine hinreichend tragfähige Basis. Die Einsicht wächst, daß wahre Neutralität von anderen Industrie- und Seemächten mitgetragen und in das Netz der Nutzerinteressen eingeflochten werden muß. Diesem Erfordernis kann durch Beitritt dritter Staaten zum Neutralitätsprotokoll oder durch teilweise Neuverhandlung des Neutralitätsvertrages Rechnung getragen werden, solange diese Funktion nicht von neuen sicherheitspolitischen Struk- turen übernommen wird.

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Panamakanal-Frage 171

6. Die Bundesrepublik Deutschland ist als wichtiger Schiffahrtsstaat und als führendes Industrieland mit geringen eigenen Rohstoffvorkommen grundsätzlich an einer Erhaltung der Freiheit der Meere, der friedlichen Durchfahrt und der Sicherung der Seewege interessiert. Insofern kommt unserem evtl. Beitritt zum Neutralitätsprotokoll erhebliche Bedeutung zu. Ein Beitritt erhöht zwar die Schutzwirkung für den Kanal, nicht aber die Rechtstellung des Beitrittsstaates, weil das Transitrecht aus dem Neutrali- tätsvertrag fließt. Es handelt sich nicht um einen echten Vertrag zugunsten Dritter, weil die Vertragsparteien diesen kein einklagbares Recht auf Ein- haltung des Vertrages gewähren und der Beitritt nur zu den Zielen des Neutralitätsvertrages erfolgt. Mögliche Beiträge der deutschen Wissenschaft zu den Studien über die Alternativen zum Panamakanal spielen eine eher indirekte Rolle für eine spätere Beteiligung der deutschen Wirtschaft.

7. Die vielfach vertretene Auffassung, daß die Souveränitätsfrage ge- regelt und daher nur für Historiker von akademischem Interesse sei, hält un- voreingenommener Prüfung nicht stand. Der Panamakanal ist geradezu ein Lehrstück des Souveränitätsbegriffes. Denkbar wäre, daß beide Staaten zwischen der Substanz eines Hoheitsrechts (Panama) und seiner Ausübung (USA) unterscheiden. Dies entspräche dem Gedanken Erich Kaufmanns, daß sich die Gebietshoheit des Territorialherrn im Falle ihrer Ausübung durch ein anderes Völkerrechtssubjekt elastisch bis auf ein „nudum jus" zurückziehen kann ohne unterzugehen. So einleuchtend diese rechtsdogmati- sche Konstruktion ist, ihre praktische Akzeptanz scheitert am politischen Willen Panamas, irgendeine Limitierung seiner Souveränität zu dulden. Seine Bereitschaft, nur die Beschränkung bestimmter jurisdiktioneller Funk- tionen anzuerkennen, gilt sowohl retrospektiv wie für die Zukunft.

8. Um die rechtliche Tragweite der amendments und understandings von US-Senatoren zutreffend zu beurteilen, ist zwischen Kanalvertrag und Neutral itäts vertrag zu unterscheiden. Der erste Fall deckt den Begriff des einfachen Interpretationsvorbehalts, weil die Modifizierungen durch das Panamakanal-Gesetz nicht zu einem völkerrechtlich-relevanten Sachverhalt erhoben werden können. Im zweiten Fall geht es hingegen um qualifizierte Vorbehalte im Rechtssinn, weil sie die Substanz des Neutralitätsvertrages modifizieren. Hier bestehen die Rechtswirkungen der Vorbehaltserklärung in einem neuen Vertragsangebot (USA), über das der Vertragspartner (Panama) entscheidet. Die USA haben sich somit keiner Vertragsverletzun- gen schuldig gemacht, weil es sich im ersten Fall nur um Interpretationen und im zweiten Fall um bei Ratifizierung akzeptierte Modifikationen han- delt. Es mag dahingestellt bleiben, ob die These von der Ungültigkeit des NeutraJitätsvertrages den Stand der herrschenden Völkerrechtslehre zu- treffend wiedergibt, weil beide Argumentationen in dieselbe Vorstellung von Neuverhandlung einmünden.

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9. Das Kernproblem des Panamakanals ist, daß die Souveränität Pana- mas mit der Hypothek eines behaupteten, verdeckten, einseitigen Interven- tionsrechts der USA belastet ist und bleibt. Das amendment von Senator De Concini, das eine militärische Aktion der USA zuläßt, um den Kanal neutral, sicher und offen zu halten, ist ein Vorbehalt zum Neutralitätsver- trag, der über 2000 hinaus unbegrenzte Gültigkeit hat. Das zur Neutrali- sierung des Protestes der Weltöffentlichkeit gegen Interventionsrechte ein- gebrachte amendment von Senator Church, daß jede Schutzaktion zur Wiedereröffnung des blockierten Kanals nicht als „Intervention" interpre- tiert werden kann, bezieht sich jedoch auf den im Jahre 2000 auslaufenden Kanalvertrag - und nicht auf den Neutralitätsvertrag. Hieraus ergibt sich, daß der Neutralitätsvertrag die Schwachstelle im Vertragssystem ist und auch aus diesem Grunde Neuverhandlung nahelegt.

10. In der Frage der Verteidigung des Kanals richtet sich die größte Sorge beider Regierungen auf die Bedrohung von innen (Terrorismus, Gue- rilla, Aufständische), d. h. ein Szenario politischer, nicht militärischer Art. Ein antagnistisches Panama und Zentralamerika stellt für den Kanal unter den gegenwärtigen politischen Rahmenbedingungen ein ernsteres Risiko dar als eine militärische Bedrohung von außen. Daher mißt Washington der Verteidigung von Demokratie und Pluralismus in Zentralamerika eine höherrangige Priorität bei als der militärischen Verteidigung der Wasser- straße, die ohnehin nicht sehr realistisch ist.

11. Die Behauptung vom obsoleten Panamakanal entspricht wegen man- gelnder Differenzierung nicht der Wirklichkeit. Ein möglicher Kapazitäts- zuwachs von 33 auf maximal 42 Passagen pro Tag ist gewährleistet. Im Konfliktfalle kann der Verkehrswert des Kanals auf 68 Passagen wie im Vietnamkrieg gesteigert werden. Die Konfiguration bestimmter Superschiffe fällt praktisch nicht ins Gewicht. Beide Vertragspartner bewegen andere Sorgen: die Erfüllung der Verträge und die Effizienz der Panamaen nach Übernahme der vollen Verantwortung. Letzteres wird von den US-Mit- gliedern der jetzigen Kanalkommission nicht in Zweifel gezogen, sofern Eingriffe von militärischer Seite unterbleiben.

12. Die Zukunft des Panamakanals als effizienter interozeanischer Ver- kehrsweg hängt von der Trilateralen Studienkommission (USA, Japan, Panama) über die Alternativen zum jetzigen Kanal ab. Nur langfristig hat ein neuer Kanal auf Meeresniveau Erfolgsaussicht, während mittelfristig ein dritter Schleusensatz und komplementäre Verkehrssysteme im Vorder- grund der Interessen stehen. Mit der globalen Vision der Studie gewinnt die Panamakanal-Frage eine neue Dimension. Die Suche nach technischen Alternativlösungen gelangt, wenn auch mit anderer Begründung, zum gleichen Ergebnis wie die Suche nach „wahrer" Neutralität: nämlich der Notwendigkeit der Neuverhandlung des Neutralitätsvertrages. Daß auch vierte Staaten aufgefordert werden, adäquate Beiträge zu einzelnen Kom-

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ponenten der Studie zu leisten, bestätigt die im Rahmen dieser Abhandlung vertretene Grundthese von der zunehmenden globalen Verflechtung der Panamakanal-Frage.

13. Die „Multidimensionalität" der Panamakanal-Frage kennzeichnet die Schwierigkeit eines ausgewogenen abschließenden Urteils. Die Probleme sind zunehmend multilateral. Es kommt auf den Blickwinkel an, aus dem die wirtschaftlichen, technologischen und politischen Implikationen zu beur- teilen sind. In der internationalen Diskussion gibt es zwei unterschiedliche Sichtweisen über die Zukunft des Panamakanals. Die eine ist die statisch- bilaterale, die auf der vertraglich fixierten primären Verantwortung der USA für Neutralität, Betrieb und Schutz des Kanals basiert - dies ist die vorwiegend offizielle Betrachtungsweise. Die zweite Sicht könnte man die dynamisch-multilaterale nennen, weil sie den Rechtsstatus des Kanals nicht aus nationalen Positionen, sondern unter sachbezogenen, eher abstrakten Kriterien beurteilt - dies ist die vorwiegend akademische Sichtweise. In der Frage der Gewichtung der vorgetragenen Argumente beider Denkrich- tungen fällt zwar auf, daß sich die akuten Auseinandersetzungen auf den nur für die Übergangszeit geltenden Kanalvertrag konzentrieren, obwohl der bei weitem wichtigere, für die unbegrenzte Zukunft geltende Neutrali- tätsvertrag doch die eigentliche Hauptsorge der Politiker beider Nationen sein müßte. Hier klaffen Perzeption und Konzeption auseinander. Einen Konsens im Konflikt bildet die wachsende Erkenntnis, daß neue Lösungs- ansätze von der Einbindung des Rechtsstatus des Panamakanals in die staat- lichen Interessen der übrigen Nutzer an der Stabilität des Isthmus ausgehen müssen. Die Tendenz zu globalen Verflechtungen macht deutlich, daß der Panamakanal als Beispiel einer erfolgreichen Überwindung von bilateralen Gegensätzen günstige Zukunftsperspektiven für Stabilität und Frieden in Zentralamerika schafft.

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