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Flur, Weide und Wald Die Flur eines Dorfes hängt wesentlich von der jeweiligen Gestaltung der Landschaft, der Beschaffenheit des Bodens und der geschichtlichen Entwicklung der Siedlung selbst ab. Siedlungsform und Flurbild gehören eng zusammen. Die Keimzelle Gaustadts war der Hof Erchambrechts. Er umfasste die ganze damalige Feldflur. Als aber später das Kloster freiwillig oder notgedrungen für fremde Arbeitskräfte Siedlerstellen neben dem Gutshof anlegte, stattete man diese mit einem mehr oder weniger großen Flurteil aus. Durch weitere Hofgründungen, deren Zeit aber bis auf wenige späte Beispiele vor unserer geschichtlichen Überlieferung liegt, wurde die Flur immer mehr zerrissen. So entstand allmählich das heutige Flurbild mit seiner ganz unregelmäßigen Aufgliederung in viele einzelne Stücke, eben eine sog. Block oder Streifenflur in Gemenglage. Allem Anschein nach war dieser Vorgang im großen um 1400 schon abgeschlossen; denn von Ackerteilungen hört man später kaum etwas. Zeugen dieser Entwicklung bildeten die in allen Flurteilen liegenden meist umfangreicheren Besitzungen der beiden Klosterhöfe. Falls je einmal die Dreifelderwirtschaft mit Sommer und Winterfrucht und Brache, die wir heute übrigens als eine späte Wirtschaftsform betrachten, wirklich in Übung war, heute ist jedenfalls im Flurbild keine Spur mehr zu entdecken, in den Quellen findet man auch keinerlei Andeutungen. Die geschichtliche Entwicklung konnte zwar die Teilung des Gutes in den Abts- und Kellereihof und deren Übergang vom Eigenbau durch Klosterleute über Halbbau und Verpachtung bis zum Erbzinslehen aufzeigen, doch erfahren wir nichts von Zuweisung und Teilung der Flur an die entstehenden Seiden. Die jüngste Zeit ist grausam mit der Gaustadter Flur umgegangen. Hatte sie nicht schon die Anlage der Spinnerei und des Werkkanals verkleinert und benachteiligt, so verändert der Großschifffahrtsweg in unseren Tagen noch mehr nicht nur das Bild der Landschaft durch Verlegung oder Zuschüttung eines Teils des Regnitzlaufs, sondern verschlingt auch wiederum wertvolles Nutzland. In entgegengesetzter Richtung nehmen westlich des Ortes die Neubauten ebenfalls alten Kulturboden hinweg. Gaustadt dehnt sich bereits über die alte Ziegelhütte hinaus und zog den Silvanasee in seinen Wohnbereich. Die heutige Flur ähnelt ungefähr einem schrägliegenden Rechteck von drei Kilometer und 1,5 Kilometer Seitenlänge. Bekanntlich sind die heutigen Gemeindegrenzen unserer Dörfer im allgemeinen nicht alt, wie ja auch die Gemeinden als politische Gebilde erst bayerischen Ursprungs sind. Zwar haben wir gelegentlich Nachrichten über Gaustadter Gemeindegrenzen; so vermarkte man 1723 sie gegen Bischberg; wo die Cent Hohen-Eich anhebt, da scheiden sich die Fluren". Das war am Rüdelbach zwischen Gaustadt und Bischberg. Die Südgrenze bildet heute der Rand des Michelsberger Waldes mit Ausnahme von 3,8 ha Wald, die sich allein noch in Gaustadter Privatbesitz befinden. In der Regnitzniederung sprang die Grenze nördlich des Zusammenflusses von Werkkanal und Fluss. Dort stießen die Gemeinden Gaustadt, Bischberg, Oberhaid, Dörfleins und Hallstadt fast zusammen. Hier in der Flussaue mögen diese Grenzen immer etwas unsicher gewesen oder wenigstens gelegentlich geworden sein. Die vielen, jedenfalls mehr als geschichtlich erwähnten Überschwemmungen und die daraus entstandenen Veränderungen des Flussbettes verursachten mannigfache Streitigkeiten, ja Prozesse, besonders wegen des dort gelegenen Biegenhofes. Der längste und auch jüngste Rechtsstreit war der beim Reichshofrat angestrengte der Zimmermann'schen Erben da "er neue vom Fluss durch seinen im Jahre 1714 , genommenen alten Lauf verlassene alveus" (Flussbett) Grundstücke auf die andere Flussseite verschoben hatte. Die Gemeinde Gaustadt blieb im übrigen Sieger im Prozess. Hier

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Flur, Weide und WaldDie Flur eines Dorfes hängt wesentlich von der jeweiligen Gestaltung der Landschaft, der Beschaffenheit des Bodens und der geschichtlichen Entwicklung der Siedlung selbst ab. Siedlungsform und Flurbild gehören eng zusammen.

Die Keimzelle Gaustadts war der Hof Erchambrechts. Er umfasste die ganze damalige Feldflur. Als aber später das Kloster freiwillig oder notgedrungen für fremde Arbeitskräfte Siedlerstellen neben dem Gutshof anlegte, stattete man diese mit einem mehr oder weniger großen Flurteil aus. Durch weitere Hofgründungen, deren Zeit aber bis auf wenige späte Beispiele vor unserer geschichtlichen Überlieferung liegt, wurde die Flur immer mehr zerrissen. So entstand allmählich das heutige Flurbild mit seiner ganz unregelmäßigen Aufgliederung in viele einzelne Stücke, eben eine sog. Block oder Streifenflur in Gemenglage. Allem Anschein nach war dieser Vorgang im großen um 1400 schon abgeschlossen; denn von Ackerteilungen hört man später kaum etwas. Zeugen dieser Entwicklung bildeten die in allen Flurteilen liegenden meist umfangreicheren Besitzungen der beiden Klosterhöfe.

Falls je einmal die Dreifelderwirtschaft mit Sommer und Winterfrucht und Brache, die wir heute übrigens als eine späte Wirtschaftsform betrachten, wirklich in Übung war, heute ist jedenfalls im Flurbild keine Spur mehr zu entdecken, in den Quellen findet man auch keinerlei Andeutungen. Die geschichtliche Entwicklung konnte zwar die Teilung des Gutes in den Abts- und Kellereihof und deren Übergang vom Eigenbau durch Klosterleute über Halbbau und Verpachtung bis zum Erbzinslehen aufzeigen, doch erfahren wir nichts von Zuweisung und Teilung der Flur an die entstehenden Seiden.

Die jüngste Zeit ist grausam mit der Gaustadter Flur umgegangen. Hatte sie nicht schon die Anlage der Spinnerei und des Werkkanals verkleinert und benachteiligt, so verändert der Großschifffahrtsweg in unseren Tagen noch mehr nicht nur das Bild der Landschaft durch Verlegung oder Zuschüttung eines Teils des Regnitzlaufs, sondern verschlingt auch wiederum wertvolles Nutzland. In entgegengesetzter Richtung nehmen westlich des Ortes die Neubauten ebenfalls alten Kulturboden hinweg. Gaustadt dehnt sich bereits über die alte Ziegelhütte hinaus und zog den Silvanasee in seinen Wohnbereich.

Die heutige Flur ähnelt ungefähr einem schrägliegenden Rechteck von drei Kilometer und 1,5 Kilometer Seitenlänge. Bekanntlich sind die heutigen Gemeindegrenzen unserer Dörfer im allgemeinen nicht alt, wie ja auch die Gemeinden als politische Gebilde erst bayerischen Ursprungs sind. Zwar haben wir gelegentlich Nachrichten über Gaustadter Gemeindegrenzen; so vermarkte man 1723 sie gegen Bischberg; wo die Cent Hohen-Eich anhebt, da scheiden sich die Fluren". Das war am Rüdelbach zwischen Gaustadt und Bischberg. Die Südgrenze bildet heute der Rand des Michelsberger Waldes mit Ausnahme von 3,8 ha Wald, die sich allein noch in Gaustadter Privatbesitz befinden.

In der Regnitzniederung sprang die Grenze nördlich des Zusammenflusses von Werkkanal und Fluss. Dort stießen die Gemeinden Gaustadt, Bischberg, Oberhaid, Dörfleins und Hallstadt fast zusammen. Hier in der Flussaue mögen diese Grenzen immer etwas unsicher gewesen oder wenigstens gelegentlich geworden sein.

Die vielen, jedenfalls mehr als geschichtlich erwähnten Überschwemmungen und die daraus entstandenen Veränderungen des Flussbettes verursachten mannigfache Streitigkeiten, ja Prozesse, besonders wegen des dort gelegenen Biegenhofes.

Der längste und auch jüngste Rechtsstreit war der beim Reichshofrat angestrengte der Zimmermann'schen Erben da "er neue vom Fluss durch seinen im Jahre 1714 , genommenen alten Lauf verlassene alveus" (Flussbett) Grundstücke auf die andere Flussseite verschoben hatte. Die Gemeinde Gaustadt blieb im übrigen Sieger im Prozess. Hier also mag die Flurgrenze immer unsicher gewesen sein. Hier aber lagen auch die Weideplätze der oben genannten Gemeinden wie der Untere, Obere Heganger im Hallstadter, der Laubanger im Bamberger Flur. Auf der anderen, der linken Seite bildeten die "Heeg", auf der Karte missverstanden "Auf der Höhe", der Ochsen und der Hochanger bis vor kurzem die sog. Spinnerei Insel.

Diese Heeg ist zu eigentlich unverdienten geschichtlichen Ehren gekommen. Über sie haben wir zwei sich widersprechende Landgerichtsurteile. Im ersten vom 3. Dezember 1460 erfahren wir: Die Vertreter der Gemeinde Gaustadt klagen gegen die Bamberger Metzler. Sie bringen sechs Zeugen bei, die auf ihren Eid aussagen, dass, wenn die Bamberger ihre Schafe oder ihr Vieh in die Gaustadter Flur getrieben hätten, die Gaustadter das fremde Vieh »umgeschlagen" d. h. gepfändet und diese Pfand vertrunken hätten. Das war nach den sicherlich lärmenden Auftritten bei der Pfändung der entschädigende, befriedigende Abschluss. Auf Grund des Eides ihrer Zeugen erlangten die klagenden Gaustadter ein obsiegendes Urteil vom Landrichter Albrecht von Giech.

Zunächst mussten sich die Bamberger Metzger dem Urteil fügen. Schließlich reichten sie ihre Gegenklage beim Landgericht ein.

Am 15. Sept. 1468 also nach acht Jahren erging wieder ein Urteil. Die Metzger hatten 24 Zeugen aufgeboten und damit die Gaustadter weit übertrumpft. Diese alle sagen nun aus, dass sie in ihrer Jugend das Vieh, Kühe und Schafe, ihrer Eltern und Herrschaften auf die Hege bei Gaustadt, die die Gaustadter für ihr Eigen eingezogen

haben, getrieben, gehütet und geweidet hätten. Sie hätten auch mit dem Vieh durch das Dorf Gaustadt und wiederher zu dem Weidenbrunn, in den Rudelbach und zu der Bilbitzen- Eichen getrieben und daselbst gehütet oder hüten lassen, daran sie niemand gewehrt. Sie sagen auch alle einmütig, dass sie und andere von Bamberg, das Kloster Michelsberg und die von Gaustadt und andere Gemeinden daselbst herum ihrem Vieh zu Nutze allerwegen die oben genannte Hege im gemeinsamen Gebrauche gehabt hätten und dass sie auch alle nicht anders wissen noch vernommen hätten, als dass dieselbe Gemein , die Hege genannt, ihnen und allermänniglich eine rechte Landsgemeine sei.

Bei diesen Urteilen muss man zunächst zweierlei beachten: Es geht nicht nur um das Hutrecht erstens auf der Hege, sondern zweitens auf der ganzen Flur der Gaustadter. Das Urteil von 1460 spricht ganz allgemein von letzterer.

Das Berufungsurteil von 1468 aber unterscheidet zwischen Hege und Flur. Beides steht den Bamberger Metzgern zur Weide offen. Für die Hege aber kommt noch etwas Besonderes hinzu: Sie sei ihnen, den Bambergern, aber auch "allermänniglich eine rechte Landsgemeinde" d, h. sie stehe allen und jeden, Einheimischen und Fremden offen. Das wird auch 1542 anlässlich der Auseinandersetzung innerhalb der Gemeinde wegen eben dieses Hutrechtes bekräftigt. Eine Zeugin erklärte, ihr sei kund, dass auch durchziehende Bauern und Händler ihr Vieh auf die Heg hätten treiben und dort hüten dürfen. Dem wird von der Gemeinde nicht widersprochen. Die Weidegerechtigkeit auf der Hege stand also keinesfalls nur den Bamberger Metzgern und den benachbarten Gemeinden zu. Anders verhält es sich mit den Hutängern zu Gaustadt; dorthin zum Weidenbrunnen am Rüdelbach und zur Bilwitzer-Eichen dürfen nur die Bamberger treiben.

Die unverdiente Ehre, die der Heg widerfuhr, von der oben gesprochen wurde, verdankt sie E. von Guttenberg. In seiner "Territorienbildung am Obermain" sucht er nach Zeugnissen für die "Fortdauer einer vorfränkisch-germanischen wahrscheinlich thüringischen Bevölkerung". Dafür sprächen "die vielfach im späteren Mittelalter noch nachweisbaren Gemeinwälder mehrerer Ortschaften mit ihrem altertümlichen Namen Landsgernein". In einer Anmerkung sagt er "Gemeinsame Hutrechte besitzen die Bürger ,am Sande' zu Bamberg, Dorf Gaustadt und das Kloster Michelsberg. Wir wissen aber, dass "allermänniglich" hüten durfte. Damit wird überhaupt der Begriff  "Landsgemeinde" im engeren Sinn E. v. Guttenbergs hinfällig; die heutige Forschung vertritt eine andere Meinung über das Alter dieser Landsgemeinden als E. v. Guttenberg.

W. Schlesinger, ein maßgebender Forscher in Dorf und Flurkunde, schreibt: "Die Landsgemeinde (Nutzungsgenossenschaft mehrerer Dörfer am Waldrand ) sind späte Bildungen zur Regelung der Nutzung des in der Frühzeit nicht abgemarkten Gebietes" . Die frühmittelalterlichen Waldgebiete waren eben so ausgedehnt und unübersichtlich, dass eine Vermarkung untunlich oder unmöglich erschien. Auf der Heeg zu Gaustadt stand aber nie Wald, wenigstens nicht in geschichtlicher Zeit. Schlesinger wie v. Guttenberg aber kennen nur im Waldland eine Landsgemeinde. Die Ursache zur Bildung dieser ungewöhnlichen, weil allgemein zugänglichen und waldlosen Landsgemeinde in Gaustadt liegt wohl darin, dass man wegen der sich immer wiederholenden Überschwemmungen eine Vermarkung in der Frühzeit unterließ oder eine solche als wertlos erkannte.

Ist schon die Heeg als Weide und Landsgemeinde auffällig, so muss nicht minder der Namen selbst verwundern. Heg(e) bedeutet mhd. soviel wie Hecke, Zaun. Eine Heeg umschloss vor alters das Dorf; sie mag eine lebende Hecke, ein geflochtener Zaun oder besser vielleicht beides gewesen sein.

Die Gaustadter hatten nun r e c h t s der Regnitz ungefähr acht Tagwerk "Beete, Weiden, Werde (= Wöhrt, nasses Land) gehecht (gehegt) und in der Mitte abgeteilt, mit einem Graben entschieden (= abgeschieden, abgetrennnt).

So heißt es 1656. Das kann man doch nur so auffassen, dass dieser Gemeindebesitz mit einer Heg" umzäunt war. So muss es auch auf der anderen Seite des Flusses gewesen sein; man trieb das Vieh in die Umzäunung, in die "Heeg", Davon erhielt dies Wort dann die ortsübliche Bedeutung von Weide, Anger.

Ob nun die zunehmende Bevölkerung dazu zwang, oder das Bestreben, die Heeg für die fremden Benützer mehr und mehr einzuschränken jedenfalls erklärte bei heftigen Auseinandersetzungen in der Gemeinde eben wegen der Heeg 1541 die Kungund Riglin, der Ort, die Heeg genannt, sei einst vor 30 bis 40 Jahren viel größer gewesen, die von Gaustadt täten mit Umackern und Vergraben dem Hüten Abbruch. 1684 wird ausdrücklich im Zusammenhang mit dem Weiderecht auf die Wiesen und Felder gegen die Schöne Marter (beim heutigen Zollhaus) hingewiesen, die am Ende der Heeg. liegen.

Die eigentlichen Felder, das Ackerland, die Weinberge und Hopfengärten Gaustadts lagen südwestlich des Dorfes, zwischen diesem und dem Wald. Nach Nordwesten grenzte die Dorfmark an die Gemeinde Bischberg, hier war eine Ausdehnung also nicht möglich. Die Gaustadter Flur gewann ihre heutige Ausdehnung durch die es ist nicht anders zu nennen rücksichtslose Vernichtung des Waldes. Heute umfasst der Waldanteil, ganz im Privatbesitz, in fünf Gr.Nr. (167, 221, 225, 226; 226 V2) im ganzen nur noch 3,8 Hektar, mit einer Ausnahme im äußersten südwestlichen Winkel der Flur. Demgegenüber besaß früher allein die Gemeinde einen größeren Waldbestand, der in 22 ½ Lauben aufgeteilt war. Diese wurden zu gegebener Zeit "ausgelaubt" d. h. verlost. So war 1540 dem Josef Kerslein die 11. Laube zugefallen; ihn bezichtigte Heinz Kraus, seinen Teil genommen zu haben. Ein Zeuge aber sah ihn, den Kerslein, in der 11. Laub hauen " . Daneben gehörten z. B. in den Kellereihof

10 Acker und in den Abtshof drei Acker Holz ". Den Wald maß man damals in Acker wie das Feld nach Morgen oder die Wiesen nach Tagwerk. Die Lauben waren übrigens nicht gleichmäßig verteilt, so gehörte z. B. in das sog. Jakobsgut (Gr.Nr. 9) 2 1/2 Laub Holz, die schon 1470 darin vergeiselt d. h. zum Hof geschlagen waren und darum mit 2 1/2 Pfund verzinst werden mussten.

Der Wald war ursprünglich so nahe beim Dorf, dass man bei der Lagebeschreibung von Häusern z. B. bei Gr. Nr. 5 (Martinetstr. 4) oder Gr. Nr. 12 und 14 (Bachstraße 9 und 12) "gen dem Holze« gebraucht statt gen den Westen". Wie nahe er am Dorf lag, erkennt man aus der Beschreibung eines Guts von 1580, das gegen Westen auf die Ziegelhütten, gegen Süden und Norden an des Klosters Holz stößt. Bis zur jetzigen Alten Ziegelhütte am Silvanasee rund 600 in oder 6 Gehminuten entfernt, reichte damals der Wald Das bezeugen auch die Flurnamen.

Unmittelbar westlich an die Ziegelhütte grenzt der Flurteil Jungkreut d. h. junge Rodung (junges Gereut). Das setzt ein altes Gereut voraus, das nur südlich in den Ziegelhüttenfeldern und östlich anschließend gesucht werden kann. Dies Jungkreut weist eine auffallende gegen die Ziegelhütte gerichtete Streifenflur auf, die ganz von der alten Flur absticht. Nach Westen folgen zunächst das Steinigt und das Vordere Bauernholz, das zu erwartende Hintere Bauernholz heißt heute "In der Mundschenk"; Johann Lieb, Hofmundschenk besaß um 1710 Gr. Nr. 33 ".

Nördlich der Straße Gaustadt Ziegelhütte Rothöflein dehnt sich der dreieckige Kühanger mit dem im Rödelbachtal gelegenen Kühsee aus. Seine westliche Fortsetzung bildet der schon erwähnte Weidenbrunnen und schließlich dicht vor dem Rothöflein das Bärenloch (~ Bärenwald). Jenseits des Rödelbachs gegen die Bischberger Flur liegen die Teile "Am Weipelsdorfer Weg", das Tännig" und die "Koppenäcker". Allen diesen Flurstücken eignet eine Weiträumigkeit, wenn sie auch wieder stark in einzelne Stücke aufgeteilt sind.

Diese Flurnamen lassen folgende Schlussfolgerungen zu: Einst reichte der Michelsberger Wald bis an den Weg Gaustadt Rothöflein heran, schmale Streifen längs des Weges ausgenommen. Der Wald setzte sich jenseits der Straße im Bärenloch bis zum für sich selbst sprechenden Tännig fort. Diese Waldstücke umgeben in einem Halbkreis die Weideplätze, den Kühanger, den Weidenbrunnen, und wenn man unter Koppe das Fohlen für unsere Heimat annehmen darf (vgl. Koppenhof in Bamberg), dann bildeten die Koppenäcker das Gegenstück zum Kühanger, das Gestüt, auf dem die Gaustadter ihre Pferde zogen. All das bis auf die erwähnten 3,8 ha Wald wird heutzutage als Acker oder Wiese genutzt. Wann und vor allem warum ging diese das Aussehen der Landschaft völlig verändernde Umgestaltung vor sich? Die Nachrichten darüber stammen alle aus sehr später Zeit. Die Dorfordnung von 1583 sagt im sechsten Artikel, dass, wenn einer im Gemeindewald Holz abhiebe, er 60 Pfennige zu bezahlen und das gefrevelte Holz vergüten müsse . Im übrigen stand es der Gemeinde nicht frei, über ihren Waldbestand nach eigenem Ermessen zu verfügen. Im Jahre 1781 hatte man vor, im Bärenloch Holz zu schlagen. Die Gemeinde richtete eine Eingabe an die Klosterverwaltung mit der diesbezüglichen Bitte. Darauf folgte die Genehmigung zum Schlagen und Verkauf des Holzes mit dem Bemerken allerdings, dass forst- und waldordnungsmäßig abgeholzt und hernach der ganze Platz zu einem neuen Anflug hergerichtet werden müsse. Bei der Versteigerung wurden 51 Holländer Bäume aufgeboten mit der Auflage, dass der ganze Abfall nebst den Stöcken liegen und die "Heege Ratteln", wohl die Einfriedung, stehen bleiben müssten.

Merkwürdigerweise bietet die Gemeinde bei der Versteigerung mit und hält jedes Gebot, zuletzt 1000 Gulden für das gesamte Holz mit Abfall und Stöcken. Anlässlich des bei oder nach dem Verkauf dieses geschlagenen Holzes "gehabten Gemeinde Trunks" machten die Gaustadter bei dem spitälischen Wirt Joh. Leicht und dem Michelsberger Wirt Paul Schrenker zusammen eine Zeche von 82 Gulden und 10 Kreuzern. Eine beachtliche Leistung als Entschädigung für die von der Fällung bis zum Verkauf geleisteten Frondienste! "

Während man im Bärenloch nördlich der Straße noch 1781 für die Erhaltung des Waldes Sorge trug, wenn auch die Neubesamung oder Bestockung der Natur überlassen wurde, so war auffallender Weise im Bauernholz schon lange vorher gerodet worden. Die Flurkarte lässt uns noch heute die einzelnen Abschnitte erkennen. Zuerst schlug man den langgestreckten Streifen, im Osten beginnend mit dem Steinigt. Dieser Streifen zieht sich um die Höhe bei Punkt 297 herum, hält sich also in der Ebene. Dann musste der Wald auf der Höhe daran glauben; dieser Abschnitt bildet das ovale Zweieck in der Mitte. Schließlich fiel der Rest des Bauernholzes und der Mundschenk bis auf ein kümmerliches Überbleibsel. So schön man auf der Karte diese drei Rodungsgebiete ablesen kann, so kärglich sind die darüber erhaltenen Nachrichten. Wir erfahren nur aus zufälligen Angaben z. B. aus dem Jahre 1724, "dass die Teilhaber des dortmalen ausgereuteten sog. Bauernholzes zu Gaustadt als eines dem Kloster gehörigen Fundi (Grundstücks) den jährlichen Canonem (Zins) verabreichen müssten ". Dieses Jahr 1724 könnte der erste Rodungsabschnitt sein, denn etwas später lesen wir, dass 1729 eine ausgereutete Laub vom Bauernholz« zum Kellereihof geschlagen wurde und ähnlich von dem zum Abtshof" 1729 gezogenen gereuteten Bauernholz" ". Das Michelsberger Zinsbuch vermerkt die Vergrößerung des Grundbesitzes dieser Höfe, fügt aber ausdrücklich hinzu "Ohne Mehrung des Erbzinses"; selbstverständlich, denn der Neuerwerb kam ja aus verteiltem Gemeindeland .

Mit dem Bärenloch und dem Bauernholz war aber der Waldbesitz Gaustadts nicht erschöpft. Es mag zunächst verwunderlich erscheinen, wenn 1761 der "Bilfertsanger" mit "23 Tagwerk Anger teils mit Kiefern bewachsen" bezeichnet wird ". Er lag sicher im Südwesten der Gaustadter Flur und scheint ein Teil des Weidenbrunnens gewesen zu sein, denn bei der Lagebeschreibung eines Ackers heißt es, er Grenze im Osten an den gemeinen Kühtrieb (doch wohl der Kühanger) und im Süden an den gemeinen Bilfertsanger . Gemein heißt hier wie sonst

immer der Gemeinde gehörig. Diese Anger oder wahrscheinlich einzelne Teile von ihnen trugen überhaupt verschiedene Namen. So kommt der Weidenbrunn auch als Hirtenwiese vor. Und wenn, wie wir gleich hören werden, auch der Kühanger mit Bäumen bestanden war, dann erinnern wir uns auch, dass früher der Wald als Viehweide genutzt wurde. Dessen Bestand und Aussehen glich selbstverständlich nicht unseren forstwirtschaftlich gepflegten Wäldern.

Diese Waldweiden müssen sehr lichte Wälder gewesen sein, damit sich ein Bodenbewuchs mit Gräsern, Beerensträuchern und Büschen bilden konnte, die nicht nur den Schweinen sondern auch dem Großvieh die notwendige Bewegungsfreiheit boten.

Im Jahre 1801 zeigten Schultheiß und Dorfmeister von Gaustadt an, dass durch die unausgesetzte Erpressung der im Lande befindlichen französischen Truppen, wogegen keine Hilfe gestattet sei, die Gemeinde keinerlei Zahlungsmittel und nach abgehörter Gemeinderechnung kein Aktivrezess" (Überschuss) vorhanden sei, um die täglichen französischen Kleider und Magazins Requisitions Lieferungen befriedigen zu können, wo ohnehin schon dermalen die Einwohner fast von allem Geld entblößt seien. Daher schlugen sie vor, sie wollten das Tannenholz, das auf dem Gemeinde Kühanger stehe, abschlagen und versteigern lassen. Sie begründeten ihren Plan mit folgenden Erwägungen:

1.könne man von diesem Holz 600 Gulden lösen,

2.sei dieses Holz vor 56 Jahren geschlagen worden (1745),

3.werde es ohnehin von Holzfrevlern beschädigt,

4.es entstehe kein Nachteil für die Lehensherrschaft, weil zum ferneren Anflug die nötigen Heeg Bäume belassen würden.

Die Klosterverwaltung forderte ein Gutachten des Jägers Seb. Rascher zu St. Getreu an. Das scheint günstig für die Gemeinde ausgefallen zu sein; denn am 14. März 1801 wurde die Holzfällung unter folgenden Bedingungen gestattet:

1.seien zum wenigsten 20 Bäume zu Heegreise zu belassen, welche der abteiliche Revierjäger selbst anpletzen (anzeigen) wird,

2.muss der Platz mit einem Graben umfangen und der darin befindliche öde Platz gehackt, dann mit etwas kienföhrenem Samen zur Erzielung des ferneren Anflugs besät werden,

3.der Verkauf müsse im Nachrichtenblatt und in der Gemeinde Gaustadt angezeigt werden. Die Versteigerung des "kühnfornen Holzes am sog. Kühanger anstoßend« ergab in vier Losen zusammen 738 Gulden 30 Kreuzer. Käufer waren die Gaustadter Joh. Leicht (Abtshof), David Leicht (Gr. Nr. 35), Joh. Stierlein (Gr. Nr. 34), Job. Ziegler (Gr. Nr. 21) '.

Ein roher Überschlag aller Rodungen im Südwesten Gaustadts ergibt ungefähr eine Fläche von 270 Tagwerk, um die sich die Flur Gaustadt vergrößerte. Dieser Gewinn wurde freilich mit dem Verlust der gesamten Gemeindewälder erkauft; nur deren Namen blieben erhalten Unter den obengenannten Flurnamen verdienen einige besondere Beachtung. 1468 behaupteten bekanntlich die Bamberger Metzger, ihr Vieh bis zur "Bilwitzer Eichen« treiben zu dürfen.

Später findet sich der Name etwas abgeschliffen im "Bilfertsanger". Er erinnert ohne weiteres an den "Bilwis" Schneider, den Unhold, der nach dem Volksglauben einen Teil der Saaten vernichtet, indem er fußbreite Streifen hineinschneidet. Man erklärt sie heute als Wirkung der Hasen, die sich so Wege in das Getreide schaffen. In der Nähe dieses Angers lag die nicht minder auffallende "Kalte EIz, ein Gemeindefeld. R. Buck bringt in seinem "Oberdeutschen Flurnamenbuch" (1931) einen Beleg "beim kalten Baum", so dass man an den Elzbeerbaum (Prunus padus, Stinkweide) denken könnte.

Westlich Gaustadt finden sich zwei oft gemeinsam auftretende Flurnamen, der Steinberg, ganz auf Gaustadter Gebiet gelegen, und das Himmelreich, schon 1492 genannt, von der Flurgrenze Gaustadt Bischberg durchschnitten. Getrennt werden die beiden durch das Tälchen des Rödelbaches. Dessen Namen findet sich in alter Zeit als Rudelbach, sicherlich Rüdelbach gesprochen, mit dem bei uns vorkommenden Wechsel von ö und ü. Darum wird sich aus dem Namen keine Beziehung zum Wort "rot“ herauslesen lassen. "Rot ist die Farbe des Hochgerichts". 2 km nördlich von Gaustadt wurde am Rotbach (= Roppach) bei Hallstadt das Hochgericht abgehalten, bevor es nach Bamberg verlegt wurde. Es wäre natürlich abwegig, an ein links der Regnitz gelegenes Gegenstück dieses Gerichts zu denken.

Im Zusammenhang mit dem Namen Hummelgau bis 1933 wohnte ich noch in Bayreuth wies ich seinerzeit auf Beziehungen zu einer Gerichtsstätte einer Hundertschaft hin . Zwar hat die Hundertschaft in der Forschung keine

Gnade gefunden, aber man hat es als mein "bleibendes Verdienst bezeichnet, die Ableitung des Namens Hummelgau in den alten Gerichtsverhältnissen gesucht zu haben.

So kehre ich zu diesen, wenn auch etwas veränderten Anschauungen meiner heimatkundlichen Jugend zurück und sehe in den Namen Himmelreich und Steinberg ebenfalls Hinweise auf eine alte Gerichtsstätte. W. Müller erklärt den Namen des Forsthauses Altenhimmel (rd. 11 km sw. von Bayreuth) zwanglos mit dem "Heymal": dort habe das alte Heymal, ein dorfgenossenschaftliches Niedergericht, also ohne Blutbann" getagt. Könnte man nicht annehmen, dass hier an der heutigen Grenze der beiden Dörfer für diese, vielleicht auch noch für andere Orte Recht gesprochen wurde?

Wenn nun neben dem Himmelreich oft auch der "Stein" 'in irgendeiner Zusammensetzung, wie hier in Steinberg, vorkommt, so kann man an den Gerichtsstein denken, wie er sich z. B. in Medlitz noch erhalten hat. Erinnern wir uns wieder an Erchanbrecht; er hatte in Gaustadt und Bischberg seine Besitzungen; könnte nicht in der Mitte zwischen beiden sein grundherrliches Gericht getagt haben? Nicht weniger zu Überlegungen zwingend ist der Flurname "Elbischer Sand«. Er findet sich heute nicht mehr in der Flur, wenigstens nicht mehr in dieser Form. Er hat wegen seiner wahrscheinlich "mythischen Herkunft« zu weitreichenden, im wörtlichen Sinn Annahmen geführt. P. Schneider brachte ihn mit den Jungfernwiesen" und dem Jungfernfeld« zusammen, die gegenüber dem Fischerhof auf der anderen Seite der Straße lagen, heute von der Spinnerei überbaut. Er sah im "Elbischen Sand" die Fortsetzung des "Sandes" in Bamberg, ja er fand im Oberen Sand" auf der Höhe das gefällige Gegenstück dazu. Und zuletzt: "Auf dem Elbischen Sand, heute vorwiegend Spinnereigelände, scheint die Kultstätte eines wendischen Volkssplitters gestanden zu sein". Dazu verführten die nun wirklich in dieser Gegend, im Werkkanal, gefundenen drei "Götzen". Das alles sind schöne Einfälle P. Schneiders, leider aber Trugbilder. Denn dieser Elbische Sand lag nicht in der Ebene, nicht dort, wo heute die Spinnerei steht; dieser gegenüber auf der anderen Flussseite, liegt zwar auch die "Elmer Spitzen", die aber auch nichts mit dem Elbischen Sand zu tun hat.

Wo liegt denn nun dieser Elbische Sand eigentlich? 1517 besitzt Peter Mertz einen Acker "Vff Elbischen Sant am Amselgeschrey gelegen" und ebenso heißt es 1519 wortwörtlich ". Das Amselgeschrei hat sich heute zum Flurnamen "Amsel'< verkürzt und dehnt sich westlich des Weges vom Ottobrunnen über den Alten Berg nach Gaustadt bis zum Rande des Michelsberger Waldes aus. Man vergleiche dazu die Lage eines Ackers am Amselgeschrey, der gegen Osten an den Weg (das ist der eben beschriebene) und gegen Westen an des Klosters Holz stößt". Nach der Gemeindeordnung von 1583 dürfen die Bamberger nicht über die Marter bei dem Elbischen Sand hüten. H. Mayer erwähnt diese "auf dem elbischen Sand" oberhalb Gaustadt, rokoko, 1752 ". Dazu: Am 20. Febr. 1685 erschien Barbara Plümblerin (Blümlein) in der Klosterkanzlei und erklärte, dass sie aus einem gewissen Gelübde versprochen, eine hölzerne Martersäule wiederum "auf dem Melbischen Sand, wo hievor auch eine gestanden" ' setzen zu lassen ". Diese falsche Abtrennung (Melbisch) findet sich schon 1516 ". Zum Namen ist zu sagen: Elbisch kann wegen der Lage auf der Höhe nicht auf mhd. elbiß = Schwan zurückgehen ", sondern hängt wohl mit den Elben, den Kobolden zusammen; der Name würde dann soviel besagen wie Sandgegend, wo es nicht geheuer ist, wo es umgeht.

Zwar weist die Karte noch einige sonderbare Flurnamen auf wie "Hinter Tnodt«, Alt Tnodt" und"Kalten". Doch stellen das nur Verballhornungen ähnlich wie Auf der Höhe« aus "Auf der Heege" dar. Tnodt entspricht einem alten Knock und die Kalten entstand aus Kaltern, der Kelter.

In der Gemeindeflur von Gaustadt lagen auch noch einige Teiche, Seen genannt, in denen eine anscheinend ergiebige Fischzucht betrieben wurde. Erhalten haben sich davon oder besser, namentlich feststellen können wir den sog. Silvanersee bei der alten Ziegelhütte, heute schon inmitten der neuen Siedlung, und einige kleinere Weiher in der Mulde des Rödelbaches. Genannt werden noch andere z. B. 1452 das Weiherlein, Mittelsee genannt, und das Klosterweiherlein ober Gaustadt gelegen, ohne dass wir ihre Lage kennen.

Die Einwohner GaustadtsWollen wir die Bewohner Gaustadts in den verschiedenen Zeiten feststellen, dann sind wir bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts auf die Angabe einzelner Personen angewiesen. Diese finden sich vor allem in den Zins und Gerichtsbüchern, auch in Urkunden des Michelsbergs und des Elisabethen Spitals. In den Zinsbüchern fehlen aber die zahlreichen Dienstboten, die wir nur gelegentlich bei Zeugenaussagen und Raufhändeln erfahren. Erst aus dem Jahr 1555 hat sich ein Huldigungsverzeichnis der Gaustadter erhalten. Dazu tritt von 1599 auch das Archiv der Oberen Pfarre zu Bamberg mit seinen Matrikeln. Von da an macht die Erfassung der Gaustadter Einwohner keine Schwierigkeiten mehr. Um es vorweg zu nehmen, Vorstellungen von Jahrhunderte alter Sesshaftigkeit einer Familie auf einem Hof und Haus oder selbst im Dorf sind mindestens selten, so selten, dass sie in Gaustadt sich überhaupt nicht nachweisen lässt. In Stadt und Land trifft man während des ganzen Mittelalters einen steten Wechsel der Bevölkerung, der sich innerhalb eines mehr oder weniger eng begrenzten Raumes durch den Austausch der Familiennamen erkennen lässt. Mit dem Beginn der Neuzeit nimmt dieser Wechsel infolge der politischen, sozialen und religiösen Wirren nur noch zu. Es erübrigt sich daher im Folgenden, die Namen aller Gaustadter Familien der alten Zeit anzuführen; nur solche aus den rund 200 festgestellten Familiennamen bis 1803 sollen besprochen werden, die sprachlich oder ortsgeschichtlich wichtig sind oder in die neueste Zeit hineinreichen. Die ersten Personennamen, die im Zusammenhang mit Gaustadt erwähnt werden,

eignen Männern, die kaum oder nicht im Orte selbst ihren Wohnsitz hatten. Es waren Geistliche und Laien, diese meist Adelige, die dort über Eigentum oder Lehen verfügten, auch ein Amt ausübten wie jener Erchanbrecht, der Würzburger Stiftsherr, der Bamberger Kanoniker Ruzilin, die Ministerialen Marquard Slicher und Heinrich von Stetebach, der Klostervogt.

Im Jahre 1335 taucht dann der erste Einwohner Gaustadts auf; er heißt Vogt. Wir dürfen darunter, wie schon erwähnt, keinen Amtsvogt verstehen; dann wäre dieser Titel in der lateinischen Urkunde ebenfalls Lateinisch wiedergegeben worden. Ferner zeigt der Zusatz dictus (genannt) für diese frühe Zeit einen Personennamen an. Er sagt weiter nichts aus, als dass man den Mann so nannte; Vogt muss deshalb aber auch kein erblicher Familienname gewesen sein. Deutlicher wird dies an einem anderen Michelsberger Beispiel: In einer Urkunde des gleichen Tages (Karsamstag 1335) bestätigt Abt Walther den Jahrtag der Gertrudis genannt Münchbergerin von ihren Gütern zu Stübig. Ihr Name war auch in Bamberg gebräuchlich, denn Gertraud Münchbergerin genannt, an dein Sande gesessen, stiftete eine Vikarie zu St. Jakob (17. April 1337). Diese Frau bzw. ihr Mann hieß eben Münchberger, weil sie im Sand, im Stadtgebiet, auf einem Haus des Klosters Münchberg saßen.

Es ist das die Zeit, in der sich gerade die Beinamen zu Familiennamen wandeln, in den Städten früher als auf dem Lande. Die urkundlichen Nachrichten über Gaustadt ermöglichen es uns nicht, das Entstehen der dortigen Bauernnamen um 1350 verfolgen zu können. Was uns im ersten Zinsbuch von ca. 1370 entgegentritt, sind die Namen Tratz, Peterser und Geulch . Der letzte Name ist schwer d. h. nicht zu deuten; eine Geulchin kommt noch 1420 in Gaustadt vor und 1403 im Sand zu Bamberg. Tratz stellt die mhd. Form von Trotz dar und Peterser ist ein Beispiel für die bei uns gar nicht so seltenen sog. Mutternamen. Man bildete zu Petrus, Peter die weiblichen Vornamen Petrissa und Peters. Peterser kann der Mann oder der Sohn einer Peters sein. Später trug man in diesem Zinsbuch die Nachfolger auf deren Höfen ein, die Vollantein, den Eichelberger und den "durr Hoffman". Die Vollant(e)in rechne ich zur Bamberger Familie gleichen Namens, die dort seit 1295 bezeugt ist. Der dürre Hofmann sieht ganz nach einer notwendigen Unterscheidung aus; der sicher vorhandene Vorname konnte das wahrscheinlich nicht, und so finden wir bezeichnenderweise diesen Beinamen, der mit ihm wieder verschwindet. Die Eichelberger sitzen in mehreren Familien zu verschiedenen Zeiten auf dem Abts und Kellerelhof, auf Gr.Nr. 5, 6, 9, 33, 34, 55, 57 und 17, 59, 61, letztere spitälisch. Die Gerhaus Eichelberger besitzt nach dem Tode ihres Mannes 1496 drei Anwesen, den Kellereihof, Gr.Nr. 5 und 37. Das letztgenannte Gut erbt ihre Tochter Magdalena Hartmann, das erste ihr Sohn Jobst. Den Kellereihof verkaufte die Mutter noch bei ihren Lebzeiten (1497) an Conz Linsner und Jorg Lohr. Ein anderer Zweig mit Sebastian und Christina Eichelberger wohnt auf Gr.Nr. 33.

Diesen Hof erbt der Sohn Hans. Eingeschoben sei hier, dass seit 1387 Cunrad und Agnes Eichelberger in der Bamberger Theuerstadt leben, dass von 1432 49 Heinrich und von 1453 61 Clas Eichelberger in Bamberg als Schöffen wirken. Obengenannter Hans Eichelberger zieht von Gaustadt nach Bamberg und siegelt 1616 als Mitglied des Rats und Handelsmann. Sein Schwiegervater ist Hans Sauer in Scheßlitz. Hans muss ein reicher Mann gewesen sein; denn sonst wären die ebenso wahnwitzigen wie habgierigen Hexenrichter, di Doctores Herrnberger, Schwartzconz, Einwag, Vasold und Harsaeus nicht auf ihn aufmerksam geworden, die ihn und seinen gleichnamigen Sohn, vielleicht auch Frau und Tochter, 1629/30 als Hexer töten ließen ". Ein Menschenalter später sterben die Eichelberger 1663 mit dem spitälischen Untertanen Conz in Gaustadt aus.

Gleichzeitig mit den ältesten Eichelbergern leben in Gaustadt die Peier, Persch, Veinpauer, Flade, Volker, Greulicb, Karg, Kaudler, Köstner, Kraus, Schneider, Stretz, Stürmer, Übelein u. a. Auch von diesen spielten einzelne Familien wie die Stretz, die aus Hallstadt Dörfleins stammten, oder die Stürmer schon infolge ihrer starken Vermehrung in Gaustadt eine ziemliche Rolle, überlebten aber nicht den 30jährigen Krieg.

Den altertümlichsten Namen trug indes die Familie Amling, auch Amlung. Da Amlingstadt zu den ältesten Siedlungen unserer Heimat zählt und nach einem Amling benannt ist, darf es uns nicht wundern, wenn dieser Name in den verschiedensten Gegenden Oberfrankens zu Hause ist bzw. war. 1390 lebte ein Amling in Drosendorf (Hollfeld) und um 1420 in Hollfeld selbst, 1403 und 1408 ein VIlein und Merklin in Melkendorf und Seigendorf ". Er breitete sich sogar ins Bayreuthische aus, 1520/21 werden sie in Thurnau bezeugt und 1552 sogar in Wunsiedel. Spät erst seit 1482 finden sie sich in der Stadt Bamberg. 1593 tritt Wolf Amling in Gaustadt in einer Michelsberger Huldigungsliste als letzter seiner dortigen Sippe auf; darum kommen sie in den Matrikeln der Oberen Pfarre nicht mehr vor. Wenn aber 1452 in einer Klagesache Amlung Hofmann zu Gaustadt erscheint, so ist in diesem Falle Amlung nicht etwa ein Vor , sondern ein Familienname, der hier zur Unterscheidung von anderen Amlung als Inhaber des Abtshofes bezeichnet wird.

Dieser Name führt uns zu einer anderen Familie, deren Lebensdauer in Gaustadt nur kurz bemessen war. 1507 sitzt Conz Weicker auf Gr.Nr. 12, die vorher im Besitz der Gerhaus Amlingin, dann ihrer Töchter Else und Christine war. Vielleicht heiratete dieser Weicker eine der Erbinnen. Jedenfalls bemerkt ein Schreiber 1578 noch "Wolf Weicker, sonsten Amling genannt ". Dieser hatte damals den Abtshof inne. Verhältnismäßig oft übernahm ein eingeheirateter Mann den Familiennamen seiner Frau; nicht nur auf dem Land, sondern auch in der Stadt. An diesem Namen Weicker trat bald ein Schluss-t an, eine bekannte Erscheinung und schließlich wurde aus diesem Weickert der in den Matrikeln der Oberen Pfarre übliche Weick(h)art ".

Dieser Weicker Amling führt uns zu ähnlichen Bildungen, die von Laien manchmal nicht nur von diesen für die Regellosigkeit oder Wandelbarkeit der früheren Familiennamen in Anspruch genommen werden. Da findet sich z.

B. 1466 ein Crafft Eberlin zu Gaustadt, der aber 1470 Crafft Eberhart heißt ". Man erkennt leicht, dass beim jungen Angehörigen der Familie Eberhart die Verkleinerung benutzt wurde; so wie man z. B. zum Sohn eines Stang eben Stenglein sagte, so hier statt Eberhart auch Eberl(e)in. Im gleichen Zinsbuch, das dies Beispiel bringt, lesen wir aber auch wenige Blätter vorher "Crafft Hoffman alias (sonst) Eberhart, 1478 nochmals in der gleichen Form". Das wird verständlich, wenn wir wissen, dass 1431 auf dem H o f des Abts ein Heintz Eberhart sitzt, der 1467 als Heintz Hoffman vorkommt. Der Name Eberhart erscheint nach 1478 nicht mehr, ihn verdrängt der Obername Hoffmann. Das heißt, mit anderen Worten ausgedrückt, im Dorfe vergisst man den ursprünglichen Namen; einen gesetzlichen Zwang zur Führung des angestammten Familiennamens kennt eben diese Zeit noch nicht. Als sich im Dorfe der Name Hoffmann vermehrte, kam die klösterliche Verwaltung ohne Beinamen nicht mehr aus. Das zeigte sich auch in anderen Dörfern wie in Ebing und Rattelsdorf, wie man in meinen "Personennamen des Hochstifts Bamberg« nachlesen mag.

Die Kanzlei hielt sich dabei sicher an die schon im Dorfe üblichen Bezeichnungen. Den "dürren Hofman" lernten wir schon kennen. 1470 unterschied man den Hans Hoffman Hinckerlein genannt und 1495 seinen Sohn Clas Hofman Hincker genannt, von Heinz Hoffmann Ocker geheißen ", ohne dass freilich beide Obernamen sich für die Dauer hätten behaupten können.

Manchmal kann man den Ursprung eines solchen Doppelnamens erkennen. 1543 z. B. wird Heinz Mülner, Kerslein genannt, bei einer Klage erwähnt ". Im nächsten Jahre erfahren wir, dass dieser Mülner, übrigens die ursprüngliche Form für unser heutiges Müller, der Stiefbruder des Josef Kerslein ist. Seine Mutter brachte ihn wohl in ihre zweite Ehe mit einem Kerslein; dort wuchs er mit den Kerslein der zweiten Ehe auf und zählte zu ihnen. Das erscheint übrigens als treffendes Beispiel für die Festigkeit" und Wichtigkeit der Familiennamen. Wenn man die Namenbücher z. B. M. Gottschalds "Deutsche Namenkunde“ (S. 72/73) liest im Mittelalter aber war gerade der Vorname der Hauptname und der Familienname nur ein zur Unterscheidung dienender Zusatz . . . Im Mittelalter fragte man weniger: "Wie heißt du?" sondern: "Wie wirst du genannt?", so überrascht gerade dieser Heinz Mülner, Kerslein genannt. Warum, muss man nach Gottschalds Ausführungen fragen, hielt man diesen angeblich so unwichtigen Familiennamen Mülner ausdrücklich im Protokoll fest, nachdem er doch wiederum Kerslein "genannt" wurde? Anders steht es mit Hans Vogels, Hofbauern zu Gaustadt, Frau, die auch des Spiegelbauern Frau heißt. Dieser Vogel war seit 1669 Inhaber des Kellereihofs, daher Hofbauer.

Der Name Spiegelbauer ist in Gaustadt fremd, er kommt nur einmal hier vor. Er erinnert aber an die Spiegelberger und 1681 lebt ein Abraham Spiegelberger als Fuhrknecht im Kloster und 1724 ein Michel gleichen Namens im Maienbrunnen . . Darum vermute ich in diesem Spiegelbauern trotz seines mehrmaligen Vorkommens einen Spiegelberger. Im übrigen ist dieser zweite Name keineswegs notwendig und ebenso schwer seine Beifügung zu erklären wie beim 1507 genannten Conz Lorber, Schorn genannt zu Stübech.

Die Lorber kenne ich seit 1419 mit Hans, Heinz und Cunz als Michelsberger Lehensleute in Stübich, hier aber erst seit 1555 die Schorn, die aus dem oberen Maintal stammen". Mehrere Male tritt in Gaustadt bei nicht immer rühmlichen Gelegenheiten ein Horlender auf. Er diente, da er nicht als Inhaber eines Anwesens vorkommt, wohl als Knecht bei einem Bauern. Es muss schon auffallen, dass er keinen Vornamen trägt; es heißt immer "der Horlender". Nach Gottschald fragt man: "Wie wirst du genannt?" Und tatsächlich wird dieser l,Horlender" genannt. Aber 15 Seiten nach der Erwähnung von 1505 lesen wir: , . . . und er heißt Hans Schmid.. Man weiß also um die Wichtigkeit des Familiennamens und nennt diesen. Horlender ist übrigens ein verderbter Herkunftsname und bedeutet den Hartländer, den aus Hartlanden Stammenden, mit Verdumpfung des a zu o.

Schlimm wurde es, wenn gelegentlich die mundartliche Form eines Namens in der Kanzlei verwendet wurde. Da gibt es den Familiennamen Mann ' in Gaustadt durchgängig in der Verkleinerung mit lein als Mannlein. Zunächst wundert man sich, dass sich nicht Männlein findet; das wäre die zu erwartende grammatische Form. Aber es bleibt die Erinnerung an Mann, mundartlich Moa und so schreibt man Monlein! Eine merkwürdige Wandlung macht der Name Stirner durch. 1642 wird in Gaustadt ein Georg Stirnla, aus Giechkröttendorf stammend, und auf Gr. Nr. 61 (spitälisch) als Gemeindehirt wohnhaft, bezeugt. 1645 aber besitzt ein Georg Stirner das Michelsbergische Anwesen Gr. Nr. 20. Das ist wohl ein und dieselbe Person. Beide haben nämlich auch einen Sohn Hans. Von diesem Namen Stirner wird nun eine Verkleinerung und zwar mit verkürztem Stamm, nämlich Stirnlein gebildet und daraus entsteht dann der übliche Familienname Stierlein, mit dem die Angleichung an Stier vollzogen ist.

Da wir erst seit 1599 pfarramtliche Unterlagen über die Bevölkerungsdichte haben, sind wir vor dieser Zeit auf andere Beobachtungen angewiesen. Bei Erbschaftsangelegenheiten z. B. finden wir Angaben, auf Grund deren wir eine durchschnittliche Kinderzahl von höchstens vier in einer Familie annehmen dürfen. Die überschüssigen Kinder d. h. die kein Anwesen übernehmen oder nicht in ein fremdes einheiraten konnten, standen, wie die Prozessberichte verraten, oft genug beim besitzenden Bruder in Diensten oder aber sie zogen damals schon in die Stadt, namentlich in die Michelsberger Immunität, wie uns ihre dort auftretenden Familiennamen bezeugen. Dabei ist aber nicht zu übersehen, dass sich die Gaustadter Bevölkerung immer wieder auch von auswärts ergänzte, dabei nicht nur aus den nahe gelegenen Dörfern, so dass einer Inzucht in etwa wenigstens vorgebeugt wurde. Ein Zuzug freilich war nicht ohne weiteres möglich; die Dorfordnungen enthalten die nicht geringen, sich stets steigernden Gebühren für die Aufenthaltsberechtigung. Am ehesten konnte das noch durch Einheirat geschehen. Nach der Dorfordnung von 1583 waren beide Eheleute gefreit, schon nach der von 1627 muss ein Teil fünf und zwei Personen 10 Gulden geben. Katharina, die Witwe Otto Weinmanns, heiratete den aus Birgau

(Würgau) stammenden Fritz Vilmuth, der 1506 den Erbteil seiner Stieftöchter Magdalena und Ellen am Gut Gr. Nr. 33 erwarb .. Wenn um 1430 Ott Tzollhos in Gaustadt einen Hof besitzt, so kann er nur aus der Gegend um Tiefenpölz, dem Ausgangspunkt dieses seltsamen Namens, nach Gaustadt geheiratet haben". 1586 nimmt der Biegenbauer Hans Sack den aus Schwäbisch Hall stammenden Hans Resch als Beständner in sein ihm gehöriges Anwesen Gr.Nr. 9 auf ". Während des 30jährigen Krieges wird 1638 Fritz Hemmeter in Gaustadt auf Gr. Nr. 4 sesshaft; sein Name ist unserer Heimat völlig fremd. Der oben erwähnte Name Stirner ist im Maintal zwischen Hallstadt und Burgkunstadt zu Hause.

Der Nachfolger des ebengenannten Hemmeter wird Hans Lorber 1685, der sicherlich aus dem Ellerngrund zwischen Memmelsdorf und Scheßlitz stammt". 1517 wird Peter Loher (Löhr), der Schwager Mathes Hasels auf dem Abtshof gebürtig von Oberköst im Steigerwald in Gaustadt aufgenommen3'. Das sind einige Beispiele für Zuzug von vielen möglichen.

Wenn man den Bevölkerungswandel eines Dorfes wie Gaustadt durch die Jahrhunderte verfolgt, er zeigt sich am sinnfälligsten eigentlich nur in der Veränderung der Familiennamen, dann stellt sich die Tatsache heraus, dass nicht nur in den Städten die Familien und die vornehmen Geschlechter aussterben sondern auch in den Dörfern. Im Jahre 1555 mussten die Bamberger Untertanen dem Bischof nach dem erzwungenen Eid an den Bayreuther Markgrafen Albrecht Alciblades neu huldigen. Das darüber aufgenommene Verzeichnis führt die Haushaltungsvorstände, gegebenenfalls auch die Witwen mit ihren männlichen erwachsenen Dienstboten an ". Dabei werden folgende Personen in Gaustadt aufgeführt:

Hinter dem Closter Mönichberg:

Merthein Sturmer Aldt Hans Heldt Hans Kraus Jorg Loher Hans Plumblein Hans Lohe Bastell Hasell Mathes Sturmer Heintz Kautler Barb Merthenin Endres Pleidner Wolff Weickert Claus Step Siman Zeheter Kun Amblingin Kungund Aichelbergerin Hans Marx Katharina Hinckin Hans Stretz Kun Amblingin (Hinkerin) Joseph Kerschla jung Jos. Kerschla Hans Aichelberger Fritz Paulus Hans Vogt Beck Alt Hans Stretz Erhardt Loher Hans Hoffmann Hans Baier Margreth Riglin Cuntz Sturmer Hans Brenlein

Spital im Sant: Vicarij im Thumstift:

Hans Loher Heintz Kerschla Alt Cuntz Sturmer Hans Heldt

Zwei dieser vor dem 30jährigen Krieg in Gaustadt lebenden Familien haben diesen überstanden: die Eichelberger und die Blümlein. So sieht das Namenbild Gaustadts nach dem großen Krieg völlig anders aus. Das trat natürlich nicht mit einem Schlag ein, die Wandlung beginnt schon in den langen Kriegsjahren und setzt sich darnach fort, so dass am Ende der Hochstiftszeit wiederum eine völlig neue Bevölkerung in Gaustadt lebt.

Seit der Gründung der Spinnerei erfolgte ein Zuzug aus der näheren und weiteren Umgebung. Gleiche Familiennamen können keinesfalls einen blutmässigen Zusammenhang, eine wirkliche Verwandtschaft beweisen. Unter diesem Vorbehalt seien die Familien Gaustadts aufgeführt, die noch in die Zeit vor der Aufhebung des Klosters Michelsberg und des Elisabethenspitals 1802/3 hineinreichen. Es sind wahrscheinlich folgende:

1.Bernreuther, in Gaustadt seit 1785 mit Grundbesitz auf dem Kellereihof". Im Folgenden bedeutet die Jahreszahl stets den Erwerb eines Grundstücks.

2.Brießmann seit 1790 (Gr. Nr. 51),

3.Gerner seit 1747 auf dem Kellereihof,

4.Haßfurter seit 1746 (37) ",

5.Jäck seit 1670 (61), wohl aus Bischberg,

6.Krug seit 1695 (35,57) aus Viereth,

7.Leicht seit 1782 aus Bischberg 12 ,

8.Lorber seit 1685 (4),

9.Ma(r)ckert seit1775 (29),

10.Möhrlein seit 1745,

11.Oppelt seit 1797,

12.Pfo(u)hlmann; seit 1661 sitzt Conrad Fohlman auf 16. Sie wohnten vor 1550 in Stegaurach und Wildensorg".

13.Reges, Regus seit 1724 (9, 38)". Hans Reges jr. erwirbt 1732 Gr.Nr. 70, das sie ungewöhnlich lang, noch 1848, besitzen". Seit 1554/55 sind sie in Frensdorf, Vorra und Abtsdorf, seit 1547 in Bamberg mit dem Permenter (Pergamentmadier) Eberhard Regus in der Klebersgasse nachweisbar`.

14.Reichert, Reichart seit 1734 auf dem Kellereihof

15.Sauer seit 1629 (34)

16.Stengel seit 1667 (14)

17.Zweyer seit 1772 (10) aus Viereth.

Aber schließlich gab es nicht nur Zuzug in Gaustadt sondern auch Abwanderung. Die Sesshaftigkeit der mittelalterlichen Bevölkerung darf nicht überschätzt werden, mit dem Beginn der Neuzeit nahm die Wanderlust sicher noch zu. Man wundert sich, wie weit damals die Menschen kamen und in der Ferne eine neue Heimat fanden. Aus alter Zeit fand ich nur ein Beispiel . 1497 klagt Cunz Vbelein von Brussel gegen Hans Vbelein zu Gaustadt um sein väterliches und mütterliches Erbe. Nach acht Jahren hatte er das noch nicht erhalten können, sondern klagte 1503 um acht Gulden drei Pfund, eine Armbrust und ein Reitschwert. Dabei erfahren wir, dass unter Brussel die Stadt Bruchsal 'in Baden zu verstehen sei ". Ferner muss mitten im 30jährigen Krieg Margaret Seuttlerin von Gaustadt gegen Cunz Eichelberger um sechs Gulden, die er ihr von 15 schuldete, zu ihrer vorhabenden Hochzeit klagen, weil sie sich mit einem Soldaten unter Hauptmann Hans Philipp Lorber verheiraten will (1634) ". 1724 hatte Conrad Handtschuhe von Gaustadt, gewesener "Granadier", seinen Abschied erkauft, um nach Frankreich zu reisen. Für seinen zu erwartenden Erbteil zahlte ihm sein Bruder zunächst zehn Gulden aus.

Aus Frankreich scheint aber nichts geworden zu sein, denn 1729 steht Conrad Handtschug als Unteroffizier in preußischen Diensten und zwar in Magdeburg in General Loschardie's Regiment.

Auf Gr. Nr. 15 wohnte in Gaustadt und 1750 Paul Hartig. Seine Tochter Sophia Hardiging weilte damals bei ihrem Vetter Joh. Gg. Rünagel in (Buda )Pest, der dort als Graf Hardeggischer Wirtschafter lebte. Da Sophia Hartig sich mit Anton Lang, Schreinermeister in der kaiserlichen Freistadt Gran, zu verheiraten gedachte, verlangte Rünagel von dem Vater der Heiratslustigen ihren Erbteil ".

Wie mag Rünagel nach Budapest gekommen sein? Vielleicht als Soldat? Die Rünagel sind in der Gegend um Reuth, Pinzberg, Reifenberg daheim. Sie tauchen erst 1698 in Gaustadt auf, als Georg Rünagel die Witwe des Hans Prandel ehelichte

Am tollsten aber liest sich die Geschichte des Hans Nickel aus Bamberg, die sich beinahe zu einer tragischen Moritat entwickelt hätte, wenn nicht eine Gaustadterin leidenschaftslos und überlegt gehandelt hätte. Um ihrer Willen, die dann besagter Nickel schändlich hinterging, seien dessen Schlechtigkeiten der Vergangenheit entrissen und mit den Worten des Berichts von 1538 wiedergegeben: Es sei ungefähr fünf Jahre her, da hab Hans Nickel den Bamberger Gärtnern Süßholz abgekauft, davon er zu Nürnberg 50 Gulden (damals eine Menge Geld) von Hier. Scheuber eingenommen, dazu er noch bei 250 Gulden gemacht. Mit diesen rund 300 Gulden hat er sich darnach einen Anhang oder Huren an sich gehängt, war dann aus dem Lande bis gegen Straßburg gezogen und hatte sich zu Thormitz (das aber auf keiner Karte zu finden ist) hinter die Herren von Straßburg mit seinem Anhang häuslich gesetzt, indem er den Anhang für sein Eheweib ausgab.. Seine Gläubiger aber verklagten ihn zu Bamberg vor Rate und Gericht auf alle seine Habe und Güter, um zu ihrem Geld zu kommen. Seine Frau und Gläubiger aber erfuhren, wo er sich aufhielt.

Da machte die Frau sich mit Briefen und Siegeln vom Stadtgericht zu Bamberg in Begleitung eines Boten auf "gegen Thormitz drei meil von Straßburg gelegen", und ließ zu Straßburg ihren Hauswirt vor Gericht fordern. Als dieser erschien und sich rechtfertigen wollte, da legte seine Frau die Urkunden über seine Schulden zu Bamberg vor. Darauf sagten die Herren von Straßburg: "Du hast angegeben, die, so du bei dir hast, sei deine) eheliche Hausfrau. Und da findet sich eine andere. Du hast uns kein wahres Wort gesagt". (Dieses Verhör fand offenbar zu Thormitz statt.) Darauf haben die andere Nacht die Herren von Straßburg den Nickel samt Anhang von Thormitz mit 12 Pferden (das war eine starke Bedeckung und Sicherung) gefänglich gegen Straßburg führen lassen und zunächst den Nickel 14 Tage, den Anhang acht Tage gefangen gesetzt. Darauf ließen sie ihn gefänglich vor Gericht führen und seiner Frau vorgehalten: Do stehe ihr Hauswirt, der sie angelogen und der übel gehandelt.

Wenn sie es begehre, so wollten sie ihm den Kopf abschlagen lassen, denn er hab es wohl verdient. Darauf antwortete die Frau: Sie begehre ihn nicht umzubringen denn sie sei auch derohalben nicht nach daher kommen. Sie begehre allein, dass er mit ihr anheims gein Bamberg ziehe und seine Glaubwürdigen (Gläubiger) vergnüge (befriedige), denn sie könne keine Stunde vor diesen (den Gläubigern) Ruhe haben.

Das alles sagte Nickel zu und war solches den Herren von Straßburg handheißig geworden, dem also nachzukommen. Zu seiner Frau aber sagte er: Barb, zeuch du heim, ich will meine Sachen in Ordnung brini ehe

du heimkommst, will ich daheim sein. Kann ich aber ja nicht kommen, so will ich doch meine Vollmacht schicken, damit du das untere Feld verkaufen und davon die einztliche (einzelnen) Schulden zum Teil zahlen kannst". Darauf sei die Frau anheims gangen und auf Nickel von Martini (11. November) bis auf Mittfasten (Mitte März) gewartet. Als er weder Vollmacht schickte noch kam, wurde vom Stadtgericht der Frau erlaubt, zur Befriedigung der Gläubiger das untere Feld an einen Gaustadter zu verkaufen.

Als die Frau (vor 1538) gestorben war, da geschah das Unglaubliche: Der Bösewicht lässt durch seinen Anwalt vor dem Bamberger Stadtgericht gegen Stürmer, den Käufer des Feldes, auf Herausgabe des Feldes klagen". Er sei mit dem Verkauf nicht einverstanden gewesen. Schließlich gibt Stürmer das Feld gegen Erstattung der Kaufsumme heraus!

Zum Schluss dieses Abschnittes noch etwas Negatives: Juden waren in Gaustadt niemals ansässig gewesen.

Aber diese mussten, wenn sie z. B. von Bischberg, wo es zahlreiche Juden gab, nach Bamberg wollten, ja Gaustadt passieren. Dabei waren sie vielfältigen Belästigungen ausgesetzt. So brachte Jud Jakob zu Bischberg vor, als er 1679 mit einigen anderen Glaubensgenossen zu ihrem sicheren Fortkommen nach Bamberg gangen, habe Hans Kraus einem vor ihm hergehenden Juden eine Maultaschen geben". Der gleiche "habe ihm den bei sich gehabten Degen genommen, ihn (den Jakob) zu Boden geworfen und also heftig geschlagen, endlich auch ein Fläschlein von seinem bei sich gehabten Waren von ly , Pfund« genommen. Die Michelsberger Kanzlei rügt: Nachdem vor etzlichen Wochen einem fremden durchreisenden Juden von Hansen Handschuchs jüngsten Sohn Konrad auf offener Straße angegriffen worden und unerachtet er Jud ihm anfangs zur Begütigung einen Toback, nach der Hand (~ später) Geld für ein Maß Wein gegeben, hat derselbige gleichwohl mit einer Schlüsselpützen (?) nach ihm geschossen und neben anderen jungen Porschen denselben mit Schlägen traktiert (1685) ". Und 1717 sieht sich die Kanzlei zu folgender Drohung veranlasst: Gaustadt, Bischberg und Viereth wird verwarnt. Dass keiner nächtlicher Weil nach 9 Uhr von denen jungen Burschen auf der Gassen herumstreichen, noch viel weniger die vorbei passierenden Juden, wie beschehen, mit Steinen werfen noch Tätlichkeiten an ihnen verüben, widrigenfalls der Täter nicht allein am Leibe gezüchtigt, dessen Eltern auch mit 10 Rth. bestraft werden sollen`. Ein Erlaß an Ebing spricht 1712 davon, "dass bereits auch. von losem Gesind ein zusammengeschworener Aufstand gegen die Juden sich offenbar gemachet" ".

In Gaustadt waren es die jungen Burschen, die den Unfug gegen die Juden anstellten und sich anscheinend wichtig machen wollten, nicht viel anders als heutzutage. Bei A. Eckstein "Geschichte der Juden im ehemaligen Fürstbistum Bamberg" kann man Veranlassung und Ausdehnung der damaligen ausgebreiteten antisemitischen Ausschreitungen nachlesen.

LehenwesenDie lehensrechtlichen Verhältnisse, unter denen die Bewohner Gaustadts lebten, unterschieden sich, ob sie nun dem Kloster, dem Spital oder der Dom Vikarie untertan waren, nicht wesentlich von denen im Hochstift Bamberg üblichen. Den meisten Stoff für eine Darstellung des maßgebenden Lehensrechtes bieten die Michelsberger Archivalien, einmal wegen des überwiegenden klösterlichen Besitzes, zum andern wegen der von rund 1370 lückenlos erhaltenen Zins und Lehenbücher sowie zahlreicher einschlägiger Urkunden. Darnach gewinnen wir für das Lehenswesen des Klosters Michelsberg und des Spitals folgendes Bild:

Die ersten erhaltenen zusammenfassenden Aufzeichnungen über den Besitz des Klosters in den einzelnen Orten und über die Lehensinhaber mit ihren Verpflichtungen und Leistungen stammen. wie wir schon wissen, ungefähr aus der Zeit um 1370. Gegenüber diesem mit seiner Einteilung nach Zinsterminen wählte man seit 1451 eine Aufzählung des Grundbesitzes nach Häusern, Feldern, Wiesen, Wald usw..

Alle auf einem Grundstück ruhenden Lasten sind von nun an übersichtlich aufgeführt, die Inhaber verzeichnet, und Änderungen nachgetragen. So hielt man es bis zum Ende des Klosters. Die Anlage dieser Zinsbücher spiegelt das Klosterleben getreulich wieder. Der Bamberger Mönchsberg war, wie andere Benediktinerklöster Deutschlands auch, in seinem Leben durch die Gewohnheiten und Bedingungen der feudalen d. h. ritterlich adeligen Zeit beeinflusst und gefährdet, zuletzt zu einer Versorgungsstätte für eine kleine Anzahl von Adeligen geworden, die kaum mehr als den Namen des hl. Benedikt trugen, von seinem Geiste nichts mehr verspürten. Man konnte kaum mehr von einer Klosterfamilie sprechen, sondern die Insassen hatten, wie eine anklagende Feststellung nach 1450 lautet, "nach der Sitte der Kanoniker an Dom und Kollegiatkirchen alle Güter des Klosters aufgeteilt und fingen an, infolge dieser Verfügungsgewalt alles Maß zu überschreiten'."

Die schlimmen Folgen zeigten sich bald genug. Schon 1295 rief Bischof Arnold zu Almosen für das Kloster auf, das derart schadhafte Mauern, Dächer und Gebäude habe, dass die Mittel des Klosters zu einem Neubau nicht ausreichten. 1311 sprach Bischof Wulfing von einer solchen Minderung der Einkünfte, dass Lebenshaltung und selbst die Kleidung nicht mehr den Ordensvorschriften gemäß gewährleistet.

Zuerst konnte man geneigt sein, diesen äußeren und, wie sich später beschämend auswies, auch inneren Verfall dem Eindringen des Adels zuzuschreiben, der das Kloster zuletzt als eine ihm zustehende Stiftung ansah und es auch nach 1400 ganz beherrschte. Bei der für die Folgezeit so verhängnisvollen Abtswahl von 1435 bestand der

Konvent nur aus zwölf Adeligen, ohne die in Stettin als Seelsorger wellenden Johann Fuchs von Dornheim und Andreas Stoßer. Wenn es auch richtig ist, was Lahner schreibt, es lasse sich nicht erweisen, "dass von Anfang an Adelige die Klostergemeinde bildeten", so muss er doch zugeben, dass wenn nicht der erste, so doch der zweite Abt adeliger Herkunft war. Gelegentlich erfahren wir auch die Namen von adeligen Mönchen wie Swiggerus de Mannenheim, Eberhard de Zigenveld und Conradus de Litenberc 1257, Cunradus de Egloffstein, professus S. Mich. 1361, Albertus de Waldenrod hospitalarius (vor 1362) und Otto Fuchs 1362.

In den Kalendaren des Klosters wird unter dem 10. Oktober als Mönch ein Graf Berthold genannt, der ein praedium, ein Gut, dem Kloster stiftete.

Geht man solchen Stiftungen nach, so finden wir einmal Grundstücke, entweder praedium oder mansus (Hube) genannt, und dann Geld- und Wertspenden. Es ist kaum anzunehmen, dass beispielweise nach 1200 Bauern derartige Stiftungen machen konnten. Wer also über ein Gut mit 6, 10 oder gar 60 Huben verfügen oder Mönche wie Marcward 1145 60 Talente nebst anderen Wertsachen, Friedrich 30 Mark und Gold. ein anderer Marcward ein Gut und 12 Talente dem Kloster schenken konnte, der musste ein besitzender Adeliger oder ein Angehöriger eines angesehenen Bamberger Bürgergeschlechts sein wie z. B. der 1311 gewählte Abt Eberhard, ein Zollner vom Brand. Es lassen sich also seit der Gründung des Klosters immer wieder Angehörige des Adels als Insassen des Mönchsbergs nachweisen, wenn auch das zahlenmäßige Verhältnis gegenüber den bürgerlichen Konventualen unklar bleibt.

1435 zählte das Kloster, wie schon erwähnt, nur zwölf adelige Mönche, dazu kamen einige Novizen. Die Einkünfte hätten zwar einen größeren Konvent erlaubt, bei wenigeren Mitgliedern ließ sich's aber besser leben. Nimmt man dazu, dass von diesen zwölfen je einer als Abt, Propst von St. Getreu, Prior, Cellarius, Custos, Camerarius, Oblarius, Cantor, Hospitalarius und Infirmarius über eigene freilich verschiedene Einkünfte verfügte, dann blieben gerade noch zwei ohne, modern ausgedrückt, einträgliches Nebenpöstchen übrig.

Diese Herren droben auf ihrer die Stadt und den Domberg überragenden Klosterburg es blieben auf der Nordseite auch nach dem barocken Umbau noch ein Stück mittelalterlicher Mauer mit rundem Wehrturm erhalten, mochten wohl den Neid und Zorn der in diesem Fall nicht biederen Bamberger Bürger erregen. Hatten diese schon 1420 die in der Stadt gelegenen Häuser und Speicher des Klosters geplündert, so brachen sie 1435 auf dem Höhepunkt des Immunitätenstreites mit bewaffneter Hand ins Kloster ein, ließen ihrer Plünderungs- und Zerstörungswut, nachdem sich ihnen wiederum Gelegenheit dazu bot, freien Lauf und fügten dem Kloster einen Schaden von mehr als 2000 Gulden zu ". Und das in den Zeiten der Hussitenkriege, da das Kloster eine drückende Beihilfe zur Abwehr der Brandschatzung hatte leisten müssen.

Die notwendige Folge waren Verkäufe und Verpfändungen von Gütern und Schulden bei Christen und Juden z. B. in Nürnberg. Als Bischof Anton von Rotenhan zehn Jahre später mit den ersten Maßnahmen zu einer Reform begann, wobei seine Beauftragten nicht gerade viel Einsicht und Klugheit bewiesen, kam es zur Flucht zunächst des Abts und dann von zehn Mönchen. Diese Sprengung der klösterlichen Gemeinschaft, die schließlich Kaiser und Papst behelligte, bedeutet den Tiefpunkt und den Zusammenbruch dieser mönchischen Adelsherrschaft, sie erzwang die Wendung zu einer Neuordnung des Ordenslebens im benediktinischen Geiste ".

Von dem Schicksal des Klosters und von dem Wollen dieser Klosterherren hing im ausgehenden Mittelalter auch das Wohl und Wehe des Dorfes Gaustadt ab. Darum empfahl es sich, die Geschicke des Klosters als Grundlage des Folgenden, da wir das Dorf Gaustadt in seinen Bewohnern und seinem Besitz erkennen können, in seinen wesentlichen Punkten darzulegen.

So wie diese Zeit des ausgehenden Mittelalters auf den Schultern des frühen ruht, so ist auch das Lehenswesen der Spätzeit mit seinen Gewohnheiten, Pflichten und Lasten ein Erbe der Vergangenheit. Die Urkunden und vor allem die erst seit 1370 vorhandenen Zinsbücher ermöglichen es leider nicht, die Entwicklung der Lehensverhältnisse bis zu dieser Zeit d. h. in der Hauptsache die Veränderungen der Zinsen, Gülten und Frondienste der Michelsberger Untertanen, besonders der Bauern zu verfolgen.

Der Besitz des Klosters zu Gaustadt geht auf den von Erchanbrecht geschenkten Gutshof zurück. In der ersten Zeit bewirtschaftete das Kloster diesen Hof im Eigenbau durch seine Brüder und Konversen, Männer, die sich, ohne Mönche zu werden, im Kloster, wir würden sagen, eingekauft hatten. Diese Eigenbewirtschaftung verbürgte ohne Zweifel den günstigsten Ertrag und gewährleistete dem Kloster Eigentum und Nutzen. Dieser Hof war und blieb Mittelpunkt der klösterlichen und später der dörflichen Verwaltung, auch als man, wie sich aus den späteren in den Zinsbüchern ersichtlichen Verhältnissen schließen läßt, das Gut in zwei Höfe aufgeteilt, den einen dem Abt überlassen, den anderen größeren aber dem Konvent vorbehalten hatte, der ihn durch den schon genannten Cellarius verwalten ließ.

Dies entsprach ganz dem Vorgang, dass man z. B. zwischen Bischof und Domkapitel eine Gütertrennung durchführte, oder auch, dass wiederum das Domkapitel seinem Propst, dem ersten Würdenträger, durch eine Teilung besondere Güter zuwies.

Diese Trennung veranlasste aber zwangsläufig eine doppelte Gutsverwaltung mit neuen Wohnungen, Ställen und Nebengebäuden, aber auch die Verwendung von mehr Arbeitskräften. Wie in anderen Klöstern so wird auch auf

dem Michelsberg es durch den mangelnden Nachwuchs an dienenden Brüdern, aber auch durch die eingangs geschilderten selbstzerstörerischen Vorgänge im Kloster und die dadurch hervorgerufene Nachlässigkeit und Bequemlichkeit in der Verwaltung dahin gekommen sein, immer mehr weltliche Hilfskräfte einzustellen. Diese konnte man mit zunehmender Zahl nicht mehr im Hofe selbst unterbringen, sondern musste ihnen außerhalb, am besten daneben, Wohnung und eine kleinere oder größere landwirtschaftliche Nutzungsfläche zuweisen.

Damit begann die Aufteilung des Gutslandes in einzelne bäuerliche Kleingüter mit hörigen Leuten, die zu Fronen und Abgaben in den Verwaltungshof verpflichtet waren. Von diesen ersten "Gaustadtern" des vielleicht 13. Jahrhunderts, unfreien Hintersassen, führt eine gerade Linie zu den späteren Zinsbauern, denen das Bewusstsein einer Unfreiheit völlig fehlte.

Das zeigt sich nicht nur in einer gelegentlich recht deutlichen Unbotmäßigkeit, ja Unverschämtheit eines einzelnen wie einer Gruppe gegenüber Abt und Kloster, wie weiter unten zu lesen ist, sondern auch durch die mit Überzeugung und Selbstbewusstsein vorgetragene Äußerung einer Gaustadterin, der Els Zollnerin, einer Bauersfrau, nicht etwa der Angehörigen der Familie Zollner vom Brand. Als diese 1508, kaum zwei Jahrzehnte vor dem Bauernkrieg, gegen Peter Bodenbach klagte, weil er sie mit einer Kolbarte (Waffe) bedroht und bezichtigt habe, ihm einen Durchschlag und ein Paternoster entwendet zu haben, da sagte sie vor dem Klostervogt Wolf von Pünzendorf als Richter, "sie stee da als eine freyhe Frenckin", darum wolle sie leiden, was recht ist ". Nebenbei: Welche Genugtuung und Begeisterung hätte der Frankenbundführer Peter Schneider über diese Frau und ihre Rede empfunden, wenn er sie gekannt hätte.

Diese Entwicklung zum Zinsbauern bewirkte nicht nur ein anderes rechtliches, viel lockereres Verhältnis zur Herrschaft, sondern war auch mit einem sozialen Aufstieg dieser klösterlichen Untertanen verknüpft der sich freilich wohl mehr in einem persönlichen Gefühl als in einer materiellen Besserstellung äußern konnte; denn im Grund blieben sie mit wenigen Ausnahmen stets sehr bescheidene Leute, allein schon wegen der mäßigen Ausdehnung ihrer Flur. Wenn diese aufgezeigte Entwicklung richtig ist, dann muss um so mehr auffallen, wenn uns in diesem Dorf plötzlich "Fremde" als Inhaber von Grundstücken und Höfen entgegentreten. So besitzt 1314 Cunrad Huttwan Acker auf dem Horb in den Biegen (Biegenhof), 1340 verkauft Kunegund Meurin ihren halben Hof an den Michelsberger Abt, mindestens seit 1337 sitzen die Gundloch auf dem nach ihnen benannten Hof l', 1360 macht Hermann Schwertfeg eine Stiftung an die Obere Pfarre zu Bamberg, uni 1370 haben Hermann Kellner im Bach zu Bamberg und etwas später die Vollant zwei Güter zu Gaustadt  und 1430 nimmt Steffan Tockler Zinse vom Abtshof ein. Das sind Angehörige von sieben angesehenen Bamberger Bürgerfamilien, denen obige Höfe, Grundstücke und Zinse Michelsberger Herkunft zustehen. Diese Mitglieder einer städtischen Gesellschaftsschicht, die nach einem auszeichnenden, vielleicht sogar stadtrechtlichen Ausdruck "Müßig gehen", bewirtschafteten ihre Höfe und Acker nicht persönlich, sondern setzten Pächter darauf. Damit wirkten im Dorfe fremdartige Kräfte mit, die man auf die Dauer störend empfinden musste. Es gelang zwar dem Kloster allmählich, diese bürgerlichen Eindringlinge zu beseitigen, aber an ihre Stelle trat eine geistliche und eine Wohlfahrts Stiftung, ein Benefizium und ein Spital, die dauernd die Einheit der dörflichen Verwaltung zerbrachen.

Die klösterlichen Untertanen Gaustadts mussten ihre Frondienste in den Kellereihof leisten, dazu war bezeichnenderweise auch der Inhaber des Abtshofes verpflichtet, ein klares Bekenntnis der einstigen Einheit.

Dieser Hof bewahrte und sicherte sich bis zur Säkularisation seine bevorzugte Stellung. So leistete z. B. Heinz vom Hoff von den Gütern der Krebs(e)in 1424 zwei Dienste mit zwei Pferden oder der Gundlochshof drei Dienste mit einem ganzen Pflug, das Jungfrauenhöflein stellte zwei Schnitter uni drei Dienste mit zwei Pferden, der Hof, den Herman Sneyder baute (Gr. Nr. 37), diente nur mit einem halben Schnitter und einem halben Pferd, alles in den Kellereihof. Der Abt bedarf natürlich auch der Dienste; so heißt es vom Inhaber des Jungfrauenhöfleins: drei Fuder Holz soll er helfen fahren aus des Abts Holz' ".

Der Abt hatte daneben noch andere Einkünfte in Gaustadt, die meisten verständlicherweise vom Abtshof selbst. Aus einer Belehnungsurkunde von 1467 ergibt sich, dass den Hof das "Kloster vorher selbst bebaut hat" `, darauf hatte man den Hof um den halben Bau verlassen; damit hatte sich für den Abt sein diesbezügliches Einkommen um die Hälfte vermindert ". Dann überlässt man den Hof, der "des Klosters freies und lauteres Eigen ist, gegen eine feste Abgabe dem Hans Eychelberger ". Dieser muss auf den St. Michelstag in des Abtes Kasten (Speicher) zu Bamberg geben 11 Scheffel Roggen, je ein Scheffel Weizen und Gerste, fünf Scheffel Habern, 100 Eier, je vier Käse zu Pfingsten und Weihnachten und das übliche Fastnachtshuhn. Dazu liegt auf dem Hof das Hauptrecht. Zur obigen Gült soll er aber für "das Feld, das von altersher in unseren Hof gehört", geben an Gült und Zehnten zwei Scheffel Getreid an Korn und Habern. Doch können sie die zwei Scheffel "in den nächsten zehn Jahren" ablösen je Scheffel mit 20 Gulden .

Auch ist der Fron wegen beredt worden, dass sie jährlich 16 Fron, nämlich alle Quatember vier Fron mit wagen und pferden tun sollen, nur die Hälfte der Fron können sie mit Geld ablösen für eine Fron zwei Pfund Bamberger Währung . Diese Ablösungsbestimmungen verraten, dass man derartige Lasten abzuwälzen suchte.

Schließlich überließ am 13. August 1482 Abt Ulrich dem Craft Hofman und seiner Frau Katharina und ihren Erben den Abtshof, auf dass sie und ihre Erben ihn ewiglich zu Erbrecht innehaben sollten Mit der Überlassung dieses Hofes zu Erbrecht war eine endgültige lehensrechtliche, Änderung eingetreten. Aus dem bisherigen Pachthof wird ein Erbzins1ehen. Damit ist dem Kloster das tatsächliche Verfügungsrecht über den Hof entglitten; er vererbt sich

nunmehr in männlicher und weiblicher Linie, kann mit der nicht zu verweigernden Zustimmung des Klosters verkauft, es kann auch ein Pächter darauf gesetzt werden. Ganz billig gab man den Hof nicht ab: An Abgaben, die nun bis in die bayerische Zeit hinein unverändert blieben, sind zu leisten: 9 Scheffel Roggen, je 1 Sch. Gerste u. Weizen, 5 Sch. Haber, 8 Käse, 100 Eier, 1 Fastnachthuhn und 12 Frontage oder 42 Pfennige für einen Tag, Der Hof umfasste damals bei 40 Acker (wohl soviel wie Tagwerk) Baufelder, 10 Tagwerk Wiesen, drei Acker Holz und sechs Lauben Gemeindeholz bei der Verteilung.

Für das Erbrecht musste aber Craft Hofman noch zwe« Lasten übernehmen 1. das Handlohn, eine Abgabe bei jedem Besitzwechsel. Sie betrug 10 % vom Werte des Hofes, 2. das viel drückendere Hauptrecht oder Besthaupt. Wenn der Inhaber, "Manns oder Frauenbild", mit Tod abging, so solle das Hauptrecht verfallen sein, nämlich vom Mann das beste Pferd oder, wo es keines gab, die beste Kuh und von einer Frau auch die beste Kuh oder, wenn sie keine haben, das beste Kleid. Der oder das erstmals von Craft Hofmann zu bezahlende Handlohn betrug 75 Gulden; damit war der Abteihof auf 750 Gulden geschätzt.

Die gleiche Entwicklung sehen wir beim Kellereihof. Zu ihm gehören 100 Acker Felder, 10 Tagwerk Wiesen, 10 Acker Holz. Zuerst wird er verpachtet, meist auf drei, einmal sogar auf 12 Jahre. Dem Craft Hofman, der später den Abtshof übernahm, ließ man 1483 auf drei Jahre den Zehent nach, statt dessen musste er dem Kloster im Sommer ein Rind halten und wenn er abzieht, sollte ihm vom Stroh nicht mehr als sieben Schock folgen.

Am 5. Februar 1487 wurde dem Hans Eichelberger und seiner Frau Gerhaus der Kellerhof zu rechtem Erbrecht geliehen gegen den jährlichen Zins von sieben Scheffel Korn, 1 Schw. Weizen, 1 Sch Gerste, 4 Sch. Hafer, 60 Eier und 1 Fastnachthenne; daneben galt Hauptrecht und Handlohn. Letzerer machte 60 Gulden aus. Damit war er niedriger eingeschätzt als der Abtshof. Was das Hauptrecht oder Besthaupt anlangt, so wirkte es sich als eine Besteuerung der Erben, als Erbschaftssteuer aus, Handlohn als Grunderwerbssteuer.

Darüber wird noch zu reden sein. Das Besthaupt ruhte nur auf den beiden Herrenhöfen und den davon getrennten oder dazu gehörigen Grundstücken so z. B. auf dem sog. Viertel Kellereihof, der erst 1765 vom Kellereihof getrennt wurde (Gr.Nr. 14), ebenso Gr.Nr. 43, welch kleine Selde man 1501 vom Abteihof löste ". Dagegen war Gr.Nr. 55, die 1451 noch eine (unbebaute) Hofstatt war, und die Albr. Lengenfelder 1462 innerhalb drei Jahre mit einem Haus bebauen sollte, von der Leistung des Besthaupts frei, obwohl es einst zum Abtshof gehört hatte. Die Trennung erfolgte eben schon vor der Belastung des Abtshofes durch das Hauptrecht.

Handlohn wurde von jedem Erbzinslehen, bebaut oder nicht, erhoben, wenn das Lehen seinen Besitzer wechselte. Der Besitzwechsel konnte durch Erb , Tauschund Kauffall erfolgen. Die Abgabe betrug 10% vom Wert der Michelsberger und auch der spitälischen Lehen. Bei letzteren trat eine Erhöhung von fünf auf zehn Prozent ein. Das Spital glich sich dem Kloster an. Als am 26. April 1623 Hans Blümlein ein Feld um 200 Gulden kaufte, machte der Handlohn 20 Gulden also 10 Prozent aus.

In der Praxis hatte sich allerdings eine für den Lehensträger günstigere Handhabung des Handlohns entwickelt. Als am 7. April 1670 das Ehepaar Hier und Barbara Tütsch dem Joh. Conr. Gelderer, Landgerichtsassessori (unter diesem anspruchsvollen Titel verbirgt sich ein biederer Schöffe beim Landgericht) und Michelsberger Sekretario das Anwesen Gr.Nr. 33 uni 100 Gulden und 12 Reichstaler Leihkauf verkaufte, heißt es im geschraubten Deutsch dieser Zeit: "Obwohl nun auch die Abtei Mönchsberg sonsten auf vielen seinen Höfen und Gütern das Hauptrecht hergebracht, so ist doch dieses (Gut) gleich anderen Gütern und Sölden mehr im Dorf Gaustadt keineswegs affiziert (belastet), sondern allerdings exemt (befreit) und gibt in Verkauf und Vertauschungsfällen, nicht aber in Erbfäl1en (es müsse dann ein Erbe den anderen etwas herausgeben von 10 Gulden Kaufschilling einen Gulden zu Handlohn« ". Damit ist ausgesprochen: Wenn in einem Erbschaftsfall etwas gezahlt wird, ist Handlohn fällig und umgekehrt. Damit erklären sich die Angaben in den Zinsbüchern über Kauf und Kaufsumme, aber auch, ob es die Witwe oder die Kinder übernommen haben. Erbte bei unmündigen Kindern eine Witwe ein Gut und heiratete wieder, so empfängt der zweite Mann "als Träger« der Frau, die als solche nicht belehnt werden kann, das Lehen "uxoris nomine" (im Namen der Frau) oder Iloco uxoris" (anstatt der Frau). Weil in einem solchen Falle nichts bezahlt wurde, entfiel das Handlohn, Das Pondorfer Gut (Gr.Nr. 5) empfängt 1743 Michel Kraft uxoris nomine, auf ihn folgt sein Sohn Jörg Kraft 1784 "heres unicus filius" (als Erbe der einzige Sohn) 17 . Diese Bemerkung erklärt, dass Jörg kein Handlohn zu entrichten hat, weil nichts ausbezahlt wird. Dies Verfahren wirkte noch in die bayerische Zeit hinein: Als nach dem Tode Joh. Adam Schreyers 1846 seine Tochter Babette Schreyer ihren Vater beerbte (Gr.Nr. 10), heißt es ausdrücklich "als einziges Kind kein Handlohn".

Bei dem häufigen Besitzwechsel war für das Kloster der Handlohn keine geringe Einnahmequelle. Sicherlich hatten gewisse Erfahrungen die Verwaltung veranlasst, für die einzelnen Grundstücke einen bestimmten Wert festzusetzen. So wird man die oft anzutreffende Bemerkung zu deuten haben:" (Der Hof) wird geacht auf so und soviele Gulden, d. h. geschätzt. 1763 wurde Joh. Stierlein als anderer Taxator neben dem 1. Taxator Andr, Ziegler verpflichtet ". Man kann diese bei den einzelnen Höfen angegebene Wertangabe vielleicht mit unserem Grundwert vergleichen. Wenn es beispielsweise 1520 von einem Hof heißt "sonst ungefähr um 120 Gulden geacht" und der Kauf wurde mit 40 Gulden oder vom gleichen Gut 1523 mit 56 Gulden abgeschlossen, dann kam der Unterschied zwischen Schätzung und Kaufpreis sicher auch der Klosterverwaltung zum Bewusstsein und weckte Misstrauen ". So wird auch Paulus Beier "in die Eulen gelegt“, weil er seinen Weinberg um 85 Gulden verkaufte, aber nur 80 Gulden angab (1591) "In die Eulen legen", war ja eine Strafe für die Männer, so wie den Frauen die Geige zudiktiert wurde.

Zu seinen Lebzeiten konnte der Zinsbauer mit Genehmigung des Klosters sein Lehen verkaufen, vertauschen, ja es weiterverleihen. Nach den Lehenbriefen durfte er z. B. seinen Hof "besetzen mit einem redlichen Mann, von dein wir unseres Klosters Zinse, Gülte und Fron haben können".

Das kam besonders in der Zeit um und nach 1700 in Betracht, als wohlhabende Leute Güter in Gaustadt erwarben und einen "Beständner" darauf setzten. So erwarb Herr Perdach diese Städter wurden in den Zinsbüchern mit Herr titutiert, im Folgen den weggelassen 1693 ein Viertel  Kellereihof 42; Hofkastner Job. Wilh. Nep. Mehler 1766 Gr.Nr. 57, 1770 um 530 Gulden Gr.Nn 57, 1773 um 4300 Gulden " Kellereihof', denselben Hof hatte Hauptmann Job. Frz. von Möhrlein 1728 um 2200 Gulden gekauft. Kriegsrat Joh. Mich. Neudecker erwarb 1724 Y4 Abtshof um 550 Gulden` und um 500 Gulden Gr. Nr. 3 3 41, die Hofmundschenkin Lieb Gr. Nr. 33 um 1710, Krohe 1722 Gr.Nr. 28, j. Pandorf Gr.Nr. 9, nach ihm Pondorfer Gut genannt ". Hochwürden und Gnaden Fr. E. F. von Greiffenklau verkaufte an Rud. Wilh. Stangenberger, Obrist und Kommandant zu Forchheim, das spitälische Grundstück 17 und derselbe Obrist erwarb um 300 Gulden Gr.Nr. 58 und 1727 auch 59 '. 1699 hatte der Bamberger Bürger und (Hof )Bildhauer Joh. Nicl. Resch das Jungfrauenhöflein gekauft; von ihm erfahren wir einmal seinen Beständner, Andr. Böhnlein, der "zwei Jahre lang des Reschens Bildhauers Schenkstatt bewohnt".

Zwischen 1670 und 1693 kaufte Gg. Ernst von Wildenstein das spitälische kleine Anwesen Gr.Nr. 61 und Job. Mich. Voment, Chyrurgus zu Bamberg die Gr.Nr. 59. Vielleicht darf man es als Bestreben der Gemeinde betrachten, diese Überfremdung Gaustadts einzudämmen, wenn sie 1724 drei Teile des maß gebenden Kellereihofes auf sechs Jahre um die erkleckliche Summe von 2000 Gulden erwarb, um Gemeindeangehörige darauf zu setzen. Ein Erfolg aber war jedenfalls nicht zu verspüren. Diese Erwerbungen ländlicher Grundstücke durch Städter wird man in dem von steten Kriegen erfüllten 18. Jahrhundert nur als Sicherungs- und Angstkäufe betrachten müssen. Die Ähnlichkeit mit Erscheinungen unserer Tage liegt auf der Hand.

Starb ein Zinsbauer, so vererbte sich das Lehen ganz wie ein Privateigentum. Der Witwe, ob sie nun allein stand oder Kinder hatte, überkam das Lehen, im zweiten Fall allerdings zu gleichen Teilen mit den Kindern. War eine erbberechtigte Tochter bereits verstorben, dann trat an ihre Stelle der Mann bzw. ihre Kinder, also der Eidam oder die Enkel des Erblassers. So übernimmt bis zur Volljährigkeit eines Kindes 1527 nach dem Tode von Adam Kraus seine Frau Els die Selde (Gr.Nr. 18). Als sie sie 1541 übergibt, erhält Hans Kraus 1/3 für sich als Erbe und erkauft die restigen 2/3 von Mutter und Bruder um 76 Gulden ". Hans Weber hatte 1607 die Selde Gr. Nr. 66 um 200 Gulden gekauft. Nach seinem Tode erbte sie seine Frau Anna, die 1617 Pangr. Vischer heiratete, der die Selde loco uxoris übernahm. Anna Vischerin wurde 1640 wieder Witwe und nun beerbte sie Fritz Theinhart, der Eidam ".

Blieben Kinder als Waisen zurück, z. B. als Hans Stürmer 1609 gestorben war, so konnten die Vormünder die Behausung (Gr. Nr. 4) verwalten, bis der Sohn Wolf Stürmer zu seinen Jahren gekommen d. h. mündig geworden war .

In anderen Fällen aber wurde das Erbe verkauft, so das der Linhard Weicker'schen Kinder 1615 um 530 Gulden an Pangr. Castner (Gr. Nr. 5) '.

Manchmal wurden vielleicht die Erben nicht einig, vielleicht spielten auch andere, heute nicht mehr erkennbare Gründe herein, jedenfalls kam es vor, dass z. B. nach dem Tode Wolf Weickers 1600 Georg Weicker, der Sohn, und Pangr. Seidtla (= Seidlein, der Eidam) auf drei Jahre n £it Gr. Nr. 26 belehnt wurden. Die Frist wurde noch um ein Jahr verlängert, "die Teile sollen in einem Jahr in eine Hand kommen". Ebenso wurde dem Conz Stretz und Paul Helmitz 1601 je eine Hälfte des Jungfrauenhöfleins geliehen auf drei Jahre, indem sie einander abkaufen« ". Das Kloster schätzte offensichtlich solchen gemeinsamen Besitz nicht. Es ließ sich aber doch nicht ganz vermeiden, dass z. B. Geschwister einen gemeinsamen Acker besaßen. So zeigte am 9. August 1713 Andreas Steigner zu Weipelsdorf, Förster des Elisabethenspitals, dessen Verwaltung an, dass er sich mit seiner Schwester "wegen des zu schneidenden Getreides« geeinigt habe, die Garben auf dem Felde zu teilen. Das sei dann auch durch Halmziehen geschehen. Es sei ihm das Glück zugefallen, dass er jederzeit die erste Garbe aufladen konnte, die andere aber seinem Schwager liegen liess.

Freilich gelang es nicht jedes Mal, einen Hof in einer Hand und in seinem vollen Umfang zu erhalten. Wenn die Hinterlassenschaft umfangreich genug war, konnte es zu Teilungen kommen. Wir erfahren nichts über die sicher zwischen der Verwaltung und den Erben stattgefundenen Verhandlungen und Vereinbarungen, wir kennen nur deren Ergebnisse. Für das Kloster stand selbstverständlich die Frage im Vordergrund, wie die bisher auf dem Leben liegenden Lasten ohne Schaden geregelt würden. Als der Kammermeisterhof zertrümmert wird, wir erkennen dabei keinerlei Verwandtschaft der Beteiligten teilte man die ursprünglichen Abgaben von 10 Pfund, 6 Käsen, 6 Fastnachthennen und 200 Eiern so auf, dass Pangr. Rewße auf Gr. Nr. 54 jährlich 2 Pfund, 4 Käse, 1 Henne und 100 Eier, Hans Linßner auf Gr. Nr. 57 jährlich 4 Pfund, 4 Käse, 2/ , Fastnachthennen und 100 Eier, Gerhaus Schillerin auf Gr. Nr. 58 aber 6 Pfund, 4 Käse, 2 Fastnachthennen und ebenfalls 100 Eier entrichtete

Das Kloster empfing also im Jahre 2 Pfund und 6 Käse mehr. Bei solchen Teilungen findet sich stets die Bestimmung, dass, wenn ein Teil feil wird, er wieder von einem anderen dazu gekauft werden soll.

Anders verhält es sich, wenn ein Teil abgetreten wird. Als Hans Blümlein von Conz Stürmer ein Gartenflecklein erwarb, um ein Haus dar auf zu bauen, zahlte er dein Besitzer Stürmer jährlich 15 Pfennige, dem Kloster die

übliche Fastnachthenne (Gr. Nr. 4) als Anerkenntnis des Lehens ". Hans Keck kaufte um 1478 eine Hofstatt mit einem Stadel bebaut aus der Selde Gr. Nr. 11 und entrichtete zunächst für Gr. Nr. 10 nur eine Henne, offensichtlich so lange, wie das Wohnhaus noch nicht gebaut, oder bis die bei Neuanlagen übliche Wartezeit noch nicht verstrichen war.

1580 war die Hofstatt eine Selde geworden und nun waren auch die Abgaben vom ursprünglichen Lehen in beiden Anwesen zu gleichen Teilen zu bezahlen.

Eine Besitzveränderung konnte auch durch eine Schenkung unter Lebenden eintreten; so erhielt 1702 Michel Endreß via donationis Gr. Nr. 10. Häufiger sind Fälle, dass durch ein Testament ein Lehen in andere Hände überging, so 1631 Gr. Nr. 18 von Hans Eberth an Georg Kauer 12. Weil der Lehensinhaber in Schulden gerät und seine Zinse nicht bezahlen kann, überließ die Kanzlei 1650 gegen drei Reichstaler für hinterständige Zinsen Gr. Nr. 11 dem Hans Han(d)schuh ". Das Kloster schenkte sogar Gr. Nr. 21 dem Georg Blümlein 1638, "weil es sonst einfallen wollen".

Auch Austräge kamen vor: 1513 empfing Hans Basthard Gr. Nr. 7, "welche ihm Ell Stürmerin, seine Schwieger(mutter), um ihre Leibesnahrung, sie ihr Leben lang mit Essen und Trinken zu versehen" übergab ".

Eingehender sind die Bestimmungen und Forderungen Herman Sneyders. Er vermacht sein Gut (Gr. Nr. 37) dem ehrsamen Hans Eichelberger und seiner Frau Anna am Palmsonntag 1435. "Dafür sollen sie ihn getreulich nach seinem Alter und seiner Notdurft versorgen und versehen mit Essen und Trinken, Kleidung, Bettgewand, Herberg und allen anderen guten Handlungen ziemlich (= wie es sich geziemt) nach Vermögen, solange er lebt. Auch sollen sie ihm vergönnen, acht Gulden rheinisch zu geben an das Reiche Almosen zu Bamberg.

Martinet vermag aus den Gemeinderechnungen viel von Martin 0t t und seiner Hilfe für Kranke in der Pestzeit zu erzählen. Wenn er aber schreibt, Martin Otts Besitz sei den Gemeindegütern einverleibt und so das Andenken dieses Mannes in der Gemeinde vergessen worden, so belehrt uns das Zinsbuch von 1617 darüber, dass 1632 Hans Stretz das Besitztum Otts (Gr. Nr. 20) von der Gemeinde und Georg Nuß, die es via testamenti 1630 geerbt hatten, um 170 Gulden gekauft hatten .

Auch die Gemeinde war Lehensträgerin des Klosters und zwar für Acker samt dem Gemeindehaus, bzw. den Gemeindehäusern. Oben wurde schon darauf hingewiesen, dass das sog. Jakobsgut (Gr. Nr. 9) vorne gegen die Landstraße zu an das Hirtenhaus stößt. Dies wird zuletzt 1617 erwähnt; über sein Verschwinden erfahren wir nichts.

Im Jahre 1596 das Schriftstück trägt zwar kein Datum, aber im Zusammenhang mit den anderen gehört es in dieses Jahr, richteten Hans Plümlein Schultheiß, Georg Löhr und Georg Plümlein, beide Dorfmeister, dann Hans Weickhard und Balthasar Hofmann für sich und eine ganze Gemeinde zu Gaustadt an die Klosterverwaltung eine Eingabe des Inhalts: Caspar Beheim, (Mitglied) des Rats und Bürger zu Bamberg, will ein Haus zu Gaustadt (Gr. Nr. 37) mit sämtlichen darin gehörigen Stücken, Feldern und Wiesen verkaufen...

"Sintemalen ein ganze Gemein im wenigsten, es sei Sommers oder Winterszeit, im Regen und Ungewitter kein Unterhalt oder Haus, darinnen wir Gemein halten, sondern allewegen unter offenem Himmel solches vollenden müssen"; deswegen bitten sie, das Haus, "darinnen jährlich die Rechnung und andere Gemeinsachen zur Notdurft verrichtet werden mag", kaufen zu dürfen.

Das Anwesen, an das man dachte, war günstig gelegen am Dorfplatz, wo sonst die Gemeinde zusammen kam. Es wurde aber nichts aus dem Vorschlag und Kauf; warum, ist nicht zu ersehen. Das Haus ist später im Besitz von Hans Löhr, der es um 400 Gulden erwarb. Im Jahr 1617 aber treten Hans und Wolf Blümlein auf als Träger der Gemeinde von einem Haus, so vor diesem ihr "Hürthenheußlein" gewesen und mit Bewilligung des Abts Johann zu einem Gemeindehaus verändert und erbaut worden ". Dies veränderte Hirtenhäuschen kann nicht das vor dem Jakobsgut gewesen sein. Denn es stößt vorne auf die Straße gegen Bischberg, hinten auf Balthasar Kraus, oben gegen das Brücklein zu an Claus Güla und hinten an Hans Ott. Darauf hat das Kloster die Vogtei und Botmäßigkeit wie auf dem Kellereihof. Im Lehenbrief vom 24. Sept. 1618 heißt es genauer, dass dazu gehört "eine gar geringe Ecken, so etwa (einst) aus Clasen Güla Hofreit kommen und zinst jährlich zur Bekenntnis des Lehens eine Fastnadi thennt". Bei der Lagebeschreibung muss auffallen, dass dies Gemeindehaus zweimal "hinten" anstößt, an Hans Ott und Balth. Kraus. Der letztere bewohnte ein Nebenhäuslein, das er von Michael Tröster 1610 eingetauscht hatte und das mit gnädiger Bewilligung um 1580 von Gr. Nr. 21 getrennt worden war. Es ist heute nicht mehr vorhanden, so wenig wie die zwei Gemeindehäuser, die jüngst einer Straßenverbreiterung weichen mussten. Zwei Gemeindehäuser? ja, denn im Lehenbrief vom 28. Juli 1745 lesen wir: Michel Stierlein und Andr. Sauer haben empfangen "ein zwei Stockwerk hohes Geineindehaus , worinnen eine Schmitten (Schmiede) samt gleich gegen-überstehenden "Hirtenhäuslein", stößt im Osten und Süden an Hans Kotschauers Selden und Hofreit, im Westen an Hans Hollens Selde, gegen Norden an die Straße«. Zu zahlen hatte die Gemeinde zwei Gulden Handlohn, fünf Taler Taxe, je einen Taler Schreib und Siegelgeld ". Gegenüber dem Handlohn waren die Kanzleigebühren recht hoch, den Taler zu zwei Gulden gerechnet. Der Lehenbrief von 1760 spricht vom Gemeindehaus janit gleich gegenüber stehenden Schul und Hirtenhaus".

Zwischen 1618 und 1745, sicher näher an letztes Jahr, muss also das zweite der Gemeinde gehörige Haus gebaut worden sein, das offenbar jenes oben erwähnte Nebenhäuslein verdrängte. Nach dem Häuser und Rustikal Steuer Kataster von 1808 wohnte in dem Haus Gr. Nr. 221/2 der Schullehrer und Flurer, während im zweistöckigen Haus unten die Gemeindeschmiede und oben der Raum für die Gemeindeversammlungen zu suchen ist. Im übrigen dürften die Gaustadter vor dem Besitz des Gemeindehauses keine eigene Schmiede gehabt haben; denn am 7. Nov. 1708 richtete die ganze Gemeinde an den Abt die Bitte, "ihnen in Ansehung ihrer Notdurft die Aufrichtung einer Gemein Schmieden allda gleich anderen Dorfschaften zu gestatten". Darauf kam der Bescheid, der ein bezeichnendes Licht auf die damaligen Zunftverhältnisse wirft, dass, wenn das Bamberger Schmiedehandwerk nichts dagegen habe, "auf ihr (der Gaustadter) Ungemach und Gefahr willfahrt werden" könne ". Die Bamberger Schmiede waren natürlich dagegen, mit dem neuen Gemeindehaus kam aber die Schmiede doch. Johann Bapt. Ette erhielt 1715 die Gaustadter Schmiede auf ein Jahr.

Auf dem Rathaus wurden die Gemeindeversammlungen abgehalten. Wie es dabei oder richtiger danach zuging, zeigt eine Beschwerde von Schultheiß Lorenz Hemmeter (8) und beider Bürgermeister vom 26. Februar 1689. Eine ganze Gemeinde habe am Sonntag (20 Febr.) acht Tage nach abgelegter Gemeinderechnung wie bräuchlich einen Trunk mit Brot auf dem Gemeindehaus gehabt.

Es seien aber sechs Männer bis gegen sechs Uhr über die Zeit geblieben und hätten, da nur noch wenig Bier, dazu ganz trüb, im Fäßlein gewesen, von dem Wirt mehr begehrt. Als dieser erklärte, es sei nichts mehr vorhanden, seien sie damit nicht zufrieden gewesen, sondern sich unterstanden, den Kloben herauszuziehen (welchen? woraus?), auch noch eine zweite Eigenschaft kennzeichnet seine besondere Stellung: Hat der Abt ihn als Schultheißen bestellt, dann verwaltet er dieses Amt sein Leben lang. Gerade diese Ausnahmestellung sicherte ihm Ansehen, Gehorsam und auch Sicherheit. Kloster und Schultheiß waren aufeinander angewiesen und so konnte ein tätiger Schultheiß des Schutzes durch das Kloster gewiss sein. Es ist leicht einzusehen, dass ihm bei gewissenhafter Ausübung seines Amtes unangenehme Auseinandersetzungen mit seinen Dorfgenossen nicht erspart blieben, wenn es nicht gelang, deren Belange und Wünsche mit dem Wohl des Klosters in Einklang zu bringen. So beklagen sich 1676 Schultheiß und Dorfmeister über die Gemeinde, dass sie ihnen nicht parieren wolle, sondern sich aufs höchste widersetze. Darum bäten sie um gerichtlichen Beistand. Darauf erging folgende aufschlussreiche Verfügung, der wir auch den Grund der Unzufriedenheit entnehmen können: Weil die Dorfordnung will, dass zwischen Armen und Reichen soll eine Gleichheit getroffen werden, so soll der Reichste zweimal soviel zu dem verfertigten Schelch geben als der Arme, weil der Reiche ihn auch mehr gebraucht. Im übrigen soll die Gemeinde dem Schultheißen und den Bürgermeistern in billigen Fällen parieren; wer dagegen handelt, soll rechtmäßig gestraft werden. Der obige weise Erlass hatte auch die Wirkung, dass sich die spitälischen Untertanen bereit erklärten, alle Lasten und Beschwerungen mitzutragen 77a. Dieser neue Schelch diente zur "Überfahrt". Als man 1683 wegen der "alternierenden Wasserfahrt - wahrscheinlich war damit die unter den Dorfgenossen wechselnde Verpflichtung zum Überfahren gemeint auf dem Gemeindehaus beriet, soll Gg. Roth gesagt haben, der Teufel solle ihn holen, wenn er fahre, und Hansen Lorenzen Frau wird der Rede beschuldigt: "Wenn ihr Mann fahren soll, solle der Schultheiß selber fahren" und sie habe diesem den Fahrbaum ins Haus geschickt. Als 1604 der Schultheiß Hans Blümlein auf Anordnung des Abts eine Grundteilung unter den Erben des Hans Stretz in Ruhe und Frieden vorgenommen hatte, mischte sich der völlig unbeteiligte spitälische Untertan Hans Kraus ein und beleidigte den Schultheißen, so dass dieser ihn beim Abt verklagte.

Dem Schultheißen als Vertreter der Gemeinde blieb es auch nicht erspart, für diese leiden oder büßen zu müssen. Franz Weltz machte als solcher am 9. August 1763, also unmittelbar nach Beendigung des Siebenjährigen Krieges, bei der Klosterkanzlei die beschwerende Anzeige, dass der Herr Hauptmann Baron von Ottkoleck vom kaiserlichen Roth Würzburger Regiment ihn anfänglich in der Stadt, als er zum Hauptmann auf Anordnung des Herrn Feldpredigers gehen wollte, dreimal auf den Kopf, mehr denn sechsmal auf die Arme geschlagen habe, wie es die Male noch zeigen müssen, mit dem Beifügen, dass er dem Schultheiß heute noch mehr dergleichen geben wolle was er denn auch befolgte, indem der Hauptmann ihn nachgehends so misshandelte, dass er seinen Stock an ihm zerschlagen und einen Korporalstock ergriff, den er an ihm, dem Schultheißen, auch zerschlagen habe. Als nun der Schultheiß sich mit Worten so ausgelassen: Der Donner solle es erschlagen, wenn man einem, der eine Pflicht tue, so begegnen wolle. Dafür habe der Hauptmann seinen Korporalen befohlen: Schlagt die Canaille tot! Die drei Korporale hätten so auf ihn zugeschlagen, bis ihre Stöcke zersprangen und er davon geloffen. Was konnte die Kanzlei mehr tun, als dem Geprügelten versprechen, man werde der Sache nachgehen! Gelegentlich gab es auch einen Schultheißen, der die Pflichten seines Amtes zu leicht nahm, oder anders ausgedrückt, der den Wünschen seiner Dorfgenossen entgegen seinen Pflichten zu sehr nachkam. Im November 1602, so vermerkt das Urfehdebuch des Klosters, wurde der Schultheiß Hans Blümlein seines Unfleißes halber und besonders darum, dass er etliche getroffene Käufe, auch andere vorgefallene Ungelegenheiten, ja Frevel seinen Pflichten gemäß nicht auf der Kanzlei angezeigt, in Verstrickung genommen und drei Tage in der Hofstuben behalten. Nachdem er angelobt, sich fürderhin in seinem anbefohlenen Amt fleißig zu verhalten, entließ man ihn.

Wenn der Schultheiß Käufe verheimlichte, so ging dem Kloster der Handlohn verloren, den andererseits sein Dorfgenosse nicht zu entrichten brauchte. Immerhin sperrte man den straffällig gewordenen Schultheißen nicht wie sonst in die Fronfeste, sondern behielt ihn in der "Hofstuben", wohl um sein Ansehen nicht zu mindern.

Angesichts solch vielfacher Unannehmlichkeiten und Angriffe billigte man dem Schultheißen auch gewisse Rechte zu. Neben des Abtes besonderem Schutz und Schirm und der "Autorität mit dem Vorrecht für (vor)

anderen im Dorfe" empfing er jährlich vom Kloster sechs Sümra Korn und von der Gemeinde zwei Gulden, an Amtsgefällen von jeder Teilung einen Taler, desgleichen von einem Kauf unter 100 Gulden und von 50 Gulden 24 Kreuzer, 16 Kreuzer von jeder Besichtigung und Markung. Außerdem war er von jeder Wache und Fron befreit Ild. Auch zeigte das Kloster sich ihm bei Gelegenheit im familiären Bereich erkenntlich: Als 1579 des eben genannten Schultheißen Blümlein Tochter Hochzeit hielt, überreichte man ihr von Klosters wegen drei Taler als Geschenk; nebenbei: der Brautvater hatte aus dem Klosterkeller für die Hochzeit fünf Eimer Wein gekauft, Preis 15 Gulden. Diese fünf Eimer hielten an die drei Hektoliter! Er besaß damals Gr. Nr. 57, das heutige Pfarrhaus.

Es kam natürlich auch vor, dass der Lehenseid entweder leichtfertig unterlassen oder bösartig verweigert wurde. Es war auch Aufgabe des Schultheißen, der Kanzlei zu melden, welche Untertanen mündig oder großjährig geworden waren, um sie zur Huldigung auffordern zu können. So stellt die Kanzlei fest, Jörg und Sebastian Stretz, Gebrüder, Hans und Linhard die Weickhalt Gebrüder, Hans Stürmer, Hans Keck und Ott Klöber, alle junge Gesellen zu Gaustadt, sind 1583 nicht erschienen, um die Erbhuldigung zu leisten.

Welche Folgen das haben konnte, zeigt die Anordnung vom 21. Okt. 1583 . Hans Stretz und seine beiden Söhne wurden zur Leistung ihrer Huldigung wie andere junge Gesellen und Dienstknechte mehrmals in die Kanzlei gefordert, waren aber jedes Mal ungehorsam ausgeblieben. Sie gaben weder auf Gebot noch Verbot irgendetwas, sondern unterstanden sich überdies, dem Abt die vogteiliche Obrigkeit (niedere Gerichtsbarkeit) streitig zu machen. Sie wollten einen Vikar im Domstift (wohl den Inhaber des Gundlochhofes) als ihren Lehensherrn anerkennen. Darum wurde dem Hans Stretz und seinen Söhnen auferlegt, innerhalb von zwei Monaten Lehen und Güter des Michelsbergs zu verkaufen.

Während des 30jährigen Krieges und besonders während des schwedischen Unwesens. so nannte man die Zeit der schwedischen Besetzung war das Lehenswesen in seinem ganzen Getriebe ins Stocken geraten, ja sogar eingeschlafen. Von 1631 bis 1651 gab es auch kein Pfortengericht mehr, das für die Klosteruntertanen zuständig war. Als man es wieder besetzte, da war anscheinend seine erste Aufgabe, das Lehenswesen wieder in Gang zu bringen. So wandelte es sich zum Lehensgericht, das säumige Lehensträger vorlud. Josef Monlein zu Gaustadt z. B. gestand 1699, also 50 Jahre nach dem Kriege, er habe sein Gült seit langen Jahren nicht bezahlt und Hans Fuchs legte seine Armut und Bedrängnis dar, flehentlich bittend, weil er von dem Lehensempfang sein Lebtag keine Wissenschaft gehabt und also sein Seldengütlein (Gr. Nr. 36) nicht empfangen, ihn jetzt damit zu belehnen. Mag auch die Begründung, das Unwissen, eine Ausrede sein, die Tatsache bleibt bestehen.

Gerade in der Vielfalt der Verpflichtungen im ganzen wie in den jeweils verschiedenen Leistungen des einzelnen, in der Unübersichtlichkeit und zeitlichen Verschiedenheit der Zinstermine könnte man ein äußerliches Merkmal der bäuerlichen Lehensverhältnisse sehen.

Bezüglich des Getreides erfahren wir aus einer Belehnungsurkunde, wie es abgeliefert werden musste: Gutes, lauteres (von Unkrautsamen freies) Getreide, schön gesackt und Kaufmannsgut, das man sofort verkaufen konnte. Hopfen war anscheinend immer teuer, darum bemühten sich die Hopfenzinser, diese Abgabe zu beseitigen oder wenigstens zu vermindern. Bei keiner anderen Abgabe trat ein so häufiger Wedisel ein wie bei ihm 12. Dabei lastete in Gaustadt nur auf sechs Anwesen ein Hopfenzins. Als 1649 Han(d)schuch Gr. Nr. 11 um ganze drei Reichstaler von der Kanzlei kaufte, kam man mit dem Käufer in Ansehung, dass dieses zugehörige Haus in der schwedischen Unruhe ganz zu Grund ruiniert worden", überein, dass er jährlich statt ein Sümra Hopfen ebensoviel Korn geben solle ". Dabei war dies eine Sümra schon eine Erleichterung, da die Gült früher z. B. 1424 zwei Sümra betrug ". Von dem sog. Jakobsgut musste Ott Tzolhoß 1430 acht Sümra Hopfen abliefern. 1471 wird im Lehenbrief festgestellt, dass, da die Hofreit in den vergangenen Kriegsläuften abgebrannt und bisher unbebaut sei, fürder nicht mehr als 4 Sümra, also die Hälfte, zinsen solle ".

Und seit 1580 sind auch diese durch Korn ersetzt worden. Es ist das gleiche Jahr, in dem die zwei Sümra Hopfen auf Gr. Nr. 11 auf ein Sümra ermäßigt wurde. Das vom Viertel Kellereihof (Gr. Nr. 14) kurz vor 1580 abgetrennte Nebenhäuslein (Gr. Nr. 15) war mit zwei Sümra Hopfen belastet; 1696 heißt es: Weil Hans Prandel dieses Hofstättlelin wieder bebaut und die Unmöglichkeit der darauf (an)gestauten schweren Zinsen remonstrieret (nachgewiesen) hat, so sind ihm solche Zinsen bis auf fünf Pfund jährlich moderiert (ermäßigt).

Die Selde Gr. Nr. 12 entrichtete 1424 an Michaelis sechs Sra. Hopfen. Im Zinsbudi von 1461 finden wir noch drei Sra., dafür erscheinen neu ein Herbsthuhn und der Zehnt von aller Frucht.

Im ganzen können die Geldzinsen nicht hoch bezeichnet werden. Dazu kommt, dass in wirklicher Notlage und bei zu schwerer Belastung des Bauern sich die Klosterverwaltung stets einsichtig zeigte und die Abgaben ermäßigte oder wenigstens für einige Zeit nachließ. Im 18. Jahrhundert ermöglichte man es, diese Naturalabgaben in Geld abzugleichen. Im Zinsbuch von 1741 wird mit Ausnahme des Getreides der Betrag für die einzelnen Abgaben vermerkt, mit dem sie abgelöst werden können. Es waren da z. B. zu zahlen für eine Herbst, Zehnt und Burkardshenne 21 Pfennige, dagegen für eine Fastnachthenne ein Pfund 12 Pfennige; das sind 42 Pfennige, also das Doppelte. Den Grund brauche ich nicht zu erläutern. Ein Käse, dessen Größe anderswo zu 4 Pfund angegeben wird, war mit 12 Pfennige, ein Schock Eier mit 2Pfund (= 60 Pfennige) abzulösen; das Ei kam also auf einen Pfennig, der aber kaum mit dem unseren gleichzusetzen ist. Ein Pfund Wachs kam auf drei Pfund 10 Pfennige, und das Sümra Hopfen gar auf fünf Pfund. Daher erklärt sich das Bestreben, diese Hopfengült zu vermindern.

Im einzelnen lässt sich über die verschiedenen Leistungen folgendes sagen: Eine Urkunde von 1594 führt z. B. alle Zinse, Hand und Pflugfronen an, die in den Kellereihof zu leisten waren: Paul Lößlein in der Wunderburg von seinem Acker am Biegenhof 4 Pfund Geld, Hans Klöber (Gr. Nr. 29) von einem Acker im Knock 2 Pfund, Kath. Wengin (Gr. Nr. 10) vier Frontage mit der Hand, Balth. Hofman (Gr. Nr. 16) und Hans Held (Gr. Nr. 17), beide spitälisch, je 4 Tage und noch weitere 14v , Tage. Diese Tage hat eine Person im Korn und Haberschnitt mit der Hand zu tun, wogegen die Fröner jedes Mal mit dem gebräuchlichen Essen und Trinken zu versehen seien. Ferner leisteten Dienste mit dem Pflug Hans Stretz l42 Tage und mit der Sichel 1 Tag, Georg Stretz 42 Tag mit dem Pflug und 1 Tag mit der Sichel ". Auch Holzfuhren waren, wie wir schon wissen, zu leisten".

Im Zinsbuch von 1741 sind bei den einzelnen Höfen die Naturalabgaben nach ihrem Geldwert berechnet und zu den Zinsgeldern geschlagen. Dabei treten gerade bei den größten Besitzungen unwahrscheinlich niedrige Summen auf.

So muss vom Kellereihof mit zwei Häusern und zwei Stadeki nebst den Feldern und Wiesen im ganzen 3 Pfund 11 Pfennige ~ 25 Kreuzer, also nicht einmal ein halber Gulden gezahlt werden. Das Jungfrauenhöflein (Brauerei Wörner) kaufte 1796 David Leicht um 2380 Gulden und gab davon dem Kloster jährlich 2 Pfund 16 Pfennige ~ 19 Kreuzer,

Das Pondorfer Gut (Gr. Nr. 5), zu dem außer dem Hof noch 10 Acker Feld, 2 Tagwerk Wiesen und Y2 Acker Holz gehörten, entrichtete 2 Pfund 13 Pfennige ~ 18 Kreuzer. Die Abgaben von Gr. Nr. 57, das Jörg Zenck 1795 um 3870 Gulden erworben hatte, beliefen sich auf 1 Gulden 8 Pfund 10 Pfennige ~ 2 Gulden oder 0,05% des Kaufpreises.

Alle oben angeführten Geldzinse, Naturalabgaben und Fronen oder Dienste mussten die Lehensleute des Michelsbergs in Gaustadt leisten. Wenn hier fast nur von den klösterlichen Untertanen die Rede war, so liegt es daran, dass die spitälische Verwaltung nicht entfernt so genau und ausführlich, man kann sagen, Buch führte und die sachlichen wie persönlichen Veränderungen recht oberflächlich festlegte. Erst 1489 beginnen lückenhafte Besitzerreihen der spitälischen Häuser, so von Gr. Nr. 16 mit Hans Heldt, auf den 1503 die Margreth Guldeln, Feynbewrin genannt, mit ihren Söhnen Kilian und Hans Guldein folgt ". Da der Zins jährlich zwei Gulden und eine halbe Fastnachthenne betrug, war das Gut schon geteilt.

Peter Franck, Hansen Francken sel. Sohn, gab den halben Teil seines väterlichen Erbgutes (Gr. Nr. 17) seiner Schwester Anna um 18 Gulden zu kaufen. Der Spitalverwalter bemerkt: "Doch also, wo sie sich verheiraten würde, dass sie ihren Mann ans Spital bringe und Pflicht tun lasse". Dabei wird der Handlohn mit 10 Gulden von 100 angegeben". Vom Hof des Benefiziums (Gr. Nr. 53) scheinen sich überhaupt keine Verwaltungs- oder Lehenakten erhalten zu haben. Die Abgaben blieben im allgemeinen durch die Jahrhunderte gleich, eher wurden sie, wie wir gesehen haben, vermindert. Es lässt sich nur eine durchgehende Lastenvermehrung feststellen, die allerdings erträglich war. Im Zinsbuch von 1451 steht folgende Nota: Jedes Gut zu Gaustadt das Rauch hat, gibt ein Huhn Burkardi (14. Oktober), genannt die Schülershühner, die einst zur Schule gehörten"'. jedes Haus, das bewohnt ist, muss also dieses Huhn entrichten. 1431 kommt dieses Burkardhuhn erstmals auf den Häusern Gr. Nr. 11, 18, 34 vor". 1424 findet man es noch nicht. Es ist die letzte Neuerung auf dem Gebiet der vielfältigen Zinse. Wenn auch eine Henne als Abgabe damals für einen Bauern keine spürbare Belastung bedeutete, so scheint es Widerstände gegen das Burkhardhuhn gegeben zu haben. Als 1462 die "jungen Herren in der Schul" sich über Hans Übelein beklagt hatten, dass er kein Burkardhuhn gebe erbot sich der Genannte freiwillig, den jungen Herren Genüge zu tun; auch Clas Volcker will das Huhn geben, wie es altes Herkommen sei. Mit Jungen Herren" werden die adeligen Klosterschüler tituliert.

Der Grund für die Benennung nach Burkard, dem Würzburger Heiligen, bleibt dunkel. Diese Steuer kommt in den übrigen Michelsberger Orten nicht vor, wenigstens nicht unter diesem Namen. Wenn auch nicht gesagt ist, für welche Schule das Huhn bestimmt ist, so kommt doch nur die Klosterschule selbst in Frage. Gelegentlich findet sich dieses Huhn auch als Abgabe von einem Acker; der Kellereihof reichte als Besonderheit schon 1430 eine Burkardigans.

Zuletzt ist noch der Zehnt zu behandeln. Diese Abgabe beträgt, wie schon der Name sagt, den zehnten Teil eines Ertrags und zwar in Gaustadt gewöhnlich nur von Feldern und Gärten. Eine Ausnahme bildete der Gundlochshof, von dem 1424 der halbe Zehnt vom Vieh und von den Früchten erhoben wurde". Diese Bestimmung kehrt gewohnheitsmäßig in den klösterlichen Zinsbüchern immer wieder bis 1617, obwohl der Hof seit 1480 domkapitelisch. war. Mit dem Übergang an das Benefizium verschwindet dieser Viehzehnt, auch Blutzehnt geheißen. Praktisch konnte er wohl nur in Geld entrichtet werden. Von den Höfen und Selden des Dorfes war im allgemeinen der "Zehnt zu Dorf und Feld" fällig, der auch wechselweise "mit allen Früchten" genannt wird ". Gelegentlich findet sich ein Sonderzehnt, so bei Gr. Nr. 14 der halbe Zehnt "aller Frucht der Bäume" ". In den späten Zinsbüchern fehlen Zehntverrnerke, offenbar, weil sie selbstverständlich und darum überflüssig waren. Der Flurzehnt war eine wichtige Einnahmequelle des Klosters.

Auf den Feldern zählten die Zehntner z. B. beim Getreide nach Garben, bei Rüben, Zwiebeln und Ähnlichem nach Beeten, bei Heu und Grummet nach Schobern ab. Es wird niemand wundern, wenn es über die Handhabung des Zehnten Klagen gibt. So heißt es 1563, Hans Hellt, (Held) wäre ein ,“ Zehetter" gewesen und hätte einem oftmals zuviel genommen. Andererseits konnte man auch schwer einsehen, warum ein Bauer seine

Dorfgenossen wegen des dem Kloster zukommenden Zehnten übervorteilen sollte, wenn man nicht weiß, dass es die Einrichtung des "Zehntbeständners" d. b. des Zehntpächters gab, vergleichbar dem römischen Steuerpächter. Wie diese werden auch die klösterlichen Zehntner versucht haben, in ihre Taschen zu wirtschaften. So klagen 1650 Georg Pickh und Fritz Günter, beide klösterliche Immunitäts-Untertanen zu Bamberg, wider Hans Endres und Hans Hantschuch, beide Zehentbeständner zu Gaustadt, um ausgezehnter "Zwifel" willen. Diese hätten ihrem Bedünken nach ohne ihr Vorwissen und Beisein zuviel abgezehntet. Daraus ist übrigens zu entnehmen, dass ohne den Zehntpflichtigen die Zehntner nicht ihres Amtes walten durften. Die Kehrseite dieser Beschwerde soll nicht fehlen, wenn sie auch nur mittelbar mit dem Zehnt zusammenhängt. Die obigen beklagten Beständner sind zwar geständig, ohne Wissen der Kläger ausgezehntet zu haben, aber mit ihrem guten Gewissen könnten sie sagen, "keinen Vorteil gebraucht zu haben"; sie hätten nur genommen, was ihnen gebührte. Hingegen beschweren jetzt sie sich, gegen Georg Pickh, er habe sich vernehmen lassen, dass sie ausgezehntet hätten "wie die Dieb und Schelm", so dass ihre Mitgesellen ihnen nicht mehr helfen wollen, den Zehnt mit ihnen einzusammeln, "sie seien denn wieder redlich gesprochen worden«. Sie bäten daher gleichmäßig um Wiederherstellung ihres ehrlichen Namens. Darauf wurde dem beklagten Pickh auferlegt, den Beständnern eine öffentliche Abbitte zu leisten. Daraus erklärt sich auch die Klage Hans Blümleins des jüngeren wider Hans Zehe, der ihn auf der Bierbank beim Mundschenken einen "Nachtzehenter" geheißen habe, d. h. einen, der bei Nacht und Nebel den Zehnten holt. Abgesehen vom Nachtzehenter ist diese Notiz deswegen bemerkenswert, weil hier die Gaustadter einmal beim Bier und nicht beim üblichen Wein sitzen (1692).

Die Streitigkeiten wegen des Zehnts reißen in den Gerichtsbüchern nicht ab. 1546 klagte Jos. Kerßlein gegen Cunz Stürmer, wie in nächstvergangener Zeit Stürmer den Kläger bezichtigte, er habe seinen Herrn, den Grafen von Henneberg, unrecht gezehet und "vmb den zehet (mit züchten zu melden) beschissen«. Oder 1539 klagt Hans Stürmer gegen Hans Blümlein. Dieser sagt, dass sein Vater Schnitter gehabt und "er habe aufgebunden (die Garben)". Da sei der Kläger als Zehender kommen und ausgezehet und zu des Blümleins Maid (Magd) gesagt: "Dass euch Potz wunder schent! Wie geht es zu, dass mir die kleinst Garb allweg zu teil wird.

Ich glaube, ihr habt abgezählt, und von der Maid gelassen und an den Beklagten kommen und abermals gesagt, "dass dich Potz Marter schend", du bündest (bindst) allemalen die zehet Garben kleiner dann die anderen und bescheist mich um den Zehet" loia.

Um einer Besonderheit willen sei hier folgendes angeführt. Der spitälische Ziegler Hans Linsner zu Tütschengreuth gab an, dass die spitälische Wirtin zu Gaustadt mit ihrer Schnur 1712 so spät erhielt sich dies Wort für Schwiegertochter von einem Betrunkenen in die Stubenecke getrieben war. Als man den Übeltäter hinausgeworfen hatte, nannte er dies Wirtshaus "Mördergrube und Hurenhaus"; es wäre besser, es zu verbrennen. Von der Gemeinde seien, da die zwei rabiaten Tütschengreuther alles kurz und klein geschlagen hätten, zwar viele auf der Straße gestanden, um das Schauspiel zu genießen, aber außer dem Andreas Krug, so mit dem Zehendtstecken in die Stuben kommen", sei keiner darin gewesen.

Das ist der einzige Beleg, dazu noch aus so später Zeit, für dieses Amtszeichen; als solches ist es doch wohl aufzufassen. Kam einer mit diesem Zehentstecken auf die Felder, so musste jeder wissen, er kam amtlich, berechtigt, den Zehnten einzuheben.

Der Zehnt wurde auch von einem Wald erhoben, der Lehensgut war. 1496 empfing Hans Rigel zu Gaustadt Holz, Wiesen und Baumfeld, alles an einem Stück, von dem er zwei Fuder Holz und den Zehnten geben muss. Auch von den Weinbergen nahm das Kloster den Zehnten und als Gegenstück zu den eben genannten Holzfuhren auch hier eine besondere Abgabe. Hören wir:

Hans Herdegen am Maienbrunnen hatte 1517 einen Weingarten am Kalenpuhel (Kahlenbühl) als Zinslehen empfangen, den er um 3734 Gulden kaufte. Davon musste er dem Kloster geben den fünften Teil "vorm Bieth in der Kaltern und den Zehet im Felde"'. Genauso heißt es 1521, dass Hans Blümlein zu Gaustadt von einem Weinberg gibt einen fünften Teil "in der Kalterung vorm Bieth".

Schon die verwirrende Schreibung "Bietht, biettli, piet" zeigt, dass dies Wort dem Schreiber wohl nicht weniger Schwierigkeiten machte und vielleicht ebenso unbekannt war wie uns. Nach J. A. Schmellers Bayerischem Wörterbuch, dem Helfer in solchen Nöten, bedeutet es die Kelter. Die Inhaber obiger Weinberge gaben also

1.den zehnten Teil der Trauben "im Felde", im Weingarten, und

2.im Kelterhaus den fünften Teil des Mostes. Das waren rund ein Drittel des Ertrages.

Betrachtet man zusammenfassend die klösterliche Verwaltung, so muss man feststellen, dass auch, hier gilt, unter dem Krummstab war gut leben. Die Zinsen und Gülten hielten sich in erträglichen Grenzen und wurden durch Geldentwertungen und Währungsänderungen immer geringer.

In Notzeiten und bei Unglücksfällen finden wir eine wohltuende Rücksichtnahme, mochte sie auch der Absicht entspringen, dem Lehensmann zu helfen, um mit ihm seine Abgaben für die Zukunft zu sichern. Es ist ja bezeichnend, dass im Aurachgrund jenseits des Michelsberger Waldes, in Stegaurach und Wildensorg, das vielfache Berührung mit Gaustadt durch verwandtschaftliche Bindungen hatte, sich die Bauern im sog.

Bauernkrieg 1525 austobten, z. B. in Stegaurach das Schlößchen der Camerarier, die man keineswegs als drückende Herrschaft bezeichnen konnte, in reiner Freude am Zerstören plünderten und verbrannten, dass aber die zahlreich erhaltenen Quellen von solchen Ausschreitungen in Gaustadt kein Sterbenswörtchen zu berichten wissen". Die Gaustadter blieben demnach im allgemeinen Trubel ruhige, vernünftige Untertanen, die wie bisher auch fernerhin ihre Abgaben entrichteten. Nicht die jährlichen Lehenszinse und Naturalien dürften für das Kloster die Haupteinnahme gewesen sein, sondern der Zehnt und vor allem die außergewöhnlich anfallenden Leistungen, das Hauptrecht und der Handlohn, wenn sich auch hier Milderungen z. T. Befreiungen herausgebildet hatten.

Wenn man versucht, die jährlichen Einnahmen des Klosters aus Gaustadt festzustellen, darin ergibt sich eine Summe von 64/2 Pfund Geld, 11 Pfennigen, 36 Hellern, 6 Gulden, 73 Käsen, 104 Hühnern, 960 Eiern, 12 Sümra Hopfen, 4 Pfund Wachs und eine Gans. Man kommt, alles in Geld umgerechnet, auf eine Summe von 68 Gulden 2 Pfund. Der ja stets wechselnde Zehnt und das Hauptrecht mit Handlohn sind darin nicht enthalten.

Als im Jahre 1802/3 das Kloster Michelsberg und das Elisabethen Spital aufgehoben wurden, konnten die kurfürstlich pfälzisch bayerischen Beamten nur auf der Grundlage der bisherigen Verwaltung weiter regieren. Zwar wurden die derzeitigen Lehensinhaber nunmehr auch rechtliche Eigentümer ihrer bisherigen Lehen, aber sonst änderte sich für die Gaustadter zunächst nur der Name der Herrschaft. Die Schultheißen walteten weiter ihres Amtes, denn die Bauern mussten weiter ihre Zinsen und Abgaben leisten und den Handlohn entrichten, wenn auch an eine andere Stelle. Im 19. Jahrhundert verschwanden dann nach und nach die Überreste des Lehenswesens durch die Gesetzgebung und die Einführung des modernen Steuerwesens. Mit der Sache oder der Einrichtung verschwanden auch Namen und Worte, deren sich Lehensherrn und Untertanen zu bedienen pflegten.

Obrigkeit, Gericht und RechtWenn ein Gaustadter von Obrigkeit sprach, so konnte er an den Fürstbischof als Landesherrn denken oder an den Abt auf dem Michelsberg als seinen Lehensherrn oder an die zwei Dorfbehörden, den (Lehens)Schultheißen als Beauftragten des Abts und die zwei Dorfmeister, die gewählten Vertreter der Gemeinde, die man in später Zeit etwas großspurig auch Bürgermeister nannte.

Wenn auch das Kloster Kaiser Heinrich Il. Fälschlicherweise, als seinen Gründer in Anspruch nahm, so hat es doch niemals im Ernste die Oberhoheit des Bamberger Bischofs im geistlichen wie im weltlichen Bereich zu bestreiten gewagt. Der Bischof war und blieb der Landesherr und forderte darum auch die Beachtung seiner landesherrlichen Rechte im Dorfe Gaustadt. Martinet führt davon als erste die Steuer auf und schreibt, sie erscheine "bald nach laut der Gaustadter Gemeinderechnungen als eine in außerordentlichen Fällen von der Gemeinde gereichte Gabe Contribution genannt . . . bei Kriegszeiten". Diese Gemeinderechnungen sind inzwischen verschwunden und wir müssen ihm dankbar sein, uns wenigstens durch seine Auszüge Einblick in die Gemeindeverwaltung zu gewähren. Sonst hätten wir nur vereinzelte und zufällige Bemerkungen der Überlieferung. Martinet führt neben diesen außerordentlichen Abgaben der Gemeinde auch die regelmäßig zu entrichtende Lichtmess und Michaelissteuer an, die aber nicht die einzelnen Gemeindeglieder entrichteten, sondern "aus den Erträgnissen der Gemeindenutzungen bestritten«« wurden. Sie schwankten nach ihm zwischen 6 Gulden i. j. 1624 und 11 Gulden 46 Kreuzer i. J. 1733. Diese auffallende Besteuerung der Gemeinde, das liegt hier praktisch vor, hat als Kehrseite natürlich die Steuerfreiheit der einzelnen Dorfbewohner. Das stellt gewiß einen Ausnahmefall dar und hat deswegen auch seine erklärbare Ursache: Sie geht wohl zurück auf den Spruch des Michael von Schaumberg zu Strößendorf und Bernhard Schaumberg zu Trunstadt vom 18. Mai 1440, "dass uns (den beiden Adeligen) unser gnädiger Herr von Bamberg (Anton von Rotenhan) zugesagt hat, die armen Leute zu Gaustadt auszutun (mit ihnen eine Ausnahme zu machen) und aus dem Steuerbuch auszuschreiben, so dass sie in Zukunft alle insgesamt frei von jeder Steuer sein sollen"'. Unter "armen Leuten" verstand man damals die Untertanen oder die Hintersassen, im Gegensatz zu den Adeligen und den Angehörigen der ratsfähigen Geschlechter.

Die eben erwähnten "außerordentlichen Fälle" lagen in Kriegszeiten vor. Hier aber verlangte die Sicherheit des Landes auch Dienstleistungen mit der Waffe. Mochte man auch einst mit den angeworbenen Landsknechten in den Krieg gezogen sein, ganz konnte man auch in der darauffolgenden Zeit der stehenden Heere die Hilfe bewaffneter Untertanen nicht entbehren. Diese eingezogenen Leute bildeten den sog. "Ausschuss", sie selbst nannte man die Ausschüsser. Es gab ja damals noch keine allgemeine Wehrpflicht, sondern die notwendigen Mannschaften konnten sich freiwillig melden oder wurden ausgelost. Diese dem Zufall überlassene "Musterung" hielt sich in Bayern noch lange bis ins 19. Jahrhundert. Es scheint, dass Gaustadt nur einen Ausschüsser stellen musste. Dass das Auslosungsverfahren zu manchen berechtigten oder unberechtigten Klagen Anlass gab, zeigt die Beschwerde des Gaustadter Schultheißen Christoph Mackart gegen die Kunigunda Möhrlein.

Als Hofrat Reider zu Hallstadt den Rekrutenzug (Musterung) durch Verlosung vornahm, hatte das Los den Johann Schiller, einen Verwandten der Möhrlein, getroffen. Darauf habe diese ihn in der Karwoche 1796 zu Gaustadt einen Seelenverkäufer, Spitzbuben und Hurentreiber geheißen, als sei er, der Schultheiß. die Ursache gewesen. Damals hatte sich der französische General Jourdan bis zur Oberpfalz unter Plünderungen und Verwüstungen vorgewagt, musste sich aber dann unter noch größeren Erpressungen und Verheerungen

zurückziehen, beide Mal durch unsere Gegend, so dass man verstehen kann, dass sich die verängstigte und geplagte Bevölkerung einiger Orte weigerte, wie Looshorn berichtet, sich der Militär Rekrutierung durch Verlosung zu unterziehen. Dem oben genannten Ausschüsser Joh. Schiller, der anscheinend Dienst zu Hause tun musste, hatte die Schultheißin, die ihren Mann wohl vertrat, wegen des Durchzugs von Truppen eine Botschaft aufgetragen, wohin wird nicht angegeben. Dieser aber, dessen Verärgerung ja obige Äußerung der Kunig. Möhrlein widerspiegeln, stieß die Schultheißin ganz respektlos und unritterlich in einen Graben, wobei sie ihren rechten Arm ausfiel, so dass sie den Einrichter in Litzendorf aufsuchen musste. Anders war es Jahrhunderte früher, im ausgehenden Mittelalter. In den damaligen Fehden und Kriegen, in die sich der Bamberger Bischof manchmal recht unnötig verwickeln ließ, mussten die einzelnen Ortschaften des Bistums je nach ihrer Größe einen wie eben Gaustadt oder mehrere sog. Reisewagen stellen. Sie dienten wohl der Beförderung von Lebensmitteln und Waffen, entsprachen also unserem Nachschub. Man verlangte von ihnen eine den Anforderungen des Krieges entsprechende Beschaffenheit; dazu kam aber, was am schwersten wog, die Stellung von Bespannung und Führer. Meist mag wohl der jeweilige, von der "Reis", dem Kriegszug, betroffene Gaustadter wieder heimgekommen sein, Wagen und Pferde aber gingen ebenso oft zu Grunde. Und dafür musste die Gemeinde aufkommen. Es wurde dann das Reisgeld fällig, wenn es nicht schon vorher erhoben wurde. Man berechnete es nach dem Besitz oder Vermögen. Aus einer Klage der Dorfmeister Thomas Eichelberger und Peter Löher gegen Cunz Weicker 1512 erfahren wir, dass dieser sich erboten habe, der Gemeinde »etliches Geld" zu leihen, als diese kürzlich "zu reisen schicken d. h. zu einem Kriegszug rüsten sollte, aber kein Geld gehabt habe. Er hatte 20 Gulden gegen einen Anger vorgestreckt. Da aber aus der "Reise" nichts geworden sei, habe man ihm den Anger abgesprochen".

Als Bischof Georg von Schaumberg im Kriege des Albrecht Achilles von Ansbach Bayreuth mit Pfalz und Bayern sich mit letzteren verbündete, wurde 1462 diese Kriegsabgabe erhoben. Es gab und gibt zu allen Zeiten Leute, die nicht zahlen wollen. So mussten auch in diesem Jahre die beiden Gaustadter Dorfmeister Cunz Stürmer und Cunz Amlung im Auftrag der Gemeinde vor dem Michelsberger Pfortengericht Klage erheben, dass Thema Schaller (Gr.Nr. 66) ein Pfund und die Irmel Mentlerin auf dem Jungfrauenhöflein "sechs Pfund von ihren Gütern entrichten soll". Die letztere, eine im übrigen wohlhabende Bambergerin an der Unteren Brücke, scheint schließlich bezahlt zu haben; dem Thema Schaller aber wird Pfändung angedroht und zuletzt heißt es: "Des Schallers Haus zu Gaustadt soll man beschauen. bis zum nächsten Gericht" '. Das wird wohl so viel bedeuten, dass man etwas Pfändbares in seinem Haus suchen will. Ein Pfund Geld waren 30 Pfennige; aber um diesen für uns unbedeutenden Betrag konnte ungefähr gleichzeitig, wie später zu berichten ist, freilich auch aus grundsätzlichen Erwägungen ein mehrjähriger Prozess entstehen. Dabei werden wir auch die recht befremdliche Ausführung einer derartigen Pfändung kennen lernen.

Der Landesherr verlangte aber noch andere Dienstleistungen. Am 9. Dez. 1485 gab die Michelsberger Kanzlei eine Anordnung an 16 Dörfer wegen eines Turniers heraus, darunter auch an Gaustadt. Nicht als ob die Gaustadter mit Schild und Helm auf den Kampfplatz hätten reiten sollen, sondern die Gemeinde hatte zum Turnier in Bamberg vier Wäppner (Bewaffnete) zu Fuß zu teilen, von denen jeder wenigstens an Schutzwaffen habe einen Eisenhut (Helm), einen Krebs (Brustpanzer) und ein Goller (Halsschutz), an Waffen eine Handbüchse oder eine Armbrust, eine Hellebarde oder einem Schweinsspieß (Saufeder mit sehr langem, dünnem Blatt).

Man sieht daraus, was an Waffen man damals auf einem Dorfe erwarten konnte, ja, was vorhanden sein musste. Diese vier Gaustadter sollten mit den anderen Michelsberger Untertanen, darunter zehn aus Viereth, acht aus Oberhaid, elf aus Ebing, 30 aus Rattelsdorf am Samstag nach Dreikönig, den 7. Januar 1486 des Turnierdienstes gewärtig sein. Sie wurden wohl zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Absperrung usw. eingesetzt. Aufschlussreich ist aber wieder, wie die Kanzlei wohlweislich nicht die geforderten 100 Mann verlangte, sondern 110, weil man von vornherein mit Ausfällen und Säumigen rechnete.

Als am 30. August 1740 eine landesherrliche Verordnung des Fürstbischofs Friedrich Karl von Schönborn ergangen war, dass die domkapitelischen, dompropsteilichen, klösterlichen und spitälischen Untertanen dem Fürsten Jagdfolge, Jagdfron und Jagddienste zu leisten haben", so war das ein Ausfluss des absolutistischen Regiments Schönborn'scher Prägung". "Zu den persönlichen Frondiensten mussten alle Untertanen angehalten werden, damit, nach Looshorns treffender Beurteilung, »Gleichheit im Dienen, nicht Gleichheit in der Freiheit entstünde"". Leider blieben manche dieser den Fürsten dienlichen Anordnungen darunter auch diese über die Jagdfron auch später in Kraft. So wurden die Untertanen zu Gaustadt, Trosdorf und Dörfleins auf den 10. Oktober 1751 zur Saujagd in der Zückshuter Flur befohlen ".

Am 12. Oktober 1764 soll der Gaustadter Schultheiß "zehn tüchtige Mannspersonen“ zu den fürstlichen Saujagden im Hauptsmoor abstellen; wenn es hieß, dass "diese nach Verlauf von 48 Stunden abgelöst werden sollen", so ist heute schwer zu sagen, ob das die übliche Frist oder eine Vergünstigung war ". Jedenfalls wird die Auswahl dieser zehn Jagdfröner dem Schultheißen nicht leicht gefallen sein. Die Michelsberger Kanzlei erhob zwar gegen diese Befehle einen formellen Widerspruch, riet aber ihren Untertanen angesichts der angedrohten Strafe Friedrich Karl hatte fünf Gulden festgesetzt in Gottes Namen zu gehorchen.

Nun das Gegenstück dazu: Nach dem 30jährigen Krieg hatten sich nicht nur die jagdbaren Tiere vermehrt, sondern es hatte sich, wie nach dem 2. Weltkrieg in Ostpreußen, bei uns die Notwendigkeit gezeigt, gegen Wölfe vorzugehen. Der Fürstbischof Philipp Valentin Voit von Rieneck erließ da zu eine Anordnung, die das Kloster am 14. Febr.1663 seinen Untertanen bekannt machte. Damals hielt man es noch für notwendig, eine Begründung zu

geben, als man des Klosters Immunitäter wie auch die Gaustadter, Bischberger und Weipelsdorfer für den anderen Tag zu einer Wolfsjagd um den Rothof (das Rothöflein) und Weipelsdorf anforderte, weilen es zur Abhelfung eines allgemeinen „Übels" notwendig sei. 1692 steht in einem Klag Protokoll: "Nachdem Zacharias Ebner Flurer und Pangratz Stretz zu Viereth angezeigt, dass als besagter Flurer nächsthin dem hochfürstl. Befehl gemäß nächtlicherweil auf einen Fuchs oder Wolf gelauscht. Zum Wildreichtum sei bemerkt, dass am 25. Okt. 1735 zwischen Bamberg und Hallstadt über 800 Hasen nebst Füchsen geschossen wurden ".

Am 18. Dez. 1738 kamen im Hegnich 50 Stück Rotwild zur Strecke und am 5. Jan. 1739 schoss der Fürstbischof allein bei Sechof 10 Stück Wildschweine

Das letzte Recht des Landesherrn betraf das Gericht insoweit, als

1.das fürstliche Centgericht für die vier hohen Rügen, meist Mord, Brand ' Raub und Notzucht zuständig war, und

2.2. das fürstliche Hofgericht als Berufungsinstanz in Frage kam.

1546 glaubte Cunz Stürmer vor dem Michelsberger Pfortengericht nicht sein Recht bekommen zu haben. Er appelliert "mit lebendiger Stimme an und für (vor) den Hochw. Fürsten und Herrn von Bamberg und bittet zum ersten, andern und dritten Mal fleißig, fleißiger und aufs allerfleißigst um Appostolos und Abschied". Das sagte ihm der Richter zu. Den zunächst unverständlichen Ausdruck "Apostel" erklärt das Rechtswörterbuch . Es sind die Gerichtsakten, die dem Appellanten von dem Unterrichter an den oberen mitgeteilt werden, damit er sich unterrichten kann.

Der Bischof als Landesherr trat den Gaustadtern meist nur in seinen Beamten und Richtern entgegen. Anders war es bei den Untertanen des Klosters und des Spitals. Der einzige dem Domkapitel zuständige Hof kann bei dem fast völligen Mangel an Archivalien beiseite gelassen werden.

Die Klosterleute mussten persönlich dem jeweiligen neuen Abt die Erbhuldigung leisten wie am 9. Juli 1749 im großen Saale der Abtei mit den anderen Dörfern der Nähe, wobei sie auch zum Huldigungspräsent beigetragen hatten. Die Spitälischen wurden durch die beiden Pfleger in die Lehenpflicht genommen. Der Abt aber übte als Inhaber der meisten Höfe die sog. Dorf oder Gemeindeherrschaft aus, für die im allgemeinen die Dorf oder Gemeindeordnung den Rahmen abgab.

G. Schrepfer gibt in seinen "Dorfordnungen im Hochstift Bamberg" richtig als Grund für den Erlass solcher Dorfordnungen "Irrungen, Gebrechen, Unordnung, Streit, Zweiung, Zwietracht" an. Er betrachtet aber die Notariatsurkunde vom 3. Juli 1541 über Gaustadt als eine durch einen Ausschuss erarbeitete Erstellung einer Dorfordnung, im besonderen als ein Weistum. Er übersieht aber dabei, dass die wirkliche Dorfordnung erst aus dem Jahre 1583 stammt. Der Anlass zu letzterem war eine bis ins Einzelne erkennbare Zwietracht in der Gemeinde, die in den Gerichtsbüchern des Pfortengerichts ihren Niederschlag fand. Es handelte sich um tiefgehende Meinungsverschiedenheiten über das Hutrecht, die das Dorf in zwei zahlenmäßig ungleiche, unversöhnliche Parteien spaltete. Nach den Gerichtsprotokollen spielte sich folgendes ab: Am 15. Mai 1541 verlangte Hans Koch als Dorfmeister vor versammelter Gemeinde, dass diejenigen, die auf der Hege mit ihrem Vieh gehütet hätten, Pfand geben, also gestraft werden sollten, und zwar mit zwei Pfund, der höchsten Strafe, die ein Dorfmeister verhängen durfte. Nun muss man wissen, dass nach den Protokollen und dem gleich zu erwähnenden Prozess auch. persönliche Gegensätze hereinspielten. Auf der Gemeindeversammlung prallten die Gegensätze aufeinander. Heinz Kraus und Kuni Eichelbergerin, letztere spitälisch, hatten ihr Vieh auf der Hege weiden lassen und wurden deshalb bei der Gemeinde verklagt. Diese erste Gemeindeversammlung hatte kein Ergebnis. Am 3. Pfingstfeiertag, am 7. Juni 1541 kam man wiederum zusammen, und hier verlangte Hans Keck nochmals die Bestrafung der Schuldigen. Dazu erklärten die Gemeinmeister Jörg Hofmann und Peter Löher, dass nach Gemeindebeschluss kein Gaustadter von Walburgis (1. Mai) bis Martini (11. Nov.) mit seinem Vieh allein auf den Gemeindenutzungen hüten dürfe bei einer Buße von 2 Pfund. Demnach darf es dort nur der Gemeindehirt, aber auch, worauf die Gegner besonders hinwiesen, die Fremden, z. B. die Bamberger Metzger. Die Mehrheit der Versammlung beschließt die Bestrafung, die beiden Schuldigen verweigern die Bezahlung.

Darum musste man nach Gemeindebrauch zur Pfändung schreiten, in diesem Fall im wörtlichen Sinn. Das aber ging so vor sich . Der eine Gemeindemeister verpflichtete alle Anwesenden, also auch die beiden zu Pfändenden, insbesondere aber auch den Gemeinmeister Peter Löher als einen nahen Verwandten von Heinz Kraus, gemeinsam zunächst zum Haus der Eichelbergerin zu ziehen. Dort sollten angesichts und im Namen der Gemeinde Hans Keck und Josef Kerslein das Pfand nehmen. Im letzten Augenblick, als "Schon die Gemeinde vor ihrer Behausung gewest, hat sich die Bedrohte "mit der Gemeinde vertragen" d. h. bezahlt. Dann ging's zum Haus von Heinz Kraus. Unterwegs, so sagte ein Zeuge aus, habe sich aber der Dorfmeister Peter Löher an einem Rain niederfallen lassen und sei liegen geblieben. Heinz Kraus dagegen wohnte im Kreis seiner Dorfgenossen seiner eigenen Pfändung bei, offensichtlich völlig ruhig, da von ihm nichts erwähnt wird. Er wurde um so kräftiger von seiner Frau vertreten. Die Zeugenaussagen gehen in Einzelheiten auseinander, besonders wenn es sich darum handelt, die Urheber der Tätlichkeiten festzustellen.

Es lohnt sich diesen aufregenden Tag, den die Gemeinde erlebte, nach den Unterlägen zu schildern. Den Anfang machte Hans Keck, der Dorfmeister, der versuchte, ins Haus zu dringen, was ihm die Frau auf Grund des

Hausrechtes mit Recht verwehrte. Da die Haustüre verschlossen war, drang Jos. Kerslein durch die rückwärtige Tür ins Haus, öffnete zuerst die Mittel , dann die vordere Haustür. So konnte auch Keck ins Innere gelangen, um ein Pfand zu nehmen. Kerslein schlug die Frau ins Gesicht und, nachdem sie zu Boden gefallen war, bearbeitete er sie mit seinen Fäusten. Keck nahm inzwischen drei Pfannen weg und wollte davon.

Die Frau hinderte ihn aber und dabei schlug er sie mit einer Pfanne auf den Kopf. Das konnte dem Keck später nachgewiesen werden, denn die Zeugen sagten aus, sie hätten gesehen, dass die Haube (das Kopftuch) der Frau schwarz war. Als die Krausin ohnmächtig zu Boden fiel, kam ihr die Schwägerin mit einem (Gras )Stumpf zu Hilfe. Keck zog sie an den Haaren aus dem Haus, und, als sie wieder hineinzukommen suchte, schlug sie Keck mit einem Prügel. Dafür bearbeitete die wohl wieder zu sich gekommene Frau des Kraus den Keck mit einem Besenstiel. über das Schicksal der gepfändeten Pfannen ist nichtsbekannt; wahrscheinlich hatte sie der Dorfmeister doch gerettet. Die zuschauende Gemeinde war mit dem Verhalten von Keck und Kerslein nicht einverstanden. Der Zeuge Hans Stürmer sagte in dem nun folgenden Prozess aus, dass Keck "auf der Gemein Anschreien (Zurufen) die Frau wiederum aufgelassen" und "die Gemein habe den beiden kein Recht gegeben, die Frauen zu schlagen". Die auseinandergehenden Aussagen, aus denen die oben gegebene Darstellung gezogen wurde, erklären sich daraus, dass die Zuschauer gleichzeitig zwei sich bekämpfende Paare beobachten mussten.

Auf jedem Fall erlebte die Gemeinde ein beschämendes Schauspiel. Ein Zeuge erklärte, er habe zwar nie gesehen, dass einer dem Pfänden sich widersetzte, aber auch nicht, dass einer deswegen vergewaltigt, geschlagen oder seine Behausung mit Gewalt geöffnet worden sei. Nach fast drei Jahren ging der von Kraus angestrengte Prozess aus wie das berühmte Hornberger Schießen: Jeder bezahlte seine Kosten. Heinz Kraus hatte zwar nichts erreicht, Keck und Kerslein waren indes auch nicht gerechtfertigt". Der Notar Jörig Brechtlein spricht es in seiner Einleitung zum oben erwähnten "Weistum" vom 3. Juli 1541 aus, dass sich "der Pfandnehmung halben" Irrungen zugetragen hätten, auch dass die Dorfmeister verklagt worden seien, "als hätten sie in solcher Pfandnehmung zu weit gegriffen". Daher befahl der Abt, um derartiges in Zukunft zu verhüten, von den Altesten der Gemeinde die herkömmlichen Gebräuche und Rechte zu erfragen und schriftlich niederzulegen. Er wolle dann mit den beiden anderen Lehensherrschaften, dem Spital und dem Domkapitel, sich bereden, ob man den Gaustadtern die von den Altesten ausgesprochenen Artikel urkundlich bestätigen könne. Man wählte also in Gaustadt zu den beiden Dorfmeistern die zehn Ältesten der Gemeinde, wobei allerdings "als nur bedingt zu nehmen ist; denn Endres Bleidner z. B., der zum Ausschuss gehörte, war nach den Zeugenaussagen erst 36 Jahre alt. Als diese zwölf ihre Beratungen abgeschlossen hatten, holte man den Notar Brechtlein, um das, "wessen die gesetzten Ausschuss (mitglieder) einig wurden, aufzuschreiben " Die Urkunde beginnt mit der Aussage des siebzigjährigen Eberhard Kraus, dass vor 40 Jahren Wunne und Weid zu Dorf und Feld den Bauern und Söldnern (Kleingütler) mit Hüten und Grasen zu rechter gebührender Zeit gegönnet worden. Aber vor wenigen Jahren haben sich die jungen unterfangen, "wo einer ein Fleckle eins Tisch breit hab, dasselb zu verzäunen und zu vermachen und sich allein auf anderen Feldern zu nähren". Dieser Ausspruch des Eberhard Kraus wird besonders hervorgehoben und von allen genehmigt.

Der 2. Artikel legt für Bauern und Söldner das Recht fest, auf den Stupfeln d. h. den abgeernteten Getreidefeldern "Stupfel zu rechen"; doch durften sich die Bauern (nicht die Söldner!) einen Acker vorbehalten. Für dieses Recht (auf fremden Ackern zu rechen) müssen die Söldner den Mist, "so sie jährlich gemacht", das Fuder der Gemeinde zu höchstens 15 Pfennigen anbieten Das Fuder wird als jene Menge bestimmt, die von vier Pferden gezogen werden kann. Erst wenn niemand in der Gemeinde den Mist haben will, kann er nach auswärts verkauft werden. Die Stupfel dürfen erst nach dem Bartholomäustag (24. August) gerecht werden, und zwar aus jedem Haus täglich nur eine Person einen halben Tag, "damit die Strei (Streu) zimlicher maß eingeteilt werde".

3. Jeder Fremde, der nur als Mieter ohne Erbschaft oder Kauf ins Dorf kommt, muss nicht wie bisher einen halben, sondern vier Gulden für das Gemeinderecht bezahlen.

4. Jährlich hält man am Tage Andreae (30. November) ein Hegmal (gehegtes Gericht) und dingt dabei auch den Hirten. Dazu hat ein Dorf- oder Mahlmeister neun Schreie im Dorf zu tun. Wer vor dem neunten Schrei nicht erschienen ist, wird mit 60 Pfennigen gebüßt.

5. Wenn einer bei Festsetzung des Lohnes des Hirten ein Haupt des Viehs verschweige, verfalle der Gemeinde "das pest hapt (Haupt!) vihes" zu Pfand.

6. Wie am Andreastag hält man auch Walburgis ein Hegmal mit gleichen Schreien und Strafen; dabei verbietet man auf den Werden (Regnitzufern) mit den Pferden von Walburgis bis Michaelis (29. September) und mit den Kühen bis Martini zu hüten.

7. An Walburgis werden auch die Geröder (Gemeindenutzungen) vermacht d. h. geschlossen.

8. und 9. Der Fußsteig vom Dorf zur Regnitz (bei der Flößergasse) und das Gäßlein hinter dem Adell (Adam Poltz, das heute verschwundene Quergäßlein zwischen Gr. Nr. 18 und 19) ist für Fahren, Reiten und Treiben gesperrt.

10. Niemand darf sein Vieh allein von Walburgis bis Martini auf den Angern der Gemeinde hüten (Prozess!).

11. Wenn jemand nach dem neunten Schrei zu einer Gemeindeversammlung kommt, zahlt er 7 1/2 Pfennige.

12. Hier wird die Benutzung des Gemeindeschschelches (er heißt auch Nachen und Achen) geregelt.

13. Man bedauert, dass der Gemeinde nicht wie in alter Zeit bei Hochwasser und großer Dürre gestattet werde, im Klosterwald einen halben Tag die Pferde zu hüten oder zu grasen, auch Laub oder Streu (Lapp oder Strei!) zu rechen. Man hofft, dass man in diesem Punkt ihnen Gnade erzeige.

14. Als letztes wird der alte Brauch als gemeines Recht bestätigt, dass die Dorfmister samt der Gemeinde (mit Genehmigung der Gemeinde) den, der eine verfallene Buße nicht willig zahlen will, ohne eine Klage bei dem Herrn (Abt) pfänden dürfen. Vergleicht man diese Gemeinderechte von 1541 mit der Dorfordnung von 1583, so liegt der Unterschied in der soeben gebrauchten Benennung. 1541 werden mit Ausnahme des ersten und vorletzten Artikels Gebote und Verbote mit Strafandrohung erlassen. Es fehlt jegliche Bemerkung über die Dorfverwaltung. Ihretwegen hatte es eben keine "lrrungen" gegeben, darum war es unnötig, deswegen etwas einzuschärfen oder anzuordnen Ein Dorf- oder Mahlmeister wird bereits genannt. Hier steht die altertümliche und die neuere Amtsbezeichnung nebeneinander. Zu diesem "Mahlmeister" gehört sprachlich auch das im 4. Artikel vorkommende "Hegmal"; auch das einfache Wort wird gebrauch: " . . . vmb das vngefehr acht tage vor vasnacht ein mahell ausgeschrien worden", sogar "an St. Walburgentag hab ein gemein ein g e m a h e l l gehab ". Mahel, mal bezeichnet die Gerichtsstätte wie das Gericht selbst, Hegmal ist das (ein )gehegte Gericht, eingefriedigt und mit besonderem Schutz befriedet. Das Gaustadter Hegmal, das zu feststehenden Zeiten, Walburgis und Andreae, gehalten wurde, kann man mit dem echten (ungebotenen) Ding (Versammlung) der Frühzeit vergleichen. Wenn aber der Dorfmeister auch Mahlmeist er heißt, so könnte das wohl auf ein ihm früher zustehendes Amt hindeuten, auf das des Richters. Weiter sei darauf hingewiesen, dass im 2. Artikel ein deutlicher Unterschied zwischen dem Bauern und dem Söldner gemacht wird; dabei nehmen die Höfe wiederum eine besondere Stellung ein. Deren Inhaber haben so viel Grundbesitz, dass sie es nicht nötig haben, auf den Feldern der andern Stupfel zu rechen. Die Bauern, die Besitzer der Güter, die noch im Zinsbuch von 1741 zwischen den Höfen und den Söldnern aufgeführt werden, dürfen sich selbst einen Acker vorbehalten.

Noch mehr treten die sozialen Unterschiede in dem oben angeführten Prozess Kraus gegen Keck Kerslein hervor. Der Anwalt der letzteren sucht verständlicherweise die Aussagen der gegnerischen Zeugen zu entwerten. Die Zeugen geben in den einleitenden allgemeinen Fragen auch an, wie viel Vermögen und welche Beschäftigung sie haben.

So sagte Peter Löher, gewesener Gemeindemeister und Besitzer des Kellereihofes fast prahlerisch, "er sei 200 Gulden reich und hab mehr Vieh, dann einer warten könnt«. Hans Weicker sei 300 Gulden reich, habe drei Kühe, ein Schwein. Hans Stretz besitzt drei Kühe, drei Pferde, vier Schweine, sechs Paar Tauben, Mathes Hasel auf dem Abtshof fünf Kühe, fünf Schweine, zwei Kälber. Zu den Armen zählen z. B. Hans Stürmer. Er bekennt "seine Armut als 20 Gulden reich" mit zwei Kühen. Die Katharina Hinckerin, Witwe, deren Vater Clas einst Dorfmeister gewesen, wie sie mit einigern Stolz hinzufügt, "nähre sich von ihrer harten Erbeit, das sei ihre Handierung" ". Am meisten muss man sich darüber wundern, dass in einem Schriftsatz von Keck Kerslein der Zeuge Eberlein Kraus, der doch als Sprecher des Ausschusses bei der Festsetzung der Gemeinderechte auftrat, bezeichnet wird als "ein verlebter und vermutlichen ein wanwitzig (schwachsinnig) Man, nur 20 Gulden an Vermögen und also arm, dass er täglichen nach dem Almosen gehen und kein Vieh heltet. Nicht nur sein Schwachsinn, auch seine Armut soll also den Wert seiner Aussage mindern. Der Gegner freilich schlug zurück: "Dass aber dem Eberlein Kraus die Armut fürgerückt wird, das mag (kann) die Widerteil auch nit helfen", ja, wenn Kraus 100 Jahre alt wäre, dann könnte man von Schwachheit reden, andererseits beanstanden sie die Jugend des für Heinz Kraus aussagenden Endres Bleidner (36 Jahre); einmal seien die Zeugen zu jung, dann wieder zu alt ". Aber nicht Armut und Alter, auch körperliche Gebrechen schädigen Ansehen und Einfluss; so sagt Katharina Hofman 1548, offensichtlich herabsetzend gemeint, von Michel Bleidner, er "habe nur eine halbe Arschkerben" ". Ganz in dieser Linie liegt es, wenn im Michelsberger Gerichtsbuch der 1550er Jahre regelmäßig die Zeugen betonen, sie seien "alt und reidi genug zu einem Zeugen«. Was übrigens die Zeugen im erwähnten Prozess angeht, so sagen sie aus und ihr Zeugnis wird voll gewertet, auch wenn sie zu den Parteien eng verwandt sind. Cunz Stürmer gibt an, er sei des Hs. Kecken Schwager, ebenso Endres Bleidner. Els Kreussin (Kraus) ist des Kecken Schwiegermutter und Peter Löher des Heinz Krausen Gevatter ".

Das Leben im DorfDas Leben im Dorf, in der Gemeinde oder, wie es früher hieß, in der Gemein, dem die heute noch lebendige Aussprache "Gämaa" entspricht, in der Vergangenheit darstellen zu wollen, bedeutet eine kleine Kulturgeschichte. Zu einer solchen wären schon einzelne Teile des vorhergehenden Abschnittes zu rechnen, dennoch wäre zu bedenken, dass durch die Beschränkung auf ein einzelnes Dorf nicht alle bäuerlichen Lebensäußerungen in den Quellen erscheinen können, so dass von vorneherein nur ein lückenhaftes Bild entstehen kann, das dann mit Hinzuziehung anderer oberfränkischer Dörfer zu einer Kulturgeschichte des heimatlichen Bauerntums ausgebaut werden müsste, wie es in vorbildlicher Weise Karl S. Kramer in seinem Buch "Bauern und Bürger im nachmittelalterlichen Unterfranken" bereits getan hat. Eine weitere Einschränkung ergibt sich auch daraus, dass wir wie in Unterfranken auch erst seit dem Ende des Mittelalters reicher fließende Quellen

zur Verfügung haben. Immerhin dürfen wir bei dem bäuerlichen Beharrungsvermögen annehmen, dass sich das Leben um 1500 nicht wesentlich von dem um 1450 oder noch etwas früher unterschieden hat.

Bauern, Handwerker und GesindeDen Mittelpunkt Gaustadts bildete einst der Dorfplatz, heute durch den Bau der Sebastiani Kapelle 1738 stark verkleinert. Aber nicht nur dadurch veränderte sich sein Aussehen. Früher senkte sich die Straße auf beiden Seiten zum Wasserlauf hin und überquerte diesen auf einem Brücklein, das in der Lagebeschreibung der benachbarten Häuser immer wieder erscheint. Statt einer teueren breiten Brücke verrohrte man in neuerer Zeit das Lange Bächlein und gewann durch Aufschüttung eine Höherlegung und Verebnung der Straße. Auch die unübersichtliche Kurve gegenüber der Brauerei Wörner beseitigte man, indem man die beiden Gemeindehäuser abbrach. Dadurch wurde die Geschlossenheit dieses Plätzchens auf dieser Seite zerstört. Heute stehen dort moderne Wohnhäuser, die zusammen mit dem Wörner'schen Neubau die neue Zeit des 20. Jahrhunderts verkörpern.

Für das frühere Aussehen dieses Platzes stehen uns keine bildlichen Quellen zur Verfügung damit steht es für Gaustadt überhaupt schlecht , sondern nur schriftliche und dabei nicht etwa eine Beschreibung, sondern nur spärliche und gelegentliche Angaben. Auf ihn münden am östlichen und westlichen Ende von Süden her zwei Gassen und von Norden her öffnet sich der gemeinsame Ausgang der beiden Klosterhöfe. Diesem Ausgang gegenüber stand der Gemeindebrunnen; wie er aussah, kaum ein Röhren , sondern ein Ziehbrunnen, wissen wir nicht, auch nicht, ob ein Brunnenhäuschen ihn schützte. Martinet sagt zwar: Neben dem Bronnenhause auf der Stelle, wo heut zu Tage die Kapelle steht, . . . befand sich das Bildnis des heil. Sebastian unter freiem Himmel. Damit meint er wohl die sog. Pestsäule von 1652. Welche Unterlagen er für das Bronnenhaus hat, gibt er nicht an. Das aber ist gewiss, dass dort die Dorflinde grünte, zusammen mit Dorfbrunnen das Merkmal der dörflichen Gemeinschaft. Als 1491 Clas Eichelberger am Gemeinbrunnen sein Vieh verbotenerweise tränkte, redete ihn Fritz Ocker, Hofmann genannt, darum an, d. h. er beredete es ihm. Und „do hat Cunz Stüriner der Frau des Heinz Paschart zwischen dem Brunn und einem Garten bei der Linten einen Maulstreich geben" im Jahr 1514 .

Hier versammelte sich nach Martinet die Gemeinde zum gemeinschaftlichen Gebet bis zum Bau der Kapelle, aber nicht wie in anderen Dörfern auch zur Gemeindeversammlung; denn zu der kam man im Kellereihof zusammen. Wohl aber spielten sich auf diesem Platz die Lustbarkeiten bei der Kirchweih ab; die zuletzt im Dorf vorhandenen drei Wirtshäuser lagen ja auch in unmittelbarer Nähe.

Das Leben im Dorf bestimmen und gestalten seine Bewohner. Wenn diese in Gaustadt auch unter drei Herrschaften lebten, so kann man doch nicht von ebenso vielen voneinander geschiedenen Gruppen oder Parteien im Dorf reden, weil der Übergang z. B. vom Spital zu einer im allgemeinen meist größeren Michelsberger Hofstätte durchaus möglich war, audi umgekehrt vorkam, so dass sich keine dauernden herrschaftlichen Gegensätze entwickeln konnten. Vollends verbanden immer wieder die Heiraten die verschiedenen Sippen miteinander, so dass sich schwer rein spitälische oder michelsbergische Familien bilden konnten, zumal wiederum alle Bewohner in der Gemeindeversammlung über Wohl und Wehe des Dorfes berieten und beschlossen. Viel stärker wirkte sich der soziale Unterschied, der Gegensatz zwischen Arm und Reich aus. Die Bevölkerung Gaustadts ernährte sich durch die Landwirtschaft; ihr stand aber nur eine eng begrenzte Flur zur Verfügung.

Wohl bebauten Gaustadter auch in der Bischberger Mark etliche Grundstücke und etwas mehr in der gegen das Kloster zu gelegenen Immunitätsflur, im ganzen war und blieb auch nach den späteren Rodungen die landwirtschaftlich nutzbare Fläche verhältnismäßig klein; dabei ist zu bedenken, dass den Löwenanteil an der Flur die beiden Klosterhöfe besaßen, so dass für die anderen Anwesen sich Besitzmöglichkeit um ebensoviel verringerte.

Nach dem Bericht von C. Ph. Löven wurde der Gaustadter Flurbezirk gegen Bischberg 1723 richtig abgemarkt; wo die Cent Hohen Eich anhebt, da scheiden sich beide Fluren. Aber auch ohne Vermarkung bestanden scharfe Grenzen, besonders gegen die Immunität. Immer wird betont, der Gumbrechtsbrunnen z. B. gehöre nicht zu Gaustadt, sondern zur Immunität. Als im Laufe der Zeit die Bevölkerung zunahm, zwang die Flurnot wohl zu Rodungen, die die Feldmark um ein gutes Stück vergrößerten. Dabei gewinnt man den Eindruck, dass das Kloster eine Vergrößerung des Dorfes und die Durchführung von Rodungen eher hemmte als förderte, da diese Maßnahmen dem Kloster, das dabei nur in Betracht kam, keine wesentlichen Vorteile gewährte. Die Rodungsflächen waren ja an sich schon Gemeindebesitz, und die Abgaben von den neugebauten Häusern entsprachen denen, die auf der bebauten Fläche ruhten. Daraus erklärt sich auch wohl, dass man sich gezwungen sah, innerhalb des Dorfbereichs zu bleiben, d. h. die Anwesen zu teilen.

Nur entlang der Landstraße gegen den Gumbrechtsbrunnen zu gab man einige Bauplätze frei. Die Wohnungsnot ergibt sich deutlich aus einer Klagesache Hans Stretz hatte eine Zeitlang bestandsweise zu Gaustadt gewohnt, war aber in ein Häuslein umgezogen, das ihm Jorg Stretz und Hans Knaus auf einem Feld gebaut, d. h. ihm erlaubt hatten, auf ihrem Feld zu bauen, was aber der Abt 1593 nicht verstattete .

Wir können uns das Leben der damaligen Zeit nicht einfach genug vorstellen sowohl was die Wohnungseinrichtung, die Kost und die Lebenshaltung anlangt. Davon gibt es leider nur gelegentliche

Andeutungen. So wenn 1545 zur Magd. Poltzin auf dem Gumbrechtsbrunnen Hans Stürmer, Jörg Eichelsberger mit einer Flasche Wein und Clas Pangratz kamen. Von letzterem heißt es bezeichnet sei "parheibt und parfus gangen", d. h. barhaupt und barfuß. Darum heißt es auch in der 3. Gaustadter Dorfordnung von 1724, dass man sich mit ehrbarem Aufzug bei der Gemeindeversammlung einzufinden habe, nicht ohne Hut und Halstuch, Schuhe und Strümpfe, eben nicht in der gewöhnlichen Arbeitskleidung. Und im gleichen Jahr hatten der Gerichtsknecht Fritz Steffan und Mathes Stürmer in einem Stadel auf dem "Haye" (Heu) gelegen und bis früh gegen den Tag geschlafen . Knechte und Mägde mussten besonders die größeren Höfe einstellen. Damals wie heute kam es vor, dass ein Gesindepaar heiraten wollte oder musste. Im ersten Fall verlangte man von den Eheanwärtern ein bestimmtes Vermögen, je nach Zeiten und Währungsverhältnissen verschieden, im zweiten Fall war man obrigkeitlicherseits beruhigt, wenn der wegen "jornikation", das verschämte Fremdwort für die "schändliche Unzucht oder Hurerei" auf die Klosterkanzlei vorgeladene männliche Teil sich zur Heirat bereit erklärte. Uneheliche Kinder sah man nicht gern in der Gemeinde, vielleicht nicht so sehr aus sittlichen als vielmehr aus finanziellen Gründen, da Mutter und Kind der Gemeinde zur Last fallen konnten, besonders wenn die Mutter als fremde Magd keine helfenden Verwandten zur Seite hatte. Eine uneheliche Mutter bekam ja damals keine Alimente, sondern günstigenfalls eine einmalige Abfindung. Magdalena Eichelbergerin aus Gaustadt klagte 1583 gegen Hans Trummelmeyer auf dem Maienbrunnen, "weil er sie in seines Vettern Brot fleischlich erkannt und eines Kindes geschwängert hätte". Sie verlangt von ihm acht Gulden, das Gericht aber spricht ihr nur fünf zu.

Das Gesinde aus anderen Dörfern konnte man kaum entbehren, dagegen verhielt man sich gegen Beständner vorsichtiger. Immerhin zeigten Kloster und Spital eine verschiedene Übung. Im Michelsberger Bereich hören wir seltener von Beständnern, wenngleich sie manchmal gehäuft auftreten. 1708 finden sich Jeremias Schmid, Hans Zehe, Hans Kraus, Hans jung, Marg. Fuckrin und Maria Zogerin, alle Beständner in Gaustadt, denen die Erbhuldigungspflicht abzulegen und das gewöhnliche Schutzgeld von vier Pfund sechs Pfennigen dem Kloster zu reichen aufgetragen worden. Dagegen waren Beständner auf den wenigen spitälischen Anwesen gang und gäbe; sie zahlten jährlich nur ein Ort ( 1/4 Gulden), also genau soviel wie das klösterliche Schutzgeld. Bei diesen Beständnern handelte es sich meist um Leute, die einen für das Dorf nützlichen oder notwendigen Beruf ausübten, wie um 1580 jener schon genannte Georg Kolmann aus Scheßlitz, seines Zeichens ein Schneider, oder um Georg Schmidt, der 1626 ausdrücklich Schneider und Beständner heißt . Mancher Handwerksmeister erwirbt schließlich auch ein Anwesen wie der Webermeister Claus Günla um 1616 oder der Schneider Fritz Bauer das Haus am Grünbühl, verstümmelt Grintbühl um 1451 ". Dies Haus stand unterhalb des Gumbrechtbrunnens an der Landstraße. Wenn wir unter den Handwerkern auch noch einen Zimmermann und Dachdecker finden und 1452 schon einen Schuster 1636 den Metzger Hans Waltz, dann haben wir die im Dorf notwendigen Handwerker beisammen.

Die Beständner waren mannigfaltigen Beschränkungen unterworfen. So baten 1724 sämtliche Hintersassen zu Gaustadt, "dass sie nebst den erlaubten s. v. Schweinen auch noch ein Stück Vieh halten, dann austreiben dürfen". In den Protokollen findet sich keine Entscheidung darüber. 1725 stellen Schultheiß, Dorfmeister und der Ausschuß der Gemeinde der Klosterverwaltung vor, dass zwar in der Dorfordnung ausdrücklich bestimmt sei, dass niemand zwei Haushalten im Haus haben soll, jedennoch Andreas Hoffmann, Schulmeister und spitälischer Untertan, einen Mann mit Frau und Kindern aufgenommen, die Bandorf' schen Erben in ihrem Gütlein zweierlei Haushalten wie auch Seb. Rauhe den Hans Endres mit seiner Frau, H. Pouffler, spitälischen Lehens, zwei Haushalten haben, unter denen die Letztgenannten Vieh halten, ohne dass sie etwas zu Feld hätten. Solche Leute waren besonders unerwünscht, weil sie sich das Futter auf unredliche Weise verschaffen mussten. Man verlangte zwar, wie das Beispiel Kolmann zeigt, Leumundsbriefe, aber man konnte diesen nicht immer vertrauen. Im Falle Kolmann stellte die Stadt Scheßlitz umso lieber ein gutes Führungszeugnis aus, als man auf diese Weise eine beschwerliche Familie loszubringen hoffte und auch losbrachte.

Nikolaus Zöllner hatte als Beständner des sog. Hemmeter Schustersgütlein zu Gaustadt die beschwerende Anzeige gemacht, dass die Gemeinde allen bisherigen dorfherrschaftlichen Befehlen ohnerachtet ihn gleichwohl nicht aufnehmen wolle. Daher bedeutete die Klosterkanzlei allen Ernstes dem Schultheißen, den gedachten Beständner ohne längeren Anstand umso mehr aufzunehmen, als ihm als Beständner nicht mehr als zwei Ochsen, eine Kuh und ein Schwein zum Hauswesen erlaubt sei.

Dagegen habe derselbe während der Bestandszeit jährlich zwei Gulden der Gemeinde zu reichen. Das verfügte der damalige Klostersyndicus C. P. Löven am 5. Januar 1746.

Gegenüber diesen wenigen Handwerkern bebaute die Mehrzahl der Gaustadter die dörfliche Flur. Die heutige Forschung sieht in der Dreifelderwirtschaft "keine von Anfang der Besiedlung an gegebene Wirtschaftsform". Man betrachtet sie als Ergebnis jahrhundertlanger Bemühungen um Intensivierung der bäuerlichen Wirtschaft. Die überaus reichhaltigen und umfangreichen Quellen des Michelsbergs geben an keiner Stelle irgendeine Andeutung von dem Bestehen dieser Wirtschaftsform im Immunitätsbereich oder in der Gaustadter Flur. Man müsste doch erwarten, dass in diesem verwickelten, nicht gerade einfach durchzuführenden Feldbau irgendwann einmal bei den zahlreichen Rechtsstreitigkeiten z. B. über Marksteine, Raine, Wege usw. ein Hinweis auf die Dreifelderwirtschaft zu finden wäre. Es findet sich aber nichts dergleichen.

Das ist auch bei Betrachtung der Gaustadter Flurkarte nicht anders zu erwarten. Die Lage und die Gestaltung d. h. das völlig unregelmäßige, wirr durcheinanderliegende Flurbild stellt das gerade Gegenteil einer aus der

Dreifelderwirtschaft hervorgegangenen Flur dar, wie sie sich z. B. nordöstlich von Rattelsdorf auf der einstigen Schlammersdorfer Flur mit ihrer deutlichen Gewinneinteilung, den Felderpaketen in Quadrat oder Rechteckform, zeigt. Demnach scheint mir die Gaustadter Flur ein beweisendes Beispiel für die erwähnte junge Entstehung der Dreifelderwirtschaft zu sein. Der große Wirtschaftshof Erchanbrechts, der sicher schon vor 1000 bestand, hat niemals diese Flurform gekannt.

Aber auch die mittelalterlichen ersten Rodungen in der Gaustadter Flur um die (spätere) Ziegelhütte, das sog. Jungkreut, diese Rodungen, die schon vor den Aufzeichnungen der uns erhaltenen Urbare, also vor rd. 1375 liegen, zeigen Streifen oder Reihenäcker, keine Gewanne, erst recht nicht die späteren.

Die bäuerliche Arbeit läuft jahraus jahrein nach den Forderungen und Gegebenheiten von Jahreszeiten und Wetter ab. Die Alltäglichkeiten dieser Arbeiten berühren die Quellen nur am Rande d. h. nur im Zusammenhang mit anderen Vorkommnissen z. B. beim Ackern, Ernten oder Grasen. Wir hören von Kühkäufen und vom Pferdehandel, von Verkauf und Vertauschungen von Häusern und Äckern, oft genug im Wirtshaus meist in nicht mehr nüchternem Zustand der Bauern, so dass die Frauen nachher viel Mühe hatten, einen eigenmächtigen und törichten Handel wieder rückgängig zu machen. Zu solchem unbedachten Tun verführte sicherlich oft die lockende Aussicht, den üblichen Leikauf gleich vertrinken zu können; denn erst der getrunkene Leikauf machte den Handel rechtskräftig.

Als Cunz Stürmer 1536 dem Wolf Weicker seinen Wein am Stock angeboten und dieser ihn um neun Gulden angenommen und gekauft hatte, tranken sie den Leikauf. Als die damit nicht einverstandene Frau des Stürmer klagte, wurde sie abgewiesen. Der gleiche verkaufte im Rausch, wie anerkannt wurde, ein Pferd an Peter Löhr. Die Frau war verzweifelt, das Gesinde schimpfte, weil der Gaul zur Arbeit nötig war. Aber Löhr, der die Trunkenheit Stürmers ausgenützt hatte, verzichtete nicht gutwillig auf das Pferd und konnte es behalten; der Leikauf war getrunken. Dabei verführte der Alkohol auch zu Unredlichkeiten. Adam Muff, Reuß genannt, von Bischberg klagte 1572 gegen Hans Kraft zu Gaustadt, weil er ihm ein Grundstück zu zwei Gulden verkauft habe. Muff hatte "ein Essen (Gericht) Fische zu bringen verwillit, darauf eine Maß Bier, die sie miteinander getrunken hätten«. Für Muff scheint es ein sehr günstiger Kauf gewesen zu sein, denn nicht nur, dass er ein Essen zum Leikauf bewilligte, er stiftete dazu auch das teuere Bier; für gewöhnlich trank man ja Wein. Muff hatte aber das Nachsehen, Hans Krafts Acker war schon verkauft. Muff klagte dann um vier Gulden als Entschädigung .

Aus den Gülten ersehen wir, dass man in Gaustadt die Felder mit dem üblichen Getreide bebaute, auch anscheinend nicht geringen Weinbau trieb. Die meisten Weinberge zogen sich am Rödelbach gegen Bischberg hin. Aber seit rund 1500 nimmt der Weinbau allmählich ab. 1694 sah sich das Kloster gezwungen, an die Pettstatter und Gaustädter die Mahnung zu richten, die Weinberge in besseren Stand zu setzen, da diese "sehr schlecht angebaut werden, auch zum Teil gar öd darniederliegen, so dass der jährlich zu reichende Zehend ziemlich abgekürzt wird" In den nächsten Tagen werde ein Expresser (Eilbote) zur Augenscheineinnahme abgehen. Den Morosen (Säumigen) werden im Herbst die Trauben abgenommen und zum Kloster geführt.

Vielfach ersetzt man den Wein durch den Hopfen, aber noch 1677 haben Martin Endres, Jürgen Roth und Fritz Keck von Gaustadt ihre Weinberge ausgehauen und zu Feldern gemacht".

Am 6. August 1697 gab die Michelsberger Kanzlei an ihren Schultheißen Lorenz Hemmeter zu Gaustadt einen Befehl hinaus, der diesem sicherlich sehr unangenehm war. Die Bamberger Gärtnerzunft, vertreten durch Hans Kautler und Paulus Pathumb, hatte sich mit Unterstützung des Bamberger Unterschultheißen bei der Kanzlei beschwert; obwohl nach der von der Hofratsstube gebilligten Gärtnerordnung allen Bürgern und Bauern verboten sei Enis (Anis ) und Zwifelsamen" bei Verlust der Frucht zu bauen, hatten Nicolaus Weyermann und Conrad Hetzel zu Gaustadt dagegen verstoßen. Der Unterschultheiß stellte fest, dass der gelbe und weiße Rübsamen d, h. der Samen von gelben und weißen Rüben nicht unter das Verbot falle. Dagegen wurde verfügt, dass die Gärtner den beanstandeten Enis zu Gaustadt im Beisein des Klosterschultheißen ausrafen (herausraufen!) sollen".

1704 "bedeutete" der fürstliche Statthalter dem Kloster d. h. machte aufmerksam, wie sich die Gärtner wiederum beschwert hätten, "dass im Hochstift die Untertanen verschiedene Samen bauen und darmit zu praejudiz (Rechtsnachteil) der Gärtner handeln täten, unter welchen auch des Klosters Untertanen zu Gaustadt wären".. Als 1782 der Gaustadter Schultheiß Franz Weltz zu seinem Samenhandel um ein Darlehen von 100 Gulden bat, folgte sofort die Beschwerde. Drei Meilen von der Stadt dürfe niemand mehr Samen bauen, als er zu seiner Haushaltung benötige; darin sei auch der "häufig erbaute weiße und gelbe Rübsamen" begriffen. Die Gaustadter versprechen darauf hin, nur für ihren Bedarf zu sorgen .

Es gab auch noch andere Bamberger Beschwerden: Die vier Meister des Schneiderhandwerks klagen 1685 gegen die in der Klosterimmunität und in Gaustadt wohnenden "Stöhrer", sie täten dem Handwerk großen Schaden Darum baten 1686 die Bamberger Schneider, dass der auf der Stör" arbeitende Gaustadter Schneider ein Meister werden solle d. h. seine Prüfung mache und zur Zunft bezahle ". Im übrigen lernten die Gaustadter Mädchen auch das Nähen; denn 1557 klagte Frau Anna Theininger unterm Mönchberg gegen Wolflein Kerßleins Hausfrau zu Gaustadt wohnhaft, sie sei ihr noch zwei Gulden schuldig, weil "sie, ehedann sie Hochzeit gehabt, zu ihr ein ½ Jahrs in die Kost gangen und nähen lernen wollen" . Das wird wohl nicht der einzige Fall gewesen sein.

Nach diesem Einschub wieder zurück zur Landwirtschaft. Große Sorgfalt widmete man augenscheinlich der Obstbaumzucht. Schon 1424 wurde dem Herdegen ans Herz gelegt, das verpachtete Feld "in gutem, redlichen Bau" zu halten, er "soll Bäume genug darin setzen und denen wohl warten" Darum unterschied man z. B. von einem Acker am Amselgeschrei gelegen schlechthin das Baumfeld ob dem Hasenbrunn, von dem dann auch der Zehnt unter und auf den Bäumen fällig war ".

Auffallend oft werden Weichsel und Kirschenbäume genannt. 1596 fielen an Weichsel und Kirschenzehnt ums Kloster und Gaustadt ein Gulden und vier Pfund. In den Kellereirechnungen des Klosters erscheint 1579/80 die Ausgabe von einem Ort für eine Maß Weichselsaft". 1593 klagte Michael Hetzer gegen die Söhne des Zieglers zu Gaustadt, "wie sie ihm die Kersen auf den Bäumen abgerissen" Jörg Bock, der ehrbare Bürger und des Rats zu Bamberg, erhob 1542 Klage, er habe auf seinem Felde, beim Schönen Brunnen gelegen, neben anderen Bäumen "einen schönen, jungen, lustigen, geraden Speierlingsbaum gehabt", der ihm über die Mittagszeit ausgegraben und entwendet worden sei. Wem dieses Elsbeer , auch Arlesberbaumes (Sorbus torminalis) gab es mehrere Gerichtssitzungen mit vielen Zeugen. Im Jahre 1500 finden wir eine Klage, weil jemand "die Weichseln und Amerlen (Amarellen),

die dazumal auf den Bäumen in der Hecke gewachsen" waren, abgenommen habe'. 1501 werden auch Spilling, kleinere Pflaumen, erwähnt. Solche eben genannte, auf Rainen, in den Hecken oder auch nahe den Ackergrenzen stehende Bäume verursachten vielen Verdruss und lange Auseinandersetzungen wegen des überhangs eines Baumes. So klagte 1442 der Haffurter gegen den Renner wegen eines solchen Über-hangs. Der Baum wachse über seinem Feld und er schätze seinen Schaden auf 30 Gulden. Schwierig wurde die Sache, weil der Renner in der Acht war der Grund ist nicht angegeben und außer Landes weilte. Ihn vertrat seine Frau. Schließlich setzte man man denke an das oben erwähnte Dorfgericht zwölf Lehensmänner und Urteller nieder, die wegen des Überhangs zu Recht erkennen sollten. Sie sprachen, "dass der Renner soll eine Leiter setzen auf die Mark (Grenze) und an die Bäume anlehnen. Was er mit den Armen "vngeverlich" d. h. ohne Betrug, Hinterlist, erreichen kann, das soll ihm gehören, was er aber nicht erreichen kann, soll des Haßfurters sein" .

Mit diesem Spruch war aber die Sache nicht abgetan. Nach 13 Jahren, als den Acker des Hasfurters bereits ein Stürmer besaß, war ein neuer Spruch notwendig. Am Dienstag vor Simon und Judae, also am 25. Oktober 1457, wurde "von des Überhangs wegen der Bäume zu Recht erkannt, dass der Renner soll eine Leitern "gestracks" (.gerade) anlehnen auf sein Feld und an seinen Baum und was er erlangen mag mit gestracktem Arme auf den Bäumen, aber dass er keinen Ast zu sich ziehen noch biegen soll, das ist sein, was er aber in solcher Art nicht erlangen kann, das ist des Stürmers". Mit diesem Urteil wird deutlich, dass das Wort "vngeverlich" mit gutem Grund im ersten Urteil stand Renner hatte das getan, was im zweiten ausgeschlossen wurde, er hatte die Aste herübergezogen. Was das für Bäume waren, um die es damals ging, wissen wir nicht. Überhaupt werden Apfel, Birnen und Zwetschgen kaum genannt. Nach einer Klagesache fielen 1592 die Ausdrücke "Obst und Soma (Samen)dieb", (vgl. die schon erwähnte Samenzucht) und als Gegenstück "Zwetschgä und Obst Diba" (Diebin) ".

Zu dem Steinobst gehören die 1497 erwähnten Spil(l)ing, eine kleine, gelbe Pflaumenart . Auffällig ist die Aufmerksamkeit, die man den Holzbirnen widmete. Sie werden als einziges Obst in der Dorfordnung genannt und geschützt, übrigens nicht nur in Gaustadt, sondern z. B. auch im benachbarten Trosdorf. Niemand darf sie schütteln, herabschlagen, nicht einmal auflesen, bevor sie nicht von den Dorfmeistern freigegeben sind ". 1668 beklagte sich Hans Handschuh, ihm sei vorgeworfen worden, "vergangenen Sommer die Holzbirn verwahrlost zu haben, indem er selbe, wie ihm als Dorfmeister gebühren sollen, nicht habe aufstreichen (versteigern) lassen ". Demnach wurden die gemeindeeigenen Holzbirnen alljährlich an die Meistbietenden versteigert. Wozu verwendete man diese uns so wertlos erscheinenden Früchte?

Außer den in den Gülten genannten Früchten sei noch die Hirse genannt. 1507 waren Hermann Linßner und Fritz Poltz, offenbar Zehntner, auf des Scherleins Feld gewesen und wollten den "Hirsch“ verzehnten. 1593 beschwert sich Georg Stretz über Hans Kreutzer, dass ihm dessen Sohn die Wicken abgeschnitten, heimgetragen und verfüttert habe .

Fast gänzlich fehlen die Nachrichten über das Gemüse. 1481 beschuldigte man eine Gaustadterin, sie habe "vier hatlein krautz" genommen, das sind vier Krautshäupter, so wie der Bamberger heute noch von "Krautshadla" spricht . Als 1787 der Herr Hofkammerrat und Hofkastner j. W. N. Mehler seinen Anteil am Kellereihof an die Maria Marg. Felbinger auf sechs Jahre verpachtete, forderte er außer 150 Gulden noch jährlich 15 Stück wohlgewachsene Pipen (Truthühner) und Anten, 10 Gänse, 24 junge Hühner, 40 Maß Schmalz, sechs Schock Eier, zwei Vierling Erbsen, einen Vierling Linsen, zwei Kornsäcke gute Erdöpfel, vier Holzfuhren. Ferner 200 Stück Weißkraut, eine Fuhre Weiße Rüben, zwei Maß Kümmel, 12 Schütt langes Stroh, ein Hinterviertel Ochsenfleisch und vier Schwein unentgeltlich zu mästen, wozu der Verpachter das Spüllig in seinem Haus und sämtliche Kleie hergebe. Außer diesen Abgaben an den Besitzer musste doch auch für die Pächterin etwas für ihre Arbeit zum Leben übrig bleiben ". Die Kellereirechnungen des Klosters berichten zwar nicht von Gaustadt, aber doch vom Kloster, dass der dortige Koch in Nürnberg ein "Väsle Kümmerling" kaufte, dass in des Herrn Garten "Massaran"' (Majoran) und "Satran" (Safran?) wüchsen und dass man zwei Pfund für Erdbeeren ausgegeben habe ". Was die Viehzucht anlangt, so standen in den Gaustadter Ställen natürlich Kühe und Kälber, Ochsen und Schweine. Dazu zählt auch der Zuchtstier; in Gaustadt gab es deren zwei, wenigstens 1632. Das ist der Klage Mathes Schuberts (Gr.Nr. 54) gegen Pankratz Fischer zu entnehmen. Das Jahr vorher hätten sie,

Schubert und Fischer, die Gemeindeochsen zu halten gehabt. Fischer hatte dem Schubert angeboten, er gebe ihm zwei Reichstaler und den Gemeindeanger, wenn er beide Ochsen halte. Schubert ging auf den Handel ein.

Als aber die Feinde, es kommen nur die Schweden in Frage, einen Ochsen weggetrieben hatten, verlangte er von Fischer einen Ersatz; die seltsame Klage wurde abgewiesen. Demnach musste in Gaustadt der Zuchtbulle oder die beiden von den jeweiligen Haltern gestellt werden, nicht etwa von der Gemeinde, auch wenn man von Gemeindeochsen sprach. Das kommt deutlich zum Ausdruck in dem Bericht über die Gemeindeversammlung vom 20. August 1708. Damals hatte Nikolaus Resch den Vaselochsen zu halten gehabt und auch die dazu gehörige Wiese empfangen. Allein er hatte einen solchen schlechten, untauglichen Ochsen gestellt, dass er nicht gesprungen sei. Darum musste Marg. Monlein, die schon den zweiten im Stall hatte, noch den anderen halten.

Sie erhielt dafür die Wiese und zusätzlich fünf Gulden ". Die Gaustadter benutzten auch Pferde. Immer wieder hören wir von Pferdekäufen, und wenn die Erklärung der Koppenäcker als Fohlenäcker richtig ist, dann wäre die Pferdezucht in Gaustadt ohne weiteres bezeugt. Die Dorfordnungen befassen sich nicht mit den Pferden, wohl aber mit den Schafen und Geißen. Nach der ersten Dorfordnung von 1583 war es untersagt, Schafe und Geißen "auf die Gemein" d. h. auf die Gemeindeäcker zu treiben und dort zu hüten; diese Tiere mussten im Stall gehalten werden

Zu einem Bauernhof gehört auch das Federvieh. Am zahlreichsten waren sicherlich die Hühner, schon wegen der Fastnacht , Zehnt , Herbst , Burkhardhühner und der Eierabgabe an Ostern. Wenn man in einer Klageschrift liest: "Des Beklagten Buben haben in des Klägers Hofreit etliche Male mit Steinen nach den dort befindlichen Zibellen geworfen", da bedarf es doch einigen Nachdenkens, um darauf zu kommen, dass das mundartliche "Ziebäla" (Kücken, Hühnchen) gemeint sei ". Die Burkardi Gans (auca Burcardi), die der Kellerelhof zu reichen hatte, bezeugt die Gänsezucht .

Die oben erwähnten "Pipen und Anten" des verpachteten Mehler' schen Hofes ergänzen das Federvieh. Als im großen Gemeindeprozeß 1542 Hans Stretz seinen Viehbestand aufzählte, drei Kühe, drei Pferde, vier Schweine, da gibt er als einziger Tauben an, nämlich sechs Paar '. Im übrigen klagte schon 1456 Hans Eichelberger gegen Hans Amlung, dass er ihm seine Tauben wegfange '. Der Taubenzucht waren in Gaustadt wie in anderen orten wahrscheinlich gewisse Beschränkungen hinsichtlich der Zahl der Tiere auferlegt.

Hier sei auch eingefügt, dass im Jahre 1600 dem Hans Weickert zu Gaustadt die Vogelweid im Laufenholzer Holz, einem Teil des Michelsberger Waldes, abermals überlassen wurde, dass er "diese, so gut er kann, besuchen, in allerhand Weg bestellen, die Vögel aber, soviel er darin fangen werde, das seien gleich Dröschel (Drosseln) oder Crammater (Krammetsvögel), die Püschel umb 20 Pfennige dem Kloster bringen und geben, dagegen er auch je zu Zeiten, do er etwas bringe, seine Mahlzeit habe" Die nicht seltenen Wachszinse besonders von Äckern setzen, auch wenn sie gelegentlich mit Geld abgeleistet wurden, eine eifrige Bienenzucht voraus. 1456 sagte Hans Beyer, wie er aus der Stadt gegen Gaustadt gangen sei, da seien Lengenfelder und die Stirnerin gestanden und haben wollen einen Immen einvahen (einfangen), d. h. wohl einen Schwarrn fangen. 1536 klagte Jorg Rigel gegen Hans Weicker zu Gaustadt, "umb dass er etlich pin (Bienen) erkauft und die bei Weicker umb.halb eingesetzt, deren umb halb zu warten". Der Beklagte habe solche Bienen zwei Jahre gehabt und dem Kläger keine Nutzung davon gegeben. Man muss sich daran erinnern, dass damals die Bienen noch in den Wäldern in natürlichen oder künstlichen Baumhöhlen von den Zeidlern gehalten wurden.

Weicker sollte Riegels Bienenstöcke gegen die Hälfte des Ertrages pflegen. über den Preis eines Bienenvolkes unterrichtet uns die Forderung eines Resch an Erhard Dotterweich zu Harnsbach 1598 von einem halben Gulden für ein Volk . Das war damals viel Geld für einen Bienenstock, und bedeutet zugleich einen Maßstab für die Wertschätzung des Honigs. In dem schon mehrmals erwähnten Pachtvertrag Mehler Felbinger fordert ersterer, dass auf die fünf Bienenstöcke fleißig achtgegeben werden müsse.

Man möge es verzeihen, wenn hier eine Besonderheit des einheimischen Tierlebens, nicht eines Haustiers und auch nicht von Gaustadt, sondern vom benachbarten Viereth festgehalten wird. Vom 1. Juli 1487 ist das Schreiben datiert, das das Kloster an Paulsen von Streitberg richtete, weil dessen Hintersasse Hans Jechlein einen Biber in des Klosters Fischweide geschossen und gefangen habe". Das Kloster nimmt die Sache ernst und schlägt einen Termin zur Bereinigung der Angelegenheit vor. Damit ist das Vorhandensein von Bibern in unseren Flüssen bezeugt.

Die landwirtschaftliche Bevölkerung Gaustadts bezog das zum Leben Notwendige aus dem eigenen Ertrag. Immerhin benötigte sie auch bares Geld für Kleider, Schuhe, für die Entrichtung der Zinse an das Kloster usw. Das kam ins Haus durch den Verkauf von Erzeugnissen wie Kraut und Butter auf dem Markt in Bamberg, von Fleisch bzw. Tieren an den Metzger. Die Beispiele können uns die Rechnungen des Klosters Michelsberg geben:

1/2 fl. Hansen Löhren Kinder Vormünder für 2 Sümra Hopfen 1580

8 1/2 fl. für ein Kalb der alten Pleidnerin

4 ½ fl. für Most dem jungen Lörn

2 fl. für ein Schweinlein zum Gumprechtsbrunn kauft 50 Pf. Cunz Hoffmann für 50 Eier 1582 24 Pf. Barbara Pleidnerin für zwei Käse 2 ½ fl. dem Stürmer für 2 Sümra Korn

5 Pfd. für zwei junge Geißen von Barb. Pleidnerin 1583

6 fl. Balthasar Aichelberger für 4 Eimer Wein 1586

1/2 fl. für Marillen dem Gabriel Poltz 1587

3 Pfd. 4 1/2 Pf. Hans Kraus d. j. für Pfund Wachs

Man verdiente sich auch Geld durch Arbeiten und "Fuhren".

1 fl. 4 Pfd. 12 Pf. für 16 Taglohn in Weinberg zu schneiden 1580

56 fl. dem jungen Lörn für soviel Klafter Scheit zu der Ziegelhütte

9 fl. weniger 18 Pf. dem Wolf Amling für 7Y2Meß Scheit zu der Ziegelhütte zu fahren

10 fl. 6 Pfd. denen von Gaustadt von 30 Klafter Bräuholz hereinzufahren

1 fl. dem Gaustadter für 11 Y2 Taglohn zu 24 Pf., so in der Muldern gehackt 1582

3 fl. Hansen Meister für sechs Butten Zwiebel 1585

1 fl. für 12 Taglohn, die das Grummet auf Biegen "hofdörr" gemacht 1620

10 fl. von dem Dornsee bei der Ziegelhütten ob Gaustadt gelegen den Thomb (Damm!) zu richten und zu säubern 1586

Diese wenigen Beispiele stehen für Hunderte in den Rechnungen. Sie sind lehrreich durch die Art der Erzeugnisse und Arbeiten und die Preise, die dafür gezahlt werden.

Der erste nicht landwirtschaftliche Beruf, der uns 1451 in Gaustadt begegnet, ist der Fährmann; denn in Apel Verg, übergeschriebene Fere, auf Gr.Nr. 33 ist Verg kein Personenname, sondern bedeutet Fährmann. Einige Male findet sich in Gaustadt ein Hans Kraus Fischer genannt, der mit seiner Mutter 1624 das Anwesen Hans Eichelbergers (Gr. Nr. 33) bestandsweise bewohnt 511. 1545 war Jörg Löhr auf den 16. Dez. vor das Pfortengericht gefordert worden. Er entschuldigte sein Ausbleiben: "Warumben er aus seinen Ehaften (rechten Gründen) und Ursachen nicht vor Gericht erscheinen können, dann er zur Unterhaltung seiner Leibesnahrung den vergangenen Herbst im Schiffe gefahren" ". Er war also lange abwesend. 1729 lesen wir von einer Klagesache des bei allhiesiger (Bamberger) Überfahrt wohnhaften Schiffmanns und Bürgers Job. Mich. Greim gegen Michel Stierlein und Consorten. Unter der Überfahrt ist wohl die einst anstelle der heutigen Markusbrücke vorhandene Fähre gemeint. Dort hatte Stierlein mit seinem Bruder Endres Kaufmannswaren zur Beförderung nach Würzburg und Erlangen übernommen. In Sambach welchen merkwürdigen Weg hatten die Fuhrleute eingeschlagen? luden sie das Säcklein gezeichnet j. B. Nr. 4, in dem Kaffeebohnen gewesen sein sollen, von einem Wagen auf den andern um. In Erlangen war es nicht mehr da; Schadenersatzforderung von 25 Reichstalern . Ein Dorf benötigt auch einen Zimmermann; 1588 wird Endres Kellner auf Gr. Nr. 66 als solcher genannt, sein Bruder Adam blies auf Hochzeiten, bei Festen und Tänzen die Sackpfeife'.

Der schon öfters erwähnte Jos, Kerßlein deckte 1546 bei Hans Stürmer das Hausdach. Er hatte anscheinend keine Sicherheitsvorkehrungen getroffen, so dass dem kleinen Heinz Stürmer ein Dachziegel auf den Kopf fiel. Kerßlein schwur, dass der Ziegel nicht aus seinen Händen gefallen sei, sondern sich irgendwie von einer Latte gelöst habe; "wann der Ziegel nicht mit seinem Willen gefallen ist, sei er nichts schuldig", lautete das Urteil..

In Gaustadt gab es notwendigerweise auch Taglöhner, männliche und weibliche, die sich durch Arbeit bei den Bauern ernährten. 1541 bezeichnete sich so Jobst Linsner, 34 Jahre alt, in einem Bestandhaus wohnend. Die Katharina Hinckerin sagte 1542, sie nähre sich von ihrer harten Arbeit, das sei ihre Nahrung ".

Diese Gelegenheitsarbeiter kamen wohl den Bauern billiger als Knechte und Mägde. 1519 klagte die Magd Els Schützin von Gaustadt gegen Cunz Weicker, bei dem sie gedingt hatte, "um neun Pfund Geld, neun Ellen Tuch und ein Stauchen (Kleidungsstück), ferner um zwei Sümra Korn. Das hab sie dem Beklagten im (Getreide )Schnitt und sonst mit Arbeit aberdingt". Weil sie dies alles nicht ohne Gerichtshilfe bekommen kann, klagte sie. Hans Pfister auf dem Kellereihof zu Gaustadt klagt gegen seine Dienstmagd Ursula und Lorenz Reich allda. Die Magd "wäre ihm auf eine jedoch wohlverschuldet gegebene Mauldaschen sobalden (sofort) ausgetreten und bei gedachtem Reich zu Dienst sich eingelassen, da doch ihr Jahr erst Walburgis 1654 sich endet. Die Magd entschuldigt sich damit, "Pfister habe sie unbillig geschlagen und noch überdies sie in dieses

oder jenes Namens (verhüllend für: In Teufels Namen) heißen fortgehen, über welches sie auch ausgetreten". Das Gericht entschied aber, dass sie ihr Jahr bei Pfister aushalten muss ".

Über Dienstbotenlöhne hören wir in der Teuerungszeit des begonnenen 30-jäh-rigen Krieges. Das Ellsabethen Spital musste 1622 die Löhne aufbessern und zwar dem im Spital beschäftigten Bauern von 8 1/2 Gulden um l 1/2 Gulden (17,6%), einen Hausknecht von 5 1/2 Gulden auch um 1/2 Gulden (27,2%), eine Magd von 5 auf 6 Gulden (20ro). Das Spital verfügte über zahlreiches Gesinde. Doch überließ man, wenigstens in den Jahrzehnten vor und nach 1600, einem, sagen wir, Unternehmer den Schnitt von solchem Getreid herten (harten) und waigen (weichen), von allem Getreid über haubt" Sprachlich erklärt sich das zunächst unverständliche "über haubt“ in dem heute noch lebendigen mundartlichen Ausdruck "überhabbs“ d. h. im ganzen, ohne Rücksicht auf Zahl, Dauer usw. Beim Getreide wird das hatte, das sind Gerste, Korn und Weizen und das weiche, nämlich Hafer unterschieden. Nach der Übereinkunft vom 15. Juni 1584 bekommen "der schwarz Hans und der Lantsknecht« mit ihren Leuten für den Schnitt 33 Gulden, vier Laib Brot und vier Käslein. Ausführlicher ist der Vertrag vom 28. Juni 1592, als "alles Getreid im Spital überhaupt abzuschneiden verlassen wurde Hans Wolfram samt dessen Mitconsorten umb 26 Gulden, dass sie dasselb fleißig schneiden, und sollen allweg im Schnitt sieben sein.

Desgleichen, wann sie die erste Frucht abschneiden, soll ihnen Brot und Käse nach Notdurft gegeben werden und wenn sie allen Schnitt getan, soll ihnen eine gute Mahlzeit gegeben werden. Am 7. Juli 1608 wurde vereinbart, dass wenn die Mäher der Wiesen in allem fertig sind, soll ihnen Klöß und Fleisch samt einem Trunk und soll allweg jeder Person ein Laib Brot und Käse gegeben werden. Am gleichen Tag wurde wiederum zu schneiden verlassen alles Getreide von Korn, Weizen, Gersten, Habern, Erbsen, Linsen, Wicken, Heydel (Buchweizen) und Hirsch (Hirse) und müssen auch alles Getreide, was sie geschnitten, aufsammeln und binden außer der Wintergersten.

Diese Angaben zeigen die Mannigfaltigkeit der Getreidearten d. h. des eigentlichen Getreides wie Korn, Gerste, Weizen und Hafer sowie der sog. Schmalsaat, der Erbsen, Linsen usw. im übrigen darf man unter den obigen Klößen natürlich nur Semmel oder Mehlklöße verstehen, die man zum Bratenfleisch in der Soße aß.

Da im Mittelalter die Stallfütterung wenigstens im Sommer nicht üblich war, und man deswegen das Vieh auf die Weide trieb, benötigte man Hirten für das Großvieh, die Schweine und die Gänse. Der Dienst des Hirten bedeutete eine Vertrauensstellung; von ihm, dem man die Ernährung und zum großen Teil die Pflege der Tiere übertrug, hing fast ebenso wie vom Besitzer der Erfolg der Viehzucht im Dorfe ab. Martinet weiß über den Hirten außer zwei Jahreszahlen und einem seinem Familiennamen nach fragwürdigen Sohn des Hirten Lorenz von 1594 nichts zu berichten Natürlich trieb ein Hirte schon lange vor dieser Zeit in Gaustadt das Vieh aus. Als, wie oben schon erzählt, 1508 das neue Hirtenhaus in Gegenwart des Abtes, des Vogtes, zweier Gerichtsschöffen und des Gerichtskriechtes Hans Storch genehmigt war, nahm am gleichen Tage die Gemeinde den Heinz Basthart zu einem Hirten an, der auch dem Abt gelobt d. h. gehuldigt und zu den Heiligen geschworen, das Vieh getreulich vor Schaden zu bewahren "und ist alsbald zu einem armen Mann und Hintersassen von seinen Gnaden dem Abt aufgenommen worden". Aber schon 1481 klagte der Hirte Clas Newkam gegen Hans Eichelberger "von wegen der ganzen Gemein" d. h. gegen diesen als Vertreter der Gemeinde wohl als Dorfmeister um Entrichtung seines Lidlohnes von 15 Sümra Getreides und um Heu, das sie ihm auf dem Felde haben verderben lassen und nicht entschädigen wollen". Wenn man annimmt, dass wie später im 18. Jahrhundert auch schon damals dem Hirten eine Wiese irn Gemeindeanger, die deswegen Hirtenwiese hieß, zur Nutzung überlassen war, so mag der Hirte zur Erntezeit keinen Bauern gefunden haben, der ihm sein Heu ins Dorf fuhr, so dass es nicht verfüttert werden konnte. Die Gemeinde ließ Newkam antworten, "er hett die S c h ü t t eingenommen und ihnen doch nicht aus edingt"; deshalb glaubten sie ihm nichts schuldig zu sein. Das heißt wohl, er habe nicht das ganze Jahr in seinem Dienst ausgehalten, darum solle er auch, wie es im Urteil hieß, "nach Angabe des Jahres", für die Monate oder Jahre seiner Verpflichtung entschädigt werden

Das Wort "Schütt verlangt eine Erklärung. 1516 klagten Peter Lor (Löhr) und Eberle Knaus als Dorfmeister gegen Hans Weyßheitt zum Gumpreßbrunn, weil er sein Vieh nicht wie anderer in der Gemeinde v e r s c h ü t t e t habe. Dafür verlangten sie fünf Pfund und einen Gulden für Schäden. Weyßheitt wandte ein, seit er zum Gurnbrechtsbrunnen wohne, wäre keiner aus der Gemeinde gekommen, S c h ü t t oder H i r t e n 1 o h n von ihm zu fordern .

Das war freilich eine faule Ausrede, denn diese Forderung konnte er nicht beanspruchen. Die "Verschüttung" ging nämlich anders als durch einen Besuch vor sich. Im Jahre 1500 klagten Hans Vbelein und Vllein Heuser gegen Clas Hincker, sie seien einst zu ihm kommen, "da sie ein S c h ü d t in a 1 gehabt haben und etlich haupt viehs verschwiegen" hätten. Darum sollten sie gestraft werden. Da aber des Heusers Weib und der alte Vbelein wegen der hohen Strafe Gnade begehrt hatten, wurde diese auf zwei Pfund ermäßigt

Der Ausdruck "Schüttmal" beweist klärlich, dass man eine Gemeindeversammlung zu berufen pflegte, bei der jeder die Anzahl seines zur Gemeindeherde pflichtigen Viehs, eben der oben genannten "Häupter des Viehs", angeben musste. Wegen des Wortes "Mal" in Schüttmal darf man nicht an das Mahl, das Essen, denken, sondern an das damals übliche Wort Mal für Versammlung. So heißt es im Weistum von 1541 z. B., man halte jerlich am tage Andreae ein Hegmal und dinge zu derselben Zeit den hirten<, und weiter "so oft man den hirten anlege und jemand aus der gemein ein haupt vihis verschweige und nit recht sagt, sei der gemein das best

ha(u)pt vihes zu pfand verfallen . Dieser letzte Ausdruck bedeutet soviel wie gestraft werden. Die ungewöhnlich hohe Buße des besten Viehs beweist, wie man falschen Angaben zu begegnen suchte.

Dass man nach der Versammlung beieinander blieb, aß und trank, zeigt die folgende Einrede Heusers und Vbeleins (siehe oben!) wegen der zwei Pfund Strafe, sie (die Gaustadter) hätten keine Nacht darüber geschlafen und dannest (sogleich) die Strafe vertrunken .

Im Jahre 1599 bezichtigte Michel Tröster die beiden Hans Lohr und Paulus Helmrich, ihre Schweine nicht zur rechten Zeit "geschüpt" zu haben Demnach, wurden, was von vorneherein anzunehmen war, die Schweine zur Eichelmast in den Michelsberger Wald getrieben, der ja damals noch Eichenbestand hatte. Es bleibt nur unklar, ob man einen eigenen Schweinehirten "anlegte"; die Quellen sprechen davon nicht. Den Hirten standen als Weideplätze zunächst der ausgedehnte Gemeindeanger und dann die Heeg zur Verfügung. Dazu kamen die Brachäcker und der Wald. Darüber hören wir aus der Entscheidung des Abts Johann von 1593 in einem Streit zwischen Gemeinde und dem Kellerelhofbauern Jorg Lohr. Danach darf der Hirte über die Brachäcker Löhrs und in seine langen und alten Hölzer treiben. Die jungen Schläge sind ihm verschlossen.

Zum Ausgleich soll der Hirte das Vieh auf des Löhr Acker ruhen lassen, damit ihm "die Düngung wieder zugute komme . Es traf sich aber auch, dass der Hirte seine Vertrauensstellung missbrauchte. So hatte man Grund, sich 1780 über den Hirten Fritz Gerner zu beklagen, weil er die Kühe so schlage, dass sie einige Tage nichts fräßen und mit einem Bein "gehunken" hätten.

1787 bringt der Schultheiß Christoph Mackart vor, dass der Gemeindegenosse und spitälische Untertan Mich. Müller die gewöhnliche Hirtenpfründe (Abgabe) zu 1/2 Metzen dem Hirten nicht verabreichen wolle.

Zum Schluss dieses Abschnittes einige bemerkenswerte Beobachtungen land-wirtschaftlicher Art. Vor dem 30jährigen Krieg waren mehrfach zwei oder drei Anwesen in Gaustadt in einer Hand. So besaß Hans Sack, auf dem Biegenhof gesessen, 1571 auch Gr. Nr. 19 und Hans Hoffmann, Biegenbauer, 1604 das gleiche Anwesen, Hans Vollant 1424 (nach Hans Eichelberger) Gr. Nr. 5 und 34, Hans Stretz 1430 den Kellerelhof und das Jungfrauenhöflein, Hans Eichelberger um 1480 den Kellereihof, Gr. Nr. 5 und 37. Von diesen drei Gütern bekam nach dem Tode von Eidielbergers Witwe 1506 der Sohn Jobst Gr.Nr. 5, die Tochter Magdalena, verehelichte Hartmännin Gr.Nr. 37. Den Kellereihof hatte die Witwe schon 1497 an Cunz Linsner und Hans Koch vom Hofe veräußert.

Verständlich wären diese Vereinigungen noch, wenn es sich dabei um kleine Anwesen handelte, die einzeln kaum den Unterhalt einer Familie sicher stellten. Hier sind es aber gerade die großen Höfe, so dass doch wohl das Gegenteil in Betracht kommt, dass nämlich ein wohlhabender Bauer für seine Kinder mehrere Anwesen aufkauft. Diese Erscheinung trifft man auch sonst in Franken und man hat sich viel Mühe gegeben, Voraussetzungen und Veranlassung zu ergründen. Dafür war ein eigener Fachausdruck gebräuchlich, den ich zwar nicht für Gaustadt, aber für Michelsberger Klostergüter in Kütz (Oberküps) belegen kann. Von Hans Grae (Grob) heißt es 1496, dass er eine bebaute Hofreit und ein halbes Reutlehen zu Kleucka (Kleukheim) "zu Hantroß" und mit fremden Leuten bezogen habe . Das Wort ist wohl so zu erklären: So wie ein auf dem Sattelpferd Reitender neben sich das Handpferd (Handroß) hat, so besitzt oder verpachtet obiger Grae neben seinem von ihm bebauten Anwesen ein zweites. Es ist heute recht schwer, d. h. es hängt von der Zufälligkeit eines Fundes ab, das Vermögen eines Bauern vor Jahrhunderten zu schätzen, zumal in einer verhältnismäßig und durchschnittlich ärmlichen Gemeinde wie Gaustadt. Als 1506 Els Amling gestorben war, wurde in der Erbteilung ihr hinterlassenes Gut und Vermögen gegen die Ansprüche ihrer Schwester Christina Amling aufgezählt. Els besaß demnach 1. das Anwesen Gr.Nr. 12, einen mittelgroßen Hof, an ausstehendem Geld 145 Gulden in Gaustadt, Melkendorf, Pödeldorf und Bamberg, 3. zwei Wiesen und zwei Ackerlein im Werte von 94 Gulden, zusammen 239 Gulden nebst einer Kuh, auf 26 Pfund rd. 3 Gulden geschätzt,

und der fahrenden Habe im Haus und Lebensmitteln wie Käse und Butter, und anderes, das verkauft wurde, so dass den Erben außer dem Hof noch rund 250 Gulden zur Verfügung standen ". Das war für Gaustadt kein geringes Vermögen. Man vergleiche dazu die Angaben, die die "reichen“ Gaustadter über ihr Vermögen machen, wonach z. B. Hans Weicker 300 und der Kellereihofbesitzer Gg. Löhr 200 Gulden besitzen wollen. Und sie haben sicher nicht zu wenig bei ihrer Zeugenvernehmung zu Protokoll gegeben. übertreibt vielleicht der arme Bauer seine Not, so pflegt umgekehrt der vermögende Bauer seinen Besitz groß herauszustellen.

Aufschlussreich erscheint auch der Vertrag vom 31. August 1672 also nach dem Großen Kriege, in dem die endlichen (endgültigen) Abhandlungspunkte zwischen dem Kloster und Jacob Löhren mit seiner Hausfrau Margareth urkundlich festgelegt wurden:

1. J. Löhr übergibt dem Kloster per viam donationis inter vivos (durch eine Schenkung zwischen Lebenden) alle ihre Güter mit allen Zugehörungen, ein Haus samt einem Höfchen daran, worauf eine Marter steht (damit ist Gr.Nr. 9, das sog. Jakobsgut bestimmt), dann ein neuer Stadel, Äcker und Wiesen. 2. Das Kloster verspricht dem Löhr und seiner Hausfrau im Dienst zu behalten nämlich den Donatoren als einen Hofmeister über Fuhrknechte, Bauerei und das Wagenwerk, sie Donatorin aber als eine Hofmeisterin im Viehhaus dergestalt zu haben, dass sowohl itzo als auch, dass sie beide hohen Alters und entgangener Kräfte wie auch sonst Krankheit halber nicht mehr arbeiten noch schaffen können, sie zu alimentieren und zu unterhalten und Speis und Trank, als ob sie

noch arbeiten täten, geben zu lassen, gestaltsam (nämlich) ihnen beiden dann täglich zu ihrer mit dem Gesinde habender Speise zwo Maß Bier, zwei Laiblein Brot, wöchentlich eine Maß Wein, zu ihrer jährlichen Kleidung 15 Gulden an Geld, dem Hofmeister (Löhr) zwei und der Hofmeisterin ein Paar Schuhe vom Kloster gehandreicht werden sollen. Dafür übernimmt 3. das Kloster 46 Gulden Schulden. Margareth Löhr ist im nächsten Jahr bereits Witwe und der Schultheiß Hans Roth kauft das Gut um 150 Gulden vom Kloster. Wenn dieser Preis als recht gering erscheint, dann muss man erwägen, dass der Preis und damit der jeweilige Wert eines Hofes großen Schwankungen unterworfen war.

Es ergibt sich ein hoher Güterpreis um 1600 und nach der Napoleonischen Zeit, am Ende des 30jährigen Krieges infolge des Geldmangels eine Unterbewertung.

DorfordnungenEs kann kein Zweifel darüber bestehen, dass die Notariatsurkunde von 1541 als eine Art Vorläuferin der späteren D.O. betrachtet werden muss. Mit ihr beginnend, lässt sich die Entwicklung der DO am Beispiel Gaustadts gut betrachten. Sie führt über die Vorschläge der Gemeinde von 1582 zu der DO des folgenden Jahres 1583, wir lernen die Anregungen und Wünsche der Gemeinde von 1613 und 1625 kennen, die dann in der DO von 1625 verwertet werden. Die Entwicklung findet ihren Abschluss in der letzten und ausführlichsten D.O. von 1724. Es bedeutet einen Ruhmestitel des Klosters Michelsberg, dass es zwar nicht den Anfang mit diesen Ordnungen im Bamberger Land machte, sich aber jedenfalls den jeweiligen Bitten und Vorschlägen der Gemeinde, die auf den veränderten wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen beruhten, jederzeit geneigt zeigte. 

Dorf und Gemeindeordnung zu Gaustadt Anno 15831541 war als Grund für die Ausfertigung der Urkunde ausdrücklich etliche Zwiespalt und Irrungen in der Gemeinde wegen ihrer alten Dorf und Gemeinderechte, besonders wegen der "Pfandnehmung" angegeben. Innerhalb von 40 Jahren hatten sich aber wiederum Uneinigkeit und große Unordnung zwischen den Untertanen und Hintersassen des Klosters wegen der Gemeindenutzungen, Rechte und Gerechtigkeiten erhoben, über die Abt Veit als oberster Dorfherr am 24. Juni 1583 entschied. Man war offenbar auf dem Kloster der Gemeinde entgegengekommen und hatte ihr aufgetragen, "etliche notwendige Artikel zur D.O. dienstlich durch die Dorfmeister" vorzuschlagen, die dann mit Genehmigung der Herrschaft der neuen DO einverleibt werden sollten.

Zu Anfang dieser Vorschläge wird betont, dass diese für alle jene gelten sollen, "so eigene Behausung und Güter haben". Damit waren die Beständner wie Dienstboten, natürlich auch alle Ortsfremden ausgeschlossen. Diese Vorbemerkung freilich verhinderte nicht, dass auch deren Belange in der Gemeinde geregelt wurden. Die neuen Vorschläge sollen in die folgende Behandlung der neuen DO einbezogen werden. Sie enthält im ganzen 15 Punkte, deren letzter die Befugnisse des Abts hinsichtlich der Genehmigung und Aufhebung dieser DO festlegt.

Der 1. Punkt betrifft die Wahl der Dorfmeister, die alle zwei Jahre von einer ganzen Gemeinde gewählt werden sollen. Ausdrücklich heißt es, dass man sie wähle "ohne einige Versprechung und Verheißung, ohne Schenkgab und anderes", es solle den Ausschlag geben, welche Männer "dem Nutzen der Gemeinde treulich vorgestanden, denselben gebessert und gefördert«' haben. Die Wahl findet auf der Klosterkanzlei am Andreastag, vor oder nachher statt. 14 Tage vorher sollten die alten Dorfmeister ihre Rechnung der Kanzlei vorlegen, um sie überprüfen zu lassen. Vor der ganzen Gemeinde legten sie dann in Gegenwart des Abts oder seines Vertreters die ordentliche Dorfrechnung für ihre Amtszeit vor. Sie übernahmen von den Abtretenden "den Vorrat der Gemeinde, d. h. den vorhandenen Bestand der Kasse, gelobten den verordneten Beisitzern" anstatt des obersten Dorfherrn der Gemeinde treulich vorzustehen, zwischen Armen und Reichen die "Gelegenheit" zu halten, d. h. keinen Unterschied zu machen. Andererseits soll die ganze Gemeinde den Beisitzern und Dorfmeistern geloben und schwören, diesen in allen Artikeln dieser DO gehorsam und willig zu sein.

Wenn hier von verordneten Beisitzern die Rede ist, so sind darunter wohl die in der Notariatsurkunde von 1541 erwähnten zehn Mitglieder des "Ausschusses" zu verstehen. ]Über deren Wahl und Befugnisse schweigt sich die DO aus; das wird anscheinend als bekannt und lange geübt vorausgesetzt. Auch über die "Strafe der gesetzten Buße" wegen Ungehorsams gegen die Dorfmeister erfahren wir nichts. Damit werden in beiden Fällen die bisherigen Bestimmungen beibehalten. Wie so oft wiederholt man sie nicht, denn jeder Dorfgenosse kennt sie ja; wir freilich würden sie gerne erfahren. Die Punkte 2 mit 4 regeln das Verhältnis der Einheimischen und hinzuziehenden fremden Personen.

Heiratet z. B. eine verwitwete Gaustadterin einen "Ausländischen" oder heiraten zwei geborene Dorfkinder einander zu Gaustadt, auch wenn sie nur als Beständner (Pächter) daselbst wohnen, so sollen sie "gefreit« sein d. h. das Gemeinderecht ohne Entschädigung besitzen.

Wenn aber zwei Fremde, die in Gaustadt in Diensten stehen, einander heiraten, so müssen sie, um sich darin aufhalten zu können, innerhalb 14 Tagen sechs Gulden bezahlen. Zieht ein Dorfkind nach dem Verkauf seines Gutes aus dem Dorf und will als Beständner zurückkehren, soll er drei Gulden für das halbe Gemeinrecht entrichten. Kauft er aber ein Gut, soll er davon frei sein. Ähnlich wird es mit einem Fremden gehalten, der aus

dem Dorfe zieht, Wer einen Fremden beherbergt, der innerhalb 14 Tagen nicht fünf Gulden zahlt oder zahlen kann, muss diese Summe selbst entrichten. Auch muss jeder Fremdling der Herrschaft gemeldet werden.

Diese Bestimmungen haben offensichtlich den Zweck, nicht nur einer Oberfremdung vorzubeugen, sondern vor allem bei den damaligen beschränkten Unterkunftsmöglichkeiten den Zuzug überhaupt zu erschweren.

Nach Punkt 5 muss jeder persönlich bei Strafe von 60 Pfennigen (= 15 Kreuzer ~ 4 Gulden!) an St. Walburgistag zur Gemeindeversammlung erscheinen. Diese Versammlung wird ausgerufen; kommt einer erst "nach dem Schreien", soll er sechzig Pfennige geben, ebenso an Andreastag. Wenn einer an diesem Tag bei Abhörung der Rechnung bei den Sakramenten fluchen, schwören, schimpfen oder sich ungebührlich verhalten sollte, muss er die ganze Zeche zahlen, die damals aufgegangen war. Ausdrücklich wird ein "Unthaycr" genannt, d. h. einer, der sich erbricht. In Punkt 11 wird nachgetragen, dass, wer. aus notwendigen Geschäften nicht zur Gemeinde erscheinen kann, seine Frau schicken kann. Wenn diese aber die "Nachbarn schenden und viel darein reden wollte, soll sie 60 Pfennige zahlen". Man hatte offenbar seine Erfahrungen gemacht!

In den Punkten 6 bis 9 finden sich die Strafen für Leute, die im Gemeindeholz freveln, die "Pant" (Weiden) im Dorfwert abschneiden oder darin hüten. Das wird von Walburgis bis Michaelis für Pferde und Kühe verboten.

Die Punkte 10 und 11 regeln Verkehrsfragen. Das heute aufgelassene Gäßlein zwischen PI.Nr. 17/18 und 19 (Bachstraße 4 und 6) wird für Vieh und Pferde gesperrt. Wichtig war die Überfahrt mit dem Schelch. Wer damit übergefahren war, musste jeden holen, der auch hinüber wollte. Ohne der Dorfmeister Wissen und Willen durfte der Schelch bei 60 Pfennig Strafe nicht vom Jahr" (Oberfahrtplatz) weggeführt werden.

Das Schütteln, Herabschlagen oder Auflesen der Holzbirnen außerhalb der erlaubten Zeit verbietet Punkt 8.

Es soll auch keiner mähen mit der Sensen. Im Text heißt es "Seinsen", woraus das mundartliche"Saaßen" entstand. Darauf folgt die unverständliche Bestimmung: So soll auch keiner auf der Gemein nichts dörren oder trocknen. Auf der Gemein bedeutet "auf Gemeindeeigentum" und damit im Freien.

Wer nach Punkt 12 die Gemeindefron versäumt, zahlt 60 Pfennige; aus "Schwachheit seines Leibes" kann einer einen Stellvertreter schicken. Wer in Geschäften der Gemeinde in die Stadt oder sonst wohin geht, bekommt 24 Pfennige Lohn. Wer Mist zu verkaufen hat, muss ihn zuerst in der Gemeinde anbieten; dann erst darf er nach auswärts verkauft werden. Bei der Weidewirtschaft war der Stallmist rar. Im Dorf sollen fünf Fuder "ungetreten" also nur aufgeladen einen Gulden kosten. Wenn die Bamberger Hirten über die Marter beim Elbischen Sand hüten, sollen sie gepfändet werden.

Nach Punkt 14 dürfen weder Schafe noch Geißen auf die Gemeinde getrieben werden; sie müssen bei Strafe von 60 Pfennigen im Haus behalten werden.

Wenn man den Hirten "anlegt" d. h. seine Bezüge festgelegt, die nach der Anzahl des Viehs berechnet werden, so ist von dem, der ein Hauptziel verschweigt, der Gemeinde "das beste Haupt Vieh verfallen". Zuletzt wird ausdrücklich gemahnt: Wer seine Strafe nicht erstattet, soll deswegen dem alten Gemeindebrauch nach gepfändet und stracks zur Bezahlung gezwungen werden.

Im 15. Punkt behält sich der Abt das Recht vor, diese DO zu mindern, zu bessern oder aufzuheben. Er ließ sie mit seinen Siegel bekräftigen.

Verschiedene Verbote wie z. B. über den Mist, den Hirten, die gesperrten Gäßlein, den Schelch wurden aus den Vorschlägen der Gemeinde von 1541 übernommen; sie sind wohl gewohntes Herkommen. Diese Bestimmungen der DO von 1583 bilden die Grundlage aller später erlassenen Dorfordnungen.

Die Dorfordnung vom 30. November 1625Mit der Zeit ergab sich die Notwendigkeit oder das Bedürfnis, die gültige DO zu ergänzen. Am Sonntag nach Andreae (l. Dezember) 1613 schlug die Gemeinde dem Kloster vor, folgende Punkte zur Verbesserung der DO gutzuheißen: 1. Wenn ein Fremder ins Dorf ziehen will, muss er "einen ehrlichen Abschied" d. h. eine amtliche Abmeldung seines bisherigen Herrn mit einem Leumundszeugnis vorlegen, 2. nicht wie bisher sechs, sondern zehn Gulden Einzugsgeld bezahlen. Könne er das nicht, so müssten zwei hausgesessene Männer dafür bürgen, 3. wer ohne Vorwissen seiner Herrschaft eine einzelne "Berschon" oder Eheleute aufnimmt, soll das Dorfgeld für sie bezahlen, 4. wenn ein Beständner die Fronwache verweigert oder die Gemeindeversammlungen nicht besucht oder auch "Schulden mit Streichen in der Gemein macht" d. h. wenn er das Geld für gestrichenes Obst, Gras usw. nicht bezahlen kann, solle der Beständner oder der, der ihn aufgenommen, bezahlen. Diese Wünsche wurden von der Kanzlei genehmigt, nicht dagegen das Verlangen, dass eine einheiratende Person die Hälfte d. i. nur fünf Gulden erlegen soll. Der Absatz ist durchstrichen und am Rande bemerkt: Soll bleiben (wie zuvor!).

In einem Schriftstück mit der Rückenbemerkung: "In die Gaustadter Dorfsordnung des Dorfsgelds halber zu bringen«, beschwert sich die Gemeinde am 6. Dezember 1623 beim Kloster wegen der vielen Fremden, die sich im Dorfe häuslich niederlassen wollen. Mit Einwilligung des Herrn Prälaten soll deshalb in Zukunft jede fremde Person zehn Gulden Dorfgeld geben, was zuvor laut der Gemeindeordnung sechs Gulden gewesen. Das war aber doch schon 1613 genehmigt worden! Als zweites wünscht man, dass ein Dorfkind, das nach auswärts heiratet, sich aber dann wieder im Dorf niederlassen will, fünf Gulden entrichten soll.

1623 stand man in den Anfangsjahren des 30jährigen Krieges, der sicherlich Unruhe und Bewegung in die betroffene Bevölkerung z. B. des benachbarten Böhmens brachte. Vielleicht suchte man sich durch diese härteren Bestimmungen gegen unerwünschten Zuzug Geflohener oder Vertriebener zu schützen.

Das also wird für die vorgesehene DO vorgemerkt. Diese erlässt dann am Tage Andreae (30. November) 1625 der Abt Johannes Müller (Molitor) als oberster Dorfherr.

Als Anlass dienen üblicherweise die Irrungen, die Uneinigkeit und große Unordnung in der Gemeinde und die Verhütung weiteren Unrats und besorglichen Übels. Die neue Ordnung soll jedes Jahr bei Abhörung der Dorfrechnung der Gemeinde vorgelesen werden. Im Folgenden sollen nur die Änderungen und Unterschiede gegen 1583 aufgenommen werden.

Der erste Artikel bringt schon eine bedeutsame Neuerung bei der Wahl der Dorfmeister: Man wählt sie wie früher am Andreastag, aber so, dass neben unseren Kellereibauer allda, der ein p erp etuierter (beständiger) Dorfmeister" ist, ein neuer tritt. Das zeigt deutlich die Besonderheit der Stellung dieses Hofbauern als des Inhabers des Kellereihofes, in dem ja auch, wie sich unten zeigt, das Dorfgericht tagt.

Die Artikel 2 und 3 ergänzen die früheren Bestimmungen über die Dorfbewohner: Wenn nach einem Todesfall die überlebende Person sich mit einer ausländischen verheiraten würde, so soll das halbe Dorfgeld gezahlt werden, wenn aber zwei Fremde im Dienst zu Gaustadt einander heiraten und sich daselbst niederlassen wollten, sei das ganze Dorfgeld von zehn Gulden innerhalb Monatsfrist fällig.

Ebenso neu und den Zuzug erschwerend ist die Forderung, dass jeder Fremde, der bestandsweise ins Dorf ziehen wolle, nicht nur diese zehn Gulden zahlen, sondern auch "50 Gulden verbürgen", d. h. wenigstens soviel Vermögen besitzen oder nachweisen müsse.

Bei den Strafen für ungebührliches Verhalten bei der Rechnungsablegung wird nur ein Betrag von zwei Pfund zu Gunsten der Gemeinde und die Androhung der Bestrafung durch das Kloster genannt. Die Bezahlung der ganzen Zeche fällt weg. Das wird sich als undurchführbar erwiesen haben.

Ganz allgemein gilt für diese DO, dass die Strafen erhöht wurden z. B. von 60 Pfennigen auf einen Gulden.

Neu ist ferner im 10.Artikel das Verbot, aus Gaustadt Holz nach Bamberg zu verkaufen und feil zu tragen. Das scheint auf eine Holzverknappung im Dorf hinzudeuten.

Eine merkbare Minderung bedeutet die Bestimmung, dass der, der bei Anlegung des Hirten ein Stück Vieh verschweigt, nicht mehr das beste Haupt Vieh abgeben, sondern nur drei Gulden entrichten muss.

Wenn im 14. Artikel der DO von 1583 wegen Ungehorsams gegen die Gemeinde noch die Pfändung möglich war, so tritt 1625 an deren Stelle "die doppelte Buße“ und gegebenenfalls die Bestrafung durch das Kloster. Das zeigt das Bestreben, die altertümliche und mit Mißhelligkeiten verbundene Pfändung durch Geldstrafen zu ersetzen.

Darauf nimmt der 12. und letzte Artikel dieser DO Bezug, in dem die Dorfmeister gemahnt werden, die eingehenden Buß und Strafgelder "nit zu ihrem eigenen Nutzen zu gebrauchen, sondern sie einer Gemeinde in der Rechnung gebührend (wie es sich gebührt) vorzutragen".

Anschließend wird auch zum ersten Mal eine Entschädigung für die Dorfmeister festgesetzt "für die Mühewaltung, die aber ein jeder zum Besten der Gemeinde umsonst auf sich nehmen sollte". Es dürfen nicht mehr als vier Pfund (nicht ganz ein halber Gulden) berechnet werden.

Schließlich behält sich der Abt das Recht vor, alle auf dem Gemeindehaus und dem Kellerelhof vorkommenden Frevel und Misshandlungen allein durch seine Person zu bestrafen.

Damit unterstellte man das Dorfgericht und die Gemeindeversammlung dem besonderen Schutz des Klosters und damit einer höheren Bestrafung.

Die 3. Dorfordnung vorn 24. Januar 1724Die zweite DO hatte fast hundert Jahre Dienst getan. Erst 1724 erließ Abt Christoph Freiherr von Guttenberg mit den gewohnten Worten über Uneinigkeit, Schaden usw. die dritte und letzte Dorfsatzung in weitläufigen Artikeln.

Die Änderungen beginnen bereits im ersten Artikel: Von nun an sollte zwar wie bisher die Gemeinderechnung "vor uns oder unserer Kanzlei" d. h. auf dem Kloster abgehört werden, aber dann aus dem Umstand, der bereits auserlesenen zwölf Erfahrensten der Gemeinde, anstatt des älteren abtretenden Dorfmeisters ein neuer gewählt werden. Damit tritt zum ersten Male in einer DO der Name und Begriff Umstand auf. Schon 1541 hatte man ja schon zehn Alteste aus der Gemeinde gewählt, die in der ersten DO als "Beisitzer" erscheinen.

Aber schon 1680 klagte der "Gaustadter Umstand« beim Kloster gegen Georg Roth, der damals auf der Michelsberger Schenkstatt saß, dass er in "billigen (geziemenden) Sachen" niemanden gehorchen, "auch sogar vom Schultheißen und den Dorfmeistern kein Gebot annehmen<' wolle. Im Entscheid des Klosters heißt es: "Weil hierbei nichts anderes als eine Rebellion unter der Gaustadter Gemeinde zu besorgen sei, als ist er anderen zum Exempel mit fünf Gulden unablässiger (nicht nachlassbarer) Strafe angesehen worden«. Hans Kaudler und Hans Stengel waren damals Dorfmeister, Lorenz Hemmeter der Michelsberger Schultheiß.

Es könnte Verwirrung stiften, wenn man weiß, dass die Gemeinde zwar zehn Mann in den Umstand wählt, dass man aber dennoch von einem Zwölfertisch spricht, wie Martinet (S. 60) bezeugt, und schließlich 13 Mann als Beisitzer zählt. Diese dreizehn setzen sich zusammen aus den drei ständigen Mitgliedern, dem Schultheißen und den beiden Dorfmeistern, und den zehn gewählten Männern, von denen wieder der Kellereibauer an erster Stelle steht. Der 25. Artikel, der deswegen hier eingeschaltet sei, bringt Näheres über den Umstand. Jeder, der zum "Zwölfertisch" neu gewählt wird, hat einen "sauberen neuen Stuhl machen zu lassen oder drei Pfund dafür zu zahlen. Übrigens wer davon eines Diebstahls oder sonst einer unehrlichen Tat überwiesen würde, solle vom Tisch abgesondert" werden. Martinet berichtet aus Quellen, wahrscheinlich Gemeinderechnungen, die uns nicht mehr erhalten sind, dass diese 12 Männer im Rathaus über die zu ihrem Tisch gehörigen Fälle und Streitigkeiten mündlich richteten. Offenbar nimmt der Schultheiß an diesem Gericht teil, ohne selbst als Richter mitzureden.

Aus diesem Umstand also, das ist das Neue, sollen in Zukunft die Dorfmeister genommen werden. Artikel 2 und 3 sprechen Schultheißen und Dorfmeistern das Recht zu, gegen Ungehorsame Strafen bis zu zwei Gulden, im Wiederholungsfall bis vier Gulden zu verhängen. Sollte das nicht verfangen, so sei freilich nur mit Genehmigung des Klosters eine Pfändung möglich, wobei ausdrücklich betont wird, das Pfand "sei lebendig oder ein anderes«. Von den Geldstrafen fallen ein Drittel dem Kloster, die übrigen zwei Drittel der Gemeinde zu. Artikel 4 und 5 beziehen sich auf die Dorfnutzungen. Wer z. B. nicht mitfront, dem werden sie gesperrt. Sie sollen auf dem Rathaus "Ohne eigenes Interesse oder Schmiralien " an den Meistbietenden vergeben werden, jedoch nur an solche, deren Zahlung nicht gefährdet sei.

Artikel 6 bis 12 regelt den Zuzug. Fremde müssen wenigstens 60 fl., früher 50 fl., Besitz nachweisen. Das Einzugsgeld beträgt nun für jede erwachsene Person 8, früher 5 Gulden.

Neu ist auch folgendes: Wenn ein Dorfkind außer dem Dorf Hochzeit hält, aber ins Dorf bestandsweise ziehen wolle, müsse es gleich nach der Trauung die erste Nacht um Einzug bitten; dann sei es vom Dorfgeld befreit. Wer im Dorf Haus und Hof verkauft, gilt fortan als Fremder. Ohne Zustimmung des Klosters darf überhaupt niemand mehr aufgenommen werden; also nicht mehr die Dorfbehörden entscheiden über den Zuzug, sondern die Kanzlei des Klosters. Wer liederliche Leute aufnimmt, gewärtigt Strafe. Beides also, das Aufnehmen und die Liederlichkeit kamen vor!

Artikel 13 und 14 verpflichten die Gemeinde, einen Gemeindeknecht und Flurer" zu halten; es sollte wohl heißen "oder Flurer", denn es handelt sich nur um eine Person mit den verschiedensten Aufgaben: Er muss die Nachtwache halten, das "viele Stehlen auf dem Feld« verhüten und nachts die Uhr ausschreien. Man fragt sich, wann dieser Mann zum Schlafen kommt. Neben seiner Bestallung, die nicht angeführt wird, weil sie anscheinend dem Dorf überlassen bleibt, hat der Gemeindeknecht Anteil an den Strafen. Er genießt auch einen besonderen Schutz; wer ihn auf der Gemeinde "Schilt, schmäht oder einen Büttel heißt, verwirkt zwei Pfund Strafe. Er vertritt also die Polizei in der Gemeinde, genießt offenbar aber kein besonderes Ansehen.

Artikel 15 und 16 beziehen sich auf den Schutz der Holzbirnen und das Hüten auf den Wiesen der Gaustadter Flur.

In Artikel 19 wird die Anlage des Hirten wie in früheren Zeiten geregelt. Auffällig ist die Erwähnung von zwei Hirten, der eine für Großvieh, der andere für die Gänse.

Das ergibt sich aus dem 22. Artikel, nach dem "der Gänsehirt" oder diejenige, so die Gänse austreiben, nicht weiter treiben darf, als bis zum Schönen Brunnen auf dem Bamberger Weg, unter dem Dorf auf dem Bischberger Weg bis an den Knock, einer Straßensteigung, die heute verschwunden ist, und außer dem Dorf bis an die Ziegelhütte. Die fällige Buße von zwei Pfund für die Gemeinde und einem Pfund für den Gemeindeknecht gilt auch für jeden, der im Dorffremde Gänse um Geld oder "um Halb", die Hälfte der aufgezogenen Gänse, annimmt. Ein Beständner darf "kein Vieh oder Gänse« halten, außer ein oder zwei Schweine.

Die Artikel 24 und 25 beziehen sich auf die Gemeindeversammlungen, Wer eine halbe Stunde nach dem Läuten der Gemeindeglocke bei der Versammlung erscheint, zahlt zwei Pfund, dem Gemeindeknecht ein halbes. Wer überhaupt fehlt, wird ums Doppelte gestraft. "Weibsbilder und Buben« dürfen nicht geschickt werden.

Wird zweimal geläutet, "so ist es Sturm", wozu alle mit Gewehr erscheinen müssen. Sollte man aber mit der Glocke "stummen", d. h. immer wieder kurz anschlagen, so bedeutet es Feuer; dazu muss jeder "mit Schäff, Stützen und anderem Wassergeschirr« antreten.

Zur Gemeindeversammlung hat jeder im ehrbaren Anzug zu erscheinen. Dieser besteht aus Hut und Halstuch, dem Vorläufer unserer Kravatte, Schuhen und Strümpfen. Schreien und auf den Tisch Schlagen wird bestraft.

Nach dem 26. Artikel wird das Versetzen, Verhehlen, Herausreißen und Verschweigen von Marksteinen mit fünf Gulden und herrschaftlicher Ahndung bestraft. Man beachte, wie genau man die einzelnen Verfehlungen aufführt.

Wer nach dem 27. Artikel einem anderen "einiges Federvieh abfinge oder entfremdete, und dessen glaubwürdig überwiesen wurde, soll mit Flederwischen behängt und an den Brunnen zu Gaustadt gestellt werden". Er muss Schadenersatz leisten und zwei Gulden das ist viel Buße geben. Schultheiß und Dorfmeister haben das Recht, jede verdächtige Person, die mit Butten oder anderem auf Bamberg usw. geht, durch den Flurer anhalten zu lassen. Leider steht nicht dabei, was man bei diesem Schleichhandel verhindern will.

Weil Klagen einliefen, dass Junge Burschen nachts über die Gasse schreien, fluchen, sakramentieren, so soll jeder, der nachts im Dorf mit oder ohne Gewehr (Waffe) betreten wird, auch verbotene Gotteslästerungen hören lässt, besonders Blutsakrament flucht", jedes Mal acht Pfund (fast einen Gulden!) bezahlen, die für Kerzen zum Kruzifix im Rathaus verwendet werden sollen.

Weiter darf nichts z. B. Mist oder Stupfel aus dem Dorf verkauft werden, ohne dass es im Dorf angeboten wurde. Wenn ein Gut im Dorfe an Auswärtige verkauft würde, so hat jeder Gaustadter auf sechs Wochen den "Abtrieb", d. h. innerhalb dieser Frist kann er das Gut um den gleichen Preis wie der Fremde annehmen. Die Fronarbeit bei "Besserung von Weg und Steg" regelt der 32. Artikel. jeder mit und ohne Gemeinderecht ist dazu verpflichtet. Die Stellvertretung kann Schultheiß und Dorfmeister erlauben, aber durch kein Weibsbild, ausgenommen die Witwen, und keine Ledigen unter 20 Jahren.

Die folgenden Punkte bis Nr. 40 bringen Einzelheiten: die Säuberung der Hecken und Bäume zur rechten Zeit vom "Raupen Geschmeiß", das Halten der Gemeindeochsen, die von einer schönen roten Farbe und groß sein sollen, das Stehlen von fremdem Obst, das Oberfahren mit dem Schelch, das Sauberhalten des Brunnens, den Schutz des Gemeindeholzes.

Der 41. Artikel gesteht dem Schultheißen für seine Bemühungen außer bei Soldatenmärschen und Prozessen (die also besonders berechnet werden) und dem älteren Dorfmeister zwei Gulden, dem jüngeren einen Gulden zu.

Diese DO erfüllten eine zweifache Aufgabe: 1. Gebieten und ordnen sie an z. B. die Wahl der Dorfmeister und ihre Befugnisse, den Zuzug von Fremden usw., 2. verbieten sie unter Strafandrohung. Die Liste dieser Verbote wird immer länger, die Strafen höher. Letzteres hängt vielleicht mit zunehmender Geldentwertung zusammen. Nicht nur unsere Polizeibehörden klagen, sondern auch die DO von 1724 klagt über ungehöriges Benehmen der Jugend; die angedrohten Strafen für das Entwenden und Stehlen von Federvieh, Obst, Gras, Holz lassen erkennen; dass diese Vergehen oft genug vorkamen. In diesen DO dürfen wir ebenso sehr Beispiele der damaligen Verwaltung eines Dorfes wie auch glaubwürdige Zeugnisse der jeweiligen öffentlichen und sittlichen Haltung seiner Bewohner sehen.

EingemeindungEs macht Schwierigkeiten, die Geschichte Gaustadts bis in die Gegenwart fortzuführen. Die Schuld daran trägt die Gemeinde selber bzw. deren Verwaltung. Wenn die Unterlagen fehlen, hört jede "Geschichte" auf.

Es fehlen leider alle Unterlagen über die Gemeinde Verwaltung wie Gemeindeversammluns-Protokolle, Gemeinde Rechnungen, Verwaltungsakten, Verzeichnisse usw. bis zum Jahre 1866. Von da an stehen einige Protokolle der Gemeinde Versammlungen und des Gemeinderats die älteren allerdings nicht immer geordnet bis 1900 zur Verfügung. Immerhin kann die auf den vorhergehenden Seiten gebotene Darstellung der kirchlichen Verhältnisse und der Schule als der wichtigsten Ereignisse diese Lücke etwas ausfüllen.

Gaustadt hatte sonst unter keinen Kriegsfolgen zu leiden und konnte sich danach ungehindert besonders nach Westen ausbreiten, beherrscht von der evangelischen Kirche und einem Hochhaus.

Der Kern des Ortes um die kleine Kapelle verliert allmählich durch Um- und Neubauten das örtliche Aussehen; der Abteihof hat bereits seine alte Gestalt eingebüßt, so dass nur noch wenige ursprüngliche Anwesen sich erhielten, die Landwirtschaft treiben. Gaustadt wird eben immer mehr "moderner".

Diese neueste Entwicklung und Verwaltung des Ortes mit ihren nicht immer erfreulichen Erscheinungen darzustellen, sei einem künftigen Freund und Kenner Gaustadts vorbehalten.

Nun ist die dörfliche Gemeinde – eingemeindet - in den großen Verbund der Stadt B a m b e r g . Man hört nur noch von einem -Stadtteil – Gaustadt -.

 

Stand 1972

Die Errichtung eines Friedhofs in GaustadtDer nächste Schritt der Gemeinde bestand in einem Gesuch vom 1837 um Genehmigung eines eigenen Friedhofes. Am 11. Juli 1837 ersucht das Landgericht, heute Landratsamt Bamberg II, das Pfarramt Bischberg, zur Errichtung eines Friedhofes "rücksichtlich der Stolgebühren" Stellung zu nehmen ". Das tut Pfarrer Ott am 24. Juli. Die Antwort in seiner fast unleserlichen Schrift enthält zuerst die Gründe, die gegen die Absicht der Gaustadter sprechen, um dann die Gründe anzuführen, warum nach seiner Ansicht durchaus kein eigener Gottesacker in Gaustadt angelegt werden soll und kann. Er bringt folgendes vor:

1.Es kann wahr sein, dass Michael Reges ein Stück Feld hinter seinem Haus und 50 Gulden zu einem Gottesacker hergeben will; damit aber kann man diesen mit keiner Mauer, Kruzifix und Tor versehen.

2.Es ist nicht richtig, dass damit keinem Unrecht geschehe; denn dadurch werde dem Pfarrer und Kirchner eine neue Last auferlegt.

3.Von Bezahlung der Gänge nach Gaustadt will weder Pfarrer noch Kirchner etwas wissen, indem die meisten Gaustadter nicht imstande sind, die bisherigen Gebühren zu begleichen, da Pfarrer und Kirchner vier Leichen und ebensoviel Kindtaufen seit einem Dreivierteljahr einzunehmen haben. Ganz richtig ist, dass die Gemeinde Bischberg keinen Schaden leidet. Gaustadt wurde ohne Gottesacker der Pfarrei Bischberg einverleibt und soll auch so bleiben. Unwahr ist aber, dass der Gemeinde Gaustadt kein Schaden entsteht. Mit 50 Gulden kann man keinen Gottesacker herstellen; das übrige müsste doch die Gemeinde draufzahlen. Warum wollen sie überhaupt einen eigenen Friedhof? Sie werden doch nicht für die Leiber ihrer Verstorbenen, sondern für deren Seelen beten. Was haben wohl die Gaustadter für die Erweiterung des Bischberger Gottesackers bezahlt? Nur ihren Anteil am Grundstück, das dazu angekauft wurde. Auch wenn eine Epidemie "einreißt", ist der Gottesacker zu Bischberg groß genug. Deswegen hat Gaustadt nicht zu befürchten, dass es durch Zwangsumlagen zur Vergrößerung des Bischberger Friedhofes etwas beitragen müsste.

4.Es ist auch nicht richtig, dass Bug und Tütschengereuth einen eigenen Gottesacker haben und wenn, so ist es mit diesen beiden Orten etwas ganz anderes, indem diese einen äußerst schlechten Weg zu ihrer zeitherigen Begräbnisstätte haben. Bei schlechter Witterung können doch ganz gewiss die Gaustadter mit Mänteln und Tüchern bedeckt eher nach Bischberg als ein alter, gebrechlicher Pfarrer und Kirchner mit Regenschirmen nach Gaustadt gehen, indem bei Stürmen kein Regenschirm gebraucht werden kann. Die aber, die schlechte Kleidung haben, können zu Hause bleiben.

Die Antwort des Pfarrers musste deswegen so ausführlich gebracht werden, weil aus ihr die Gründe der Gaustadter, deren Eingabe nicht erhalten ist, größtenteils erschlossen werden können. Nachdem Pfarrer Ott auf die Eingabe der Gaustadter geantwortet hat, bringt er seine eigene Stellung in folgenden Punkten zur Kenntnis:

Schon aus dem Gesagten ist ersichtlich, dass das Pfarramt Bischberg der Eingabe der Gaustadter um einen eigenen Gottesacker entgegen sein muss.

Umso mehr aus seinen hier folgenden Gründen:

1.Das Pfarramt kann sich unmöglich unnötige Pflichten auflegen lassen. Gaustadt wurde 1805 der Pfarrei Bischberg ohne einen eigenen Gottesacker einverleibt. Mithin muss es auch so bleiben; denn sonst müßte das Pfarramt die Bitte stellen, Gaustadt wieder hinzutun, wo es hergekommen ist.

2.Dadurch würde der Unterricht an der Schule unendlich leiden, weil an den Tagen, wo eine Leiche und dann die Ämter in Gaustadt sind, früh morgens kein Unterricht erteilt werden könnte. Das kann das Jahr hindurch wenigstens 70 bis 80mal geschehen, denn der hiesige Lehrer müsste immer mit nach Gaustadt.

3.Die Gaustadter sind ohnehin liederliche Zahler. Was würde erst geschehen, wenn sie für eine Leiche vier bis fünf Gulden mehr bezahlen müssten. Da müssten Pfarrer und Kirchner beständig beim Landgericht klagen und dasselbe beschäftigen.

4.Die Gaustadter haben gar keinen Grund (Heuchelei und Gleisnerei allein ausgenommen) um einen eigenen Gottesacker anzusuchen; denn es kann kein schönerer und bequemerer Weg gedacht werden als der von Gaustadt nach Bischberg.

5.Es könnte ein Pfarrer zu Bischberg entweder wegen Alters, Gebrechlichkeit oder einer leichten Krankheit nicht nach Gaustadt gehen, wohl aber die Leichen und Ämter in Bischberg abhalten. Wenn er das nicht könnte, würde ihm eine Aushilfe unnötige Auslagen machen, die sein ohnehin schwaches Einkommen noch mehr verkürzen müssten.

Wegen dieser angeführten Gründe bittet das Pfarramt Bischberg, die Gaustadter mit ihrer Bitte um einen eigenen Gottesacker abzuweisen, oder sie wieder dahin zu weisen, woher sie gekommen sind oder eine eigene Kuratie zu bilden, denn Bischberg leistet gerne Verzicht auf Gaustadt.

6.Die Gaustadter Gemeinde sollte vor allem für ein besonderes Schulhaus sorgen; diese Sorge ist eine größere Notwendigkeit, nicht aber ein eigener Gottesacker. Ott Pfarrer

Ein unbefangener Leser wird leicht erkennen, dass nicht alle Gründe des Pfarrers stichhaltig sind, besonders was seine persönlichen Anliegen wie Alter und Krankheit betrifft, vor allem aber lässt sich eine gereizte Haltung, ja Abneigung gegen Gaustadt nicht übersehen. Andrerseits zeigt die Bitte der Gaustadter um einen eigenen Friedhof, dass sie keineswegs mit der Abhängigkeit von der Pfarrei Bischberg zufrieden sind, sondern allmählich die kirchliche Selbständigkeit erstreben.

Unterm 30. September 1837 verständigt das Landgericht Bamberg das Pfarramt Bischberg, dass gemäß eines hohen Beschlusses der k. Regierung des Obermainkreises, Kammer des Innern, auf das von der Gemeinde Gaustadt angebrachte Gesuch auf Errichtung eines eigenen Freudhofes (!) im Orte Gaustadt nicht eingegangen werden kann. Damit war für fast 30 Jahre Ruhe in der Friedhofssache äußerlich wenigstens geschaffen.

Diese "Friedhofsruhe" wurde gestört durch die Notwendigkeit, den Bischberger Friedhof 1865 zu erweitern. Das benützte Gaustadt, um den Antrag auf Errichtung eines besonderen Gottesackers zu erneuern. Die Antwort des k. Bezirksamtes Bamberg II stellt fest, "dass daran im günstigsten Fall nicht vor Eintritt eines Personalwechsels im Bischberger Pfarramt gedacht werden könne".

Das Bedürfnis der Erweiterung des Bischberger Friedhofes habe Gaustadt stillschweigend anerkannt und nur den nach seiner Meinung zu hohen Kaufpreis des notwendigen Grundstückes beanstandet. Beide Gemeinden müßten sich erst gemeinsam über die Angelegenheit benehmen.

Dann schweigen darüber die Akten bis zum 4. April 1866. An diesem Tag benachrichtigt die Gemeindeverwaltung Gaustadt das katholische Pfarramt Bischberg, dass durch Regierungsentschließung vom 8. März d. J. die von der Gemeinde Gaustadt beantragte Errichtung eines eigenen Begräbnisplatzes genehmigt worden sei.

Das Bezirksamt forderte daraufhin die Gemeinde Gaustadt auf, einen angemessenen Platz zu erwerben und über die Deckung der damit verbundenen Kosten zu beschließen.

In ihrer Mitteilung an den Bischberger Pfarrer betont die Gemeinde, dass es nicht in ihrer Absicht lag, dem Pfarramt Bischberg nahe zutreten noch ihren "lieben und hochgeachteten Herrn Pfarrgeistlichen neue Lasten aufzubürden". Sie versichert, dass "Seine Hochwürden Herr Dechant (Philipp Grohe, Bischberger Pfarrer 1858 75) eine Hochachtung und Wertschätzung genieße, wie sie nie einer der hochwürdigen Herrn Vorfahrer (!) genossen hat. Zugleich bat Gaustadt um eine gefällige Zusammenstellung des Durchschnitts der Sterbefälle, die das Bezirksamt forderte. Das scheint auch geschehen zu sein, denn nun folgen rasch aufeinander die notwendigen anderen Genehmigungen. Am 17. August und 15. September 1865 hatte das Erzbischöfliche Ordinariat erklärt, dass es gegen den Gaustadter Friedhof vom kirchlichen Standpunkt aus keine Erinnerungen zu machen habe, wenn,

1. die bisher üblichen Beerdigungskosten bis zum Ableben des derzeitigen Pfarrers oder dessen Versetzung entrichtet werden, wenn

2. bei den Beerdigungen mit Zustimmung des Pfarrers ein besonderer Geistlicher mit eigener Honorierung oder ohne letzteren die übliche Gebühr des Pfarrers in billiger Weise für dessen besonderen Gang erhöht werde. Unter diesen Bedingungen wurde durch Entschließung der Regierung von Oberfranken vom 8. März 1866 die Errichtung eines eigenen Begräbnisplatzes in Gaustadt genehmigt.

Das Bezirksamt wird wohl mit dem angeforderten Bericht über die Verhandlungen wegen eines geeigneten Grundstückes und über die Deckung der anfallenden Kosten zufrieden gewesen sein. Auf dem neuen Friedhof zu Gaustadt wurde am 22. April 1867 ein notgetauftes Kind und am 24. April der ledige Fabrikarbeiter Andreas Ludwig Brand beerdigt.

Der Pfarrer nahm diese Beerdigungen nicht selber vor und forderte nach dem Vertrag die Gebühren für das Kind und Brand, zusammen drei Gulden 48 Kreuzer nebst dem üblichen Opfer bei der Leichenfeier. Am 16. Juni 1867 bestätigt der Gaustadter Ortsvorsteher Bohrer den Empfang der Quittung für die Beerdigungskosten mit der Drohung, die Regelung der Sache beim Ordinariat und der Regierung zu verfolgen. Er fährt fort: "Sollte aber dieses Gesuch fruchtlos sein, so nehme ich Zuflucht (denn ich bin in diesem Fall gezwungen) zur Öffentlichkeit

und zwar unter dem Titel Ein Gegenstück zu die (!) Werke der Barmherzigkeit in mehreren Blättern". Kaum hatten also die Gaustadter ihren eigenen Friedhof, so begannen sie in völliger Verkennung der Rechtslage wieder die Streitigkeiten mit der Pfarrei Bischberg wie unter Pfarrer Ott. Aber eine Entschließung der Regierung von Oberfranken, die im Namen Seiner Majestät des Königs erging, machte den Gaustadtern klar, dass sie mit ihrer Meinung auf dem Holzweg waren. Es wurde ihnen nochmals erklärt, es geschah am 27. August 1867 dass

1.der Bischberger Pfarrer nach wie vor das Recht habe, die Beerdigungen in Gaustadt vorzunehmen und dafür eine entsprechende Entschädigung zu verlangen,

2.dass, falls er eine Beerdigung, nicht vornehmen könne oder wolle, die Beteiligten die Beerdigungen an Sonn- und Feiertagen durch den den Gottesdienst besorgenden Geistlichen, an Wochentagen durch einen der Patres des Franziskanerklosters in Bamberg, dessen Guardian die Aushilfe bereits zugesagt habe, "gegen gehöriges Honorar vornehmen lassen können".

Überblickt man das Verhalten der Gaustadter in dieser Friedhofsangelegenheit, so kann man sich kaum des Gefühls erwehren, dass sie mit einer gewissen Hinterhältigkeit, ja Unredlichkeit, die sich auf die sog. Bauernschläue gründete, dem Pfarramt gegenübertraten, man denke nur an die Lobesworte und Drohung gegenüber dem Pfarrer.

Evang. Luth. Pfarrei St. MatthäusMit der Errichtung der Baumwollspinnerei 1858 nahm die schon vorhandene Zahl der Protestanten in Gaustadt zu. Geschah dies langsam, so wurde nach dem zweiten Weltkrieg deren Zahl durch den Flüchtlingsstrom plötzlich und stark vermehrt. Nach den Angaben des katholischen Pfarramtes, die aber nur auf unsicheren Schätzungen beruhen, betrug 1877 die Zahl der nichtkatholischen Einwohner Gaustadts 203, 1930 aber 145, 1950 aber schon 611. Damit stimmt ungefähr überein, dass sie nach Mitteilung des Ev. Luth. Pfarramts 1945 auf ca. 700 gestiegen war. Am 24. Mal 1895 teilte das kgl. Bezirksamt Bamberg II dem kath. Pfarramt Gaustadt betreff  "Pfarrpurifikation im protestantischen Dekanatsbezirk Bamberg" mit, dass Gaustadt nebst den übrigen im Dekanat wohnenden Protestanten in die protestantische Pfarre Bamberg eingewiesen wurden.

Über die Entstehung und Entwicklung des evangelischen Gottesdienstes in Gaustadt geben folgende Schriftstücke Aufschluss: Das Ev. Luth. Dekanat Bamberg gez. Dietz Dekan und Kirchenrat schreibt am 15. März 1955 an das kath. Pfarramt Gaustadt betreff "Einsegnung der Konfirmanden von Gaustadt und Umgebung in der alten Kirche von Gaustadt, dass "in entgegenkommender Weise das kath. Pfarramt in einem Schreiben vom 12. Dezember 1949 den ev. luth. Einwohnern von Gaustadt die Benützung der dortigen alten Kirche (der Kapelle!) zweiwöchentlich und zu den Festzeiten" zusagte. "Sowohl das Evang. Luth Dekanat wie das Evang. Luth. Pfarramt St. Stephan Bamberg ist für diese Großzügigkeit und Brüderlichkeit immer wieder von neuem dankbar". Danach dürfen wir als sicher annehmen, dass seit Weihnachten 1949 in der Gaustadter Kapelle evangelischer Gottesdienst gefeiert wurde.

Obiges Schreiben enthält, wie schon der Betreff sagt, die Bitte um erstmalige Genehmigung der Konfirmationsfeier am Palmsonntag den 3. April. Zur Begründung wurde vor allem die weite Entfernung der Orte Gaustadt, Bischberg und Trosdorf von St. Stephan in Bamberg angeführt.

Am 24. März 1955 richtete das Erzbischöfliche Ordinariat an das kath. Pfarramt Gaustadt ein Schreiben des Inhalts, dass "es keinen Einspruch dagegen erhebt, wenn das kath. Pfarramt Gaustadt die alte katholische Kirche der protestantischen St. Stephans Gemeinde noch einen weiteren Sonntag im Jahre zur Verfügung stellt". Diese amtlichen Schreiben beweisen das gute Verhältnis der beiden christlichen Kirchen zueinander, das sich auch darin ausdrückt, dass nach den Akten des kath. Pfarramtes Gaustadt am 3. Oktober 1958 das Ev. Luth. Stadtvicariat St. Stephan ein Schreiben an das katholische Pfarramt richtete, in dem Stadtvicar Ludwig Haffner daran erinnerte, dass die kath. Gemeinde am "5. Oktober die 150jährige Wiederkehr der Weihe ihrer alten Kirche" feiere. Daran nehme "auch in Freude und Dankbarkeit die Evang. Luth. Gemeinde Gaustadt teil, weil sie seit Jahren ihre Gottesdienste in der alten Kirche feiern" dürfe. Herzlichen Dank für alle Hilfe, die wir erfahren haben".

Die engen Verhältnisse der alten Kapelle angesichts der gestiegenen Zahl der Gemeinde Mitglieder ließen bald den Gedanken an eine eigene Gottesdienststätte aufkommen. Am 21. Mai 1960 wurden diese Bestrebungen durch die Gründung eines Evangelischen Kirchbauvereins verwirklicht, nachdem die Familie Gebrüder Wörner den Bauplatz für ein Gemeindezentrum durch Schenkungsurkunde vom 15. September 1959 der evangelischen Gemeinde übereignet hatte Die Grundsteinlegung zum Bau der ev. luth. St. Matthäus Kirche erfolgte am 28. November 1962, das Richtfest am 4. Juli 1963 und die Einweihung am 12. Juli 1964. Die Planung und Durchführung war dem Arch. Dipl.Ing. Franz Gürtner in München übertragen, die Bauaufsicht und Bauleitung dem Architektenbüro Bornhofen Bamberg. Im Bau ist besonders bemerkenswert die Taufkapelle mit dem Taufbrunnen, der lebendiges Wasser aus einer unter der Kirche fließenden Quelle spendet, gestaltet von den akad. Bildhauern Bauer Haderlein in Bamberg und mit dem Mosaikboden von Heidingsfelder Nürnberg.

Ihre Orgel erhielt die Kirche im Jahre 1967 aus einem Ringtausch unter den sechs evangelischen Kirchengemeinden Bambergs im Zuge der Neuanschaffung einer Schleiforgel in der Bamberger St.

Stephanskirche und zwar ist die Gaustadter Orgel der erneuerte Teil der Erlöserkirchenorgel, die 1940 für den Zentralsaal angeschafft wurde.

Am 18. Juli 1965 konnte ein auf das Geläute der kath. St. Josefskirche abgestimmtes Glockengeläute, das von der Firma Karl Czudnowsky, Erding, gegossen wurde, in Gebrauch genommen werden. Die Glocken tragen die Inschriften: 1. "Siehe, ich bin bei euch bis . . .", 2. "Wachet und betet . . .«, 3. "Gehet hin in alle Welt . . .", 4. "Mein Vater, nicht wie ich will, sondern wie Du.Sie tragen folgende Symbole: 1. XP, das Christussymbol, 2. die brennende Lampe, Symbol der Erwartung des kommenden Christus, 3. die Taube, Symbol des Heiligen Geistes, 4. das Kreuz, Zeichen der Überwindung des Todes. Man kann sie als Christusglocke, Gebetsglocke, Taufglocke und Sterbeglocke auffassen. Am 26. Mal 1966 konnte das Richtfest des neuerbauten Pfarrhauses und am 1. Adventssonntag 1966 seine Einweihung gefeiert werden. Die Seelenzahl der Pfarrei stieg von 1000 im Jahre 1965 auf ca. 1170 im Jahr 1968.

Gaustadter SchuleWenn auch erst, wie bei den Gemeindehäusern zu lesen war, im Jahre 1760 das "Schul und Hirtenhaus" bezeugt wird, so kann doch die Schule bzw. der Lehrer schon ein Menschenalter früher nachgewiesen werden. Martinet vermochte mit Hilfe der damals noch vorhandenen Gemeinde Rechnungen das Wesentliche darüber zu berichten. In der Trauungsmatrikel der Oberen Pfarre ist der Schulmeister Andreas Hoffman im 20. Juli 1722 als Zeuge der Hochzeit des Witwers Georg Görtler mit der Elisabeth Kotzhauerin beide zu Gaustadt eingetragen.

Nach den Akten des Klosters bittet 1725 der Schuldiener A. Hoffman zu Gaustadt die Kanzlei, ihn fron und wach frei zu lassen, auch ihm aus der Gemeinde etwas zu reichen d. h. er bittet um eine Aufbesserung seiner Bezüge. Bezüge klingt vielleicht zu anspruchsvoll, richtiger wäre vielleicht seines Einkommens. Das Kloster verweist ihn an die Gemeinde, welche ihm anlässlich der Abhörung der Dorfrechnung die Freiheit von Fron und Wache zugestand, ferner den Genuss des bei der Ziegelei gelegenen Gemeinde Geröthleins gestattete, freilich nur auf Widerruf, dass er hingegen sein officium (Amt) richtig vertreten solle.

Im gleichen Jahr erscheint er in einer anderen Angelegenheit. Am 10. September meldet der Gaustadter Schultheiß die Dorfmeister und der Ausschuss an das Kloster, dass zwar nach der Dorfordnung ausdrücklich verboten sei, zwei Familien in einem Haus zu halten, dass aber neben anderen fünf Dorfgenossen Andreas Hoffmann, Schulmeister, spitälischer Untertan, einen Mann mit Frau und Kindern "unwissend und unangezeigt" in sein Haus aufgenommen habe. Die Klosterverwaltung trägt dem Schultheiß auf, der Gemeinde das Verbot einzuschärfen und dann den doppelten Haushalt "auszubieten" d. h. abzuschaffen. über den Fortgang der Sache erfahren wir leider nichts weiter; es war sicher nicht einfach, fünf Familien aus dem Dorf und anderwärts unterzubringen. Hoffmann starb am 17. Juni 1753. Das ist alles, was über ihn zu berichten ist.

Sein Nachfolger wurde Nikolaus Sander. Wir finden ihn gelegentlich als Zeuge vor Gericht.

Am 6. Mal 1783 erscheint er dann auf der Kanzlei in Gesellschaftung des Gaustadter Schultheißen Franz Weltz und der verwitweten Anna Maria Horcherin als Schwester der unten benannten Sassenreutherin und zeigt an, dass seine Frau nach ihrem Tode zwei Kinder, Franz 7 und Eva 3 Jahre alt, zurückgelassen habe.

Zur Fortführung seines Haushaltes habe er sich entschlossen, die Barbara Sassenreuther, 47 Jahre alte Witwe, zu heiraten. An barem Geld und Hausgerätschaften bringe er zusammen 134 Gulden in die Ehe. Das soll seinen beiden Kindern bleiben. Die Sassenreutherin besitzt zusammen 132 Gulden, die sie ihrer einzigen Tochter hinterlassen will. Was aber in der neuen Ehe würde errungen werden, soll unter die drei Kinder geteilt werden. Ein Beispiel für die üblichen Heiratskontrakte dieser Zeit. Sander lebte nur noch fünf Jahre, er starb 1788.

Nach den Klosterakten meldete sich am 20. Juni 1788 wegen Erledigung des Gaustadter Schuldienstes Georg Adam Dietz, dermaliger Schulhalter zu Dippach als Bewerber. Nachdem seine Fähigkeit im Orgelschlagen Herr Egidlus Schwarzmann geprüft, auch seine Handschrift und Wissenschaft in der christlichen Lehre kennen gelernt hatte, fand man ihn in allem für fähig. So wurde er von der Kanzlei als Schullehrer zu Gaustadt angenomrnen und ihm die Versicherung erteilt, dass er nicht nur in das einem jeweilig Schulmeister ehehin bestimmte Gehalt einzutreten, sondern dass ihm auch eine Bei(Zu )lage, die den Kräften der Gemeinde angemessen sei, mittels eines noch besonderen Dekretes angewiesen werden solle. Darüber ist jedoch nichts zu finden; es scheint innerhalb der Gemeinde abgemacht worden zu sein.

Damals mussten die Kinder ein Schulgeld entrichten, das aber die Kinder armer Leute oft genug schuldig blieben. 1793 übergab der Geistliche Rat und Pfarrverweser der Oberen Pfarre A. A. Schellenberger, der Seelsorger der Gemeinde Gaustadt, der Michelsberger Kanzlei im Auftrag des Generalvikars und Oberpfarrers Joh. Jos. Hrch. Freiherrn von Würzburg als Schenkung 110 Gulden. Dieses Kapital solle verzinslich angelegt und von den fälligen Zinsen zu fünf Gulden dieser Betrag dem jeweiligen Lehrer zu Gaustadt gegeben werden, wobei aber dieser verbunden sei, die armen Kinder unentgeltlich zu unterrichten. Der Verwalter der Stiftung solle der Kapellenpfleger sein, der die Zinsen auch alljährlich auszahlen müsse. Kaum war 1802/03 Bamberg bayerisch geworden, da bat oben genannter Gaustadter Lehrer Dietz am 21. Febr. 1804 um eine Verbesserung seiner Einkünfte.

Er sei nun schon 16 Jahre beim Schuldienst zu Gaustadt und beziehe von der Gemeinde 23 Gulden nebst dem Nutzen von 1 1/2 Sümra Feld und von jedem Schulkind vierteljährlich 12 Kreuzer. Das genüge kaum zum kärglichen Leben eines einzelnen Menschen, viel weniger für seine Familie mit fünf Kindern.

Da sich durch die Errichtung der Wiederholungsschulen seine Geschäfte mehrten, glaube er um eine Erhöhung seines Gehaltes bitten zu dürfen. Er werde, wenn er nicht mehr durch Nahrungssorgen wie jetzt gebeugt sei,

seinen Fleiß verdoppeln und so vollkommen den Absichten einer weisen Regierung entsprechen. Auf dies demütige Gesuch erhält der bescheidene Lehrer aus der Kapellenstiftung am 17. Mai 1804 eine jährliche Zulage von zehn Gulden fränkisch. Vielleicht lenkte dieses Gesuch die Augen des Landgerichts (dann Bezirksamts, heute Landratsamt) auf Gaustadt. Denn am 13. April 1808 eröffnete das Landgericht auf Weisung des Landesdirektoriums der Gemeinde Gaustadt, "dass es ihr wenig Ehre mache, eine neue Kirche aus Bequemlichkeit zu bauen, für die Unterkunft der Schule nur zur Not zu sorgen". Sie habe sich daher binnen acht Tagen zu erklären, auf welche Weise sie zugleich die Herstellung eines neuen Schulgebäudes besorgen wolle, widrigenfalls zu gewärtigen sei, dass der Kirchenbau eingestellt werde.

Auf diese scharfe, bisher ungewohnte Sprache der neuen Herrn konnte die Gemeinde unter dem Ortsvorsteher Eydenbach nur ihre Bereitwilligkeit erklären. Am 11. Mal 1808 richtete die Gemeinde ein vom Schultheißen Joh. Stirnlein, Dorfmeister Joh. Eydenbach, Nik. Müller Pfleger und Gg. Hasforter unterzeichnetes Schreiben an das Landgericht. Als ihnen im voriegen Jahre gestattet worden sei, an Sonn- und Feiertagen Gottesdienst in ihrem Ort zu halten, seien sie zugleich beauftragt worden, auf ihrem Gemeindehaus eine Schulstube einzurichten. Sie habe gewiss alle Eigenschaften, die man nur fordern könne. "Mit glühendem Eifer" hätten sie diesen Befehl vollzogen. Mit gleicher Bereitwilligkeit hätten sie sogleich Anstalten ,getroffen zu einem neuen Schulhaus. Das Gemeindehaus, wo sich bisher eine Schmiede befand, habe eine gesunde Lage, dabei lasse sich die Wohnung des Lehrers mit einem Wohn und Schlafzimmer, einigen Kammern und einer Küche im unteren Stock gut anbringen. Im oberen Stock sei nebst der vorhandenen Schulstube für den Lehrer ein Studierzimmer vorhanden. Der untere Stock werde mit Quadern unterfangen, das ganze Haus repariert, so dass es einem ganz neuen nicht nachstehen werde. Der Schmied werde anderswo untergebracht. Diese die vorhandenen Mängel beschönigenden Worte scheinen den Erfolg gehabt zu haben, dass alles beim alten blieb. In den Akten ist wenigstens von Reparaturen nichts zu finden. Trotz des Ultimatums vom Jahre 1808 dauerte es bis 1824, bis man wieder auf einen Schulhausneubau zu sprechen kam. Es begann mit einem Bericht des Kreisbauinspektors Tauber vom 31. August 1824. Er hatte sich bei einer Besichtigung des Schulhauses überzeugt, "dass in diesem Lokale, in dem sich zugleich die Wohnung des Hirten und Nachtwächters befinde, keine angemessene Schuleinrichtung unternommen werden könne", wenn nicht der ganze Bau zum Schulhaus verwendet werde.

Schließlich einigte man sich darauf, einen Neubau an einem anderen Platz zu errichten, die Schmiede zu veräußern und den Erlös zum Neubau zu verwenden.

Es zeigte sich aber bald, dass dafür im Dorf kein Platz zufinden war. Die Verhandlungen zogen sich es ist kaum zu glauben bis zum Jahr 1836 hin; 1808 war die Schulhausfrage angeschnitten worden.

Es kamen zwei Bauplätze in Frage, der des Wagnermeisters Gg. Wagner und der des Joh.Ziegler. Es schien zweckmäßiger, den näher gelegenen letzteren zu wählen; das wurde am 12. Oktober 1836 festgelegt.

Nach Martinet erfolgte "der Einzug der Schuljugend und des Lehrers (Gg. Kestel) in das neuerbaute Schulhaus" am 3. November 1839. Nach Um - und Aufbauten beherbergt es heute als Rathaus die Gemeindebehörden.

Nun gilt es wieder zum eigentlichen Schulbetrieb zurückzukehren. 1811 erhöhte Gaustadt das Gehalt seines Lehrers von 151 fl. 50 kr. auf 230 fl. 58 kr. Distrikts Schulinspektor Schmitt Bischberg wünschte freilich, das Gehalt auf die Allerhöchst bestimmte Summe von 300 Gulden erhöht werde. 1811 ließ sich Dietz nach Schlüsselau versetzen. Sein Nachfolger Theodor Hoh bittet schon 1814 um Entlassung aus dem Schuldienst, um auf irgendeinem Landgericht als Skribent (Schreiber) arbeiten zu können. An seine Stelle trat 1815 Joh. Bosser, bisheriger Schulverweser. Pfarrer Schmitt erklärt unterm 31. Juli 1820, seitdem Bosser 1809 den Unterricht des Herrn Regierungsrats Grasser zu Bayreuth beigewohnt habe, habe die Schule eine ganz andere Gestalt angenommen. Er fügt aber hinzu, schade, dass die Einwohner von Gaustadt für die bessere Bildung ihrer Kinder nicht empfänglich seien. Damit zollt der Distrikts Schulinspektor der neuen Methodik seines Vorgesetzten in Bayreuth die verdiente und gern gegebene Anerkennung.

Bosser blieb aber nicht lange. Am 16. Juli 1821 wurde der erbetene Tausch Bossers zu Gaustadt mit dem Lehrer Paul Weisenberger zu Frensdorf genehmigt. Nach vier Jahren waren der Gemeinde die Augen über den neuen Lehrer aufgegangen; es "hätte sich kein größeres Unglück ereignen können, als dass ... der veraltete (!) Mann, man darf sagen zum Jugendunterricht untaugliche Lehrer Weisenberger nach Gaustadt versetzt wurde". Er betrachtete die Erziehung der ihm anvertrauten Jugend als Nebensache, behandelte "verschiedene Schreibereien als Hauptsache". Er hatte auch, das muss gesagt werden, eine kleine, zierliche Handschrift. Die Gemeindeverwaltung bittet Schulverweser Franz Jakob zu Wildensorg nach Gaustadt zu berufen. Damit beginnt der Kampf um die Versetzung Weisenbergers, dem man noch dazu 1826 "einen äußerst unsittlichen Lebenswandel" vorwirft. "In der Feiertags Schule erlaubte er sich sogar unsittliche Ausdrücke und Anzüglichkeiten vorzubringen, so dass die weiblichen Schulkinder Anstand nahmen, die Schule zu besuchen".

Eine Art Schulstreik also! Am 19. Juni 1831 ersucht er selbst um seine Pensionierung, die ihm freilich ohne Ruhegehalt genehmigt wird. Das gibt ihm Gelegenheit, sich darüber zu beschweren, bis 1837 die Akten darüber schweigen.

An die Stelle Weisenbergers trat zunächst Job. Hrch. Eichenmüller 1831, der am 20. August 1834 endgültig die Anstellung erhält. Während seiner Krankheit übernimmt der Schulgehilfe Seb. Eichhorn zu Bischberg den Unterricht von 2 - 4 Uhr nachmittags. Nach dem Tod Eichenmüllers übernimmt die Gaustadter Schule Georg Kestel (1837), der 1852 stirbt.

Am 1. Nov. 1852 wurde Job. Gg. Senger von Breitenlohe nach Gaustadt mit einem Gehalt von 250 Gulden versetzt. Als er sich im nächsten Jahre weigert, die Glocke zum Gottesdienst zu läuten, wird ihm von aufsichtswegen bedeutet, dass ihm nicht nur die Schul sondern auch die Kirchnerstelle übertragen wurde. Er läutete dann auch ohne Beschwerde und brav die Kapellenglocke.

Als erfreuliche Tatsache ist zu vermelden, dass am 7. Aug. 1854 Fräulein Helene Gleusner von Forchheim es ist nicht zu ersehen warum der Gaustadter Schule 1300 Gulden vermachte, von deren Zinsen "Schulrequisiten" und notdürftigen Kindern Kleidungsstücke angeschafft werden sollten.

Nach Zeiten stiller Tätigkeit beunruhigte die Errichtung der Baumwoll-Spinnerei auf Gaustadter Boden auch das Schulwesen der Gemeinde. Das Landgericht Bamberg II stellte wegen der Errichtung der Fabrik in unmittelbarer Nähe Bambergs den Antrag, die Fabrik in die Stadt einzuschulen. Es war nicht verwunderlich, dass sich die Stadt Schulkommission dagegen wehrte. Verwickelt wurde die Angelegenheit dadurch, dass die Kinder des Fischer- und Cherbonhofes, ebenso die Kinder der in Bamberg wohnenden Spinnerei Arbeiter die Bamberger Schulen besuchten, die der in Gaustadt wohnenden Arbeiter die dortige Schule. Allmählich trat eine Überfüllung der Gaustadter Schule ein, so meinten wenigstens die Gaustadter. 1862 saßen in der Schulstube von 480 Quadratschuh 58 Kinder der Gemeinde und 30 der Fabrikarbeiter.

Das Landgericht suchte zu vermitteln, indem es die Errichtung einer eigenen Schule in der Fabrik vorschlug. Diese Schule der Spinnerei wurde 1864 genehmigt. Der Verwaltungsrat hatte die Real und Personalkosten zu bestreiten. Nach einem Bericht des Bezirksamts vom 24. Sept. 1864 waren sowohl Schulzimmer wie Lehrerwohnung für die Spinnereischule hergestellt, so dass nur noch der Lehrer fehlte, der in der Person des Schulverwesers Georg Friedrich von Motschenbach mit 250 Gulden Gehalt an die Spinnereischule berufen wurde.

Darauf trat wieder eine Ruhepause von zehn Jahren ein. 1874 wurde die Überfüllung der Gaustadter Schule festgestellt, da und nachdem die Fabrikleitung die Kinder, deren Väter nicht in der Fabrik arbeiteten, aus ihrer Schule verwiesen hatte. In der Gemeindeschule saßen nun 96 Kinder, 52 Mädchen und 44 Knaben. Da in dem Schulzimmer höchstens 60 64 Kinder Platz fanden, beantragte das Bezirksamt die Erweiterung der Schule. Das könne aber ohne Anbau nicht geschehen, sei auch bei den vorhandenen eigentlich nicht vorhandenen Mitteln unmöglich. Die mit Schulden belastete Gemeinde habe 1838 für eine helle und geräumige Schule 3000 Gulden aufgenommen. Als einen Ausweg wählte man die Teilung des Unterrichts: Die Klassen II und Ill hatten vormittags, die Klasse 1 nachmittags Unterricht. Dieser Ausweg erwies sich bald als ein Irrweg. 1877 schwankte man zwischen einem Anbau und dem Aufbau eines zweiten Stockwerks, schließlich beschloss man kleinen Mitteln aus dem Wege zu ,gehen und mit einem Neubau die Schulnot endlich zu beheben.

Zwar war man sich wegen der zunehmenden Zahl der Schulkinder über den Neubau im klaren, 1880/81 betrug die Zahl der Kinder 103, da flammte ein Streit zwischen den sog. Rechtlern und Nichtrechtlern auf, der nach einem Bericht des Bezirksamtes an die Regierung den Neubau durch den Widerspruch der "Großbegüterten" d. h. der Rechtler verhinderte.

Einen gewissen Fortschritt bedeutete der Beschluss der Regierung von Oberfranken vom 26. 12. 1883, die in Gaustadt bestehende Fabrikschule aufzuheben und einen einzigen Schulsprengel Gaustadt zu bilden. Dagegen wendete sich begreiflicherweise die Fabrikleitung. Die Beschwerde der Fabrik gegen die Aufhebung ihrer Schule wird vom Ministerium am 17. April 1885 abgewiesen und der einheitliche Schulsprengel Gaustadt bestätigt, freilich noch ohne Fischer- und Cherbonhof. Das geschah erst durch Regierungsentschließung vom 7. Januar 1887. Der Neubau eines Schulhauses war beschlossene Sache. Schwierigkeiten machte nur die Finanzierung. Schon am 19. Okt. 1887 hatte die Gemeinde von der Regierung einen Zuschuss erbeten.

Der Kostenvoranschlag belaufe sich auf 45 000 M und 3 500 M für den Bauplatz. Bei den notorisch traurigen Vermögensverhältnissen der Gaustadter könnten unmöglich die jährlichen Zinsen und Annuitätenzahlungen (Amortisation) von 2 500 M für den Zeitraum von 28 Jahren durch Umlagen aufgebracht werden.

Da sprang die "Spinnerei" ein: Nach deren Festschrift zum 50jährigen Bestehen des Unternehmens baute es für 53 588 M die neue Schule und schenkte sie der Gemeinde. Das neue Schulhaus war unter der Leitung des Zimmermeisters Bohrer von Gaustadt am 23. Okt. 1886 vollendet worden.

Nach dem Gemeindeverwaltungsprotokoll wurde auf den 2. Jan. 1887 eine Sitzung anberaumt und bezüglich der Eröffnung des neuen Schulhauses Beratung gepflogen und beschlossen, "es sei bei der Eröffnung des neuen

Schulhauses den sämtlichen Mitgliedern der Gemeindeverwaltung und den sämtlichen geladenen Herrn ein Festessen zu geben," (Am Rande ist beigefügt:) "auch ist jedem Schulkinde ein Brezchen zu verabreichen und die sämtlichen Auslagen aus der Gemeindekassa gedeckt werden (!)." Am 3. Januar 1887 fand die feierliche Eröffnung des Neubaus durch den Bürgermeister Loch in Anwesenheit der Behördenvertreter sowie des Geranten Heinrich Semlinger als Vertreters der Fabrik statt.

Am 17. Okt. 1891 hielt die Regierung die Errichtung einer dritten Schulstelle neben Gg. Friedrich und Friedrich Gerneth für geboten. Sie könne init einem Schulverweser oder einer Lehrerin besetzt werden. Gegen die vorläufige Benützung des früheren Schulzimmers sei nichts einzuwenden. Es seien aber zwei Zimmer mit Heizung bereitzustellen. Am 16. Dez. 1891 wurde die neue Stelle der Lehrerin Monika Schrenker in Wachenroth übertragen. Bei einer Besichtigung des neuen Schulhauses beanstandete man das Fehlen von Fußbänken für die Kleinen und von Ofenschirmen; an die Stelle der bunten gestreiften Vorhänge, die die Kinder ablenkten und deren Augen schädigten, sollten graue treten.

1893 waren 97 Knaben und 106 Mädchen, zusammen 203 Kinder zu unterrichten. Am 1. Nov. 1895 trat Lehrer Gerneth in den Ruhestand, an seine Stelle kam vom 1. Jan. 96 Balthasar Steinmettz von Wildensorg. Die Lehrerin Schrenker bittet nach einem Urlaub von drei Monaten wegen Verehelichung um Entlassung aus dem Schuldienst. (l. 9. 1897) Die selbständige Verwesung deren Stelle erhielt die Lehrerin Bertha Dachs in Kirchehrenbach.

1898 betrug die Schülerzahl 273, so dass eine vierte Schulstelle notwendig war. Durch den Aufbau eines Stockwerks auf das neue Schulhaus schuf man dafür Platz.

Am 7. Sept. 1899 erfolgte Meldung über die Vollendung des Neubaus, am 12. Sept. starb Lehrer Steinmetz. An seine Stelle trat Georg Reinlein von Marktzeuln. Nacheinander folgten am 29. Dez. Ludwig Zernsch von Kirchenpingarten und nach dem Tode von Gg. Friedrich Lehrer Georg Weigel von Neudorf.

Nachdem sich bald die Errichtung einer 5. Schulstelle als notwendig erwiesen hatte, erfolgte die Berufung dreier Elementarschwestern aus der Kongregation der Töchter vom H. Erlöser aus Würzburg. Am 1. Mai 1907 wurde die Berufung von Iduberga Vetter, Almira Pagel als Lehrerinnen und Adelheid Schmitt an die Mädchenschule von Gaustadt genehmigt.

Singschule GaustadtJust an jenem 6. 9. 1952, als Gaustadts "Neue Schule" feierlich eingeweiht wurde, schlug die Geburtsstunde der "Singschule Gaustadt". Ein Schulchor von 200 Kindern sang das herrliche Festlied, Text J. Derra, Weise H. Barthelmes: "Herr, in deiner Güte unser Haus behüte!" begleitet von der Blaskapelle Lehmann. Die Gaustadter Lehrkräfte Josef Derra, Michael Bauer und Heinrich Schöps trafen in den kommenden Monaten dieses Jahres 1952 notwendige Vorbereitungen und so konnte dann bereits in der Vorweihnacht das "Gründungs-Konzert". einer neuerstandenen "Singschule Gaustadt" im "Volksgartensaal" stattfinden. Bemerkenswert war dabei, dass die "Folge" zwei kantatenartig gearbeitete Teile brachte, aufgelockert auch schon durch szenische Darstellungen. Am 11. 7. 1953 stieg in der Spinnereiturnhalle unter begeisterter Teilnahme der Gaustadter und prominenter Gäste der 1. große Junggesang unter dem Motto: "Lasst uns Frühling Sommer singen!" Auch hier wurden szenische und erstmals tänzerische Einlagen (Orffsche Bewegungsgymnastik ) geboten. Ein weiteres Novum war der Einsatz von Schüler Instrumentalisten. In der Folgezeit gedieh das Kindlein "Singschule" prächtig, bildete die Kinder in drei Aufbauklassen stimmlich aus und trug auch Sorge für deren instrumentale Ertüchtigung, wobei von Anfang an Orffsche Instrumente verwendet wurden. Die instr. Ausbildung lag anfangs in den Händen der 1. Lehrkräfte H. Hawlitzky und M. Bauer. Das Singschullehrer Dreiergespann: Heinrich Schöps als Singschulleiter und umsichtigen Geschäftsführer, Josef Derra als Dichter und Textgestalter und Michael Bauer als Feiergestalter und Komponist, bestens unterstützt von Helene Hawlitzky, verantwortlich für Bewegung und Tanz, sorgten für einen laufenden erfolgreichen Einsatz " ihrer Singschule Gaustadt". Sie wurde, wie die; Presse schrieb, "ein anerkannter Kulturfaktor des Landkreises Bamberg". Eine wirklich singfreudige Schülerschaft, eine immer entgegenkommende Schulleitung, eine stützegebende Gemeindeverwaltung, eine recht interessierte Elternschaft und Bevölkerung und eine Schar edler Spender ermöglichten dies.

Ein ebenbürtiges Schwesterkind erwuchs der Singschule in der "Instrumentalabteilung der Volks- und Singschule Gaustadt", hervorgegangen aus den ursprünglichen Instrumentalkursen und nun eigenständig gegründet von Michael Bauer. Er sicherte sich die Mitarbeit anerkannter Musiklehrkräfte: Brigitte Günther, Else Müller, Kurt Bernhard und Rudolf Ted Neumann. Durch Versetzung der Lehrkraft Erich Schinzel nach Gaustadt gewann die Singschule eine weitere wertvolle Stütze. Den 3 Singschulklassen konnte nun eine Förderklasse angeschlossen werden, die sich unter Leitung von H. Schöps bei offiziellen Anlässen in Bamberg des öftern "Lorbeeren" ersang.

Alle Jahre wurden zum Jahresende große Junggesänge veranstaltet. Unvergesslich wird die in ihrem Rahmen gebotene 100 Jahrfeier der Spinnerei bleiben, bei der die Singschule u. die I. Abt. die "Gaustadter Kantate", ersonnen vom Bauersmichl, in ausgezeichneter Gemeinschaftsarbeit mit der Schule bot. Den Höhepunkt aber in der Geschichte der "alten Singschule Gaustadt" bildete der Festabend zu ihrem 10 jährigen Bestehen, gemeinsam veranstaltet mit der Verkehrswacht Bamberg, im 1. Abend in der großen Spinnereiturnhalle, am 2. Abend im vollbesetzten Kulturraum in Bamberg, anno 1963. Die vier Singschulklassen im Verein mit der

Instrumentalabteilung und der Stadtkapelle Bbg. bewältigten unter Führung ihrer Lehrkräfte Derra, Bauer, Schöps, Schinzel und Hawlitzky, sowie der Mithilfe der Herren Hans Herrenleben, Fritz Bingnet und Oberschulrat Eugen Höfer ein einmaliges Programm: Singen: 1- 3 stimg. a capella erlesenen Liedgutes, Durchführung des äußerst schwierigen musikalischen Spieles "Augen auf im Verkehr" von Peter Seeger und die Uraufführung der Kantate: "Auf alter Landstraße" von Michael Bauer. Aus seiner Feder stammten verschiedene andere Kantaten und viele Bearbeitungen, benützt in den jeweiligen Junggesängen. Im Lauf der weiteren 60-er Jahre traten dann mehr die großen "klingenden Elternabende" der Instrumentalabteilung in den Vordergrund, bei denen die rührigen und tüchtigen Musikfachkräfte gute und beste Leistungen in Einzel und Zusammenspiel der Instrumentalschüler boten.

So wuchsen Singschule und Instrumentalabteilung fruchtbar wirkend herein in die 70 er Jahre, in denen es infolge Versetzung des verdienten Singschulleiters Heinrich Schöps nach Bamberg einen Wechsel in der Leitung gab. Nach einjähriger Führung durch M. Bauer übernahm der nach Gaustadt berufene Singschullehrer Paul Hiltscher am 23. 3. 70 die Leitung der Singschule Gaustadt.

Bedingt durch Pensionierungen und Versetzungen erfolgte eine allgemeine Wachablösung und Neuorganisation, wobei die Instrumentalabteilung eingegliedert wurde. Junge gute Kräfte stellten sich in den Dienst der "neuen Singschule": Eva Kröner, Ursula Hiltscher und Anton Gornick. Vorübergehend waren auch Hannelore Kern und Ursula Kirsch erfolgreich tätig.

Verschiedenste recht gut gelungene Veranstaltungen ließen den neuen Singschulleiter und seine bewährten Helfer in früher so gute Fußtapfen verheißungsvoll treten.

Besonders machte die Singschule sich durch regelmäßige feine Ausgestaltung der Schülergottesdienste verdient. So kann man der neufundierten "Singschule Gaustadt"' nur alles Gute wünschen. Glückauf für die Zukunft!

Freilich bedurfte sie zu ihrem neuen Werden wieder einer starken Partner und Patenschaft: Sie wurde getragen von dem auch heute besonders aufgeschlossenen und musisch eingestellten Gemeinderat Gaustadt und seiner fortschrittlichen Gemeindeverwaltung einer entgegenkommenden Schulleitung und Schulbehörde, vor allem von einem musikfreudigen Elternbeirat, befeuert durch die beiden Vorsitzenden Noppenberger und Habermann und eine Elternschaft, die keine Opfer scheut. Dank ihr besonders! Und Dank endlich den Gaustadter Kindern, deren guten Willen es man verdankt, dass auch heute noch ein singendes und klingendes Gaustadt lebt!

Gründung der Pfarrei GaustadtDie Pfarrei Gaustadt verdankt ihre Gründung dem Geistlichen Rat und Lyzealprofessor Dr. Adam Martinet. Er wurde am 12. Januar 1800 zu Höchstadt a. A. als Sohn des Schneidermeisters Georg Martinet und seiner Frau Margareta, geb. Hollfelder geboren. Seine vorzüglichen Anlagen ermöglichten ihm wenn auch unter großen Opfern den Besuch des Gymnasiums und des Lyzeums, der heutigen Theologisch Philosophischen Hochschule, zu Bamberg.

Nach seiner Priesterweihe am 31. Januar 1824 wurde er zunächst Kaplan zu St. Martin in Bamberg, aber schon am 10. Oktober Professor für Logik und Religionslehre in Neuburg a. D. Am 18. Juni 1825 wurde er als Professor der Philosophie nach Bamberg zurückberufen. Neben Philosophie und Theologie beschäftigte er sich mit Kunstgeschichte, die er auf vielen Reisen erarbeitete, besonders aber mit fremden Sprachen wie dem Hebräischen, Arabischen, Syrischen, Italienischen, Spanischen und Portugiesischen. Neben seinen Vorlesungen war er vielfach in der Seelsorge tätig. 1853 ernannte ihn der Erzbischof Bonifaz von Urban zum Geistlichen Rat, und 1854 wählte ihn das Bamberger Domkapitel zum Domkapitular. Diese Würde lehnte er aus Vorliebe zum Lehrfach aber ab.

Wie und warum Martinet dazu kam, seine ganze seelsorgerliche Tätigkeit Gaustadt zuzuwenden, wissen wir heute nicht mehr. Seit Mitte der 1830er Jahre hielt er an den Sonntagen, oft auch an den Werktagen Gottesdienst. Da er eine zum Predigen wenig geeignete Stimme besaß, begleitete ihn meist ein Alumnus, der dann die Ansprache hielt. Eine ganze Generation wurde in Gaustadt von ihm im christlichen Glauben unterrichtet und bestärkt. Er hatte der Gemeinde so viel Zeit, Mühe, Kraft und Opfer gebracht, dass er wünschte, nach seinem Tode möge in Gaustadt eine selbständige Seelsorgerstelle eingerichtet werden, um das kirchliche Leben besser pflegen zu können, als es in Verbindung mit der Pfarrei Bischberg geschah. Ursprünglich hatte er im Sinn aus eigenen Mitteln eine Kuratie zu stiften, dann aber erkannte er, dass es vorteilhafter sei, sofort eine selbständige Pfarrei zu gründen.

Martinet muss mit seiner Schwester Therese (1803 1882) ein sehr sparsames Leben geführt haben. 1840 gab er 300 Gulden zur Anschaffung einer silbernen Monstranz, dann kaufte er um 4500 Gulden (= 7 714,28 M) das Anwesen Martinetstraße 11 und zahlte zum Ausbau nochmals 1300 M. In dem oben angeführten Beschluss der Gemeinde von 1876 heißt es und es ist notwendig, den Anfang wörtlich. anzuführen:

"Der hochwürdige Herr Lyzeal Professor und Geistlicher Rat Dr. Adam Martinet von Bamberg will der Gemeinde ein bleibendes Andenken dadurch hinterlassen, dass er in Gaustadt eine eigene Pfarrei zu gründen und zu

dotieren (auszustatten) gedenkt". Am Schluss heißt es: "Wir sind mit der Gründung einer Pfarrei vollkommen einverstanden, können dem hochherzigen Stifter nicht genug danken, werden keine Opfer scheuen, um das große Werk unseres größten Wohltäters zu verwirklichen und nehmen die Schenkung des Anwesens Nr. 46 a, welcher Besitzstand zur künftigen Pfarrwohnung bestimmt ist, nicht nur mit dem größten Dank an, sondern übernehmen auch recht gerne die größere Baulast, insofern der Baufond nicht ausreichen sollte".

Von den geladenen Mitgliedern, im ganzen 129, waren 95 erschienen, die sich sämtlich (mit Ausnahme einer Stimme) einverstanden erklärten. Immerhin waren es nur rund 73 Prozent aller Gaustadter, die diesen Beschluss ausdrücklich billigten, 43 hielten es nicht für notwendig zu kommen oder waren verhindert. Nach, einer Zusammenstellung vom 31. Dezember 1876 betrug das ganze zur Verfügung stehende Vermögen "in runder Summe 40 400 M". Damit war die Grundlage für die Errichtung der Pfarrei Gaustadt geschaffen.

Mitten unter diesen Vorbereitungen zog sich Martinet nach einem Besuch in Gaustadt im Winter 1876 durch einen Sturz unbedeutende Verletzungen zu, so schien es, die aber doch seine körperlichen und geistigen Kräfte rasch lähmten. Martinet starb am 11. Oktober 1877 und wurde auf dem Bamberger Friedhof bestattet. An Allerheiligen 1952 wurden seine sterblichen Überreste in dem neu errichteten Priestergrab zu Gaustadt unter Beteiligung des Historischen Vereins Bamberg, dessen Mitbegründer er war, feierlich beigesetzt.

Nun aber erhoben sich Schwierigkeiten. Die Regierung von Oberfranken verfügte, dass die Gemeinde Gaustadt über die Schadloshaltung des Pfarrers und Kirchners wegen Entgangs der Stolgebühren und der Entschädigung der Gemeinde Bischberg wegen Übernahme der Baupflicht an der Kirche und den übrigen Kultusgebäuden in Bischberg zu beraten und zu beschließen habe.

Die beiden Kirchenverwaltungen von Bischberg und Gaustadt beschlossen daraufhin am 17. Mal 1877 folgendes:

1. an den Bischberger Pfarrer sind vom künftigen Gaustadter Pfarrer für die entgangenen Stolgebühren jährlich 250 M zu entrichten,

2. der Bischberger Lehrer als Pfarrmesner soll jährlich mit 120 M entschädigt werden,

3. die Baulast an der Bischberger Kirche soll vorbehaltlich späterer Ablösung unverändert fortdauern.

Nach einem Bericht des Pfarrers Böhm vom 25. Juli 1877 stellte sich das Gaustadter Pfarreinkommen auf insgesamt 1844,72 M, zu dem Dr. Martinet monatlich noch 100 zahlt. Die Gemeinde Gaustadt verpflichtet sich am 25. September 1877, mit ihrem gesamten Gemeindevermögen dafür zu haften, dass dem künftigen Pfarrer ein Einkommen von 1744,29 M verbleibt.

Am 12. Oktober 1877 waren bereits 9257,09 M an gestifteten Gottesdiensten vorhanden.

Nach der Volkszählung von 1875 hatte die Gaustadter Gemeinde 1543 Einwohner einschließlich Cherbonhof und Fischerhof, die damals mit 89 Seelen zur Dompfarrei gehörten.

Unter den verbleibenden 1454 Einwohnern befanden sich 203 Protestanten, so dass sich an Katholiken 1251 ergaben und zwar 543 männliche und 708 weibliche Personen.

Nach dem Tode Dr. Martinets die Ausgaben Gaustadts bei dessen Beerdigung betrugen 25,30 M schenkte seine Schwester Therese Martinet durch notariellen Vertrag vom 12. November 1877 das Anwesen Martinetstraße der Pfarrstiftung und an Geld 26 182,85 M. An Taxen für die Schenkung und an Bauwendungen am zukünftigen Pfarrhaus entstanden

Auslagen von 1 768,72 M, die durch eine bei der Kirchengemeinde Gaustadt vorzunehmende Umlage gedeckt werden sollten. In einer deswegen vom Pfarramt einberufenen Versammlung der Kirchengemeinde konnte "wegen Erregtheit der Gemüter vieler Mitglieder ein Resultat nicht erreicht werden". Nach Bürgermeister Bohrer waren es aber nur 4 - 5 Gemeindeangehörige, also ganz wenige, die aber umso lauter widersprachen.

Begreiflich, daß Pfarrer Böhm von Bischberg sich sagte, die Gaustadter sollten ihre Angelegenheiten selber regeln. Deshalb übertrug er die Leitung der nächsten Versammlung am 2. Pfingstfeiertag (10. Juni) dem Bürgermeister Bohrer. In dieser Versammlung begründeten die Widerspenstigen ihre ablehnende Haltung damit, daß sie nicht genügend über die finanzielle Seite aufgeklärt worden seien.

Vom Tage dieser Versammlung, dem 10. Juni 1878, ist eine Eingabe an das Pfarramt Bischberg datiert, unterschrieben von Jakob Kötzner, Ferd. Bohrer, Joh. Neukam, Jos. Häfner, Joh. Karl Leicht und B. Neuhäuser, Schuhmachermeister. In einem etwas unbeholfenen Deutsch sprechen sie darin von "mutwilligen", soll wohl heißen überflüssigen Baulasten und "mehrerer Posten". Sie seien der Meinung, dass nur diejenigen, die 1876 ihre "Einstimmung« zu einer selbständigen Pfarrei gegeben hätten, zur Deckung des Defizits herangezogen werden könnten. Da es aber "wegen tumultarischen (tumultuarischen) Auftritts" den Unterzeichnern nicht möglich gewesen sei, wie 1876 so auch jetzt ihre Verwahrung zu Protokoll zu geben, so erklärten sie hiermit, dass

durchaus kein Bedürfnis bestehe, in Gaustadt eine selbständige Pfarrei zu errichten, umso mehr da die Gemeindebehörde und eine Kirchenverwaltung sich stets hartnäckig weigere, bekannt zu geben, unter welchen Bedingungen Gaustadt von Bischberg getrennt werden soll und was hinsichtlich der Stolgebühren vertragsmäßig abgemacht worden sei. Der Pfarrer leitete diese Eingabe an das Bezirksamt weiter, das am 28. Juni entschied, daß "dem Antrag der Beschwerdeführer auf Bekanntgabe der betreffenden Verhältnisse stattzugeben" sei. Das scheint auch geschehen zu sein, auch wird man die sechs Beschwerdeführer über die Unrichtigkeit ihres Standpunktes aufgeklärt haben.

Nachdem noch auf Anfrage des erzbischöflichen Ordinariats vom 24. Oktober 1878 Pfarrer Böhm die finanzielle Lage dargestellt hatte, wurde endlich am 6. Mal 1878 die Errichtung der katholischen Pfarrei in Gaustadt durch Erlaß des Königs Ludwig II. genehmigt. Darauf heißt es unter II: Die Dotation der neuen Pfarrei gründet sich auf den Beitrag der Kirchenstiftung Gaustadt mit jährlich 366 M, auf die von dem Lyzealrektor Dr. Martinet in Bamberg gestifteten Kapitalien im Gesamtbetrag von 29 625,71 M, auf den Wohnungsanschlag mit 85,71 M, auf die Erträgnisse von Grundstücken im Anschlage zu jährlich 5,14 M, auf den Anschlag des Gemeinderechts an den noch unverteilten Gemeindegründen mit jährlich 32 M, auf den Einnahmen aus gestifteten Gottesdiensten mit 117,70 M, aus Stolgefällen mit 290,70 M jährlich, endlich auf den Anfall aus herkömmlichen Gaben und Sammlungen im Anschlag zu jährlich 50 M.

Die auf der Pfründe haftenden Lasten betragen einschließlich der dem jeweiligen Pfarrer in Bischberg zu leistenden jährlichen Entschädigung von 250 M und des dem dermaligen Pfarrmesner in Bischberg auf Dienstdauer zu leistenden Betrages von jährlich 120 M.

Der nach definitiver Feststellung der Fassion sich ergebende Ausfall am minimalen Einkommen zu jährlich 1800 M (monatlich 150 M) wird von der Kirchengemeinde Gaustadt zur Deckung übernommen.

Bei der katholischen Pfarrei Gaustadt tritt die libera collatio des Diözesanbischofs in Geltung, jedoch wird für den ersten Besetzungsfall der Mitstifterin Therese Martinet in Bamberg ein Präsentationsrecht eingeräumt.

Im Auftrag des Pfarrers Böhm fand am 25. Mai nachmittags 3 Uhr auf dem Rathaus eine von fünfzig Mitgliedern der Kirchengemeinde besuchte Versammlung statt, in der die Errichtung der Pfarrei Gaustadt bekannt gegeben werden sollte. Das Bezirksamt stellte dazu fest, dass bei 50 Stimmberechtigten weniger als zwei Drittel Mitglieder zugegen waren, denn Frauen seien nicht stimmberechtigt.

Darum sei schleunigst eine neue zweite Versammlung einzuberufen. Diese fand bald darauf statt. Die erschienenen 76 Mitglieder der Kirchengemeinde vernahmen die Entschließung vom 6. Mai 1879 und beschlossen, die Garantieleistung und die übernommenen Verpflichtungen zu genehmigen.

Das königliche Bezirksamt lud schließlich zu der am Samstag den 14. September 1879 vormittags stattfindenden Installation des ersten Gaustadter Pfarrer Gottfried Arnold, ernannt am 2. August 1879, auch Pfarrer Böhm von Bischberg ein, der freilich wegen dienstlicher Verhinderung absagte. Pfarrer Arnold war vorher Kuratus am Städtischen Krankenhaus in Bamberg gewesen und übernahm am 5. Sept. 1887 die Pfarrei Kemmern. Seine Nachfolger waren Rattler Frz. Jos. (1887 1903), Johann Mäusbacher (1903 12), M. Dötzer (1912 16), H. Madlener (1916 30), M. Drummer (1930 35), Gg. Mann (1935 50), Frdr. Eberle (1950 60), Rud. Schnappauf seit 1960.

Durch Regierungs-entschließung vom 22. Juli 1889 wurde die an die Pfarrei Bischberg zu zahlende Entschädigung von jährlich 200 M für Entgang der Stolgebühren abgelöst.

Die katholische PfarreiWenn zum Schluss die kirchlichen Verhältnisse behandelt werden, so bedeutet das nicht etwa eine Verkennung oder Unterschätzung des Einflusses der Kirche, ihrer Vertreter und Einrichtungen. Die Kirche wirkte damals unvergleichlich mehr als heute durch Gottesdienste, Gebote, Festtage, Prozessionen, Wallfahrten usw. bis in die kleinste Zelle der Gemeinde, die Familie, hinein. im Mittelalter stand sie ebenbürtig neben der weltlichen Macht, man braucht dabei nicht einmal an die Abhängigkeit Gaustadts vom Kloster Michelsberg im Bereich eines geistlichen Fürstentums zu denken. Daran änderte sich auch nicht viel nach der Reformation.

Mit der geistlichen Obrigkeit ist in diesem Zusammenhang nicht etwa der Abt und die Verwaltung des Klosters zu verstehen, sondern die Pfarrzugehörigkeit. Hier gilt es ein grundlegendes Missverständnis zu beseitigen. Obwohl Martinet schon 1845 richtig schreibt: "Soweit die Nachrichten hinauf reichen, gehörte Gaustadt mit dem Biegenhofe nebst dem Gumpertsbrunnen zur Pfarrei U. L. Frau in Bamberg". Der Gumpertsbrunnen freilich gehörte bis 1884 zur Immunität bzw. zur Dompfarrei. Trotzdem findet sich bei Lahner (1889) die unrichtige Angabe "Vor dem Schwedenkrieg pfarrte das Dorf in die Bartholomäuskapelle des Klosters mit den Klosterimmunitäten, mit welchen sie ein Corpus konstituierten; später kamen sie zur Oberen Pfarre. Der Nebensatz mit den beiden Fremdwörtern soll besagen, dass die Angehörigen der Kloster Immunität (Klosterbezirk) und Gaustadt ein Ganzes ausmachten. Für Lahner war die Quelle der "Gründliche Zusammenhang aller . . . Rechten und Gerechtigkeiten . . . der Abtei St. Michelsberg OSB.", eine doppelbändige,

weitschweifige Zusammenstellung von Carl Philipp Löven J. U. L., hochfürstlichem Bamberger Hofrat und des Klosters Syndico aus dem Jahre 1748 '. Aber der Herr Hofrat irrte. Gaustadt gehörte nie zur Klosterimmunität weder verwaltungsmäßig noch kirchlich, sondern wurde von jeher wenigstens seit Gründung des Bistums von der Oberen Pfarre betreut. Es lag ja innerhalb jenes Herrschaftsgebietes, das Otto II. 973 dem Vater Kaiser Heinrichs II. geschenkt hatte und das in seiner östlichen Hälfte jene Pfarrei bildete. Wir wissen, dass 1340 Kungund Meurin fünf Unzen und 1360 Heinrich Schwertfeg vier Unzen Bamberger Münze als jährliche Abgabe an den Bau der Oberen Pfarrei zu Bamberg stifteten . Das mag kein zwingender Beweis für die Zugehörigkeit Gaustadts zu dieser Pfarrei sein, aber die Schenkungen beweisen zum mindesten das eine, dass man in Gaustadt die Förderung der damals im Bau befindlichen Kirche wünschte. Aber lange vor Lövens "Tempora suecica", Lahners Schwedenkrieg, sagte Michel Tewerlein 1499, "im winter sei uf unser Lieben Frawen kirchhof . . . Jorg Hartmann zu ihm komen".

Hier ist anzunehmen, dass der Gaustadter Tewerlein seine Pfarrkirche besuchte; denn gerade im Winter macht niemand den weiten Weg ohne Grund zum Kaulberg. im Jahre 1505 fand das Leichenbegängnis "Fritzen Craften Hofmanns Sohn" zu U. L. Frau statt". Da ist das erste klare Zeugnis für die Zugehörigkeit Gaustadts zur Oberen Pfarre. Denn wenn ein Gaustadter auf dem Friedhof der Oberen Pfarre beerdigt wird, dann gehört eben Gaustadt zu dieser Pfarrei. Und am 8. März 1599 befiehlt die Klosterkanzlei: Hansen Stürmers zu Gaustadt Weib und dann Margreth Stürmerin Wittib sollen auf künftilgen Samstag "in der pfahr alhie" (Oberen Pfarre zu Bamberg) beichten und folgenden Sonntag communizieren, auch davon zur Kanzlei einen Schein (Zeugnis, Bescheinigung) von ihrem Beichtvater bringen. Das ist ein schlagender Beweis für die Zugehörigkeit Gaustadts zur Oberen Pfarre, weil man damals in seiner Pfarrkirche die österliche Beichte abzulegen hatte.

Im Real Schematismus der Erzdiözese Bamberg (1, 314) steht als neueste Erkenntnis: 1520 (Gaustadt) zu Bischberg, später zur Oberen Pfarre in Bamberg gehörig, 1806 der Pfarrei Bischberg wieder zugewiesen", aber trotzdem unrichtig.

Dieses unmögliche Jahr 1520 beruht auf dem Verzeichnis der Wohltäter des Bamberger Karmelitenklosters, des sog. Terminationsregisters in der Staatsbibliothek Bamberg. Heinrich Weber hat die Handschrift im 56. Bericht des Historischen Vereins Bamberg für seine Arbeit "Das Bisthum und Erzbisthum Bamberg usw." 1895, man muss sagen, leider, verwertet. In der Einführung zu dessen XI. Abschnitt bemerkt er selbst vorsichtig: Es ist zwar nirgends gesagt, dass die Ecclesiae (Kirchen) von den voranstehenden Parochiae (Pfarreien) abhängig sind; aber die Vergleichung mit der Geschichte der einzelnen Pfarreien beweist, dass mit wenigen Ausnahmen der Pfarrverband eingehalten ist.

Gerade die Parochia Byschoffsperg gehört aber zu diesen Ausnahmen. Mit Recht erweckte sie schon bei Weber Bedenken, die er in einer Fußnote begründete. Er wusste eben, dass Bischberg einst zur Oberpfarrei Walsdorf gehörte, von der sich dieser Ort, wie in der Geschichte von Bischberg nachzulesen ist, infolge der Reformation um 1594 löste, also um 1520 keinesfalls eine selbständige Pfarrei sein konnte. Bei Weber sieht die Stelle so aus:

Parochla Byschoffsperg. Gaustat. Rodhof. Pygenhof. Weypelsdorf. Drossdorf.

Daran ist nicht nur Parochia und Gaustat unrichtig, sondern auch Biegenhof, das zusammen mit Gaustadt zur Oberen Pfarre in Bamberg gehörte.

Beim unbefangenen Lesen und einiger Kenntnis der einschlägigen Pfarreien ergibt sich die keineswegs überraschende Tatsache, dass der terminierende Karmelitenbruder die Orte in der Reihenfolge seiner Sammlertätigkeit aufzeichnete und das bescheidene Kirchlein in Bischberg zu einer Pfarrkirche erhob. Diesem Verfahren entsprechend fehlen denn auch bei Walsdorf die dazu gehörigen Orte Bischberg, Weipelsdorf und Trosdorf.

Damit entfällt jede Beweiskraft für die Behauptung, Gaustadt habe vor 1520 zur "Pfarrei" Bischberg gehört.

Dem Wesen nach älter ist der Beweis aus den Zehnten, die die Obere Pfarre von Gaustadt bezog. Nach Martinet waren es 1792 an die 22 Sümra Weizen, 48 Sümra Korn, 54 Sümra Gersten, 53 Sümra Haber und 16 Gulden für den Heuzehnt. Martinet gesteht, dass er nicht wisse, wie und wann die Pfarrei zu diesen Zehnten gekommen sei; dabei stellt doch dieser Zehnt nichts anderes dar, als die überall vorkommende Abgabe, den Kirchenzehnt, den die Gläubigen an ihre Pfarrei zu leisten hatten. Er ruhte gewöhnlich auf Grund und Boden; ihn wollten die rebellischen Bauern 1525 als "rechten Zehnt", als Getreidezehnt, "auferlegt im Alten Testament und im Neuen vollkommen erfüllt" gern geben. Der Kirchenzehnt fehlt bezeichnenderweise teilweise im Junggereuth und fast vollständig in den Rodungen des Bauernholzes und Bärenlochs, dagegen nicht auf den Ackern der alten Flur. Martinet vermag auch aus den Gemeinderechnungen viele Einzelheiten aus dem kirchlichen Bereich zu bringen, die Quellen des Klosters und des Spitals sind dagegen sehr wenig ergiebig, Immerhin bieten sie manche Ergänzung. So schreibt Martinet mit sichtlicher Befriedigung, dass alle Leute in Gaustadt von jeher Katholiken waren, "ohne dass das Luthertum nur im geringsten in der Gemeinde eine Seele vom wahren Glauben hätte abfallen gemacht" So schlecht sich hier sein Deutsch liest, ebenso schlecht steht es um die Richtigkeit seiner Behauptung: Am 11. Mai 1602 wurde verfügt: jeter Jeger, Anna und Barbara Weltz Geschwister, Kungund Pöltzin, Michael Poltz, Hans Rapp (Rab) und sein Weib, Georg und Hans Gößwein Gebrüder, Hansen Deubers Frau und Tochter, alle um den Michelsberg, sind darum, dass sie über (trotz) geschehenen Ermahnens und

Gebietens sich auf nächste österliche Zeit mit der christlichen Beicht und heiligen Kommunion nit eingestellt, in die Eulen gelegt worden, haben aber versprochen, sich zwischen hier und künftige Pfingsten (26. Mal) einzustellen". Von den genannten wohnten die ersten sieben Personen in Gaustadt. 1625 hatten zwei Michelsberger Förster, die als Büttel dienen mussten, den aus dem Coburgischen stammenden Webergesellen Jakob Resch vor den Klostervogt geführt, weil er mit dem Pangratz Blümlein am zweiten Pfingstfeiertag "Glaubenssadien halber in die Putation (Meinungsverschiedenheit) geraten sei."

Dabei habe Blümlein den Resch nicht. allein "einen lutherischen Buben" sondern auch einen "Geißmacher" (?) gescholten, sei aber von Resch an seiner linken Hand so sehr verletzt worden, dass er den Bader zu St. Jakob aufsuchen musste. Mehr als diese zwei Zeugnisse für das Eindringen reformatorischer Gedanken in Gaustadt waren zwar nicht zu finden, aber bekanntermaßen erscheint nicht alles in actis, quae sunt in mundo; wenn z. B. Resch auf die Beleidigung Blümleins nicht mit dem Messer geantwortet hätte, dann wüssten wir eben von seiner abweichenden religiösen Überzeugung nichts.

In der ersten noch von Martinet eingesehenen Gemeinderechnung vom Jahre 1623 steht, dass Friedrich Kautler und Pankraz Fischer "wegen der Kinderlehre" zwei Pfund Strafe zahlen mussten, d. h. deswegen, weil sie ihre Kinder nicht in die Christenlehre geschickt hatten. Im Jahre 1724 beklagte sich der Alumnus H. Hornung darüber, dass zu Gaustadt die Eltern ihre Kinder nicht zur Christenlehre schickten. Darauf folgte der Erlaß: Wer ohne erhebliche Ursache die Christenlehre versäume, werde bestraft. Der Schultheiß habe durch den Schulmeister nächstkünftigen Sonntag aufschreiben zu lassen, welche Kinder fehlten, und danach die Strafe zu exequieren (einzuheben). Es war gewiss nicht glücklich, diesen Religionsunterricht nicht durch die Pfarrgeistlichkeit, sondern durch einen Alumnus abhalten zu lassen. Das förderte wohl nicht die Disziplin, und der Weg zur Oberen Pfarre war auch für die Erwachsenen recht weit und je nach der Witterung beschwerlich.

So war es durchaus begreiflich, dass der Bischberger Pfarrer Gallus Sauer, wie Martinet berichtet 1784 der geistlichen Regierung vorschlug, die Gemeinde Gaustadt seiner Pfarrei zuzutellen. Dies aber hatte zur Folge, dass auf Ansuchen des Pfarrverwesers A. A. Schellenberger von der Oberen Pfarre und des Michelsberger Kanzleidirektors sich die Gemeinde in der Wohnung des Schultheißen Franz Weltz versammelte. Es waren 17 Gemeindemitglieder gekommen; das waren noch nicht die Hälfte der 45 Leheninhaber. Man eröffnete diesen, dass laut eines von dem Herrn Pfarrer zu Bischberg an seine hochfürstlichen Gnaden unmittelbar erstatteten Berichts einige unbenannte Gemeindegenossen wünschten, der Pfarrei Bischberg wegen verschiedener bewegender Ursachen einverleibt zu werden. Man darf wohl in den Nichterschienenen die Unbenannten vermuten, die mit der bisherigen Regelung Unzufriedenen.

Der Ausschuss, wie man die siebzehn nannte, möge sich erklären, ob er sich den Antrag zu eigen machen wolle. Diese konnten antworten, dass sie sich mit den übrigen Gemeindegenossen darüber schon vorläufig beredet hätten. Sie betonen, sie hätten gegen ihre löbliche Pfarrei B. M. V. in Bamberg nie die geringste Klage vorzubringen gehabt.

Es wären ihnen bisher die heiligen Sakramente in jeglichem Notfall mit größter Sorgfalt gereicht worden.

Solange sie dächten, sei kein einziger Einwohner Gaustadts ohne vorherige Beicht und Empfang deren einem Sterbenden notwendigen heiligen Geheimnisse aus der Zeitlichkeit gangen. Die Jugend sei auch bis von Resch an seiner linken Hand so sehr verletzt worden, dass er den Bader zu St. Jakob aufsuchen musste. Mehr als diese zwei Zeugnisse für das Eindringen reformatorischer Gedanken in Gaustadt waren zwar nicht zu finden, aber bekanntermaßen erscheint nicht alles in actis, quae sunt in mundo; wenn z. B. Resch auf die Beleidigung Blümleins nicht mit dem Messer geantwortet hätte, dann wüssten wir eben von seiner abweichenden religiösen Überzeugung nichts.

Sie betonen, sie hätten gegen ihre löbliche Pfarrei B. M. V. in Bamberg nie die geringste Klage vorzubringen gehabt. Es wären ihnen bisher die heiligen Sakramente in jeglichem Notfall mit größter Sorgfalt gereicht worden.

Solange sie dächten, sei kein einziger Einwohner Gaustadts ohne vorherige Beicht und Empfang deren einem Sterbenden notwendigen heiligen Geheimnisse aus der Zeitlichkeit gangen. Die Jugend sei auch bisher sowohl im Christentum als im Lesen und Schreiben wohl unterrichtet worden und darum fänden sie auch keine Ursache, sich von ihrer Pfarrkirche trennen zu wollen. Dagegen erhofften sie auch, dass der Herr Pfarrverweser gegen sie keine sonderliche Klage erhebe, anerwogen (zumal) sie ihren geistlichen Herren Vorstehern in jeglichem Fall den gebührenden Gehorsam, Respekt und Liebe erzeigt hätten. Bei solchem "Bewandtsamen" stellen sie den bittlichen Antrag, dass es künftig bei dem alten Herkommen belassen werde.

Martinet weiß zum Antrag des Bischberger Pfarrers nur zu sagen: "Allein der Antrag blieb ohne Erfolg". Er hätte auch hinzufügen können: Leider siegte das aus der Vergangenheit überkommene Recht über die augenscheinliche Forderung der Gegenwart. Immerhin zeigte sich, dass in der Gemeinde bezüglich einer neuen Pfarreinteilung Gegensätze vorhanden waren.

Über den Gottesdienst in alter Zeit war fast nur aus den kargen Angaben der Gemeinderechnungen einzelnes zu erfahren. Wenn Martinet schreibt, "dass am Tage des Flurumgangs und zugleich der Kirchweihe eine Messe gelesen werden durfte", dann ist zu berichtigen, dass Flurgang und Kirchweih im allgemeinen nicht

zusammenfielen. Der erstere wurde zusammen mit der Pfarrei Bischberg am 2. Pfingstfelertag abgehalten, die Kirchweihe dageg en feierte man zusammen mit der Oberen Pfarre am dritten Sonntag im Mai. Martinet berichtet, dass 1693 zum erstenmal die Kirchweihen genannt werde, "welche immer für das Dorf am 2. Pfingsttage abgehalten worden". Das ist zwar nicht richtig, aber im Jahre 1693 hatte sich der ganz seltene Fall ergeben, dass der zweite Sonntag im Mai die Kirchweihe zusammenfiel mit dem ersten Pfingsttag.

Den Flurgang oder, wie er in der ältesten Zeit genannt wurde, den Flurritt begingen die Gaustadter, wie schon oben erwähnt, mit der Pfarrei Bischberg. Vielleicht ist dieser Umstand der Grund dafür, dass man Gaustadt in ältester Zeit der Pfarrei Bischberg zuschrieb. Der leicht einzusehende Grund liegt einzig in der weiten Entfernung von der Oberen Pfarre und der Nähe Bischbergs. Der Flurgang bewegte sich von Bischberg über Gaustadt, Weipelsdorf nach Trosdorf und wieder zurück nach Bischberg. Die Gemeinderechnungen führen die Ausgaben für die Flurreiter auf, auch für das Pulver, das dabei verschossen wurde..

1630 empfing der Bischberger Pfarrer, der den Flurritt besorgte, zur Verehrung an Geld 2 Pfund 7 Pfennig (ungefähr 1/2 Gulden), 8 Pfund 3 Pfennige gab man sonst an Wein und Brot aus. 1683 hatten sich drei Geistliche am Flurritt beteiligt, 1710 begleiteten zwei Kapläne der Oberen Pfarre den Pfarrer von Bischberg dabei.

Die Gaustadter hatten in ihr Gemeindesiegel den heiligen Sebastian gesetzt. Als Pestheiliger fand er hier besondere Verehrung. Nicht nur die sog. Pestmarter an der Kapelle erinnert noch heute daran. In frühester Zeit schon war der Sebastianstag in Gaustadt Feiertag. 1630 herrschte im Land eine pestartige Krankheit. 3 Gulden 2 Pfund gab man "für Büchslein aus, welche aus der Apotheke geholt und in der Gemeinde verteilt" wurden. Pankraz Pöpplein, Kaplan der Oberen Pfarre, führte 1631 an Sebastlani die Gemeinde hinauf zur Oberen Pfarre. Dieser Kaplan hatte sich in dieser schweren Zeit so um die Gemeinde verdient gemacht, dass diese ihm sechs Reichstaler ( 7 1/2 Gulden) verehrte. Nachdem 1729 wiederum eine schädliche Viehseuche das Dorf heimsuchte, versprach man in der Oktav von Sebastiani eine Andacht zu halten. Die Gemeinde besaß auch eine Statue, ein Bildnis, wie es heißt. 1687 erhielten "vier Junggesellen, welche den heiligen Sebastian trugen", 2 Pfund. 1689 gab man den Junggesellen für Trunk und Brot 3 Pfund 15 Pfennige für zwei Kümmelstollen. Im gleichen Jahr kaufte man einen Kranz für die Statue St. Sebastians. Diese Ausgabe kehrt öfters wieder. Das Geld erhielt ein "Schmekkenmacher". Schmecken bedeutete früher auch duften, riechen; der Schmekkenmacher ist also der Mann, der duftende Kränze herstellt. Im Anschluss an die Prozession fand in der Oberen Pfarre ein Gottesdienst statt: 6 Pfund erhielten die beiden Taglöhner und Kirchendiener, das Fest des heiligen Sebastian dort zu feiern . Heute noch bewahrt diese Kirche eine Statue des Heiligen auf. Sehr spät taucht die Verehrung des heiligen Wendelin, des Beschützers des Viechs, auf: Am 22. Oktober 1792 ließ man eine heilige Messe lesen, 1798 ein Amt halten ".

Zu einer Prozession gehören Kreuz und Fahnen. 1686 werden Fahnenträger genannt. Die Statue des Heiligen musste 1749 "erneuert" werden, 1781 besserte man die Statue wieder aus, 1783 vergoldete man den "Schein" am Bilde des h. Sebastian. 1774 haben die Rechnungen Ausgaben für ein Gehäuse zur Muttergottes. 1 Gulden 6 Kreuzer gibt man den Muttergottesträgerinnen und der Schneiderin zu Bamberg. Die Figur war anscheinend bekleidet, wie es damals üblich war. 1769 werden Andachten erwähnt an den Samstagen, in der Oktav St. Sebastiani, in der Fastenzeit und im Mai.

Es erhebt sich schließlich die Frage nach dem Ort dieser gottesdienstlichen Handlungen. Da die Gemeinderechnungen, die Martinet noch benützen konnte, heute verloren sind, müssen wir uns auf die Angaben Martinets verlassen.

Nach ihm stand bis 1738 "neben dem Bronnenhause auf der Stelle, wo heutzutage die Kapelle steht, eine kleine Kapelle von Holz zur Ehre des heil. Sebastian laut Gern. Rechnung 1732/33. Zwischen der Brunnenstube und dieser Kapelle befand sich das Bildnis des heil. Sebastian unter freiem Himmel". Dieses Bildnis wurde wahrscheinlich 1731/32 errichtet.

Aus einem Gesuch der Gemeinde von 1736 geht hervor, dass in dieser Kapelle nur der Priester und die Ministranten Platz fanden und auf dem Altar keine brennenden Kerzen wegen des Luftzuges zu erhalten waren. Daher dürfen wir in dieser Kapelle das sehen, was wir heute als Feldkapelle bezeichnen. Wenn sie, wie oben steht, aus Holz bestand, so ist daran zu erinnern, dass z. B. die Fachwerkhäuser des Dorfes als hölzerne Bauten bezeichnet werden. Angesichts dieses unwürdigen Zustandes wandte sich die Gemeinde 1736 an die geistliche Regierung in Bamberg mit der Bitte, diese Kapelle auf 20 Fuß Länge und 15 Fuß Breite erweitern zu dürfen. Die alte Kapelle war nur 10 Fuß lang und 8 Fuß breit. Als das abgeschlagen wurde, wandte sich die Gemeinde an den Dorfherren, den Abt Anselm. Er erlaubte, über das Bildnis des h. Sebastian einen Anbau zu fertigen, worin die Christenlehre und die Betstunden gehalten werden könnten. Trotz Einspruchs der Oberen Pfarre zu Bamberg, der man versprach, ihren Rechten keinen Abbruch zu tun, wurde schließlich 1738 die neue Kapelle vollendet. Martinet kann nach den Gemeinde Rechnungen berichten, dass man aus der Marienkapelle der Wunderburg ein Altärchen kaufte, 1741 eine Sakristei anbaute, auch einen Predigtstuhl erwarb und auf das bescheidene Türmchen eine Glocke hängte.

Nacheinander kamen schließlich Messgewänder, eine Monstranz, ein heiliges Grab, ein Himmel, ein Orgelein und ein zu Zeiten Martinets noch vorhandener h. Sebastian, gefertigt 1776, hinzu. Diese bescheidene Kapelle wurde 1808 durch die heute noch stehende ersetzt. Am 28. April 1808 wurde der Grundstein gelegt. Die

umfangreiche Grundstücksurkunde erzählt, dass es dem Regens und Geistlichen Rat Franz Stapf, ehemals Kaplan an der Oberen Pfarre, und dem Subregens Georg Leicht, einem geborenen Gaustadter, vor allem zu verdanken gewesen sei, dass ein Geistlicher des Seminars in Gaustadt den Gottesdienst für die damaligen 302 Seelen halten konnte.

Einhellig beschlossen sämtliche Einwohner, die Kapelle aus eigenen Mitteln herzustellen. Die Ortsvorsteher waren Johann Stierlein und Johann Eidenbach, Schlossermeister, der Kirchenpfleger war Nikolaus Müller, Schuhmachermeister. Am 28. November 1802 besetzen kurbayerische Truppen die Residenzstadt Bamberg. Der damalige Fürstbischof Christoph Franz von Buseck legte am folgenden Tag die weltliche Regierung nieder, er war nunmehr nur noch Bischof seiner Diözese. Die fremden bayerischen Beamten behandelten unser fränkisches Land wie ein erobertes Gebiet. Wir nennen das die Säkularisation mit der Aufhebung der Klöster, der Ausplünderung von Kirchen und Kapellen, Zerstörung von zum Teil wertvollen Kirchen, Beschlagnahme und Verschleuderung von Kunstschätzen und Bibliotheken und der Einmischung in die kirchlichen Belange vom Glockenläuten bis zur Feier des Gottesdienstes. Diese Säkularisation nahm keinerlei Rücksicht auf geschichtliche Entwicklungen. Sie löste Jahrhunderte alte Bindungen und brachte so auch für Gaustadt man kann in diesem Fall sagen erwünschte Veränderungen . Zum ersten wurde die Zugehörigkeit zum aufgelösten Kloster Michelsberg aufgehoben, an ihre Stelle trat das Kurfürstentum, bald Königreich Bayern, zum zweiten nahm man innerhalb der Stadt Bamberg eine Neuordnung der Pfarreien vor. In deren Vollzug beschränkte man die Obere Pfarre auf die Stadt Bamberg mit dem Dorfe Bug. Am 23. Dezember 1805 wurde Gaustadt der Pfarrei Bischberg einverleibt. Die Bewohner Gaustadts hatten nun nach Bischberg wie bisher nach Bamberg für jeden Beichtzettel einen Kreuzer, und beim Sammeln derselben dem Pfarrer eine Mahlzeit zu geben, auch die üblichen Stolgebühren nach Bischberg zu entrichten. Diese Umpfarrung war in der damaligen Unordnung eine begrüßenswerte Entscheidung und Maßnahme.

Es ist für die damaligen Zustände bezeichnend, dass am 4. Februar 1807 die königliche Landesdirektion in Bamberg, also eine weltliche Behörde verfügte oder bewilligte, dass an Sonn und Feiertagen vormittags ein Gottesdienst mit Predigt und einer Messe gegen Vergütung von einem Gulden gehalten werden durfte. Am 23. Februar des gleichen Jahres genehmigte dann das Ordinariat "das gehorsamste Bittgesuch der Gemeinde Gaustadt vom 24. Nov. 1506, dass an Sonn und Feiertagen ein Geistlicher des Priesterseminars den Frühgottesdienst mit Predigt halten und nachmittags den katechetischen Unterricht (die Christenlehre) erteilen werde. An Weihnachten, Ostern, Pfingsten und am Dankfeste müsse jedoch die Gemeinde dem Gottesdienst in ihrer Pfarrkirche zu Bischberg beiwohnen.

Nach Martinet soll der Hochaltar mit Tabernakel aus dem heutzutage ganz verschwundenen Clarissenkloster Bamberg (nahe dem Schillerplatz) und der Predigtstuhl aus dem aufgehobenen Karmelitenkloster stammen. Die Kapelle wurde durch den Geistlichen Rat Stapf zu Ehren des heiligen Josef, nicht mehr St. Sebastians benediziert. Im Pfarrarchiv Gaustadt liegt eine Beschwerde des Lehrers Paul Weisenberger vom 23. Aug. 1825, aus der hervorgeht, dass bis 1818 ein Geistlicher des Priesterseminars, von da an der Exkonventual von Banz P. Anselm Reusdiel den Gottesdienst versah.

Im gleichen Jahr richtete die Gemeinde an den Erzbischof Bamberg war 1818 Erzbistum geworden die Bitte, einen Tag für die Anbetung in Gaustadt zu bestimmen. Damals wurde der Gemeinde eröffnet, dass man dabei sei überhaupt eine neue Einteilung für die zehnstündige Anbetung zu treffen, so dass jetzt die Bitte nicht erfüllt werden könne. Aber bereits am 14. Juli 1831 teilte das erzbischöfliche Ordinariat dem Bischberger Pfarrer Schmitt mit, dass der Gemeinde Gaustadt der 25. Julius als Anbetungstag bestimmt wurde, "welchen sie ganz von früh sieben Uhr bis nachmittags fünf Uhr dem Gebete widmen kann«.

Der Pfarrer berichtete am 19. Juli 1831 der Gemeinde, wie dieser Anbetungstag gehalten werden soll: Ein viertelstündiges Läuten am Vorabend und früh am Tage, Anfang und Beschluss wie allgemein bekannt; bei letzterem sei "Großer Gott, wir loben Dich« zu singen. Mit der Anbetung sei Beicht und Kommunion zu verbinden, zu jeder Betstunde seien drei Männer zu bestimmen. Diese pfarramtliche Anordnung unterschreiben als empfangen Nik. Reichert, Vorsteher, J. B. Leicht, J. Pfister und Linhard Häfner.

Die neue KircheDurch die Gründung der Mechanischen Baumwollenspinnerei und Weberei auf Gaustadter Boden nahm die Bevölkerung des Ortes rasch zu. Als Erzbischof Josef von Schork anlässlich einer Firmung die Menge des Volkes sah, die außerhalb der Kapelle neben der verkehrsreichen Staatsstraße dem Gottesdienste beiwohnte, rief er die Worte des Evangelisten aus: Misereor super turbam d. h. mich erbarmt das Volk. Unter dem Pfarrer Rattler ging man daran, eine größere Kirche zu bauen, indem man 1888 einen Kirchenbauverein gründete. Den Bauvertrag zur neuen Kirche unterschrieben Pfarrer Rattler, Bürgermeister Leicht, Andreas Briesmann, Johann Rädlein, Michael Haßfurter und Johann Knoblach. Den Grundstein legte am 17. Juli 1899 Erzbischof Josef von Schorck. Nach dem Plan und unter Leitung des Architekten Hofbauer stellte die Firma D. Fuchs in Bamberg die Kirche 1902 fertig.

Sie hat eine größte Länge von 58 in, eine Breite von 20,8 in, eine Höhe bis zum First von 20 in, die Höhe des Turms bis zur Kugel beträgt 60,8 in.

Die Mittel zum Bau kamen

1. vom Kirchenbauverein mit jährlich rd. 2 000 M, bis 1908 40 000 M

2. von Staatszuschüssen 31400 M

3. von Kollekten 26193,69 M

4. von zwei Spenden der Fabrik 20000 M

5. von Gaben

a) Mich. Steinheimer 10000 M

b) Ungenannt zur Kanzel 2200 M

c) Sammelstelle Bamberg 4400 M

Kriege, Nöte und KrankheitenGaustadt hat in der Verbundenheit mit seiner engeren und weiteren Umgebung und schließlich mit dem Frankenland auch deren Nöte aller Zeiten durchleben müssen; freilich kennen wir sie bei dem Mangel der Überlieferung nur zum geringsten Teile.

Unsere bisherige Betrachtung ergab, dass in Gaustadt niemals ein bäuerlicher Reichtum zu finden war, Die Inhaber der beiden größten Höfe, des Abts und des Kellereihofes, waren wohlhabend nur im Verhältnis zu den vielen Kleinbauern und wenigen Handwerkern. Aber sie konnten immerhin in ruhiger Sicherheit leben, das Kloster vor allem erwies sich als ein milder Herr und so konnten und durften sich die Pfleger des Spitals nicht anders verhalten.

In der Einleitung zum Lehenswesen war auf die Folgen der adeligen Misswirtschaft des Klosters Michelsberg hingewiesen worden. Sie erreichte mit dem Abte Johann aus der ritterlichen Familie Fuchs Höhepunkte und beschämendes Ende. Er und die aus dem Kloster entwichenen Mönche suchten und fanden Hilfe zunächst bei der großen Sippe der Fuchs und schließlich beim ganzen fränkischen Adel. Noch lange nach den 1450 erfolgten Tode des abgesetzten Abtes führte Heinz Fuchs, auf der Wallburg bei Eltmana gesessen, seine Fehde gegen das Kloster fort. Noch 1466 wird in der Angelegenheit des inzwischen mit dem Kirchenbann belegten Heinz Fuchs verhandelt. Dieser hatte den entlaufenen Mönchen verhältnismäßig viel Geld vorgestreckt, das zu bezahlen das Kloster sich weigerte.

Wenn er es aber nicht einbüßen wollte, konnte er sich nur an den unschuldigen Klosteruntertanen schadlos halten. Dafür kamen natürlich die Eltmann zunächst gelegenen Klosterorte Trosdorf, Viereth, Bischberg und Gaustadt in Betracht.

Darauf bezieht sich Cunz Lengenfelder 1. J. 1500, wenn er sagt, er "gedenke ungefehrlich bei 30 Jahren, do war in des Fuchs Krieg Kilian Volkers Stadel angebrannt".

Legt man zu den 30 Jahren noch einige hinzu, dann kommt man in die 1460er Jahre. Volker hatte Gr.Nr. 21 inne. Vom Anwesen Gr.Nr, 9 heißt es 1471, dass es in vergangenen Kriegsläuften verbrannt und verwüstet worden und letztlich lange Zeit unbebaut gewest und noch sei". Und bei Gr.Nr. 11 waren die Zinsen 1490 liegen geblieben, d. h. es waren keine gezahlt worden; es hatte "sich der (Zinsen) niemand wollen annehmen" d. h. niemand wollte das Anwesen und die rückständigen Zinsen übernehmen .

Diese drei aneinander grenzenden Höfe, Gr.Nr. 10 war erst um 1550 abgetrennt worden, waren also in diesem Fuchsischen "Krieg" zu Grunde gegangen. Größer erwiesen sich natürlich die Zerstörungen des 30jährigen Krieges. 1635 heißt es vom Kellereihof, er sei im schwedischen Unwesen unvererbt d. h. ohne Erben, ohne Besitzer gewesen und jast gar verellert worden".

Unter Ellern verstand man unfruchtbares Land, das wüst liegt. Gr.Nr. 15 verkaufte die Klosterkanzlei 1650 an Els Grünwald um ganze fünf Gulden. Dies Anwesen war also auch herrenlos geworden. 1645 übernahm Georg Stirner Gr.Nr. 20 um die rückständigen Zinsen vom Kloster. Das Nachbarhaus Gr.Nr. 21, dessen Stadel schon um 1470 abgebrannt war, schenkte das Kloster 1638 dem Georg Blümlein, "weil es sonst einfallen wollen". Dabei war es 1622 um 180 Gulden erkauft worden, so war es heruntergekommen. Von den spitälischen Häusern war Gr.Nr. 16 1648 "zu Grund gegangen und eine bloße Hofstatt" d. h. ohne Haus. Nicht viel anders stand es mit Gr.Nr. 51; diese Hofstatt oder Hofreit, die viele Jahre öd gewesen war, schenkte das Spital 1686 dem Georg Prechtlein zu Bischberg. Seit 1639 war davon kein Zins gezahlt worden ". Gr.Nr. 61 lag 1642 "allbereit 12 oder 13

Jahre öth, wüst und von des Stürmers Erben ganz in Abwesen kommen und beliegen blieben". Wie anderswo kam es auch in Gaustadt dem Kloster und Spital darauf an, zunächst wieder Leute zu finden, die diese Anwesen wieder übernahmen, in Stand setzten und die Abgaben entrichteten.

Feinde kamen erst wieder im Siebenjährigen Krieg nach Gaustadt, als die Preußen ihre Raubzüge nach Franken unternahmen. Dabei blieb auch das Dorf nicht ungeschoren. Einzelheiten lernen wir nicht kennen, aber die Gemeinde kam 1759 in Schulden, weil sie Geld aufnehmen musste, um z. B. Joh. Stierlein für seine ihm weggenommenen Paar Ochsen mit 70 Gulden zu entschädigen. Später half der Gemeinde der Hofrat Lorber von Störchen mit 300 Gulden aus.

Dazwischen gab es militärische Durchzüge und Einquartierungen, die immer eine drückende Last bedeuteten. So waren während des Spanischen Erbfolgekrieges 1713 Preußen in Gaustadt einquartiert. Der preußische Obristleutnant wohnte beim Nikolaus Resch im Unteren Wirtshaus und musste dort auch verpflegt werden. Diese Einquartierungskosten wurden auf alle Dorfgenossen gleichmäßig verteilt, man zog sogar die Weipelsdorfer dazu heran ". Ganz schlimm wurde es, als seit 1796 die Franzosen ins Land kamen. Als der General Jourdan sich 1796 vor dem Erzherzog Karl zurückziehen musste, hatten kaiserliche Truppen ihr Lager offenbar auf der Heeg aufgeschlagen; denn der Hirte beschwerte sich, dass er nicht austreiben könne. Es kamen zahlreiche Klagen wegen entwendeten Holzes, wegen der Verpflegung z. B. Branntwein, wegen Wägen und Vorspannvieh, die die Soldaten begleiten mussten und nicht mehr zurück kamen ".

Die Gemeinde zeigte damals dem Kloster an, wie durch die "unausgesetzte Erpressung der im Land befindlichen französischen Truppen, wogegen keine Hilfe gestattet sei", die Gemeinde keine Zahlungsmittel mehr habe, um die täglichen Kleider und Magazins Requisitions-Lieferungen zu berichtigen.` Gaustadt schlug ja damals, wie schon berichtet, seinen letzten größeren Waldbestand ab.

Kriegszeiten bringen immer Not, Hunger und Angst mit sich. Als 1553 der wilde Markgraf Albrecht Alchlades von Bayreuth die Stadt Bamberg besetzt hatte, vergrub der furchtsame Endres Bleidner von Gaustadt seine beste Habe, die ihm trotzdem zum Teil gestohlen wurde. Er hatte wohl beim Vergraben nicht die nötige Vorsicht walten lassen. Nach Looshorn herrschte schon 1571 im Lande große Teuerung. Das Kloster klagte, das es 1576 schon seit einer Reihe von Jahren aus mehreren Dörfern wie Trosdorf, Hallstadt, Dörfleins, Ebensfeld keine Zahlungen erhaIten habe, Heinz Stürmer war damals schon sieben Jahre seine Abgaben schuldig geblieben. Er entschuldigte sich, er könne "wegen der geschwinden Teuerung" nicht zahlen". Wir hörten schon, dass "in Ansehung dieser itzt (1622) schwebenden hohen und teueren Zeiten" den Knechten und Mägden des Spitals die Löhne aufgebessert wurden. Zur gleichen Zeit 1623 hatte Mathes Stürmer von Gaustadt ein Haus bei St. Jakob gekauft, hat sich aber, "dieweil das Geld so hoch (!) gefallen ist, barer Zahlung beschwert," d. h. er brachte wegen der Teuerung das bare Geld nicht mehr auf. Und der Gaustadter Hans Löhr hatte Weihnachten 1621 hundert Gulden aufgenommen und 1623 mit "schlechtem Geld" zurückgezahlt. Der Schuldner wehrte sich dagegen.

Das sind Erscheinungen, die wir ja zur Genüge kennen. In den Kriegen treten immer auch Krankheiten und Seuchen auf. Aus älterer Zeit fehlen uns darüber Zeugnisse. Aber seit 1600, mit dem Beginn der Pfarrmatrikeln zu U. L. Frau in Bamberg können wir die Epidemien in den Verzeichnissen der Verstorbenen verfolgen. Schon 1603, also vor dem 30jährigen Krieg, starb z. B. in Gaustadt der Pangratz Hemmer, seine Frau und seine Kinder innerhalb von acht Tagen nacheinander "an der abscheulichen Krankheit der Pest . Martinet berichtet ausführlich nach den Gemeinderechnungen über die 1630 auch in Gaustadt wütende "Pest".

Solche Epidemien traten noch mehrmals in unserer Heimat auf; damals nannte man sie Pest. Sie mögen ihren Charakter und ihren Namen im Laufe der Zeit geändert haben, heute wenigstens haben sie bei uns ihren Schrecken verloren. Dafür erlebt die Menschheit in unseren Tagen andere Formen körperlicher und seelischer Bedrängnis und Nöte. Die Menschheit erkauft den sog. Fortschritt auf jeden Gebieten nur durch entsprechende Opfer; beides hält sich die Waage.

PfortengerichtDem Kloster Michelsberg stand auf seinen Besitzungen die sogenannte niedere Gerichtsbarkeit zu, auch vogteiliche Obrigkeit und Botmäßigkeit genannt, die sich in Gaustadt auf alle Vergehen erstreckte, außer den vier hohen Rügen (Mord, Brand, Raub und Notzucht; gelegentlich auch "Stein und Rain" d. h. Verrücken des Marktsteins), die vom Zehntgericht Bamberg abgeurteilt wurden. Danach ist die Angabe im Realschematismus der Erzdiözese Bamberg zu berichtigen, dass Gaustadt dem Zentgericht Hoheneich unterstanden habe. Das war niemals der Fall.

Da es in Bamberg in einem Raum bei der Klosterpforte abgehalten wurde, nannte man es kurz Pfortengericht. Es war für die in der Nähe Bambergs gelegenen Besitzungen des Klosters zuständig.

Die Richter des Pfortengerichts sind die jeweiligen Vögte des Klosters, unterschiedlich Bürgerliche oder Adelige. Die Schöffen holte man aus der Immunität und aus den umliegenden Michelsberger Dörfern Gaustadt, Viereth, Dörfleins und Oberhaid. Sie fällen das Urteil, ob schuldig oder nicht, der Richter sorgt für Einhaltung des

gerichtlichen Verfahrens und verkündet das Urteil. Das äußere Zeichen seiner Gewalt ist der Gerichtsstab. Am Donnerstag nach Conversionis Paull (29. Januar) 1587 wurde der Gerichtsschöffe Endres Kreidtner in Gegenwart Jakob Ayerers, des den Abt vertretenden Anwalts, zu einem Richter installiert und, nachdem er das Juramentum (Eid) getan, überantwortete man ihm den Gerichtsstab..

Als Ottilie Schneiderin von Gaustadt, hinter dem Spital gesessen, den Michelsberger Untertanen Hans Hincker, weil er sie geschlagen, gekratzt, mit Füßen getreten und gerauft hatte, beim Pfortengericht verklagte, erhob der Beschuldigte den Einwand, dass die Schneiderin "diesem Gerichtszwang nicht unterworfen sei. Darauf erkannte das Gericht zu Recht, dass sie "an den Gerichsstab anrühren solle", d. h. das Urteil des Pfortengerichts anerkennen werde. Es war auch etwas anderes möglich . "Weil aber der Beklagte weder Erbe noch Eigen hinter meinem gnädigen Herrn und dem Kloster liegen hat, hat Cunz Kaufmann darauf dem Richter "an die hand an eides statt angerührt".

In älterer Zeit kannte man beim Pfortengericht auch die Eideshelfer, die einem vor Gericht Schwörenden durch ihren Eid helfen sollten. je nach der Schwere des Falles oder dem Werte der Streitsache ließ man einen oder mehrere zu. Sie beschworen nicht die Richtigkeit einer von ihnen wahrgenommenen Tatsache wie heute ein Zeuge, sondern die Glaubwürdigkeit der von ihnen unterstützten Partei. Als Cunz Stürmer 1510 behauptete, Adam Poltz habe ihn verwundet, erging, weil die Tat in der Dunkelheit ohne Zeugen geschehen, der Spruch Getraue Adam Poltz einen Eid zu schwören mit aufgehobenen Fingern und nachfolgenden einem unbeleumundeten Mann (im Gerichtsbuch unterstrichen!), dass er den Kläger nicht verwundet habe, so sei er des Spruches ledig d. h. freigesprochen. Zwischen Irmel Mentlerin und der Geltmannin war es 1454 wegen verwechselter (getauschter) Felder zu einem Prozess gekommen. Ein Urteil war schwierig; die Schöffen hatten schon einen Aufschub eingelegt, um "des Urteils sich zu bedenken«. Schließlich stellten sie der Mentlerin anheim, einen Voreid zu Gott und den Heiligen zu schwören, und nach ihr zwei unbeleumundete Männer ".Voreid bedeutet den Eid, den die Mentlerin vor den Eideshelfern leisten muss.

Ein drittes Beispiel: Es ging um beschädigte Bäume. Dabei heißt es: Getraue der Renner darum zu Gott und den Heiligen schwören einen Voreid und nach ihm sechs unbeleumundete Männer, dass sein Eid rein und nit mein sei, dass er nämlich die übrigen fünf Bäume nicht beschädigt habe, so genieße er des, " d. h. sein Zeugnis werde anerkannt. Man beachte: Wegen einer Wirtshausschlägerei ohne größere Schäden genügt ein Eideshelfer, bei einem Tausch von Ackern verlangt das Gericht schon z w e i und im Falle des Renner, der schon wegen Beschädigung von drei Bäumen verurteilt ist, die von fünf weiteren aber bestreitet, fordern die Schöffen sechs Eideshelfer. Bei ihm steht auch die Formel, dass sein Eid rein sei und nit mein". Bei Frauen ist es in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts üblich, dass sie nicht wie die Männer mit aufgehobenen zwei Fingern, sondern dass sie "mit aufgelegten zweien Fingern auf ihre Brust zu Gott und den Heiligen" ihren Eid leisten. Es mag hier der Platz sein, das damalige Gerichtsverfahren an dem Prozess Heinz Kraus gegen Hs. Keck und Jos. Kerslein darzustellen.

Im Gegensatz zu heute verhandelte man damals größtenteils schriftlich. Daher und wegen der Einmischung von Anwälten mit ihren seitenlangen, manchmal nur Wiederholungen bringenden Schriftsätzen rührt die wie in diesem Fall unglaublich lange Dauer der Prozesse.

Am 7.Dez. 1541 also klagte Heinz Kraus zum ersten Male und bat als "der Rechten unverständig" ihm Augustin Kolb als Warner, Lußner und Beistand zuzulassen. Diese drei Ausdrücke sind wie noch Prokurator Bezeichnungen für den Anwalt. Am 11. Januar 1542 klagte Kraus zum 2. Male. Hier erschienen die Dorfmeister und baten um eine Abschrift der Klage und Bedacht (Bedenkzeit) bis zum nächsten Gericht. Diese Bitte folgte nach jedem eingereichten Schriftsatz. Am 27. Januar erfolgte die dritte Klage und damit erst begann das eigentliche Verfahren ". Diese dreimalige Klage gehörte zur Gerichtsordnung. Als die Dorfmeister baten, die beiden Angeklagten vertreten zu dürfen, erhob der klägerische Anwalt Einspruch. Nach der Erklärung, dass sie von der Mehrheit der Gemeinde gesandt seien, durften sie ihre Gegendarstellung vorlegen. Am 8. Februar übergab Kraus seine "Zurede" ' seine Antwort. Am 1. März stellten die Dorfmeister ihren Prokurator dem Gericht vor. Dieser erklärte, wie damals üblich, dass die Angeklagten das Vorbringen des Klägers gar nicht gestünden, so wie nach amerikanischem Recht der Angeschuldigte bei Beginn des Prozesses erklären kann, er sei nicht schuldig. Es erging der Beschluss, wolle der Kläger seine Behauptungen beweisen, so solle das in sechs Wochen und drei Tagen geschehen. Die (Be )Weisungsartikel, d. h. die Fragen, die in die zu benennenden Zeugen zu stellen seien, sind acht Tage vorher der Gegenpartei auszuhändigen '.

Im Gerichtsprotokoll vom 22. März 1542 finden sich dann die 20 Fragen, mit denen Kraus sein Recht beweisen will. Darauf legten auch Keck und Kerslein ihre Fragestücke vor. Die Zeugen wurden nun nicht wie heute in öffentlicher Sitzung in Gegenwart von Kläger und Beklagtem befragt, sondern sie gaben am 29. und 30. März vor zwei geschworenen Schöffen Antwort und zwar nur auf die gestellten Fragen 12 . Die Zeugenaussagen gingen dann den Parteien schriftlich zu. Darauf erklärten Keck und Kerslein, dass nun sie ihre Zeugen benennen würden; die Frist ist wieder sechs Wochen und drei Tage. Am 26. und 27. Mai wurden dann die Zeugen der Gegenpartei verhört. Nach einer langen Pause baten die Dorfmeister am 25. Okt. 1542, ihre "Exception« zu verlesen, die ihre Einwände gegen die gegnerischen Zeugen und ihre Aussagen brachte. Darauf übergab der Anwalt von Kraus am 13. Dezember seine "Schlussschrift" auf die die Gegner am 17. Januar 1543 antworteten 41 . Trotzdem wurde nochmals eine Schrift und Gegenschrift vorgelegt. Am 7. Mai 1544 erging das Urteil, dass die Beklagten dem

Kläger um seiner Klage und der darin vermelten Personen halben nichts schuldig seien. Gerichtskosten und Schäden sind "aus Ursachen gegeneinander kompensiert und aufgehoben" ". So wörtlich im Urteil!

Wenn man heute aus der Rückschau diesen die Gemeinde Gaustadt aufrührenden Prozess betrachtet, so erkennt man ohne weiteres die schweren Nachteile des schriftlichen Gerichtsverfahrens, das den Rechtsweg ungebührlich verlängerte. Wenn man ferner aus der Rückschau die geschichtlichen Unterlagen dieses Prozesses betrachtet, so muss man sich wundern, welch merkwürdige Anschauung über die Hutgerechtigkeiten auf der Hege sich gebildet hatte. Gegenüber dem vor noch nicht 100 Jahren klar ausgesprochenen Recht, dass "alle Welt dort weiden dürfe, suchte die Gemeinde das Recht einzuengen, zunächst zahlenmäßig die Hutberechtigten zu beschränken, dann aber auch örtlich, indem sie einen Teil der Hege mit Zaun und Graben umgibt und nur den Rest den Bambergern und Michelsbergern überlässt. Für die Klage selbst war das nicht von Belang, da sie sich ja nur auf die Tätlichkeiten bei der Pfändung bezog. Dadurch dass das Urteil auch den Beklagten die Bezahlung ihrer Kosten zusprach, brachte es richtig zum Ausdruck, dass beide Teile in Worten und Taten einander nichts nachgaben, dass aber auch Keck und Kerslein sich doch wohl bei der Pfändung gegen die beiden Frauen übernommen hatten. Dies Urteil scheint mir ein schönes Beispiel für die Einsicht und Erfahrung der Schöffen zu sein.

Überhaupt gewinnt man den Eindruck beim Studium der Gerichtsbücher, dass die damaligen Menschen, in unserem Fall die Michelsberger Untertanen, für rechtliche Fragen sehr aufgeschlossen waren oder es werden konnten. Ihr Verhalten vor Gericht bezeugt, wie wohlüberlegt und vorsichtig ihre Antworten gegeben werden.

Ein Zeuge sagte z. B., er habe zwar nicht gesehen, dass Kerslein die Frau des Heinz Kraus mit der Pfanne geschlagen habe, aber ihr Kopftuch sei schwarz gewesen". Hierher gehört auch das "vorsichtige“ –Verhalten, bei beginnenden Schlägereien das Licht zu verlöschen oder die Streitenden aus dem Raum oder dem Haus besonders zur Nachtzeit zu befördern. Mochten sie sich dann weiter verhauen oder gar verwunden, jedenfalls war man der Zeugenschaft und damit der unangenehmen Aufgabe enthoben, gegen Nachbarn, Freunde oder Verwandte aussagen zu müssen.

Die Beispiele dafür mögen das wird ihre Ausführlichkeit entschuldigen zugleich als Sittenbildchen jener Zeit 1543/44 gewertet werden. Hans Kraus also klagt gegen Josef Kerslein, den wir schon vom großen Gemeindeprozess her kennen, wegen schwerer Körperverletzung. Er habe mit den Nachbarn das ist der Ausdruck für die Dorfgenossen in der Gemeinde gearbeitet, wohl gefront, und sie hätten nach solcher Arbeit wie dann der Brauch ist, einen Trunk in Eichelbergers Haus getan. Nach solchem sei der mehrere Teil heimgegangen. Er als Dorfmeister habe sich zu Tisch gesetzt, und der Beklagte Kerslein sei zu ihm gekommen.

Als es in der Stube wegen eines Pferdehandels zu einem Wortwechsel kam, habe der unbeteiligte Kerslein eine "ungefehrliche“ Rede getan, d. h. er habe ungefähr gesagt, "mit Züchten zu meiden, er schisse einem in den Hals, wenn er ein Bier hätte". Nach anderer Darstellung habe Kerslein wegen der Bürgen beim Pferdehandel gesagt, "er wolle es ihm verbürgen und er wolle wohl (mit Züchten zu melden) in die Sach scheißen". Darauf habe der Zeuge Claus Pangratz geantwortet, "er sollt an einen Ort scheißen, do es sich gebührt". Auf jedem Fall war die Lage schmutzig geworden, ja gefährlich, da Pangratz eine Maßkandel (Kanne) ergriff und damit werfen wollte. Als Hans Blümlein, ein anderer Zeuge, das sah, sei er zur Stubentür hinausgeflohen, indem das Licht ausgelöscht worden. Auch Margaret Grünewaldin, Eichelbergers Magd, erklärte, sie sei, als der Hader begonnen, zur Tür hinausgelaufen. Das Ergebnis des Kampfes in der Dunkelheit waren vier Messerstiche in den Rücken des Dorfmeiters, für die er Jos. Kerslein verantwortlich machte.

Ein zweites Beispiel: Ottilie Schneider und ihre Tochter Magdalena, spitälische Untertanen, der Mutter war schon beim Gerichtsstab gedacht worden diese also hörten 1544 nächtlicherweil zweimal das Tor ihrer Scheune, nein des Stadels, aufgehen und "knarzen". Da seien sie nach der Darstellung der Mutter in die Behausung des Hans Hincker gangen und daselbst ihren Sohn und Bruder in der "Helle" gefunden, den sie mit ihnen (sich) nehmen wollten. Als Hincker das gesehen, habe er das Licht ausgelöscht und sei samt seinen Gästen über beide Frauen hergefallen, neben anderem auch mit Füßen getreten, dass sie vier Tage Blut ausgeworfen und sie dann von Gerichts wegen besichtigt worden .

Um dies zu verstehen, muss man wissen: Der junge Schneider, sein Vorname wird nicht genannt, hatte offenbar kein Geld mehr, um beim Wirt Hincker weitertrinken zu können. Nun holten beide, Schneider und Hincker, aus Mutter Schneiders Stadel Getreidegarben, die zur Bezahlung der weiteren Zeche dienen sollten. Man darf sogar annehmen, dass die anderen Gäste das erklärt ihr späteres Eingreifen beim Vertrinken der Garben beteiligt waren. Darauf folgte der Besuch der Wirtschaft durch die Frauen, wo sie den Sohn "mit ihnen nehmen wollten". Dieser »unschuldige", beschönigende Ausdruck läßt nicht erkennen, wie es zum Eingreifen des Wirts kam. Darüber klärt uns der Zeuge Fritz Steffan auf . Die beiden Frauen seien in des Hinckers Haus geloffen, über ihren Sohn und Bruder, der in der Helle (hinter dem Ofen!) stand, hergefallen und sich heftig miteinander hin und hergerissen, so dass Hincker warnen musste: "Reißet ihr den Ofen ein, so werdet ihr mir den bezahlen müssen". Schließlich seien alle drei in die Stuben gefallen und eine Weile einander geschlagen. Da habe er, der Zeuge, das Licht in die Hand genommen und gesehen, wie die übereinander gelegen. Als er das Licht putzen wollte, sei es erloschen. Ein merkwürdiger Zeuge, der bei einem solchen Spektakel das Licht "putzen" will, so dass es ihm ausgeht, und der vom Eingreifen des Wirts und anderer Gäste nichts zu berichten weiß! Hincker wurde zu einer Geldbuße verurteilt.

Man könnte, leicht hingesehen, diese Menschen für prozesssüchtig halten, wenn man nicht doch bei näherer Betrachtung erkennen müsste, dass sie ein ausgeprägtes Ehrgefühl besaßen. Die Zehntbeständner Pick und Günter wurden schon erwähnt, die man Dieb und Schelme genannt hatte, Wenn diese zur Wiederherstellung ihres ehrlichen Namens klagten, damit sie wie der redlich gesprochen würden, so steht dahinter auch die Rücksicht auf das Ehrgefühl ihrer Helfer, die nicht mehr mit ihnen zusammenarbeiten wollten. Oder Hans Stretz klagte gegen Hans Blümlein: Er, der Kläger, habe gelogen "wie ein Böswicht und Strohlein" und er "solle auf den Mönchberg gehen und sich das Gerichtsbuch leihen lassen«. Diese Erinnerung an eine vergangene Strafe nahm Stürmer sehr übel auf; "es gereiche dem Kläger zu großer Schmach und (er) achte solche Schmach auf 100 Gulden" '. Ebensoviel war dem Conz Stürmer seine Ehre wert, als der sattsam bekannte Jos. Kerslein ihn "geschennt und geschmäht" hatte, er, der Stürmer, habe "verdient, dass man ihn an den Galgen henken sollte".

Die Schwere der Beleidigung wurde damals allgemein durch eine nicht gering bemessene Geldsumme ausgedrückt; das Urteil freilich sprach meist nicht den zehnten Teil davon als wirkliche Strafe aus. Natürlich musste sich auch Jörg Kohlmann, Schneider in Gaustadt, 1593 gegen Heinz Stürmer wehren, der die Seinigen Lumpenleute geheißen, die wohl der Teufel nach Gaustadt geführt habe. Er habe sich von Scheßlitz hergelogen und gestohlen.

Als Kohlmann erwiderte, er habe gute Briefe (Leumundzeugnisse), sei dem Stürmer herausgefahren, er scheiß ihm (cuni reverentia) in seine Briefe. Er, Kohlmann, habe mit seinem Hopfen seinen Herrn betrogen, da er den Staudenhopfen ihm gegeben, den besseren verkauft habe. Den Einfluss der Anwälte merkt man nicht nur an der Länge und dem Wortreichtum der Schriftsätze, sondern gelegentlich auch in anspruchsvollen Worten voll Klang wie in der Klage des Heinz Kraus in verdingtem und gehegten Gericht" dabei ist es nichts anderes als das gewohnte Pfortengericht gegen den Jos. Kerslein, dieser habe ihn aus "böshitzigem Vorsatz" geschmäht, dass er dem Kerslein Holz gestohlen habe .

Besonders empfindlich zeigte man sich, wenn es sich um Ruhe und Frieden des Hauses handelte, d. h. wenn einer ungebeten, unfreundlich oder gar gewalttätig in die "vier Pfähle" einbrach. Man nannte das damals Heim oder Haussuchung, wir sprechen von Hausfriedensbruch. Es war dabei nicht einmal notwendig, das Innere des Hauses betreten zu haben, es genügte auch, das Haus beschädigt zu haben. So hatte 1495 Benedic(t) Knaus und Heinz Streit den HansPeter "in seine vier Pfählen mit gewappneter Hand überlaufen und mit einem Stein ihm in seine Behausung geworfen".

Peter klagte vor dem Richter auf dem Mönchsberg und legte den Stein dem Gericht als Beweis vor. Deswegen "büße Knaus mit einem Frevel billig". Frevel ist mehr als ein Vergehen, er wird härter bestraft.

Marx Albert klagte 1500 gegen Kraft Hoffman und Thoman Eichelberger, weil sie sich mit Gewalt bei nächtlicher Weil unterstanden, ihm in seine vier Pfähle zu laufen, ihn darin geschlagen und hinausgefordert. Des nehme er Schaden um 100 Gulden, d. h. so hoch war sein Strafantrag.

Cunz Stürmer klagte 1496 gegen Kungund Stürmerin wegen Hausfriedensbruch. Deren Tochter hatte des Cunzen Sohn in Verdacht, ihr Hühner gestohlen zu haben. Sie stellte ihn darum zur Rede. Darauf sperrte dieser das Haus auf, damit sie sich selbst vom Gegenteil überzeugen könne. Aber sie sei "über das trischewfel (Schwelle) der tür nit kommen, dann ein groß gerümpel dorin gewest". Der Spruch lautete: Kann und getraue sich Kungund Stürmerin Tochter zu Gott und den Heiligen schwören, dass sie Cunzen Stürmer in seinem Haus nicht gechaussucht", so sei sie ihm nichts schuldig". Man erkennt, schon die Überschreitung der Türschwelle hätte den Frevel bedeutet.

Die Strafen für solche Vergehen und Frevel bestanden in schweren Fällen in Geldbußen, von reinen Freiheitsstrafen hören wir selten und aus spätrer Zeit. Als 1689 verschiedene Gemeindemitglieder sich bei dem an eine Dorfversammlung anschließenden Trunk ungebührlich aufgeführt hatten, sollen die Beschuldigten zuerst nach der Dorfordnung mit zwei Gulden bestraft werden, die noch fällige Herrschaftsstrafe lässt ihnen die Wahl, entweder 48 Stunden in den Stock zu gehen oder acht Tage dem Kloster zu fronen; nur der Georg Prechtlein wurde "als Anfänger (Urheber) mit etzlichtägigem Gefängnis abgestraft.

Eine wegen des Ortes zunächst unverständliche Buße wurde 1623 dem Heinz Klöber vom spitälischen Gericht zudiktiert: Weil "er sich so unverschämht bei den Herrn Pflegern verhalten, den Zimmermann geduzt und sonst Mutwillen verübt, ist er in untersten Backofen mit Wasser und Brot gespeist zu werden geschafft worden. Als Albert Möhrlein, spitälischer Wirt, 1734 erklärte, er werde auch bei zehnmaligem Zitieren beim Vorsteher des Spitals nicht erscheinen, wurde er durch den Stadtknecht geholt, ins Lochhaus geführt, "um solcher Frevel willen im untern Backofen drei Stunden lang abzubüßen. Sechs Monate vorher war der gleiche Wirt "mit sechs Stunden im Backofen" gestraft worden. Die verschiedenen Zellen oder "Löcher" im Lochhaus scheinen demnach Namen geführt zu haben.

Nachdem Dorothea Müllerin, spitälische Wirtin, verschiedene Leute über Nacht beherbergte, wodurch sich Leichtfertigkeiten zugetragen, in specie ihre Tochter sich zu solchem Laster gebrauchen ließe, und vor wenigen Tagen Soldaten wiederum da gewesen und auf der Gemein Ungelegenheiten begangen, der Leser wird hinter diesen verhüllenden Worten das Laster erkannt haben hat man die Mutter in den Kerker oder die sog. Else gegen acht Stunden und ihre Tochter gegen 1 1/2 Stunden setzen lassen, um zu vernehmen, ob eine Besserung folgen

wird. Diese wenigen Stunden konnten natürlich keine Wirkung haben; noch 1733, nach sieben Jahren, hatte die Gemeinde mit der sog. Hüttendorl ihre liebe Not. Damals aber griff man durch. Wegen ihres ruchlosen Haushaltens als auch des üblen Aufführens ihrer drei Kinder begab sich der Spitalpfleger Meisner mit dem Stadtknecht Senner und vier Rumorknechten nach Gaustadt. Sie setzten bzw. verwahrten sie der Müllerin "Effekten" teils auf die Grenzen (im Original Gränitzen!) deren vier Pfähle teils in das daran gelegene hospitklische Wirtshaus und dessen Stall. Sodann ließ der Stadtknecht ein Fenster und die Stubentür abheben, an die Stall und Haustüre aber Vorlegketten anschlagen und verschließen. Der Sohn Georg öffnete dennoch die "Schopfen" und machte sein Lager darein "..

Das Haus der Hüttendorl (Gr Nr. 51) ihr im Dorf üblicher Name beweist den Zustand der Behausung hatte 1733 Thomas Geus von Birnbaum im Frankenwald gekauft. Er war so baufällig, dass er es bald dreimal in der Oberen Pfarre auf offener Kanzel feil bieten ließ. Da er keinen Käufer fand, war er entschlossen, es der Dor. Müllerin wieder heimzuschlagen.

Das wollte man natürlich im Dorfe nicht. Im übrigen brachte man diese üble Familie trotz der Zwangsräumung nicht los, denn niemand nahm sie auf. Damals war es üblich, solche und ähnliche Bekanntmachungen auf der Kanzel zu verlesen.

Um zum Gefängnis zurückzukehren, der Name Els« für den Kerker scheint vom Namen des Elisabethen Spitals hergenommen, so wie man beim Katharinen Spital das Gefängnis die "Kathrin" hieß. Nun zum Strafvollzug des Klosters: 1586 wird einer in des Abts Fronfeste (Gefängnis) in die Eulen gelegt, weil er nachts in einem fremden Weingarten Träubel abgeschnitten. 1584 legt die Kanzlei der Marg. Stürmerin bei "Strafe der Pfeufen“ auf, sich mit ihrem Gläubiger zu vertragen. Linhard und Hans Weicker haben "in die Eulen gesollt", die Tochter der Zieglerin die Pfeifen tragen sollen 1592; hat aber der Herr Prior Fürbitte getan, dass sie losgelassen worden". Als Hans Weicker den Jörg Löher herausgefordert und 10 000 Sakramenter geflucht, hat man ihn in die Eulen gelegt; dieweil aber das Lesen (Weinlese) nötig und in den Weingarten großer Schaden geschieht, auf Bitten seines Weibes jedoch auf Wiederstellung, sobald er abgelesen, gegen Bürgschaft ausgelassen ". Diese Strafunterbrechung erfolgte am 7. September 1593. Dem Hans Creutzer wurde sub poena ululae, wie es lateinisch heißt, unter der Strafe der Eule, aufgetragen, der Dienstmagd Anna Kolerin einen Gulden zuzustellen ". Die Eule war also das Gefängnis der Klosters.

Über den Grad dieser Strafen gibt uns ein Antrag von 1593 Aufschluss: Endres Doner zu Rattelsdorf ist drei Tage in den Stock und, dieweil er etwas schwach, in die Eulen gelegt worden. Wie die Strafe der Geigen abgeleistet wurde, sagt der Eintrag vom 30. Oktober 1703, als Anna Schmidin mit der Geigen gestraft wurde, "die Geigen gegen zwei Stunden vor dem Hospitaltor (am Sand) zu tragen". Darnach ist wohl anzunehmen, dass dort ein Pranger stand, wo die Übeltäterinnen zur Strafe stehen mussten.

Schimpflicher war die Strafe der Creutzer'n. Weil sie 1481 Peter Mülner in seiner Ehre verletzt, "soll sie den Stein tragen"; das ist der in anderen Orten genannte "Schandstein". Zuletzt noch eine ganz unerwartete Bestrafung: 1722 klagt der Schultheiß Georg Morich (Morg) "gegen die Kochs Leut wegen Diebereien im Dorf" und beantragt, sie aus dem Dorf zu schaffen, zumal sie auch schon zweimal "auf der Kanzlei derwegen die Bastonade bekommen" ". Diese Strafe scheint man besonders gegen WaldfrevIer verhängt zu haben: Als 1774 der Sohn des spitälischen Untertanen j. G. Kröner zu Weipelsdorf während des Gottesdienstes, am Sonntagnachmittag gegen zwei Uhr mit ein Paar Ochsen und einem Stier im spitälischen jungen Schlag gehütet hatte, wurde der Vater mit zwanzig Reichstalern und der frevelnde junge Kröner mit 15 Stockstreichen im Bock" bestraft.

Ein anderer Waldfrevler hatte 1770 die Wahl zwischen gleich zu erlegenden 5 Gulden oder 5 Brügel auszuhalten. Diese wurden natürlich "in posteriori", auf den Hintern verabreicht.

Im allgemeinen liebten es die Spitalpfleger, sich von einem Verurteilten "Urfehde" schören zu lassen, wobei sie auch Bürgen für deren Einhaltung forderten. Die Urfehde bedeutete in dieser Zeit den Eid des vor Gericht Gestandenen, mochte er nun verurteilt, begnadigt oder freigesprochen sein, an den beteiligten Gerichtspersonen keinerlei Rache zu nehmen. In schweren Fällen sucht sich auch das Pfortengericht dadurch zu sichern. Die Länge des folgenden Beispiels rechtfertigen seine inhaltlichen und sprachlichen "Vorzüge".

"Ich Georg Stürmer und ich Margaretha seine eheliche Hauswirtin, beide zu Gaustadt, nadideme wir in des Herrn Georgen, Abten und Prälaten des Klosters Mönchsberg, Fronfest des Stockes aus wohlbefugten Ursachen und darum mit der Pfeifen gestraft worden, dass wir unangesehen deren vor der Zeit (früher) gegen uns unsres ärgerlichen, unchristlichen und verdächtigen Haushaltens und anderen mehr Unfugs halber vorgenommener Leibs und anderer Straf geschehenen Angeloben (Gelöbnissen) und Zusagen nicht desto minder unterstanden, allerlei leichtfertiges, verdächtiges und bezichtigtes Gesind von Weibs und Mannespersonen zu herbergen und denselben bei Tag und Nacht Unterschleif (Unterschlupf) zu geben, dadurch den Nachbarn ihre Hühner und anderes heimlich weggetragen und entwendet, und daher leichtlich allerlei besorgliche Gefährlichkeit, Feindschaft und anderer Unrat mehr könnte erregt worden sein und wiewohl wir hierdurch wohl mehr und höher Straf verdienet hätten, so hat jedoch unser gnädiger Herr und Prälat auf etlicher unsertwegen beschehener Intercession und Fürbitt uns auf diese geschworene und verbürgte Urfehde Stock und Pfeifen erlassen, dass wir die rechtmäßigen Ursachen von Gefängnis und Strafe in keinerlei Weise rächen wollen heimlich oder öffentlich

oder von anderen geschehen zu werden verstatten. So bekennen wir itzbenannte Bürgen . . . bei unseren wahren Worten, Trauen und Glauben an Eides Statt alles zu halten . . . Freitags den 3. Mai Anno 1585".

Auf dieses sprachliche Erzeugnis hat sich die Michelsberger Kanzlei oder der Gerichtsschreiber nichts einzubilden!

Für Männer und Frauen verhängte man also verschiedene Strafen, die für Frauen aber durchaus nicht weniger beschämend sind; dafür zeugt die angeführte Strafe des öffentlichen Steintragens. Auch bei der Leistung des Eides treten in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts Unterschiede auf. Bei der Eidesleistung heißt es in den Protokollen entweder kurz Zeug Jakob Klöber sagt auf seinen geschworenen Eid" (1560) oder ausführlicher 1542 Hans Stretz hat "mit aufgehobenen (auch aufgereckten) Fingern zu Gott und seinen Heiligen einen gelehrten (vorgesprochenen) Eid geschworen".. Bei den Frauen als Zeugen dagegen lesen wir z. B. im großen Gemeindeprozess: Kungund Eychelberger "hat mit aufgelegten Fingern" zu Gott usw. geschworen", ebenso die Kath. Hinckerin und Els Kreussin. Bei letzterer hat der Schreiber im Wort "aufgehoben, das er versehentlich gebrauchte, die Silben "hoben" durchstrichen und durch "legten" ersetzt, ein Zeichen, dass es ihm auf dieses Wort ankam Diese zunächst unverständliche Angabe wird klar durch die unverkürzte Eidesformel von 1536 »Katharina Behemyn zu Dörfleins hat mit aufgelegten ihren zwei Fingern auf ihre Brust einen gelehrten Eid geschworen. Deutlicher sag das eine feststehende lateinische Formel: In eius (ludicis) manibus impositis duobus digitis ad mamillam sinistram iuravit d. h. sie schwur in den Händen des Richters mit aufgelegten zwei Fingern auf die linke Brust, Welche Einflüsse mögen für die Einführung dieser auffälligen, unterschiedlichen äußeren Form der Eidesleistung, die sich natürlich auch in den anderen dem Pfortengericht zuständigen Ortschaften zeigt, maßgebend gewesen sein, zumal man doch sonst gerade im Gerichtswesen an den überlieferten Formen und Formeln zäh festhielt.

Dazu zwei Beispiele: Ein Gaustadter stellte 1438 bei Gericht den Antrag, "dass man im (ihm) sol pfands helfen ( zu seinem Pfand verhelfen) bey scheinender sunnen" d. h. bei Tageslicht. 1496 klagt Margareth Rennerin gegen Hans Crafft:

Sie verlangt als Lohn 10 Pfennig für den Tag, er will ihr nur acht geben. Urteil: Was Crafft einer der Frauen, die mit der Rennerin gearbeitet, gegeben hat, soll ihr auch entrichten. Nachdem es aber Lohn (Dienstbotenlohn) ist, soll ihr Crafft "solchen bei scheineter sonnen ausrichten".

Das zeigt sich auch sonst: Natürlich gab es auch ungerechte Anklagen oder auch Beschuldigungen, im Zorn oder Rausch ausgesprochen, deren Unrichtigkeit sich vor Gericht rasch erwies. Als Hans Hincker 1537 der Gerhaus Löherin ehewidriges Verhalten nachgesagt und sie damit ihrer ehren entsetzt und höchlichen geschmäht hatte", musste er Abbitte leisten, denn er wisse nichts anderes dann liebe, ehre und guts von ihr und ihren Kindern zu sagen". Das ist die übliche Formel für die Zurücknahme einer Beleidigung.

Hatte aber das Gericht doch eine Strafe aussprechen müssen, so findet sich oft sichtlich zur Beförderung des dörflichen Friedens folgende oder ähnliche Formel, dass sie "auch hinfüro freundliche gute Nachbarn und Gönner miteinander sein und bleiben wollen" (1554).

Wenn jemand in Not war und er bat einen Anwesenden um Hilfe, dann machte sich der Angerufene, wenn er nicht eingriff, straf und bußfällig.

So klagte 1504 der Vogt des Klosters als Richter des Pfortengerichts gegen Jobst und Thomas Eichelberger, nachdem Mathes den Horlender verwundet und (er) sie von gerichtswegen angeschreit habe, seien ihm nicht beigestanden, verbüße das etzlicher (jeder) mit der höchsten Buß"

1681 beschwert sich der hochfürstlich bambergische Kammerrat und Sekretarius Joh. Conr. Gelther über mangelnde Sorgfalt bei der Bewachung von Verhafteten. Nicolaus Rephun, Schlosser von Scheßlitz, hatte bei hellem Tag in Gaustadt die Kinder nach der Wohnung des Endres Manlein gefragt, habe dann das Haus umgangen und sei eingebrochen. Auf dem Boden habe er dann die Truhen des Knechts und der Magd geöffnet und deren Geld entnommen. Als der Knecht ihn dabei überraschte, sei der lose Gesell gegen ihn herausgeschossen, entloffen, welchen der Knecht verfolgt und mit Hilfe einiger grasender Weiber aufgehalten habe. Man habe ihm das Geld vermittels einer Frau, die ihm den Hosensack mitsamt dem, was er darinnen gehabt, mit dem Grasstumpf abgeschnitten, wieder abgenommen und ihn aufs Kloster geführt. Weil er dort unverschlossen und unbewacht geblieben sei, sei er auf und davon geloffen. Neben der Entschlossenheit der Gaustadter Frauen bei der Gefangennahme vergesse man nicht, wie gewandt eine dem Dieb seinen Hosensack abschnitt. Er wird wohl außen mit Riemen an einem Gürtel gehangen sein.

Zum Schluss noch ein Wort zum Pfortengericht hinsichtlich seines Bestandes.

Lahner schreibt im Anschluss an Martinet, dass das erste uns erhaltene Michelsberger Gerichtsprotokoll aus dem Jahre 1553 stamme. Beide kannten die im jetzigen Staatsarchiv Bamberg aufbewahrten Michelsberger Gerichtsbücher nicht, die bereits 1435 beginnen. Ebenso ist die Angabe Martinets zu berichtigen, "dass bereits schon (i) vor 1583 das Pfortengericht als aufgelöst und aufgehoben angesehen werden muss. Für dieses mit Schöffen besetzte Gericht für Zivil und Strafsachen bedeutet vielmehr wie auch auf anderen Gebieten der

30jährige Krieg den entscheidenden Einschnitt. Während dieses Krieges und besonders seit 1632 "das schwedische Unwesen" herrschte, war vor allem das Lehenswesen mit seinem ganzen verwickelten Getriebe ins Stocken geraten, ja oft genug außer Übung gekommen. Vom 6. Febr. 1631 bis 16. Jan. 1652 setzen die Pfortengerichtsprotokolle aus. Ganz wird man freilich das Gericht nicht haben entbehren können; es ist zu vermuten, dass man in Notfällen und besonders in ruhigeren Kriegszeiten von der Kanzlei aus Entscheidungen fällte. Darauf wird man aus der späteren Entwicklung schließen dürfen.

Als man 1652 das Pfortengericht wieder eröffnete, betrachtete man anscheinend als dessen erste Aufgabe, das Lehenswesen wieder in Gang zu bringen, von dessen Zinsen und Abgaben doch weitgehend der Bestand des Klosters abhing.

So lud man laufend säumige oder unwissende Lehensträger vor das Gericht, nötigte sie aufgrund der alten Lehens und Zinsbücher zum Lehenseid und zur Entrichtung der einstigen Gefälle.

Freilich wurde die Tätigkeit des Gerichts durch entstandene Streitigkeiten zwischen Fürstbischof Peter Philipp von Dernbach und dem Abt Roman Knauer seit Beginn der 1670er Jahre immer wieder gehemmt. Diese Zwiste, gehen auf den sich entwickelnden Absolutismus zurück, der versucht, die fürstlichen Rechte zu Ungunsten des Klosters natürlich auch anderer geistlicher und weltlicher Herrschaften zu erweitern. Es kam zu Haft und Suspendierung des Abtes, zur Einsetzung von verschiedenen Vertretern, bis schließlich der Tod des Bischofts 1683 diese Widerwärtigkeiten für einige Zeit wenigstens beendete. Sie lebten aber bald wieder auf.

So versteht man, dass immer wieder Unterbrechungen des Gerichts eintraten, und sich die Ordnung des Lehenswesens bis zur Jahrhundertwende hinzog. Hans Fuchs von Gaustadt legte 1698 seine Armut und Bedrängnis dar, flehentlich bittend, weil er von Lehensempfang sein Lebtag keine Wissenschaft gehabt und also sein Söldengütlein nicht empfing. Und Josef Monlein zu Gaustadt gestand ohne Umschweife, vor Gericht zitiert, 1699, er habe seine Gült seit Jahren nicht entrichtet. Bezeichnend für die Kenntnis des früheren Lehenswesens ist die Forderung der fürstlichen Regierung auf Bezahlung des Erbhandlohns, das aber ein unbestreitbares Gewohnheitsrecht des Klosters seit je gewesen war.

Am 11. März 1700 musste der Klosteranwalt zur Vollführung des Beweises (des) in universurn (allgemein).

Im Gaustadter Flur hergebrachten Erbhandlohnes den Schultheißen Lorenz Hemmeter, auch Hans Stierlein und Hans Stengel zu Zeugen« fordern. So wuchs allmählich dem Pfortengericht die Aufgabe zu, über die Lebensfälle zu entscheiden. Mit dieser Beschränkung und Änderung von Aufgabe und Wesen wandelte in dem sich entwickelnden Absolutismus auch die Besetzung und die neuen Ansichten über Recht und Regierung. In den dadurch entstandenen Streitigkeiten bedurfte man erfahrener Juristen. Diese sprechen in dem "Closter Mönchsbergischen Leben und Pfortengericht« das ist der neue amtliche Name in Lehenssachen Recht, die Klagesachen erledigt von nun an die Klosterkanzlei durch Erlasse und Verordnungen. Vom Mittwoch, den 13. Dez. 1651 ist der erste Eintrag des neuen Protokollbuches des Lebenund Pfortengerichts datiert: "Anstatt des Abts hat der wohlerwürdige und wohlgelehrte Herr Bonifacius Wagher, Prior und Cellarius, Ehrnfesten und wohlvorgeachteten Herrn Job. Heinr. Schlehelein, derzeit des Klosters Volgt, und Joh. Gg. Bayern z. Z. Kanzleischreiber in Gegenwart der ehrenfesten und vorgeachteten Herrn Pfortengerichtsassessoren Herrn Job. Brandt, Kastner zu Rattelsdorf, Herrn Wolf Heinr. Zennefeßen, Richter auf dem Kaulberg, (ohne Herr!) Mathes Dütschen, Unterrichter bei St. Jakob und Herr M. Job. Bieber erwähnten Klosters Prokurator, nämlich Voigt zu einem Richter und Bayern für einen Gerichtsschreiber gemacht und haben dieselben die gebührliche Pflicht wirklich geleistet".

Neben diesem Gericht bestand noch ein anderes, von dem wir nur ein einziges Mal und nur in verhältnismäßig früher Zeit hören. Im Januar 1437 klagte der Abt gegen die ganze Gemeinde zu Gaustadt, dass "sie ihm seine Rüge, die sie ihm alle Jahre tun sollen, nicht vollkommen getan haben, es sei um Raine, um Steine und um alles, das die Rüge anrührt (dazu gehört), ausgenommen, das den Hals betrifft". Als Zeugen ruft er die ganze Gemeinde selbst an, die er um 100 Gulden verklagt . Das Kloster sucht anscheinend damit für dieses Gericht einen Teil der Zentfälle zu retten, die sog. Reinbreche. Ausgenommen bleiben die Verbrechen, die an Leib und Leben gehen; die sind dem Zentgericht vorbehalten. Von diesem Rügegericht, das vielleicht auf das frühere Vogteirecht zurückgeht und das nach dem Verschwinden der adeligen Vögte an das Kloster zurückfiel, hört man später nichts mehr, es sei denn, dass man darauf die "Centeinfallfreiheit und das Auslieferungsrecht« begründete d. h. das Recht, den Zentknechten und Richtern das Betreten der Gaustadter Mark zu verwehren, um einen Verbrecher oder Ermordeten zu holen". Leider ist außer der Einreichung obiger Klage weder eine Verhandlung und noch weniger ein Urteil in dieser Klage zu finden, das uns über dieses Rügegericht näheren Aufschluss geben könnte.

Dieses Gericht ist wohl dem späteren Dorfgericht gleichzusetzen, von dem Martinet aus den Gemeinderechnungen überliefert, dass diesem Gemeindegericht oder Zwölfertisch zu Gaustadt'« das Recht zustand, durch eigene Richter Streitigkeiten bis zum Werte von fünf Gulden selbst zu schlichten. Martinets früheste Nachricht stammt von 1668. Aus wesentlich älterer Zeit besitzen wir noch einige Reste eines Protokollbuches, und zwar aus den Jahren 1488, 1494/95, 1498 und 1506. Besonders erfreulich ist der Umstand, dass die "Ordenung des Gerichts zu Gaustadt von 1498 erhalten blieb. Sie sei hier mit notwendigen sprachlichen Änderungen wiedergegeben:

"Mein gnädiger Herr vom Münchberg hat ein Gericht zu Gaustadt zu besetzen, das jährlich zweimal als um Walburgis und Martini je zu Zeiten nach Gefallen der Herrschaft und eines Vogtes in des Hofmanns Behausung und Hof daselbst, darauf jetzt Conz Linßner sitzt und innehat, gehalten wurde.

Und ein Vogt auf dem Münchberg anstatt und von wegen m. gn. Herrn als Richter besitzt das Gericht, daran auch die ganze Gemeinde des Dorfs, um Urteil zu sprechen, sitzt.

Als dann tut der Richter zum ersten (Mal) fragen, wer das Gericht besitzen soll als ein Richter; sprechen sie zu Recht: Mein gnädiger Herr vom Münchberg oder sein Gewalt (Bevollmächtigter) sollen als Richter besitzen.

Weiter soll durch den Richter gefragt werden, wer an solchem Gericht sitzen solle; sprechen sie zurecht, alle diejenigen im Dorf, die rn. gn. Herr vom Münchberg mit Tür und Nagel beschließt und die Lehen von seinen Gnaden haben.

Darnach fragt der Richter, worüber mein Herr allda zu richten und zu helfen habe; sprechen sie zu Recht: Er hab zu helfen über alle Güter daselbst, ausgenommen des Spitals Güter; deren sind drei.

Darauf der Hofmann das Gericht zum ersten, andern und zum dritten Male von einem Herrn vorn Münchberg und des Vogts wegen hegen, auch Gewalt-(anwendung) und überbracht (übermütiges Schreien) bei der höchsten Buße verbieten soll.

Der Hofmann soll auch, wenn man das Gericht halten will, solches der Gemeinde acht, zum wenigsten drei Tage davor verkünden, wie es altes Herkommen ist. Und wer alsdann zum Gericht nicht erscheint ohne redliche Ursache, der ist 22 1/2 Pfennige verfallen.

Auf das solle (auch) ausgeschrieen werden, wer zu klagen habe, der möge das tun."

Dies Dorfgericht tagt im Namen des Abts als Dorfherrn, aber nur für seine, des Klosters, Untertanen ohne die drei Güter des Spitals. Der Besitz des Dornkapitels wird nicht erwähnt. Ein solches Gericht mit sämtlichen Nachpauern , wie die Dorfgenossen 1488 heißen, als Urteilern wirkte gewissermaßen als Einführung in die Rechtsfindung und als Vorbereitung zum Schöffendienst am Pfortengericht. Wer sich im Dorfgericht als ein einsichtiger, urteilsreifer, vielleicht auch sprachbegabter Mann empfahl, den konnte man zum Klostergericht holen. Wir dürfen uns dieses Gericht durchaus nicht als eine mehr oder weniger geordnete Bauernversammlung vorstellen, sondern als eine ini überlieferten äußeren Rahmen durch Verkündigung und Ausschreien, durch dreimaliges Friedgebot geliegte und durch Teilnahme der gerade in diesen Jahren amtierenden adeligen Vögte sich abspielende alljährliche Festfeier, die an Werktagen völlige Arbeitsruhe gebot.

Die uns erhaltenen Protokolle verraten überdies noch die öftere Anwesenheit seiner Gnaden des Abtes und des damaligen Cellarius Herrn Joh. Redlein, des eigentlichen Klosterrichters. Darum hat ja auch der Inhaber des Kellereihofes, der Hofmann, die Pflicht der Verkündigung und des Friedgebotes. Er wird, wenn es auch in der Gerichtsordnung nicht enthalten ist, dafür gesorgt haben, dass das Dorf seinem Herrn einen sauberen Eindruck bot, und dass die Bauern in einem ordentlichen Gewand erschienen.

Ein Protokoll beginnt z.B.:"judicium (Gericht) Gaustadt gehalten am Montag nach Lucie (15. Dez.) anno 1488. Judex (Richter) Symon von Schaumberg Volt, scabini tota conimunitas (Schöffen die ganze Gemeinde), notarius iudicii (Gerichtssehreiber) Valentin Cristan." Vor diesem Gericht klagte Hans Rigel um erschlagene Hühner, oder 1495 Benedic(t) Knau3 um einen vorenthaltenen Wetzstein für Sensen, oder am Samstag nach. johannis ante portam Latinam (3. Mai) 1494 vor dem Richter Sebastian von Kungsfeld in Gegenwart des Abtes der Hans Kraus gegen Kilian Volker, wie er einen Markstein verruckt hab". Dabei fragte der Richter bei der Besichtigung das Gericht, ob das ein Markstein sei oder nicht. Es wurde erkannt, "wann man hat stein dabei funden, wie die bei einem markstein ligen sollen, so wollen sie den für einen markstein halten". Das ist ein frühes Zeugnis für die von den Märkern unter die Marksteine gelegten gezeichneten Steinchen. 1506 klagte Els Zollnerin gegen Hans Frank wegen Herausgabe von Hemd, Schürze und Kittel. Dabei wird bemerkt, dass der Verurteilte Frank an das Pfortengericht appellieren wolle. Damit haben wir den Instanzenzug Dorfgericht Pfortengericht bischöfliches Landgericht gefunden. Ferner erlaubt die oben angeführte Zuständigkeit des Dorfgerichts für die Versetzung von Marksteinen, also um Rain und Stein, die Gleichsetzung des 1437 erwähnten Rügegerichts mit diesem Dorfgericht. Dabei sei auf die bei E. v. Guttenberg angeführte Urkunde von 1383 "über das Rugrecht und Gepauerschaft" von Nydernkuebz" hingewiesen, wohl das gleiche Gericht wie bei Gaustadt ".

Unterhaltung und VergnügenDer Mensch bedarf nach der Arbeit einer Entspannung und Erholung. Der Bauersmann findet sie gewohnheitsmäßig im Gespräch über landwirtschaftliche Dinge, dörfliche Vorkommnisse oder politische Fragen im Wirtshaus bei einem Trunk. Josef Kerslein hat z. B. 1544 als ein Dorfmeister mitsamt den Nachtbauern (Nachbarn, wie die Dorfgenossen heißen) in der Gemein gearbeitet und wie dann der Brauch, einen Trunk in des jungen Eichelbergers Haus daselbst getan. Gelegenheit zur Einkehr gab es in Gaustadt zur Genüge.

Zwar finden sich dort nur drei Gaststätten, in denen man Bier ausschenkte, z. T. auch selbst braute; im 18. Jahrhundert verfügte jede Lehensherrschaft über eine Schenkstatt. Die des Klosters war, heute Brauerei Wörner. 1718 hatte der damalige Inhaber Georg Morg vom Kloster "als oberdorfsgemeindherrschaft samt der Vogteilichkeit" zu Gaustadt die Erlaubnis erwirkt, eine Brauerei einzurichten. Auf diese eben genannte Herrschaft berief sich das Kloster, als der domkapitel'sch, Wirt Heinrich Röckelein zu Gaustadt an die fürstliche Regierung zu Bamberg die Bitte richtete, gegen diese Neuerung "mit Einschlagung des Brauhauses zu verfahren". Wie in Gaustadt hatte das Kloster auch schon in Gremsdorf und Viereth Brauereien einzurichten begonnen. Die Regierung hatte dagegen bis zum Reichshofrat in Wien prozessiert, war allerdings unterlegen. Es ist die vielgerühmte Schönborn'sche Zeit, in der der absolutistische Fürst die Rechte der unbequemen Dorfherrn zu beschneiden oder gar aufzuheben versuchte. Die klösterliche Bierwirtschaft in Gaustadt besteht mindestens seit 1542, wo sie zum erstenmal erwähnt wird. Sie geht aber sicher auf viel ältere Zeit zurück. Nach Martinet war der eben genannte Görg Morg 1716 Wirt "zum goldenen Stern", nach C. Ph. Löven 1748 allerdings "zur Sonnen". Man findet es auch unter der Bezeichnung "das untere oder das alte Wirtshaus"; so wird im alten Wirtshaus 1686 der Dieb Martin Hoffmann eingebracht. Es bestand also schon ein anderes, das sog. obere Wirtshaus, auch auf dem Knöcklein genannt. Damals stieg ja die Straße vom Bach her steil an. Martinet erwähnt auch 1688 einen Wirt Gg. Brechtlein; dieser Brechtlein aber erwarb 1675 um 80 Gulden, auf der später das spitälische Wirtshaus erscheint. Es ist darum nicht ganz richtig, wie es geschehen ist, in der sog. Bayerlein' schen Wirtschaft das obere Wirtshaus zu sehen, nachdem die eigentliche obere Wirtschaft um 1745 eingegangen und die Erinnerung daran geschwunden ist.

Das spitälische Wirtshaus ist jedenfalls jünger als das michelsbergische und war dem Kloster immer ein Dorn im Auge. Es nimmt daher nicht wunder, dass noch 1716 auf einen Protest der Spitalpfleger wegen des Kirchweihschutzes die Klosterkanzlei überlegt, "weil diese Schenkstatt ohne Erlaubnis des Dorfs und Gemeindeherrn errichtet, ob nit der ausgehängte Schi1d zu kassieren sei", der Schild mit dem Namensbild. Wie hier so wird auch beim domkapitel' schen Besitz, Bayerlein' sche, heute die obere Wirtschaft genannt, nicht mehr festzustellen sein, seit wann hier ausgeschenkt wurde. Nach Löven hatte auch dieses Anwesen zum Hirschen die "Bräu und Wirtschaftsgerechtigkeit" und 1760 ist Hs. Gg. Mahr als Wirt darauf.

Es ziemt sich bei der Bedeutung der Gasthäuser in einem Dorfe audi die in Gaustadt näher zu betrachten. Am wenigsten finden wir in den Quellen die domkapitel' sche Wirtschaft.

Immerhin beschwert sich 1771 der Schultheiß Franz Weltz, dass manche Bamberger das sog. Schlereth' sche Wirtshaus zu Gaustadt das ist das domkapitel' sche täglich besuchen und "verschiedene Exzesse bis in die späte Nacht mit Schreien, Tumultuieren auszuüben pflegten". Unter anderem waren diese, nach Zeugenaussage die beiden Weykamp, der Weggeldeinnehmer Hubert auf dem Kaulberg, der Grenadier Dorsch, der Rezeptoratsbote Wandermann und der Bärenwirtssohn in der Langgasse, mit den Musikanten nach neun Uhr abends aus dem Wirtshaus herunter auf den Platz, wo sonst der Plan(tanz) aufgeführt wird, herumgezogen, auf solchem unter Schreien und ärgerlichem Singen herumgesprungen und endlich auf gegebene Losung (Zeichen) drei Schmuss aus dem Fenster herausgetan. Gaustadt gehörte wie auch das benachbarte Bischberg zu den beliebten Ausflugsorten der Bamberger. Die oben wegen ihrer sozialen "Schichtung" namentlich aufgeführten Zechbrüder, bei denen vermutlich der Bärenwirtssohn den Zahler machte, vergnügten sich in echt barocker Weise mit Musik, viel Lärm und Gewehrschüssen.

Das spätere spitälische Wirtshaus besitzen 1452 Hans und Mathes Stürmer; jeder zahlt 45 Pfennige Zins und eine Fastnachthenne, 1511 verkauft Hans Rigel zum Bären in Bamberg das Anwesen an Hans Stürmer. 1615 empfängt Lorenz Seidlein eine Behausung auf dem Knöcklein zur rechten Hand, als man von Bamberg nach Gaustadt geht. Sein Vater Pankraz hatte es 1606 um 90 Gulden gekauft. Seit 1639 wurde von diesem Haus kein Zins gezahlt, es lag wohl öd. Nadi 1686 besitzt es Georg Prechtlein, dessen Witwe Anna 1699 es in der Teilung übernimmt. Diese heiratet im gleichen Jahr den Martin Forster, Jakob Pfister und schließlich Andreas Hoffman. Am 18. Dezember 1719 verkaufte Maria Barbara Hoffmännin, Wirtin zu Gaustadt, das Wirtshaus samt dem dazu gehörigen Garten und der Stallung wie auch die Hofreit, soweit ihm die Wirtin hat angewiesen, "beinebens ein halb Dutzet Maß und Seidleinkrüg, auch ein Dutzet Stühl und eine Tafel (Tisch), wie auch etwas von Fäßlein, welche ihr sind, aber an Eimern nichts, wieviel auch was im Haus geniet und genagelt ist, auch ist benannt ein eiserner Ofenhafen für und um 450 Gulden fränkischer Währung, dann 6 Taler zum Leikauf". Davon sollten 250 Gulden an Ostern 1720, die anderen 200 Gulden die folgenden Ostern jedes Mal 50 Gulden erlegt werden. Der Käufer war der ehrbare Meister Valentin Rieß, bei Herrn von Kindsberg wohlverordneter Bierbräuer zu Wernstein. Die Verkäuferin sollte bis Jacobl 1720 frei im Haus verbleiben und ihr Gewerbe forttreiben. Obengenannte (Anna) Maria Barbara Hoffmann, Wirtin zu Gaustadt, sagte am 17. März 1718, "dass die 38 Reichstaler zu ihres Mannes (Pfister) Redemption (Auslösung) aus dem Kerker auf dem Mönchsberg wegen begangener Fischdiebereien von einem Bischberger Juden herrühren«.

Der Käufer Rieß war mit 450 Gulden gewaltig übers Ohr gehauen worden. Er gab anscheinend das Anwesen bald auf, denn im gleichen Jahr erscheint er als Wirt im spitälischen Wirtshaus zu Bischberg. Bemerkenswert ist auch das kümmerliche Inventar dieses Wirtshauses.

Obige Ausschreitungen im kapitelschen Wirtshaus scheinen übrigens nur ein Einzelfall gewesen zu sein. Schlimmer d. h. ganz schlimm allerdings auf anderem Gebiet ging's im spitälischen Wirtshaus her. Nachdem weder die alten Gebäude stehen noch die Wirtschaft darin betrieben wird, können einige Proben der damaligen

Zustände gegeben werden. Martinet, der sonst von Gaustadt und seinen Bewohnern fast nur Rühmenswertes zu sagen weiß, bezeichnet dies Wirtshaus mit den aus den spitälischen Protokollen entnommenen Ausdrücken als Hurenhaus und Mördergrube. Das erstere kann nicht bestritten werden, das zweite ist entschieden übertrieben, da dort niemand ermordet wurde. Feine Sitten herrschten dort gerade nicht. Der Wirt Albert Brein gibt 1731 zu, dass er den betrunkenen Paul Waldhauser um neun Uhr abends Polizeistunde aufgeweckt, er solle sich auf die schon gemachte "Strey" (Streu) niederlegen und das Seidlein Bier nebst dem Schlafgeld (!) bezahlen. Da der Berauschte anfing, lästerlich zu "schenden" und zu schmähen, habe er ihn ins Gesicht geschlagen. "Weil es sich nicht geziemt, die Gäste zu schlagen, als soll Brem 15 Schillinger zur Straf, vier Batzen für des Klägers Gang und 7 Schillinger für die Klag zahlen".

Die andere Seite: Margarete Waltzin ging 1729 in das spitälische Wirtshaus, um wegen eines "verdächtigen Mensches ihren Mann zu suchen«, welchen sie zwar nicht gefunden, das Mensch hingegen hat sie dermalen in persona angetroffen, mit welcher sie sich mit Verballen (Worten) eingelassen. Der spitälische Schultheiß sagte aus, "er habe gehört, beim spitälischen Wirtshaus habe beständig ein Mensch in der oberen Stuben herausgeschaut, mit welcher der Weltzin Mann, der drei Tage nicht bei seinem Weib gewesen, vermutlich konversieret. In Ansehung, dass beklagter Wirt ein sehr armer Tropf, dahero mit keiner Geldstraf angesehen werden mag (kann), als muss er der Klägerin deprezieren" (Abbitte leisten).

Am 8. August 1735 geschah vom Vizedomamt durch den Zuchtmeister (Vorsteher der Besserungsanstalt) Wolfgang Göttling die Anzeige "sich die sog. und schon zweimal im Zuchthaus (Besserungsanstalt) gelegene Fräulein von Rosenaw aus Schlesien gebürtig hinwiederum in dem Knöckleinwirtshaus spitälischen Lebens zu Gaustadt aufhalte". Die Vernehmung des Wirts ergab: Am 7. August "sei die Nachricht einkommen, der junge Herr Zollner von Brand (Carl Maximilian) sei mit seinem Jäger und noch drei anderen nach Bischberg, worauf die Fräulein samt Musikanten dahin gefolgt. Die Fräulein sei des Nachts nicht zu ihm zurückgekehrt, wohl aber seien die Musikanten gegen neun Uhr abends ganz allein zu ihm gekommen und hätten da zu Nacht gespeist, darauf heimgangen, ihre Instrumente aber aufzuheben dagelassen". Der junge Herr Baron hatte offenbar das Fräulein mit Musik zu sich nach Bischberg auf sein Schlößchen spielen lassen!

Neben diesem spitälischen Wirtshaus wohnte um 1740 der Metzger Linhard Vogel. Bei diesem hielten die Runiorknechte (Polizei) Haussuchung und fanden eine ihnen "wohlbekannte Weibsperson«. Es seien drei Büttnersgesellen bei ihr gewesen, und "einer bei ihr übernachtete. "Weilen besagter Linhard Vogel fast nicht weiß, wo er und seine Kinder das höchst benötigte Brot zu ohnentbehrlicher Nahrung bekommen könnte, wird ihm eröffnet, dass er bei nächster vorfallender Klag über seine üble Haushaltung ohne weiteres Nachsehen fortgejagt werden solle". Das geschah bald, da er Kornähren abgeschnitten und Holz gestohlen hatte.

Übrigens hatte man 1740 auch über das mönchbergische Wirtshaus zu klagen. Obige Weibsperson hatte sich auch bei dem unteren Wirt aufgehalten, "welcher Wirt derselben sogar ein besonderes Bett eingeräumet und, da sie endlich alles (Geld) verzehret, ihre Kleider bis zur Abzahlung gemachter Schulden arrestierlich innenbehalten"

Zur Ehrenrettung Gaustadts sei ausdrücklich gesagt, dass die spitälische Verwaltung fast nur fremde Pächter auf ihr Wirtshaus bekam, kein Wunder bei dessen schlechtem Ruf. Im übrigen zeigt sich auch hier, dass oft genug bittere Not zur Unmoral führt.

Trotz dieser drei Bierwirtschaften liest man von deren Besuch verhältnismäßig wenig, viel lieber tranken anscheinend die Gaustadter Wein. Ja man gewinnt den Eindruck, dass dieser überhaupt das tägliche Getränk darstellte. Wenn man die Urbare und Lehenbücher kennt und weiß, wie es mit den genannten Schenkstätten stand, dann überrascht die Tatsache, dass die Gaustadter z. B. 1545 beim Hans Hincker oder 1623 beim Wirt Hans Kreutzer zum Wein gesessen waren, obwohl doch in den Zinsbüchern usw. nirgends der Weinschenken Erwähnung getan wird. Auch die Gerichtsbücher kennen keine Streitigkeiten wegen des Weinschenkens wie wegen des Biers, wohl aber viele in den Schenken. Das kann seine Erklärung nur darin finden, dass die Gaustadter Weinbergbesitzer, die Häcker, das Recht hatten, ihren selbst gekelterten Wein im eigenen Haus, in einer Heckenwirtschaft würden wir heute sagen, an ihre Gäste auszuschenken.

1522 wird Clas Hoffman, Hincker genannt, als ein Wirt erwähnt, der gleiche, der im nächsten Jahr als "peck zu Gaustadt« verstorben war. Damit findet sich in Gaustadt wie im alten Würzburg die Weinwirtschaft mit einer Bäckerei vereinigt, wo ja Beck soviel wie Weinwirt bedeutete. Von einem Gemeindebackofen erzählen die Quellen nichts, auch stellt der eben genannte Beck meinen einzigen Beleg in dieser Hinsicht dar.

Die Einwohner Gaustadts mussten mindestens in Geschäften, vor allem zum Kirchgang in die benachbarte Stadt. Man kehrte natürlich auch dort ein, mit Vorliebe im Sand z. B. im Mondschein, im weißen Rößlein oder beim Hans Stumpf zum Ringlein (1693). Dort blieben sie sitzen wie daheim, sie konnten auch etwas vertragen, aber leider tranken sie oft über ihren Durst und über ihr Können im Vertragen, auch im Bezahlen. Zechschulden beim Wirt oder bei den Dorfgenossen sind nichts Seltenes. So gibt Caspar Weigand 1728 zu, beim spitälischen Wirt Joh. Laux in Gaustadt gegen fünf Glas Wein getrunken zu haben. Als er mehr forderte, verweigerte es ihm mit gutem Grund der Wirt'. 1703 kam Jacob Schneider zu Bischberg auf drei ein halb Maß Wein, wobei zu beachten ist, dass die alte Bamberger Maß um etliches mehr hielt als unser jetziger Liter.

Aus dieser gelegentlichen Unmässgikeit erklären sich auch die Körperverletzungen, die durch Zeugen bewiesen werden, wie 1506, als "alle nit fast nüchtern gewest wären", wobei man wissen muss, dass damals noch fast eine Verstärkung bedeutete wie heute sehr, oder 1541, als "die anderen waren alle voll gewest", oder wenn 1765 von einer vollen Metten die Rede ist, so wird das das gleiche meinen wie heutzutage, wo man eine betrunkene Zechgesellschaft damit bezeichnet übrigens Zeche? Damit bezeichnen wir heute das für Speise und Trank im Gasthaus ausgegebene Geld. 1608 aber sitzt z. B. der Schultheiß "in seiner Zeche hinter dem Tisch" und ist "von seiner Zeche aufgestanden" '. Hier bedeutet das Wort die um einen Tisch versammelten Gäste, die Trinkgenossen. Wenn Hans Linsner der alte 1526 "etwan in Hansen Stretzen Haus an einer sondern Zeche gesessen war" und "ein Seidtlein Weins" trank, dann hielt er sich an einem andern Tisch gesondert von den übrigen auf ".

Wenn man sich den Wein in Halbliter Krügen, ja in Maßkandeln vorsetzen ließ, wie man unten sehen wird, dann wird oft genug die entsprechende alkoholisdie Wirkung eintreten, die Stimmen werden lauter, die Stimmung ungezwungener, rauher, roher. Es hatte 1544 der Dorfmeister Jos. Kerslein "mitsamt den Nachtbauern« in der Gemeinde gearbeitet und nach solcher Arbeit wie dann der Gebrauch einen Trunk in jung Eichelbergers Haus getan, d. h. nachdem man zum Nutzen der Gemeinde gearbeitet hatte. Ebenso gehört ein Trunk ans Ende eines Kaufs, aber auch einer amtlichen Handlung, Haben z, B. die Märker ihr Geschäft beendet, so werden "die Markstein vertrunken", d. h. man gibt den Männern eine Verehrung in Wein oder Bier (1495). Als es sich 1494 um eine Vereinbarung wegen solcher Marksteine handelte, heißt es, dass, wer solche Abmachung nicht halte, jedem Markmann ein Paar Hosen" d. h. das Juch zu einem Paar Hosen", wie es erklärend heißt, "dem Voyt (Klostervogt) ein halb Fuder Weins geben solle ".

Auch setzte sich die Dorfwache, wenn sie eine Runde hinter sich gebracht hatte, bis zur nächsten eben auch ins Wirtshaus. So hatten 1536 Wolf Amling, Hans Stürmer, Hans Eidielberger und Eberlin Knaus Wache und saßen zwischenzeitlich bei einem Trunk. Der Wein hatte sie angeregt, oder war es schon etwas mehr gewesen, Amling jedenfalls gab seinen hochgemuten Gefühlen mit den Worten Ausdruck, "wenn ihn heint (heute nacht) einer nit guten Bescheid gebe" d. h. wohl, wenn einer ihm nicht sofort recht gebe, "dann wollt er ihn bei dem Sakrament durch die Schwarten hauen und wenn es ihm zehn Gulden kosten soll". Bei einer solchen Zeche trank man sich auch gegenseitig zu, wie 1541 "Kerslein dem Krausen einen Trunk gebracht, und er, Kraus, des gewahrt und ihm gesegnet ". Das will sagen, Kraus hatte sich des Trunkes versehen, darauf gewartet, denn Kerslein hatte vorher gedroht, Kraus müsse "an einem kalten Eisen ersticken oder erwörgen", was wiederum heißen soll, er drohte ihm mit Erstechen oder Erwürgen ' ". Kraus hatte sich dem entzogen, hatte sich entfernt, denn "gesennen" bedeutet Abschied nehmen. Ein anderer Kerslein Namens Heinz hatte 1543 dem Peter Löhr ein Glas Wein ins Angesicht geworfen und vom Leder gezogen". Diese Art, einen Zechgenossen zu verschimpfieren, scheint in Gaustadt nicht selten gewesen zu sein. Dazu gab es noch Erweiterungen und Verstärkungen. Schlimmer war es sicher, wenn 1510 Cunz Stürmer und Cunz Rabe mit Worten aneinander kamen, dass sie einander unter die Augen gespeit haben. Da habe Rabe dem Hans Franken zu trinken geboten, hab er nit trinken wollen, also hab er ihm ein Krausen (irdenen Krug) Weins unter die Augen gossen". Wenn man einem aufs Zutrinken nicht Bescheid tat, galt es als eine Beleidigung. Das sind übrigens nicht die einzigen Beispiele.

Hier zeigen sich fürwahr die gleichen grobianischen Sitten, die jede "Tischzucht" vermissen lassen und das wüste, unflätige Benehmen dreist herausstellen, wie sie gerade um diese Zeit Seb. Brant und Thomas Murner schildern und geißeln. Nicht nur der verkommene Ritter und der protzende Bürger, auch der "einfältige", Bauer säuft, flucht und rauft. Man nehme weiter die schmutzigen, aber alltäglichen Ausdrücke hinzu, um diese nicht nur derbe, sondern wilde, handelsüchtige, unsaubere Zeit zu erkennen. Dabei kamen die Frauen nicht viel besser weg, sie benehmen sich, die Trinksitten ausgenommen, wie ihre Männer, so dass man kaum gelegentlichen verschämten Worten und g' schämigen Klagen glauben kann. Die Belege für die Raufereien und Stechereien folgen, weil sie nicht als Unterhaltung und Vergnügen anzusehen sind, gesondert weiter unten.

Zum Wirtshaus gehört schon immer das Spiel. Niemals lesen wir etwas von Würfeln, sondern immer nur von Karten. Beim Kartenspiel zeige sich, sagt man, der wahre Charakter, und beim Kartenspiel wurden schon die besten Freunde zu heftigen Gegnern. Sollte es in Gaustadt anders gewesen sein?

Der Heinz Stürmer und der Horlender saßen 1505 beim Wein und spielten, da "hat dem Stürmer der andere vier Pfennig aufgeschlagen« und hat an den Degen gegriffen. 1552 zechten Röthlein, der junge Forster und andere mehr unten in der Kungund vfm Brand Behausung zum Schlüssel am Sand an einem Tisch und spielten "auf der Karten". Da sagte der eine "Ich hab das Spiel gewunnen und du nit; dann ich hab 17, so hast du nit mehr dann 16. Leider können wir daraus, so wissenswert das wäre, nicht erkennen, um welche Art von Kartenspiel es sich handelte.

Dagegen war anscheinend in Gaustadt das Kegelspiel oder, wie man damals sagte, das Kugeln nicht an das Wirtshaus gebunden. Die Kegelbahn ist auf dem Dorfplatz zu suchen. An der einzigen Stelle, die ich beizubringen weiß, handelte es sich um einen Markstein, der hier wirklich ein Stein des Anstoßes war. Kraft Hofman erklärte 1494, wie er vor 30 Jahre da getanzt und gekugelt, da hat er einen Steingesel ich. Ob es aber ein Markstein gewesen, das wisse er nicht. Benedikt Kraus hat vor acht Jahren da gekugelt und einen Stein und "vrreytel"(?) gesehen. Und Petronelle Vorsterin hat mit anderen Maiden vor 30 Jahren da getanzt und "het in vff ein Zeit eynen hann vfgeworfen", darum sie tanzten. Sie wollten sich vermessen, den Stein auszugraben, um dass (weil) sie sich immer daran stießen. Jörg Eichelberger aber sagte, sie kämen zu Schaden. Wenn man das liest "einen Hahnen

aufwerfen", so möchte man zu gern an den Hahnenschlag am Kirchweihmontag denken, der Tanz würde ja auch dazu passen.

Der Tanz wurde damals also im Freien abgehalten, auf dem Dorfplatz, wo ja auch die Linde stand. Es ist ein richtiger Plantanz, auch Platztanz bei uns geheißen. Dieser gehörte zur Kirchweih. Dieser Tanz der alten Zeit war ja ein Reigen oder Reihen, der sich im Spiel der Mädchen als Ringefreihen bis jetzt erhielt. Der älteste Beleg stammt von 1593. Da war der uns schon unrühmlich bekannte Schneider Kolman im Tanz auf den Sohn des Zieglers Hans Kastner gefallen und hatte dem ein Bein "zerbrochen". Er wurde durch Georg Stretzens Tochter, mit der er getanzt, überwiesen. Darf man daraus schließen, dass dies in der Dunkelheit, bei angebrochener Nacht passierte ?

Da man die Kirchwelhe (übrigens ohne Kirche!) in Gaustadt am zweiten Pfingstfeiertag beging, der fiel in diesem Jahr auf den 7. Juni, so hätte man damals weit in die Nacht hinein getanzt, da es ja in dieser Zeit sehr lange hell bleibt. 1684 erinnerte der Schultheiß bei der Kanzlei an die am andern (zweiten) Pfingsttage stattfindende Kirchweihe mit der Anfrage, wessen er sich des Tanzes halben zu verhalten habe. Damit ist die Kirchweihe ausdrücklich bezeugt. Kann man das aber auch aus dem Folgenden? Am 1. Juli 1623 gestattete der Abt auf Ansuchen der ledigen Knechte zu Gaustadt, ein Kleinod aufzuführen und dabei einen ehrlichen Tanz zu halten, doch mit Verbot und Strafe von zehn Gulden und Verhaft des Stockes, dass einer sich unruhig, haderisch oder zankisch oder sonst ungebührlich verhalte, dessen sie sich untertänigst bedankt und sich gebührlich zu verhalten versprochen Das Kleinod weist bei uns auf die Kirchweih hin. Das Kloster erhob als Dorfherr den Anspruch, dass alle Dorfgenossen, ob spitälisch. oder domkapitelisch, in Dorf und Gemeindesachen den von ihm ausgehenden Befehlen gehorchen müssten; darunter begriff man auch die ganzen Kirchweihangelegenheiten.

Als daher die Pfleger und Verwalter des Spitals 1716 wegen eines am 1. Juni beim Kirchweihschutz geschehenen Einfalls, abgeschaffter (verjagter) Spielleute und besonders wegen eines übel traktierten Pfeufers wie auch der vom (Polizei ) Büttel der Wirtin versetzten harten Streiche protestierten, fasste das Kloster in dem Antwortschreiben seine Rechte in sechs Punkten zusammen ". Es forderte 1. die Ausrufung des Friedgebotes durch den Gerichtsdiener nach dem Gottesdienst vor dem Wirtshaus; in manchen Orten geschah es mit Trommel und Pfeifen, 2. die Aushängung eines Fahnens (!) auf dem Turm, welches soviel bedeutet, dass es an solchen Tagen fried und schiedlich zugeben soll. Die Fahne erlaubte keine Ausrede, 3. das Recht, den Bannwein auszuschenken; die Kirchweihschutzherren pflegten ihre dazu bestellten Leute, Wirte, Gastgeber und Leut geben Wein und Bier maßweis den Bauern auszapfen zu lassen, 4. die freie Aufstellung allerlei Krämereien, wobei der Gerichtsherr das Stand und Ladengeld einfordert, 5. die Haltung eines offenen Tanzes, Kugelplatz, Spieltisch, aus welchen allen der Gerichtsherr seinen Anteil hat, 6. wenn Händel und Schlägereien entstehen oder den oben angeführten Effectibus (Punkten) etwas zuwider von den Einwohnern, obschon sie in anderen Lehen wohnen, gehandelt würde, sind solche Übertreter der Kirchweihbeschützer Correction und Emendation (Züchtigung und Besserung) so lange unterwürfig, als der Kirchweihschutz dauert. Trüge sich aber auf diesen Kirchweihtagen Mord und Totschlag zu, so können solche Verbrecher drei Tage lang von dem Dorf , Vogtei und Gerichtsherrn gefänglich behalten werden ".

Gaustadt feierte seine Kirchweihe am zweiten Pfingstfeiertag und wohl lange, bevor es dort eine Kapelle gab.

Die Bemerkungen Martinets über die erste hölzerne "Kapelle" und den Bau der steinernen gehen nicht recht zusammen, abgesehen davon, dass man seine Angaben nicht nachprüfen kann. Nun sollte man meinen, Gaustadt habe beim Fehlen einer eigenen Kapelle die Kirchweih mit seiner zuständigen Pfarrei zu U. L. Frau in Bamberg gefeiert. Dem ist aber nicht so. Die obere Pfarre beging ihre Kirchweihe am dritten Sonntag im Mai, wohl zur Erinnerung an die am 19. Mai 1387 erfolgte Einweihung der neugebauten Kirche. Freilich wurde die sog. Kirchweih manchen Orts ganz willkürlich ohne jeden Bezug auf die Kirche, sozusagen als rein weltliches Fest, gelegentlich auch, von Wirten zur Förderung des Geschäftes angesetzt. Das aber scheint in Gaustadt doch nicht der Fall gewesen zu sein. Denn am zweiten Pfingsttag hielt man in Gaustadt nach Martinet den Flurumgang zugleich mit der Kirchweih. So darf man den Flurumgang, der freilich von Bischberg ausging, und dem sicher eine mehr oder weniger ausgedehnte Zusammenkunft der Gaustadter in den Gasthäusern folgte, als Ausgangspunkt seiner "Kirchweih" ansehen. Die Bischberger Quellen bestätigen den Wirtshausbesuch der Gaustadter.

Leider ist es beim Fehlen der Gemeindeakten nicht mehr möglich, Verlauf und Aussehen der Gaustadter Kirchweih darzustellen. Die uns erhaltenen Verwaltungs- und Gerichtsquellen enthalten nur Andeutungen und Zufälligkeiten. Gerade die Kirchweih, die man als ein Hauptfest des dörflichen Jahres bezeichnen muss, könnte einen wesentlichen Beitrag zum Leben im Dorf liefern. Der Mangel beginnt schon bei den Amusserlichkeiten. Wo wurde z. B. die Kirchweihfahne ausgehängt? Auf dem Dachreiterlein der Kapelle? Und vorher? In Stegaurach beispielsweise hing die Fahne aus einem Bodenfenster des Camerarischen Vogteihauses heraus. So etwas gab's aber in Gaustadt nicht. In Küps wird die "Jahne" als ein Kalbs- oder Schaffell oder als ein Stück Zeug von rotem Barchent, auch als drei Ellen langes Leintuch beschrieben.  Wir hören in Gaustadt nichts von den oben erwähnten Krämerelen und Spielplätzen; es kamen aber gewiss fahrende Leute und Schausteller mit allerlei Getier, es spielten fremde Musikanten und Gaukler zeigten ihre Künste in den Spielbuden, bei den Scholderern, konnte man einer Art Glücksspiel huldigen, wohl mit Würfeln.

Wir wissen aber, dass ein Planmaien, ein Kirchweihbaum, wie jetzt noch üblich, aufgerichtet war. Denn 1722 wurden zwei Knechte des Herrn Buffler auf dem Abtshof befragt, warum sie den Planmaien abgehauen hätten und wer ihnen solches geheißen. Der eine erklärte, er habe zwei Bäume auf seinem Wagen gehabt und nicht vorbeifahren können. Er habe lange still gehalten, bis Herrn Rittertrompeters Sohn, auf dem domkapitel' schen Wirtshaus sitzend, gerufen: "Haut den Maien um!"

Das habe er getan, meinend, ein solches würde nichts zu bedeuten haben. Auf diese faule Ausrede hin sagt der Dorfmeister Hans Adam Hemmeter, der Knecht habe wohl vorbeifahren können, Herr Buffler aber gerufen: "Was macht der Bettel da? Möchten sie der Bäume noch soviel hinsetzen!" Das Kloster aber wahrte die Gebräuche des Dorfes und befahl, Herr Buffler und dessen Knechte sollen einen anderen Planmeien wieder an dessen Platz schaffen und die Kosten bezahlen.

Der Michelsberger Kanzleidiener besuchte am 13. Juni 1791, am Kirchweihtag, das domkapitel' sche Wirtshaus des Joh. Leicht und erhielt die ihm zustehenden zwei Maß Bier und das Zwei Kreuzer Brot. Er konnte melden, dass gemäß des dorfherrschaftlichen Befehles der Sohn des spitälischen Schultheißen Albert Sauer den Plan ohne Widerrede bezogen, d. h. den Plantanz angeführt habe und dass weder in den Wirtshäusern noch auf der Straße etwas gegen die Polizeiverordnung geschehen sei. Es gab aber doch ein Nachspiel: Michael Müller beschimpfte den spitälischen Schultheißen auf der Gemeindeversammlung und im oberen Wirtshaus, weil er als ein spitälischer Untertan dennoch seinen Sohn auf den klösterlichen Plan habe ziehen lassen ". Dem Kloster war es offenbar darauf angekommen, zu sehen, ob der spitälische Schultheiß dem Kloster als Oberdorfherrn gehorche.

Ebenso wie obiger Kanzleidiener hatten auch die Kirchweihschützer von den Gaustadter Wirten zwei Maß Bier und für sechs Pfennig Brot zu fordern. Das domkapitel' sche Receptoratsamt weigerte sich 1749, das Bier vor allem ausserhalb des Wirtshauses zu geben. Daher erging die Anweisung, sie hätten das Bier im Wirtshaus zu trinken, ein bezeichnendes Beispiel für das wortklauberische Festhalten am Hergebrachten und für die Befriedigung, der selbstbewussten Dorfherrschaft Schwierigkeiten machen zu können ".

Dass es bei der Kirchweih recht laut zuging nicht nur durch Geschrei, sondern auch durch Schießen, zeigt ein Bericht über einen Unglücksfall, der uns auch den eigenartigen Namen eines Tanzes aufbewahrte. Am Kirchweihmontag den 2. Juni 1800 hatte sich der ledige Bursch Matheus Wachter von Viereth zur Gaustadter Kirchweih eingefunden und sah am Nachmittag dem sog. "Kirchweih Pöppeltanz" zu. Dabei wurde er vom 16jährigen Gg. Reges aus Gaustadt in die Wade geschossen. Letzterer hatte das Gewehr "nur mit einem Pfropfen verschlossen und es gegen den Boden gehalten. Dabei war Wachter unglücklicherweise "in den Schuss hineingesprungen". Als der Getroffene am 21. Juni starb, hielt man die Verwundung für die Ursache des Todes. Der Bischberger Bader aber und ein Medicinae Doctor bestätigten, dass Wachter nicht an der Wunde gestorben sei. Wir wissen das heute besser!

Als letztes dörfliches "Fest" bleibt noch das Johannisfeuer.

1560 fiel Johanni auf einen Montag. Die Bischberger feierten ihre Kirchweih am Sonntag vor Johanni, "an welchem Tage man alle Jahre ein Johannisfeuer pflegt zu schüren. Wie es da zuging, ersehen wir aus einem Gerichtsprotokoll dieses Jahres. Hans Keck, spitälischer Untertan, zu Gaustadt, hatte "am Johannisfeuer zu Gaustadt gegeigt und einen Dantz gemacht"; da waren Wolf Kerßlein und Adam Hincker etlicher Wort halben zu Unfrieden worden" und Kerßlein hatte den Hincker ins Feuer gestoßen. Dabei gab es die üblichen Schimpfereien und Zwistigkeiten. 

Derartige Ausschweifungen veranlassten 1779 die landesherrliche Regierung zum Erlass, der Schultheiß solle das Anschüren des Johannisfeuers verhindern. Der Gaustadter Schultheiß freilich, der den Befehl hatte ausführen wollen, musste dann, sicherlich missmutig und verärgert, die Mitteilung machen, "ihm sei mit einem hechdornenen Stecken ein Loch in den Kopf geschlagen worden. Das Feuer sei dennoch angeschürt und von vielen dabei gewesenen sowohl jungen als alten Leuten darüber gesprungen worden". Leider können wir aus diesem Bericht nicht ersehen, wo das Feuer abgebrannt wurde.

Zur Unterhaltung oder besser zur Geselligkeit im Dorfe gehörten auch die Rockenstuben. Nach der Arbeit kamen am Abend die Mädchen mit ihren Spinnrädern oder Rocken abwechselnd bei einem anderen Bauern zusammen. Denn spinnen am Abend war erquickend und labend. Man sang und erzählte und wenn man nach dem günstigen oder ungünstigen Wetter, der getanen oder der noch übrigen Arbeit auf die kleinen, für das Dorf aber wichtigen Ereignisse kam, dass z. B. dieser Unglück im Stall hatte, oder jene schon wieder mit der nicht anwesenden Nachbarin Streit angezettelt habe usw., so stand man sogleich mitten in der persönlichen Aussprache. Da mag manches Gerücht verbreitet und manche Ehre angetastet worden sein. Bei diesen Zusammenkünften konnte man die Dorfburschen keinesfalls ausschließen, manchmal wollte man es auch nicht, besonders wenn man sich zum Heimgehen anschickte. Dabei mögen sich manche Missstände eingeschlichen haben, beim Heimgehen vor allem. Darum verbot man schon früh diese Rockenstuben, ohne sie freilich ganz unterdrücken zu können.

Für Gaustadt ist es bezeichnend, dass man von diesen Zusammenkünften nur von und bei spitälischen Hintersassen hört. So bestrafte das Kloster als Dorfherr 1589 den spitälischen Hans Weickert mit fünf Gulden das war damals viel Geld , weil er "sich unterstand, Rockenmaid zu nehmen". Auch 1624 hören wir von einem

Spitälischen, dem Georg Heldt, dass er "Rockenstube halte". Die Margarete Stretz beschwerte sich nämlich über den jungen Hans Krautberger, "weil er sie eine öffentliche Thrutin (Hexe) in der Rockenstuben gescholten".

Dieser Klage war aber schon "eine Schlägerei" zwischen beiden vorangegangen. Nachträglich "zeihten" andere Burschen den Krautberger, "er habe sie wegen der Rockenstuben verraten", und darum "hätten sie ihm gestern die Fenster eingehieben". So steht es in der Klage des Krautberger vom 18. 3. 1624. Leider erfahren wir nicht, warum er die junge Stretzin als Hexe ansah. Auch in den Zeugenaussagen werden gelegentlich die Rockenstuben erwähnt; manche Maid kann als Quelle ihres Wissens nur angeben, so habe sie es dort vernommen.

Volkstümlicher Glaube, Umgangsformen und SpracheÜber das Verhältnis, besser das Verhalten zu Kirche und Gottesdienst war aus den in diesen Seiten benutzten Quellen wenig zu erfahren. Es wurde oben bei der kirchlichen Obrigkeit bereits verwertet. Neben den kirchlichen Glaubenssätzen z. T. im Gegensatz zu ihnen lebten aber im Volke Vorstellungen, die das Denken des Volkes immer beschäftigten und auf sein Handeln nicht ohne Einfluss blieben.

Das ist vor allem der Glaube, dass man selbst, die Angehörigen, das Vieh, ja selbst die Arbeit geschädigt werden könne. Diese Fähigkeiten schrieb man bekanntlich den Hexen oder Druden zu. Hans Klöber klagte 1550 gegen Jörg Hoffman, Schultheiß zu Gaustadt, weil er gesagt habe, seine nächsten Nachbarn hätten ihm das angetan, dass er krank worden sei, und er, Jörg Hoffman, habe seine Krankheit an Klöbers Hochzeit gegessen und getrunken . Der beschuldigte Schultheiß berief sich vor Gericht auf die Wahrsagerin, die ihm solches verkündet. Hier haben wir gleich zwei volkstümliche Vorstellungen, einmal den Glauben an den bösen Nachbarn, der einem etwas "antun" könne, und den ebenso unausrottbaren Glauben an die Wahrsagerin, die weise Frau. Sie selbst bleibt freilich namenlos, ungenannt auch ihr Wohnort.

Eine Klage besonderer Art bringen Albert Lunkenbein und seine Muhme (Tante) Catherina Kuntzelmann gegen Gg. Stürmer vor. Sie wehren sich, dass die genannte Frau, wie Stürmer behauptet hatte, seinem Bruder die "Mannschaft", "Stärke" ist durchstrichen, genommen habe. Stürmer habe in der Kuntzelmann Haus gedroht, sie solle entweder Lunkenbeins Bruder gesund machen oder gar sterben.

Wenn man einem anderen z. B. an seinem Vieh Schaden zufügen wolle, dann benötige man nach dem Volksglauben irgendeinen Gegenstand, der mit dem Vieh in Verbindung stand. "Was diesfalls die allgemeine Opinion, dass nämlich, wo der Strick der Kuh nicht erfolgte (nicht ausgefolgt wurde), die Nutzung derselben gesperrt werde", d. h. dass man keinen Nutzen von der Kuh haben könne.

Diese allgemeine Meinung findet sich 1641 gewissermaßen als Ergebnis der Klage, die Kungund Steger auf dem Kaulberg gegen Ursula Hebeysen, des Hürtens (Hirten) Weib zu Gaustadt anstrengte. Die letztere hatte der Stegerin eine Bestandkuh überlassen d. h. zur Ernährung und Nutzung überlassen. Als diese die Kuh nach Ablauf des Bestandes zurückgab, wollte sie den Strick, an dem die Kuh angebunden war, nicht aushändigen, richtiger, sie händigte ihn nicht aus. In Gaustadt angekommen, habe die Hebeysin die Klägerin "expresse bezichtigt, weilen sie ihr den Strick zu der Kuh nicht gegeben, habe sie ihr die Nutzung derselben entziehen wollen".

Sie, die Klägerin, habe Zeit ihres Lebens niemals ein Vieh gehabt und niemals etwas von solchen Teufelskünsten gehört . Die Hirtin wurde mit der Pfeifen gestraft.

Noch im Jahre 1800 verklagte die Witwe Kungund Sauer die Frau des Schusters Möhrlein, weil diese sie eine Hexe genannt habe. Die Schusterin brachte zu ihrer Entschuldigung vor, sie beide seien wegen einer Graserei "hintereinander" gekommen. Da sie nun hernach nichts mehr ausrühren konnte, d. h. da ihre Milch nicht butterte, sei sie freilich auf den Gedanken gekommen, die Sauerin habe ihr aus Leidenschaft mit Hexerei zu schaden gesucht.

Die Frauen können indes nicht nur hexen, sondern auch heilen. Kungund Bußlerin am Sand zu Bamberg verklagte 1496 Fritz Zolner zu Gaustadt, weil sie ihm Kräuter übergeschlagen (gebät) und "erznelt" (Arznei gegeben), wofür er ihr 60 Pfennige schulde. Auch die Frau des Kilian Volcker bezahle nicht; diese habe sie sogar in ihren Ehren entsetzt, indem sie von ihr sagte, "wie sie eine alte Zauberin sei".

Von den Vorwürfen, eine Hexe oder Zauberin zu sein, ist es nicht weit zu anderen Beschimpfungen. Die umfangreiche Liste derartiger beleidigender Ausdrücke verteilt sich der Zahl nach wohl gleichmäßig auf beide Geschlechter, dem "Gewichte" nach freilich sind die Männer den Frauen nicht gewachsen. Bei den Männern kann man oft wenigstens den alkoholischen Zustand als Entschuldigung anführen, bei den Frauen genügt die Gegenwart einer missliebigen Nachbarin, sogar eine ungewollte Berührung, um den Zorn und die zornige Rede hervorzurufen. Beim Gerichtswesen wurde schon gezeigt, wie man berechtigte und oft unberechtigte Vorwürfe erhob, der oder die habe gestohlen, geschlagen, verwundet oder auf des nächsten Feld gegrast; selbst Tote wurden da nicht geschont. Als die Engel (Agnes) Pangratzin den Herman Linßner antraf, als er die Holzbirnen,

die sie von der Gemeinde ersteigert hatte, schüttelte und aufhob, da warnte sie ihn: Es könne ihm gehen wie dem Eichelberger, der der Gemeinde Gut zu Gaustadt eingezogen (genommen), der, als er am Totenbett gelegen sei, gewinselt habe und kaum ersterben noch genesen konnte. Auch da seine Kinder in Todesnöten gelegen, hätten sie alle "gepult" (geheult) und geschrien wie die Ochsen. Die Eichelbergerin klagte 1497 wegen dieser Rede, dass die Pangratzin ihren Hauswirt geschmäht und "geschent" habe. Nach der Volksmeinung drückt eben das ungerechte Gut, das nicht zurückgegeben ist, den Sterbenden so, dass er keine Ruhe finde. Man könnte zwar die einzelnen Ausdrücke des Unmuts, des Zorns usw. nebeneinander stellen; es scheint aber wirksamer zu sein, sie im Rahmen des Geschehens zu belassen, weil man dann die Veranlassung und Wirkung recht erkennen kann.

Für die Augenblicke der Verärgerung stehen als erste Äußerungen der Gemütsbewegung gewisse, man kann sagen, feststehende, allgemein passende Ausdrücke zur Verfügung: Beiden Männern z.B. Bösewicht, der verstärkt werden kann, mit „geheint“, vielleicht das gleiche, wie „verheit". Das ehrlos, heimtükisch bedeutet. Beide Eigenschaften können natürlich auch bei anderen Vorwürfen z. B. Dieb vorkommen. Da findet einige und zornige Worte, da wird aus zornigem Gemüt geflucht und ein unerhört Unzucht mit Fluchen und Gottes Lesterung getrieben, der Hans Weicker z. B. hat "hunderttausend Sakramenter" geflucht. Hans Stürmer wurde wegen einer Strohgeschichte beschuldigt und gleich hieß er Strohlein, auch verheyter. "Mauser" wird den Dieb bedeuten; heute noch heißt mausen soviel wie stehlen. Starke Beleidigungen sind verheiter Schalk und "geheiter Mörders Böswicht. Schelm, ursprünglich soviel wie Seuche oder Aas, wird mit Dieb verbunden und mit "los" verstärkt, das selbst einst durchtrieben, frech meinte, ein loser Diebschelm! Unter "Schmorotzer", heute Schmarotzer, verstand man einst soviel wie Bettler und wirkte deswegen beleidigend und herabsetzend. Einen heuchlerischen Schmeichler oder heimlichen Verleumder soll man einen Fuchsschwenzer geheißen haben. Hundsfott ist heute noch lebendig, wieso aber Suppenfresser beleidigte, bleibt unklar. Diese Ausdrücke erscheinen immer wieder, sie gehören und dienen zum augenblicklichen Gebrauch und zur ersten Abwehr. Georg Roth, spitälischer Untertan, verantwortete sich 1669, weil er Lor. Herrimeter und Hans Vogel auf dem Gemeinhaus mit ehrenrührigen Worten angegangen, nichts anderes gesagt zu haben, als, da der Handschuh sein Lachen beredet, er ihn einen großgemäuleten Handschuh geheißen habe und "dass ein Weil nit der Gebrauch gewesen, dass sich junge Männer wie der Vogel und Handschuh an den also guten Herrentisch gesetzt, welches sie ihm hingegen übel auf benommen und ihn der Martin Sauer einen Hundsfott gescholten. Diese Schimpfworte erscheinen trotz allem noch erträglich. Als aber 1551 der uns schon bekannte Jos. Kerslein die zwei Buben Jörg und Hans Löhr zu ihrem Vater über seine Wiese reiten sah, da hat er "sehr geflucht und böse Worte betrieben, auch letztlich, mit Züchten zu melden, das Gesäß in Hosen hinabgestreift, mit beiden Fäusten in die Arsbacken gefallen, die aufgezerrt und sie beide in Ars sehen lassen. Und sie also verspott und veracht" . Der Vater Löhr hielt sich diesem ordinären Verhalten gegenüber würdig "Das steht keinem Frommen (Ehrbaren, Angesehenen), sondern einem Buben zu.

Und ähnlich ordinär ging es zu, als im gleichen Jahr die Magdalena Schneiderin im Holz nach "Strai" ging; da habe sie Hans Stretz angeredet "Du Sakramentshur, du hast drei Hurenkinder gehabt". Da habe sie zur Rettung ihrer Ehren geantwortet, "er löge wie ein verzweifelter Böswicht". Als Stretz sie sogar verwundet, hat sie zu Recht geboten" (ihm Gericht angedroht), "hat er gesagt, mit gonst (Gunst) zu melden, er schisse den Herrn in ihr Gericht" '.

Zu obigem Böswicht einen anderen: in einem Streit, der 1504 in einem Wettlauf zwischen Mathes Horlender und Stürmer ausging, habe Cuntz Stretz auf seiner Wiese dem Stürmer "Heyl geboten", Horlender aber schrie dem Stürmer nach: "Du verheyter Bößwicht.

Der übliche beleidigende Ausdruck für eine Frau war Hure. Auch da gab es verstärkende Beiwörter. Hans Linßner hieß die Frau des Craft Hoffman "ein geheinde große Sachshuren", wobei Sack allein schon eine Beleidigung für den Mann darstellt. Und der Gaustadter Hirte verstieg sich zu der uns unverständlichen "abgeheiten zitterseicheten Huren" (1498) .

Diese anrüchigen Auslassungen findet man bei den Männern seltener. Es scheint, der gesetzte, behäbige Bauer hielt auf Anstand und bewahrte wenigstens im nüchternen Zustand Haltung, so jähzornig er sonst sein konnte. Gerichtsbekannten Persönlichkeiten wie dem Kerslein oder Kohlmann standen sie zu. Der erste arbeitete ja auch als Dachdecker, der zweite als Schneider, der Hirte gehörte sicher zu den ärmsten im Dorfe und hatte schon deshalb geringeres Ansehen.

Unter den Frauen gebrauchte man gegenseitig nur ein Schimpfwort, Hure. Glücklich diejenige, die bei einer Auseinandersetzung als erste damit zum Zuge kam. Es gab natürlich auch hier ausdrucksvolle Beifügungen von Eigenschaftswörtern. Darum stellt es geradezu eine Ausnahme dar, wenn 1503 Els Linßnerin zur Margaret Kneußin (Knauß) sagt, sie wäre eine "herkomene Frawe und wer (wäre) sie from (rechtschaffen), so wer sie nit hierherkomen". Man spricht ja auch heute noch von einer "hergelaufenen" oder "hereingeschmeckten" Frau, wenn ein Mädchen in ein anderes Dorf oder in die Stadt heiratet. Im obigen Fall liegt sicher eine uns verborgene Anspielung geringschätziger Art vor.

Els, nicht Margaret verlangt ja, man gebe ihr die Ehre wieder "mit dem geliede (Gliede), damit sie ihr die genomen hab" .

Diese Formel findet sich öfters bei Verleumdungen. Neben dem einfachen Schimpfwort, das keines Beleges bedarf, stehen Zusammensetzungen, so wenn Hans Stürmers Frau 1495 ein "Hurenkind" genannt wird, nachdem sie "ernstlich gesagt, jene sei in einem Hurensack gelegen"'. Für den ersten Ausdruck. findet sich 1518 "Du bist ein bänkleins Kind" (Bank, Bänklein, zu dem ja unser Bankert gehört, und erweitert fällt bei dem Vorwurf, dass man Hühner" mit stricken und angeln abfahe", der Ausdruck von einem "ausgeschütteten Hurenkind « .

Der malerische und plastische Überschwang des Barock zeigt sich auch in der Häufung der Schimpfwörter. jede Zeit hat auch darin ihre Lieblinge wie in der Zusammenstellung "Hur, Hex und Läusmacherin" von 1658, die noch überboten wird durch die Vorwürfe, die Konrad Krugs Ehefrau von ihrer Schwiegermutter hören musste, sie sei eine "hechserin, trudnerin, leußmacherin und fieberanhängerin" (1692). Die letzten Ausdrücke bezeugen wieder den Glauben an die "Kunst, einem andern Läuse oder Krankheiten (Fieber) anmachen zu können und gehören damit zum volkstümlichen Glauben.

Da waren einst (1500) der Anna Linßnerin Gänse in das Gerstenfeld Craft Hoffmans geraten. Deswegen kam es, wie zu erwarten, zwischen der Linßnerin und Hoffmans Frau, die Katharina Krefftin (Kraft) genannt wird, zu einer Aussprache "mit vill üppigen worten". Die Zeugenaussagen im Für die Augen-blicke der Verärgerung, der Aufregung stehen als erste Äußerungen der Gemütsbewegung gewisse, man kann sagen feststehende, allgemein passende Ausdrücke zur Verfügung: bei den Männern z. B. Böswicht, der verstärkt werden kann mit "geheint", vielleicht das gleiche wie "verheit, das ehrlos, heimtückisch bedeutet. Beide Eigenschaftswörter können Beleidigungsverfahren geben aufschlußreiche Les oder vielmehr Hörarten des Geschehens z. B. "Schlag der tewfel zu dir und deiner gersten, du geheins gewfer(Geifer )maul", "ausgeschütte rockeleins hur und fleck", "du fleschhur, gehe hin und recht mit dem rockelein".. Die Bedeutung des letzten Wortes ist unklar. Schlimm wird es, wenn zwei verfeindete Weiber nahe beieinander sein müssen, z. B. auf dem Schelch bei der Überfahrt Margaret und Kungund Stürmerin. Als sie aus dem Achen (Nachen) gestiegen waren, und die eine von einer "geheinden sachshuren« sprach, hat die andere "sie in den ars sehen lassen“, worauf die erste versetzte, sie "habe keiner fromen Frau nie in ars gesehen, sondern einer sachshuren". Vor Gericht freilich bestritt die eine, dass sie "den Ars gein ihr aufgedeckt hat«. Bei einer ebensolchen Fahrt hatte eine die andere nur "gestraft« (gestreift), hat Loherin in Arsch griffen, des sie, die junge Linßnerin,sich geschembt".

Dazu kommt natürlich noch die Ladung auf die Kirchweih z. B. in mundartlicher Färbung "sie soll sie im marsch lecken" (1608) ". Als Beispiel, wie man diese anstößige Rede umschreiben konnte, diene der Bericht: "Sie aber hatte den Rock aufgehoben und gesagt: "Leusmacherin, gehe her und küß mich hinten!" Das war die feinere Einladung der Margarete Ammanin. Der Cameraische Verwalter in Stegaurach vermag es1670 noch verhüllter auszudrücken in seinem Bericht, dass einer "Mit den hässlichsten Posturen und Gestibus sich zeigte, indem er mit der Hand auf seinen unhöflichen Ort schlug". Diese angeführten Proben werden zur Überzeugung genügen, wie allgemein diese schamlosen Redensarten waren; aber sie stellten immerhin Beleidigungen dar, sie wurden nicht als abgegriffene Worte empfunden, wie es mancher deswegen Belangter später als Ausrede gebrauchte.

Gerade in diesen Schimpfworten treten uns alte Sprachformen wie Schmarotze, vergessene Worte wie verheit oder pulen, bullen oder Bedeutungswandlungen wie in fromm, vrum entgegen. Hier sei auch der Ausdruck der Überraschung, auch des Unwillens oder Widerspruchs angeführt, der unterging.

Als sich 1541 Hans Hoffmann bei Hans Stürmer und anderen beschwerte, dass man seine Kinder geschlagen habe, sagte Stürmer: "Gots wunder, lieber, wenn du deiner kinder sorge hast (um deine Kinder Sorge hast), so sperre sie ein und tue sie gleich in einen saustall". Darauf Hoffman "Schendt dich selbs gots wunder! (Gottes Wunder mögen dich zu Schanden machen!) Dabei wird oft der Name Gottes verhüllend in "Botz" verwandelt: "Dass dich bots fünf wunden schent (1445) ". Dabei sind wir bei sprachlichen Erscheinungen im engeren Sinn angelangt. Diese lassen sich wieder gliedern in Formen und Wörter, die in die Vergangenheit oder in die Zukunft weisen. Unter den ersten begreife ich im wesentlichen Wörter, die schon damals selten, meist nur in formelhaften Endungen weiterlebten und heute vergessen sind. Die zweite Gruppe soll die Beispiele bringen, die auf mundartlichen Erscheinungen beruhen.

Die meisten der hier gebrachten Belege stammen aus den sog. Gerichtsbüchern. Diese beginnen in den 30er Jahren des 15. Jahrhunderts. In ihrer langen Reihe lässt sich eine belangreiche Entwicklung feststellen. Die ersten Niederschriften zeigen in flüchtiger Schrift mit zahlreichen Abkürzungen kurze Betreffe der eingegangenen Klagen und knappe Urteile. Sie stellen offensichtlich Niederschriften während der Verhandlung dar. Die späteren Protokolle weisen eine sorgfältige Schrift auf, die einzelnen Klagesätze, Einreden, Zeugenaussagen und Urteile sind je später desto ausführlicher. Man verfasste sie sichtlich nach dem Konzept auf der Kanzlei, wo man sie rein schrieb. Gelegentlich lässt sich auch ein Schreiber als ein Fremder erkennen.

Damit erhebt sich die Frage, inwieweit diese Texte als zuverlässige Zeugnisse für die einheimische Mundart gewertet werden dürfen. Die Darstellung zeigt überwiegend kurze Hauptsätze mit eingestreuten Nebensätzen. Als Probe diene der Anfang der Zeugenaussage der Margaret Feinbewerin vom 6. Juli 1497: "Cunz Stürmers tochter sei von ir auch anderwegen, sie überzuführen, gebeten worden. Des sie getan und als sie zum land komen, were Kun Tobitschin, die sich versäumt und hernach komen und gesagt, warum sie sie nit auch zu in hinein in achen lassen wollen. Hete sie ir geantwort, der ach (Nachen) wer swere genug gewest, hette sie hinweg heißen, wann (da) hinüber sie alle zu führen nit schuldig were" ".

Man wird wohl in diesen Sätzen die ordnende Hand des Kanzlisten erkennen, der unter möglichster Beibehaltung der Worte die Breite einer bäuerlichen Erzählung wohltuend knapp zusammenfasste, so dass er bei "sie oder "er" gelegentlich "Sager" = Zeuge einfügen musste, um Missverständnisse zu vermeiden. Demnach dürfen wir im allgemeinen den Ausdruck als ursprünglich, insbesondere ausgefallene Worte, vor allem wenn sie prozesswichtig waren, als echt und zuverlässig ansehen.

Als am 9. Juni 1498 die Gaustadter "aus Gebot und Geheiß der Gemein" gearbeitet und nachmals zum Brunnen im Dorf auch auf Gebot und Geheiß kamen, machte Hans Riegel den Vorschlag, die Hege aufzuteilen. Wir haben also eine Beratung unter der Dorflinde vor uns. Da kam es zu einem Wortwechsel zwischen Riegel und dem Hirten; dieser war dagegen, weil ihm dadurch sein Weidegebiet genommen worden wäre. Dabei sagte Riegel, der Hirte sei "freydig" gegen ihn d. h. in diesem Zusammenhang soviel wie widerspenstig, widersprechend. Schließlich schlägt Riegel den Hirten "Mit einem hauenhelb über den grint d. h. mit dem Helm (Stiel) einer Haue, Hacke über den Kopf. Grint steht hier verächtlich für den Schädel.

Am Oberstentag (Dreikönig) zu Nacht 1509 saßen Cuntz Stürmer und Hans Linsner an einer Zeche; da sei ersterer "schellig" worden d. h. zornig und habe vom Leder gezogen. Oder Cunz Linsner hat 1502 einen Acker "des jars viermal gearn" d. h. geackert.

Am 6. August 1720 beklagte sich Adam Hoffmann, neu angeworbener Dragoner unter Seiner Durchlaucht Prinz Eugen Leibregiment, wider Andreas Bauer, dass ihm dieser am verflossenen Sonntagabend (4. August) imspitälischen Wirtshaus ein Halbseidleinskrüglein ins Gesicht geschlagen. Aus der genauen Angabe seines Regiments dürfen wir auf den Stolz des jungen Soldaten schließen, der eine solche Beschimpfung nicht hinnehmen kann.

1520 klagt Hans Meister den Hans Kraus an. Er sei kürzlich bei ihm gewesen und habe Geld von ihm verlangt.

Als er, Meister, aus seinem Stadel in das Haus gegangen sei, habe Kraus aus seinem "Wetschka", den er dort habe liegen lassen, einen Gulden genommen. Wetschka entspricht dem alten Wort Wetzger, Wetzker, das nach den Wörterbüchern Reisetasche, Felleisen bedeutet. Hier mag wohl eine Geldtasche oder Geldbeutel gemeint sein. Um auszudrücken, dass eine Angelegenheit z. B. ein Kauf endlich abgeschlossen wird, heißt es 1516 "Er . . . hett dem Kind ein sele (eine Seele) gemacht, den Kauf umb 60 fl. gemacht".

Alte Worte erhielten sich auch in Verwünschungen. Dem Herman Linßner entfuhren gegenüber der Frau des Craft Hoffmann die Worte: " . . . und sollt ir Gott den dropfen (Schlaganfall, Apoplexia) und parles Caralysis (Gicht), geben und haben (1497).

Weil Craft Hoffmans Hund das Kalb des Herman Linsner jagte, fluchte dieser, der Hund "müst einmal ein jhe (Gift) fressen", worauf die Creftin über ihren Zaun "dem Linßner die diüß (Pest) auf sein breites maul geflucht« . Die Els Zollnerin wurde 1501 beschuldigt, einen "peltner" (Behälter?) aufgebrochen zu haben ". Von einer Magd heißt es 1542, sie "sei des Krausen geprotter ehehalt nit d. h. sie stehe nicht im Brot des Kraus als Dienstbote".

Oben wurde schon erwähnt, dass die Form Achen für Nachen stehe auch Ache, also Verlust des anlautenden N. 1566 wurde von beiden Parteien einer Klage die "güdi" (Aussage) begehrt ".

An auffälligen Ausdrücken seien angeführt: Wenn ein Witwer von einer Witwe ist es nicht nachzuweisen sich wieder verheiratet, dann verruckt er seinen Witwenstuhl" "An einem kalten Eisen ersticken« heißt soviel wie jemanden erstechen. Die Schriftsätze der Anwälte bringen gerne volkstümliche Redensarten z. B. "dass der Kläger die verhörte Kundschaft (Zeugenaussage) mit aufgemutzten leeren Fürbringen (Angaben) wie eine wid iserne (aus Wachs) Nasen zu seinem Vorteil ziehen will". Oder Hans Kraus ist mit Jaulen Fischen und erdichteten Märlein (meherlein, vgl. Merleinsträger) umgangen " Von einem Zeugnis heißt es, es gelte "soviel als zu Speyer eine Nuß" (am Reichskammergericht!). Auch wird schon im Gegensatz zu den Armen von den "reichen-Hansen" gesprochen ". In dem Vorwort des Gerichtsbuches von 1479 Nr. 353) trug der Schreiber B. Deman den Spruch ein: "Ich acht nit, wer die wollen schirt, wann mir nur die wollen wirt d. h. ich achte nicht darauf, wer das Schaf schert, die Arbeit verrichtet, wenn ich nur die Wolle bekomme, den Nutzen habe.

Bei einer Erbteilung zwischen Vater und Kindern 1487 findet sich der Rechtssatz: "Als mancher Mund, als manches Pfund", so viele Personen, so viele Teile ist jemand schwer krank, so dass er nicht vor Gericht erscheinen kann, lautet oft z. B. 1503 die Entschuldigung, er liege in Gottes Gewalt".

Wenn einer 1519 sagte, "die hab er mit einem schrollen von ime (sich) gewisen", so meint er wie heute einen Erdbrocken . Die Jauche heißt 1729 wie jetzt "Miststrutz", 1462 allerdings "strote mit dem öfters vorkommenden Wechsel von u zu o ". Wenn 1444 schon der "Antonius Stametz" genannt wird, oder für Haupt das (Kraut ) hatlein steht, so bezeugen diese Formen schon für diese Zeit die Aussprache des sog. alten ei und au mit a. Umgekehrt verhochdeutschen (vielleicht fremde) Schreiber falsch den Streich (Hieb) mundartlich "Straach mit "Strauch" und 1576 den Magister Martin Hoffmann (den Geschichtsschreiber) mit Magister" 1495 findet sich "trischewfel" = mhd, drischuvel die Türschwelle. Wenn es heißt, er möge "ir ein ebentetsch geben haben«, so wird das wohl einen Schlag bedeuten ".

Völlig unklar bleibt freilich einen stein und vrreitel gesehen" (1500) und "der stein (Markstein!) stee vorn beym vrreitel an dem durlein" (1494) '.

Vielleicht wunderte sich schon mancher Leser über die "falscheen" Formen wie "ein unerhörte Unzucht, der ein mitgesell, auch kein wehr dann ein waidner bei ime gehabt usw. d. h. es fehlen die Endungen z. B. eine, keine. Dieser Mangel ist wohl auf die mundartlichen Formen "a Unzucht, a Mitgesell, ka Wehr, an Waidnec zurückzuführen, wobei die Schreiber einheitlich das "a" durch "ein" ersetzen..

Waffen und WundenIm allgemeinen wird unter den Zentfällen d. h. den Straftaten, die vor das Zentgericht gezogen wurden, neben Brand(stiftung), Notnunft (Notzucht) und Raub und Mord und fließende Wunden begriffen. Der Zent stand als "peinlichem Halsgericht« das Recht zu, die Todesstrafe in ihren damaligen verschiedenen Möglichkeiten zu verhängen. Doch waren diese Zentfälle in den einzelnen Gerichten, ja Dörfern verschieden, auch zeigte sich in der Praxis eine weitgehende Milde. Zwar unterschied man z. B. in Gaustadt wohl fließende Wunden von Beulen, aber vor die Zent brachte man doch nur gewaltsame Todesfälle. Die fließenden Wunden unterschied das Michelsberger Pfortengericht von den Beulen nur durch das Strafmaß. Wegen der höchst auffälligen Formulierung der Zentfälle sei hier aus dem Michelsberger Gerichtsbuch der 1550er Jahre die Zuständigkeit des Medlitzer Hochgerichts für Dörfleins angeführt: " . . . so weren auch die Dörflesser nichts anderes zu Meltz dhan die vier rüge nemlich stein und reyn, diebstal, fließende wunden und mörder oder waffen Johe geschrey zu verrechten(vor Gericht zu verantworten)".

Wenn sich jemand über die in der Überschrift enthaltenen Waffen wundern sollte, insofern nämlich, ob sie so wichtig gewesen seien, so werden die folgenden Beispiele die Bedeutung einer Waffe, ihren Gebrauch und ihre Anwendung, für den Gaustadter wenigstens für die Zeit vor dem 30jährigen Krieg aufzeigen. Denken wir daran, dass man obrigkeitlicherseits erwartete, ja verlangte, dass jedermann eine Waffe, und wenn es nur ein Spieß war, im Haus hatte. Das war bei der Abstellung der Bauern zum Turnier in Bamberg zu sehen. Aus den Gerichtsbüchern lernen wir alle möglichen Waffen kennen, angefangen vom gewöhnlichen als Waffe gebrauchten Brotmesser, genannt Bröter, bis zum Gewehr und zur Pistole im 18. Jahrhundert, ja, man kann behaupten, der Gaustadter trug, die Familie und ,allerdings auch nicht immer, die Arbeit ausgenommen, eine Waffe bei sich. Mit Erstaunen stellt man fest, dass man damals im 16. Jahrhundert eine Waffe z. B. einen Spieß mit sich führte wie heutzutage einen Spazierstock!

Wenn aber die Gaustadter, natürlich auch die anderen Bauern, unglücklich mit ihren Waffen hantiert hatten, dann versuchten sie sich mit Bauernschläue wegen der "Waffen" hinauszureden. Als Heinz Kerßlein dem Peter Löhr ein Glas Wein ins Gesicht geworfen und alsbald "vom Leder gezogen und auf Löhr gehauen hatte", redete er sich 1543 gegen die Anklage, die von einer Waffe redete, so hinaus, dass er keine Wehr dann einen Weidner (Hirschfänger) bei ihm (sich) gehabt" habe :. Mit dem Weidner saß er also ganz unbefangen im Wirtshaus.

Andererseits will Hans Linßner beweisen, dass er in Hans Stretzen Haus an einer Zeche "auf dieselben Zeit kein Messer oder dergleichen Wehre bei ihme gehabt" habe (1526).

Er betrachtete also das Messer offensichtlich als eine Wehre, eine Waffe, die er ableugnet. Ein Zeuge freilich enthüllt die Hinterhältigkeit seiner Verteidigung, indem "er kein Messer, sondern ein(e) Kolbarten beim ihm gesehen". Diese öfters genannte Waffe ist sprachlich eine unkenntlich gewordene Zusammensetzung von Kolben und Barte (= Beil), ähnlich wie Hellebarde aus Helm ( = Stiel) und Barte entstand. Als 1547 ungefähr acht Tage vor Fastnacht Jorg Löhr (Loher) "ein mahel ausgeschrien", da sei er "mit einem angehängten Waidner und einem Handbeil gelaufen kommen". Gegen diese Ungehörigkeit wendete sich der Schultheiß. 1522 schlug Hans Kilian mit einer Heppen nach dem Hoffman, was er mit 22 1/2 Pfennigen zu büßen hatte. Name und wohl auch Form dieses eigenartigen Werkzeug, es hat sich bis heute erhalten. Craft Hoffman hatte 1500 die Anna Linßnerin "bei Nacht und Nebel mit gewappneter Hand überloffen und geschlagen, also dass das Messer zu Stücken gesprungen sei". Hans Stürmer schlug 1541 den Hans Hoffman mit einem Spieß.

Man nimmt die Waffe zum Wein und Spiel mit; dabei griff Horlender "an den Degen" gegen Heinz Stürmer, "ihn wollen hauen, darnach wäre Cunz Stürmer mit dem Kars (Karst) dargelaufen" (1505).

Als Adam Poltz mit seinem Gesellen Cunz Rab(en) 1509 uneins geworden war, so dass sie "in unfreundlicher weis einander unter die Angesicht gespeit haben", hatte Cunz Stürmer "ein Stangenpeihel in der Hand gehabt 1545 kam Mathes Stürmer "mit einem Schiweinsspieß" seinem Bruder zu Hilfe ". Während wir uns unter einem Stangenbeil ein Belleisen mit einem langen oder besonders langen Stiel vorzustellen haben, vielleicht eine Hellebarde, trug die Stange des Schweinsspießes oder der "Saufeder" eine bis zu 50 cm lange und sehr schmale Schneide oder Spitze. Hans Kraus war 1605 mit mehreren anderen wegen eines Zelints uneinig geworden und hatte dabei den Hans Held mit einem "Pütenmesser" (?) am Kopf verwundet. Die Nachtwächter gingen in Gaustadt bewaffnet durch das Dorf; da gab es natürlich Gelegenheiten zu Reibereien.

So zeigte der Schultheiß 1601 an, dass der junge Hans Blümlein zu nacht,; dem jungen Hans Krausen, der eben gewacht, "die Heilebarden genommen". Das war noch ein harmloses Vergehen. Als aber 1536 die vier Wächter "ums Dorf und im Dorf" gingen, kamen sie mit Heinz Kerßlein, den sie zufällig getroffen hatten, in Streit, und Wolf Amling, einer der Wächter, verlor seine Waffe, Deswegen wollte er dem Hans Eichelberger seinen Spieß nehmen. Da dieser es nicht zuließ, zog Armlang diesem das lange Messer, das er an der Seite trug, mit Gewalt heraus, hieb um sich und schnitt dabei seinem Wachgenossen Eberlein Kraus zwei Finger ab ".

Der Schneider Hans Wigandt zu Gaustadt war 1686 spät abends gegen 9 Uhr in das Dorf gekommen, offenbar war er auswärts gewesen, hatte "mit dem Puffer (Pistole) einen Schuss getan, überdies sich dann ins Wirtshaus gesetzt und drinnen mit Trinken und Spielen bis auf 1 Uhr gezecht". Schließlich geriet er mit den Nachtwächtern Gg. Roth, Hs. Vogel und Jos. Männlein in Streit, die er beschimpfte. Am Ende "wurde er vom Roth mit einer Heugabel geschlagen"; diese vertrat anscheinend den sonst üblichen Wächterspieß, Das hört sich gar nicht so gefährlich an; der Bericht fährt aber fort, dass in solcher Schlägerei "der Schneider hart und fast tödlich verwundet worden". Dieser gleiche Schneider Wigand soll 1701 den Joh. Nie. Resch, Bürger und Bildhauer zu Bamberg und völlig verschuldeten Inhaber der unteren Wirtschaft, bei einer Zecherei einen Schelmb und Dieb geheißen, auch die Handschuhe genommen und ihm die peruque (Perücke) vom Kopf weggerissen haben. Die Untersuchung ergab, als die Handschuhe dem Wigand aus der Tasche gezogen wurden, ging bei der entstandenen Schlägerei die Perücke verloren

Als die Feuerwaffen allgemeiner wurden, ging man mit diesen nicht weniger fahrlässig und leichtsinnig um. Georg Kollman, der uns schon mehrfach bekannte Schneider, klagte 1607 gegen Gg. Störmer das Spital gebraucht meiste diese Form für Stürmer und seinen gleichnamigen Sohn, "da dieser mit seinem Schießen mit den Püchsen habe ein Hochmut getrieben und bei Leibstraf solches ferner zu üben verboten worden. So er solches Gebot itzt vergessen und in Wind geschlagen, wie er dann itzt in der Karwochen, do er, Schneider, mit seinem Weib, so groß schwanger des Leibs, eben zu diesem Mal zu Gottes Tisch gangen und do er mit ihr die Suppen gessen, sich wieder zu schießen unterstanden und einen Schuß vor seiner Tür getan, dass er und sein Weib darob sehr erschrocken . . . Bitt solchen Frevel und Mutwillen zu stillen und den jungen Stürmer zu strafen«. Darauf antwortete der beklagte Vater Störmer hämisch und höhnisch, "es sei solches Schießen kein Hochmut oder in Unwillen geschehen, sondern in Fall der Not, do er's bedörfe, dass er damit möchte versehen sein". Es sei auch das Ende dieser Klage angeführt: "Dieweil aber der alt Störmer von wegen seiner unverschämten und vergeblichen (unnützen) Wörter, wie er gesagt, gleichsam zu verstehen, was er möge viel nach seiner Herrschaft fragen, er dürfe auch wohl vor Fürsten und Herren gehen, und dem Herrn Pfleger Hopf (des Spitals) nicht angeloben wollen, dass sein Sohn in die Straf der Eisen gehen sollen, darauf ihm auferlegt, dass er (sein Haus) hinter dem Spital verkaufe oder fünf Gulden in einem Monat zahle". Weil der Schneider auch nicht Ruhe gebe, beide wohnten in einem Haus solle auch er verkaufen und sich hinweg begeben ". Beide scheinen aber nicht weggezogen zu sein, 1623 wurde Heinz Klöber von seiner Frau Dorothea beschuldigt, "dass er alles verschwend und anwerde, trag teglichen ein Beihel, ein Degen und ein Büchsen auf seine Schwäger".

Am 1. Mai 1682; als Gaustadt gerade Einquartierung hatte, nahm Lor. Waltz dem Schneider Hans Wigand "seinen Degen und Flinten und schmeiß (schmiß~ hieb) ihm den Puckel voll und trug den Degen und Flinten mit sich heim". Den Leichtsinn beim Umgang mit Feuerwaffen zeigt auch der schon erwähnte Vorfall an der Kirchweih des Jahres 1800.

Man trug aber nicht nur im, Dorf eine Waffe, sondern, wie die folgenden Beispiele zeigen, erst recht, wenn man auswärts z. B. nach Bamberg ging. Oben wurde schon angeführt, wie sich Els Zollnerin 1508 als einer "freien Fränkin" rühmte, oder wie sich Gg. Störmer vermaß, er dürfe wohl vor Fürsten und Herren gehen. Man könnte fast annehmen, dass sich die Gaustadter natürlich sie nicht allein mit einer Waffe versehen als freie Männer dünkten.

Gaustadt besaß keine Badstube, darum musste man nach Bamberg gehen, wenn das Bedürfnis sich zu reinigen vorlag. So gingen 1506 Hans Kraus, Cunz Stürmer, Hans Reuß, Heinz von Köttel und Peter Bodenbadi an einem Montag sie machten offenbar "blau" nach Bamberg ins Bad und dann zum Wein. Dabei ging es noch friedlich zu. Als sie aber gen Gaustadt gehen wollten, habe Stürmer mit Reuß "gezankt". Dabei habe Stürmer in (wohl auf) des Reußen Spieß gehauen, der ihn hingeworfen und liegen lassen. Reuß war also mit einem Spieß zum Baden gegangen! Der Köttler hob den Spieß auf und nahm ihn sehr zu seinem Schaden mit auf den ferneren Weg. Bei der Schönen Marter kam es wiederum zum Zank, wobei der Köttler den Kraus offenbar mit dem Spieß "zu leger" geschlagen, dass er geblutet habe. Da "leger" das Lager und besonders das Krankenlager bedeutet, musste sich Kraus wohl zu Bett legen. Jörg Weickardt sagte 1583 als Zeuge aus: Nachdem Hans Kraus und Wolf Kaudler in Bamberg fortgegangen waren und dahin, wo die Mauern am Wasser vor dem Pfeuffertor ein Ende gehabt, gekommen waren, "da habe der Kraus mit seinem Peill auf den Kaudler geschlagen". Ein anderer Zeuge bezeichnete die Waffe als ein Bertlein" (von Barte); Kraus habe so danuit zugeschlagen, dass ihm sein Beil abgefahren".

Zur Entschuldigung des Kraus könnte man höchstens annehmen, dass er das Beil eben in Bamberg gekauft hatte.

Hans und Heinz die Helden, Vater und Sohn, wollten Ende 1554 aus Bamberg heimgehen; da sei ihnen Hans Löhr selbdritt (er selbst mit zweien) unterwegs beim Neuen Bau am Torhaus (Pfeufertor) begegnet und habe dem

Heinz Held zwei Streiche "mit der Wehre" (einem Säbel oder Degen) den einen am Kopf, den andern auf den rechten Arm ohne alle Ursache gegeben. Den Vater habe er in den Kot gestoßen, dass er lange nicht habe aufkommen können. Der Löhr habe sich hören lassen, es müsst ihn reuen, dass er den jungen Held nit zu Stücken gehieben hab. Vor Gericht freilich gab er es klein, als er die Bader und Krankenkosten aufgebrummt bekam.

Es gehörte nach allem, was man hört, zum guten Ton in Gaustadt, nach Bamberg mit einer Waffe zu gehen. Als sich Adam Polz 1510 zum Bade nach Bamberg begeben wollte, selbst aber keinen Degen besaß, so lieh er sich einen von Hans Linßner. Nach seiner Rückkehr übergab Polz die Waffe dem Sohn des Linßner, nicht dem Vater selbst, der feststellen musste, dass sein Degen zerbrochen war. Der um den Ersatz (drei Pfund) verklagte Polz beschuldigte kurzer Hand und mit dreister Stirn den jungen Linßner, den Degen zerbrochen zu haben

Die angeführten Tatsachen allein zeigen, dass es nichts, angefangen von Handwerkszeugen wie dem Karst über ein Brotmesser bis zu den Feuerwaffen, an Gegenständen gab, was zur Abwehr oder zum Angriff dienen konnte, dass man stets bereit war, alles zu gebrauchen, ohne lange zu bedenken, welches Unglück man anstellen konnte. Bei oder trotz ihrer zu alkoholischen Ausschreitungen geneigten Veranlagung liefen diese Leute Tag und Nacht in Gaustadt und Bamberg mit gefährlichen Waffen herum. Die Abbildungen aus jener Zeit, ob sie nun Bürger, Bauern oder Bettler zeigen, beweisen uns auch, dass irgendeine Waffe zum "Anzug" gehörte.

Den Leichtsinn, mit dem man Waffen gebrauchte, mögen zum Schluss zwei ganz krasse Fälle zeigen. Aus einer wehleidigen Bittschrift an den Fürstbischof wegen "eines schrecklichen und jämmerlichen Totschlags", der sich "am Abend vor Trinitatis 1591 (8. Juni) zwischen zwei Blutsverwandten gegeben", erfahren wir folgendes: Aus Gaustadt waren an die zwanzig Personen in Bamberg bei der Firmung gewesen. Damals wurde man ja erst in den 20er Lebensjahren oder noch später gefirmt. "jeder unter ihnen hatte einen Firmling gehabt" und nach der Firmung waren sie alle zu Simon Biedermann, Weinschenk in Bamberg, gegangen, wo sie drei Gulden und fünf Patzen verzechten. Schon bei der Bezahlung waren Lor. Poser, der Firmling, und Gg. Löhr, der Firmdot, uneins und unzufrieden geworden. Den Zwist konnte man beilegen, so dass alle friedlich miteinander aufstanden und heimgehen wollten.

Als sie aber vor das Pfeifertor hinaus zum Schönen Brunnen kamen, wurden die beiden oben Genannten wiedrum uneins, "da dann ein Streich umb den andern gangen so lang und viel, bis der Entleibte (Lor. Poser) also beschädigt worden, dass er verschienenen (vergangenen) Mittwoch (4. Juli) sein Leben darüber geben und lassen müssen". Die Behandlung durch den Barbierer hatte keinen Erfolg. Man fragt sich 1. warum die Anwesenden nicht eingegriffen, um das Unglück zu verhüten, 2. kann man meinen, dass sie alle wie so oft voll gewesen die Zechschuld spricht dafür und man muss mit Verwunderung 3. feststellen, dass sie zur Firmung auch mit Waffen gegangen waren! Das Bittgesuch an den Fürstbischof beschönigt nicht etwa den Totschlag, der wird als solcher zugegeben, sondern es drehte sich um die Erbauseinandersetzungen zwischen dem Täter und seinen Geschwistern, deren Erbe man vor der Beschlagnahme zu retten sucht.

Das nicht minder schreckliche Gegenstück aus dem Jahre 1717 erwähnt Martinet, dass "sich zu Gaustadt der Student Holzmann von Bamberg entleibt habe. Das ist mit den Worten des Badergesellen Michael Bratel beim Steinwegbader zu Bamberg in Diensten, wie folgt, richtig zu stellen: Er nebst noch einer Person seien gestern (25. Juli 1717, einem Sonntag) nach 2 Uhr in einem Schelch nach Bischberg gefahren. Da sei Christoph Keipper als dieser Sach Täter zu Land mit einem andern auch nach Bischberg gangen, wo dann ihrer zehn miteinander getrunken und gegen 7 Uhr sämtlich gegen Gaustadt gangen, wo sie daselbst im (spitälischen) Wirtshaus einen Krug Bier haben geben lassen. Des Täters Gevatter aber nebst seinen Eltern hätten ein Glas Wein einschenken lassen, wobei Täter und Getöteter einander herzlich geliebet, gedrucket und umhalset und wegen ihrer Degen, deren der Täter einen neuen gehabt, zu Gspräch kommen und inteinander auffen Platz gangen, die Degen gezogen und miteinander gefochten. Plötzlich sei der Täter in die Stuben geloffen und ihn gebeten hinauszugehen und (zu) verbinden, worauf er sogleich dem Blessierten den Rock und Camisol aufgerissen, das Hemd aufgeschnitten, wo das Blut häufig herausgeflossen. Der Gestoßene seie sogleich ohnmächtig worden, ohnweit allda ein Minorit hinzugerufen worden. Er habe den Patienten verbunden, der aber etwa in 1/4 Stund data absolutione generali (nach empfangener Generalabsolution) Todes verblichen, der Täter hingegen immer geschrien: "Um Gottes Willen, um Gottes Willen!" da er gesehen, dass er wirklich tot sei, hätt er lang geschrien, als er sich gegen Bamberg gesetzt: "Ach, lieber Bruder Holtzmann!" den Toten meinend.

Es mag erlaubt sein, die verwickelten rechtlichen Verhältnisse und das damit verknüpfte Gerichtsverfahren näher auszuführen, indem die Tat unzweifelhaft auf klösterlichem Boden geschah, bei einem Mord aber nicht das Michelsberger Pfortengericht, sondern das Bamberger Centgericht zuständig war. Am Sonntag, den 25. Juli 1717 war die schreckliche Tat geschehen, am 28. Juli zeigte das Kloster pflichtgemäß bei der Cent an, dass zu Gaustadt von einem Studenten Keipper ein anderer Student namens Benedikt Holtzmann "in der fünften Schul« erstochen und von ihm das "Leibzeichen" genommen worden sei. Dies Leibzeichen war entweder ein Teil des Körpers z. B. eine abgehauene Hand oder ein Stück vom Gewand des Ermordeten, das vor Gericht die Tat bezeugte und den Getöteten sinnbildlich vertrat. Das Kloster fragte zugleich an, wo man die Leiche, die auf dem Kloster lag, extradieren (aushändigen) oder sie nach St. Gertraud, eine heute infolge des Durchstichs von der Sophienbrücke zum Bahnhof verschwundene Kapelle, zur Beerdigung bringen sollte ". Man sollte meinen, diese

berechtigten Fragen wären einfach zu beantworten gewesen, man lebte aber damals in der vielgerühmten Schönborrizeit, in der die Bamberger Regierung die herkömmlichen Rechte der im Hochstift vorhandenen Klöster und ritterschaftlichen Güter zu beschneiden wenn möglich zu beseitigen suchte. So erging von der Bamberger Regierung der im Malefizbuch niedergeschriebene Beschluss, dass man dem Kloster weder die Beschlagnahme und Auslieferung der Leiche noch weniger das Nehmen des Leibzeichens gestatten könne. Das war wider Herkommen und Reche. Sondern der Bamberger Oberschultheiß solle einfach durch den Unterschultheißen die Leiche fordern, durch die Centschöffen und geschworenen Bader das Leibzeichen nehmen, dann die Leiche visitieren und schließlich der zuständigen Pfarrei überlassen

Daraufhin fiel der Hauptmann Stangenberger "mit ziemlicher Mannschaft" in das Kloster ein und bemächtigte sich der Leiche und des Leibzeichens.

Am Samstag, den 31. Juli meldete dann der Centrichter, dass das Attestatum chirurgorum, der Untersuchungsbericht der Bader, vorliege, wie die Wunde befunden worden sei, und dass man die Leiche zur Beerdigung freigegeben habe. Soweit entsprach ungefähr das Verfahren dem noch heute üblichen Vorschriften bei einem Mord ".

Den Einfall des Hauptmannes Stangenberger konnte das Kloster keinesfalls hinnehmen. Am 4. August protestierte es wegen dieser Gewalttätligkeit und verwies auf den bisher geübten Brauch, in solchen Fällen die Leiche am Pfeufertor (bei der Einmündung des vom Kloster kommenden Weges in die Schweinfurter Straße) in herkömmlicher feierlicher Form dem Centrichter zu übergeben. Gleichzeitig versäumte man nicht, einige Beispiele der jüngsten Zeit zum Beweis des klösterlichen Rechts anzuführen. Das Kloster weigerte sich deswegen auch, die angefallenen Kosten für den Einfall zu bezahlen. Umgekehrt forderte es die Entschädigung für die bei der Überführung und Bewachung der Leiche entstandenen Unkosten und bat um eine Bestätigung des bisher geübten Verfahrens

Fast ein halbes Jahr nach dem Tode Holtzmanns, am 15. November 1717 bitten der Totengräber Paul Fein in Bamberg und Michael Munich zu Gaustadt das Bamberger Malefizamt zu veranlassen, dass es ihnen einstweilen ihre zustehenden Gebühren auszahle. Seltsamer Weise lassen die Malefizbücher nichts über eine Verfolgung des Täters Keipper verlauten vom Täter und seiner Sippe zur blösung eines gerichtlichen Verfahrens ein Sühnegeld verlangen konnten. Man kann verstehen, dass z. B. einer Witwe mit Kindern nicht mit einer Bestrafung des Täters, wohl aber mit einer Geldentschädigung besser gedient war. So wurde am 6. Februar 1609 dem Hans Truck, den beiden Hans Krausen und Franz Mathes die Bezahlung des auferlegten Abtrags von 300 Gulden auferlegt.

Als Georg Winkler, Lobt genannt, und Georg Müller genannt Böltzlein, beide von Gaustadt, 1605 von Bamberg heimwärts gingen, beide "nit ohne einen Trunk gehabt", kamen sie mit Worten aneinander und dann "zu Streichen", so dass Müller den Winkler mit einer Barten an der Stirn so getroffen, dass er ihm "einen Spreißel von der Hirnschale in das Hirn geschlagen" und er über 12 Tage verschieden. Der Täter floh. Die Witwe des Ermordeten bat, den Böltzlein, "der sich in den nächsten Stauden herum aufhalte", zu ergreifen und zur Strafe zu ziehen. Nach einer Klage beim Landgericht kommt es zu einer gütlichen Übereinkunft, nach der er an die Witwe 100 Gulden zahlt.

Obiger Bericht des Badergesellen gibt Veranlassung, kurz auf die Stellung der Bader einzugehen. Gaustadt besaß keine Badestube, darum auch keinen Bader; die Gaustadter gingen, wie wir wissen, nach Bamberg ins Bad. Da aber damals der Bader zugleich als Arzt besonders als Chirurg sich betätigte, holte man ihn bei Krankheiten und Verwundungen. Neben dem Bader standen jedoch als selbstständige Meister die Barbierer. Hören wir die Volksmeinung über beide: 1593 war Heinz Hoffman in Gaustadt bei einem der üblichen Händel verwundet worden. Da wollte ihn der Nedler zu den Badern am Sand führen, damit sie ihn verbänden. Der Schilher aber sprach, die Bader seien grob und könnten ihn verkürzen (?); es wäre besser, man fahre ihn zu Meister Niclas Barbierer. Der verbände ihn vielleicht ein oder dreimal um Gottes willen (umsonst); das war aber durchaus nicht der Fall . 1595 klagte der Bader bei St. Jakob gegen den Schneider Hans Resch zu Gaustadt um Bezahlung, nachdem er dessen Weib geheilt hatte. Aus den Kostenrechnungen ergibt sich, dass man gelegentlich auch einen Verwundeten bei einem Bader untergebracht hatte, so dass man schon von einer Art Klinik reden kann.

Vom 10. März 1716 ist der Eintrag datiert: "Auf Anzeig des Schultheißen Endres Ziegler wegen angegebener verdächtiger Krankheit wurde Besichtigung eingenommen durdi des Closters bestellten Barbier in Beisein des Canzlei Deputierten bei Ernst Sturm; wurde aber gefunden, dass die imputierte (vermutete) Lues venerea (Syphilis) nicht angetroffen wäre, daher denn auch selbiger bei voriger Conversation (Umgang mit den Dorfgenossen) gelassen worden".

Über die damals mögliche "Bereinigung" eines Totschlags gibt folgender Fall Aufschluss: Am 9. September 1608 war zu Gaustadt zwischen Hans Kraus dem älteren, Hans Kraus dem jüngeren, Hans Truck seinerseits und Franz Mathes, welschem Krämer zu Bamberg, andererseits eine Schlägerei entstanden. Dabei hatte Hans Weickhard, Pfeufer genannt, die Streitenden trennen wollen, aber von Mathes einen Stich in die Brust erhalten, dass er hinfiel und bald verschied. Er wurde besichtigt, es wurde das Leibzeichen genommen, die drei Gaustatter aber nach Bamberg ins Lochhaus geführt d. h. verhaftet. Weil nun des ermordeten Weickhard hinterlassene

Witwe in einer Bittschrift an das Malefizgericht, dorn der Täter überstellt war, von Mathes 300 Gulden zu einem bürgerlichen "Abtrag" (Entschädigung) begehrte, wurde eine Tagesfahrt angesetzt, und ein Vergleich getroffen. Nun muss man wissen, dass damals die Angehörigen des Ermordeten.