Fluss.Raum.Entwerfen

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Planungsstrategien für urbane Fließgewässer Martin Prominski Antje Stokman Susanne Zeller Daniel Stimberg Hinnerk Voermanek

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Praxisorientiertes Grundlagenwerk zum Planen von Flussräumen. Anforderungen wie Hochwasserschutz, Freiraumgestaltung und Ökologie werden miteinander in Einklang gebracht.

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Planungsstrategien für urbane Fließgewässer

Martin ProminskiAntje StokmanSusanne ZellerDaniel StimbergHinnerk Voermanek

Fluss.Raum.Entwerfen ist ein praxisorientiertes Grundlagenwerk zum Planen

von Flussräumen. Das Gestalten urbaner Flusslandschaften ist vielfältigen Anfor-

derungen unterworfen, zu denen in erster Linie der Hochwasserschutz, die

Freiraumgestaltung und die Ökologie gehören. Diese beherrschenden Themen

gilt es in Einklang zu bringen, häufig auf begrenztem Raum. Der hier zugrunde

gelegte prozessorientierte Ansatz eignet sich insbesondere für langfristige und

nachhaltige Maßnahmen. Nach einer systematischen Einführung werden erst-

mals europaweit über fünfzig Beispiele gelungener Gestaltung analysiert und

in ihre einzelnen Elemente zerlegt. Diese Analysen bilden einen Katalog sinn-

voller Entwurfsstrategien und Gestaltungsmittel. Alle Beispiele wurden eigens

für dieses Buch fotografiert und mit zahlreichen Zeichnungen versehen, und

die große Fülle der gestalterischen Ideen wird so auf attraktive und anregende

Weise abgebildet. Durch den übergreifenden interdisziplinären Ansatz erhalten

Landschaftsarchitekten, Architekten, Ingenieure und andere Fachplaner einen

vertieften Überblick über das breite Spektrum der entwurflichen und bautech-

nischen Möglichkeiten.

∆ abgetreppter Steinverbau ∆ aufklappbare Schutzelemente ∆ aufsetzbare Schutzelemente ∆ Balkone ∆ Bäume auf Deichen ∆ begradigten Lauf einbeziehen ∆ bestehende Sicherung überbauen ∆ Deiche als Wegeverbindungen ∆ Deiche rückverlegen ∆ Deichparks ∆ Deichprofil modellieren ∆ Deichtreppen und -promenaden ∆ elektronische Warnsysteme ∆ Fischaufstiegsanlagen ∆ Fluchtwege ∆ Flusszugänge senkrecht zum Ufer ∆ Flutmulden ∆ frei bewegliche Schutzelemente ∆ gemauerter Uferverbau ∆ Geschiebezugaben ∆ geschüttete Steinbuhnen ∆ gesetzte Steinbuhnen ∆ Gewässerprofil differenzieren ∆ Gewässerlauf aufweiten ∆ Gewässerunterhaltung extensivieren ∆ Gewässerverzweigung anlegen ∆ Glaswände ∆ große Einzelsteine ∆ große Ufertreppen ∆ großräumige Naturgebiete ∆ hochwasserfeste Gebäude ∆ Hochwassermarken ∆ Hochwasser-schutzmauern integrieren ∆ ingenieurbiologische Buhnen ∆ Kolkbildung ∆ Kunstobjekte und Mobiliar ∆ Landwirtschaft ∆ Lauf verlängern ∆ Lebendverbau ∆ mäandrierenden Gewässerlauf vorgeben ∆ Mauerhöhen relativieren ∆ Nebenarme ∆ neue Ufermauern ∆ Nutzung der historischen Stadtmauer ∆ Park in der Aue ∆ Pfahlbauten ∆ Poldersysteme ∆ punktuelle Ufersicherung ∆ Rampen und Gleiten ∆ Rückhaltebecken ∆ Sand- und Kiesstrände an Gleitufern ∆ Sand- und Kiesstrände in Buchten ∆ „schlafende“ Ufersicherung ∆ schwebende Wegeverbindungen ∆ schwimmende Inseln ∆ schwimmende Stege ∆ schwimmende und amphibische Wohnformen ∆ Seilbahnen ∆ Sicht erhalten ∆ Sohl- und Querbauwerke differenzieren ∆ Sohlriegel ∆ Sport- und Spielanlagen ∆ stehende Gewässer im Vorland ∆ Steinverbau ∆ Stör- und Trittsteine ∆ Störelemente einbringen ∆ Superdeiche ∆ Terrassen ∆ Totholz ∆ überflutbare Bepflanzung ∆ überflutbare Stege ∆ überflutbare Uferwege ∆ überflutbares Mobiliar ∆ Überhänge ∆ überströmte Buhnen ∆ Ufer teilweise entsichern ∆ Ufer- und Sohlsicherung entfernen ∆ Ufermauern überwinden ∆ uferparallele Flusszugänge ∆ Ufersicherung im Bedarfsfall ∆ unsichtbar stabilisieren ∆ Unterwassertrittstufen ∆ Veranstaltungsgelände ∆ verschließbare Zugänge ∆ vertäute Schiffe ∆ Vorland abgraben ∆ Vorufer ∆ Warften ∆ Warftprinzip bei Gebäuden ∆ Warnschilder und Absperrungen ∆ wasserdichte Fassaden ∆ Wasserentnahme regulieren ∆ Wege in der Aue ∆ Yachthäfen ∆ Zelt- und Campingplätze ∆ Zwischenebenen

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∂ 2EntwurfskatalogEinführung ∫ 38Prozessräume ∫ 39Übersicht Prozessräume und Entwurfsstrategien ∫ 42Übersicht Gestaltungsmittel und -maßnahmen ∫ 44

Prozessraum AUfermauern und Promenaden ∫ 46A1 Raum linear erweitern ∫ 52A2 Raum punktuell erweitern ∫ 54A3 temporär widerstehen ∫ 56A4 darüberstellen ∫ 58A5 tolerieren ∫ 60A6 mitgehen ∫ 64

Prozessraum BDeiche und Flutwände ∫ 66B1 Widerstand differenzieren ∫ 72B2 vertikal widerstehen ∫ 76B3 Widerstand verstärken ∫ 78B4 Widerstand integrieren ∫ 80B5 temporär widerstehen ∫ 82B6 Wasserdynamik wahrnehmbar machen ∫ 84

Prozessraum CÜberflutungsflächen ∫ 86C1 Raum erweitern ∫ 92C2 darüberstellen ∫ 96C3 tolerieren ∫ ∂00C4 ausweichen ∫ ∂04C5 mitgehen ∫ ∂06

Prozessraum DFlussbette und Fließräume ∫ ∂08D1 Strömung lenken ∫ ∂∂4D2 Gewässerlauf modellieren ∫ ∂∂8D3 Gewässerbett differenzieren ∫ ∂20D4 Ufersicherung differenzieren ∫ ∂22D5 Sohlsicherung differenzieren ∫ ∂26

Prozessraum EDynamisierte Flusslandschaften ∫ ∂28E1 Laufentwicklung ermöglichen ∫ ∂34E2 Laufentwicklung initiieren ∫ ∂36E3 neuen Gewässerlauf gestalten ∫ ∂38E4 Laufentwicklung begrenzen ∫ ∂40

GrundlagenEinführung ∫ 8Ziele ∫ 9 Projektauswahl ∫ ∂∂Buchstruktur ∫ ∂2

Planungsvoraussetzungen für urbane Flussräume ∫ ∂4Multifunktionalität ∫ ∂5Interdisziplinarität ∫ ∂6Prozessorientierung ∫ ∂7

Gewässerräume und ihre Prozesse ∫ ∂8Prozesse und ihre Antriebskräfte ∫ ∂9Prozesstypen ∫ 20Gewässerlandschaften als Ausdruck raum-zeitlicher Prozesse ∫ 25 Gewässerräume entwerfen ∫ 28Gewässerräume und ihre Grenzen ∫ 29Grenztypen ∫ 31Gewässerlandschaften zwischen Kontrolle und Dynamik ∫ 33

Vorwort ∫ 5Herbert Dreiseitl

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3ProjektkatalogEinführung ∆ ∂44Übersichtskarte ∆ ∂44

Prozessraum AUfermauern und Promenaden ∆ ∂48Elster- und Pleißemühlgraben, Leipzig ∆ ∂50Leine, Hannover ∆ ∂54Limmat, Zürich (Fabrik am Wasser) ∆ ∂56Limmat, Zürich (Wipkingerpark) ∆ ∂58Rhône, Lyon ∆ ∂60Seine, Choisy-le-Roi ∆ ∂64Spree, Berlin ∆ ∂66Wupper, Wuppertal ∆ ∂68

Prozessraum BDeiche und Flutwände ∆ ∂70IJssel, Doesburg ∆ ∂72Ijssel, Kampen ∆ ∂74Main, Miltenberg ∆ ∂78Main, Wörth am Main ∆ ∂80Nahe, Bad Kreuznach ∆ ∂84Waal, zwischen Afferden und Dreumel ∆ ∂88Waal, Zaltbommel ∆ ∂90

Prozessraum CÜberflutungsflächen ∆ ∂92Bergsche Maas, zwischen Waalwijk und Geertruidenberg ∆ ∂94Besòs, Barcelona ∆ ∂96Ebro, Zaragoza ∆ ∂98Elbe, Hamburg ∆ 202Gallego, Zuera ∆ 204IJssel, Zwolle ∆ 208Kyll, Trier ∆ 2∂0Maas, Maasbommel ∆ 2∂2Petite Gironde, Coulaines ∆ 2∂4Rhein, Brühl ∆ 2∂8Rhein, Mannheim ∆ 220Seine, Le Pecq ∆ 222Waal, Gameren ∆ 224Wantij, Dordrecht ∆ 228Wupper, Müngsten ∆ 230

Prozessraum DFlussbette und Fließräume ∆ 232Ahna, Kassel ∆ 234Alb, Karlsruhe ∆ 236Birs, Basel ∆ 238Leutschenbach, Zürich ∆ 240Neckar, Ladenburg ∆ 242Seille, Metz ∆ 246Soestbach, Soest ∆ 248Wiese, Basel ∆ 250Wiese, Lörrach ∆ 252

Prozessraum EDynamisierte Flusslandschaften ∆ 254Emscher, Dortmund ∆ 256Isar, München ∆ 260Losse, Kassel ∆ 264Schunter, Braunschweig ∆ 266Wahlebach, Kassel ∆ 268Werse, Beckum ∆ 270

AnhangProjektbeteiligte und -quellen ∆ 273Weitere Referenzprojekte ∆ 279Glossar ∆ 282 Weiterführende Literatur ∆ 285Register ∆ 288Autoren ∆ 294Danksagung ∆ 294Bildnachweis ∆ 295

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Ist nicht jeder Fluss etwas ganz Besonderes? Keiner gleicht in seiner Morphologie, Limnologie und Atmosphäre dem anderen. Flüsse als Adern unserer Landschaften sind spannend und lebendig. Sie können sanft das Sonnenlicht zum Tanzen bringen und am nächsten Tag unberechenbar wild aufbrausen und alles, was sich ihnen in den Weg stellt, wegspülen und mit sich reißen. Flüsse sind weit mehr als das sich bewegende Wasser – das wäre eine unzulässige Reduktion. Gerade die Wechselwirkungen des Strömenden mit dem Untergrund, die Ausformung der Ufer und deren Umgebung machen Flüsse zu jenen unverwechselbaren Persönlichkeiten mit Charakter, wie sie uns in Sagen, Liedern und Geschichten von alters her beschrieben wurden und vertraut sind.

Nahezu alle Städte und urbanen Kulturräume sind an Flüssen entstanden. Ihre Entwicklung und das Wohlergehen ihrer Bewohner erzählen auch eine Geschichte von ihrer Wechselwirkung mit dem Wasser. So konnten sich Handel, Transport und Industrie gerade wegen der Schiffbarkeit der Flüsse und ihrer Bedeutung als Verkehrsachsen entwi-ckeln. Jahrhundertelang waren die Flüsse eine bedeutende Basis für die Ernährung der nahe dem Wasser lebenden Menschen. Wasser und die Gestalt der von Menschenhand geformten Wasserlandschaften sind die Grundlage unserer Kultur.

Doch Flüsse bedeuten nicht nur Segen, sondern können auch Fluch sein! Es kommt nicht von ungefähr, dass die ersten ingenieurtechnischen Bauwerke der Menschheit zum Regulieren der Flüsse errichtet wurden. Das Ziel der Eingriffe war stets der Schutz vor der Flutgewalt und Zerstörungskraft der Wassermassen. Andererseits hat die Bändigung und Regulierung der Gewässer vielerorts besondere Kulturlandschaften überhaupt erst entstehen lassen. Heute sind unsere Flüsse weitestgehend ausgebaut, begradigt und zu technischen Bauwerken überformt – ihre Ursprünglichkeit und ihr landschaftsprägender Charakter sind kaum noch erkennbar. Nicht erst seit den enormen Hochwasserkatast-rophen der jüngsten Zeit, den Auswirkungen des Klimawandels und dem Schwinden an Artenvielfalt am und im Wasser werden die vermeintliche menschliche Allmacht und die einseitige technische Betrachtungsweise unserer geradlinig ausgebauten Flüsse heute vermehrt infrage gestellt.

Sowohl durch die Formulierung und Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie mit ihrer Zielsetzung, einen guten Zustand für alle europäischen Gewässer zu erreichen, als auch im stets wachsenden öffentlichen Bewusstsein rücken Flüsse in den Fokus der Aufmerksamkeit. Dabei geht es nicht allein um die Gewässerhydraulik und den techni-schen Hochwasserschutz. Immer wichtiger werden die Möglichkeiten zur Freizeitnutzung, und zusehends entdecken wir Menschen unsere Flüsse zur Besinnung und Erholung. Gepaart mit der erfolgreichen Verbesserung der Wasserqualität durch Abwasserreinigung und Regenwasserbehandlung sind Flüsse nicht mehr die gemiedene stinkende Rückseite der Stadt, sondern werden zu deren erster Adresse und Visitenkarte. Damit kommt der Ästhetik des Flussraumes, ausgeformt in seiner Morphologie und Ufergestalt, eine große Bedeutung zu: Der menschliche Umgang mit dem Fluss verändert sich vom technischen harten Flussausbau hin zu naturnahen ingenieurbiologischen Bauweisen der Flussgestal-tung mit multifunktionaler Nutzung für alle Lebewesen am und im Fluss. Gemäß unseren heutigen Ansprüchen wünschen wir uns Flüsse in qualitativ gutem Zustand mit hochwer-tiger Gestaltung, die als lebendige Organismen auch uns Menschen Vitalität spenden.

Wie sind diese Ziele zu erreichen? Welche guten Beispiele regen zur Nachahmung an und worauf kommt es in der Umsetzung an? Das sind heute die brennenden Fragen in der Gewässergestaltung und Flussraumsanierung. Genau aus diesen Gründen ist das nun vorliegende Buch Fluss.Raum.Entwerfen längst überfällig. Nicht nur inhaltlich exzellent bearbeitet, sondern auch äußerst übersichtlich und methodisch systematisch aufge-baut, wendet es sich gleichermaßen an Fachleute und interessierte Laien. Den Entschei-dungsträgern aus Politik und Verwaltung werden interdisziplinäre Zusammenhänge verdeutlicht, Planer und ausführende Betriebe werden wertvolle Anregungen für die eigene Arbeit finden. Letztendlich ist das Buch für alle professionell wasserinteressierten Menschen eine Quelle, aus der reichlich zu schöpfen ist! Es ist zu hoffen, dass unsere Flüsse auch in kontrollierten Formen ihre Gestaltpotenz und Ursprungskraft erhalten können, um eine vitale urbane Landschaft für die Bewohner zu fördern.

Vorwort

Herbert Dreiseitl

Vorwort

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Einführung

Elbe; HafenCity Hamburg. Viele Städte wenden sich wieder ihren Gewässern zu. In diesen neuen Stadt-landschaften am Wasser werden die vielfältigen Anforderungen aus Städtebau, Hochwasserschutz, Ökologie und Freiraumnutzung auf innovative Weise miteinander verknüpft.

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GrundlagenEinführung

ZieleUrbane Flussräume haben einen enormen Wandel erlebt: Fristeten sie lange Zeit ein Hinterzimmer-Dasein, so entwickeln sie sich heute zu den repräsentativen Salons der Städte. Damit werden eine Vielzahl neuer Anforderungen an sie gestellt, was ihre Gestal-tung ungleich anspruchsvoller macht: Sie sollen als attraktive Freiräume zu einem wichtigen Standortfaktor im Wettbewerb der Städte werden; die EU-Wasserrahmenrichtlinie von 2000 fordert flächendeckend einen guten ökologischen Gewässerzustand; und gleichzeitig sind die menschlichen Siedlungsräume vor dem Hintergrund des Klimawandels zunehmend extremen Wetter- und Hochwasserereignissen ausgesetzt. All diesen Ansprüchen müssen die urbanen Gewässer gerecht werden, und das oft auf engstem Raum.

Handlungsimpuls EU-Richtlinien Aus Sicht der Wasserwirtschaft lenken der prognostizierte Klimawandel und vereinzelte extreme Hochwasser- wie auch Niedrigwas-serereignisse die Aufmerksamkeit auf die Notwendigkeit der Anpassung urbaner Fluss-räume. Prognosen für längere Trockenzeiten, vermehrt auftretender Starkregen und der steigende Meeresspiegel verlangen eine Überprüfung sowohl der Hochwasserschutzsys-teme als auch der Versorgungs- und Entwässerungssysteme der Städte. Mit der EU-Hoch-wasserrisikomanagement-Richtlinie von 2007 haben sich die EU-Mitgliedsstaaten verpflichtet, die Gefahren durch Hochwasser genau zu bewerten und Managementpläne zur Verbesserung des Hochwasserschutzes zu erstellen. Die dadurch notwendigen Maßnahmen bringen unter- und oberirdisch Bewegung in die Stadtlandschaften.

Parallel dazu werden mit der Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie vor allem ökologische Zielsetzungen wie die Verbesserung der Wasserqualität als auch der Gewäs-serstruktur verfolgt: Die Richtlinie fordert von den Gemeinden „den Schutz und die Verbesserung der aquatischen Ökosysteme“ [WRRL, Artikel 4]. Umfangreichen Bestands-aufnahmen folgen inzwischen viele Projekte, die die Forderungen der Richtlinie erfüllen sollen. Auch die wasserwirtschaftlichen Fachverbände entwickeln inzwischen Regelwerke [beispielsweise Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V., DWA, 2009] zur Gestaltung von Fließgewässern im urbanen Bereich und fordern ganzheitliche Ansätze zur Vereinbarung der teils gegensätzlichen Nutzungsansprüche.

Gleichzeitig ist das Wasser in den Städten seit einigen Jahren sehr stark in den Blick der Stadt- und Freiraumplanung gerückt. Eine generelle Hinwendung zum Wasser ist zu beobachten. Wohnen und Arbeiten am Wasser, Stadtstrände, Hafenumnutzungen und neue Uferpromenaden werden entwickelt, um die Lebensqualität in den Städten zu verbessern. Entsprechend der Aktualität des Themas sind in Europa in den letzten Jahren viele Vorhaben zur Neugestaltung urbaner Gewässerräume, das heißt sowohl der Gewässer selbst als auch ihrer Uferbereiche, entstanden und umgesetzt worden. Insge-samt sind die Aufgabenstellungen an den Gewässern komplex und erfordern eine enge Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure aus Wasserwirtschaft, Städtebau, Archi-tektur, Landschaftsarchitektur, Naturschutz und anderen Disziplinen. Durch die vielen Aspekte, die urbane Gewässer betreffen, wird jedes Projekt zu einer interdisziplinären Herausforderung. Vor allem das Spannungsfeld zwischen Sicherheit und der Suche nach einer neuen Nähe zum Gewässer fordert die Gestalter heraus.

Inzwischen gibt es weltweit viele erfolgreiche Umgestaltungsmaßnahmen, die als Referenzen in diversen Fachzeitschriften, Büchern und Datenbanken veröffentlicht wurden. Für diejenigen, die nun selbst einen urbanen Flussraum zu entwerfen haben, ist die Kenntnis guter Referenzen wichtig, aber die Suche ist mühsam und tendenziell unbefriedigend, weil jedes Fallbeispiel so speziell ist, dass es für die eigene Planungsauf-gabe nicht passt. Was bisher fehlt ist eine Übersicht, die die Vielzahl der Gestaltungsmög-lichkeiten für urbane Fließgewässerräume in systematisierter und übertragbarer Weise aufzeigt. Hier setzt das Buch als Arbeitshilfe für Entwerfende urbaner Flussräume an.

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D∂.3

Folgende Ziele stehen im Vordergrund:

1. Übertragbares Wissen schaffen Aus realisierten Entwürfen für urbane Flussräume, die aus verschiedenen Gründen vorbildlich sind, wurden die verwendeten Gestaltungs-mittel abstrahiert und in eine typologische Ordnung gebracht. Ein Katalog daraus abge-leiteter Entwurfsstrategien erleichtert den Praktikern eine Übertragung auf die eigene Entwurfsaufgabe. Anschauliche Darstellungen ermöglichen ein schnelles Verständnis der Strategien und Gestaltungsmittel und deren räumlicher Relevanz.

2. Eine interdisziplinäre Sprache finden Die entwickelte typologische Ordnung inte-griert die Aspekte aller an der Gestaltung urbaner Flussräume beteiligten Disziplinen. Durch diese fachübergreifende Darstellungsweise und Sprache wird die gemeinsame Projektarbeit zwischen Landschaftsarchitekten, Wasserwirtschaftlern, Ökologen, Archi-tekten und Stadtplanern befördert, was angesichts der Komplexität des Entwerfens urbaner Flussräume von hoher Bedeutung ist.

3. Prozesse in Fließgewässern darstellen Flüsse sind ständig im Fluss – so kann die offensichtliche Tatsache auf den Punkt gebracht werden, dass sich Flussräume durch die verschiedenen Wasserprozesse in ständigem Wandel befinden. Prozessorientierung ist daher unabdingbar für das Entwerfen von Flussräumen und sollte sich in den Entwurfs-darstellungen wiederfinden. Viele Entwurfsdarstellungen von Flussräumen sind aber nur auf einen Zustand orientiert und greifen damit zu kurz. Für ein prinzipielles Verständnis des Prozessgeschehens innerhalb von Fließgewässersystemen werden in diesem Buch visuelle Darstellungsformen und anschauliche Beschreibungen der gewässerbezogenen Prozesse entwickelt.

4. Bezüge zwischen Ökologie, Hochwasserschutz und Freiraumnutzung herstellen Die Bedeutung prozessorientierten Gestaltens für die drei großen Themengebiete der Flussgestaltung im urbanen Raum – Hochwasserschutz, Freiraumgestaltung und Ökologie – wird verdeutlicht. Mögliche Synergien, aber auch Konflikte zwischen diesen drei Themenschwerpunkten in der räumlichen Gestaltung werden offengelegt.

Die interdisziplinäre Zusammensetzung des Autorenteams aus Landschaftsarchitekten und Wasserbauingenieuren ermöglichte die Untersuchung der für dieses Buch ausge-wählten Projekte unter verschiedenen Blickwinkeln. Aus den Gesprächen mit Experten

Zwei Beispiele für übertragbare Gestaltungsmittel aus den untersuchten Projektbeispielen: Bei der Revitalisierung der Birs in Basel wurden Steinbuh-nen in den Lauf gesetzt, in Wörth am Main wurden spektakuläre, aufklappbare Fluttore in die zur Hochwasserschutzmauer transformierten Stadt-mauer integriert.

gesetzte Steinbuhnen

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B5.3

∂0∂∂

GrundlagenEinführung

vor Ort, Literaturrecherchen sowie eigenen Analysen wurden Entwurfsstrategien abstra-hiert und eine Systematik zur Einordnung der Gestaltungsmittel und -maßnahmen erarbeitet. Als Basis dieser Systematik diente die Analyse der Gewässerprozesse, deren Verständnis die konzeptionelle Einordnung und Beschreibung der verschiedenen Gestal-tungsmöglichkeiten erlaubt.

Projektauswahl Die Studien für dieses Buch begannen mit einer Auswahl von Beispielen guter Praxis, die vorher definierte Kriterien erfüllen mussten. Erstens sollten sie von den drei Zielset-zungen Hochwasserschutz, Ökologie und Gestaltung als nutzbarer Freiraum mindestens zwei erfüllen. Das heißt, die Vorhaben mussten einen integrativen Ansatz verfolgen, der mindestens zwei der oben genannten Anforderungen im Sinne der Mehrfachkodierung so kombiniert, dass der knappe urbane Raum auf unterschiedliche Weise zu nutzen ist und öffentliche Mittel effektiv eingesetzt werden. Projekte, die eine singuläre Zielsetzung verfolgen, wurden nur in Ausnahmefällen hinzugezogen. Bewusst wurden Projekte mit unterschiedlichen Absichten und Charakteren nebeneinandergestellt. Ökologische, was-serbauliche oder architektonische Ziele können den Anstoß für die Vorhaben gegeben haben. Entsprechend unterschiedlich waren die Zusammensetzung der Verfasserteams und die Gestaltsprache der Projekte. Die Gegenüberstellung der verschiedenen Projekte insbesondere im Hinblick auf deren Umgang mit Gewässerprozessen schuf neue interdis-ziplinäre Einsichten und Synergien.

Zweitens sollte in den Projekten eine bewusste entwerferische Auseinandersetzung mit den Gewässerdynamiken deutlich werden. Das Spektrum reicht hier von kleinsten Eingriffen an der Uferpromenade zur Verdeutlichung unterschiedlicher Wasserstände bis hin zu großräumigen Veränderungsprozessen im Gewässerbett.

Drittens sollte mindestens ein besonders innovatives Gestaltungsmittel vorhanden sein, das heißt, die Projekte decken einen Aspekt ab, der das jeweilige Projekt von anderen Projekten unterscheidet, oder zeigen einen spezifischen Aspekt, der in anderen Projekten nicht zu finden ist. Die gestalterische Gesamtqualität und Einmaligkeit der Projekte war nicht das Hauptauswahlkriterium. Die Gewässer in den verschiedenen Refe-renzprojekten sind sehr unterschiedlich. Nicht alle dargestellten Gestaltungsmittel oder -maßnahmen sind daher auf alle Projekte übertragbar.

aufklappbare Schutzelemente

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Buchstruktur Das Buch gliedert sich in zwei Bände.

Der erste, linke Band beginnt mit grundlegenden Erläuterungen zu den Bedingungen qualitätsvoller Gestaltung urbaner Flussräume sowie den verschiedenen Prozesstypen, die die Gewässer, ihr Aussehen und ihre Veränderung bestimmen (Teil 1, Grundlagen). Diese Grundlagen legen das theoretische Fundament für das Herzstück des Buches, den Katalog der systematisch geordneten Entwurfsstrategien mit ihren jeweiligen Gestaltungs-mitteln und -maßnahmen. Der Katalog gliedert sich in fünf unterschiedliche Prozess-räume A bis E, in denen in definierten räumlichen Bereichen des Flusses die Wasserpro-zesse jeweils unterschiedlich durch gestalterische Maßnahmen gesteuert werden (Teil 2, Entwurfskatalog).

Der zweite, rechte Band beinhaltet die untersuchten Projektbeispiele guter Praxis, aus denen die Gestaltungsmittel abgeleitet wurden (Teil 3, Projektkatalog). Diese Refe-renzen werden hier ausführlich mit Bildern und Karten erläutert und in ihrem Entste-hungskontext beschrieben. Die oberste Ordnungskategorie für die Projekte sind die fünf Prozessräume, innerhalb dieser sind sie nach Flussnamen alphabetisch geordnet. Weiterhin findet sich im zweiten Band im Anhang ein ausführliches Fachwortglossar.

E2.∂ E2.2 E2.3 E2

∂36∂37

EntwurfskatalogDynamisierte Flusslandschaften

∫ Kombinationsmöglichkeiten für alle Gestaltungsmittel aus E2 – – – – – – – –C∂.4 Vorland abgraben C3.5 großräumige Naturgebiete E∂.∂ Ufer- und Sohlsicherung entfernen E∂.2 Gewässerunterhaltung extensivierenE3.∂ mäandrierenden Gewässerlauf vorgeben E3.2 begradigten Lauf einbeziehen E3.3 Gewässerverzweigung anlegenE4.∂ „schlafende“ UfersicherungE4.2 Ufersicherung im BedarfsfallE4.3 punktuelle Ufersicherung

Gewässerprofil differenzieren

Isar, München

Durch das Abgraben des Vorlandes und das Abflachen der Ufer wird das Gewässer in die Lage versetzt, sich über die ehema-lige Uferlinie hinaus zu entwickeln. Das punktuelle Ausbaggern oder Verlagern von Substrat innerhalb des Gewässerbetts schafft Senken oder Flachwasserzonen. Durch die Profildifferenzierung wird die Strömungsvarianz erhöht und in den schneller fließenden Bereichen bildet sich eine Niedrigwasserrinne heraus, die dem Erhalt eines kontinuierlichen Gewässer-laufs bei extremer Trockenheit dient. Je nach Strömungsgeschwindigkeit lagern sich wie an der Isar in München unter-schiedlich große Sedimente von Sand über Kies bis hin zu größeren Steinen im Ge-wässerbett ab, was die Strukturvielfalt im Gewässer zusätzlich erhöht.

– – – – – – – –Emscher, Dortmund ∆ 256Isar, München ∆ 260Wahlebach, Kassel ∆ 268Werse, Beckum ∆ 270

Störelemente einbringen

Schunter, Braunschweig

Störelemente werden gezielt in das Gewäs-serbett eingebracht, um die Strömung auf die Ufer zu lenken und dort Erosionspro-zesse auszulösen oder eine Sedimentation in ihrem Strömungsschatten zu fördern. Störelemente können sowohl am Ufer angelehnt als auch mittig im Gewässer platziert werden. An der Schunter lenkt befestigtes Totholz die Strömung auf die gegenüberliegenden Ufer und führt dazu, dass diese erodieren und sich kleine Steil-ufer ausbilden. Die Störelemente berei-chern die Strukturvielfalt und sorgen für Spiel- und Aufenthaltsorte im Gewässer.

– – – – – – – –Isar, München ∆ 260Losse, Kassel ∆ 264Schunter, Braunschweig ∆ 266Werse, Beckum ∆ 270

Geschiebezugaben

Isar, München

Viele urbane Fließgewässer sind durch einen Mangel an natürlichen Sedimenten geprägt. Durch Staustufen oder andere Querbauwerke wird eine Verlagerung des Geschiebes verhindert, und die Gewässer leiden so an einem Geschiebedefizit. Das gezielte Einbringen von gewässertypischen Sedimenten stellt Material für die Bettbil-dung zur Verfügung. Bei der Isar in Mün-chen wurden künstliche Sand- oder Kies-bänke aufgeschüttet, die beim nächsten Hochwasser weitertransportiert werden. Wenn das Geschiebedefizit durch Quer-bauwerke verursacht wird, kann durch die gezielte Öffnung der Bauwerke das Ge-schiebe die Barriere überwinden und zur Entwicklung des folgenden Flussabschnitts beitragen.

– – – – – – – –Isar, München ∆ 260

Durch punktuelle Eingriffe im Gewässerlauf in Form einer gezielten Umschichtung von Substraten im Uferbereich oder Gewässerbett werden morphodynamische Prozesse angeregt. Diese Strategie kommt zum Einsatz, wenn die gewünschten Effekte einer eigendynamischen Entwicklung sich erst nach sehr langer Zeit einstellen würden. Das Ziel dieser Strategie ist es, die Randbedingungen für die eigendynamische Gewässer-entwicklung zu optimieren, um den gewünschten Zustand eines strukturreicheren Gewässers schneller zu erreichen. Diese Umschichtungen dienen also nur als Start-punkt für eine stark eigendynamische Entwicklung, die das Initialstadium bald wieder verschwinden lässt. Innerhalb kurzer Zeit können durch Initialmaßnahmen Habitate entstehen, die ein rasches Ansiedeln von Fauna und Flora ermöglichen. Gleichzeitig kann auch das Erscheinungsbild schnell verändert werden, was die Kommunikation der Eingriffe in der Öffentlichkeit erleichtert. Der eigentliche Verlauf des Fließgewässers wird dabei zunächst nicht verändert.

Die meisten Gestaltungsmittel zur Einleitung morphodynamischer Prozesse nehmen Einfluss auf die Strömung im Gewässer. Durch die gezielte Differenzierung der Strömung können Erosions- und Anlandungsprozesse in Gang gesetzt werden. Punktuelle Aufwei-tungen führen zur Verlangsamung der Strömung und somit zu Auflandungen; Störele-mente können durch die gezielte Lenkung der Strömung auf die Ufer Erosionsprozesse initiieren. Gestalterisch besteht die Möglichkeit, ein naturnahes Bild anzustreben, indem man zum Beispiel Totholz verwendet. Andererseits kann der Eingriff aber auch durch offensichtlich künstliche Elemente zur Strömungslenkung sichtbar gemacht werden. Das Einbringen von Störelementen bedeutet auch eine Vergrößerung der Habitatvielfalt. Außerdem können die Elemente als Trittsteine im Gewässer den direkten Kontakt zum Wasser ermöglichen. Eine weitere Option ist die Beeinflussung der Rahmenbedingungen für die Abfluss- und Transportprozesse im Gewässer. Das künstliche Einbringen von Sedi-menten ins Flussbett erleichtert die Bildung von Sand- und Kiesbänken oder natürlichen Stränden. Eine Verstärkung der Abflussdynamik unterstützt die wirkenden Kräfte und beschleunigt damit die Entwicklung.

Laufentwicklunginitiieren

Verweise zwischen den beiden Bänden verknüpfen Gestaltungsmittel und Projektbeispiele.

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∂2∂3

GrundlagenEinführung

Verknüpfungen Die beiden Bände sind durch Verweise zueinander in Beziehung gesetzt, sodass sie parallel benutzt werden können. Verschiedene Leserichtungen sind möglich: Einerseits können die abstrahierten Entwurfsstrategien im linken Band durch Nachschlagen der Projektbeispiele im rechten Band in konkreten Zusammenhängen nachvollzogen werden, denn den Gestaltungsmitteln sind durch Verweise diejenigen Projekte zugeordnet, die diese verwenden.

Andererseits haben die Projekte im rechten Band Verweise auf die Gestaltungs-mittel im linken Band. Wenn also jemand von einem konkreten Element in einem Projekt fasziniert ist, kann sie oder er durch die Verweise auf die abstrahierten Gestaltungsmittel das Verständnis vertiefen und somit prüfen, ob das Element auf den eigenen Planungsfall übertragbar ist.

Die Verweise erfolgen in Form kleiner Pfeile am Seitenende oder am Seitenrand. Ein Pfeil nach links ∫ verweist auf den ersten, linken Band. Ein Pfeil nach rechts ∆ auf den zweiten, rechten Band. Das gesamte Buch ist durch diese Verknüpfungsstruktur auf vielfältige Weise lesbar: Sowohl die theoretische Einführung (Teil 1) als auch die Entwurfs-strategien (Teil 2) oder die Projektbeispiele (Teil 3) sind als Einstiegsmöglichkeiten in das Buch geeignet.

2

3

4

5

1

1 Treppen sichern kritische Engstellen und machen die Ufer bis an das Wasser nutzbar [E4.3].

2 Prinzipschnitt: Hier wird die Lage der „schla-fenden“ Sicherung deutlich [E4.∂]. Die Deiche wurden mit einem Betonkern stabilisiert [B3.∂].

3 Flache und sich dynamisch verändernde Kies-strände wie hier am Flaucher prägen nun statt steiler Rasenböschungen den umgestalteten Abschnitt.

4 Die baulich fixierten Totholzstrukturen initi-ieren Erosions- und Sedimentationsprozesse, werden aber auch von Kindern spielerisch genutzt [D∂.2].

5 Die Wassermenge, die zur Wasserkraftnutzung von dem eigentlichen Lauf abgezweigt wurde, wurde verringert [E∂.3].

Wilder Fluss mit dynamischen Grenzen Das Konzept sieht hinsichtlich der Gewässerentwicklung die Förderung von raumgreifenden morphodynamischen Prozessen mit definierten Grenzen vor – so kann das Gewässer bis zu einer festgelegten Linie im Vorland seinen Lauf selbst bestimmen. Um der Isar einen Teil ihrer ursprüngli-chen Eigendynamik zurückzugeben, war es zunächst nötig, sie aus ihrem kanalartigen Korsett zu befreien: Das mit Steinen und Beton befestigte trapezförmige Profil wurde aufgebrochen und die Sicherungen entfernt. Um die Deiche zu schützen, wurde im Vorland eine „schlafende“ Ufersicherung eingebaut, eine unterirdische Sicherung in Form einer Steinpackung, die die dahinterliegenden Flächen vor Erosion schützt.

Die kiesgeprägten Ufer sind in ständiger Veränderung begriffen und werden vor allem im Sommer von den Münchnern als großer Stadtstrand genutzt. Zum Baden, Grillen, Sonnen und für Ballspiele ist genauso Platz wie für Kleinkinder, die im seichten Wasser planschen, Hunde und sogar Reiter mit ihren Pferden. Nur vor den Brückenbau-werken, wo eine Befestigung der Ufer notwendig ist, wird der Kiesstrand durch Treppen aus Naturstein und gemauerte Ufer unterbrochen. An den Treppenstufen ist es möglich, die Dynamik der Pegelschwankungen zu erkennen. Die Treppe schafft einen interessanten Kontrast in der wilden Kiesaue und Sitzgelegenheiten am Wasser.

Lernprozesse Das Hochwasserereignis 2005 hat Erosionsschäden hinterlassen, die über das geplante Maß hinausgingen, und damit auch Erkenntnisse geliefert, mit denen die Strategie angepasst werden konnte. Da es kein geplantes und befestigtes Wegenetz in direkter Nähe der Uferkante gibt, entstand dort, teilweise direkt auf der „schlafenden“ Ufersicherung, ein Trampelpfad, der die schützende Grasnarbe zerstörte. Mit Absper-rungen wird versucht, die Fußgänger auf andere Wege zu lenken. An einigen Stellen wurde die „schlafende“ Sicherung hinterspült. Teilweise wurde dies belassen, die Akti-vitäten des Flusses werden weiter beobachtet. So kann der gesamte Umgang mit dem Isarumbau als Lernprozess bezeichnet werden.

26026∂

Projektkatalog Dynamisierte Flusslandschaften

∫ Gestaltungsmittel – – – – – – – –B3.∂ unsichtbar stabilisierenC∂.4 Vorland abgrabenC5.∂ FischaufstiegsanlagenD∂.2 TotholzE∂.∂ Ufer- und Sohlsicherung entfernenE∂.2 Gewässerunterhaltung extensivierenE∂.3 Wasserentnahme regulieren E2.∂ Gewässerprofil differenzieren E2.2 Störelemente einbringen E2.3 Geschiebezugaben E3.3 Gewässerverzweigung anlegenE4.∂ „schlafende“ UfersicherungE4.3 punktuelle Ufersicherung

IsarIsar-Plan, ab 2000München, Deutschland

Flussdaten ProjektgebietGewässertyp: große Flüsse des AlpenvorlandesEinzugsgebiet: 2814 km²Mittlerer Abfluss (MQ): 64 m³/sHundertjährlicher Hochwasserabfluss (HQ100): 1050 m³/sBreite Flussbett: 50–60 m, Breite Aue: 150 mStandort: 48° 06’ 35“ N – 11° 33’ 35“ O

Schon Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die Isar kanalisiert und begradigt. Die „Reißende“, wie die Kelten den Fluss nannten, wurde nach und nach mit gepflasterten Uferböschungen, streng gemähten Vorländern und Sohlschwellen versehen, die die Fließ-geschwindigkeit drosselten, aber auch Wanderungen von Fischen sowie den Geschiebe- transport verhinderten. Außerdem wurde im Süden von München fast die gesamte Wassermenge zur Stromgewinnung in einen parallel verlaufenden Seitenkanal abgeleitet. Nur etwa 5 m3/s flossen dort noch, einem Rinnsal gleich, in dem strengen Profil. Mit den Verhandlungen um die Festsetzung einer neuen Restwassermenge in diesem Abschnitt begann die Diskussion um den Umbau der Isar. Heute fließen 15 m3/s durch das eigent-liche Flussbett.

Die Isar ist ein kiesgeprägter, voralpiner Gebirgsfluss mit heftigen, zum Teil plötzli-chen Hochwasserereignissen. Das Projektgebiet des sogenannten Isar-Plans beginnt vor der eigentlichen Kernstadt und verläuft über 8 km bis zur zentral gelegenen Museums-insel. Der Isar-Plan ist ein Gemeinschaftsprojekt der Landeshauptstadt München und des Freistaates Bayern, vertreten durch das Wasserwirtschaftsamt München.Mit dem Isar-Plan sollten gleichzeitig mehr Naturnähe, eine Verbesserung des Hoch-wasserschutzes und eine Qualitätssteigerung für Erholungsuchende erreicht werden. Durch die ökologisch wertvolle Aufweitung des Mittelwasserbetts von 50 auf teilweise 90 m wurde der Abflussquerschnitt vergrößert. Durch die Aufweitung konnte auf eine Erhöhung der Deiche verzichtet und der alte Baumbestand auf den Deichen erhalten werden. Die bestehenden Deiche wurden nur stabilisiert, indem im Deichkern eine Dichtwand eingezogen wurde.

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Gewässerräume und ihre Prozesse

Historische Landkarte alter Flussläufe von Rhein und Neckar bei Mannheim. Die unterschiedlichen Farben zeigen die Verlagerung der Flussläufe im Laufe der Zeit (6. Jahrhundert bis 1850).

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∂8∂9

GrundlagenGewässerprozesse

Das Wort „Prozess“ leitet sich von dem lateinischen Wort procedere ab, was „voran-schreiten“ bedeutet. Bei einem Prozess handelt es sich um eine Bezeichnung für den gerichteten Ablauf eines Geschehens. Es geht also um Bewegung, um Dynamik und um ein Geschehen, dessen Abläufe bestimmten Gesetzmäßigkeiten folgen.

„Du steigst nie zweimal in denselben Fluss“, lautet das berühmte Diktum des Heraklit. Diesen Satz könnte man auch so verstehen, dass Wasser und Prozesse nie getrennt von- einander gesehen werden können. Bereits das Strömen des Wassers lässt die Gewässer in jedem Augenblick als sehr dynamische Elemente in der Landschaft erscheinen, und die Betrachtung über längere Zeiträume zeigt, dass sich der gesamte Gewässerraum in einem ständig fortschreitenden, kontinuierlichen Veränderungsprozess befindet.

Gewässer sind dynamisch Der ganze Umfang der Dynamiken eines Flusses ist auf den ersten Blick kaum wahrnehmbar und heute weitgehend bewusst eingeschränkt und damit großenteils in Vergessenheit geraten. Doch sind die Kräfte, die ihnen zugrunde liegen, ständig anwesend und wirksam.

Meist ist für Menschen nur das Schwanken der Wasserstände deutlich wahrnehmbar, vor allem bei extremem Hoch- oder Niedrigwasser, wenn die Veränderungen sehr auffällig sind. Wie dynamisch vom Menschen unbeeinflusste Gewässer wirklich sind, wird jedoch erst bei der Betrachtung der historischen Entwicklung von Gewässern über lange Zeiträume deutlich. Die stetige Verlagerung des Gewässerlaufs, die ganze Landschaften prägen kann, schafft ein komplexes, sich ständig veränderndes System. Nur laufen die Prozesse in Zeiträumen ab, die wir nicht direkt wahrnehmen können. Der heutige Flusslauf ist vor diesem Hintergrund nur eine Momentaufnahme innerhalb dieses andau-ernden Prozesses.

Prozesse und ihre Antriebskräfte Die der Dynamik zugrunde liegende Energiequelle ist die Sonne. Sie lässt Wasser verdunsten, und dieser Wasserdampf steigt in große Höhen auf, wo er kondensiert und sich in Schnee oder Regen verwandelt. Die so aufgenommene Lageenergie setzt sich beim Abregnen und Herabfließen des Wassers in Bewegungsenergie um. Je steiler das Gelände, desto mehr Energie kann sich entfalten. Die Bewegungsenergie des Wassers kann im Kontakt mit dem umgebenden Boden oder Gestein Material abtragen und so das Gelände verformen. Die Schleppkraft bewirkt den flussabwärts gerichteten Transport des gelösten Materials. Prinzipiell tragen die Gewässer durch Erosion und Sedimentation höher gele-gene Landschaften kontinuierlich ab und höhen die tiefliegenden Flussräume auf.

Die Prozesse laufen nicht kontinuierlich linear, sondern in einem unregelmäßigen Rhythmus ab. Es gibt ruhige und dynamische Phasen, aber auch plötzliche Ereignisse wie extreme Starkregen und daraus resultierende Hochwasserabflüsse bis hin zu Katastro-phen wie Erdrutsche oder dem Durchbruch einer ganzen Flussschleife.

Die Energie, die alle gewässerdynamischen Pro-zesse antreibt und dem natürlichen Wasserkreis-lauf zugrunde liegt, ist Sonnenenergie. Trifft das energiereiche Wasser auf die anstehenden Böden, bilden sich die unterschiedlichen Fluss-landschaften aus.

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Morphodynamische Prozesse Das Erscheinungsbild eines Gewässers in der Landschaft stellt das Ergebnis eines vielfältigen und komplexen morphodynamischen Ent-wicklungsprozesses dar. Die treibende Kraft ist die Strömung des Wassers, die aufgrund ihrer zahlreichen komplexen Teilprozesse in ihrer Gesamtheit bisher kaum mit naturwis-senschaftlichen Ansätzen beschrieben werden kann. Exakte Voraussagen zu Gewässerent-wicklungen sind daher nicht möglich.

Mit der primären Strömung wird das Wasser talwärts geführt. Als Sekundärströmung bezeichnet man das Drehen des Wassers um die Hauptströmungsrichtung herum. Diese Drehbewegung entsteht durch die unterschiedlichen Strömungsgeschwindigkeiten in Ufernähe, wo das Wasser durch die Reibung gebremst wird, und in der Laufmitte, wo es schneller fließt. Es entsteht eine Sekundärströmung, die das Wasser am Rand nach oben drückt und in der Laufmitte nach unten zieht. Es bilden sich zwei walzenförmige, sich gegeneinander drehende Spiralströmungen im Lauf aus. In den Kurven wird die äußere Spiralströmung komprimiert und beschleunigt, während sich an der Innenkurve die Strö-mung aufgrund des kürzeren Weges verlangsamt.

Die Strömung verursacht innerhalb des Gewässerlaufs Erosion und Sedimentation, die den Gewässerraum einem kontinuierlichen morphologischen Wandel unterwerfen. Bei diesen morphodynamischen Prozessen können Umlagerungsprozesse (Teilprozess 1) innerhalb des Gewässerlaufs von der sogenannten Laufentwicklung (Teilprozess 2) unter-schieden werden. Die Umlagerungsprozesse im Gewässer stellen sich vor allem durch die Ausprägung und Strukturierung der Gewässersohle dar und sind teilweise reversibel. Bei

Reversible Umlagerungsprozesse: dynamische Kiesbänke in der Isar in München

Die Primärströmung führt das Wasser talwärts. Die Sekundärströmung entsteht innerhalb des Wasser-körpers: Im Lauf bilden sich zwei gegeneinander drehende, walzenförmige Strömungen aus.

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Page 16: Fluss.Raum.Entwerfen

A A6 A6.2

Einführung

PROZESSRAUM → →ENTWURFSSTRATEGIE GESTALTUNGSMITTEL

Ufermauern und Promenaden

mitgehen schwimmende Inseln

Page 17: Fluss.Raum.Entwerfen

404∂

Entwurfskatalog Einführung

Entwurfsstrategien Die Entwurfsstrategien machen deutlich, auf welche Art und Weise bei der Gestaltung des Raumes mit den Fließgewässerprozessen umgegangen wurde. Sie beschreiben einen Ansatz oder eine Haltung, die die Entwerfenden dem Wasser gegenüber einnehmen: Sie können es tolerieren, mit ihm mitgehen, die Strömung lenken und vieles mehr. Eine Entwurfsstrategie fasst jeweils mehrere konkrete Gestal-tungsmittel oder -maßnahmen zusammen, die sämtlich von dieser Haltung geprägt sind.

Im Prozessraum A zum Beispiel setzen sich alle Gestaltungen hauptsächlich mit den vertikalen Wasserschwankungen auseinander. Eine Entwurfsstrategie ist es dabei, Elemente so zu gestalten, dass sie bei steigendem Wasser überflutet werden können, ohne Schaden zu nehmen. Sie sind imstande, das steigende Wasser zu „tolerieren“. Eine andere Strategie ist es, Elemente zu entwerfen, die bei steigendem Wasserspiegel „mitgehen“, wie es Wohnboote oder schwimmende Stege tun. Das Spektrum der verschiedenen Entwurfsstrategien macht deutlich, welche unterschiedlichen Weisen es innerhalb eines Prozessraums gibt, gestalterisch mit den einzelnen Gewässerdynamiken umzugehen. Für jeden Prozessraum konnten durch die Analyse der Fallbeispiele vier bis sechs unterschiedliche Entwurfsstrategien identifiziert werden.

Gestaltungsmittel und -maßnahmen Die einzelnen, konkreten Gestaltungsmaß-nahmen vor Ort wurden mithilfe von Planzeichnungen und Literatur sowie Gesprächen und Ortsbesichtigungen identifiziert, anschließend in Form übertragbarer Gestaltungsmittel abstrahiert und durch Prinzipschnitte oder -grundrisse dargestellt. Bei den Gestaltungsmit-teln kann es sich sowohl um kleinste Maßnahmen wie einzelne Sitzgelegenheiten am Ufer handeln als auch um großräumige Eingriffe wie die Anlage von Retentionsgebieten.

Für die Aufnahme eines Gestaltungsmittels in den Entwurfskatalog waren zwei Krite-rien von Bedeutung: eine konstruktive Auseinandersetzung mit den Gewässerdynamiken sowie die Multifunktionalität des Eingriffs. Es wurden bevorzugt solche Mittel ausgewählt, die kreativ auf die komplexen Anforderungen der urbanen Gewässerräume reagieren und als Inspiration für zukünftige Projekte dienen können. Der Katalog will keine vollständige Liste aller möglichen Maßnahmen an Gewässern sein, sondern er soll sowohl anhand der übertragbaren Gestaltungsansätze wie auch der konkreten Beispielprojekte vielfältige Anregungen für die eigene Arbeit an Gewässerprojekten geben.

Jedes Gestaltungsmittel wird durch eine Prinzipdarstellung anhand einer kleinen Schnitt- oder Grundrisszeichnung dargestellt und mit einem Foto aus einem konkreten Projektbeispiel illustriert. Von jedem Gestaltungsmittel aus werden Verknüpfungen zu den Projekten im Teil 3 angegeben. Der Projektkatalog wiederum beinhaltet für jedes Projekt die Verknüpfung zur Erklärung der verwendeten Gestaltungsmittel im Entwurfskatalog als Rückkopplung.

Kombination der Gestaltungsmittel Kaum eine Entwurfsaufgabe in urbanen Flussräumen kommt mit nur einem einzigen Gestaltungsmittel aus. Häufig werden mehrere Gestaltungsmittel innerhalb eines Prozessraums kombiniert. Auf der Grundlage von bei der Analyse der Fallbeispiele gemachten Erfahrungen, welche Kombinationen in der Praxis häufig anzutreffen sind oder sich gut ergänzen, werden im Entwurfskatalog Kombinationsvorschläge gemacht. Bei jeder Entwurfsstrategie steht daher eine Liste empfehlenswerter Kombinationen mit Gestaltungsmitteln anderer Entwurfsstrategien. Zum Beispiel lassen sich Hochwasserschutzmauern (B2.1) aus der Entwurfsstrategie B2 (vertikal widerstehen) gut mit einem Deichparkkonzept (B1.1 Deichparks) kombinieren, indem die Mauer als Sitzelement oder zur Raumgliederung aufgenommen wird. Ebenso könnte die Mauer gut mit temporären Hochwasserschutzelementen (B5.1–5.3 Schutzele-mente) ergänzt werden, die Durchlässe und Sichtfenster in der Mauer möglich machen.

Grenzen Prozessraum

Überflutungsgrenzen

Grenzen der eigendynamischen Laufentwicklung

Sohlbefestigung

Grenzen der vertikalen Wasserschwankungen

vertikale Wasserschwankung

horizontale Ausbreitung

Umlagerungsprozesse

Sedimentation

Erosion

Abbruchkante

Sedimente

Page 18: Fluss.Raum.Entwerfen

A B

A∂

A2

A3

A4

A5

A6

B∂

B2

B3

B4

B5

B6

Raum linear erweitern ∫ 52

Raum punktuell erweitern ∫ 54

temporär widerstehen ∫ 56

darüberstellen∫ 58

tolerieren ∫ 60

mitgehen ∫ 64

Widerstand differenzieren ∫ 72

vertikal widerstehen ∫ 76

Widerstand verstärken ∫ 78

Widerstand integrieren ∫ 80

temporär widerstehen∫ 82

Wasserdynamik wahrnehmbar machen ∫ 84

ÜbersichtProzessräume undEntwurfsstrategien

Ufermauern und Promenaden

Deiche undFlutwände

Page 19: Fluss.Raum.Entwerfen

C D E

C∂

C2

C3

C4

C5

D∂

D2

D3

D4

D5

E∂

E2

E3

E4

4243

EntwurfskatalogEinführung

Raum erweitern ∫ 92

darüberstellen∫ 96

tolerieren ∫ ∂00

ausweichen∫ ∂04

mitgehen ∫ ∂06

Strömung lenken ∫ ∂∂4

Gewässerlauf modellieren∫ ∂∂8

Gewässerbett differenzieren ∫ ∂20

Ufersicherung differenzieren ∫ ∂22

Sohlsicherung differenzieren ∫ ∂26

Laufentwicklung ermöglichen ∫ ∂34

Laufentwicklung initiieren ∫ ∂36

neuen Gewässerlauf gestalten ∫ ∂38

Laufentwicklung begrenzen ∫ ∂40

Überflutungs-flächen

Flussbette undFließräume

Dynamisierte Flusslandschaften

Page 20: Fluss.Raum.Entwerfen

A B

A∂A∂.∂A∂.2A∂.3

A2A2.∂ A2.2

A3A3.∂A3.2

A4A4.∂A4.2A4.3

A5 A5.∂A5.2A5.3 A5.4 A5.5 A5.6 A5.7 A5.8 A5.9

A6A6.∂ A6.2 A6.3

B∂B∂.∂B∂.2B∂.3 B∂.4

B∂.5

B∂.6

B2 B2.∂

B2.2

B3 B3.∂B3.2

B4 B4.∂

B4.2

B5 B5.∂

B5.2

B5.3

B6

B6.∂ B6.2

Raum linear erweitern ∫ 52Zwischenebenen ∫ 53Terrassen ∫ 53große Ufertreppen ∫ 53

Raum punktuell erweitern ∫ 54uferparallele Flusszugänge ∫ 55Flusszugänge senkrecht zum Ufer ∫ 55

temporär widerstehen ∫ 56verschließbare Zugänge ∫ 57Sicht erhalten ∫ 57

darüberstellen ∫ 58Balkone ∫ 59Überhänge ∫ 59schwebende Wege-verbindungen ∫ 59

tolerieren ∫ 60Unterwassertrittstufen ∫ 6∂Stör- und Trittsteine ∫ 6∂Vorufer ∫ 6∂überflutbare Uferwege ∫ 62überflutbare Stege ∫ 62Ufermauern überwinden ∫ 62überflutbares Mobiliar ∫ 63überflutbare Bepflanzung ∫ 63neue Ufermauern ∫ 63

mitgehen ∫ 64schwimmende Stege ∫ 65schwimmende Inseln ∫ 65vertäute Schiffe ∫ 65

Widerstand differenzieren ∫ 72Deichparks ∫ 73Bäume auf Deichen ∫ 73Deichprofil modellieren ∫ 74Deiche als Wege-verbindungen ∫ 74Deichtreppen und -promenaden ∫ 74Superdeiche ∫ 75

vertikal widerstehen ∫ 76Hochwasserschutzmauern integrieren ∫ 77Mauerhöhen relativieren ∫ 77

Widerstand verstärken ∫ 78unsichtbar stabilisieren ∫ 79Glaswände ∫ 79

Widerstand integrieren ∫ 80Nutzung der historischen Stadtmauer ∫ 8∂wasserdichte Fassaden ∫ 8∂

temporär widerstehen ∫ 82frei bewegliche Schutzelemente ∫ 83aufsetzbare Schutzelemente ∫ 83aufklappbare Schutzelemente ∫ 83

Wasserdynamik wahrnehmbar machen ∫ 84Hochwassermarken ∫ 85Kunstobjekte und Mobiliar ∫ 85

ÜbersichtGestaltungsmittelund -maßnahmen

Ufermauern und Promenaden

Deiche undFlutwände

Page 21: Fluss.Raum.Entwerfen

C D E

C∂ C∂.∂ C∂.2 C∂.3 C∂.4 C∂.5 C∂.6 C∂.7

C2 C2.∂ C2.2 C2.3 C2.4 C2.5

C3 C3.∂ C3.2 C3.3 C3.4 C3.5 C3.6 C3.7 C3.8

C4 C4.∂

C4.2

C5 C5.∂ C5.2

D∂ D∂.∂ D∂.2 D∂.3 D∂.4 D∂.5 D∂.6 D∂.7

D2 D2.∂ D2.2

D3 D3.∂

D3.2

D3.3

D4

D4.∂ D4.2 D4.3 D4.4 D4.5 D4.6

D5

D5.∂D5.2 D5.3

E∂

E∂.∂

E∂.2

E∂.3

E2 E2.∂

E2.2 E2.3

E3

E3.∂ E3.2

E3.3

E4

E4.∂ E4.2 E4.3

4445

EntwurfskatalogEinführung

Raum erweitern ∫ 92Deiche rückverlegen ∫ 93Nebenarme ∫ 93Flutmulden ∫ 93Vorland abgraben ∫ 94stehende Gewässer im Vorland ∫ 94Poldersysteme ∫ 94Rückhaltebecken ∫ 95

darüberstellen ∫ 96Warften ∫ 97Warftprinzip bei Gebäuden ∫ 97Pfahlbauten ∫ 98Fluchtwege ∫ 98Seilbahnen ∫ 99

tolerieren ∫ ∂00Wege in der Aue ∫ ∂0∂Sport- und Spielanlagen ∫ ∂0∂hochwasserfeste Gebäude ∫ ∂0∂Park in der Aue ∫ ∂02großräumige Naturgebiete ∫ ∂02Landwirtschaft ∫ ∂03Zelt- und Campingplätze ∫ ∂03Veranstaltungsgelände ∫ ∂03

ausweichen ∫ ∂04Warnschilder und Absperrungen ∫ ∂05elektronische Warnsysteme ∫ ∂05

mitgehen ∫ ∂06schwimmende und amphibische Wohnformen ∫ ∂07Yachthäfen ∫ ∂07

Strömung lenken ∫ ∂∂4große Einzelsteine ∫ ∂∂5Totholz ∫ ∂∂5gesetzte Steinbuhnen ∫ ∂∂5geschüttete Steinbuhnen ∫ ∂∂6ingenieurbiologische Buhnen ∫ ∂∂6überströmte Buhnen ∫ ∂∂6Sohlriegel ∫ ∂∂7

Gewässerlauf modellieren ∫ ∂∂8Gewässerlauf aufweiten ∫ ∂∂9Lauf verlängern ∫ ∂∂9

Gewässerbett differenzieren ∫ ∂20Sand- und Kiesstrände an Gleitufern ∫ ∂2∂Sand- und Kiesstrände in Buchten ∫ ∂2∂Kolkbildung ∫ ∂2∂

Ufersicherung differenzieren ∫ ∂22Ufer teilweise entsichern ∫ ∂23Lebendverbau ∫ ∂23Steinverbau ∫ ∂24abgetreppter Steinverbau ∫ ∂24gemauerter Uferverbau ∫ ∂24bestehende Sicherung überbauen ∫ ∂25

Sohlsicherung differenzieren ∫ ∂26Fischaufstiegsanlagen ∫ ∂27Sohl- und Querbauwerke differenzieren ∫ ∂27Rampen und Gleiten ∫ ∂27

Laufentwicklung ermöglichen ∫ ∂34Ufer- und Sohlsicherung entfernen ∫ ∂35Gewässerunterhaltung extensivieren ∫ ∂35Wasserentnahme regulieren ∫ ∂35

Laufentwicklung initiieren ∫ ∂36Gewässerprofil differenzieren ∫ ∂37Störelemente einbringen ∫ ∂37Geschiebezugaben ∫ ∂37

neuen Gewässerlauf gestalten ∫ ∂38mäandrierenden Gewässerlauf vorgeben ∫ ∂39begradigten Lauf einbeziehen ∫ ∂39Gewässerverzweigung anlegen ∫ ∂39

Laufentwicklung begrenzen ∫ ∂40„schlafende“ Ufersicherung ∫ ∂4∂Ufersicherung im Bedarfsfall ∫ ∂4∂punktuelle Ufersicherung ∫ ∂4∂

Überflutungs- flächen

Flussbette undFließräume

Dynamisierte Flusslandschaften

Page 22: Fluss.Raum.Entwerfen

AUfermauern und Promenaden

Page 23: Fluss.Raum.Entwerfen

A 4647

EntwurfskatalogUfermauern und Promenaden

Von der harten Uferkante zum differenzierten Uferbereich. Als Gestaltungsspielraum steht häufig nur die steile Ufermauer zur Verfügung. Durch die Transformation verlieren die Grenzen ihren trennenden Charakter und es entsteht ein nutzbarer Übergangsraum zwischen Wasser und Land.

Leine, Hannover

Ufermauern und Promenaden

Page 24: Fluss.Raum.Entwerfen

A∂

∫ Kombinationsmöglichkeiten für alle Gestaltungsmittel aus A∂ – – – – – – – –A3.∂ verschließbare ZugängeA5.∂ Unterwassertrittstufen A5.2 Stör- und Trittsteine A5.3 Vorufer A6.∂ schwimmende StegeA6.3 vertäute Schiffe

Diese Entwurfsstrategie stellt unterschiedliche lineare Erweiterungsmöglichkeiten der engen Flussräume vor, sodass das Ufer stärker gegliedert wird und gleichzeitig etwas mehr Raum für eine horizontale Ausbreitung des Wassers entsteht. Dies geschieht durch eine Terrassierung der Ufermauern. Die Überflutungsgrenze (grüne Linie) wird land-einwärts verschoben, der Raum in Terrassen oder Stufen zum Wasser hin abgetreppt. Dadurch entstehen differenzierte Räume im Überflutungsbereich mit direktem Zugang zum Wasser.

Komplett steinerne Elemente, wie beispielsweise Treppen, aber auch begrünte Terrassen sind möglich. Wichtig ist ihre Beständigkeit gegen Erosion, da die Terrassen oder Ufertreppen gleichzeitig die Funktion der Ufersicherung übernehmen. Sie legen den Gewässerlauf fest (rote Linie) und ermöglichen gleichzeitig den Zugang zum Wasser. Die Terrassen oder Treppen können kleinräumig sein oder einen längeren Gewässerabschnitt säumen. Die entstehenden Räume sind je nach der gewählten Terrassenhöhe in unter-schiedlichem Maße den Hochwasserschwankungen des Flusses ausgesetzt. Die unter-schiedlichen Höhenlagen haben unterschiedliche Überflutungshöhen und -häufigkeiten zur Folge. Wasserschwankungen werden so anders als zuvor an der steilen Ufermauer erfahrbar, zum Beispiel anhand der Anzahl überfluteter Stufen: Stehen ein oder zwei Stufen unter Wasser?

Die verschiedenen Gestaltungsmittel, die von dieser Strategie geprägt sind, unter-scheiden sich in der Höhe und Breite der Stufen oder Terrassen. Die Entscheidung für eine oder mehrere, kleine oder große Stufen wirkt sich direkt auf die möglichen Nutzungen der neuen Räume aus, etwa als Treppen, als Sitzstufen oder als Zwischenebene. Die Gliederung des Ufers führt zu einer direkten Verzahnung der Stadtstruktur mit dem Gewässerraum und kann so ehemals untergeordnete oder degradierte Gewässer als Teil des Stadtbildes hervorheben und wieder erreichbar machen. Ein direkter Zugang zum Wasser wird geschaffen und Nutzungen wie Baden oder Kanufahren werden ermöglicht.

Raum linearerweitern

Page 25: Fluss.Raum.Entwerfen

A∂.∂ A∂.2 A∂.3

5253

EntwurfskatalogUfermauern und Promenaden

Zwischenebenen

Nahe, Bad Kreuznach

Eine breitere Zwischenebene bietet Raum für den Aufenthalt am Wasser sowie temporäre Nutzungen wie Sommercafés. Dieses gern auch über längere Strecken angewandte Element bietet sich an, wenn wenig Raum zur Verfügung steht. Der trennende Charakter eines senkrechten Ufers wird gemindert und der Hochwas-serabfluss wird durch die Profilaufweitung verbessert. In Bad Kreuznach entstand so ein neuer Raum mit Bootsverleih und Gas-tronomie am Wasser.

– – – – – – – –Leine, Hannover Δ ∂54Rhône, Lyon Δ ∂60Nahe, Bad Kreuznach Δ ∂84

Terrassen

Rhône, Lyon

Ein über mehrere breite Terrassen abge-stufter Übergang zum Gewässer erlaubt verschiedene Nutzungen nebeneinander. In Lyon finden sich auf den Terrassen neben Baumpflanzungen auch Ballspiel-felder. Die Gestaltung unterstreicht die doppelte Funktion dieses Bereiches als Er-schließung und interessanter Aufenthalts-raum am Gewässer. Um seine Wirkung zu entfalten, bietet sich dieses Vorgehen für längere Uferstrecken an. Es kann ein flie-ßender Übergang zum angrenzenden städ-tischen Raum gestaltet werden, ohne dass eine exakte Grenze wahrnehmbar wird.

– – – – – – – –Limmat, Zürich, Fabrik am Wasser Δ ∂56Rhône, Lyon Δ ∂60Nahe, Bad Kreuznach Δ ∂84+ Limmat, Zürich, Badeplatz Oberer Letten Δ 280

große Ufertreppen

Nahe, Bad Kreuznach

Breite Ufertreppen schaffen öffentliche Räume am Wasser. Sie eröffnen bei verschiedenen Wasserständen die Mög-lichkeit des unmittelbaren Kontakts zum Gewässer. Durch die Öffnung neuer Sicht-verbindungen können sie eine markante Anbindung des städtischen Umfeldes an das Gewässer leisten. Unterschiedliche Ge-staltungen der Treppen unterstützen ihre verschiedenen Funktionen als Bewegungs- und als hochwertiger Aufenthaltsbereich. Es entsteht ein tribünenartiger Raum. Die neue Ufertreppe in Bad Kreuznach eröff-net einen weiten Blick über die Nahe.

– – – – – – – –Elster- und Pleißemühlgraben, Leipzig Δ ∂50Limmat, Zürich, Wipkingerpark Δ ∂58IJssel, Doesburg Δ ∂72Nahe, Bad Kreuznach Δ ∂84+ Elbe, Hamburg, Neue Elbpromenade Δ 279

Page 26: Fluss.Raum.Entwerfen

A2

∫ Kombinationsmöglichkeiten für alle Gestaltungsmittel aus A2 – – – – – – – –A∂.2 TerrassenA3.∂ verschließbare ZugängeA5.2 Stör- und TrittsteineA5.3 VoruferA5.8 überflutbare Bepflanzung

Im Gegensatz zu A1 (Raum linear erweitern) wird hier die durchgehende senkrechte Begrenzung des Raumes nur an einer Stelle aufgebrochen oder punktuell geöffnet. Dort wird ein schmaler Zugang zum Wasser über eine Rampe oder Terrassen geschaffen, der in einer flachen Strandsituation endet und fließend in die Gewässersohle übergeht. Der flache Zugang kann als Badestelle, Wasserspielplatz, Slipanlage oder Kanueinstieg genutzt werden. Die Überflutungsgrenze (grüne Linie) wird hier, wie auch bei der Entwurfsstrategie A1 (Raum linear erweitern), nach hinten verschoben. Der entstehende Raum ist den verschiedenen Wasserständen des Flusses ausgesetzt. Hier werden Wasser-schwankungen, anders als an der steilen Ufermauer, als Ausdehnung des Wassers in die Breite sichtbar. Je nach Ausführung kann die Ufersicherung (rote Linie) punktuell für die entstehende Bucht entfallen.

Da in der flachen Einbuchtung ein strömungsberuhigter Bereich entsteht, wirken dort verminderte Kräfte auf das Ufer, und aufgrund der geringeren Strömungsgeschwindigkeit ist mit Sedimentation zu rechnen. Je nach Gewässertyp kann sich ein Kies- oder Sand-strand entwickeln oder auch Verschlammung eintreten.

Die Zonen mit verringerter Strömung wirken als kleine ökologische Nischen. In stark ausgebauten, urbanen Gewässern mit meist hohen Strömungsgeschwindigkeiten schafft ein solches Vorufer Raum für Wasser- und Sumpfpflanzen. Die verschiedenen Sedimente vergrößern die Biotopvielfalt, und es bilden sich Wasser-Land-Übergänge für Amphibien, Vögel und Säugetiere. So können sich auch trotz einer hohen Künstlichkeit des Gewässers durch diese Maßnahme kleine Habitate entwickeln. Die zwei hier vorgestellten Gestal-tungsmittel zeigen verschiedene Möglichkeiten, eine punktuelle Öffnung zum Wasser anzulegen. Durch die Wahl der Richtung, in der der Zugang angelegt wird, parallel zum Ufer (A2.1 uferparallele Flusszugänge) oder senkrecht zum Ufer (A2.2 Flusszugänge senkrecht zum Ufer), ergeben sich unterschiedliche Konsequenzen für die Organisation der umgebenden Räume.

Raum punktuellerweitern

Page 27: Fluss.Raum.Entwerfen

A2.∂ A2.2

5455

EntwurfskatalogUfermauern und Promenaden

uferparallele Flusszugänge

Leine, Hannover

Wird die Ufermauer punktuell aufgebro-chen, kann ein Aufenthaltsort direkt am Wasser entstehen. Eine platzsparende Lösung, um den Ort zu erschließen und den Höhenunterschied zu überwinden, ist eine parallel zum Ufer angelegte Erschlie-ßung. Die Laufrichtung der Treppe oder Böschung verläuft parallel zur Ufermau-er. Der Zugang entwickelt sich aus der Uferpromenade heraus. In Hannover am Hohen Ufer, neben dem schwimmenden Gastronomiebetrieb Leine Suite, erlaubt ein rampenförmig angelegter Weg die di-rekte Annäherung an die Leine.

Limmat, Zürich, Fabrik am Wasser

Im Projekt Fabrik am Wasser an der Lim-mat in Zürich wurde ein alter, ehemals verfüllter Seitenkanal dazu genutzt, wieder einen terrassierten Zugang zum Wasser zu schaffen.

– – – – – – – –Leine, Hannover Δ ∂54Limmat, Zürich, Fabrik am Wasser Δ ∂56

Flusszugänge senkrecht zum Ufer

Wupper, Müngsten

Eine senkrecht zum Ufer konzipierte Öff-nung zum Gewässer stellt das räumliche Gegenkonzept zu den uferparallelen Zu-gängen (A2.1) dar. Die Topographie des Vorlandes wird bei dieser Lösung stärker beeinflusst, da der Zugang in die höher liegenden Flächen einschneidet. Die Nei-gung der Böschung beeinflusst dabei die Länge des Zugangs. Dafür eröffnen sich von oben an diesen Stellen reizvolle Blicke aufs Wasser. Der Brückenpark Müngsten arbeitet mit dem Wechsel von weit vom Wasserspiegel entfernten, höher liegenden Freiräumen und strandähnlichen Buchten.

– – – – – – – –Wupper, Wuppertal Δ ∂68Wupper, Müngsten Δ 230Ahna, Kassel Δ 234Soestbach, Soest Δ 248

Page 28: Fluss.Raum.Entwerfen

A3

∫ Kombinationsmöglichkeiten für alle Gestaltungsmittel aus A3 – – – – – – – –A∂.∂ ZwischenebenenA∂.2 TerrassenA2.∂ uferparallele FlusszugängeA2.2 Flusszugänge senkrecht zum UferA5.4 überflutbare UferwegeA5.5 überflutbare StegeB6.∂ Hochwassermarken

Mobile Hochwasserschutzelemente können Schutzmauern bei Hochwassergefahr ergänzen und bieten dadurch die Möglichkeit, Durchlässe in Hochwasserschutzmauern anzulegen oder den Schutzmauern moderate Höhen zu geben. Mobile Elemente kommen nur temporär im Hochwasserfall zum Einsatz. Dauerhaft stellen jedoch die Veranke-rungen und die vor Ort installierten wasserdicht verschließbaren Tore oder Fenster gestalterische Hinweise auf die Hochwasserereignisse dar. Diese Wahrnehmbarkeit der Schutzmaßnahmen sensibilisiert die Menschen für Hochwassergefahren. Die Verwendung mobiler Elemente bedingt eine differenzierte Hochwasserstrategie mit der Erstellung von Einsatzplänen zum Aufbau der mobilen Elemente und setzt Lagermöglichkeiten für sie voraus. Ausreichende Vorwarnzeiten vor Hochwasserereignissen sind allerdings Voraus-setzung für den Einsatz dieser Elemente.

Durch den Erhalt der Sichtbeziehungen (A3.2 Sicht erhalten) und der Zugänglich-keit (A3.1 verschließbare Zugänge) mittels mobiler Elemente können urbane Räume, die einen größeren Hochwasserschutz benötigen, eine bestehende enge Beziehung zum Gewässer behalten. Je nachdem wie hoch über dem Mittelwasser die Elemente eingesetzt werden, kommen die temporären Ergänzungen nur bei extremen Hochwasserereignissen und damit sehr selten zum Einsatz oder müssen relativ häufig aufgebaut werden.

temporärwiderstehen

Page 29: Fluss.Raum.Entwerfen

A3.∂ A3.2

5657

EntwurfskatalogUfermauern und Promenaden

verschließbare Zugänge

Waal, Zaltbommel

Öffnungen in den Hochwasserschutz-mauern können direkte Zugänge in den vom Hochwasser beeinflussten Bereich schaffen. Dazu werden beispielsweise ver-schließbare Türen oder Lücken angelegt, die die Voraussetzung für die Nutzung des Freiraumes vor der Hochwasserschutz- linie darstellen. Neben mobilen, temporär zu installierenden Dammbalken sind hier auch dauerhaft installierte, wasserdicht verschließbare Tore oder Klappen möglich.In Zaltbommel sichert eine mit Dammbal-ken verschließbare Zufahrt den Zugang zu den tiefer liegenden Hafenanlagen.

– – – – – – – –Seine, Choisy-le-Roi Δ ∂64IJssel, Kampen Δ ∂74Nahe, Bad Kreuznach Δ ∂84Waal, Zaltbommel Δ ∂90

Sicht erhalten

IJssel, Kampen

Durch die Installation von mobilen Auf-bauten oder Fensterklappen können Sicht- und Blickbeziehungen trotz einer notwen-digen Erhöhung des Hochwasserschutzes bestehen bleiben. Neben dem freien Blick auf das Gewässer werden darüber hinaus Blicke vom Wasser oder dem gegenüber-liegenden Ufer auf historische Stadtfronten freigehalten. In Kampen konnte durch den Einsatz temporärer Elemente, die im Hoch-wasserfall auf die Mauer montiert werden, die Sicht auf die IJssel und das historische Stadtbild unverstellt bleiben.

– – – – – – – –IJssel, Kampen Δ ∂74

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EDynamisierte Flusslandschaften

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∂28∂29

EntwurfskatalogDynamisierte Flusslandschaften

Vom gesicherten Gewässer zum dynamisierten Flusslauf. Die statische, an der Mittelwasserlinie liegende Ufersicherung wird verschoben oder aufgelöst. Es entsteht ein Flussraum mit eigen-dynamischer Entwicklung, in dem sich über einen langen Zeitraum hinweg die Ufer und die Lage des gesamten Gewässerlaufs immer wieder verändern können.

Isar, München

Dynamisierte Flusslandschaften

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E∂

∫ Kombinationsmöglichkeiten für alle Gestaltungsmittel aus E∂ – – – – – – – –C∂.4 Vorland abgraben C3.5 großräumige Naturgebiete E2.∂ Gewässerprofil differenzierenE2.2 Störelemente einbringen E2.3 Geschiebezugaben E3.∂ mäandrierenden Gewässerlauf vorgebenE3.3 Gewässerverzweigung anlegenE4.∂ „schlafende“ UfersicherungE4.2 Ufersicherung im Bedarfsfall E4.3 punktuelle Ufersicherung

Die einfachste und grundlegendste Möglichkeit, um Gewässern wieder eine eigendy-namische Laufentwicklung zu ermöglichen, ist das Entfernen der bestehenden Befesti-gungen. Vorhandene Ufersicherungen und Sohlschwellen, die das Bett befestigen und den Lauf festlegen, werden entfernt, um allein durch eigendynamische Prozesse einen naturnäheren Zustand mit einem mäandrierenden Lauf zu erreichen. Ist ein Gewässer in der Lage, sein dynamisches Gleichgewicht innerhalb eines angemessenen Zeitraumes selbst wiederzufinden, bietet sich dieser Ansatz ohne zusätzliche künstliche Eingriffe aus ökonomischen sowie ökologischen Gründen an. Bei stark begradigten Flussläufen ist eine Entfernung der Ufersicherung allein aber oft nicht ausreichend. Ist das Gewässer sehr wenig dynamisch, kann es Jahrzehnte dauern, bis sich das Gewässer wieder natur-nahen Strukturen annähert. Herrschen hohe Fließgeschwindigkeiten mit entsprechender Schleppkraft vor, besteht die Gefahr, dass sich das Gewässer zunächst unerwünscht eintieft, bis sich eine Laufform entwickelt, in der sich ein dynamisches Gleichgewicht einstellen kann.

Neben der Entnahme der Ufersicherung ist auch eine Anpassung der Maßnahmen zur Gewässerunterhaltung ein wichtiger Aspekt. Traditionelle Gewässerunterhaltung hat meist das Freihalten des Abflussquerschnitts zum Ziel, um Wasser möglichst schnell abzu-leiten. Zuständig für die Gewässerunterhaltung sind die jeweiligen Gewässereigentümer, das sind bei kleineren Gewässern die zuständigen kommunalen Wasser- und Bodenver-bände und bei Bundeswasserstraßen die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes. Traditionell war die Gewässerunterhaltung auf den Erhalt eines bestimmten Zustands der Gewässer beschränkt, daher wurde das Gewässerbett regelmäßig entschlammt, Auflandungen und Auskolkungen beseitigt, Ufer gesichert oder Uferabbrüche befestigt und der Uferaufwuchs regelmäßig gemäht. Heute verfolgt die Gewässerunterhaltung – nach der neuen Fassung des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) vom 31. Juli 2009 – das Ziel der ökologischen Verbesserung der Gewässer mit einer stärkeren eigendynamischen Entwicklung, die durch „störende“ Elemente befördert wird (siehe auch E2 Laufentwick-lung initiieren). Grundsätzlich ist zu beachten, dass diese eigendynamische Entwicklung ausreichenden Raum voraussetzt. Die Entfernung einer steilen Ufersicherung wirkt sich direkt positiv auf die Zugänglichkeit des Gewässers aus. Das Zulassen natürlicher Vegeta-tions- und Anlandungsprozesse erhöht die Erlebnisqualität der Gewässer, kann aber auch den Eindruck von Ungepflegtheit und Verwilderung erzeugen. Um eine Akzeptanz der Maßnahmen bei den Anwohnern zu erreichen und Ängste zu entkräften, empfiehlt sich im Vorfeld eine breite Informations- und Beteiligungsarbeit.

Laufentwicklung ermöglichen

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E∂.∂ E∂.2 E∂.3

∂34∂35

EntwurfskatalogDynamisierte Flusslandschaften

Ufer- und Sohlsicherung entfernen

Wahlebach, Kassel

Das Auflösen der Ufer- und der Sohlsiche-rung kann vollständig oder nur teilweise erfolgen. Durch die Art und Größe des Eingriffs kann die eigendynamische Ent-wicklung des Gewässers gezielt beeinflusst werden. Das Entfernen der Befestigung kann zum Beispiel nur auf einer Uferseite erfolgen wie an der Isar in München oder beidseitig in einem größeren Gewäs-serabschnitt durchgeführt werden wie am Wahlebach in Kassel. Es besteht die Möglichkeit, entnommenes Material als Störelemente im Gewässerbett oder zur Gestaltung einer neuen Sicherungslinie wiederzuverwenden.

– – – – – – – –Emscher, Dortmund Δ 256lsar, München Δ 260Schunter, Braunschweig Δ 266Wahlebach, Kassel Δ 268Werse, Beckum Δ 270

Gewässerunterhaltung extensivieren

Losse, Kassel

Eine extensive, angepasste Gewässer- unterhaltung lässt natürliche Entwick-lungsprozesse im Fließgewässer zu. Das Unterlassen der regelmäßigen Entschlam-mung, der Beseitigung von Auflandungen, Auskolkungen und Uferabbrüchen sowie das Belassen bzw. bewusste Einbringen von Störelementen wie Totholz oder Wasserpflanzen führen zu einer Differen-zierung der Strömungsverhältnisse und wirken im Gewässerbett als Initiatoren für Sedimentations- und Erosionsprozesse. Die eigendynamische Entwicklung eines mäandrierenden Gewässerlaufs mit Prall- und Gleitufern beginnt. Im Lossedelta in Kassel ist nach der Anlage des Gebietes das Unterlassen der regelmäßigen Unter-haltung das eigentliche Gestaltungsmittel, das eigendynamisch neue Seitenarme und Vegetationszonen entstehen lässt. Nur bei Gefahren wie einem Rückstau bei Hochwasser oder zu weit fortschreitender Erosion greift die Gewässerunterhaltung gezielt ein.

– – – – – – – –Kyll, Trier Δ 2∂0Emscher, Dortmund Δ 256Isar, München Δ 260Losse, Kassel Δ 264Schunter, Braunschweig Δ 266Werse, Beckum Δ 270

Wasserentnahme regulieren

Isar, München

Durch Wasserkraftanlagen mit Kraftwerks-kanälen wie entlang der Isar in München und für die Bewässerung von Agrarflächen in trockeneren Gebieten werden einigen Fließgewässern große Mengen Wasser entnommen. Im Gewässer verbleiben, insbesondere in den trockenen Sommer-monaten, nur geringe Wassermengen, das sogenannte Restwasser, was sich einerseits negativ auf das Erscheinungsbild und die Ökologie des Fließgewässers auswirkt und andererseits für die eigendynamische Gestaltung des Gewässers nicht ausreicht. Durch eine Neuregulierung der Wasser- entnahme kann die Restwassermenge den ökologischen und den ästhetischen Ansprüchen des Gewässers angepasst werden. Das kann wie in München eine Drosselung oder sogar Unterbrechung des Kraftwerksbetriebs in besonders trockenen Monaten bedeuten.

– – – – – – – –Isar, München Δ 260

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E2

∫ Kombinationsmöglichkeiten für alle Gestaltungsmittel aus E2 – – – – – – – –C∂.4 Vorland abgraben C3.5 großräumige Naturgebiete E∂.∂ Ufer- und Sohlsicherung entfernen E∂.2 Gewässerunterhaltung extensivierenE3.∂ mäandrierenden Gewässerlauf vorgeben E3.2 begradigten Lauf einbeziehen E3.3 Gewässerverzweigung anlegenE4.∂ „schlafende“ UfersicherungE4.2 Ufersicherung im BedarfsfallE4.3 punktuelle Ufersicherung

Durch punktuelle Eingriffe im Gewässerlauf in Form einer gezielten Umschichtung von Substraten im Uferbereich oder Gewässerbett werden morphodynamische Prozesse angeregt. Diese Strategie kommt zum Einsatz, wenn die gewünschten Effekte einer eigendynamischen Entwicklung sich erst nach sehr langer Zeit einstellen würden. Das Ziel dieser Strategie ist es, die Randbedingungen für die eigendynamische Gewässer-entwicklung zu optimieren, um den gewünschten Zustand eines strukturreicheren Gewässers schneller zu erreichen. Diese Umschichtungen dienen also nur als Start-punkt für eine stark eigendynamische Entwicklung, die das Initialstadium bald wieder verschwinden lässt. Innerhalb kurzer Zeit können durch Initialmaßnahmen Habitate entstehen, die ein rasches Ansiedeln von Fauna und Flora ermöglichen. Gleichzeitig kann auch das Erscheinungsbild schnell verändert werden, was die Kommunikation der Eingriffe in der Öffentlichkeit erleichtert. Der eigentliche Verlauf des Fließgewässers wird dabei zunächst nicht verändert.

Die meisten Gestaltungsmittel zur Einleitung morphodynamischer Prozesse nehmen Einfluss auf die Strömung im Gewässer. Durch die gezielte Differenzierung der Strömung können Erosions- und Anlandungsprozesse in Gang gesetzt werden. Punktuelle Aufwei-tungen führen zur Verlangsamung der Strömung und somit zu Auflandungen; Störele-mente können durch die gezielte Lenkung der Strömung auf die Ufer Erosionsprozesse initiieren. Gestalterisch besteht die Möglichkeit, ein naturnahes Bild anzustreben, indem man zum Beispiel Totholz verwendet. Andererseits kann der Eingriff aber auch durch offensichtlich künstliche Elemente zur Strömungslenkung sichtbar gemacht werden. Das Einbringen von Störelementen bedeutet auch eine Vergrößerung der Habitatvielfalt. Außerdem können die Elemente als Trittsteine im Gewässer den direkten Kontakt zum Wasser ermöglichen. Eine weitere Option ist die Beeinflussung der Rahmenbedingungen für die Abfluss- und Transportprozesse im Gewässer. Das künstliche Einbringen von Sedi-menten ins Flussbett erleichtert die Bildung von Sand- und Kiesbänken oder natürlichen Stränden. Eine Verstärkung der Abflussdynamik unterstützt die wirkenden Kräfte und beschleunigt damit die Entwicklung.

Laufentwicklunginitiieren

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E2.∂ E2.2 E2.3

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EntwurfskatalogDynamisierte Flusslandschaften

Gewässerprofil differenzieren

Isar, München

Durch das Abgraben des Vorlandes und das Abflachen der Ufer wird das Gewässer in die Lage versetzt, sich über die ehema-lige Uferlinie hinaus zu entwickeln. Das punktuelle Ausbaggern oder Verlagern von Substrat innerhalb des Gewässerbetts schafft Senken oder Flachwasserzonen. Durch die Profildifferenzierung wird die Strömungsvarianz erhöht und in den schneller fließenden Bereichen bildet sich eine Niedrigwasserrinne heraus, die dem Erhalt eines kontinuierlichen Gewässer-laufs bei extremer Trockenheit dient. Je nach Strömungsgeschwindigkeit lagern sich wie an der Isar in München unter-schiedlich große Sedimente von Sand über Kies bis hin zu größeren Steinen im Ge-wässerbett ab, was die Strukturvielfalt im Gewässer zusätzlich erhöht.

– – – – – – – –Emscher, Dortmund Δ 256Isar, München Δ 260Wahlebach, Kassel Δ 268Werse, Beckum Δ 270

Störelemente einbringen

Schunter, Braunschweig

Störelemente werden gezielt in das Gewäs-serbett eingebracht, um die Strömung auf die Ufer zu lenken und dort Erosionspro-zesse auszulösen oder eine Sedimentation in ihrem Strömungsschatten zu fördern. Störelemente können sowohl am Ufer angelehnt als auch mittig im Gewässer platziert werden. An der Schunter lenkt befestigtes Totholz die Strömung auf die gegenüberliegenden Ufer und führt dazu, dass diese erodieren und sich kleine Steil-ufer ausbilden. Die Störelemente berei-chern die Strukturvielfalt und sorgen für Spiel- und Aufenthaltsorte im Gewässer.

– – – – – – – –Isar, München Δ 260Losse, Kassel Δ 264Schunter, Braunschweig Δ 266Werse, Beckum Δ 270

Geschiebezugaben

Isar, München

Viele urbane Fließgewässer sind durch einen Mangel an natürlichen Sedimenten geprägt. Durch Staustufen oder andere Querbauwerke wird eine Verlagerung des Geschiebes verhindert, und die Gewässer leiden so an einem Geschiebedefizit. Das gezielte Einbringen von gewässertypischen Sedimenten stellt Material für die Bettbil-dung zur Verfügung. Bei der Isar in Mün-chen wurden künstliche Sand- oder Kies-bänke aufgeschüttet, die beim nächsten Hochwasser weitertransportiert werden. Wenn das Geschiebedefizit durch Quer-bauwerke verursacht wird, kann durch die gezielte Öffnung der Bauwerke das Ge-schiebe die Barriere überwinden und zur Entwicklung des folgenden Flussabschnitts beitragen.

– – – – – – – –Isar, München Δ 260

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A

B

C

D

E

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– – – – – – – –

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– – – – – – – –

Prozessraum A: Ufermauern und Promenaden 1 Elster- und Pleißemühlgraben, Leipzig: Neue Ufer ∆ ∂50 2 Leine, Hannover: Leine Suite ∆ ∂54 3 Limmat, Zürich: Fabrik am Wasser ∆ ∂56 4 Limmat, Zürich: Wipkingerpark ∆ ∂58 5 Rhône, Lyon: Berges du Rhône ∆ ∂60 6 Seine, Choisy-le-Roi: Quai des Gondoles ∆ ∂64 7 Spree, Berlin: Badeschiff ∆ ∂66 8 Wupper, Wuppertal: Wuppertal 90° ∆ ∂68

Prozessraum B: Deiche und Flutwände 9 IJssel, Doesburg: Wohngebiet IJsselkade ∆ ∂72 10 IJssel, Kampen: Hochwasserschutz in Kampen-Midden ∆ ∂74 11 Main, Miltenberg: Hochwasserschutzkonzept ∆ ∂78 12 Main, Wörth am Main: Hochwasserschutz für die Altstadt ∆ ∂80 13 Nahe, Bad Kreuznach: Hochwasserschutzkonzept ∆ ∂84 14 Waal, zwischen Afferden und Dreumel: Taillierter Deich ∆ ∂88 15 Waal, Zaltbommel: Uferpromenade Waalkade ∆ ∂90

Prozessraum C: Überflutungsflächen 16 Bergsche Maas, zwischen Waalwijk und Geertruidenberg: Overdiepse Polder ∆ ∂94 17 Besòs, Barcelona: Ökologische Restauration ∆ ∂96 18 Ebro, Zaragoza: Parque del Agua ∆ ∂98 19 Elbe, Hamburg: HafenCity ∆ 202 20 Gallego, Zuera: Parque Fluvial ∆ 204 21 IJssel, Zwolle: Vreugderijkerwaard ∆ 208 22 Kyll, Trier: Renaturierung der Kyllmündung ∆ 2∂0 23 Maas, Maasbommel: Schwimmende Häuser im Gouden Ham ∆ 2∂2 24 Petite Gironde, Coulaines: Parc de la Gironde ∆ 2∂4 25 Rhein, Brühl: Polder Kollerinsel ∆ 2∂8 26 Rhein, Mannheim: Uferrenaturierung und Strandrestaurant Reißinsel ∆ 220 27 Seine, Le Pecq: Park Corbière ∆ 222 28 Waal, Gameren: Auenrenaturierung Gamerense Waard ∆ 224 29 Wantij, Dordrecht: Wohnsiedlung Plan Tij ∆ 228 30 Wupper, Müngsten: Brückenpark Müngsten ∆ 230

Prozessraum D: Flussbette und Fließräume 31 Ahna, Kassel: Renaturierung ∆ 234 32 Alb, Karlsruhe: Naturnahe Umgestaltung ∆ 236 33 Birs, Basel: Birsvital ∆ 238 34 Leutschenbach, Zürich: Umgestaltung Leutschenbach ∆ 240 35 Neckar, Ladenburg: Grüner Ring ∆ 242 36 Seille, Metz: Parc de la Seille ∆ 246 37 Soestbach, Soest: Freilegung des Soestbachs ∆ 248 38 Wiese, Basel: Revitalisierung ∆ 250 39 Wiese, Lörrach: Wiesionen ∆ 252

Prozessraum E: Dynamisierte Flusslandschaften 40 Emscher, Dortmund: Rückhaltebecken Mengede und Ellinghausen ∆ 256 41 Isar, München: Isar-Plan ∆ 260 42 Losse, Kassel: Lossedelta ∆ 264 43 Schunter, Braunschweig: Renaturierung ∆ 266 44 Wahlebach, Kassel: Naturnahe Umgestaltung ∆ 268 45 Werse, Beckum: Naturnahe Entwicklung ∆ 270

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A∂48∂49

Projektkatalog Ufermauern und Promenaden

Ufermauern und Promenaden

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ALeine, Hannover

Ufermauern und Promenaden

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Projektkatalog Ufermauern und Promenaden

∫ Gestaltungsmittel – – – – – – – –

A∂.3 große UfertreppenA5.∂ UnterwassertrittstufenA5.2 Stör- und Trittsteine

Limmat Wipkingerpark, 2003–2004 Zürich, Schweiz

Flussdaten ProjektgebietEinzugsgebiet: 2176 km²Mittlerer Abfluss (MQ): 96 m³/sHundertjährlicher Hochwasserabfluss (HQ100): 590 m³/sBreite Flussbett: 60 m, Breite Aue: 70 mStandort: 47° 23’ 43’’ N – 08° 30’ 16’’ O

Das Ufer als Kontaktraum Ein bisher ungenutzter Abschnitt der Limmat mit einer maroden Ufermauer wurde durch verschiedene Eingriffe als öffentlicher Park zugänglich gemacht. Innerhalb eines dicht besiedelten Quartiers und an einem teil-weise noch industriell genutzten Uferabschnitt ist ein neuer Aufenthaltsort am Wasser entstanden. Ein deutlicher Schwerpunkt der Gestaltung findet sich an der Wasser-Land-Kante: Das Ufer wurde durch Abflachung und die Anlage einer 180 m langen Stufenan-lage begehbar gemacht, und es wurde durch die besondere Ausführung der Treppe ein Bereich mit Wasserkontakt geschaffen. Die letzte Stufe liegt bereits unter Wasser und ermöglicht einen direkten Wasserzugang bis in den Fluss hinein. Zusätzlich wurde die bis an das Wasser reichende Betontreppe mittels grob behauener Granitblöcke noch 12 m weit in die Limmat hinein verlängert. Der Uferbereich wurde dazu etwas ange-hoben. Die Oberflächen der Steine liegen teilweise direkt unter der Wasseroberfläche und teilweise etwas darüber.

Sichtbare Dynamik Die Strömung des Wassers bricht sich an der rauen Ober-fläche der Steine. So inszenieren sie visuell und haptisch erfahrbar die Fließkraft des Flusses. Die Trittsteine machen den Flussraum selbst begehbar. Durch die subtilen Höhenunterschiede der Steine sind auch geringe Wasserschwankungen ablesbar. Bei niedrigen Wasserständen kann man weit in den Fluss hinein laufen, bei hohen Wasser-ständen sind selbst die weit herausragenden Trittsteine überspült. Die Steine fungieren gleichzeitig als Störsteine. Es entstehen Strömungsvarianzen und eine künstliche Flach-wasserzone, die Fischen als Ruhezone in der starken Strömung des Flusses dienen kann und die gleichzeitig als kleine Enklave und als in der Limmat seltener Lebensraum für

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1 Die neue Treppe [A∂.3] reicht weit ins Wasser. Unterschiedliche Wasserstände zeichnen sich ab und verändern die Nutzung.

2 Prinzipschnitt: Entlang der Treppe wurde das Ufer angeschüttet, sodass eine Flachwas-serzone entstand, die mittels der Trittsteine begehbar ist.

3 Je nach Wasserstand sind die Trittsteine über-strömt oder ragen deutlich über die Wasser-oberfläche hinaus.

4 Angeln, sich sonnen, nah am Wasser spazieren – die Treppe am Wipkingerpark ist vielfach nutzbar.

5 Die Trittsteine wirken wie von der Treppe abge-splittert.

6 Der neue Park mit Promenade, großzügiger Treppe und vorgelagerten kleinteiligen Tritt- und Störsteinen [A5.2].

einige Tier- und Pflanzenarten funktioniert. Die Treppenanlage stellt die Ufersicherung des Gewässers dar. Sedimentations- oder Erosionsprozesse werden nicht zugelassen.

Die klare und lineare Geste der Betontreppe wird durch grob behauene Granitblöcke und die vorgelagerten, frei angeordneten Trittsteine gebrochen. Die Treppe thematisiert somit auch gestalterisch den Übergang zwischen dem künstlichen Element Park und dem natürlichen Element Fluss. Die Tritt- und Störsteine wirken wie von der Treppe abgesplit-tert oder erodiert. So wird die natürliche Dynamik des Wassers thematisiert, ohne das Bild eines natürlichen Flusslaufes nachzuahmen.

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∂60∂6∂

Projektkatalog Ufermauern und Promenaden

∫ Gestaltungsmittel – – – – – – – –A∂.∂ Zwischenebenen A∂.2 TerrassenA∂.3 große UfertreppenA4.∂ Balkone A5.4 überflutbare UferwegeA5.6 Ufermauern überwindenA5.7 überflutbares MobiliarA5.8 überflutbare BepflanzungA6.3 vertäute Schiffe D3.∂ Sand- und Kiesstrände an GleitufernD4.6 bestehende Sicherung überbauen

Rhône Berges du Rhône, 2004–2007Lyon, Frankreich

Flussdaten ProjektgebietEinzugsgebiet: 20 300 km²Mittlerer Abfluss (MQ): ~ 600 m³/sFünfzigjährlicher Hochwasserabfluss (HQ50): ~ 4150 m³/s Breite Flussbett: 150 m, Breite Aue: 160–220 mStandort: 45° 45’ 26’’ N – 04° 50’ 24’’ O

Die Uferräume der Rhône waren praktisch von den Freiräumen Lyons abgeschnitten. Dazwischen lag eine viel befahrene Straße, und Autos parkten auf der direkt am Wasser gelegenen Kaianlage. „Einen neuen innerstädtischen Freiraum zu schaffen, die Präsenz der Natur in der Stadt zu stärken und den Bewohnern Zugang zum Fluss zu ermöglichen, das war das Ziel der Gestaltung eines 5 km langen Abschnitts des Rhôneufers in Lyon“, erklärt David Schulz, Projektleiter des Büros In Situ Architectes-Paysagistes.

In einem ersten Schritt wurden auf dem neu gestalteten Abschnitt, der im Norden den Parc de la Tête d‘Or mit dem im Süden gelegenen Parc de Gerland verbindet, die Uferstraßen reduziert und der ruhende Verkehr in eine Tiefgarage verlegt, auf deren Dach ufernahe Freiräume entstanden sind. In den weiteren Abschnitten wurden die ehema-ligen Kaianlagen, der sogenannte Tiefkai, der am Fuße einer hohen Ufermauer direkt am Wasser liegt, zu einer Promenade mit Spiel- und Sportplätzen, Gastronomie und durchge-henden Wegeverbindungen umgestaltet. Da die Rhône sehr kurze, aber dennoch heftige Hochwasserereignisse hat, kann die neue Promenade komplett überflutet werden. Der Tiefkai verläuft teilweise nur wenig über dem Mittelwasserniveau.

Sequenzen von Uferbildern Je nach Lage und Beziehung zur Stadt wird das Gestaltungsthema der teils nur 7 m und teils bis zu 70 m breiten Uferräume variiert. Von den beiden Enden aus wird die Promenade zur Mitte hin immer städtischer und vielfältiger nutzbar. Nach jeder die Promenade querenden Brücke ändert sich die Gestaltung, und somit ergibt sich eine Abfolge von naturhaften Uferabschnitten über eher steinerne und multifunktionale Passagen zu wiederum grünen und fast gartenähnlichen Ufersequenzen.Am nördlichen Ende hat sich vor den durch Mauern gesicherten Ufern eine urbane Natur-

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1 Die neue Promenade an der Rhône auf dem ehemaligen Tiefkai [A5.4] wird durch die unter-schiedlichen Wegbeläge und die streifenförmi-gen Pflanzungen [A5.8] untergliedert.

2 Prinzipschnitt durch den nördlichsten Abschnitt der Ufergestaltung mit Sandbänken

3 Prinzipschnitt durch die Promenade mit davor lagernden Wohnbooten

4 Ein Spielplatz nutzt den Höhenunterschied der Ufermauer [A5.6]. Geräte und Bänke können Überflutungen standhalten [A5.7].

5 Dem Uferweg vorgelagerte sandige, naturnahe Ufer am Gleithang der Rhône [D3.1] bilden die erste Sequenz der neuen Uferanlagen.

6 Neue Holzbeläge dienen im Sommer den Gast-ronomiebooten [A6.3] als zusätzliche Terrassen.

landschaft entwickelt. Hier sind Sandstrände und kleinere Inseln entstanden, die aufgrund der Lage an einem strömungsberuhigten Gleithang der Rhône nicht weiter befestigt sind und flach in den Fluss reichen. Biber haben sich hier in Stadtnähe angesiedelt.

Die vor der Promenade gelegenen naturnahen Ufer sind weiter begehbar. Die Planer haben dort eine Mikrotopographie angelegt: Schwingende Gräben, die sich unterschied-lich mit Wasser füllen, ziehen sich durch einen Auwald. So erscheinen die Ufer mal als Strände – und schon bei geringen Wasserschwankungen als Inseln. Sandstrände, die sich im Oberlauf der Rhône durch Anlandungs- und Erosionsprozesse im Fluss gebildet haben, standen Pate für die elliptische Form der aufwendig bepflanzten Garteninseln im nächsten Abschnitt. Die Pflanzinseln auf dem ansonsten stark befestigten Tiefkai münden in langge-streckte, mit Ziergräsern bestandene Wiesenbänder.

In diesem Abschnitt wurden zudem hölzerne Terrassen angelegt und damit sowohl die Zugänge zu den dort liegenden Wohn-, Restaurant- und Kneipenbooten aufgewertet

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E254255

Dynamisierte Flusslandschaften

ProjektkatalogDynamisierte Flusslandschaften

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Isar, München

Dynamisierte Flusslandschaften

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26026∂

Projektkatalog Dynamisierte Flusslandschaften

∫ Gestaltungsmittel – – – – – – – –B3.∂ unsichtbar stabilisierenC∂.4 Vorland abgrabenD∂.2 TotholzD5.∂ FischaufstiegsanlagenE∂.∂ Ufer- und Sohlsicherung entfernenE∂.2 Gewässerunterhaltung extensivierenE∂.3 Wasserentnahme regulieren E2.∂ Gewässerprofil differenzieren E2.2 Störelemente einbringen E2.3 Geschiebezugaben E3.3 Gewässerverzweigung anlegenE4.∂ „schlafende“ UfersicherungE4.3 punktuelle Ufersicherung

IsarIsar-Plan, ab 2000München, Deutschland

Flussdaten ProjektgebietGewässertyp: große Flüsse des AlpenvorlandesEinzugsgebiet: 2814 km²Mittlerer Abfluss (MQ): 64 m³/sHundertjährlicher Hochwasserabfluss (HQ100): 1050 m³/sBreite Flussbett: 50–60 m, Breite Aue: 150 mStandort: 48° 06’ 35“ N – 11° 33’ 35“ O

Schon Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die Isar kanalisiert und begradigt. Die „Reißende“, wie die Kelten den Fluss nannten, wurde nach und nach mit gepflasterten Uferböschungen, streng gemähten Vorländern und Sohlschwellen versehen, die die Fließ-geschwindigkeit drosselten, aber auch Wanderungen von Fischen sowie den Geschiebe- transport verhinderten. Außerdem wurde im Süden von München fast die gesamte Wassermenge zur Stromgewinnung in einen parallel verlaufenden Seitenkanal abgeleitet. Nur etwa 5 m3/s flossen dort noch, einem Rinnsal gleich, in dem strengen Profil. Mit den Verhandlungen um die Festsetzung einer neuen Restwassermenge in diesem Abschnitt begann die Diskussion um den Umbau der Isar. Heute fließen 15 m3/s durch das eigent-liche Flussbett.

Die Isar ist ein kiesgeprägter, voralpiner Gebirgsfluss mit heftigen, zum Teil plötzli-chen Hochwasserereignissen. Das Projektgebiet des sogenannten Isar-Plans beginnt vor der eigentlichen Kernstadt und verläuft über 8 km bis zur zentral gelegenen Museums-insel. Der Isar-Plan ist ein Gemeinschaftsprojekt der Landeshauptstadt München und des Freistaates Bayern, vertreten durch das Wasserwirtschaftsamt München.Mit dem Isar-Plan sollten gleichzeitig mehr Naturnähe, eine Verbesserung des Hoch-wasserschutzes und eine Qualitätssteigerung für Erholungsuchende erreicht werden. Durch die ökologisch wertvolle Aufweitung des Mittelwasserbetts von 50 auf teilweise 90 m wurde der Abflussquerschnitt vergrößert. Durch die Aufweitung konnte auf eine Erhöhung der Deiche verzichtet und der alte Baumbestand auf den Deichen erhalten werden. Die bestehenden Deiche wurden nur stabilisiert, indem im Deichkern eine Dichtwand eingezogen wurde.

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1 Treppen sichern kritische Engstellen und machen die Ufer bis an das Wasser nutzbar [E4.3].

2 Prinzipschnitt: Hier wird die Lage der „schla-fenden“ Sicherung deutlich [E4.∂]. Die Deiche wurden mit einem Betonkern stabilisiert [B3.∂].

3 Flache und sich dynamisch verändernde Kies-strände wie hier am Flaucher prägen nun statt steiler Rasenböschungen den umgestalteten Abschnitt.

4 Die baulich fixierten Totholzstrukturen initi-ieren Erosions- und Sedimentationsprozesse, werden aber auch von Kindern spielerisch genutzt [D∂.2].

5 Die Wassermenge, die zur Wasserkraftnutzung von dem eigentlichen Lauf abgezweigt wurde, wurde verringert [E∂.3].

Wilder Fluss mit dynamischen Grenzen Das Konzept sieht hinsichtlich der Gewässerentwicklung die Förderung von raumgreifenden morphodynamischen Prozessen mit definierten Grenzen vor – so kann das Gewässer bis zu einer festgelegten Linie im Vorland seinen Lauf selbst bestimmen. Um der Isar einen Teil ihrer ursprüngli-chen Eigendynamik zurückzugeben, war es zunächst nötig, sie aus ihrem kanalartigen Korsett zu befreien: Das mit Steinen und Beton befestigte trapezförmige Profil wurde aufgebrochen und die Sicherungen entfernt. Um die Deiche zu schützen, wurde im Vorland eine „schlafende“ Ufersicherung eingebaut, eine unterirdische Sicherung in Form einer Steinpackung, die die dahinterliegenden Flächen vor Erosion schützt.

Die kiesgeprägten Ufer sind in ständiger Veränderung begriffen und werden vor allem im Sommer von den Münchnern als großer Stadtstrand genutzt. Zum Baden, Grillen, Sonnen und für Ballspiele ist genauso Platz wie für Kleinkinder, die im seichten Wasser planschen, Hunde und sogar Reiter mit ihren Pferden. Nur vor den Brückenbau-werken, wo eine Befestigung der Ufer notwendig ist, wird der Kiesstrand durch Treppen aus Naturstein und gemauerte Ufer unterbrochen. An den Treppenstufen ist es möglich, die Dynamik der Pegelschwankungen zu erkennen. Die Treppe schafft einen interessanten Kontrast in der wilden Kiesaue und Sitzgelegenheiten am Wasser.

Lernprozesse Das Hochwasserereignis 2005 hat Erosionsschäden hinterlassen, die über das geplante Maß hinausgingen, und damit auch Erkenntnisse geliefert, mit denen die Strategie angepasst werden konnte. Da es kein geplantes und befestigtes Wegenetz in direkter Nähe der Uferkante gibt, entstand dort, teilweise direkt auf der „schlafenden“ Ufersicherung, ein Trampelpfad, der die schützende Grasnarbe zerstörte. Mit Absper-rungen wird versucht, die Fußgänger auf andere Wege zu lenken. An einigen Stellen wurde die „schlafende“ Sicherung hinterspült. Teilweise wurde dies belassen, die Akti-vitäten des Flusses werden weiter beobachtet. So kann der gesamte Umgang mit dem Isarumbau als Lernprozess bezeichnet werden.

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Planungsstrategien für urbane Fließgewässer

Martin ProminskiAntje StokmanSusanne ZellerDaniel StimbergHinnerk Voermanek

Fluss.Raum.Entwerfen ist ein praxisorientiertes Grundlagenwerk zum Planen

von Flussräumen. Das Gestalten urbaner Flusslandschaften ist vielfältigen Anfor-

derungen unterworfen, zu denen in erster Linie der Hochwasserschutz, die

Freiraumgestaltung und die Ökologie gehören. Diese beherrschenden Themen

gilt es in Einklang zu bringen, häufig auf begrenztem Raum. Der hier zugrunde

gelegte prozessorientierte Ansatz eignet sich insbesondere für langfristige und

nachhaltige Maßnahmen. Nach einer systematischen Einführung werden erst-

mals europaweit über fünfzig Beispiele gelungener Gestaltung analysiert und

in ihre einzelnen Elemente zerlegt. Diese Analysen bilden einen Katalog sinn-

voller Entwurfsstrategien und Gestaltungsmittel. Alle Beispiele wurden eigens

für dieses Buch fotografiert und mit zahlreichen Zeichnungen versehen, und

die große Fülle der gestalterischen Ideen wird so auf attraktive und anregende

Weise abgebildet. Durch den übergreifenden interdisziplinären Ansatz erhalten

Landschaftsarchitekten, Architekten, Ingenieure und andere Fachplaner einen

vertieften Überblick über das breite Spektrum der entwurflichen und bautech-

nischen Möglichkeiten.

∆ abgetreppter Steinverbau ∆ aufklappbare Schutzelemente ∆ aufsetzbare Schutzelemente ∆ Balkone ∆ Bäume auf Deichen ∆ begradigten Lauf einbeziehen ∆ bestehende Sicherung überbauen ∆ Deiche als Wegeverbindungen ∆ Deiche rückverlegen ∆ Deichparks ∆ Deichprofil modellieren ∆ Deichtreppen und -promenaden ∆ elektronische Warnsysteme ∆ Fischaufstiegsanlagen ∆ Fluchtwege ∆ Flusszugänge senkrecht zum Ufer ∆ Flutmulden ∆ frei bewegliche Schutzelemente ∆ gemauerter Uferverbau ∆ Geschiebezugaben ∆ geschüttete Steinbuhnen ∆ gesetzte Steinbuhnen ∆ Gewässerprofil differenzieren ∆ Gewässerlauf aufweiten ∆ Gewässerunterhaltung extensivieren ∆ Gewässerverzweigung anlegen ∆ Glaswände ∆ große Einzelsteine ∆ große Ufertreppen ∆ großräumige Naturgebiete ∆ hochwasserfeste Gebäude ∆ Hochwassermarken ∆ Hochwasser-schutzmauern integrieren ∆ ingenieurbiologische Buhnen ∆ Kolkbildung ∆ Kunstobjekte und Mobiliar ∆ Landwirtschaft ∆ Lauf verlängern ∆ Lebendverbau ∆ mäandrierenden Gewässerlauf vorgeben ∆ Mauerhöhen relativieren ∆ Nebenarme ∆ neue Ufermauern ∆ Nutzung der historischen Stadtmauer ∆ Park in der Aue ∆ Pfahlbauten ∆ Poldersysteme ∆ punktuelle Ufersicherung ∆ Rampen und Gleiten ∆ Rückhaltebecken ∆ Sand- und Kiesstrände an Gleitufern ∆ Sand- und Kiesstrände in Buchten ∆ „schlafende“ Ufersicherung ∆ schwebende Wegeverbindungen ∆ schwimmende Inseln ∆ schwimmende Stege ∆ schwimmende und amphibische Wohnformen ∆ Seilbahnen ∆ Sicht erhalten ∆ Sohl- und Querbauwerke differenzieren ∆ Sohlriegel ∆ Sport- und Spielanlagen ∆ stehende Gewässer im Vorland ∆ Steinverbau ∆ Stör- und Trittsteine ∆ Störelemente einbringen ∆ Superdeiche ∆ Terrassen ∆ Totholz ∆ überflutbare Bepflanzung ∆ überflutbare Stege ∆ überflutbare Uferwege ∆ überflutbares Mobiliar ∆ Überhänge ∆ überströmte Buhnen ∆ Ufer teilweise entsichern ∆ Ufer- und Sohlsicherung entfernen ∆ Ufermauern überwinden ∆ uferparallele Flusszugänge ∆ Ufersicherung im Bedarfsfall ∆ unsichtbar stabilisieren ∆ Unterwassertrittstufen ∆ Veranstaltungsgelände ∆ verschließbare Zugänge ∆ vertäute Schiffe ∆ Vorland abgraben ∆ Vorufer ∆ Warften ∆ Warftprinzip bei Gebäuden ∆ Warnschilder und Absperrungen ∆ wasserdichte Fassaden ∆ Wasserentnahme regulieren ∆ Wege in der Aue ∆ Yachthäfen ∆ Zelt- und Campingplätze ∆ Zwischenebenen