FNF International News 2-2009

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    FNF International NewsAUSGABE 2 / 2009

    Fokus Europa

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    Inhalt

    Editorial

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    liebe Freunde der Friedrich-Naumann-Stiftung frdie Freiheit,

    im Fokus dieser Ausgabe steht Europa. Vom 4. bis 7.Juni 2009 waren rund 375 Millionen Wahlberechtigteaus allen EU-Mitgliedsstaaten aufgefordert, ein neuesEuropisches Parlament zu whlen. Das Europa immernoch kein Selbstlufer ist, zeigen die internen Proble-me sowie der anwachsende Populismus in der Region.

    Wir mchten Ihnen in dieser Ausgabe kompakte Hin-tergrundinformationen ber unsere Arbeitsschwer-punkte auf europischer Ebene, insbesondere in denneuen Beitrittslndern und darber hinaus, vormitteln.Wie steht es dort um Demokratie, Pluralismus, Men-schenrechte und nicht zuletzt um die Freiheit?

    Des Weiteren finden Sie interessante Berichte vonHans-Dietrich Genscher beim Symposium der deut-schen Stiftungen in Brssel und zur Arbeit des noch

    jungen, vielversprechenden Netzwerkes der Liberalen

    in Europa, des European Liberal Forum (elf).

    Ich wnsche Ihnen eine anregende Lektre!

    Harald KleinBereichsleiter Internationale Politik

    Das Regionalbro Europische S. 2Institutionen und Nordamerika

    Nachwahlanalyse des Bros S. 3Brssel

    Nachwahlanalyse des Bros S. 5Sofia

    Das Regionalbro Mittel-, S. 6Sdost- und Osteuropa,Sdkaukasus und Zentralasien

    Netzwerkvorstellung elf S. 9

    elf Spring Academy S. 10

    Hans-Dietrich Genscher S. 11in Brssel

    Neuerscheinungen S. 13

    Potsdam, 10. Juli 2009 www.freiheit.org

    I1

    http://www.freiheit.org/http://www.freiheit.org/
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    FNF International NewsFokus Europa

    FNF vor Ort

    Das Regionalbro Europische Institutionen und Nordamerika

    Das Regionalbro Europische Institutionen und Nordamerika (EINA) mit seinen Standorten Brssel und Wa-shington D.C. frdert durch internationalen Politikdialog die Verbreitung liberalen Gedankengutes und strktdamit den organisierten Liberalismus. Die internationalen Dialogprogramme bilden die Basis fr einen intensi-ven Ideen-, Meinungs- sowie Erfahrungsaustausch und sind ein wichtiges Bindeglied innerhalb des weltwei-ten Netzwerkes liberaler Persnlichkeiten und Institutionen.

    EU-Kommissionsprsident Jos Manuel Barroso,Dr. Jrgen D. Wickert, Leiter des RegionalbrosEuropische Institutionen und Nordamerika

    Seit 1985 hat das die Stiftung einen Sitz in der belgischen Haupt-stadt als Zentrum europischer Politik. Das Bro befindet sich inunmittelbarer Nhe zu den wichtigen Europischen Institutionen,des Parlaments, des Ministerrats und der Europischen Kommission.

    Das Hauptaugenmerk des Dialogprogramms Brssel (DPB) liegt aufder Frderung des Nord-Sd und des Ost-West-Dialogs. Insbeson-dere fr Multiplikatoren aus Entwicklungs- und Transformations-lndern schafft das DPB ein hochgeschtztes Forum, um gemein-sam mit Abgeordneten des Europischen Parlaments, Vertretern desMinisterrates und der Europischen Kommission sowie mit Ent-scheidungstrgern bei der NATO politisch zeitgeme und lsungsorientierte Anstze zu entwickeln.

    Insbesondere fr Multiplikatoren aus Entwicklungs- und Transitionslndern schafft das DPB ein geschtztesForum, um gemeinsam mit Abgeordneten des Europischen Parlaments, Vertretern des Ministerrates und derEuropischen Kommission sowie mit Entscheidungstrgern bei der NATO politisch zeitgeme und lsungsori-entierte Anstze zu aktuellen politischen Themenbereichen zu entwickeln.In die Diskussionen werden regelmig Fachreferenten aus Nichtregierungsorganisationen, europischenDachverbnden und Thinktanks eingebunden. Um den Austausch von Ideen und die Erweiterung der weltwei-ten liberalen Netzwerke kontinuierlich auszubauen, organisiert das DPB darber hinaus zahlreiche Vortrags-und Diskussionsveranstaltungen fr das Brsseler Fachpublikum. Auch hier stehen aktuelle politische Themenund die Diskussion liberaler Politikanstze im Vordergrund.

    Das Transatlantische Dialogprogramm (TAD) mit Sitz in Washington D.C. frdertden Austausch zwischen politischen Fhrungskrften und jungen Fachleutenber globale, nationale und spezifisch transatlantische Themen durch Veranstal-tung von internationalen Konferenzen, Foren, Vortrgen, Austauschprogrammen,Work-shops und Diskussionsrunden. Diese Aktivitten sollen dazu dienen, dieetablierten gemeinsamen Werte der atlantischen Lnder in einem globalen Sta-bilisierungsfaktor zu vereinigen, das gegenseitige Vertrauen zu strken und ei-nen stndigen Dialog zwischen Nordamerika und Europa aufzubauen mitBlickpunkt Deutschland. Der Schwerpunkt liegt auf den Bereichen Politik, Wirt-schaft und Kultur. Claus Gramckow (Leiter TAD

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    FNF International NewsFokus Europa

    Nachwahlanalyse EINA

    Europa findet seine Mitte - Liberale behaupten sich als drittstrkste Kraft im

    Europischen Parlament

    Europa hat ein neues Parlament gewhlt. Es war seit 1979 die siebte Direktwahl zum Europischen Parlamentund zugleich die grte multinationale Wahl der Welt. Die neuen Europaabgeordneten reprsentieren damitrund 497 Millionen Brger.

    Es wurde bei der Wahl ganz deutlich, dass in Zeiten der globalen, wirtschaftlichen Krise die Parteien hoheStimmgewinne verzeichneten, die auf die Gesetze von Marktwirtschaft und Wettbewerb vertrauen. Diejenigen,die staatliche Intervention, Protektionismus und Umverteilung predigen, mussten dagegen herbe Verluste hin-nehmen. Vor allem in Grobritannien, Frankreich und Deutschland verloren die linken Parteien deutlich anZuspruch.

    Ohnehin kann der Wahlausgang aus deutscher Sicht als ein klarer liberaler Sieg gelten. Mit einem Ergebnisvon 11,0% (+4,9%) konnte die FDP ihr bisher bestes Ergebnis bei den Europawahlen verzeichnen und sendetnunmehr 12 Abgeordnete in das neue Europische Parlament.

    Die ALDE-Fraktion (Alliance of Liberals and Democ-rats for Europe) verlor zwar in absoluten Zahlen einMandat, geht aber angesichts der gleichzeitigen Ver-ringerung der Gesamtmandate mit einem relativenGewinn aus der Wahl hervor. Mit insgesamt 74 Sitzen

    zuzglich zehn Sitze von Nicht-ELDR-Mitglieds-parteien (European Liberal Democrat and ReformParty) umfasst die liberale Gruppe im neuen Parla-ment nun 84 Abgeordnete. Die FDP zieht dabei alsgrte nationale Delegation in die ALDE-Fraktion

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    FNF International NewsFokus Europa

    Nachwahlanalyse EINA

    Wussten Sie, dass . ..-32 von 74 ELDR MEPs Frauen sind (43%),

    -fast 50% der MEPs (49,8%) neu ins Parlament gewhltwurden,

    - zwei ehemalige liberale Premierminister: Guy Verhofstadt(Belgien) und Ivars Godmanis (Lettland) sowie zwei liberaleEU Komissare: Meglena Kuneva (Bulgarien) und Louis Mi-chel (Belgien) neu ins EP gewhlt wurden,

    - Irelands Regierungspartei Fianna Fail seit April 2009 Mit-glied der Europischen Liberalen ist?

    Annemie Neyts, Prsiden-tin der ELDR-Fraktion

    Liberals will remain the guardi-

    ans of freedom and will stand up

    to the voices that want to dilute

    the role of the EU. In doing so we

    will reveal the inability of popu-

    list parties to substantiate their

    rhetoric.

    ein. Wenngleich die Rnder des politischen

    Spektrums nicht den Aufschwung erlebten, derihnen prophezeit worden war, so gehen ausdieser Wahl nicht-extreme, wohl aber europa-kritische Parteien deutlich gestrkt hervor.Dennoch ist diese Gruppe zu klein, um ma-geblich Einfluss zu nehmen, aber sie ist zugro, um unbedeutend zu sein.

    Die proeuropischen, integrationswilligen Krf-te werden sich mit ihren Positionen und Argu-menten auseinandersetzen mssen. Europa ist

    keineswegs perfekt und zu Recht weisen dieeuropakritischen Parlamentarier bisweilen aufSchwchen der Europischen Union hin. Eswird darum gehen, konstruktive, brgernaheund den europischen Integrationsprozess wei-terfhrende Antworten auf diese Fragen zufinden. Dies ist die Herausforderung, vor die derWhler die proeuropischen Krfte gestellt hat.Und es ist die Chance, die Europische Unionder Zukunft zu gestalten.

    Das Wahlergebnis lsst auch auf ein irischesJa zum Lissabon-Vertrag hoffen. DeclanGanley, der Initiator und Financier der irischenantieuropischen Kampagne Libertas, zhlt zuden klaren Verlierern der Wahl und wird nacheigener Aussage keine weitere Kampagne fr-dern. Ein positives Referendum in Irland brchteEuropa dem Lissabon-Vertrag ein gutes Stcknher und wrde dem Prozess der EuropischenIntegration neue Dynamik verleihen.

    I very much regret the election of a

    number of far right extremists who

    advocate values of intolerance and

    hatred of foreigners which are

    anathema to the model of Europe

    we are trying to build. I predict that

    their own internal divisions and in-

    coherence will prevent them from

    spreading their ideas further afield.Graham Watson, Frak-

    tionsvorsitzender derALDE (2004-2009)

    Deutsche Prsenz im Europischen Parlament 2009-2014

    Aus Deutschland kommen auch in der nchsten Legislaturperiode (2009-2014) nach wie vor 99 Abgeordnete:CDU 34 Abgeordnete (-6), SPD 23, FDP 12 (+5), Bndnis 90/Die Grnen ebenfalls 14 (+1), DIE LINKE nunmehr 8(+1) und die CSU 8 Abgeordnete (-1). Zwar reduziert der Vertrag von Nizza, auf dessen Grundlage die Wahlenstattfanden, die Anzahl der Abgeordneten von 785 auf 736, was bedeutet, dass fast jeder Mitgliedsstaat Abge-ordnete abgeben muss (Frankreich, Italien und Grobritannien beispielsweise verlieren jeweils sechs Abgeord-neten-Sitze und sind nunmehr nur noch mit 72 Abgeordnetenvertreten). Deutschland und einige kleinere EU-Mitgliedsstaaten wie u. a. Zypern, Malta und Luxemburg hingegen behalten ihre jetzige Anzahl von Abgeordne-tensitzen.

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    FNF International NewsFokus Europa

    Nachwahlanalyse MSOE

    Europawahlen in Mittel- und Sdosteuropa Eine Nachwahlanalyse des Bros Sofia

    Licht und Schatten fr liberale Parteien in Osteuropa

    Zur Teilnahme an den Europawahlen 2009 warenauch knapp 80 Millionen EU-Neubrger aus den zehnReformlndern in Mittel- und Sdosteuropa (MSOE)aufgerufen. Im Zeichen der Wirtschafts und Finanz-krise, einer anhaltenden Identittskrise der Europi-schen Union sowie einer nicht abgeschlossenen Kon-solidierung der jungen Demokratien und zunehmend

    politischem Populismus, entsenden die stlichen Mit-gliedsparteien der Europischen Liberalen (ELDR) mit19 Abgeordneten insgesamt zehn Vertreter wenigernach Brssel und Straburg als nach den letztenWahlen im Jahr 2004 bzw. 2007 (in Rumnien undBulgarien).

    Dabei gab es trotz des aktuell politisch schwierigenUmfelds auch Wahlerfolgefr die Liberalen im stli-chen Teil der EU: In Estlanderrangen Zentrums- undReformpartei zusammen 4 Mandate, in Lettland

    konnte die neu fusionierte Partei LPP/LC trotz Verlustder Regierungsverantwortung vor wenigen Monatenihren Sitz im Europischen Parlament verteidigen. InSlowenien haben LDS und ZARES ihre Spaltungberwunden und mit Ergebnissen von jeweils um die10%-Marke je ein Mandat gewonnen. In Bulgarienist es der an einer Regierungskoalition beteiligtenNDSV sogar gelungen, einen langen negativen Trendumzukehren und die Zahl ihrer EP-Abgeordneten aufzwei zu verdoppeln.

    Doch es gab auch Rckschlge, vor allem in Polen undUngarn, wo die Liberalen den Wiedereinzug ins EP ver-

    fehlten. Fr die Fraktion der Liberalen im EP bedeutendiese beiden Niederlagen allein einen Verlust von sie-ben Mandaten. In der Slowakei gelang es verschiede-nen liberalen Gruppierungen nicht, sich auf eine ge-meinsame Liste zu einigen und dadurch ins EP einzu-ziehen. In Tschechien spielt der organisierte Liberalis-mus seit Jahren nur noch eine marginale Rolle, wes-halb ein Wahlerfolg des Wahlbndnisses von Unab-hngigen und Freiheitsunion auch nicht zu erwarten

    war.

    Das Wahlergebnis zeigt, dass auch 20 Jahre nach derfreiheitlichen Wende die demokratische Konsolidie-rung in den neuen Mitgliedstaaten noch nicht abge-schlossen ist. Insbesondere die Parteiensysteme sindweiterhin schwach entwickelt. Diese Schwche er-mglicht wiederum die zunehmenden Erfolge wei-cher und harter Populisten sowie roter und braunerNationalisten, deren wachsende unheilvolle Einfluss-nahme den Konsolidierungsprozess insgesamt behin-

    dert. Die in Osteuropa insgesamt noch niedrigereWahlbeteiligung im Vergleich zum Westen verstrktden Stimmenanteil von Nationalisten und Populisten.

    Politischer Populismus zunehmend systemgefhr-

    dend

    Das Erstarken populistischer und hufig anti-europischer Parteien im Westen wie im Osten Euro-pas und die damit verbundene Schwchung der tra-

    ditionellen Parteien ist in einigen Lndern inzwischenzu einer ernst zu nehmenden Gefahr fr das Modellder liberalen Demokratie geworden. Der Vorsitzende

    The Efficient Membership Depends on the Proper Under-

    standing of the EU.

    EU-Kommissarin Meglena Kuneva aus Bulgarien erwies sichals Zugpferd fr unsere Partnerpartei NDSV

    Foto: P.-A. Bochmann, Projektleiter Sdosteuropa

    Siehe hierzu auch: Populist Politics and Liberal Democracy inCentral and Eastern Europe, Grigorij Mesenikov, Oga Gyrfov,and Daniel Smilov, Trust for Civil Society&Central Europe, Bratislava2008.

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    FNF International NewsFokus Europa

    Nachwahlanalyse MSOE

    der liberalen ALDE-Fraktion im letzten EP GrahamWatson bedauerte diesen Trend, da Intoleranz und

    Auslnderhass dem liberalen Entwurf Europas diamet-ral entgegenstnden. Vielerorts bieten sich Populistenals Alternative zum reprsentativen System insgesamtan. Dabei ist weniger eine Ideologie im Spiel, als diescheinbar zunehmende Attraktivitt einer Politik derAus- und Abgrenzung als Gegenentwurf zu offenen,liberalen Konzepten fr Politik, Wirtschaft und Kultur.

    Whrend sich im Westen der EU Populisten eher aufein Hauptthema wie Zuwanderung oder Brsseler

    Zentralismus konzentrieren, greifen populistischeGruppierungen in Osteuropa den parteibergreifendenliberalen Konsensus ber die Kernelemente der politi-schen, konomischen und gesellschaftlichen Transiti-on nach der Wende an. Auftrieb gibt den Populistenvor allem die kritische Auseinandersetzung mit Poli-tikfeldern, die von den etablierten nationalen Parteienals sakrosankt betrachtet werden, sich zunehmendaber deren direktem gestalterischen Einfluss entzie-hen. Hierbei geht es vor allem um den Transfer natio-naler Souvernittsrechte an supranationale und in-

    ternationale Organisationen sowie die daraus resultie-rende grenzberschreitende Freizgigkeit. Offenbarknnen liberale und gemigte Parteien des tradition-

    ellen Spektrums nur dann Populisten erfolgreich zu-rckdrngen, wenn Letztere extremistisch auftreten.

    Dies ist vor allem im Westen der Fall, wo solche Partei-en nach Anfangserfolgen auch wieder verschwinden. ImOsten Europas zielt der politische Populismus auf einenAustausch der politischen Eliten, denen Inkompetenzund Korruption vorgeworfen wird. Es geht um die ge-rechte Verteilung der Wohlstandsgewinne aus derTransformation.

    Die neue marktwirtschaftliche Ordnung wird dabei perse nicht in Frage gestellt. Doch ist der bergang zwi-

    schen weichem und hartem Populismus flieend undsteigert sich in einigen Lndern in rassistische undxenophobische Positionen gegen religise und ethni-sche Minderheiten. Hierdurch werden die Grundprin-zipien des Rechtstaates bedroht, was insbesondere Li-berale herausfordert. Dabei geht es nicht nur um dieWeiterentwicklung praktikabler politischer Lsungs-ansatze, sondern auch um die Strkung einer Kulturder Toleranz. Daran arbeitet die Friedrich-Naumann-Stiftung fr die Freiheit, z.B. seit 17 Jahren gemein-sam mit dem American Jewish Committee in einem

    lnderbergreifenden Dialogprogramm fr junge Fh-rungskrfte aus der Region.

    Das Regionalbro Mittel-, Sdost- und Osteuropa, Sdkaukasus und Zentralasien

    Die Freiheit ist noch nicht gewonnen Liberale Stiftungsarbeit in den Lndern des frheren

    Sowjetimperiums

    Vor zwei Jahrzehnten lebten die Vlker in der Region Mittel-, Sdost- und Osteuropa, Sdkaukasus und Zentral-asien noch unter kommunistischer Herrschaft. In historisch kurzer Zeit ist es den Menschen in vielen Lndern ge-lungen, demokratische und marktwirtschaftliche Systeme zu errichten. Das ist ein gewaltiger Erfolg liberaler Ideen.Unsere Stiftung frderte von Beginn an diesen Transformationsprozess und das Heranfhren dieser Lnder an dasfreie und demokratische Europa. Im Fokus der Stiftungsarbeit steht die Kooperation mit liberalen Parteien undGruppierungen zur Entwicklung liberaler Haltungen und Politikkonzepte. Ein enges Netz von Arbeitsbeziehungenmit politischen Parteien, Vorfeldorganisationen, Brgerinitiativen, Menschenrechtsorganisationen, Think-Tanksund wissenschaftlichen Einrichtungen ist dafr das Fundament der Stiftungsttigkeit. Die besondere historischeErfahrung und Prgung dieser Gesellschaften durch ein halbes Jahrhundert kommunistischer Zwangsherrschaft

    Die Stiftungsregion Mittel-, Sdost- und Osteuropa, Sdkaukasus und Zentralasien gliedert sich in 6 Subregionen (Mitteleuropa und baltische Staaten,Ukraine und Belarus, Westbalkan, Sdosteuropa, Russland und Zentralasien und Sdkaukasus), die jeweils mehrere Lnder umfassen. Derzeit koordiniertdas seit 2007 in Sofia ansssige Regionalbro Manahmen in 27 Projektlndern. In den 11 Vertretungen der Stiftung in der Region arbeiten rund 40 Mit-arbeiter, die zusammen mit Partnerorganisationen jhrlich 400 Veranstaltungen mit mehreren tausend Teilnehmern durchfhren.

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    FNF International NewsFokus Europa

    FNF vor Ort

    Quelle: Picture Alliance: Grenzffnung Italien-Slowenien

    und den Kalten Krieg erfordert dabei eine besondere He-rangehensweise fr Dialogmanahmen und die prakti-sche Bildungsarbeit vor Ort.

    In den zehn neuen EU-Lndern Estland, Litauen, Lett-land, Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn, Slowenien,Rumnien und Bulgarien geht es der liberalen Stiftunginzwischen vorrangig darum, deren demokratische undmarktwirtschaftliche Konsolidierung zu untersttzen.Nach fast 20 Jahren der Transformation, nach Wegfalldes Vernderungsdrucks durch einen radikalen System-

    wechsel im Rahmen des EU-Beitrittsverfahrens beobach-ten wir gerade in der jngeren Zeit Entwicklungen, diedem Ziel der Schaffung stabiler liberaler Demokratienund Marktwirtschaften in den neuen stlichen Mitglieds-staaten zuwiderlaufen. Alle Reformlnder hatten sich pluralistische, parlamentarische Regierungssystemegegeben und waren in der Mehrzahl liberalen Reformkonzepten gefolgt, allerdings mit unterschiedlichenGeschwindigkeiten. Insbesondere die Parteiensysteme sind aber weiterhin so schwach entwickelt, dass siedie demokratische Konsolidierung bedrohen. Die weitere Folge sind antagonistische Koalitionen und insta-bile Regierungen, ein fortschreitender Vertrauensverlust in die politische Fhrung und ein Rckgang der-Partizipation durch die Brger. Die fr die Demokratie wichtige Funktion der Parteien, Normen und Proze-duren der Konfliktregelung und Konsensbildung einzuben, wird gar nicht oder mangelhaft ausgebt.

    Besonders besorgniserregend ist der abnehmende Einfluss reformorientierter Fhrungspersnlichkeiten undParteien. Hierbei geht es nicht nur um die zuknftige politische Entwicklung dieser Lnder, sondern auchum die Vermeidung negativer Rckwirkungen in die Europische Gemeinschaft und deren Institutionen.Genau hier setzt die Arbeit der Stiftung fr die Freiheit an: Strategie- und Programmberatungen liberalerParteien und ihrer Vorfeldorganisationen bilden einen Schwerpunkt der Projektarbeit in den neuen EU-Lndern. Dabei werden insbesondere Angebote zur Strkung innerparteilicher Demokratie, programmati-scher Profilierung und Nachwuchsfrderung an die Stiftungspartner gemacht.

    Quelle: Liberalismus-Diskussion mit politischenJugendorganisationen in Kiew

    Die politische Volatilitt und das stark abnehmende Ver-

    trauen der Bevlkerung in die Politik wird hufig mit ver-meintlich negativen Resultaten marktwirtschaftlicher Re-formen, insbesondere einer zunehmenden sozialen Un-gleichheit in den neuen EU-Mitgliedstaaten erklrt. Diesveranlasste neu gewhlte Regierungen, das Rad der Refor-men anzuhalten oder sogar zurck zu drehen. Heute, imRckblick und Vergleich ber einen Zeitraum von mehr als15 Jahren, lsst sich allerdings feststellen, dass eine schnel-le makrokonomische Stabilisierung und Liberalisierung undeine transparente sowie fairen und klaren gesetzlichen Re-geln folgende Privatisierung nicht nur der nachhaltigen

    Entwicklung der Volkswirtschaften entscheidend half, son-

    dern auch die Bildung neuer und besserer Institutionenfrderte.

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    FNF International NewsFokus Europa

    FNF vor Ort

    Angesichts eines zunehmenden staatsinterventionistischen Populismus nicht nur bei linken Parteien, sondernauch in den Reihen der Konservativen, wird der Suche nach liberalen Antworten auf die aktuelle Finanz- undWirtschaftskrise aktuell besondere Aufmerksamkeit gegwidmet. Seit Beginn der wirtschaftlichen Umstruktu-rierung hat die FNF politische Entscheidungstrger in MSOE intensiv ordnungspolitisch beraten. Heute reichtin manchen Reformlndern die Liberalisierung und marktwirtschaftliche Modernisierung einzelner Wirt-schafts- und Finanzbereiche schon weiter als in manchem der alten Mitgliedslnder. Die liberale Stiftung en-gagiert sich deshalb neuerdings auch fr den Rckfluss dieser Erfolgskonzepte.

    Die Europische Integration kann nur vollstndig ge-lingen, wenn eine gemeinsame verbindende Werteba-sis entsteht, in deren Zentrum die Achtung und der

    Schutz der Wrde jedes einzelnen Menschen, Rechts-staatlichkeit, Demokratie und Marktwirtschaft stehen.Dafr ist in den nchsten Jahren ein starkes brgerge-sellschaftliches Engagement mit dem Ziel des intensi-ven Dialogs und Austausches erforderlich, zu dem dieFNF, zusammen mit dem neu gegrndeten Europi-schen Liberalen Forum (elf) und den Europischen Li-beralen (ELDR), zustzliche Aktivitten zu aktuellenFragen der europischen Einigung durchfhrt.

    Quelle: FNF - Nationalkongress der Jugendorganisation derliberalen AMN in Moldau

    Der politische, gesellschaftliche, rechtliche und wirtschaftliche Entwicklungsstand in der StiftungsregionMSOE ist sehr unterschiedlich. Neben den Lndern, die bereits der EU beigetreten sind oder das perspektivischanstreben, gibt es Lnder, die auf dem Weg zur Demokratie und Rechtsstaat noch wenig vorangekommensind.

    In Russland und Belarus sowie in den Staaten Zentralasiens und im Sdkaukasuskann von Demokratisie-rung nicht mehr die Rede sein: Die bergangsperiode ist vorber; doch ihr Ergebnis ist nicht, wie erwartetoder doch erhofft, Demokratie, sondern der autoritre Staat. Durch rechtliche Eingriffe, das rcksichtslose Ein-setzen administrativer Macht, die permanente Manipulation der ffentlichkeit durch ein staatliches Medien-monopol sowie die Steuerung der Opposition bis hin zurSchaffung einer Scheinopposition ist der in den Anfn-

    gen begriffene Pluralismus systematisch beschrnktund zurckgedrngt worden. Auch in der Republik Mol-dau missbraucht die allein herrschende kommunistischePartei das staatliche Machtmonopol.

    Unter oft schwierigen ueren Bedingungen arbeitet un-sere Stiftung auch in diesen Lndern daran, die Krfte zustrken, die sich fr Freiheit, Menschenrechte, Marktwirt-schaft und Demokratie einsetzen. Dabei muss sie sich zur

    Vermittlung ihrer Inhalte mitunter ungewhnlicher Me-thoden bedienen, wie zum Beispiel in Zentralasien durch

    das Medium Theater mit Auffhrungen ber die Bedeu-tung von Toleranz. Quelle: Foto AMN: Wahldemonstration der liberalenAMN in Chisinau, Mrz 2009

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    Netzwerkvorstellung elf

    Das European Liberal ForumDie politische Stiftung der liberalen Familie auf europischer

    Ebene

    Was auf Parteiebene schon lngst geschehen ist,wurde im Herbst 2007 mit der Grndung des Euro-pean Liberal Forum (elf) auch fr die Ebene der po-litischen Stiftungen und Think Tanks realisiert: EineEU-weite Vernetzung nationaler liberaler Akteuremit dem Ziel, die liberale Familie innerhalb der Eu-ropischen Union zu strken und gemeinsam zumAufbau eines demokratischen Europas beizutragen.

    Die ELF Aktivitten werden in der Regel von denMitgliedsorganisationen vorgeschlagen und in Ko-operation durchgefhrt. Thematisch decken die Ver-anstaltungen eine groe Bandbreite aktuell-politischer Aspekte ab, beispielsweise wurden in die-sem Jahr Veranstaltungen zum Thema Finanzkrise,zur europischen Energiepolitik sowie zur EU-Migrationspolitik durchgefhrt. In Kooperation mitdem Dialogprogramm Brssel und dem RegionalbroMSOE der Friedrich-Naumann-Stiftung fr die Frei-heit wurden drei Einfhrungsseminare zur Funkti-ons- und Arbeitsweise der EU-Institutionen und denEU-Entscheidungsprozessen durchgefhrt; diese

    Veranstaltungen, an denen rund neunzig Teilnehmeraus ganz Europa teil- nahmen, trugen zur weiterenStrkung europischer liberaler Netzwerke bei.

    In der zweiten Jahreshlfte 2009 werden unter an-derem Manahmen zur Entwicklung von Fhrungs-kompetenzen (Summer School), zur Erfolgsgeschich-te des Euro, zur sozialen Mobilitt in Europa undSkularisierung Europas angeboten. Mit dem Libera-len Institut der Friedrich-Naumann-Stiftung wirdzudem eine internationale Konferenz zum ThemaEigentumsschutz in Mittel-, Ost- und Sdosteuropaveranstaltet.

    Vorrangiges Ziel des European Liberal Forum (elf)ist es, aktuelle europapolitische Entwicklungen zubeobachten und zu analysieren. Das Netzwerk trgtmit politischen Bildungsveranstaltungen, Studienund Publikationen zum Austausch liberaler Organi-sationen und zur Formulierung liberaler Standpunk-te in Europa bei. Es frdert darber hinaus insbe-sondere die Zusammenarbeit seiner Mitglieder mitder ELDR Partei, der ALDE-Fraktion im EuropischenParlament sowie mit Liberal International und an-deren fhrenden liberalen Organisationen.

    Derzeit umfasst das European Liberal Forum 23Mitgliedsorganisationen aus 14 Lndern. Es ist inzwei Gremien untergliedert: Der Generalversamm-lung, der alle Mitglieder angehren, und dem Vor-stand, der sich aus dem Prsidenten AlexanderGraf Lambsdorff MdEP, der Vizeprsidentin Anne-

    mie Neyts-Uyttebroeck MdEP und dem Schatz-meister Thierry Coosemans (Centre Jean Gol, Bel-gien) zusammensetzt. Geschftsfhrerin ist Susan-ne Hartig, zuvor Leiterin Programme im BrsselerBro der Friedrich-Naumann-Stiftung fr die Frei-heit.

    elf finanziert sich aus Mitteln des EuropischenParlaments sowie aus Mitgliedsbeitrgen.

    European Network of Political Foundations (ENoP)

    Da es bislang weder eine Zusammenarbeit mit poli-tischen Stiftungen auf genuin europischer Ebene,noch eine Koordinations- und Dialogplattform dereuropischen, politischen Stiftungen untereinandergab, wurde 2006 ENoP ins Leben. Das Netzwerkzhlt heute bereits 57 Mitgliedsorganisationen aus24 EU-Mit-gliedsstaaten und EU-Beitrittskandi-

    datenlndern. Mehr unter: www.enop.eu

    http://www.enop.eu/http://www.enop.eu/
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    FNF International NewsFokus Europa

    elf Spring Academy

    First elf Spring Academy Europe in Practice, Brussels, 20-21 March 2009

    Europe is often said to be too theoretical, too abstract, too much about statistics. No symbols, no faces, no identifi-cation. A bureaucratic apparatus far away from its citizens. Time to change this erroneous perception thought theEuropean Liberal Forum (elf), the liberal political foundation on European level. Supported by the European LiberalDemocrats(ELDR) and the Friedrich Naumann Foundation for Freedom(FNF), elf organised the first Spring Academyin Brussels.

    Dr. Jrgen D. Wickert (FNF), Susanne Hartig (Executive Directorelf), Alexander Graf Lambsdorff (MEP), Frederica Sabbati (Secre-

    tary General ELDR), Dr. Stefan Melnik

    What do energy-saving lamps, the emergency phonenumber 112 or food labelling have in common? All threeof them are EU "inventions" that have a direct impact on

    EU citizens in every member state. Many other examplescan be named: The Euro a stable, convenient and com-parable currency. The European Single Market customfree, competitive and reason for lower prices. The Schen-gen Agreement boarder crossing without passport con-trols, even in non EU-countries. Cohesion funds, Erasmusscholarships, consumer protection Europeans profitfrom the EU economically, culturally and socially.

    The elf Spring Academy aimed at providing a practicalinsight on EU policy making for nearly 40 journalists,

    politicians, entrepreneurs and other liberal stakeholdersfrom all over Europe. The two-day event sought to dis-cuss liberal arguments with view to the upcoming elec-tions for the European Parliament (EP), but also to fosternetworks among the participants themselves and to getthem in touch with high European-level representativessuch as Alexander Graf Lambsdorff, MEP and President ofelf, Annemarie Neyts-Uytebroeck, MEP and President ofthe ELDR, and Dr. Jrgen D. Wickert, Director of the In-ternational Political Dialogue of FNF in Brussels.

    Alexander Beels, Secretary General of the ALDE group inthe European Parliament (EP) discussed with the audi-ence the achievements of the Liberals in the EuropeanParliament within the last legislative period. The intro-duction of the Blue Card for skilled immigrants and thelimitation of roaming charges are "success stories of usLiberals". Violations of civil liberties and personal free-dom be at via 'naked scans' or data collection on flightscould only be prevented because "for every majority thevotes of the Liberals are needed", explained Beels.

    An informative session on European economic and monetary policies was held by Kai Lcke, lecturer at France's

    top university Science Po in Paris. Annemarie Neyts-Uytebroeck, Member of the European Parliamnet andPresident of the ELDR, and Horst Meierhofer, MP for theFDP in the German Bundestag, spoke about climatechange and energy security. "ELDR unanimously decidedto stick to the ambitious climate aims even in thesetimes of crisis", stressed Neyts-Uytebroeck. She also un-derlined the importance to continue working on newsources of energy. According to Meierhofer, environ-

    metal laws belong to Europes best successes, and it tookmany years to implement some environmental spiritthroughout Europe.

    In perspectives of the European elections Dr. Stefan Mel-nik, a consultant for FNF, outlined a SWOT-analyses ofliberal politics. "In terms of the economical crisis wemust respond to the concerned people in a more sensi-tive way than by simply saying: 'Markets still work. Theywill even make the next Generation better off'. "Shrink-ing our shoulders is not enough", warned Melnik. "Butwe must also stick to our liberal principles more de-regulation, less state interference and no rescue plans."

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    Hans-Dietrich Genscher in Brssel

    "Ein europisches Deutschland, kein deutsches Europa"Hans-Dietrich Genscher in Brssel: 20 Jahre Mauerfall 5 Jahre EU-Osterweiterung

    Hans-Dietrich Genscher

    "Wir sind das Volk" riefen die mutigen Brger der DDR vor 20 Jahren auf derersten Montagsdemonstration in Leipzig. Spter hie es aus einem wachsen-den Chor im ganzen Land: "Wir sind einVolk". Die deutsche Wiedervereini-gung nahm ihren Lauf. Am 17. Mrz 2009 erinnerte Hans-Dietrich Genscherim Brsseler Palais des Acadmies im Rahmen der zweitgigen Gedenkver-anstaltung Gespalten vereint gemeinsam erstarkt: Zwanzig Jahre Mauer-fall Fnf Jahre EU-Osterweiterung an eines der stolzesten Ereignisse deut-

    scher und europischer Geschichte.

    2009 ist das Jahr der groen Jubilen. Aus deutscherund europischer Sicht sticht jedoch ein Ereignis her-aus: Vor 20 Jahren begann mit dem Fall der Mauer dasEnde der Teilung einer Nation, die zuvor 40 Jahre durchStacheldraht, Selbstschussanlagen und Todesstreifengetrennt gewesen war. Und es war nicht nur das Endeder Teilung einer Nation, sondern das Ende der Teilungeines ganzen Kontinents. Dass sich 2009 auch die Auf-nahme acht sd- und osteuropischer Staaten in dieEuropische Union jhrt, zeigt das Nachwirken des Jah-res 1989 bis heute.

    Aus diesem Anlass luden die Landesvertretung Hessen,die Konrad-Adenauer-Stiftung, die hessische Partnerre-gion in Polen Wielkopolska und die Friedrich-Naumann-Stiftung fr die Freiheit zu einem Symposi-um in Brssel ein. Tageschausprecherin Susanne Daub-ner befragte Gegner und Leittragende des DDR-

    Regimes, unter ihnen Jutta Fleck, die "Frau vom Check-point Charlie", die Brgerrechtlerin Vera Lengsfeld, undlie das Publikum auf diese Weise an den ganz persn-lichen Erinnerungen und Erlebnissen von Zeitzeugenteilhaben. Hessens Ministerprsident Roland Koch(CDU) und der hessische Justizminister Jrg-Uwe Hahn(FDP) sowie Dr. Peter R. Weilemann, Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Brssel gaben sich die Ehre. DenHhepunkt der Veranstaltung stellte der Vortrag vonBundesminister a. D. Hans-Dietrich Genscher dar. Auchdas groe Interesse des Brsseler Publikums zeigte: Die

    Tragweite dieses Jubilums berstieg das Gewhnliche.Dieses Ereignis war etwas Besonderes. Trotz simultaner

    Videobertragung im Nebenraum, drngten sich ber400 Teilnehmer im Hauptsaal des Palais des Acadmiesim Herzen Brssels. Botschafter neben Stagiaires, Par-lamentarier neben Lobbyisten, Banker neben Men-schenrechtlern.

    Hans-Dietrich Genscher brachte die Bedeutung des

    Mauerfalls fr Deutschland und Europa auf den Punkt:"Am 9. November 1989 war ich stolz auf meine Lands-leute." Fr jemanden seiner Generation, dem noch dieKonsequenzen bersteigerten Nationalstolzes in Erin-nerung sind, falle es nicht leicht so etwas zu sagen.Aber ausgerechnet die deutsche Bevlkerung, die dienationalsozialistische Diktatur in weiten Teilen mitge-tragen hatte, schaffte es nun, die zweite Diktatur aufdeutschem Boden friedlich und aus eigenem Willen undeigener Kraft zu berwinden. Dass selbst die europi-schen Nachbarn dies nicht von Deutschland erwartet

    htten, illustrierte der Ausspruch des damaligen Kom-missionsprsidenten Jacques Delors:

    "Das htten wir Euch Deutschen gar nicht zugetraut"

    Mit Brssel habe man den richtigen Ort gewhlt, umdas Jubilum des Mauerfalls zu begehen, so Genscher."Denn die Wiedervereinigung ist nicht nur ein deut-sches, sondern auch ein europisches Ereignis." Beson-ders im Hinblick auf das Zusammenwachsen Europasdurch die EU-Osterweiterung werde dies greifbar.

    Bronisaw Geremek, liberaler Europer und sptererpolnischer Auenminister, erkannte bereits 1989 den

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    Hans-Dietrich Genscher in Brssel

    Hans-Dietrich Genscher

    europischen Kontext der Ereignisse, erklrte Genscher."Wenn Deutschland wiedervereinigt ist, grenzt Polen andie EG und NATO." Geremek wusste um den friedlichenund demokratischen Charakter der vergrerten Bundes-republik und sah die Chancen fr Osteuropa.

    Sechs Jahre Mahnwachen, Petitionen und Hunger-

    streiks

    Dass der Jahrestag des Mauerfalls jedoch auch ein Mo-ment des Gedenkens fr die ist, die unter dem SED-Regime litten oder gar starben, rief eine von SusanneDaubner moderierte Gesprchsrunde ins Gedchtnis. Jut-ta Fleck, bekannt geworden als die "Frau vom CheckpointCharlie", schilderte bewegend den Kampf um ihre beidenTchter, die nach einem misslungenen Fluchtversuchstaatlicher anstelle mtterlicher Frsorge unterstelltwurden.

    Fr den Versuch ihre Kinder in Freiheit grozuziehen,verlor Jutta Fleck nicht nur fr lange Zeit ihre Tchter.Sie verbrachte auch 22 Monate in Haft. Eine Groraum-zelle mit 20 Mithftlingen, eine Toilette und Trinkrinnenfr Vieh zum Zhneputzen und Waschen. "OrdinrenKriminellen erging es wesentlich besser als uns, den poli-tischen Gefangenen." Nach dem Freikauf durch die Bun-desrepublik folgten Jahre des aufopferungsvollen Einsat-zes. Fleck trat in den Hungerstreik, besuchte Papst Jo-hannes Paul II., kettete sich whrend der KSZE-Konferenzin Helsinki an, appellierte 1986 bei einer offiziellen Ge-denkveranstaltung im Reichstag unaufgefordert an Hel-mut Kohl und Willy Brandt. Erst nach sechs Jahren dererzwungenen Trennung durch das SED-Regime konnten

    Mutter und Tchter sich wieder in die Arme schlieen."Herr Genscher, ich mchte Ihnen noch einmal fr Ihrpersnliches Engagement danken", sagte die heute inHessen lebende Dresdnerin.

    Auch Vera Lengsfeld musste als Brgerrechtlerin in derDDR mit Repressalien leben trotz systemtreuer Familie.Ihr Vater war Major der NVA. Auf einer offiziellen KarlLiebknecht und Rosa Luxemburg Demonstration, an dersie mit eigenem Plakat teilnahm, wurde sie festgenom-men. Es folgte ein Monat Gefngnis. Das Plakat trug die

    Aufschrift: Die Persnlichkeit und Freiheit jedes Brgers

    sind unantastbar es war der 30. Artikel der Ver-fassung der DDR. Die Erfahrungen der heutigen Trge-rin des Bundesverdienstkreuzes mit dem scheinheiligenUmgang der SED-Diktatur mit Begriffen wie 'Gleich-

    heit' oder 'Gerechtigkeit' spiegelt sich in ihrem Le-bensmotto wieder: "Freiheit und Fairness statt Gleich-heit und Gerechtigkeit." Es scheint daher wie ein Winkdes Schicksals, dass es Vera Lengsfeld damals bereitsaus der DDR ausgewiesen mglich war, den Fall derMauer auf ganz besondere Art und Weise zu erleben:In Ostberlin. Durch einen Zufall kehrte sie am Morgendes 9. November 1989 ber eine U-Bahnstation in dieDDR zurck. Grenzbeamten wollten sie erst gar nichteinreisen lassen. Am Abend konnte sie an der Born-

    holmer Strae nach Westen spazieren.

    20 Jahre nach dem Fall der Mauer sind noch nicht alleWunden verheilt, die 40 Jahre deutsch-deutsche Tei-lung verursacht haben. Manche Narben werden viel-leicht noch lange sichtbar bleiben. Der friedliche Zu-sammenschluss der ehemaligen deutschen Staaten warnur mglich, weil die damaligen Staaten der Europi-schen Union und ganz wichtig die VereinigtenStaaten von Amerika in diesem Prozess eine beson-dere Vorraussetzung fr das Entstehen eines ganzenEuropas gesehen haben und dafr eingestanden sind.

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    Neuerscheinungen

    Ausgewhlte Neuerscheinungen

    a) Bcher

    Dr. Detmar Doering,Dr. Silvana Koch-Mehrin (Hg.): Fr ein Europa der Freiheit

    In dem Buch Fr ein Europa der Freiheit werden Fragen zu den Qualittsbedingun-gen und den Qualittsaussichten der europischen Ordnung aufgeworfen und ausliberaler Sicht beantwortet. Es enthlt Beitrge von Peter Bernholz, Universitt Ba-sel, Francisco Cabrillo, Universitt Complutense, Madrid, Sean Fitzpatrick, Beraterder Regionalregierung Madrid, Christian Kirchner, Humboldt-Universitt zu Berlin,Silvana Koch-Mehrin und Roland Vaubel, Universitt Mannheim.

    http://www.freiheit.org/files/152/290278_Europabuch_web_de.pdf

    How to do it: Lessons from successful liberal reforms in Central and Eastern Europe

    To spread liberal ideas and concepts through all areas of politics is one of our Foun-dation's major goals. This publication provides you with a return flow of innovationsand liberal reform concepts. Success stories written by partners in the CEE regiondemonstrate that the liberal course can overcome ideologically and politically basedresistance.

    http://www.freiheit.org/files/537/Reforms_in_CEE_2008_low_1.pdf

    order a free hard copies from: [email protected]

    Alexander Graf Lambsdorff, Karin Resetarits (Hg.). Grenzgnge - Reden ber Europa

    Bedeutet ein Europa ohne Grenzen wirklich mehr Freiheit fr den Einzelnen? ZwlfStreitgesprche mit Hans-Dietrich Genscher, Friedrich Merz, Juli Zeh, Wolfgang Huber,Henryk M. Broder, Pascale Hugues, Daniel Cohn-Bendit, Gottfried Langenstein, SeyranAtes, Kristiina Ojuland, Abt Gregor Ulrich Henckel Donnersmarck und Neelie Kroes.

    ISBN 978-3-351-02704-9

    George Herbert: The Treaty of Lisbon - a Threat to FederalismFNF Occasional Paper 54

    George Herbert from St. Peter's College, Oxford University, describes the implications ofLisbon for federalism in Europe. He is of the opinion that it will not come to an EU that iits organisation, as the people in the individual countries will insist on maintaining theirereignty.

    http://www.freiheit.org/files/152/54_Herbert.pdf

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    http://www.freiheit.org/files/152/290278_Europabuch_web_de.pdfhttp://www.freiheit.org/files/537/Reforms_in_CEE_2008_low_1.pdfmailto:[email protected]://www.freiheit.org/files/152/54_Herbert.pdfhttp://www.freiheit.org/files/152/54_Herbert.pdfmailto:[email protected]://www.freiheit.org/files/537/Reforms_in_CEE_2008_low_1.pdfhttp://www.freiheit.org/files/152/290278_Europabuch_web_de.pdf
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    b) Online-Papiere aus dem Berich Internationale Politik

    Politische Berichte aus aktuellem Anlass

    - N 47/09 Irak: US-Truppenabzug aus Iraks Stdten Gemischte Gefhle auf dem Wegin die volle Souvernitt

    - N 46/09 Honduras: Die Legende vom Militrputsch in Honduras dient vor allem Mel Zelay - N 45/09 Argentinien: Auf die Pltze fertig los

    - N 44/09 Mel Zelaya Mehr Tter als Opfer- N 43/09 Birma: Aung San Suu Kyi vor Gericht

    Download unter: http://www.freiheit.org/webcom/show_article.php/_c-415/i.html

    Policy Papers der Regionen

    - Europische Institutionen und Nordamerika- Lateinamerika- Mittelmeerraum- Mittel-, Sdost- und Osteuropa, Sdkaukasus und Zentralasien- Sdost- und Ostasien- Subsahara Afrika- Sdasien

    Download unter: http://www.freiheit.org/webcom/show_article.php/_c-413/i.html

    Hintergrundpapiere

    - Nr. 08/2009: Das indonesische Superwahljahr 2009- Nr. 07/2009: Leidenschaftlich kompliziert - Polit-Tango Argentino- Nr. 06/2009: Die Tamilenproblematik in Sdasien II: Wahlen in Indien, Brgerkrieg in

    Sri Lanka: Politik im Krftedreieck Delhi Chennai Colombo- Nr. 05/2009: Opportunismus und 'Kontinuismus' - Der Prsident von Honduras

    missachtet die Verfassung und seine Liberale Partei

    Download unter: http://www.freiheit.org/webcom/show_article.php/_c-414/i.html

    IMPRESSUM

    HerausgeberFriedrich-Naumann-Stiftung fr die Freiheit Redaktion:Bereich Internationale Politik Denise Dittrich, Dr. Gabriele ReitmeierReferat Politikberatung und Internationale Politikanalyse

    Autoren:Karl-Marx-Str. 2 Dr. Heike Drrenbcher, Ulrich Niemann,14482 Potsdam-Babelsberg Regina Hartig, Paul Seelentag

    Telefon: +49(331) 7019-117Fax: +49(331) 7019-133 E-Mail: [email protected]

    Weitere Publikationen aus den Bereich Internationale Politik der Friedrich-Naumann-Stiftung fr die Freiheit

    http://www.freiheit.org/webcom/show_article.php/_c-415/i.htmlhttp://www.freiheit.org/webcom/show_article.php/_c-413/i.htmlhttp://www.freiheit.org/webcom/show_article.php/_c-414/i.htmlmailto:[email protected]:[email protected]://www.freiheit.org/webcom/show_article.php/_c-414/i.htmlhttp://www.freiheit.org/webcom/show_article.php/_c-413/i.htmlhttp://www.freiheit.org/webcom/show_article.php/_c-415/i.html