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V an der Wal ist Anatom und Em- bryologe. Auf dem Kongress be- zeichnete er sich selbst als „Gross Anatomist“, als makroskopischer Anatom, ein Dinosaurier in einer Welt, die fast nur noch von Zytoskeletten, Fibroblasten, Fi- lamenten, extrazellulärer Matrix usw. spricht. Als Anatom interessiert ihn noch das große Ganze, der Zusammenhang. Das Zusammenhängende und Trennen- de sind die beiden Funktionen, die er mit Bezug auf Blechschmidt auch immer wie- der als die funktionellen Grundprinzipien des Bindegewebes benennt. Funktionel- le Anatomie des Binde- und Muskelge- webes zu betreiben war damals das Pro- jekt der Maastrichter Anatomen und ist noch immer, neben der Embryologie, sei- ne Leidenschaft. Diese schließt eine Kritik an der die funktionellen Zusammenhänge zerschneidenden und deswegen einseiti- gen Anatomie ein. Van der Wal und an- dere Anatomen, wie sein Lehrmeister Jan Drukker und sein Kollege Henk van Ma- meren, verweisen immer wieder darauf, dass die anatomischen Bilder in unseren heutigen Büchern Artefakte einer weg- schneidenden Präparationstechnik sind. Durch Wegpräparieren des Bindegewebes entstehen falsche Vorstellungen: Dass al- le Muskeln über Sehnen am Knochen an- setzen, obwohl sie oft über bindegewe- bige (Faszien-)Systeme ihre Kraft auf den Knochen übertragen. Auch die Annahme, dass Ligamente als passive Kräfte über- tragende Strukturen den aktiven oder dynamische Kräfte übertragenden Mus- keln und Sehnen parallel geschaltet sind, ist vielerorts nicht korrekt. Erst in der Se- rienschaltung von Muskeln, Sehnen und Faszien wird Kraftübertragung funkti- onell verständlich. Van der Wal betont, dass Ligamente (im isoliertem Sinn wie die Kreuzbänder) eher die Ausnahmen als die Regel sind. Woher kommt diese Schlussfolgerung? Anstatt durch Wegschneiden des Binde- gewebes einzelne Strukturen wie Mus- keln oder Ligamente herauszuarbeiten, gingen van der Wal und seine Kollegen einen anderen Weg, der im Hinblick auf das heutige Interesse an Faszien rich- tungsweisend sein könnte. Sie versuch- ten in einer Art alternativen oder komple- mentären, die funktionelle Organisation und Interaktion der Gewebe konservie- renden Dissektionsweise, die Architektur der Kontinuität von Binde- und Muskel- gewebe darzustellen. Van der Wal konn- te zeigen, dass dem Bindegewebe pro- priozeptive Funktion zukommt. Wir baten Jaap van der Wal, diese für die osteopathi- sche Praxis wichtige Funktion, genauer zu beschreiben. Sie sprechen von den Faszien als „pro- priozeptivem Gerüst“. Wie kamen Sie dazu? Van der Wal: Dass Faszien im engeren Sinne und das Bindegewebskontinuum im Körper im Allgemeinen sensibel inner- viert sind, daran gibt es keinen Zweifel. Das ganze Spektrum sensibler Nervenendigun- gen, Nozizeptoren und Mechanorezeptoren ist hier präsent; je nach Faszie ist das sehr unterschiedlich, aber die sensible Innerva- Faszien: Anatomie, Propriozeption, Mediation Ein Gespräch mit Jaap van der Wal Peter Wührl hat sich mit Jaap van der Wal (Privatdozent für Anatomie und Embryologie an der Universität Maas- tricht in den Niederlanden) auf dem Amsterdamer Faszienkongress über dessen Forschungsarbeiten zur mecha- nischen und propriozeptiven Funktion der Architektur des faszialen Bindege- webes unterhalten. Van der Wal stell- te dort in einer Key Note Lecture die Ergebnisse seiner Promotionsarbeit aus dem Jahr 1988 vor, ein recht unge- wöhnlicher Vorgang in einem so auf aktuelle Forschung fixierten Rahmen. Der Grund: van der Wal wechselte nach der Verteidigung seiner Promotions- arbeit – in Holland entspricht das der Habilitation – an eine andere Universi- tät. So blieb seine Arbeit über Jahre in der Schublade liegen, um jetzt endlich in einem Peer Review Journal veröffent- licht zu werden [1]. Focus Heruntergeladen von: Peter Wührl. Urheberrechtlich geschützt.

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24 DO · Deutsche Zeitschrift für Osteopathie, 1/2010; Hippokrates Verlag

Va n der Wal ist Anatom und Em-bryologe. Auf dem Kongress be-zeichnete er sich selbst als „Gross

Anatomist“, als makroskopischer Anatom, ein Dinosaurier in einer Welt, die fast nur noch von Zytoskeletten, Fibroblasten, Fi-lamenten, extrazellulärer Matrix usw. spricht. Als Anatom interessiert ihn noch

das große Ganze, der Zusammenhang. Das Zusammenhängende und Trennen-de sind die beiden Funktionen, die er mit Bezug auf Blechschmidt auch immer wie-der als die funktionellen Grundprinzipien des Bindegewebes benennt. Funktionel-le Anatomie des Binde- und Muskelge-webes zu betreiben war damals das Pro-jekt der Maastrichter Anatomen und ist noch immer, neben der Embryologie, sei-ne Leidenschaft. Diese schließt eine Kritik an der die funktionellen Zusammenhänge zerschneidenden und deswegen einseiti-gen Anatomie ein. Van der Wal und an-dere Anatomen, wie sein Lehrmeister Jan Drukker und sein Kollege Henk van Ma-meren, verweisen immer wieder da rauf, dass die anatomischen Bilder in unseren heutigen Büchern Artefakte einer weg-schneidenden Präparationstechnik sind. Durch Wegpräparieren des Bindegewebes entstehen falsche Vorstellungen: Dass al-le Muskeln über Sehnen am Knochen an-setzen, obwohl sie oft über bindegewe-bige (Faszien-)Systeme ihre Kraft auf den Knochen übertragen. Auch die Annahme, dass Ligamente als passive Kräfte über-tragende Strukturen den aktiven oder dynamische Kräfte übertragenden Mus-keln und Sehnen parallel geschaltet sind, ist vielerorts nicht korrekt. Erst in der Se-rienschaltung von Muskeln, Sehnen und Faszien wird Kraftübertragung funkti-onell verständlich. Van der Wal betont,

dass Ligamente (im isoliertem Sinn wie die Kreuzbänder) eher die Ausnahmen als die Regel sind. Woher kommt diese Schlussfolgerung? Anstatt durch Wegschneiden des Binde-gewebes einzelne Strukturen wie Mus-keln oder Ligamente herauszuarbeiten, gingen van der Wal und seine Kollegen einen anderen Weg, der im Hinblick auf das heutige Interesse an Faszien rich-tungsweisend sein könnte. Sie versuch-ten in einer Art alternativen oder komple-mentären, die funktionelle Organisation und Interaktion der Gewebe konservie-renden Dissektionsweise, die Architektur der Kontinuität von Binde- und Muskel-gewebe darzustellen. Van der Wal konn-te zeigen, dass dem Bindegewebe pro - priozeptive Funktion zukommt. Wir baten Jaap van der Wal, diese für die osteopathi-sche Praxis wichtige Funktion, genauer zu beschreiben.

Sie sprechen von den Faszien als „pro-priozeptivem Gerüst“. Wie kamen Sie dazu?Van der Wal: Dass Faszien im engeren Sinne und das Bindegewebskontinuum im Körper im Allgemeinen sensibel inner-viert sind, daran gibt es keinen Zweifel. Das ganze Spektrum sensibler Nervenendigun-gen, Nozizeptoren und Mechanorezeptoren ist hier präsent; je nach Faszie ist das sehr unterschiedlich, aber die sensible Innerva-

Faszien: Anatomie, Propriozeption, MediationEin Gespräch mit Jaap van der Wal

Peter Wührl hat sich mit Jaap van der Wal (Privatdozent für Anatomie und Embryologie an der Universität Maas-tricht in den Niederlanden) auf dem Amsterdamer Faszienkongress über dessen Forschungsarbeiten zur mecha-nischen und propriozeptiven Funktion der Architektur des faszialen Bindege-webes unterhalten. Van der Wal stell-te dort in einer Key Note Lecture die Ergebnisse seiner Promotionsarbeit aus dem Jahr 1988 vor, ein recht unge-wöhnlicher Vorgang in einem so auf aktuelle Forschung fixierten Rahmen. Der Grund: van der Wal wechselte nach der Verteidigung seiner Promotions-arbeit – in Holland entspricht das der Habilitation – an eine andere Universi-tät. So blieb seine Arbeit über Jahre in der Schublade liegen, um jetzt endlich in einem Peer Review Journal veröffent-licht zu werden [1].

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tion ist unbestritten. Ich habe mich aber immer gefragt: Wie ist eine bestimmte Fas-zie in den Gesamtzusammenhang der Bin-degewebearchitektur eingefügt? Ist sie z. B. in Serie geschaltet und wenn ja, mit wel-chen Muskelpartien?In meiner Forschung kam ich dann zu einem für die heutige Anatomie recht ungewöhnlichen Schluss: Die Architektur des Binde- und Muskelgewebes ist für das Verständnis der Übertragung von Kräften wichtiger als die klassische anatomische Ordnung in Einzelstrukturen wie Muskeln und Bänder. In unseren Präparaten konnte ich zeigen, dass die übliche Klassifizierung dichter kollagener Bindegewebestruktu-ren nicht genügt, um die funktionelle Rolle dieser Strukturen in der Leitung der Kräfte und Züge zum Ausdruck zu bringen. Dazu kommt noch die räumliche Vertei-lung der Mechanorezeptoren (sog. Proprio - rezeptoren) in den Regionen des Bewe-gungsapparats. Die räumliche Organi-sation solcher Rezeptoren wird eher ver-ständlich, wenn man die architektonischen Verhältnisse betrachtet, anstatt Muskeln und Bänder als separate und parallel funk-tionierende Einheiten für Kraftübertra-gung anzusehen. Der Unterschied zwischen sog. Gelenkrezeptoren und Muskelrezepto-ren ist, funktionell betrachtet, künstlich. Untersuchungen in der Ellbogenregion bei der Ratte im Rahmen der oben erwähnten alternativen Dissektion, die in Maastricht entwickelt wurde, haben klar gezeigt, dass Mechanorezeptoren, auch die sog. Muskel-rezeptoren, im Zusammenhang mit Kräfte-beziehungen, also im Zusammenhang mit

der Architektur des Bindegewebes, lokali-siert sind. So konnte ich die propriozeptive Funktion der Faszien beschreiben; wichtig dabei ist aber, dass es sich um „Architek-tur“ handelt. Mechanorezeptoren sowie die Architektur des Muskel- und Bindegewe-bes sind notwendig für die Kodierung der Information zum zentralen Nervensystem als propriozeptive Information. Das bedeu-tet, dass die Kontinuität des faszialen Bin-degewebes nicht nur mechanisch-funkti-onell seine integrierende Bedeutung und Wirkung hat, sondern auch in der Steue-rung und Integration im Nervensystem.Auf der Konferenz wurden einige aktuelle Arbeiten vorgestellt, die Ihre Annahme, dass die Kräfte nicht vom Muskel über die Sehne am Knochen wirken, aufgreifen. Diese Arbeiten sind recht aufwendig. Ihre alternative Dis-sektion war viel simpler. Was hat Sie inspiriert? Van der Wal: In Maastricht haben wir unseren Studenten gezeigt, dass sie in den Dissektionen die Ligamente, die sie aus den Büchern kennen, nicht auffinden können. Sie „finden“ sie nur, wenn sie diese präpa-rierend herstellen. Wir haben dann auf das hingewiesen, was sie dabei wegschneiden, und gefragt, ob das Weggeschnittene mög-licherweise funktionelle Bedeutung hat. So habe ich schon früh meine Aufmerk-samkeit auf die funktionelle Architektur des Bindegewebes gelenkt. Auch wenn wir die gängigen Lehrbücher betrachten, wird offensichtlich, dass eine bestimmte anato-mische Struktur (z. B. der Muskel) als Refe-renz betrachtet wird und dass die Faszie als

eine Art sekundäre, unterstützende Hülle definiert wird. Mit dem Skalpell werden sie wegseziert oder zwei nebeneinander lie-gende Muskeln werden getrennt und von den Faszienschichten oder Scheidewän-den „gesäubert“. Auf diese Weise wird eine Kontinuität unterbrochen, die in vivo vor-handen ist.Aber ich bin ja auch Embryologe und daher weiß ich, dass das ursprüngliche Bin-degewebe des Körpers im Prinzip durch das embryonale Mesoderm repräsentiert wird. Es bildet die Matrix und die Umge-bung, in der sich die Organe und Struktu-ren des Körpers ausdifferenziert haben und infolgedessen eingebettet sind. Der deut-sche Embryologe Erich Blechschmidt hat vorgeschlagen, das Mesoderm als Keim-schicht von den anderen beiden Keim-blättern zu unterscheiden. Er bezeichnete das Mesoderm als eine Art „inneres Gewe-be“, er sprach daher von „Binnengewebe“. Funktionell und morphologisch steht dem Binnengewebe das Grenzgewebe (Epithel) gegenüber. Die meisten Derivate des sog. „Binnenge-webes“ sind histologisch betrachtet Binde-gewebe. „Binnengewebe“ könnte daher als undifferenziertes Bindegewebe bezeichnet werden, das aus drei Komponenten besteht: Zellen, Interzellularräume und Fasern. Diese zwischen Organen und Strukturen liegende Bindegewebsmatrix entwickelt sich je nach Lage unterschiedlich und hat eine unterschiedliche Wachstumsfunkti-on. Anstatt den deskriptiven histologischen Einteilungen zu folgen, wäre es besser, das Bindegewebe nach zwei Funktionsprinzipi-

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en zu unterteilen: Verbinden und Trennen, Zentralisieren und Peripherisieren, Verbin-den und Raum schaff en.Damit sprechen Sie ein Problem an, das sich während der Konferenz immer wieder stellte: Was meinen wir, wenn wir „Faszie“ sagen? Müssten wir unter-scheiden, ob wir von Bindegewebe oder Faszien reden? Bestimmt wiederum die Perspektive die Einteilung?Van der Wal: Ja, dieses Problem zeigt sich z. B. in den schwankenden und divergieren-den Klassifi kationen anatomischer und his-tologischer Lehrbücher zum Thema Binde-gewebe. Manche unterscheiden areolares oder loses Bindegewebe, das Organe und Epithel an ihrem Platz hält und eine Viel-zahl an Fasern, einschließlich Kollagen und Elastin enthält, von dichtem Bindegewebe, z. B. das dichte kollagene Bindegewebe der Ligamente und Sehnen. Von diesen Formen von Bindegewebe wird dann, dem gemein-samen embryonalen Ursprung folgend, das spezialisierte Bindegewebe unterschieden. Dieses besteht aus Knochen, Knorpel und Blut. Die ersten beiden werden als Stütz-bindegewebe klassifi ziert.Solche Klassifi kationen sind aber in ihren Kategorien nicht konsequent und basieren nicht auf funktionellen Kriterien. Auch im Hinblick auf die Faszien sind die Klassifi -kationen inkonsequent. Nach der Defi niti-on in Gray‘s Anatomy sind Faszien „Binde-gewebsmassen, die so groß sind, dass sie mit dem bloßen Auge sichtbar sind“. Es werden verschiedene Beispiele von Faszien aufgeführt: Faszien als Scheiden um Ner-ven und Gefäße; Faszien an der Oberfl äche von Muskeln und Organen und zwischen beweglichen Muskelanteilen. Dies bedeu-tet, dass Faszien als Hilfs- oder Begleitorga-ne betrachtet werden; das Kontinuum der funktionellen Vernetzung wird dabei nicht deutlich.Sie sprechen stattdessen von zwei Funktionen des Bindegewebes: „Bin-den“ und „Ent-binden“. Sie stellen es dar als zweifache Mediationsfunktion des Bindegewebes. Können Sie das bitte erläutern?Van der Wal: Funktionell können wir dif-ferenzieren zwischen Bindegewebe, das Raum für Bewegung schaff t, und Bindege-webe, das feste Verbindung herstellt. Einer-seits geht es um die Ausbildung des Inter-zellularraumes, z. B. bei der Bildung des Zöloms, der Körperhöhlen und der Gelenk-„Höhlen“, wo durch räumliche Trennung Bewegung möglich wird. Dies kann als die

funktionelle Tendenz des „Raum-Schaff ens“ betrachtet werden. Durch die Höhlenbil-dung wird der vergrößerte Interzellular-raum ausgekleidet und durch abschließen-des Epithel (bei Körperhöhlen spricht man von Mesothel) abgegrenzt. Im Hinblick auf die Aufrechterhaltung ihrer Funktion sind solche Epithelien mehr oder weniger von kontinuierlicher Bewegung abhängig. Dies kann beobachtet werden bei Faszien-schichten wie dem Peritoneum oder der Pleura, die miteinander verkleben, sobald die Bewegung der beteiligten Strukturen und Organe fehlt. Die sog. Körperhöhlen, wie die Bauchhöhle, fungieren also auch als eine Art Gelenkhöhle. Eigentlich ist die Bezeichnung Höhle dabei nicht ganz kor-rekt, denn die Bauchhöhle stellt – wie ein Synovialgelenk (Cavitas articularis) – eher eine Fissur (Spaltung) mit gleitender, schlüpfriger Funktion dar, als einen Hohl-raum wie die Mundhöhle. Daneben gibt es die Diff erenzierung in eine unmittelbare und feste Verbindung, d.h. eine Bindetendenz ist zu beobachten. Das kann die Bildung eines Bindungsmediums

mit Fasern sein, etwa bei gleichmäßig dich-ten Bindegewebsstrukturen wie Memb -ranen und Ligamenten oder mit interstiti-ellem Substrat oder Matrix wie die Syndes-mosen von kollagenem Bindegewebe in den Schädelnähten und das Knorpelgewebe. Für eine funktionelle Sicht des Bindegewe-bes sind beide Diff erenzierungsmöglich-keiten wichtig, Verbinden und Entbinden. Die propriozeptive Funktion der faszialen Architektur (zumindest im Bewegungs-apparat) zeigt zudem, dass die Architektur von Bindegewebe im Allgemeinen und von Faszien insbesondere nicht nur eine stabili-sierende, sondern auch eine steuernde und integrierende Qualität in sich trägt.Lieber Jaap van der Wal, herzlichen Dank für das Gespräch!

Peter Wührl

[1] Van der Wal J. The architecture of the connecti-

ve tissue in the musculoskeletal system – an often overlooked contributor to proprioception in the locomotor apparatus. Int J Ther Massage Bodyw 2009 [Im Druck]

Online zu fi nden unterhttp://dx.doi.org/10.1055/s-0029-1202913

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