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Folie 61 Bähr, S. 275 Wirtschaftsprivatrecht © J. Ehrig Beim Werkvertrag (§§ 631 bis 651 BGB) übernimmt der Unternehmer gegenüber dem Besteller eine bestimmte Werkleistung (= Herbeiführung bestimmten Erfolges) gegen Entgelt. Das Werk kann gegenständlich (z. B. Bauvertrag) oder geistig (z.B. Planung eines Architekten) sein, § 631 Abs. 2 BGB. Der Unternehmer hat das Werk frei von Sach- und Rechtsmängeln zu erstellen, §§ 631, 633 Abs. 1 BGB; keine höchstpersönliche Leistungspflicht. Zahlung des Werklohns, § 631 BGB Hinsichtlich der Höhe gilt § 612 BGB entsprechend, § 632 BGB; fällig erst mit Abnahme (§ 641 Abs. 1 BGB), wenn nicht Abschlagszahlungen, § 632 a BGB; Sicherung durch Pfandrecht (§ 647 BGB) oder Bauhand- werkersicherung (§§ 648, 648 a BGB). Abnahme, § 640 Abs. 1 BGB Der Werkvertrag I. Leistungspflichten Pflichten des Unternehmers Pflichten des Bestellers

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Bähr, S. 275 Wirtschaftsprivatrecht © J. Ehrig

Beim Werkvertrag (§§ 631 bis 651 BGB) übernimmt der Unternehmer gegenüber dem Besteller eine bestimmte Werkleistung (= Herbeiführung bestimmten Erfolges) gegen Entgelt. Das Werk kann gegenständlich (z. B. Bauvertrag) oder geistig (z.B. Planung eines Architekten) sein, § 631 Abs. 2 BGB. Der Unternehmer hat das Werk frei von Sach- und Rechtsmängeln zu erstellen, §§ 631, 633 Abs. 1 BGB; keine höchstpersönliche Leistungspflicht.

• Zahlung des Werklohns, § 631 BGB

Hinsichtlich der Höhe gilt § 612 BGB entsprechend, § 632 BGB; fällig erst mit Abnahme (§ 641 Abs. 1 BGB), wenn nicht Abschlagszahlungen, § 632 a BGB; Sicherung durch Pfandrecht (§ 647 BGB) oder Bauhand-werkersicherung (§§ 648, 648 a BGB).

• Abnahme, § 640 Abs. 1 BGB

Der Werkvertrag

I. Leistungspflichten

Pflichten des Unternehmers Pflichten des Bestellers

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Bähr, S. 275 Wirtschaftsprivatrecht © J. Ehrig

1. Eigenes Gewährleistungsrecht, §§

633 bis 639 BGB (siehe Folie 50). 2. Bei unterlassener Bestellermit-

wirkung: Kündigungs- und Ent-schädigungsrechte, §§ 642, 643 BGB.

3. Gefahrübergang, §§ 644, 645 BGB Bei Zerstörung des Werkes vor Abnahme Neuherstellung ohne zusätzliches Entgelt; bei zufälligem Untergang nach Abnahme oder infolge fehlerhafter Anweisung oder Materiallieferung des Bestellers Fortbestehen von Vergütungs-ansprüchen (Abweichung zu § 326 Abs. 1 BGB).

Regelmäßig erst mit Ausführung der Werkleistung, vorzeitig seitens 1. Unternehmer

Kündigung nur bei wichtigem Grund, §§ 314, 648 a Abs. 5, 643 BGB

2. Besteller a) Rücktritt bei Leistungsstörungen b) Freies Kündigungsrecht, § 649

BGB; aber: Fortbestand des Vergütungsanspruchs abzüglich ersparter Aufwendungen (ent-gangener Gewinn)

II. Besonderheiten bei den Leistungsstörungen

III. Beendigung

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Bähr, S. 280 Wirtschaftsprivatrecht © J. Ehrig

§ 651 BGB • Lieferung (aus Material des

Unternehmers) herzustellender Sachen • Anwendung von Kaufrecht, teilweise

Werkrecht, sofern nicht vertretbare Sachen (§ 91 BGB)

§§ 662 bis 674 BGB • unentgeltliche Geschäftsbesorgung für

einen anderen • Herausgabe des vom Beauftragten

Erlangten, § 667 BGB • Aufwendungsersatz, § 670 BGB

§§ 651 a bis k BGB Entgeltliche Reiseveran-staltung

§§ 652 bis 656 BGB Vermittlung / Nachweis von Vertragsabschluss-gelegenheit gegen Entgelt.

§§ 688 bis 700 BGB Entgeltliche oder unent-geltliche Obhut über hinterlegte Sachen

Sonstige Tätigkeitsverträge

Werklieferungsvertrag Auftrag

Reisevertrag Maklervertrag Verwahrung

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Bähr, S. 288 Wirtschaftsprivatrecht © J. Ehrig

§§ 765 bis 778 BGB

Verpflichtung, für die Erfüllung einer Hauptforderung einzustehen, § 765 BGB. Voraussetzungen: 1. Wirksamer Bürgschaftsvertrag

zwischen Gläubiger und Bürgen Schriftform, § 766 BGB (sofern kein

Handelsgeschäft, § 350 HGB). 2. Bestehende Hauptforderung

(Akzessorietät) 3. Keine Einreden Insbesondere: Einrede der Voraus-

klage, § 771 BGB (wenn nicht selbst-schuldnerisch, § 349 HGB).

§ 779 BGB Begründung selbständiger Rechtsgrund-lage bei unklarem Rechtsverhältnis durch gegenseitiges Nachgeben

§§ 780 bis 782 BGB Begründung selbstständiger Zahlungs-verpflichtung unabhängig vom zugrunde-liegenden Sachverhalt (z. B. Schuldan-erkenntnis nach Verkehrsunfall); Schrift-form!

Verträge über Schuldsicherung/-bestärkung

Bürgschaft Vergleich

Schuldversprechen/-anerkenntnis

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Bähr, S. 309 Wirtschaftsprivatrecht © J. Ehrig

Das gesetzliche Schuldverhältnis der ungerechtfertigten Bereicherung (§§ 812 bis 822 BGB) regelt – anders als das Deliktsrecht – die Abschöpfung ungerechtfertigter Vermögensvorteile beim Anspruchsgegner. Ein Vermögensnachteil beim Anspruch-steller ist nicht erforderlich. Zu unterscheiden ist zwischen Leistungskondiktion (Rückabwicklung fehlgeschlagener Leistungsbeziehungen, insbesondere nichtiger Verträge) und Nichtleistungskondiktion (sonstige ungerechtfertigte Vermögensver-schiebungen, insbesondere durch Eingriffe in fremde Rechte).

Das Bereicherungsrecht

I. Voraussetzungen der Leistungskondiktion

Etwas erlangt durch Leistung ohne Rechtsgrund kein Ausschluss

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Bähr, S. 311 Wirtschaftsprivatrecht © J. Ehrig

1. Etwas erlangt Möglicher Gegenstand des Anspruches ist jeder Vermögensvorteil, z. B. Erwerb von Sachen/Rechten, Befreiung von Verbindlichkeiten, Gebrauchsvorteile, Dienstleistungen etc.

2. Durch Leistung Der Vermögensvorteil muss durch Leistung des Anspruchstellers an den Anspruchsgegner erworben worden sein. Leistungen durch Dritte reichen nicht aus. Leistung ist die bewusste und zweckgerichtete Vermögensmehrung.

3. Ohne rechtlichen Grund Der Vermögenserwerb erfolgt ohne rechtlichen Grund, wenn auf den Vermögensvorteil kein vertraglicher oder gesetzlicher Anspruch besteht. Hier Unterscheidung der verschiedenen Anspruchsgrundlagen: • § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB: Anfänglich fehlender Rechtsgrund • § 812 Abs. 1 Satz 2 Fall 1 BGB: Späterer Wegfall • Weitere Fälle: §§ 812 Abs. 1 S. 2 Fall 2, 813 (Leistung trotz Einrede), 817 Satz 1

BGB (sitten- oder gesetzeswidriger Leistungsempfang) 4. Kein Ausschluss

Keine Rückforderung, wenn der Leistende den fehlenden Rechtsgrund kannte (§ 814 BGB). Weitere Fälle: §§ 815, 817 Satz 2 BGB.

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Bähr, S. 312 Wirtschaftsprivatrecht © J. Ehrig

§ 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB

1. etwas erlangt 2. in sonstiger Weise auf Kosten des

Anspruchstellers Vermögenserwerb nicht durch Leistung, sondern durch Eingriffe in Rechte des Anspruchstellers (durch den Anspruchsgegner selbst, Dritte oder Naturereignisse), d. h. Erhalt eines nach der Rechtsordnung dem Anspruchsteller zugewiesenen Vermögensvorteils.

3. ohne rechtlichen Grund

§ 816 Abs. 1 BGB Ein Nichtberechtigter verfügt über einen fremden Gegenstand, den der Verfü-gungsempfänger gutgläubig erwirbt (z. B. § 932 BGB). Den Verfügungserlös hat der Nichtberechtigte sodann herauszugeben (Satz 1). Bei unentgeltlicher Verfügung muss der Verfügungsempfänger das Empfangene herausgeben (Satz 2). Ähnlicher Fall: § 822 BGB.

§ 816 Abs. 2 BGB Der Schuldner einer Forderung leistet in Unkenntnis deren Abtretung schuld-befreiend (§ 407 BGB) an den bisherigen Gläubiger. Dieser hat das Empfangene sodann an den neuen Gläubiger herauszugeben.

II. Voraussetzungen der Nichtleistungskondiktion

Eingriffskondiktion Sonderfälle

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Bähr, S. 315 Wirtschaftsprivatrecht © J. Ehrig

Das Erlangte ist in Natur herauszugeben; ebenso etwaige Nutzungen und Surrogate, § 818 Abs. 1 BGB. Ist die Herausgabe in Natur unmöglich (z. B. bei Verbrauch, Weiterveräußerung), ist der Wert des Erlangten zu ersetzen, § 818 Abs. 2 BGB. Voraussetzung: Das Erlangte ist weder in Natur noch seinem Wert nach im Empfängerver-mögen vorhanden (z. B. Beschädigung, Zerstörung, unentgeltliche Weitergabe). Rechtsfolge: Der Anspruch entfällt, soweit Empfänger entreichert, § 818 Abs. 3 BGB. Keine Berufung auf Entreicherung bei • §§ 818 Abs. 4, 819 Abs. 1 BGB:

Empfänger war bereits auf Herausgabe verklagt oder kannte sonst die Rechtsgrundlosigkeit seines Erwerbs.

• • Saldotheorie: Beim nichtigen gegensei-

tigen Vertrag ist nur eine Seite entrei- chert. Diese kann dann nicht Rückgabe des von ihr Geleisteten, sondern nur des Saldos zum selbst empfangenen (jetzt entfallenen) Gegenstand verlangen (beachte: keine Saldotheorie zu Gunsten arglistig Täuschender oder zu Lasten Minderjähriger!).

III. Rechtsfolgen von Bereicherungsansprüchen

1. Herausgabe

2. Wertersatz

3. Entreicherung

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Bähr, S. 318 Wirtschaftsprivatrecht © J. Ehrig

Die §§ 677 bis 687 BGB regeln die Rechtsfolgen einer Tätigkeit in fremdem Rechtskreis ohne zugrundeliegende Vereinbarung (Auftrag oder Dienstvertrag). Die Rechtsfolgen hängen zunächst davon ab, ob diese Tätigkeit fremdnützig ist (echte GoA) oder für den Handelnden selbst (unechte GoA; Eigengeschäftsführung) erfolgen soll.

1. Geschäftsbesorgung 2. Für einen anderen (Fremdgeschäfts-

führungswille) 3. Ohne Auftrag 4. Berechtigung

Trotz Fremdnützigkeit Privilegierung nur, wenn keine unberechtigte Einmischung in fremde Angelegen-heiten; die GoA ist berechtigt, wenn

a) § 683 Satz 1 BGB sie Interesse und Willen des Geschäftsherrn entspricht (entgegen-stehender Wille bei Pflichten im öffentlichen Interesse unerheblich, § 679 BGB) oder b) § 684 Satz 2 BGB Geschäftsherr die Geschäftsführung genehmigt.

Die Geschäftsführung ohne Auftrag

I. Echte GoA

Voraussetzungen

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Bähr, S. 318 Wirtschaftsprivatrecht © J. Ehrig

Gleichbehandlung mit den Fällen einer vertraglichen Beauftragung, d. h.: a) Pflicht zu ordnungsgemäßer

Geschäftsbesorgung, § 677 BGB; bei Pflichtverletzung Schadensersatz, § 280 BGB (bei Geschäftsführung zur Gefahrenabwehr nur bei grober Fahrlässigkeit, § 680 BGB).

b) Herausgabe des Erlangten, §§ 681 Satz 2, 667 BGB.

c) Ersatz der erforderlichen Aufwen-dungen, §§ 683, 670 BGB.

d) Ist die echte GoA unberechtigt, macht sich der dennoch handelnde Geschäftsführer gemäß § 678 BGB schadensersatzpflichtig. Im Übrigen gilt Bereicherungsrecht, § 684 Satz 1 BGB.

Rechtsfolgen

Berechtigte GoA Unberechtigte GoA

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Bähr, S. 320 Wirtschaftsprivatrecht © J. Ehrig

Fehlt dem Geschäftsführer bereits der Wille, fremdnützig zu handeln, wird er erst recht nicht privilegiert. Wer fremde Geschäfte irrtümlich als eigene führt, haftet nach den allgemeinen Vorschriften; die §§ 677 ff BGB sind nicht anwendbar (687 Abs. 1 BGB).

Wer vorsätzlich in einen fremden Rechtskreis eingreift, haftet für alle Folgen gemäß § 687 Abs. 2 BGB.

II. Unechte GoA

Irrtümliche Eigengeschäftsführung

Angemaßte Eigengeschäftsführung

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Bähr, S. 289 ff Wirtschaftsprivatrecht © J. Ehrig

Gegenstand des Deliktsrechtes (§§ 823 bis 853 BGB, ProdHaftG) ist der Ausgleich von Nachteilen, die der Geschädigte aufgrund eines Verhalten des Schädigers erlitten hat. Anders als im Bereicherungsrecht kommt es auf korrespondierende Vorteile auf Seiten des Schädigers nicht an. Zum Deliktsrecht gehören alle Schadensersatznormen, die – anders als das Leistungsstörungsrecht – kein bestehendes Schuldverhältnis zur Zeit der schädigenden Handlung voraussetzen. Die Verpflichtung zum Schadensersatz setzt grundsätzlich rechtswidriges und vom Geschädigten zu beweisendes schuldhaftes Handeln des Schädigers voraus. Hiervon existieren aber Ausnahmen:

Übersicht über die Anspruchsgrundlagen des Deliktsrechtes

Gefährdungs-haftung

Haftung für vermutetes

Verschulden

Haftung für zu beweisendes Verschulden

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Bähr, S. 289 ff Wirtschaftsprivatrecht © J. Ehrig

Gefährdungshaftung

In bestimmten Sondervor-schriften ordnet das Gesetz eine Haftung ohne Ver-schulden an. Die Haftung knüpft an der Schaffung einer Gefahrenquelle an, die zwar erlaubt ist, bei Verwirklichung der Gefahr aber ohne Verschulden zur Schadensersatzpflicht füh-ren muss. Beispiele: • § 7 StVG: Kfz-Halter • § 1 Abs. 1 ProdHaftG:

Produkthaftung • § 833 Abs. 1 BGB:

Tierhalter

Haftung für vermutetes Verschulden

Weitere besondere An-spruchsgrundlagen setzen zwar ein Verschulden voraus, dieses wird aber vermutet, so dass sich der Schädiger exculpieren muss (d. h. beweisen, dass ihn kein Verschulden trifft). Beispiele: • § 18 StVG: Kfz-Fahrer • § 831 BGB: Haftung für

den Verrichtungsgehilfen • § 832 BGB: Haftung des

Aufsichtspflichtigen • §§ 836 bis 838 BGB:

Haftung bei Gebäude-einsturz

Haftung für zu beweisendes Verschulden

Im Übrigen bleibt es beim oben genannten Regelfall. Wichtige Beispiele: • § 823 Abs. 1 BGB • § 823 Abs. 2 BGB • § 824 BGB • § 826 BGB

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Bähr, S. 292 Wirtschaftsprivatrecht © J. Ehrig

Bei allen Schadensersatznormen ist zwischen dem haftungsbegründenden Tatbestand (ist der Schädiger überhaupt ersatzpflichtig?) und dem haftungsausfüllenden Tatbestand (Art und Umfang des Schadensersatzes) zu unterscheiden. § 823 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass durch rechtswidrige und schuldhafte Handlung ein Rechtsgut des Geschädigten verletzt wurde und dies zu einem Schaden führte. Im Einzelnen: I. Rechtsgutverletzung 1. Benannte Rechte, insbesondere Eigentum (nur gegenwärtige konkrete

Eigentumsposition, nicht Vermögen im Ganzen oder künftige Erwerbsaussichten) 2. Sonstige Rechte

Alle Rechte, die wie die benannten Rechtspositionen absoluten Schutz genießen, insbesondere a) Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb

Geschützt ist das Unternehmen in allen seinen Ausstrahlungen (Produktionsabläufe, Know-how, Ruf), aber nur vor betriebsbezogenen (gezielten, nicht nur zufälligen) Eingriffen.

Der haftungsbegründende Tatbestand des § 823 Abs. 1 BGB

Rechtsguts-verletzung

Kausale Handlung

Rechts-widrigkeit

Verschulden

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Bähr, S. 292 Wirtschaftsprivatrecht © J. Ehrig

b) Allgemeines Persönlichkeitsrecht, Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG c) Sonstige dingliche Rechte, Anwartschaftsrecht, Besitz

II. Kausale Tathandlung Die Rechtsgutverletzung muss durch den Schädiger verursacht worden sein. 1. Erforderlich ist grundsätzlich kausales aktives Tun (zur Kausalitätsfeststellung siehe

Folie 69). Unterlassen reicht aus, wenn eine Rechtspflicht zum Handeln bestand, z.B. unterlassene Erfüllung von Verkehrssicherungspflichten bei gefährlichen Anlagen.

2. Der kausale Tatbeitrag ist grundsätzlich zu beweisen. Eine wechselseitige Zurechnung findet bei Mittätern, Anstiftern und Gehilfen statt (§§ 830 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB). Die Kausalität wird auch bei Nebentätern vermutet, wenn diese in zeitlich-örtlichem Zusammenhang handeln (§ 830 Abs. 1 Satz 2 BGB).

III. Rechtswidrigkeit Die Rechtswidrigkeit wird durch die Rechtsgutverletzung grundsätzlich indiziert, wenn kein Rechtfertigungsgrund als Ausnahme eingreift, z. B. 1. Notwehr/Nothilfe, § 227 BGB; Besitzwehr, §§ 859 Abs. 1, 860 BGB 2. Defensiver Notstand, § 228 BGB (beim aggressiven Notstand dagegen trotz

Rechtmäßigkeit Schadensatzpflicht, § 904 BGB) 3. Selbsthilferechte, §§ 229, 230, 859 Abs. 2, 3 BGB 4. Einwilligung (z. B. in fachgerechte Operation)

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Bähr, S. 292 Wirtschaftsprivatrecht © J. Ehrig

IV. Verschulden 1. Deliktsfähigkeit

Die Deliktsfähigkeit fehlt bei Unzurechnungsfähigkeit, § 827 BGB, bei Personen im Alter bis 7 Jahre (im Straßenverkehr bis 10 Jahre) sowie bei 7- bis 18-jährigen ohne die erforderliche Einsichtsfähigkeit, § 828 BGB (denkbar ist aber Haftung des Aufsichtspflichtigen, § 832 BGB).

2. Verschuldensmaß a) Vorsatz

Absichtliches oder wissentliches Handeln (dolus directus) oder billigende Inkaufnahme des als möglich erachteten Erfolges (dolus eventualis)

b) Fahrlässigkeit Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt, § 276 Abs. 2 BGB. Besondere Maßstäbe: • Grobe Fahrlässigkeit: Gravierender Sorgfaltsverstoß; Außerachtlassung

einfachster Sorgfaltserfordernisse • Eigenübliche Sorgfalt (§ 277 BGB): Beachtung der in eigenen Angelegenheiten

üblichen Sorgfalt, z. B. gemäß § 708 BGB (GbR) oder §§ 1359, 1664 BGB

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Bähr, S. 218, 295, 297, 303 Wirtschaftsprivatrecht © J. Ehrig

I. Schutzgesetz Ge-/Verbot, das nicht nur die Allgemein-heit, sondern auch individuelle Rechtsposi-tionen schützen soll, insbesondere StGB und Straßenverkehrsrecht II. Rechtwidriger und schuldhafter Verstoß I. Schädigung eines Dritten II. Vorsatz des Schädigers III. Sittenwidrigkeit

IV. Wer im eigenen wirtschaftlichen Interesse durch Einschaltung von Gehilfen die Ge-fahren für Dritte erhöht, hat für dadurch entstehende Schäden einzutreten, obwohl er nicht selbst gehandelt hat. Voraussetzung: I. Verrichtungsgehilfe Wer mit Wissen und Wollen für den Geschäftsherrn weisungsabhängig tätig ist. Bei Organen oder wesentlichen Vertretern juristischer Personen gilt dagegen gemäß §§ 31, 89 BGB eine direkte Zurechnung auf die juristische Person!

Voraussetzungen wichtiger deliktsrechtlicher Anspruchsgrundlagen

A. § 823 Abs. 2 BGB

B. § 826 BGB

C. § 831 BGB

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Bähr, S. 218, 295, 297, 303 Wirtschaftsprivatrecht © J. Ehrig

II. Unerlaubte Handlung des Ver-richtungsgehilfen Der Verrichtungsgehilfe muss einen Deliktstatbestand der §§ 823 bis 826 BGB verwirklichen (schuldhaftes Handeln ist nicht erforderlich). III. In Ausführung der Verrichtung IV. Keine Exculpation Die Ersatzpflicht tritt gemäß § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB ausnahmsweise nicht ein, wenn der Geschäftsherr beweist, dass er den Verrichtungsgehilfen sorgfältig aus-gewählt und überwacht hat.

I. Rechtsgutsverletzung An anderen Rechtsgütern als dem betroffenen, dem Privatverbrauch dienenden Produkt (§ 1 Abs. 1 S. 2) II. Durch den Fehler (§ 3) eines Produktes (§ 2) III. Anspruchsgegner ist Hersteller Hersteller ist der Produzent, EU-Impor-teur oder, bei fehlender Herstellerfeststel-lung, jedes Glied der Vertriebskette, § 4. IV. Kein Ausschluss, §§ 1 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und Abs. 3 ProdHaftG V. Umfang Spezifische Haftungsbeschränkungen in den §§ 7 bis 11 ProdHaftG, insbesondere bei Sachschäden Selbsteinbehalt. VI. Verjährung (§ 12); Zeitablauf (§ 13)

D. § 1 ProdHaftG

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Bähr, S. 218, 295, 297, 303 Wirtschaftsprivatrecht © J. Ehrig

I. Rechtsgutverletzung Körper, Gesundheit oder Sachbeschädigung II. Beim Betrieb eines Kfz

III. Anspruchsgegner ist Halter Halter ist, wer das Kfz auf eigene Rechnung im Gebrauch hat (nicht notwendig Eigentümer). IV. Kein Ausschluss 1. § 7 Abs. 2 StVG: Höhere Gewalt

Wegen der Gefährdungshaftung sind nur betriebsfremde Ereignisse maßgeblich, die auch bei äußerster Sorgfalt nicht erkennbar waren.

2. § 7 Abs. 3 StVG: Unberechtigte und

unverschuldete „Schwarzfahrt“ eines Dritten.

3. § 8 Nr. 3 StVG: Keine Haftung gegenüber beim Kfz-Betrieb tätigen Personen.

V. Umfang, §§ 10 bis 12 StVG Spezifische Haftungsbeschränkungen, die im Rahmen konkurrierender §§ 823 ff BGB aber irrelevant sind (§ 16 StVG).

E. § 7 StVG

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Bähr, S. 321 Wirtschaftsprivatrecht © J. Ehrig

Steht die Ersatzpflicht des Schädigers dem Grunde nach fest, ist im Rahmen des haftungsausfüllenden Tatbestandes zu prüfen, ob und in welchem Umfang ein Schaden entstanden und wie dieser zu ersetzen ist. Für alle Schadensersatzansprüche des Zivilrechtes enthalten die §§ 249 ff BGB sowie die ergänzenden Rechtsprechungsgrundsätze allgemeine Vorschriften über:

Die Rechtsfolgen von Schadensersatzansprüchen

I. Begriff und Arten des Schadens II. Bestimmung des Schadens III. Haftungsausfüllende Kausalität IV. Mitverschulden, § 254 BGB V. Art und Weise des Schadensersatzes

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Bähr, S. 321 Wirtschaftsprivatrecht © J. Ehrig

Als Schaden wird die Einbuße an Rechtsgütern des Geschädigten bezeichnet. Folgende Arten sind zu unterscheiden: 1. Materieller und immaterieller Schaden Als materieller Schaden (Vermögensschaden) wird die Minderung des Vermögens des Geschädigten durch Verminderung von Aktiva oder Vermehrung von Passiva, einschließlich Verhinderung künftigen Erwerbs (Lohnausfall, entgangener Gewinn, § 252 BGB) bezeichnet. Immaterielle Schäden sind dagegen Einbußen ohne (mittelbare) Vermögensfolgen. Diese werden nur in Natur (z. B. Richtigstellung ehrverletzender Äußerungen), nicht dagegen in Geld ersetzt, § 253 Abs. 1 BGB. Wichtige Ausnahme, insbesondere bei Körperverletzungen: Schmerzensgeld, § 253 Abs. 2 BGB: • Angemessene Entschädigung für erlittene Unbill sowie Genugtuung • Die Vorschrift gilt entsprechend für schwerwiegende Verletzungen des Allgemeinen

Persönlichkeitsrechtes.

Begriff und Arten des Schadens

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Bähr, S. 321 Wirtschaftsprivatrecht © J. Ehrig

2. Negatives und positives Interesse Als negatives Interesse (Vertrauensschaden) wird nur der Nachteil ersetzt, der durch das Vertrauen auf die Gültigkeit eines Rechtsgeschäftes entstanden ist (z. B. bei § 122 BGB). Der Geschädigte ist so zu stellen, als ob er das Rechtsgeschäft nie geschlossen hätte (in der Regel also kein entgangener Gewinn). Beim positiven Interesse (Schadensersatz statt der Leistung) ist der Geschädigte dagegen so zu stellen, als ob der Vertrag ordnungsgemäß erfüllt worden wäre, einschließlich entgangenen Gewinns (z. B. bei den §§ 281 bis 283 BGB). 3. Unmittelbare und mittelbare Schäden Als unmittelbare Schäden werden die Einbußen am geschützten Rechtsgut selbst bezeichnet, Beeinträchtigungen an anderen Rechtsgütern und dem sonstigen Vermögen des Geschädigten stellen dagegen mittelbare Schäden dar (z. B. Mangelfolgeschäden). 4. Drittschäden Ersetzt werden nur die Schäden der Person, zu deren Gunsten die Voraussetzungen der Schadensersatznorm vorliegen. Mittelbar geschädigte Dritte können nur in den Fällen des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte sowie der §§ 844 bis 846 BGB (Entzug einer Unterhaltsberechtigung durch Verletzung des Unterhaltsverpflichteten) Ersatz vom Schädiger verlangen.

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Bähr, S. 321 Wirtschaftsprivatrecht © J. Ehrig

Der Schaden wird durch die Differenzmethode ermittelt. Es wird der Vermögensbestand mit und ohne schädigendes Ereignis verglichen. Durch das Ereignis verursachte Vorteile sind schadensmindernd anzurechnen (Vorteilsausgleichung). Zwischen dem haftungsbegründenden Tatbestand und dem Schaden muss ein Kausalzusammenhang bestehen. Ermittlung: 1. Äquivalenztheorie (natürlicher Ursachenzusammenhang) Kausal ist jede Bedingung, die nicht hinweggedacht werden kann, ohne das der konkrete Erfolg entfiele (conditio sine qua non) 2. Einschränkungen (adäquater Ursachenzusammenhang) Die Äquivalenztheorie stellt nur den ersten Schritt der Kausalitätsermittlung dar. Auszuschließen sind ganz ungewöhnliche, unerwartbare Kausalverläufe außerhalb jeder Lebenswahrscheinlichkeit (allgemeines Lebensrisiko ohne Zusammenhang zum haftungsbegründenden Tatbestand).

Bestimmung des Schadens

Haftungsausfüllende Kausalität

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Bähr, S. 321 Wirtschaftsprivatrecht © J. Ehrig

3. Mittelbare Kausalität Eingriffe des Verletzten oder Dritter in den Kausalverlauf sind unerheblich, sofern die vom Schädiger gesetzte Bedingung noch fortwirkt, also keine völlig ungewöhnliche oder eigenmächtige Zwischenhandlung vorliegt. Mittelbare Kausalität insbesondere, wenn Schädiger zurechenbaren Anlass (Herausforderung) setzt und das Verhalten des Geschädigten verhältnismäßig und billigenswert ist (ggf. aber Mitverschulden). 4. Kausalität mehrerer Ein Schaden kann durch kausale Tatbeiträge mehrerer, nach- oder nebeneinander handelnder Personen verursacht werden. Gleiches gilt, wenn zwei Ursachen erst im gemeinsamen Zusammenwirken den Schaden herbeiführen (additive Kausalität). 5. Überholende (hypothetische) Kausalität Die Kausalität einer Bedingung wird grundsätzlich nicht dadurch aufgehoben, dass der selbe Schaden durch eine spätere (hypothetische) Ursache ebenfalls entstanden wäre (Beispiel: Ein anderer Schädiger hätte wenige Tage später das Rechtsgut ebenfalls verletzt). Ausnahme: Zur Zeit der Schädigung haftete dem Rechtsgut bereits eine spezifische Schadensanlage an, die sich kurze Zeit später realisiert hätte.

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Mitverschulden kann sich auf die Schadens-verursachung (§ 254 Abs. 1 BGB) oder auf die Schadensentwicklung (§ 254 Abs. 2 BGB: sogenannte Schadensmin-derungspflicht) beziehen. Für letztere reicht der fehlende Hinweis auf das Drohen eines besonders hohen Schadens aus.

Dem Mitverschulden des Geschädigten wird ein solches seiner Erfüllungs-gehilfen oder gesetzlichen Vertreter gleichgestellt, § 254 Abs. 2 Satz 2 BGB

Das Mitverschulden führt zur Reduzierung der Schadensersatzpflicht auf eine dem Maß der Mitverursachung ent-sprechende Quote, bei hohem Mitverschulden ggf. sogar zum gänzlichen Wegfall der Schadens-ersatzpflicht.

Mitverschulden, § 254 BGB

Definition Mitverschulden Dritter Rechtsfolgen

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Bähr, S. 321 Wirtschaftsprivatrecht © J. Ehrig

Nach der Ermittlung des entstandenen Schadens ist die Art des Ersatzes festzustellen. 1. Grundsatz: Naturalresitution Gemäß § 249 Abs. 1 BGB ist der Schaden grundsätzlich in Natur zu ersetzen (z. B. Reparatur des beschädigten Kfz, Widerruf der ehrverletzenden Äußerungen). 2. Geldersatz Praktisch bedeutsamer ist der gesetzliche Ausnahmefall des Geldersatzes: a) § 249 Abs. 2 BGB: Bei Personen- und Sachschäden kann der für die

Naturalrestitution erforderliche Betrag verlangt werden. b) § 251 BGB: Geldentschädigung bei unmöglicher, unzureichender oder

unverhältnismäßiger Naturalrestitution (z. B. merkantiler Minderwert des Unfallwagens).

c) § 252 BGB: entgangener Gewinn d) § 253 BGB: Kein Geldersatz bei immateriellen Nachteilen (Ausnahme:

Schmerzensgeld).

Art und Weise des Schadensersatzes

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Bähr, S. 339 Wirtschaftsprivatrecht © J. Ehrig

Das Sachenrecht (Drittes Buch, §§ 854 bis 1296 BGB) beschäftigt sich mit Rechtsbeziehungen zwischen Rechtssubjekten (Personen) und Rechtsobjekten (insbesondere Sachen). Diese Rechtsbeziehungen werden dingliche Rechte genannt.

Dingliche Rechte an beweglichen Sachen

Dingliche Rechte an Grundstücken

Ihrem Umfang nach können die dinglichen Rechte umfassend und begrenzt sein, d. h.:

Umfassende Herrschaftsbefugnis,

§ 903 BGB

Begrenzte Herrschaftsbefugnisse

Grundbegriffe des Sachenrechtes

I. Systematik

Fahrnisrecht Liegenschaftsrecht

Eigentum Beschränkt dingliche Rechte

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Bähr, S. 339 Wirtschaftsprivatrecht © J. Ehrig

Das Schuldrecht befasst sich demgegenüber mit Rechtsbeziehungen zwischen Rechtssubjekten. Wichtige Unterschiede:

Z. B. Übereignung

• Ausschließung Dritter (vgl. § 903 BGB)

• absolute Wirkung gegenüber jedermann • Typenzwang/numerus clausus • Erforderliche Verfügungsbefugnis

Z. B. Kaufvertrag

• relative Wirkung zw. den Beteiligten • Vertragsfreiheit

Aufgrund des Abstraktionsprinzips sind Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte scharf zu trennen, beide sind voneinander fehlerunabhängig.

II. Abgrenzung zum Schuldrecht

Dingliches VerfügungsgeschäftSchuldrechtliches

Verpflichtungsgeschäft

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Bähr, S. 339 Wirtschaftsprivatrecht © J. Ehrig

Dingliche Rechte beziehen sich stets auf konkrete, einzelne Sachen, (Spezialitätsgrundsatz), selbst wenn mehrere Sachen zu einer organisatorischen Sachgesamtheit zusammengefügt sind. Unselbständige Teile einer Sache sind ihre wesentlichen Bestandteile (§ 93 BGB), insbesondere Gebäude und Gebäudeteile bezüglich eines Grundstückes (§ 94 BGB; Ausnahme: Verbindung nur zu vorübergehendem Zweck, sog. Scheinbestandteil, § 95 BGB). Werden Bestandteile oder Früchte von der Hauptsache getrennt, gelten die §§ 953 bis 957 BGB. Bloßes Zubehör (z. B. Autoradio) ist dagegen eigentumsrechtlich selbständig, § 97 BGB, es gilt aber im Zweifel als mitverkauft (§ 311c BGB) bzw. -übereignet (§ 926 BGB).

III. Bezugspunkt dinglicher Rechte