Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für...

68
UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

Transcript of Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für...

Page 1: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

UdZUnternehmen der ZukunftZeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung

ISSN 1439-2585

1/2020

Forschung

Page 2: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

2 UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/20192 UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

Impressum

UdZ – Unternehmen der ZukunftFIR-Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung, 21. Jg., Heft 1/2020, ISSN 1439-2585"UdZ – Unternehmen der Zukunft" informiert mit Unterstützung des Landes Nordrhein-Westfalen zwei Mal im Jahr über die wissenschaftlichen Aktivitäten des FIR.

HerausgeberFIR e. V. an der RWTH AachenCampus-Boulevard 55 · 52074 AachenTel.: +49 241 47705-0 · Fax: +49 241 47705-199E-Mail: [email protected] Internet: www.fir.rwth-aachen.de

Direktor Prof. Dr.-Ing. Dipl.-Wirt. Ing. Günther Schuh

Geschäftsführer Prof. Dr.-Ing. Volker Stich

Bereichsleiter (inhaltlich verantwortlich für dieses Heft)Dienstleistungsmanagement: Jana Frank, M.Sc. Informationsmanagement: Jan Hicking, M.Sc. Business-Transformation: Ruben Conrad, M.Sc.Produktionsmanagement: Tobias Schröer, M.Sc.

Redaktionelle MitarbeitSimone Suchan M.A.Julia Quack van Wersch, M.A.

KorrektoratSimone Suchan M.A.

Satz und BildbearbeitungJulia Quack van Wersch, M.A.

Druck Druckservice Zillekens

CopyrightKein Teil dieser Publikation darf ohne ausdrückliche schriftliche Genehmigung des Herausgebers in irgend einer Formreproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

BildnachweisTitelbild (li.): © Alex – stock.adobe.com; Titelbild (re.): © NicoElNino– stock.adobe.com; S. 2/3,5: © FIR; S. 4/5: © goldnetz – stock.adobe.com; S. 6, 7 : © zapp2photo – Fotolia; S. 9: © Govert Nieuwland – Fotolia;S. 15: © Rafa Irusta – Fotolia; S. 16: © alphaspirit – Fotolia; S. 16: © Minerva Studio – Fotolia; S. 16: © totojang1977 – stock.adobe.com; S. 17: © everythingpossible – Fotolia; S. 17: © industrieblick – stock.adobe.com; S. 21, 38, 45, 56, 62: © kras99 – stock.adobe.com; S. 29: © chombosan – Fotolia; S. 34, 42: © Vjom – stock.adobe.com; S. 51: © vege – stock.adobe.com; S. 58: © CLAAS KGaA mbH; S. 59: © wladimir1804 – stock.adobe.com; S. 63: © Sergey Nivens – stock.adobe.com

Lesen Sie die aktuelle Ausgabe der UdZ online unter:

udzforschung.de

2 UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

Page 3: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

3UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

wir freuen uns, Ihnen die erste Ausgabe der UdZForschung 2020 vorstellen zu können. Langsam läuft alles wieder in vertrauteren Bahnen und ein Gefühl von Normalität kehrt nach den turbulenten letzten Monaten zurück – doch es ist eine „neue“ Normalität, geprägt von weiterhin bestehenden Einschränkungen und neuen Herausforderungen im privaten und beruflichen Umfeld.

Die Forschungslandschaft scheint bislang von der Corona-Pandemie weniger beeinträchtigt zu sein, im Gegenteil, es eröffnen sich neue Herausforderungen, auf die innerhalb der nächsten Jahre Antworten gefunden werden müssen. Und auch wir haben viel Neues über unsere Forschungsprojekte zu berichten.

Wie den erfahrenen UdZForschung-Leserinnen und -Lesern bereits bekannt sein dürfte, ordnen wir unsere Forschungsprojekte den Leitthemen der Johannes-Rau-Forschungsgemeinschaft (JRF) zu und berichten in die-ser Ausgabe über Projekte aus den Themenbereichen „Industrie & Umwelt“, „Gesellschaft & Digitalisierung“ sowie „Globalisierung & Integration“.

Eine Übersicht aller Forschungsprojekte des FIR finden sie auf unserer Internetseite unter folgendem Link: forschungsprojekte.fir.de

Wenn Sie Fragen haben oder in einem Projekt mitwirken möchten, wenden Sie sich gern an die Autoren der jeweiligen Artikel. Oder werden Sie Mitglied des FIR e. V., erhalten Sie frühestmöglichen Zugriff auf unsere Forschungsergebnisse und genießen Sie zahlreiche weitere Vorteile. Nähere Informationen dazu finden Sie im Netz über folgenden Link: firev.fir.de

Wir wünschen Ihnen eine interessante Lektüre und viel Erfolg bei der Bewältigung neuer Herausforderungen. Wenn Sie Unterstützung benötigen, mit Ihrem Unternehmen weiterhin gut durch die veränderte Situation zu kommen, zögern Sie nicht, uns anzusprechen. Wir stehen Ihnen wie immer gern mit Rat und auch Tat zur Seite. Wir freuen uns darauf, weiter mit Ihnen für unsere Zukunft zu forschen!

Herzlichst, Ihre

Editorial

Prof. Dr.-Ing. Dipl.-Wirt. Ing. Günther Schuh

Direktor des FIR e. V. an der RWTH Aachen

Prof. Dr.-Ing. Volker Stich

Geschäftsführer des FIR e. V. an der RWTH Aachen

Sie haben Interesse an Informationen aus unserem Haus?

Registrieren Sie sich für einen oder mehrere unserer themenspezifischen Newsletter wie z. B. für die UdZForschung, die UdZPraxis, aber auch beispielsweise für allgemeine Informationen aus dem FIR. Eine Abmeldemöglichkeit ist selbstverständlich in jedem Newsletter verfügbar.

Nutzen Sie zur Bekundung Ihrer Interessengebiete bitte folgenden Link:

anmeldung.fir-flash.de

Mehr Informationen finden Sie auf unsere Internetseite:

www.fir.rwth-aachen.de

3UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

Page 4: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

4 UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

>In dieser Ausgabe<

>FIR-Forschungsprojekte<

In Anlehnung an die Leitthemen der Johannes-Rau-Forschungsgemeinschaft erforscht und gestaltet das FIR die Zukunft

Stromgestehungskosten von Onshore-Windenergieanlagen reduzieren

Reduktion der Stromgestehungskosten unter

Nutzung von historischen und aktuellen

Betriebs- und Servicedaten von

Onshore-Windenergieanlagen

Seite 12

Seite 6

Konzept für ein Entscheidungsunterstützungssystem

im Störungsmanagement

Nutzung von Process-Mining und Machine-Learning zur schnellen Reaktion

auf Störungen in der Produktionssteuerung

Seite 16

Digitale Lösungen für industrielle

Kunststoffkreisläufe

Ressourceneffiziente Kreislaufschließung der

Kunststoffwirtschaft mithilfe innovativer und

passgerechter digitaler Lösungen

Weiterentwicklung der europäischenindustriellen Zusammenarbeit in der

Möbelindustrie

Gestaltung eines nachhaltigen Geschäftsmodells

für Co-Creation-Ökosysteme

Seite 34

Skalierung industrieller Dienstleistungen

Erfolgreiche Skalierung und Implementierung

von Dienstleistungsangeboten

im industriellen Umfeld

Seite 20

Energieinformationssysteme im

Internet of Production

Energiebedarfsmanagement zur

Kostenreduktion und Nachhaltigkeitssteigerung

Seite 24

Effektive Digitalisierung von

Design-Workshops

Vorgehen am Beispiel des Wireframings in

einer Cloud-Applikation

Seite 28

Intelligente Echtzeit-Unterstützung

des Anlernprozesses bei industriellen

Nähmaschinen

Entwicklung eines "Retrofit-Kits" als

Arbeiterhilfsmittel für Maschinen im Handwerk

Seite 31

Seite 10

Page 5: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

5UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020 5UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020 5UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

>Studien, Standards und Publikationen<

Neue Dissertationsschrift erschienen

Seite 62

Seite 56Neue Bände der FIR-Editionen Forschung

und Studien erschienen

Einsatz von Sprachassistenzsystemen in der Wertschöpfung von KMU des

Maschinen und Anlagenbaus

Vorgehensmodell zur Identifikation nutzenstiftender Einsatzszenarien für

Sprachassistenzsysteme für KMU

Seite 37

5

Bewertung und Implementierung von

digitalen Plattformen in der Kontraktlogistik

Entscheidungstool und Umsetzungsstrategien zum

Beitritt oder Aufbau von Logistikplattformen

Seite 40

Anwendung der Datenfusion bei der

Erfassung und Speicherung betrieblicher

Rückmeldedaten

Steigerung der Datenqualität betrieblicher

Rückmeldedaten durch Methoden der Datenfusion

Seite 44

Reporting der unternehmerischen

Fähigkeit der Datenbewirtschaftung

Auf dem Weg zur Ermittlung des unter- nehmerischen Datenkapitals

Seite 47

Führung in der digitalen Transformation

Gute Führung und Arbeit in der soziodigitalen Transformation

Seite 50

Seite 58Marktstudie: IT-Komplexität

IT-Komplexität und ihre Bedeutung für produzierende Unternehmen im Kontext von Industrie 4.0

5UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

Page 6: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

6

FIR-Netzwerk

6 UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

In Anlehnung an die Leitthemen der Johannes-Rau-Forschungsgemeinschaft erforscht und gestaltet das FIR die Zukunft

Das FIR gestaltet die digitale Transformation in Schlüsselbranchen und -themen der deutschen Industrie. Es setzt seine Schwerpunkte auf Fragen der Organisation, Unter-nehmensentwicklung und Informationsmanagement im digital vernetzten Unternehmen der Zukunft. Dazu bündeln wir unsere Arbeit in den übergeordneten Themenbereichen Business-Transformation, Dienstleistungsmanagement, Informationsmanagement und Produktionsmanagement. In den ebenso benannten FIR-Abteilungen arbeiten unsere Pro-jektmanager stark vernetzt, sodass interdisziplinäre Forschungsergebnisse erzielt wer-den, die möglichst kurzfristig in der Praxis ihre Anwendung finden.

Mit Erforschung und Transfer innovativer Lösungen leistet das FIR einen Beitrag zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen. Dies erfolgt in der geeigneten Infrastruktur zur experimentellen Organisationsforschung im Cluster Smart Logistik methodisch fundiert, wissenschaftlich rigoros und unter direkter Beteiligung von Experten aus der Wirtschaft. Im Zentrum der Betrachtung liegen die industriellen An- wendungsfälle Future-Logistics, Smart Services und Smart Maintenance, Smart Commercial Buildings und Smart Mobility.

Das FIR ist Mitglied der Johannes-Rau-Forschungsgemeinschaft (JRF), war im Jahr 2017 aktiv an der Formulierung der Leitthemen der JRF beteiligt und trägt mit seinen Forschungsprojekten stets dazu bei, jene auch inhaltlich voranzutreiben. Auf den fol-genden Seiten der UdZForschung berichten wir über eine Auswahl aktueller und auch abgeschlossener Forschungsprojekte des FIR, die unter Berücksichtigung der Leitthe-men der JRF bearbeitet werden. Die wissenschaftlichen Institute der JRF begleiten und erforschen den Wandel von der Industrie- zur Wissensgesellschaft in folgenden vier Leitthemen, von denen wir am FIR die ersten drei fachbezogen regelmäßig mit unserer Forschung abdecken:

Page 7: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

FIR-Netzwerk

7UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020 7

> Industrie & Umwelt

Wie können wir Produktion, Logistik und Mobilität nachhaltig gestalten?

mehr ab S. 9 in dieser Ausgabe

> Städte & Infrastruktur

Wie können wir angesichts des demografischen Wandels und der sich wandelnden

Anforderungen lebenswerte Städte und adäquate Infrastrukturen gestalten?

mehr dazu wieder in der nächsten Ausgabe

> Gesellschaft & Digitalisierung

Welche Chancen und Herausforderungen bringt die Digitalisierung aller Bereiche

unseres Lebens mit sich und wie können wir diese zum Wohl von Individuum und

Gesellschaft gestalten?

mehr ab S. 27 in dieser Ausgabe

> Globalisierung & Integration

Wie können wir die Auswirkungen der Globalisierung auf lokaler und regionaler

Ebene an verschiedenen Orten der Welt menschenwürdig gestalten?

mehr ab S. 49 in dieser Ausgabe

Page 8: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

Fortschritt braucht Netzwerke Stellen Sie die Weichen für den Erfolg von morgen. Profitieren Sie vom interdisziplinären Austausch, dem Zugang zu aktuellem Expertenwissen und zahlreichen Vergünstigungen, z. B. Veran-staltungsrabatten, regelmäßigen Informationen zu neuesten Forschungsergebnissen und der Beteiligung an Projekten.

Als Mitglied des FIR e. V. nutzen Sie alle Vorteile eines aktiven Netzwerks mit Vertretern aus Industrie, Forschung, Politik und Verbänden und das zu günstigen Beiträgen ab 50 Euro p. a. für die Einzel-, ab 100 Euro p. a. für die Firmenmitgliedschaft.

FIR e. V. – Jetzt Mitglied werden!

Ihre Ansprechpartnerin:Marion RiemerTelefon: +49 241 47705-155E-Mail: [email protected]

Weitere Informationen und Mitgliedsantrag:firev.fir.de

Page 9: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

FIR-Netzwerk

9UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

Foto

: © K

rone

nwer

th, F

IR

Leitthema

Industrie & Umwelt Wie können wir Produktion, Logistik und Mobilität nachhaltig gestalten?

Page 10: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

10 UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

FIR-Forschungsprojekte – Leitthema: Industrie & Umwelt

Projekt: DiLinK

Digitale Lösungen für industrielle KunststoffkreisläufeRessourceneffiziente Kreislaufschließung der Kunststoffwirtschaft mithilfe innovativer und passgerechter digitaler Lösungen

Das Projekt ‚DiLinK‘ dient primär dem Ziel, eine ressourceneffiziente, nachhaltige Kreislaufschließung für

Unternehmen in der Kunststoffwirtschaft zu realisieren. Durch innovative und an die Problematik angepasste

digitale Systemlösungen soll mithilfe von Kooperationen in Forschung und Entwicklung eine Steigerung

der Nutzung von Sekundärkunststoffen ermöglicht werden. Bei den digitalen Systemlösungen handelt

es sich insbesondere um die Entwicklung innovativer elektronischer Einrichtungen der Datenaufnahme

durch Sensoren im Bereich der Prozessmesstechnik und der anschließenden Datenverarbeitung und -wei-

tergabe mittels entsprechender Softwarelösungen. Durch den Einsatz in Unternehmenskooperationen

sollen diese Lösungen erprobt werden und anschließend Kunststoffverarbeitern, Endverbrauchern und

Recyclern ermöglichen, bislang nicht oder wenig eingesetzte Sekundärkunststoffe in größeren Mengen

zu sammeln, aufzubereiten und in den Kreislauf zurückzuführen. Das im Juni 2019 gestartete Projekt wird

durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen der Fördermaßnahme ‚ReziProK –

Ressourceneffiziente Kreislaufwirtschaft – Innovative Produktkreisläufe‘ gefördert und läuft noch bis Mai

2022. Das diesem Bericht zugrundeliegende Vorhaben wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung

und Forschung unter dem Förderkennzeichen INNOPRO-098 ‚DiLinK‘ gefördert.

iel des Forschungsvorhabens ‚Di-Link‘ ist die Findung einer pass- gerechten digitalen Lösung, um

eine ressourcenef f iziente Kreislauf-wir tschaft von Kunststof fen, insbe-sondere Sekundärkunststoffen, soge-nannten Rezyklaten, zu realisieren. Die digitalen Lösungen werden es ermög-lichen, die Qualität des Rezyklats noch während des Recyclingprozesses zu überwachen und diese Informationen bedarfsgerecht zu distribuieren. Durch einen automatisierten Qualitätsnachweis für die Sekundärstoffe können diese als hochwertige Werkstoffe wieder in den Kreislauf zurückgeführt werden1.

Statt die technische sowie wirtschaftliche Wiederverwendung von Abfallprodukten im Inland durch stoffliche Verwertung zu nutzen, werden jene zum großen Teil anderweitig verwertet. Nur 15,6 Prozent der 2017 in Deutschland angefallenen Kunststoffabfälle wurden zu Rezyklaten verarbeitet². Eine Substitution von Primär- durch Sekundärstoffe kann zu einer

Z Einsparung von Treibhausgasemissionen und Materialkosten für Unternehmen führen. Die 2018 verabschiedete Kunst-stoffstrategie der Europäischen Union, welche u. a. zum Ziel hat, bis 2025 jährlich 10 Millionen Tonnen recycelte Kunststoffe bereitzustellen, spiegelt den gesellschaftlichen Willen wider, auf nationaler und internationaler Ebene eine effizientere Kreislaufwirtschaft zu implementieren³. Aktuellen Bemühungen der Kunststoffindustrie, eine zirkuläre Wirtschaft sicherzustellen, stehen zen-trale Herausforderungen und Hemmnisse entgegen, die heute insbesondere für KMU nicht zu überwinden sind. Diese zentralen Herausforderungen beziehen sich auf die Mengen- und Qualitätsprobleme der wie-derverwerteten Kunststoffe. Insbesondere das Informationsdefizit bezüglich der Zusammensetzung und der Qualität der Rezyklate hemmt die Wiederverwendung von Sekundärwerkstoffen und fördern den Einsatz von Primärwerkstoffen. Die Arbeit am Forschungsprojekt ‚Di-Link‘ basiert auf der zentralen Hypothese,

dass die Hemmnisse des Bezugs von Rezyklaten durch den Einsatz digitaler Instrumente, wie beispielsweise digitaler Prozessmesstechniken zur Bestimmung der Qualität und Zusammensetzung der Rezyklate und eine Online-Handels-plattform für Kunststoffabfälle und rezyklate, adressiert und gelöst wer-den können. Dabei sollen insbesondere KMU bei der notwendigen digitalen Transformation und der Integration die-ser neu entwickelten digitalen Lösungen unterstützt werden, um eine nachhaltige Implementierung sicherzustellen. Des Weiteren soll die Entwicklung neuer ver-trauensvoller Wertschöpfungsnetzwerke die Verwendung von Rezyklaten fördern. Das Projekt wird in Kooperation des FIR e. V. an der RWTH Aachen mit der Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie gGmbH, der Hoffmann & Voss Technische Kunststoff GmbH, der INFOSIM GmbH & Co. KG, der MKV GmbH Kunststoffgranulate und der

1 s. BMBF 2019² Heinrich-Böll-Stiftung u. BUND 2019, S. 36³ Europäische Kommission 2018, S. 9

Page 11: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

11UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

Leitthema: Industrie & Umwelt – FIR-Forschungsprojekte

Fördergemeinschaft für das Süddeutsche Kunststof f-Zentrum e. V. (SKZ – Das Kunststoff-Zentrum) realisiert.

Die Aufgabe des FIR besteht in diesem Projekt in einem ersten Schritt darin, basierend auf umfassender Recherche und zwölf semistrukturierten Experten-interviews, den Status quo des aktu-ellen Wertschöpfungsnetzwerks in der Kunststoffindustrie zu ermitteln. Dazu wurden die bestehenden Hindernisse und Hemmnisse bei der Realisierung einer zirkulären Wirtschaft detailliert. Diese und die einzelnen Rollen inner-halb des Wertschöpfungsnetzwerks der Kunststoffindustrie wurden definiert und Austauschbeziehungen visualisiert. So konnte beispielsweise ein mangelndes Vertrauen in die Qualität der Sekundär- kunststoffe entlang der Prozesskette identi- fiziert werden, was bei den Kunststoffver-arbeitern zu überzogen scharfen Kunden-anforderungen an die Rohstoffe führt und so den Einsatz von Sekundärrohstoffen verhindert.

Diese Erkenntnisse wurden rollenspezi-fisch aufbereitet und dienen im weiteren Projektverlauf als Grundlage der Erstellung eines Pflichtenheftes an der digitalen Lösung ‚Di-Link‘. In dieser ist, neben einer Infor- mationsplattform, die innovative und in diesem Forschungsprojekt zu entwi-ckelnde Prozessmesstechnik integriert, die zur Entwicklung eines nachhaltigen Vertrauens in die Qualität von Rezyklaten beitragen wird.

Im weiteren Projektverlauf wird das FIR zusammen mit den Forschungspartnern auf Basis des Business-Ecosystem-Designs – einer Methode zur Visualisierung von Unternehmensnetzwerken, die über eine klassische Wertschöpfungskette hinausgehen – idealtypische Wertschöpfungsnetzwerke für digitale Kunststoffkreisläufe, die den identifizierten Hemmnissen entgegenwir-ken, entwickeln. Die gewonnenen Erkennt-nisse, wie beispielsweise im Rahmen der Kreislaufwirtschaft sichere Versorgungs-strukturen etabliert werden können, sollen im Besonderen KMU zur Verfügung gestellt und durch Weiterbildungsangebote disse-miniert werden. Des Weiteren nutzt das FIR sein breites Netzwerk, um Unternehmen

untereinander zu vernetzen, einen branchen-übergreifenden Austausch zu ermöglichen und so die Forschungsergebnisse nachhaltig in die Wirtschaft zu transferieren und dort zu realisieren.

Zur Gewährleistung einer schnellen und ziel-gerichteten Umsetzung soll der Einsatz di-rekt in der Praxis experimentell getestet wer-den. In einem iterativen und dynamischen Prozess kommt es zu einer Co-Creation von Forschungsinstituten und Unternehmen, bei der die Passgenauigkeit der Instrumente weiterentwickelt und erprobt wird. So soll eine nachhaltige Kreislaufschließung ermög-licht werden. Getreu dem Motto: forschen, innovieren und realisieren.

Das Projekt ‚Di-Link – Digitale Lösungen für industrielle Kunststoffkreisläufe‘ wird dazu beitragen, die Kreislaufwirtschaft in der Kunststoffindustrie durch die För-derung von Datentransparenz, -kommu-nikation und -bereitstellung im gesamten Wertschöpfungsnetzwerk auszubauen und nachhaltig zu stärken. So können auf Basis der innovativen Messtechnik und der wei-

terführenden digitalen Systemlösung neue vertrauensvolle Wertschöpfungsnetzwerke erzeugt werden und die aus der Praxis identi-fizierten zentralen Hemmnisse – schlechtes Image von Rezyklaten und Qualitätsrisiken – adressiert werden.

Literatur

BMBF (Hrsg.): Digitale Lösungen für hochwertiges Recycling. BMBF online, 16.12.2019. https://www.bmbf.de/de/digitale-loesungen-fuer-hochwertiges-recycling-10465.html (Link zuletzt geprüft: 16.06.2020)

Heinrich-Böll-Stiftung; Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) e. V. (Hrsg.): Plastikatlas – Daten und Fakten über eine Welt voller Kunststoff. 2. Auflage. Berlin, Juli 2019. https://www.boell.de/sites/default/files/plastikatlas_2019_2._auf-lage.pdf (Link zuletzt geprüft: 25.06.2020)

European Commission (Hrsg.): Communication from the commission to the European parliament, the coun-cil, the European and social committee and the commit-tee of the regions. A European Strategy for Plastics in a Circular Economy. Brüssel, 16.01.2018. https://eur-lex.europa.eu/resource.html?uri=cellar:2df5d1d2-fac7-11e7-b8f5-01aa75ed71a1.0001.02/DOC_1&format=PDF (Link zuletzt geprüft: 16.06.2020)

Projekttitel: DiLinK

Forschungs-/Projektträger: Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)

Förderkennzeichen: 033R235C

Projektpartner: HOFFMANN + VOSS Technische Kunststoffe GmbH; MKV GmbH Kunststoffgranulate; SKZ - KFE gGmbH; Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie gGmbH; Infosim GmbH & Co. KG

Internet: www.di-link.de

Ansprechpartner:

Gerrit Hoeborn, M.Sc. FIR e. V. an der RWTH AachenWissenschaftlicher MitarbeiterBereich Business-TransformationTel.: +49 241 47705-324E-Mail: [email protected]

Ruben Conrad, M.Sc. FIR e. V. an der RWTH AachenBereichsleiter des Bereichs Business-TransformationTel.: +49 241 47705-302E-Mail: [email protected]

Page 12: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

12 UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

FIR-Forschungsprojekte – Leitthema: Industrie & Umwelt

Projekt: ReStroK

Stromgestehungskosten von Onshore-Windenergieanlagen reduzierenReduktion der Stromgestehungskosten unter Nutzung von historischen und aktuellen Betriebs- und Servicedaten von Onshore-Windenergieanlagen

Im Rahmen des Projekts ‚ReStroK‘ werden die Stromgestehungskosten von Onshore-Windenergieanlagen

durch die Optimierung der Wartungs- und Instandhaltungsaktivitäten, der Restlebensdauer und der

Betriebsführung reduziert. Das Projekt versetzt dadurch KMU in die Lage, das volle Potenzial ihrer

Windparks auszuschöpfen und so auch nach Ende der im Erneuerbare-Energien-Gesetz festgelegten

20-jährigen Dauer der Mindestvergütung mit anderen Energieerzeugungsmethoden erfolgreich zu konkur-

rieren. Ab Beginn des Jahres 2021 verlieren rund 6.000 Windenergieanlagen (WEA) ihren Förderanspruch.

Bis 2026 steigt diese Zahl auf 14.000 WEA an.1 Diese Anlagen werden sich dann ohne Subventionierung am

Markt behaupten müssen.² Zwar sind die WEA mittlerweile abgeschrieben, jedoch verursachen Wartung

und Instandsetzung erhebliche Kosten. Wie gut sich Windstrom EEG-frei vermarkten lässt, hängt also von

den Betriebskosten und somit stark von den Instandhaltungskosten der WEA ab.³ Das Projekt ‚ReStroK‘

(Förderkennzeichen EU-2-2-029) wird in Zusammenarbeit mit dem Center for Wind Power Drives (CWD), dem

Institute for Power Generation and Storage Systems (PGS), dem Bürgerwindpark Bürgerwindräder Rheinberg,

psm WindService sowie psm Nature Power Service & Management durchgeführt.

rimäres Ziel des Projekts ‚ReStroK‘ ist es, die Stromgestehungskosten von Onshore-Windenergiean-

lagen zu reduzieren. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Reduktion der Betriebs- und Instandhaltungskosten, da diese etwa 25 Prozent der Gesamtkosten pro Kilowattstunde ausmachen.4 Um Betriebskosten zu reduzieren, sind vor al lem bessere Kenntnisse über den Anlagenzustand von hoher Bedeutung. Mithilfe besserer Kenntnisse über den Anlagenzustand kann anstelle der heute zumeist präventiv vorausbestimmten In-standhaltungsstrategie eine zustandsori-entierte Instandhaltungsstrategie verfolgt werden. Während bei der vorausbestimm-ten Instandhaltung Wartungen regelmäßig in festen Intervallen durchgeführt werden, erfolgen Wartungen bei der zustandsorien-tierten Instandhaltung in Abhängigkeit des Zustands.5 Damit eine zustandsorientierte Instandhaltung umgesetzt werden kann, müssen die von den Serviceunternehmen gesammelten Zustandsdaten sowie die

P Wartungshistorien (Ereignisdaten) der Windenergieanlagen nutzbar gemacht und ausgewertet werden. Heute werden Auffälligkeiten im Rahmen der Wartung zwar in Serviceberichten vermerkt, je-doch dienen diese in erster Linie zur Dokumentation und werden nicht immer für weitergehende Analysen verwendet. Die Heterogenität der vorhandenen Daten, zu denen vor allem von zahlreichen Sensoren an den Anlagen erhobene SCADA(supervisory control and data ac-quisition)- und CMS(condition monito-ring system)-Daten zählen, erschwert es KMU, diese zu nutzen und daraus einen Mehrwert zu generieren.

Im Projekt ‚ReStroK‘ liegt der Fokus daher auf der übergreifenden und umfang-reichen Betrachtung und Analyse sowohl technischer Datensätze als auch histo-rischer Serviceberichte sowie allgemeiner Anlagenkonfigurationen, um die anvisierte Senkung der Stromgestehungskosten zu erreichen. Hierfür ist entscheidend,

das implizit vorhandene Wissen, d. h. das Erfahrungswissen der Servicetechniker, für die Optimierung von Wartungen nutz-bar zu machen, das implizite Wissen mit der formalen Anlagenstruktur in Verbindung zu bringen und aus den so gewonnenen Erkenntnissen Handlungsempfehlungen für Servicetechniker und Betriebsführung abzuleiten. Die Handlungsempfehlungen müssen in eine intuitiv anwendbare Form überführt werden, sodass der wirt-schaftliche Aufwand ihrer Anwendung für Ser viceunternehmen ver tretbar ist und eine Integration in die vorhan-denen Serviceprotokolle erfolgen kann. Unbedingt erforderlich ist hierfür die Integrierbarkeit in bestehende IT-Systeme und Prozesse der Serviceunternehmen. Experten zufolge müsse dabei die Kom-

1 s. Czechanowsky 2018² s. Wetzel 2018³ s. Bundesverband WindEnergie 20184 s. Morthorst et al. 2009, S. 2045 s. Grothe 2018

Page 13: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

13UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

Leitthema: Industrie & Umwelt – FIR-Forschungsprojekte

plexität bei der Umsetzung geringge-halten werden, da verschiedene Kunden unterschiedliche Schwerpunkte legen wür-den und entsprechend unterschiedliche Vorstellungen über Aufbau und Layout eines Service-Berichts hätten. Aus der Kombination von Kundenwünschen und Anlagentypen resultiere die Vielzahl der un-terschiedlichen Wartungsprotokolle. Daher solle der Aufbau des Wartungsprotokolls modular erfolgen, sodass Checklisten vor dem Einsatz flexibel unter Einbezug vor angegangener E ins ät ze zus am -mengestellt werden könnten. Um die Integrierbarkeit in bestehende IT-Systeme und Prozesse der Serviceunternehmen sicherzustellen, wurde der Planungs- und Durchführungsprozess einer Wartung aufgenommen und visualisiert (s. Bild 1).

Der dargestellte Wartungsprozess wird durch eine Meldung des IT-Systems initi-iert, welches automatisch eine Packliste mit den benötigten Mater ialien und Werkzeugen erstellt. Diese Liste wird an die Kommissionierung weitergeleitet, welche die aufgelisteten Materialien und Werkzeuge im Lager zusammenstellt und an einem bestimmten Ablageort deponiert. Anschließend wird die Ein-satzleitung über die Fertigstellung der Kommissionierung und den genauen Ablageort der Materialien und Werkzeuge informiert. Die Einsatzleitung holt sodann die Zustimmung der Betriebsführung ein, dass die Wartung durchgeführt werden

kann. Liegt die Zustimmung vor, wird der Auftrag mithilfe einer unternehmen-sinternen Software einem Zweierteam von Servicetechnikern zugewiesen. Die Servicetechniker holen die bereitgestell-ten Materialien und Werkzeuge sowie ein ausgedrucktes Wartungsprotokoll ab, überprüfen, ob Spezialwerkzeuge notwendig sind, und fahren dann zur zu war tenden W indener g ieanlage. Dor t angekommen melden sich die Servicetechniker bei der Betriebsführung an und schalten die Windenergieanlage aus, um die Wartungsarbeiten durch-zuführen. Sind die Wartungsarbeiten abgeschlossen, wird die Anlage wieder eingeschaltet und es wird vor Ort mit-hilfe von Laptops ein Wartungsbericht geschrieben. Dieser Wartungsbericht wird direkt an eine weitere unterneh-mensinterne Software übertragen und an die Einsatznachbereitung gesendet. Die Einsatznachbereitung prüft den Bericht und bereitet ihn auf. Mit der Weiterleitung des fertigen Wartungsberichts an die Betriebsleitung ist der Wartungsprozess abgeschlossen.

Um den beschriebenen Wartungsprozess, insbesondere die Tätigkeiten des Service-technikers betreffend, zu verbessern, wurde zunächst mithilfe einer ABC-Analyse Transparenz über besonders instand-haltungsintensive Systeme geschaffen. Diese Systeme bieten folglich auch das größte Potenzial zur Kostensenkung. Als

Datengrundlage dienten dabei Statusdaten von 25 Anlagen über einen Zeitraum von 14 Jahren. Über diesen Zeitraum gene-rierten die betrachteten Anlagen jeweils um die 40 000 Statusdaten, sodass insge-samt etwa 1 000 000 Statusmeldungen ausgewertet wurden.

Dazu wurde zunächst ein detaillierter Strukturbaum einer Windenergieanlage (WEA) erarbeitet (s. Bild 2, S. 14). Dieser Strukturbaum wurde im zweiten Schritt mit Daten aus sogenannten Logbüchern über Fehler und Ausfälle während der Lebensdauern der Windenergieanlagen kombiniert. In den Logbüchern wer-den die vom SCADA-System gesammel-ten Statusdaten, die den Zustand einer Windenergieanlage als Momentaufnahmen beschreiben, über die gesamte Lebensdauer einer Anlage gesammelt. Diese Statusdaten geben Auskunft darüber, ob eine Anlage sich zu einem bestimmten Zeitpunkt im nor-malen Leistungsbetrieb befindet oder nicht. Steht eine Anlage aufgrund eines Fehlers still, so geben die Logbücher zusätzlich ei-nen Fehlercode an. Jeder dieser Fehlercodes beschreibt ein Ereignis, das zu dem vorlie-genden fehlerhaften Zustand, d. h. zu dem Ausfall der Anlage führt. Die Fehlercodes wurden unter Einbeziehung des Experten- wissens der Projektpartner den Systemen des Strukturbaums zugeordnet. Mithilfe der anhand des Strukturbaums erfassten Fehler und eines Algorithmus

Bild 1: Vereinfacht dargestellter Planungs- und Durchführungsprozess der Wartung (eigene Darstellung)

Page 14: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

14 UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

FIR-Forschungsprojekte – Leitthema: Industrie & Umwelt

wurden zunächst getrennt die Fehler-häufigkeiten und die Fehlerdauern sowohl in Abhängigkeit von der Fehlerart als auch vom den Fehler meldenden System ausge-wertet. Anschließend wurden Fehlerdauer und -häufigkeiten kombiniert betrachtet. Sowohl die systemabhängige Auswertung als auch die fehlerartabhängige Auswert-ung zeigen, dass Pitchsystem und Umrichter bzw. Pitchfehler und Umrichterfehler be-sonders große Bedeutung zukommt. Das Pitchsystem (dt. Blattverstellsystem) ver-stellt die Rotorblätter einer Windenergie-anlage, um die Leistung zu regulieren, den Wind möglichst effizient zu nutzen und die Rotorblätter und damit die ge-samte Windenergieanlage bei starkem Wind vor Überlastung zu schützen. Der Umrichter passt die durch die Wind-energieanlage gewonnene elektrische Energie an Netzfrequenz, Phasenlage und Spannung des Stromnetzes an, in welches der Strom eingespeist wird. Die Auswertung der Fehler ergab, dass das Pitchsystem und der Umrichter die zwei fehleranfälligsten Subsysteme sind. Fehler am Pitch- und am Umrichtersystem füh-ren zu insgesamt 70 Prozent der fehler-bedingten Stillstandzeit. Somit wird ein

Bild 2: Vereinfachte Darstellung des erarbeiteten Strukturbaums einer Windenergieanlage (WEA); dunkelblaue Felder kennzeichnen besonders instandhaltungsintensive Systeme (eigene Darstellung)

besonderer Fokus bei der Optimierung der Instandhaltung zur Senkung der Betriebs- und Instandhaltungskosten auf diesen als besonders anfällig identifizierten Sys- temen liegen.

Im weiteren Projektver lauf werden Anlagen- und Betriebsdaten gemein-sam mit den Serviceprotokollen aus War tung und Instandsetzung unter-sucht. Die im Wartungsprozess erstell-ten Serviceprotokolle enthalten Frei-textfelder, die weiter Aufschluss über Fehler- untersuchung und -behebung sowie Auffälligkeiten bei der Wartung geben. Diese bisher kaum genutzten Informationen, insbesondere bezüglich Auffälligkeiten, liegen in nichtstandardisierter Form vor und sollen gezielt mit den technischen Daten verknüpft werden. Dazu müssen diese Informationen zunächst in eine ma-schinenlesbare Form überführt werden, welche algorithmisch verarbeitet wer-den kann. Über den bereits entwickelten Strukturbaum der Windenergieanlage, welcher bezüglich Funktionsabhängigkeiten erweitert wird, kann anschließend eine Verknüpfung zwischen Fehlern und Inhalten der Serviceberichte erfolgen. Dadurch kön-

nen die entsprechenden Serviceberichte zu Hinweisen auf zukünftige Fehler un-tersucht werden. Die Auswertung soll automatisiert erfolgen und für zukünftige Anwendungen verwendbar sein. Auf diese Weise können verborgene Systematiken in der Fehlerentstehung erkannt, vorbeugende Maßnahmen für spezifische Fehlerfälle entwickelt und im Wartungsprotokoll verankert werden. Durch die Nutzung von bislang noch unzureichend eingesetzten Informationen aus dem Serviceprozess kann somit die Instandhaltung von Wind-energieanlagen nachhaltig verbessert und die Wettbewerbsfähigkeit von Wind-energie im Vergleich zu anderen Energie- trägern dadurch gesteigert werden.

Literatur

Czechanowsky, T.: 14.000 MW Windkraft fallen aus

der EEG-Förderung. Energate messenger online,

19.09.2018. https://www.energate-messenger.de/

news/186187/14-000-mw-windkraft-fallen-aus-der-

eeg-foerderung (Link zuletzt geprüft: 16.06.2020)

Bundesverband WindEnergie (Hrsg.): Wartung und

Instandhaltung. Sicherer Betrieb durch Wartung

und Instandhaltung. Berlin, 2018. https://www.

Page 15: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

15UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020 15UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020 15UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

Leitthema: Industrie & Umwelt – FIR-Forschungsprojekte

wind-energie.de/themen/anlagentechnik/betrieb/

wartung-und-instandhaltung/ (Link zuletzt ge-

prüft: 16.06.2020)

Grothe, S.: [Pressemitteilung] BWE-Hinter-

grundpapier Sicherheit von Windenergie-anlagen.

Hrsg.: Bundesverband WindEnergie e. V. Berlin,

Oktober 2018. https://www.wind-energie.de/

fileadmin/redaktion/dokumente/pressemittei-

lungen/2018/20181009_BWE_Hintergrundpapier_

Sicherheit_von_WIndenergieanlagen_01.pdf (Link

zuletzt geprüft: 16.06.2020)

Morthorst, P. E.; Auer, H.; Garrad, A.; Blanco, I.: The

economics of wind power: Wind Energy, the facts.

Hrsg.: The European wind energy association. 2009.

https://www.wind-energy-the-facts.org/images/

chapter3.pdf (Link zuletzt geprüft: 16.06.2020)

Wetzel, D.: Der letzte Schrei in der Öko-stromszene.

Welt online, 13.09.2018. https://www.welt.de/wirt-

schaft/article181515450/Erneuerbare-Energien-WPD-

kauft-Windparks-nach-Ende-der-EEG-Foerderung.

html (Link zuletzt geprüft: 16.06.2020)

Projekttitel: ReStroK

Forschungs-/Projektträger: LeitmarktAgentur.NRW – Projektträger Jülich Forschungszentrum Jülich GmbH

Förderkennzeichen: EU-2-2-029

Projektpartner: Bürgerwindräder Rheinberg GmbH & Co KG; CWD – Center for Wind Power Drives der RWTH Aachen; Institute for Power Generation and Storage Systems (PGS); psm Nature Power Service & Management GmbH & Co. KG

Internet: restrok.fir.de & projekt-restrok.de

Ansprechpartner:

Martin Lenart, M.Sc. FIR e. V. an der RWTH AachenWissenschaftlicher MitarbeiterBereich DienstleistungsmanagementTel.: +49 241 47705-231E-Mail: [email protected]

15UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

Page 16: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

16 UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

FIR-Forschungsprojekte – Leitthema: Industrie & Umwelt

Projekt: CoE IoP

Konzept für ein Entscheidungs- unterstützungssystem im StörungsmanagementNutzung von Process-Mining und Machine- Learning zur schnellen Reaktion auf Störungen in der Produktionssteuerung

Die sich ständig ändernden Kundenanforderungen sorgen für eine immer komplexere und dynamischer

werdende Produktionsumgebung. In diesem Umfeld ist es die Aufgabe der Produktionssteuerung, die

Erfüllung der Nachfrage des Kunden in der richtigen Qualität zum richtigen Zeitpunkt und mit mög-

lichst geringen Kosten sicherzustellen. Abweichungen vom Soll-Zustand sollen dabei im Rahmen des

Störungsmanagements möglichst früh erkannt und schnell durch die Wahl der richtigen Gegenmaßnahme

beseitigt werden. In der Praxis stehen dem Entscheider dafür jedoch nur selten entsprechende Tools zur

Verfügung, sodass Entscheidungen häufig auf Basis der Erfahrung der Mitarbeiter getroffen werden.

Daher wird im Folgenden ein Referenzmodell für die Entwicklung eines Decision-Support-Systems, das

eine schnelle Erkennung potenzieller Störungen und eine datenbasierte Entscheidung bezüglich ein-

zuleitender Gegenmaßnahmen ermöglicht, vorgestellt. Das Projekt wird gefördert durch die Deutsche

Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder – EXC-2023

Internet of Production – 390621612.

ie Nutzung von Process-Mining- und Machine-Learning-Ansätzen im Störungsmanagement ver-

spricht die automatisierte Identifikation potenzieller Störungen und unterstützt somit die datenbasierte Entscheidungs-findung in der Produktionssteuerung. Im Rahmen des Exzellenzclusters „Internet of P roduc t ion“ w ird e in Decis ion -Support-System (DSS) entwickelt, das Störungen im Produktionsumfeld in Echtzeit erkennen soll und dem Ent-scheider mögliche Gegenmaßnahmen in der Benutzeroberfläche präsentiert. Die Produktionssteuerung muss im Rahmen des Störungsmanagements auf unge- plante und unvorhersehbare Abweichun-gen vom vorgegebenen Soll-Zustand entsprechend reagieren, um eine Ver-schlechterung der Performance des Pro- duktionssystems zu verhindern1. Das Treffen der richtigen Entscheidung bzw. die Auswahl der richtigen Gegenmaßnahmen kurz nach Auftreten der Störung ist demnach von sehr großer Bedeutung².

D Im entwickelten DSS werden Störungen mittels Process-Mining erkannt und auf Basis von Machine-Learning klas-sifiziert. Schließlich lassen sich eben-falls durch Machine-Learning geeignete Gegenmaßnahmen ableiten. Auf diese Weise kann die Zeitspanne zwischen Störungsidentifikation und Entscheidung deutlich verringert werden. Das DSS kann über das Nutzerfeedback kontinuierlich lernen, sodass es auf Änderungen im Produktionsumfeld entsprechend rea-gieren kann. Die Entscheidung über die durchzuführenden Gegenmaßnahmen liegt dabei weiterhin bei den Mitarbeitern.

Decision -Suppor t-Systeme sind auf einer Informationstechnologie basie-rende Systeme zur Auswer tung von Daten³. Ziel solcher Systeme ist es, d ie Ent scheidungsqual i t ät und die Reaktionsfähigkeit des Nutzers zu ver-bessern4. Ein DSS kann nach Sauter5 in drei Komponenten unterteilt werden: Daten, Modell und Benutzeroberfläche.

In der Datenkomponente werden die vor-handenen Daten gesammelt und struktu-riert. Im Modell werden die Daten anhand verschiedener Szenarien analysiert und ausgewertet. Die Ergebnisse werden dem Nutzer dann auf der Benutzeroberfläche zugänglich gemacht. Auf diese Weise kann eine Validierung der Ergebnisse und ggfs. eine Anpassung des Modells erfolgen. Basierend auf dem Aufbau nach Sauter wurde die in Bild 1 (s. S. 17) dargestellte Referenzarchitektur für ein DSS mit Process-Mining- und Machine-Learning-Komponenten entwickelt.

Das DSS erhält die Rückmeldedaten aus der Produktion von einem Enterprise-Resource-Planning-System (ERP) oder

1 s. Schwartz 2004, S. 11; s. Meissner 2017, S. 13² s. Leitão 2011, S. 1275³ s. Power 2008, S. 1274 s. Walterscheid 1996, S. 22 f.5 s. Sauter 2010, S.14 f.

Page 17: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

17UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

Leitthema: Industrie & Umwelt – FIR-Forschungsprojekte

einem Manufacturing-Execution-System (MES). Die Daten beinhalten im Wesent-lichen die Start- und Endzeitpunkte der Tätigkeiten sowie die ver wendeten Ressourcen in einem für das Process-Mining verständlichen Format. Nach der Strukturierung der Daten erfolgt die Weitergabe an das Process-Mining-Sub-system. Dort werden die Prozessdaten in Echtzeit analysiert und die Prozesse auf Konformität mit den vorgegebenen Soll-Prozessen geprüft.6 Weichen die Prozesse von den Soll-Prozessen ab, meldet das System eine Störung. Im Falle einer Störung werden die betroffenen Daten an das Machine-Learning-System weitergegeben.

Das Machine-Learning-System besteht aus dem sogenannten Recommender-System und einem Element zur Klassifizierung der Störungen. Die grundsätzliche Idee des Machine-Learning-Ansatzes basiert auf dem künstlichen Generieren von Wissen durch Erfahrung. Ein Modell wird anhand von Beispieldaten trainiert und soll selbständig bestimmte Muster in den Datensätzen erkennen. Ein erfolg-reich trainiertes Modell ist dann in der Lage, das vorher erlangte Wissen auf

einen neuen, unbekannten Datensatz zu transferieren und dort ähnliche Muster zu erkennen. Zur Klassif izierung der Störungen im Anwendungsfall wird das Machine-Learning-System (ML-System) demgemäß zunächst anhand vorhandener Störungsklassifikationen in der Literatur trainiert, bevor es auf die Rückmeldedaten angewendet werden kann. Der Nutzer kann dabei zudem in den Lernprozess des Systems eingreifen, indem er eine Rückmeldung an das System hinsichtlich der Korrektheit der Klassifizierung gibt. Je nach Klassifizierung entscheidet das ML-System dann, ob es sich bei der Störung nur um eine einfache Abweichung inner-halb vorgegebener Toleranzen handelt oder um eine Störung, die eine Reaktion nach sich zieht. Diese Information wird dann an das sogenannte Recommender-System weitergegeben. Aufgabe des Recommender-Systems ist es, dem Nutzer basierend auf der Störung bis zu drei mög-liche Gegenmaßnahmen vorzuschlagen. Dabei sind folgende Machine-Learning-Algorithmen denkbar: Collaborative-Filtering und Reinforcement-Learning. Beim Collaborative-Filtering werden Daten basierend auf Gemeinsamkeiten gefiltert. Das Collaborative-Filtering ist vor allem für seine Anwendung im E-Commerce bekannt. Dabei wird angenommen, dass Konsumenten mit gleichen Vorlieben für ein Produkt auch ähnliche Vorlieben für ein

anderes Produkt haben. Auf diese Weise kann vom Verhalten eines Konsumenten auf das eines anderen mit ähnlichen Vorlieben geschlossen werden. Im Falle der Produktionssteuerung können dem Nutzer basierend auf der Störung geeig-nete Gegenmaßnahmen vorgeschlagen werden. So könnte beispielsweise durch das Process-Mining eine Abweichung identifiziert werden, welche in der ersten Stufe des Machine-Learning-Systems als Maschinenausfall induzierte Störung klassifiziert wird. Das Recommender-System würde nun bei Anwendung des Collaborative-Filtering-Algorithmus auf Basis der Klassifikation und der betrof-fenen Maschine drei Gegenmaßnahmen vorschlagen, welche bei einer ähnlichen Situation angewandt wurden. Mögliche Vorschläge wären: Verschiebung auf eine Alternativmaschine, warten, bis die Maschine instandgesetzt wurde oder Fremdvergabe.

Beim Reinforcement-Learning wird das Problem als Markovsches Entschei -dungsproblem modelliert, bestehend aus Zuständen, Handlungen, einer Über-gangs- und einer Belohnungsfunktion7. Zustände sind Abbildungen des Systems zu einem bestimmten Zeitpunkt. Handlungen beeinflussen den Zustand des Systems. Die Übergangsfunktion beschreibt, wie sich der Zustand des Systems durch eine Handlung

Bild 1: Referenzarchitektur für ein Decision-Support-System zur Erkennung von Störungen und Ableitung von Gegenmaßnahmen anhand von Process-Mining und Machine-Learning (eigene Darstellung)

6 s. Garcia et al. 2019, S. 2607 s. van Otterlo u. Wiering 2012, S. 3

Page 18: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

18 UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

FIR-Forschungsprojekte – Leitthema: Industrie & Umwelt

ändert. Anhand der Belohnungsfunktion wird die Güte der Handlung bewertet. Das System wird dann darauf trainiert, immer die Handlung mit der größten Belohnung zu wählen. Im gegebenen Anwendungsfall können die Störungen als Zustände und die Gegenmaßnahmen als Handlungen gesehen werden. Das Recommender-System empfiehlt die drei Gegenmaßnahmen mit dem höchsten Belohnungswert. Bezogen auf das oben aufgeführte Beispiel würde in diesem Fall jede mögliche Gegenmaßnahme durch das System simuliert und anhand der Belohnungsfunktion bewertet werden. Jene könnte sich beispielsweise an der ver-ursachten Verzögerung und an der Anzahl verspäteter Aufträge orientieren.

Die Informationen werden dann an die Benutzeroberfläche weitergegeben und entsprechend visualisiert (siehe Bild 2).

Dargestellt werden demnach alle Pro-zesse, bei denen eine Störung auftritt, sowie die Abweichung vom Soll-Zustand. Zu jeder Störung werden dem Nutzer bis zu drei Gegenmaßnahmen vorgeschla-gen. Die Entscheidung darüber, welche

Gegenmaßnahme umgesetzt wird, liegt beim Nutzer. Im Nachgang kann der Nutzer die Effektivität der Maßnahme zurückmelden, sodass das System anhand dieser Daten fortlaufend trainiert werden kann. Weiterhin können dem System neue Gegenmaßnahmen zugespielt werden, so-dass auf diese Weise eine kontinuierliche Anpassung an das dynamische Umfeld der Produktionssteuerung möglich ist. Die Benutzerober fläche ist als Web-Applikation entwickelt, um eine mobile Anwendung zu gewährleisten. So kann der Nutzer unabhängig von seinem Standort auf die Daten zugreifen und im Falle einer Störung entsprechend eingreifen.

Literatur

Alpaydin, E.: Introduction to Machine Learning.

Selected Papers of Lionel W. McKenzie. 2. Auflage.

MIT Press, Cumberland [u. a.] 2016.

Garcia, C. d. S; Meincheim, A; Faria Junior, E. R;

Dallagassa, M. R; Sato, D. M. V; Carvalho, D. R;

Santos, E. A. P; Scalabrin, E. E.: Process mining

techniques and applications – A systematic map-

ping study. In: Expert Systems with Applications

133(2019), S. 260 – 295.

Leitão, P.: A holonic disturbance management

architecture for flexible manufacturing systems.

In: International Journal of Production Research

49(2011)5, S. 1269 – 1284.

Meissner, J. P.: Adaptives Abweichungs-management

in der Fertigungssteuerung bei Kleinserien, 1. Auflage.

Schriftenreihe Rationalisierung; Bd. 153. RHrsg.: G.

Schuh. Apprimu, Aachen 2017. – Zugl.: Aachen, Techn.

Hochsch., Diss., 2017.

Ning, X; Desrosiers, C; Karypis, G.: A Comprehensive

Survey of Neighborhood-Based Recommendation

Methods. In: Recommender Systems Handbook.

Hrsg.: F. Ricci; L. Rokach; B. Shapira. Springer, Boston

(MA) 2015, S. 37 – 76.

Otterlo, M. van; Wiering, M.: Reinforcement Learning

and Markov Decision Processes. In: Reinforcement

Learning. Adaptation, Learning, and Optimization.

Hrsg.: M. Wiering; M. van Otterlo. Springer, Berlin

[u. a.] 2012, S. 3 – 42.

Power, D. J.: Decision Support Systems: A Historical

Overview. In: Handbook on Decision Support Systems;

Bd. 1: Basic Themes. Hrsg.: F. Burstein; C. W. Holsapple.

Springer, Berlin [u. a.] 2008, S. 121 – 140.

Bild 2: Benutzeroberfläche des Decision-Support-Systems (eigene Darstellung)

Page 19: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

19UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020 19UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020 19UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

Leitthema: Industrie & Umwelt – FIR-Forschungsprojekte

Projekttitel: CoE IoP – Cluster of Excellence Internet of Production

Forschungs-/Projektträger: Deutsche Forschungsgemeinschaft

Förderkennzeichen: 390621612

Projektpartner: Cybernetics Lab, Lehrstuhl für Process and Data Science

Internet: iop.rwth-aachen.de

Ansprechpartner:

Markus Fischer, M.Sc. FIR e. V. an der RWTH AachenWissenschaftlicher MitarbeiterBereich ProduktionsmanagementTel.: +49 241 47705-419E-Mail: [email protected]

Reitmaier, T.: Aktives Lernen für Klassifikations-

probleme unter der Nutzung von Strukturi-

nformationen. Intelligent Embedded Systems;

Bd. 5. Kassel University Press, Kassel 2015. – Zugl.:

Kassel, Univ., Diss. 2015.

Sauter, V. L.: Decision Support Systems for Business

Intelligence. 2. Auflage. Wiley, New York [u. a.] 2010.

Schwartz, F.: Störungsmanagement in Pro-

duktionssystemen. Shaker, Aachen 2004. – Zugl.:

Hamburg, Univ., Diss., 2004.

van Otterlo, M; Wiering, M.: Reinforcement

Learning and Markov Decision Processes.

In: Reinforcement Learning. Adaptation,

L e a r n i n g , a n d O p t i m i z a t i o n . H r s g . :

M. Wiering; M. van Otterlo. Springer, Berlin

[u. a.] 2012, S. 3 – 42.

Walterscheid, H.: Effektivität computergestützter

Management-Entscheidungsprozesse. Deutscher

Universitätsverlag 1996. – Zugl.: Konstanz, Univ.,

Diss., 1995.

19UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

Page 20: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

20 UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

FIR-Forschungsprojekte – Leitthema: Industrie & Umwelt

Projekt: SkaDL

Skalierung industrieller DienstleistungenErfolgreiche Skalierung und Implementierung von Dienstleistungsangeboten im industriellen Umfeld

Industrielle Dienstleister und produzierende Unternehmen, die Dienstleistungen anbieten, stehen vor

vielfältigen Herausforderungen, um langfristig erfolgreich zu sein. Zur Erreichung von unternehmen-

sinternen Zielen wird eine Expansion in bisher unerschlossene Märkte in Betracht gezogen. Häufig fehlt

aber, vor allem kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), das notwendige Wissen, welche Strategie

zur Expansion und Skalierung des Dienstleistungsangebots am geeignetsten ist. Ziel dieses Projekts ist

es daher, unter Berücksichtigung der digitalen Gestaltungsfelder konkrete Handlungsempfehlungen

zur Skalierung bereitzustellen. Dabei werden die Fähigkeiten und Ziele eines Unternehmens mit den

Anforderungen und dem Nutzen von vorab ausgewählten Skalierungsstrategien abgeglichen. So sol-

len Unternehmen im Hinblick auf Ressourceneffizienz und Nutzenorientierung befähigt werden, die

geeignetste Strategie auswählen zu können. Das Projekt ‚SkaDL‘ (Förderkennzeichen: 20985 N) wird

vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) im Rahmen der Richtlinie über die Förderung

der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) gefördert.

iel dieses Forschungsvorhabens, das seit Beginn dieses Jahres geförder t wird, ist eine Ent-scheidungshilfe in Form eines

Online-Tools zur Unterstützung der stra-tegischen und operativen Skalierung des Dienstleistungsangebots von Unter- nehmen. Derzeit werden die Anfor-derungen und Merkmale verschiedener Expansionsstrategien analysiert und die Leistungs- und Unternehmensmerkmale aus der industriellen Praxis aufgenommen. Dabei werden industrielle Dienstleister, aber auch produzierende Unternehmen, die Dienstleistungen anbieten, berück-sichtigt, um ein holistisches Bild der Herausforderungen zu bieten. Im wei-teren Verlauf des Projekts werden diese dann einander gegenübergestellt und die Wirkungsbeziehungen zwischen ihnen aufgezeigt. Dies ermöglicht die Erstell-ung von Referenzmodellen, Methoden und Vorgaben zur Durchführung der Skalierungsmodelle im Unternehmen. Das Vorgehen des Forschungsprojekts ist in Bild 1 (s. S. 21) vereinfacht abgebildet.

Industrielle Dienstleister und auch dienst-leistungsanbietende, produzierende

Z Unternehmen sind bei der Erbringung ihrer Dienstleistung oftmals stark lokal fokussiert. Dies ist bei kleinen und mittle-ren Unternehmen (KMU) sehr ausgeprägt, da sie aufgrund begrenzter Ressourcen (personell und finanziell) nur einen kleinen Markt bedienen können. Nicht nur wegen der fehlenden Ressourcen, sondern auch aufgrund fehlender Erfahrung gestaltet es sich für diese Unternehmen sehr schwie-rig, neue Märkte zu erschließen und ihr Geschäftsmodell zu skalieren. Dabei kann Skalierung einerseits die erfolgreiche Erweiterung des Dienstleistungsportfolios und andererseits das Anbieten von bereits standardisierten Dienstleistungen in neuen Märkten bedeuten1.

Daher lautet die übergeordnete For-schungsfrage: Wie kann ein struktu-riertes Vorgehensmodell zur Auswahl und Durchführung einer Skalierung des industriellen Dienstleistungsangebots (kleiner und mittlerer) Unternehmen auf unerschlossene Märkte gestaltet werden?

Insbesondere für innovative Dienst-leistungen, welche auf anderen Märkten bisher nicht angeboten werden, beste-

hen Potenziale zur Skalierung. Damit der Dienstleister der Nachfrage sei -ner Leistungen auch auf dem weite-ren Markt nachkommen kann, bietet sich dem Anbieter als Option entweder eine Kooperation mit bestehenden loka-len Anbietern von Wartungsverträgen oder eine Eröffnung einer Zweigstelle am Erbringungsort an. Unternehmen müssen hierbei vor al lem folgende Fragestellungen beantworten: Wie sieht das Aufwand-Nutzen-Verhältnis für die einzelnen Optionen aus und welche ist unter den aktuellen Gegebenheiten (z. B. geringe Investitionsmöglichkeiten, Umsatzpotenzial oder Fachkräftemangel) zu bevorzugen? Die Anforderungen dabei sind vielfältig und betreffen unterschied-liche Bereiche, wie das Controlling, Projekt-, Kapazitäts-, Qualitäts- und Wissens- management.

Besonders kleine Unternehmen stehen vor der zentralen Herausforderung, die

1 s. Reker 2013, S. 18; Belz u. Steiger 2014, S. 7; Gebauer u. Sagebiel 2015, S. 23

Skalierung von industriellen

Dienstleistungen

SkaDL

Page 21: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

21UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

Leitthema: Industrie & Umwelt – FIR-Forschungsprojekte

notwendigen strategischen und ope-rativen Ressourcen zur Planung und Durchführung einer Expansion bereitzu-stellen. In der Praxis zeigt sich, dass es ein-facher ist, zehn von hundert Mitarbeitern mit der Planung und Durchführung einer Expansion zu beauftragen als einen von zehn Mitarbeitern². Aus wirtschaftlicher Sicht ist es für Unternehmen darüber hi-naus ineffizient, Mitarbeiter mit zunächst nicht wertschöpfenden Tätigkeiten zu be-schäftigen. Dies trifft vor allem auf kleine Unternehmen zu, da diese ihre einzelnen Geschäftseinheiten nicht querfinanzieren können. Dadurch besteht die Gefahr, sich durch eine Expansion finanziell zu übernehmen, sodass der Fortbestand der Unternehmung gefährdet sein kann. Eine weitere Ressourcenknappheit resultiert aus dem vorherrschenden und sich weiter verschärfenden Fachkräftemangel. Die angestrebte Skalierung muss deshalb mit geringem Ressourceneinsatz schnell gewinnbringende Ergebnisse produzie-ren. Zu bewältigende Herausforderungen herrschen dabei sowohl in der Planung als auch in der Durchführung dieser Schritte vor: Prozesse, IT-Struktur, Verant- wortlichkeiten, Mitarbeiter-kompetenzen, Ressourcen und deren Planung müssen

angepasst werden und entsprechend mitwachsen.

Dazu müssen die Erfolgs- und Wachstums-potenziale von industriellen Dienstleistern (insbesondere KMU) besser verstanden werden, um diese auf andere Unternehmen über tragen zu können. Hierzu wird ein Entscheidungstool zur Analyse des Unternehmens und zur Auswahl der rich-tigen Skalierungsstrategie entwickelt. Zur Umsetzung werden Vorgehensmodelle in Form von konkreten Referenzfallstudien entwickelt. Durch die Entwicklung eines modularen Werkzeugkastens mit Methoden und Empfehlungen zur Umsetzung er-folgt eine ressourceneffiziente und er-folgreiche Skalierung. Mithilfe dieser Werkzeuge können unterschiedliche Ausgangssituationen der Unternehmen und deren Strategien berücksichtigt wer-den. Weiterhin steht bei den Methoden eine Reduktion des Fachkräftemangels und der Ressourcenknappheit im Fokus. Im Forschungsvorhaben stehen der Praxisbezug und der direkte Nutzen für Unternehmen im Vordergrund, um diese für den Wettbewerb von morgen zu stärken und Wachstumspotenziale zu nutzen. Hierdurch können die Unternehmen der industriellen Praxis umfassend bei der Skalierung ihres Dienstleistungsgeschäfts hin zu neuen Kunden oder Märkten unterstützt werden.

Im Mai 2020 fand der Kick-off mit den Par tner n des projek tbeg le i tenden Ausschusses statt. Dabei wurden die konk reten Her aus forder ungen der Unternehmen in Bezug auf die Expansion und Skalierung ihres Leistungsangebots aufgenommen. Das rege Interesse und der Austausch zeigten, wie aktuell und wichtig die Thematik in der industriellen Praxis ist. Auch hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklungen der letzten Monate ist der effiziente Einsatz von Ressourcen noch ein-mal verstärkt worden. Eine der Kernfragen in Bezug auf die Strategieauswahl ist, inwie-fern die Skalierung alleine oder mit einem Partner bestritten werden sollte. Hierbei stellt sich für die Unternehmen die zentrale Folgefrage nach dem Geschäftsmodell, da-mit beide Partner von der Zusammenarbeit gleichermaßen profitieren. Nächste ge-plante Schritte sind weitere Gespräche mit dienstleistungsanbietenden Unternehmen und die Aufbereitung der Fallstudien, um eine Morphologie der Leistungs- und Unternehmensmerkmale zu erstel-len. Parallel wird die Strategietypologie erstellt, um einen Überblick über die Möglichkeiten und ihre Kriterien zu er-halten. Die Ergebnisse werden dem pro-jektbegleitenden Ausschuss vorgestellt und durch ihn validiert. Anschließend wird dann eine Eignungsmatr ix er-stellt, die die Morphologie der Unter-2 s. Immerschitt u. Stumpf 2014, S. 5

Bild 1: Vereinfachte Darstellung des Vorgehens im Projekt ‚SkaDL‘ (eigene Darstellung)

Page 22: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

22 UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

FIR-Forschungsprojekte – Leitthema: Industrie & Umwelt

neh mens - und Le is tung smer k male mit der Str ategiet ypologie zusam -menführt. Im Zuge dessen können die Relationen zwischen den Merkmalen der Strategiekonzepte und den unter-nehmensseitigen Merkmalen sowie den Rahmenbedingungen des Marktes be-schrieben und quantifiziert werden. Durch die quantitative Bewertung der Merkmale der Expansionsstrategie kann identifiziert werden, in welchem Maß ein strategisches Konzept zu den Unternehmenszielen und -merkmalen passt.

Literatur

Belz, D.; Steiger, W.: Fortschritt durch Digitalisierung.

Chancen für den Mittelstand. Berlin, März 2014. htt-

ps://www.wirtschaftsrat.de/wirtschaftsrat.nsf/id/

fortschritt-durch-digitalisierung--chancen-fuer-den-

mittelstand-de/$file/WR-Studie%20Fortschritt%20

durch%20Digitalisierung%20-%20Chancen%20

f%C3%BCr%20den%20Mittelstand.pdf (Link zuletzt

geprüft: 01.07.2020)

Gebauer, J.; Sagebiel, J.: Wie wichtig ist Wachstum

für KMU? Ergebnisse einer Befragung von kleinen

und mittleren Unternehmen. Berlin, Juli 2015.

https://www.researchgate.net/profile/Jana_

Gebauer/publication/328225416_Wie_wichtig _ist_

Wachstum_fur_KMU_Ergebnisse_einer_Befragung_

von_kleinen_und_mittleren_Unternehmen/

links/5bbf688b299bf1004c5a48b2/Wie-wichtig-ist-

Wachstum-fuer-KMU-Ergebnisse-einer-Befragung-

von-kleinen-und-mittleren-Unternehmen.pdf (Link

zuletzt geprüft: 01.07.2020)

Immerschitt, W.; Stumpf, M.: Employer Branding für

KMU. Der Mittelstand als attraktiver Arbeitgeber.

Springer Gabler, Wiesbaden 2014.

Reker, J.: [Studie] Digitalisierung im Mittelstand.

Hannover, Mai 2013. https://www2.deloitte.com/

content/dam/Deloitte/de/Documents/Mittelstand/

Digitalisierung-im-Mittelstand.pdf (Link zuletzt

geprüft: 01.07.2020)

Projekttitel: SkaDL

Forschungs-/Projektträger: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi); Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen "Otto von Guericke" e. V. (AiF)

Förderkennzeichen: 20985 N

Projektpartner: Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Logistik der TU München

Internet: skadl.fir.de

Ansprechpartner:

Enno Budelmann, M.Sc.TU München – Forschungsinstitut für Unternehmensführung, Produktion und LogistikWissenschaftlicher MitarbeiterTel.: +49 176 10101029E-Mail: [email protected]

Regina Schrank, M.Litt.FIR e. V. an der RWTH AachenWissenschaftliche MitarbeiterinBereich DienstleistungsmanagementTel.: +49 241 47705-210E-Mail: [email protected]

Page 23: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

23UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

Leitthema: Industrie & Umwelt – FIR-Forschungsprojekte

CDO Aachen 2020 Convention on Digital Opportunities 12. und 13. November 2020

Erfahren Sie, wie die Produktionsplanung und -steuerung sowie die Auftragsabwick-lung für den langfristigen Unternehmenserfolg gestaltet sein müssen, um langfristig zum Erfolg zu führen. Innovative Lösungen wie Process-Mining oder der Einsatz von 5G helfen Ihnen dabei, die Prozesse in Ihrem Unternehmen zu optimieren.

Besuchen Sie uns im Cluster Smart Logistik auf dem RWTH Aachen CampusCampus-Boulevard 55 · 52074 Aachen

Digital Architecture ManagementMit System zum Erfolg

Melden Siesich jetzt an:

cdo-aachen.de

Anzeige

©pe

shko

v -

foto

lia

Page 24: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

24 UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

FIR-Forschungsprojekte – Leitthema: Industrie & Umwelt

Projekt: EIS4IoP

Energieinformationssysteme imInternet of ProductionEnergiebedarfsmanagement zur Kostenreduktion und Nachhaltigkeitssteigerung

Die Energiewende und die damit einhergehende Abkehr von fossilen Energieträgern führen zu einer un-

gleich höheren Volatilität im Stromnetz, die nicht nur die Stromversorger vor neue Herausforderungen in der

Netzstabilisierung stellt, sondern auch die Abnehmerseite zum Handeln zwingt. Durch eine intelligente Steuerung

des Strombedarfs können produzierende Unternehmen niedrige Preise optimal ausnutzen und Hochpreisphasen

vermeiden. Zur Umsetzung bedarf es transparenzsteigernder Maßnahmen, sodass Verbräuche zentral analy-

siert und gesteuert werden können. Dazu gehört die Einführung von Energiemanagementsystemen. In dem

Forschungsprojekt ‚EIS4IoP‘ wird die nutzenmaximierte und anwenderfreundliche Konfiguration notwendiger

Module von Energieinformationssysteme (EIS) im Kontext vernetzter Unternehmen untersucht. Das IGF-

Vorhaben 20983 N der Forschungsvereinigung FIR e. V. an der RWTH Aachen wird über die Arbeitsgemeinschaft

industrieller Forschungsvereinigungen "Otto von Guericke" e. V. (AiF) im Rahmen des Programms zur Förderung

der industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) auf-

grund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.

ur Realisierung von Kostenein-sparpotentialen in Bezug auf die

Energieversorgung produzierender Unternehmen haben sich Energiemanage- mentsysteme (EnMs) etabliert. Vorher- gehende Studien haben gezeigt, dass mit ihrer Verwendung die Energiekosten um bis zu 15 Prozent gesenkt werden können, indem Energiemengen bewegt werden.1 Aber die unmittelbar messbaren Effekte der Kostenreduktion sind bei weitem nicht der einzige Faktor, weshalb die Einführung eines EnMS lohnend für Unternehmen ist. EnMS schaffen Transparenz hinsichtlich des Energieverbrauchs und bieten dadurch langfristige Mehrwerte. Unternehmen, die Kenntnis über produktionsspezi-fische Stromverbräuche haben, können Maschinenzeiten zentral koordinieren und unmittelbar auf die Gegebenheiten des

Z Marktes reagieren. Dies trägt neben den erwähnten Kosteneinsparungen auch zur Versorgungssicherheit in Deutschland bei. Neben diesen indirekten Anreizen ist die Existenz von EnMS und Zertifizierung nach DIN EN ISO 50001 Voraussetzung für die Befreiung von der Stromsteuer nach §9b StromStG.²

Eine weitere Einsatzmöglichkeit von EnMS ist die Bereitstellung der Datengrundlage zur Teilnahme am Regelenergiemarkt. Als Teil eines virtuellen Pools können Kapazitäten am Regelenergiemarkt ver-äußert werden.³

Realistische Erlöse für die Zuschaltung von 500 Kilowatt im Jahr liegen je nach Verfügbarkeit zwischen einigen Tausend bis mehreren Zehntausend Euro (s. Bild 1).

Nicht nur mikroökonomische Erfolge können durch den Einsatz von EnMS er-zielt werden, sondern auch makroökono-mische. Durch die Energiewende steigen die Kosten für die Netzstabilisierung und beliefen sich 2017 auf über 1,4 Milliarden €.4

Eine Verringerung der Netzspitzen er-laubt eine Verringerung der über Netz- entgelte von der Allgemeinheit ge-tragenen Kosten.5 Ein ergänzendes Konzept zum Lastausgleich über den Energienetzbetreiber sind Energiesyn-chronisationsplattformen, die volatile Energieproduktion und -verbrauch mit-einander ausgleichen sollen. Das Konzept

1 s. Hirzel et al. 2011, S. 6 f.² s. Generalzolldirektion (o. J.)3 s. Bundesnetzagentur 2015, S. 694 s. Leuschner 20185 s. Gils 2016, S. 401

Bild 1: Mögliche jährliche Erlöse für Unternehmen durch Teilnahme am Regelenergiemarkt (eigene Darstellung)

Page 25: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

25UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

Leitthema: Industrie & Umwelt – FIR-Forschungsprojekte

besteht aus einer marktseitigen und einer unternehmensseitigen Plattform, die miteinander kommunizieren. Die unter-nehmensinterne Voraussetzung für die Partizipation an einer solchen Plattform ist das Vorhandensein eines EnMS im Unternehmen.6

Zur Umsetzung von EnMS bieten sich IT-gestützte Lösungen an – die sogenannten Energieinformationssysteme (EIS). Ein EIS generiert sämtliche energierelevanten Informationen eines Betriebs und ver-arbeitet, strukturiert und verteilt diese anschließend.7 Es ergeben sich jedoch Konflikte bei der Implementierung. Denn jedes Unternehmen besitzt ein unterneh-mensindividuelles Zielsystem, auf das das EIS abgestimmt werden muss. In den für das Energiemanagement relevanten Dimensionen des Zielsystems können bei-spielweise die Ziele Energiebezugspreis-, Abgaben- und Energieeinsatzreduktion, Lastglättung und Flexibilitätssteigerung genannt werden, die untereinander po-sitive oder negative Wechselwirkungen und Rückkoppelungen besitzen. Nach der Definition der wesentlichen Ziel-dimensionen stellt die Integration des EIS in die bereits bestehende IT-Architektur die nächste Hürde dar. Dieser komplexe Einführungsprozess und mangelndes Wissen auf Seite der kleinen und mittleren Unternehmen sowie fehlende finanzielle Ressourcen sind aus unternehmerischer

Sicht die negativen Aspekte, die den Vorzügen eines EIS gegenüberstehen.

Dabei sind EIS nicht die einzigen IT-Systeme, die in Unternehmen im Einsatz sind. Die Anzahl und Relevanz der IT-Systeme und der darin gespeicherten Daten nimmt, getrieben durch die Digitalisierung, immer weiter zu. Das Internet of Production (IoP) wird in Aachen entwickelt und stellt eine Referenzarchitektur für das agile, datenge-triebene Unternehmen dar.8

Grundsätzlich müssen EIS in die existie-renden IT-Systeme integriert und konnek-tiert werden. Das IoP stellt dabei einen Rahmen bereit, der Aussagen hinsichtlich der Verortung von EIS zulässt (s. Bild 2).

Ziel des Forschungsprojekts ‚EIS4IoP‘ ist es daher, öffentlich im Internet zugängliche Hilfsmittel zur Einführung eines EIS bereit-zustellen. Anhand eines Gestaltungsmodells zur Einführung von EIS soll so der Nutzer durch diese geführt werden. Dazu soll zunächst ein hierarchisches Zielsystem identifiziert werden, wodurch später eine unternehmensspezifische Energiestrategie abgeleitet werden kann. Anhand eines vorgegebenen Funktionskatalogs können benötigte Funktionen beschrieben und im Internet of Production verortet werden. Dabei ist es eine wesentliche Aufgabe, Abhängigkeiten zwischen Funktionen und Zielen zu ermitteln, sodass jedem ausge-

6 s. Bauer et al. 2017, S. 3197 s. Roscher 2016, S. 69 f.8 s. Brecher et al. 2017, S. 174

Bild 2: Darstellung der Internet-of-Production(IoP)-Infrastruktur (eigene Darstellung)

wählten Ziel die dazugehörigen Funktio-nalitäten zugeordnet und untereinander priorisiert werden können. Die gewonnenen Ergebnisse werden in einem Demonstrator-Tool zusammengefasst, das dem Anwender die Informationsbeschaffung erleichtern soll. So kann anhand der ausgewählten Ziele auf die notwendige Funktionsarchitektur in der IoP-Infrastruktur geschlossen und auf Beschreibungen der Funktionen durch Anklicken zurückgegriffen werden. Hierbei werden unterschiedliche Anwenderrollen berücksichtigt. Das Vorgehen ist auch in Bild 3 (s S. 26) dargestellt. Abschließende Schritte stellen zum einen die Erprobung bei 2 KMU und 2 GU sowie zum anderen die Dokumentation und Dissemination dar. Nach der Validierung der Methode und des Tools durch Praxispartner werden Verbesserungsvorschläge eingearbeitet und die Forschung, Industrie und Öffentlichkeit laufend über Fortschritte informiert.

Literatur

Bauer, D.; Abele, E.; Ahrens, R.; Bauernhansl, T.; Fridgen, G.; Jarke, M.; Keller, F.; Keller, R.; Pullmann, J.; Reiners, R.; Reinhart, G.; Schel, D.; Schöpf, M.; Schraml, P.; Simon, P.: Flexible IT-platform to Synchronize Energy Demands with Volatile Markets. In: Procedia CIRP 63 (2017), S. 318 – 323.

Page 26: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

26 UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

FIR-Forschungsprojekte – Leitthema: Industrie & Umwelt

Brecher, C.; Broos, A.; Butz, F.; Epple, A.; Fey, M.; Kaever, M.; Köhler, W.; Königs, M.; Lange, M.; Neus, S.; Queins, M.; Weigold, M.; Wellmann, F.; Wille, H.; Zapf, B.: Nutzen und Potenziale modellbasierter Datenanalyse. In: Internet of Production für agile Unternehmen. AWK Aachener Werkzeugmaschinen-Kolloquium 2017. Hrsg.: C. Brecher; F. Klocke; R. Schmitt; G. Schuh. Apprimus, Aachen 2017,, S. 163 – 195.

Bundesnetzagentur (Hrsg.): Bericht Netz- entgeltsystematik Elektrizität. Bonn, Dezember 2015. www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Downloads/DE/Sachgebiete/Energie/Unternehmen_Institutionen/Netzentgelte/Netzentgeltsystematik/Bericht_Netzentgeltsystematik_12-2015.pdf?__blob=publicationFile&v=1 (Link zuletzt geprüft: 07.07.2020)

Bild 3: Zielbild – Einsatz der EIS4IoP-Ergebnisse für ein Unternehmen, das datengestütztes Energiemanagement betreiben möchte (eigene Darstellung)

Projekttitel: EIS4IoP

Forschungs-/Projektträger: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi); Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen "Otto von Guericke" e. V. (AiF)

Förderkennzeichen: 08545/18

Projektpartner: Buschhoff GmbH & Co. KG; Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli GmbH; DFA Demonstrationsfabrik Aachen GmbH; e.GO Mobile AG; ENLYZE GmbH; Mainzer Stadtwerke AG; optivendo GmbH; Scheibinox OHG; smartlab Innovationsgesellschaft mbH; Thomas Magnete GmbH; wobe-team GmbH

Internet: eis4iop.fir.de

Ansprechpartner:

Mathis Niederau, M. Sc.FIR e. V. an der RWTH AachenWissenschaftlicher MitarbeiterBereich InformationsmanagementTel.: +49 241 47705-505E-Mail: [email protected]

Generalzolldirektion (Hrsg.): Steuerent- lastung nach § 10 StromStG (Spitzenausgleich). Grundsätzl iches. https://w w w.zoll .de/DE/Fa chth e m e n /Ste u e r n / Ve r b ra u ch s te u e r n /St r o m /St e u e r b e g u e n s t i g u n g /St e u e r e n t- lastungen/Steuerentlastung-nach-Par-10-StromStG/Grundsaetzliches/grundsaetzliches_node.html (Link zuletzt geprüft: 07.07.2020)

Gils, H. C.: Assessment of the theoretical demand response potential in Europe. In: Energy 67 (2014), S. 1 – 18.

Hirzel, S.; Sontag, B.; Rohde, C.: Betriebliches Energiemanagement in der industr iel len Produktion. Karlsruhe, 15.09.2011. https://www.isi.fraunhofer.de/content/dam/isi/dokumente/

cce/2011/Kurzstudie_Energiemanagement.pdf (Link zuletzt geprüft: 07.07.2020)

Leuschner, U.: Entschädigungen für "Ausfallarbeit" durch Abregelung von EEG-Anlagen 2009 bis 2017 in Millionen Euro. Juni 2018. https://www.udo-leuschner.de/energie-chronik/180602.htm (Link zuletzt geprüft: 08.07.2020)

Roscher, M.: Referenzmodell einer Energie-informationssystemarchitektur (EnISA) für pro-duzierende Unternehmen. In: Smart Energy 2016. Digitalisierung der Energie-versorgung – Treiber und Getriebene. Hrsg.: U. Großmann; I. Kunold; C. Engels. vwh, Glückstadt 2016.

Page 27: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

Leitthema

Gesellschaft & Digitalisierung Welche Chancen und Herausforderungen bringt die Digitalisierung aller Bereiche unseres Lebens mit sich und wie können wir diese zum Wohl von Individuum und Gesellschaft gestalten?

Page 28: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

28 UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

FIR-Forschungsprojekte – Leitthema: Gesellschaft & Digitalisierung

Projekt: TechRad

Effektive Digitalisierung von Design-Workshops Vorgehen am Beispiel des Wireframings in einer Cloud-Applikation

Aufgrund der überwältigenden Menge an Informationsquellen wird ein systematisches Technologie-

management, insbesondere für KMU, immer schwieriger. Daher hat das Projekt ‚TechRad‘ zum Ziel, den

Technologiescouting-Schritt in diesem Prozess durch einen softwareplattformbasierten Radar zu automa-

tisieren, der KMU eine permanent aktuelle, individuelle Übersicht über verfügbare Technologien bereit-

stellt. Der TechRadar wird durch KI-Algorithmen automatisch Daten aus relevanten Quellen sammeln, die

Relevanz der jeweiligen Technologie (d. h. ihren Reifegrad) bewerten und diese dann auf einer Radarkarte

visualisieren. Als Teilziel dieses Projekts muss eine intuitiv zu bedienende grafische Benutzeroberfläche

entwickelt werden. Die Anforderungsaufnahme dafür wird häufig in einem Wireframing-Workshop

durchgeführt. Die Umstellung des normalerweise physischen Workshop-Formats auf ein virtuelles ist

Hauptthema des Artikels. Das Vorhaben IT-2-1-025a / EFRE-0801386 der Forschungsvereinigung FIR e. V.

an der RWTH Aachen wird über den PTJ durch den europäischen Fond für regionale Entwicklung in NRW

(EFRE) mit Mitteln der Europäischen Union (EU) gefördert.

ie Diversität und Anzahl digi-taler Vernetzungstechnologien steigen rapide an. So wird da-

von ausgegangen, dass sich bis 2025 die Zahl der IoT-Geräte im Vergleich zu heute mehr als verdreifacht haben wird. KMU fehlt bislang eine ressourcen-schonende Methode, um sich aktuelles Wissen über neue Technologietrends anzueignen, diese frühzeitig zu erken-nen und deren Dynamik zu verfolgen.1 D iese Problematik wird im Projek t ‚TechRad‘ adressiert. Forschungsziel ist die Erstellung einer Technologiescouting-Plattform, in der KMU auf Basis auto-matischer Recherche Informationen über ak tuel le Technolog ien, deren Anwendungskontext und Reifegrad er-halten. Schlüsseltechnologien für diese automatische Recherchefunktionalität sind dabei das Web-Crawling und KI-basierte Verarbeitung von Sprache, das sogenannte Natural Language Processing.

Wie für jede Sof tware ist dabei die Gestaltung des User-Interface (UI), der Schnittstelle zum Anwender, von großer Bedeutung. Ein gutes User-Inter face zeichnet sich durch eine intuitiv erfass-bare Bedienung und Übersichtlichkeit

D aus. Darüber hinaus muss die Darstellung der Zielgruppe entsprechen. Da der Technologieradar für unterschiedliche Anwendergruppen zugänglich sein soll, ist die Anforderungsaufnahme vor der Entwicklung der Benutzeroberfläche eine Herausforderung, bei der die Perspektive aller Konsortialpartner eingebunden werden sollte. Der ursprünglich dafür anvisierte, gemeinsam am FIR stattfinden sollende Workshop-Termin wurde jedoch durch die COVID-19-Pandemie verhindert. Daher wurde gemeinsam mit dem für die Front-End-Entwicklung hauptverantwort-lichen Konsortialpartner i2solutions ein virtuelles Workshop-Konzept erarbeitet. Im Rahmen dieses Beitrags werden der Schritt vom physischen zum virtuellen Workshop sowie die dafür notwendigen Vorbereitungen beleuchtet.

Virtualisierung des Workshops

In der A ppl ik at ions - und Webpro -grammierung haben sich Industr ie -standards und Best Practices für die Erstellung des Front-Ends etablier t, welche auch für die Entwicklung der Benutzerober f läche beim TechRad-Projekt eingesetzt werden. Diese Vor-

gehensweisen helfen Anbietern, indem sie eine produktivere Entwicklung er-möglichen, und dienen den Usern, da diese aufgr und wiedererkennbarer Standards auch neue Anwendungen in-tuitiv bedienen können. Eine dieser Best Practices ist der Wireframing-Prozess im frühen Entwicklungsstadium der UI. Ein Wireframe dient der grafischen Veranschaulichung von Funktionalitäten der Benutzeroberfläche (s. Bild 1, S. 29). In diesem Schritt werden die Grobstruktur und Funktionalität der Benutzeroberfläche konzipiert. Im Gegensatz zum späteren UI-Design stehen hierbei nicht Farbauswahl, Details und Ästhetik im Vordergrund, sondern vielmehr die Strukturierung der Verlinkungen auf und zwischen den Seiten.

An der so gestalteten Anforderungs-au f nahme können auch Nicht- P ro -grammierer teilnehmen. Diese Veranstalt-ung als Workshop mit allen Stakeholdern zu veranstalten ermöglicht es, sicherzu-stellen, dass alle Kernfunktionalitäten der Anwendung von der Benutzeroberfläche abgebildet werden. Auf den Ergebnissen

1 s. Statista 2016

Page 29: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

29UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

Leitthema: Gesellschaft & Digitalisierung – FIR-Forschungsprojekte

Bild 1: Beispiel für einen erstellten Wireframe (eigene Darstellung)

des Workshops aufbauend können Front-End-Entwickler ein wohldefiniertes Projekt angehen.

In einem UI-Workshop werden die Wire-frames in Echtzeit präsentiert, disku-tiert und verändert. Dabei entfaltet sich das Potenzial der skizzenhaften Heran-gehensweise. Ideen können schnell ge-formt und kommuniziert werden, ohne dass aufwendige Änderungsarbeiten vorgenommen werden müssen. Bei einem physischen Treffen werden erste Entwürfe oft an Whiteboards oder Metaplanwänden angezeichnet und schnell angepasst und überarbeitet. Diese visuelle Unterstützung ist ein Schlüsselelement, um Ideen ver-ständlich zu transportieren.

Die Hauptaufgabe bei der Virtualisierung liegt also darin, ein geeignetes „virtu-elles Whiteboard“ umzusetzen. Es exi-stieren bereits Software-Lösungen am Markt, die solche Funktionalitäten bie-ten. Das Vorgehen bei der Entscheidung für eine dieser Lösungen er folgte in drei Schritten: Anforderungsdefinition, Recherche und Bewertung. Das Ziel, Wireframing umzusetzen, implizier t bereits Anforderungen an das auszuwäh-lende Visualisierungstool. Zusammen mit den Spezifika des Forschungsprojekts ergab sich so ein deutliches Zielbild, was die Software zur Durchführung des Workshops ermöglichen muss:

• Screensharing und ggf. kollaboratives Arbeiten

• einfache Erstellung und Veränderung von UI-Elementen

• Speicherung und Möglichkeit des Teilens

• webbasierte oder einfache Installation

Auf Basis dieser Kriterien wurde sich für eine Cloud-Anwendung mit Browser- zugr if f entschieden. Solche Anwen-dungen er möglichen kollaboratives Arbeiten an Dokumenten wie Wire-frames in Echtzeit. Zudem muss durch das Software-as-a-Service-Konzept in der Web-Umgebung kein Programm in-stalliert werden. In Bild 2 findet sich ein mit der Anwendung erstellter Wireframe. Zusammen mit einer Video-Konferenz-software konnten somit alle Elemente des

Bild 2: Konzept der ‚TechRad‘- Such-Ergebnisseite (eigene Darstellung, erstellt mit Balsamiq)

Page 30: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

30 UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

FIR-Forschungsprojekte – Leitthema: Gesellschaft & Digitalisierung

kollaborativen Arbeitens im physischen Workshop virtuell abgebildet werden. Dies wurde durch das positive Feedback der Teilnehmer bestätigt. Durch das aus-gewählte Tool konnten die Wireframes intuitiv erstellt werden. Entgegen der Erwartungen steigerte das Vorgehen im Workshop die Aufmerksamkeit der Teilnehmer und führte zu einem mit einem physischen Workshop vergleichbaren Arbeitsergebnis.

Das e infache, dreite i l ige Vorgehen zur Auswahl ist dabei auch bei ande-ren Workshops anwendbar. Denkbar sind verschiedene Ausbaustufen und Komplexitätsgrade; von einer einfachen Abstimmung bis hin zum koordinierten

Arbeiten an Dokumenten, Modellen und Zeichnungen ist einiges denkbar. So können weitere, im vorliegenden Kontext nicht genannte Anforderungen an die Durchführung des Workshops, wie Raumtrennung, Präsentationen und spie-lerische Elemente, in den meisten Fällen heutzutage durch Software abgebildet werden. Wichtig sind dabei die struktu-rierte Aufnahme der Erwartungen und Anforderungen sowie die eng daran ori-entierte Auswahl passender Werkzeuge.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die virtuelle Durchführung von Workshops – auch solcher, bei denen grafisch oder mit besonderen Werkzeugen gearbeitet wer-den muss – möglich und empfehlenswert

ist. Wir möchten mit diesem kurzen Artikel dazu inspirieren, Arbeit und Projekte in unsicheren Zeiten nicht stagnieren zu las-sen, sondern mit innovativen Lösungen zu neuem Leben zu verhelfen. Wenn Sie mehr über die Umsetzung digitaler Workshops wissen möchten, wenden Sie sich gerne an das ‚TechRad‘-Projektteam.

Literatur

Statista Research Development (Hrsg.): Internet of Things (IoT) connected devices installed base worldwide from 2015 to 2025 (in billions). https://www.statista.com/stati-stics/471264/iot-number-of-connected-devices-worldwide/ (Link zuletzt geprüft: 16.06.2020)

Projekttitel: TechRad

Forschungs-/Projektträger: EU; LeitmarktAgentur.NRW – Projektträger Jülich Forschungszentrum Jülich GmbH

Förderkennzeichen: EFRE-0801386 / IT-2-1-025

Projektpartner: DWF Germany Rechtsanwaltsgesellschaft mbH; i2solutions GmbH; KEX Knowledge Exchange AG; RapidMiner GmbH

Internet: techrad.fir.de

Ansprechpartner:

Max-Ferdinand Stroh, M.Sc. FIR e. V. an der RWTH AachenWissenschaftlicher MitarbeiterBereich InformationsmanagementTel.: +49 241 47705-510E-Mail: [email protected]

Justus Benning, M.Sc. FIR e. V. an der RWTH AachenWissenschaftlicher MitarbeiterBereich InformationsmanagementTel.: +49 241 47705-509E-Mail: [email protected]

Page 31: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

31UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

Leitthema: Gesellschaft & Digitalisierung – FIR-Forschungsprojekte

Projekt: SewGuide

Intelligente Echtzeit-Unterstützung des Anlernprozesses bei industriellen NähmaschinenEntwicklung eines ‚Retrofit-Kits‘ als Arbeiterhilfsmittel für Maschinen im Handwerk

Ziel des ‚SewGuide‘-Projekts ist es, den Ausbildungsprozess von Näharbeiten künftig mithilfe eines digitalen

Anlernassistenten zu unterstützen, zu individualisieren und zu beschleunigen. Dazu werden mit der Hubert

Schmitz GmbH, einem der führenden Unternehmen für moderne Schutzbekleidungen (bekannt etwa für die

S-GARD® Schutzkleidungen), ausbildungsrelevante Inhalte generiert und in ein digitales Format transformiert.

Der digitale Assistent ‚SewGuide‘ wird dem Auszubildenden an der Nähmaschine diese Inhalte interaktiv zur

Verfügung stellen. Weiterhin wird mittels Nachrüstung geeigneter Hardware der individuelle Nähprozess

analysiert und als Feedback in die Lerninhalte integriert werden. Das Projekt soll eine Grundlage für das

Wissensmanagement und die Wissensorganisation in handwerklichen Produktionen hinsichtlich eines digi-

talen Assistenzsystems an Maschinen schaffen. Dieses Vorhaben wird mit Mitteln des Bundesministeriums

für Bildung und Forschung unter dem Förderkennzeichen 02K19K013 gefördert.

ie Ergebnisse des Forschungs- projekts ‚SewGuide‘ sollen letzt- lich dazu dienen, das Wissens-

management und die Wissensorganisation in der handwerklichen Produktion von textilen Schutzbekleidungen maßgeblich und langfristig zu verbessern und zu professionalisieren. Inhalt des Projekts ist die Gestaltung des gleichnamigen digitalen Assistenten und interaktiven Lehrers, des ‚SewGuides‘, der in der Konfektionsindustrie den Mitarbeiter beim Anlernprozess an der Nähmaschine und bei der Durchführung des Nähprozesses unter-stützen wird. Im Rahmen der Gestaltung wird produktionsspezifisches Wissen aufgenommen, für den Lernprozess di-gital aufbereitet und die anzulernende Nähmaschine mit geeigneten Technologien für die Aufnahme von Echtzeitdaten aufge-rüstet. Die aggregierten Daten sollen für die Unterstützung des Nähprozesses in Form des digitalen Assistenten bereitge-stellt werden.

Das Projekt wird von der Hubert Schmitz GmbH als Experten in der Konfektionsindustrie koordiniert und mit der Formitas AG sowie der Tinkerforge GmbH für die technische Umsetzung durchgeführt.

D Durch die zunehmende Abwanderung der Bekleidungsindustrie nach Asien entstehen neben wirtschaftlichen Einbußen auch Wissensverluste in der Bekleidungsindustrie. Or tsansässige Exper ten, speziell im Bereich der Nähtechniken und Konfektion, werden somit zu Wissensträgern und müssen zunehmend Nachwuchskräfte ausbilden. Insbesondere bei qualitativ herausfordernden Konfektionisten, wie den Spezialtextilproduktionen, ist die Ausbildung essenziell für die Gewährleistung von Sicherheits- oder Schutzfunktionen und die Arbeiterbetreuung dementspre-chend intensiv. Die überschaubare Zahl an Experten steht folglich einem wachsenden Bedarf an Lehrkräften und deren individu-ellen Lernprozessen gegenüber.

Die Anforderungen an die Ausbildung in der Nähindustrie konkretisieren sich dabei in der grundlegenden Lehre des Handwerks, dem Sichvertrautmachen mit der Nähmaschine und dem wiederholten Anlernen des spezifischen Schnitts für das wechselnde vorliegende Werkstück. Des Weiteren bedarf der Auszubildende individuellen Feedbacks zu seinem per-sönlichen Werkprozess für eine beschleu-nigte Lernkurve. Vereinzelt existieren

zwar Unterstützungssysteme für die Bekleidungsindustrie, die Installation ist jedoch mit hohen Kosten verbunden und erfordert eine Schnittstelle zu der beste-henden Infrastruktur.

Im Projekt ‚SewGuide‘ sol l e in sol -ches Unterstützungssystem als digi-taler Assistent umgesetzt werden. Die Anbindung der Nähmaschine erfolgt dabei mittels eines zu entwickelnden Retrofit-Kits. Dazu werden zunächst die An-forderungen an den digitalen Assistenten ‚SewGuide‘ mit dem Konsortialführer Hubert Schmitz GmbH aufgenommen und die Probleme beim Erlernen des Berufs der Näherin/des Nähers analy-siert. Anschließend werden Funktionen eines digitalen Assistenzsystems ana-lysiert sowie Lerninhalte definiert, die den Anlernprozess unterstützen. Ein zusätzlicher Fokus wird dabei auf der Bereitstellung von individuellem Feedback liegen, welches sich aus Echtzeitdaten des Nähprozesses im Vergleich zu den Solldaten ableitet. Es folgen drei parallele Spezifikationen, die der Entwicklung der benötigten Hardware zur Nachrüstung der Nähmaschinen (Tinkerforge GmbH), der Gestaltung der Lerninhalte (Hubert

Page 32: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

32 UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

FIR-Forschungsprojekte – Leitthema: Gesellschaft & Digitalisierung

Projekttitel: SewGuide

Forschungs-/Projektträger: Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF); Projektträger Karlsruhe – PTKA Förderkennzeichen: 02K19K013

Projektpartner: formitas Gesellschaft für IuK-Technologie mbH; S-GARD® Schutzkleidung | Hubert Schmitz GmbH; Tinkerforge GmbH

Internet: sewguide.fir.de

Ansprechpartner:

Lucas Wenger, M.Sc.FIR e. V. an der RWTHBereich InformationsmanagementWissenschaftlicher MitarbeiterTel.: +49 241 47705-506E-Mail: [email protected]

Sebastian Kremer, M.Sc.FIR e. V. an der RWTHBereich InformationsmanagementWissenschaftlicher MitarbeiterTel.: +49 241 47705-515E-Mail: [email protected]

Schmitz GmbH und FIR) und der Umsetzung der Edutainmentoberfläche als digitale Assistenz-App (Formitas AG) dienen. Die Entwicklungsergebnisse werden schließlich bei dem Aufbau eines Demonstrators am FIR in ein System zusammengeführt und nach erfolgreichem Test bei der Hubert Schmitz GmbH in die Produktion der S-GARD® Schutz-kleidungen implementiert. Der digitale Assistent ‚SewGuide‘ wird somit beispiels-weise eine in Lernschritte unterteilte,

interaktive Anleitung zu dem auszufüh-renden Schnitt auf einem dazugehörigen Display bereitstellen. Mittels Daten von Sensoren an der Nähmaschine, wie etwa zu Nähgeschwindigkeit und Stoffzugabe, ist zusätzlich individuelles Feedback verfügbar.

Der ‚SewGuide‘ soll nicht nur in der Kon-fektionsindustrie die Implementierung digitaler Assistenzsysteme vorantreiben. Zusätzlich soll damit eine erweiterte

Grundlage für das Wissensmanagement und die Wissensorganisation in an-deren handwerklichen Industrien ge-schaffen werden. Das Konzept des di-gitalen Assistenten ‚SewGuide‘ kann demzufolge auch in Produktionen jen-seits der Bekleidungsindustrie dazu die-nen, die Ausbildung des Handwerks und das Anlernen von Maschinen mit Assistenzsystemen zu unterstützen.

Page 33: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

20. Oktober 2020Wertschöpfungsnetzwerke in turbulenten Zeiten

SUPPLY-CHAIN-MANAGEMENT

Melden Sie sich jetzt an:

fir-thementag.de

Besuchen Sie uns im Cluster Smart Logistik auf dem RWTH Aachen CampusCampus-Boulevard 55 · 52074 Aachen

Anzeige

Page 34: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

34 UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

FIR-Forschungsprojekte – Leitthema: Gesellschaft & Digitalisierung

Projekt: INEDIT

Weiterentwicklung der europäischen industriellen Zusammenarbeit in der Möbelindustrie Gestaltung eines nachhaltigen Geschäftsmodells für Co-Creation-Ökosysteme

Die Möbelbranche erlebt derzeit einen Wandel im Werteverständnis der Kunden: Der Besitz von Möbeln allein

stiftet für viele Kunden keinen Wert mehr, erst die Erfüllung individueller Bedürfnisse und gesellschaftlicher

Aspekte wie nachhaltige Produkte stiftet hohen Kundennutzen. Eine Lösung zur Berücksichtigung individu-

eller Bedürfnisse und höherer Nachhaltigkeit ist, den Kunden schon beim Design der Möbel als Partner auf

Augenhöhe zu integrieren. Das Projekt ‚INEDIT‘ hat zum Ziel, durch den „Do-it-together“-Ansatz und mithilfe

einer digitalen Plattform eine enge Kooperation zwischen Kunden und Möbelherstellern zu entwickeln.

Mit transaktionalen Geschäftsmodellen, die auf dem einmaligen Verkauf des Möbelstücks aufbauen, kann

dieser Ansatz jedoch nicht umgesetzt werden, sodass neue Geschäftsmodelle entwickelt werden müssen.

Dazu wird im Folgenden ein Vorgehen zur Entwicklung kollaborativer und nachhaltiger Geschäftsmodelle

vorgestellt. Das Projekt wird im Rahmen des „Horizon-2020-Arbeitsprogramms für Forschung & Innovation

2018 – 2020“ der Europäischen Union mit ca. 6 Millionen Euro gefördert.

ange Zeit wurde der Wer t von Möbeln für den Endkunden vor allem mit dem Produkt selbst in

Verbindung gebracht. Angetrieben durch die Digitalisierung und den damit ver-bundenen Wandel gesellschaftlicher Anforderungen ändert sich jedoch auch das Werteverständnis der Kunden. Das Resultat der Nutzung der Produkte, also die Erfüllung individueller Anforderungen, wie beispielsweise Möbel ohne gefähr-liche Kanten für blinde Menschen sowie Aspekte wie Nachhaltigkeit, rücken stärker in den Kundenfokus. Demgemäß muss das Leistungsangebot um indivi-dualisierte Services und Leistungen er-weitert werden. Um diese individuellen Anforderungen als Produzent und/oder Designer besser zu verstehen und zu adressieren, müssen die Kunden bereits an der Entwicklung der Möbel beteiligt werden. Hierzu müssen jedoch in der bisher vor allem durch Massenproduktion ge p r äg te n B r a n c h e n e ua r t ige G e -schäf tsmodelle entwickelt werden, damit sowohl Kunden als auch neue Stakeholder in die Produktgestaltung integriert werden können. In dem ge-

L meinsam mit 13 Partnern aus 8 Ländern durchgeführten EU-Projekt ‚INEDIT‘ wird hierzu ein sogenannter „Do-it-together“-Ansatz entwickelt, der dazu dienen soll, in einem Co-Creation-Prozess die Kunden, Dienstleister zur Kundenunterstützung (Designer und Handwerker) und Möbel-hersteller zu befähigen, mithilfe einer digitalen Plattform auf Augenhöhe mit-einander individualisierte und nachhaltige Möbel zu entwickeln.

Bisher sind bereits Plattformen vor-handen , übe r d ie d ie Ku nden ih re Kreativität in die Produktentwicklung einfließen lassen können. Auf diesen Plattformen ist es jedoch nicht mög-lich, individualisierte und gleichzeitig bezahlbare Möbel zu entwickeln. Die Geschäftsmodelle der Plattformen sind entweder stark auf Kunden und deren Kreativ ität ausger ichtet oder durch Hersteller oder Herstellernetzwerke dominier t. In beiden Fällen werden nicht alle Stakeholder auf Augenhöhe miteinander verknüpft. Innerhalb der kundenorientierten Plattformen kann zwar das Kreat iv itätspotenzial der

Kunden entfaltet werden, doch fehlt es hier an Produktionskompetenz, wodurch lediglich leicht zu fertigende Produkte (beispielsweise ein Design-Futternapf für Haustiere) entwickelt werden kön-nen, aber keine produktionstechnisch anspruchsvollen Möbel. Innerhalb der produktionsorientierten Plattformen ist tiefe Produktionskompetenz vor-handen, doch die Kunden agieren hier nicht als gleichberechtigte Par tner, sodass deren Kreat iv itätspotenzial nicht entfaltet wird (s. Bild 1, S. 35). Die Geschäftsmodelle der bereits be-stehenden Plattform-Ökosysteme ver-einen nicht beide Vor tei le, da eine Verbindung der Kunden und Hersteller als gleichwertige Partner in einem Co-Creation-Prozess fehlt. Diese Verbindung wird im Projekt ‚INEDIT‘ durch eine Kollaborationsplattform, innovative Tools (beispielsweise Virtual-Reality-Unter- stützung beim Möbeldesign), Design-Coaches, Handwerker und lokale Kollabo-rationswerkstätten geschaffen.

Demzufolge besteht in diesem Projekt die Aufgabe des FIR darin, ein Vorgehen

Page 35: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

35UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

Leitthema: Gesellschaft & Digitalisierung – FIR-Forschungsprojekte

Bild 1: Aktuelle Situation: Die existierenden Plattformen sind entweder konsumenten- oder produktionsorientiert (eigene Darstellung)

zur Entwicklung von nachhaltigen Co-Creation- Geschäftsmodellen zu ent-wickeln, das alle Stakeholder des „Do-it-together “- Ökosystems integr ier t. Mithilfe dieses Vorgehens werden an-schließend Geschäftsmodelle abgeleitet und im Projektkontext ausgetestet. Das entwickelte Vorgehen besteht aus einem vierphasigen Modell (s. Bild 2). In der ersten Phase wird das Geschäftsfeld defi-niert. Ziel ist es, die momentane Situation der einzelnen Stakeholder (Kunden, Designer, Praktiker, Produzenten) ab-zubilden. Als Ergebnis resultier t aus

dem Schritt eine Stakeholder-Matrix, in der für die einzelnen Stakeholder Wertschöpfungspotenziale, mögliche Geschäftskonzepte, Geschäftsfelder und Collaboration-Tools aufgeführt sind. In der zweiten Phase werden die relevanten Geschäftselemente ermittelt. Hierzu wird der Co-Creation-Prozess auf der Plattform ausgestaltet. Innerhalb dieses Prozesses werden Geschäftselemente wie Touchpoints, Informationsflüsse und Wertflüsse zwischen den einzel-nen Stakeholdern herausgearbeitet. Das Ergebnis der zweiten Phase ist

e i n D iag r a m m , i n de m E r e ig n iss e, Handlungen sowie Entscheidungen der jeweiligen Stakeholder abgeleitet und Schnit tstel len aufgezeig t wer-de n . A u f bau e n d da r au f e r fo lg t i n der dritten Phase die Ermittlung von Geschäftsoptionen der Stakeholder. Dafür wird die Stakeholder-Matrix um Erlösoptionen und Kostenquellen erwei-tert und die einzelnen Optionen werden dem passenden Stakeholder zugeordnet. In der abschließenden vierten Phase werden für jeden Stakeholder und die Plattform einzelne Geschäftsmodelle

Bild 2: Vorgehen zur Entwicklung eines nachhaltigen Geschäftsmodells (eigene Darstellung)

Page 36: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

36 UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/202036 UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/202036 UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

FIR-Forschungsprojekte – Leitthema: Gesellschaft & Digitalisierung

Projekttitel: INEDIT

Forschungs-/Projektträger: Europäische Union (EU)

Förderkennzeichen: 869952

Projektpartner: Asociacion De Investigacion Metalurgica Del Noroeste (AIMEN); Centro di Ricerca e Innovazione tecnologica srl (CRIT srl); Crowd Prediction (CROWD); Ecole Nationale Supérieure d‘Arts et Métiers (ENSAM); Hanzehogeschool Groningen Stichting (HUAS); Instituto De Desenvolvimento De Novas Tecnologias Associacao (UNINOVA); Scm Group Spa (SCM); Scuola Universitaria Professionale Della Svizzera Italiana (SUPSI); Steinbeis Innovation & Management GmbH (SEZ); Technology Transfer Systems srl (TTS); Transition Technologies Psc Spolkaz Ograniczona Odpowiedzialnoscia (TTPSC); Universite De Lorraine (UL);

Veragouth Sa (Vera)

Internet: inedit.fir.de & inedit-project.eu

Ansprechpartner:

Tobias Leiting, M.Sc., M.Sc.FIR e. V. an der RWTH AachenWissenschaftlicher MitarbeiterBereich DienstleistungsmanagementTel.: +49 241 47705-232E-Mail: [email protected]

Andreas Külschbach, M.Sc.FIR e. V. an der RWTH AachenWissenschaftlicher MitarbeiterBereich ProduktionsmanagementTel.: +49 241 47705-417E-Mail: [email protected]

gestaltet. Als Grundlage dient dabei das Konzept des Business-Model-Canvas.

D ieses Vo r geh en s te l l t i m P ro jek t ‚INEDIT‘ die Grundlage dar, um nach-haltige Co-Creation-Geschäftsmodelle für die Möbelindustrie zu entwickeln.

Das entwickelte Vorgehen fokussiert im Gegensatz zu existierenden Plattformen nicht die Prozesse eines Stakeholders, sondern es werden nach dem „Do-it-together“-Ansatz die Prozesse aller Stakeholder berücksichtigt. Hierdurch kann erstmals das bisher nicht ausrei-

chend genutzte Potenzial des Kunden während der Produktentwicklung aus-geschöpft werden. Dabei ist hervorzuhe-ben, dass das Vorgehen nicht nur auf die Möbelbranche, sondern auch auf weitere Industrien anwendbar ist.

36 UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

Page 37: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

37UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

Leitthema: Gesellschaft & Digitalisierung – FIR-Forschungsprojekte

Projekt: Smart Speaker

Einsatz von Sprachassistenzsystemen in der Wertschöpfung von KMU des Maschinen- und AnlagenbausVorgehensmodell zur Identifikation nutzenstiftender Einsatzszenarien für Sprachassistenzsysteme für KMU

Während Sprachassistenzsysteme im privaten Kontext weit verbreitet sind, existieren im industriellen Bereich

nur vereinzelte Anwendungsbeispiele. Im Rahmen des Forschungsprojekts ‚Smart Speaker‘ wird genau dieser

Mangel adressiert. Ziel des Projekts ist die Entwicklung eines Vorgehensmodells, welches Industrieunternehmen

zum Einsatz von Sprachassistenzsystemen befähigen soll. Das IGF-Vorhaben 20983 N der Forschungsvereinigung

FIR e. V. an der RWTH Aachen wird über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen

Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) aufgrund eines

Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.

prachassistenzsysteme – auch als Smart Speaker bezeichnet – fin-

den sich in immer mehr Privat-haushalten. Hierzu zählen Assistenten wie Google Home (Google Assistant), Apple HomePod (Siri) oder Amazon Echo (Alexa). Ein Überblick über die Funktionsweise von Sprachassistenzsystemen, die nachfolgend beschrieben werden, bietet Bild 1.

Der Nutzer kommuniziert über gespro-chene Sprache mit einem Voice-User-Interface (1). Diese Hardware-Schnittstelle kann ein Smartphone, Kopfhörer, Mikrofon oder ähnliches sein (2). Sie erfasst die ge-sprochene Sprache und leitet sie als Input an eine Recheneinheit weiter. Dort werden nacheinander verschiedene Software-

S Blöcke gestar tet. Zunächst wird die Sprachnachricht – welche aus akustischen Schwingungen bestehend vorliegt – mit-hilfe eines „Speech-to-Text-Algorithmus“ (STT) in geschriebene Wörter umgewan-delt (3). Im nächsten Schritt werden aus dem daraus entstandenen Text durch einen NLP- bzw. NLU-Algorithmus die für die Erkennung der Absicht des Nutzers notwendigen Informationen gewon-nen (4). Diese können aus bestimmten Signalwörtern bestehen, sich aber auch auf den Kontext oder Formulierungen beziehen. Nachdem die Intention des Nutzers feststeht, werden im Dialogue-Management entsprechende Aktionen ausgeführt (5). Hierfür kann etwa über APIs auf weitere Software zugegriffen

(beispielsweise Datenbanken) oder eine Nachfrage an den Nutzer gestellt werden, falls Informationen fehlen. Nachfragen oder auch eine fertige Antwort an den Nutzer werden zunächst als geschriebene Wörter übermittelt. Diese können wahl-weise direkt zum Lesen an den Nutzer übermittelt werden, über einen „Text-to-Speech-Algorithmus“ (TTS) in gesprochene Sprache – akustische Schwingungen – um-gewandelt oder anderweitig verarbeitet werden (6). Der Nutzer erhält die Antwort dementsprechend über ein Display oder das Voice-User-Interface.1

1 s. Li et al. 2016, S. 10; Yu u. Deng 2015, S. 101 f,; Singh et al. 2019, S. 73; Taylor 2009, S. 40f.

Bild 1: Funktionsweise von Sprachassistenzsystemen (eigene Darstellung)

Page 38: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

38 UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

FIR-Forschungsprojekte – Leitthema: Gesellschaft & Digitalisierung

2 s. Kreutzer u. Sirrenberg 2019, S. 149; Kruse Brandão u. Wolfram 2018, 273 f. und S. 297 – 299; Hörner 2019, S. 43 und S. 158 ff.

Im privaten Bereich kommen Sprach-assistenzsysteme beispielsweise im Automobil zur Sprachsteuerung des Navigationssystems oder von Multimedia-Anwendungen zum Einsatz. Im Gegensatz zum privaten Kontext existieren im in-dustriellen Bereich aktuell bisher nur wenige Anwendungen. Bekannte An-wendungsbeispiele beschränken sich auf die Pick-by-Voice-Technologie in der Lagerlogistik oder die Verwendung von Chat-Bots im Kundenservice.2

Ziel des Forschungsprojekts ‚Smar t Speaker‘ ist es, die beschriebene For-schungslücke zu schließen und indus-tr iel le Unter nehmen zu befähigen, Sprachassistenzsysteme einzusetzen, um so ihre Unter nehmensprozesse schneller, stabiler und effizienter gestal-ten zu können. Hierfür wird im Projekt

‚Smart Speaker‘ ein Vorgehensmodell zur Einführung von Sprachassistenzsystemen entwickelt und parallel mit einem pro-jektbegleitenden Ausschuss erprobt und validiert. Das Vorgehensmodell umfasst sechs Schritte und ist in Bild 2 dargestellt.

Das erste Arbeitspaket dient dazu, die Unternehmensprozesse zu identifizie-ren und zu analysieren, die sich für den Einsatz von Sprachassistenzsystemen eignen. Hierfür werden zwei Unterschritte durchgeführt: Zunächst erfolgt im er-sten Unterschritt ein grobes Screening möglicher Prozesse. Mithilfe von Prozess-charakteristika, die als Eignungsmaß für Einsatzmöglichkeiten von Sprach-assistenzsystem dienen, werden aus einer Vielzahl möglicher Prozesse diejenigen identifiziert, die das höchste Potenzial bie-ten. Diese werden im zweiten Unterschritt

Bild 2: Vorgehensmodell zur Einführung von Sprachassistenzsystemen (eigene Darstellung)

im Rahmen einer Ist-Prozess-Analyse de-tailliert betrachtet.

Gleichzeitig werden im zweiten Arbeits-paket die bestehenden Technologien untersucht. Hierbei werden kommerziell ver fügbare Smar t-Speaker-Lösungen und -Produkte betrachtet. Ziel des Arbeitspakets ist eine Marktübersicht der Technologien und entsprechender Anbieter. Das dritte Arbeitspaket ist eine Synthese der ersten beiden Arbeitspakete. Die im ersten Schritt analysierten Ist-Prozesse und die im zweiten Schritt eru-ierten Technologien werden gemeinsam mit den Unternehmen des projektbeglei-tenden Ausschusses zu Einsatzszenarien für Sprachassistenzsysteme zusam-mengeführ t. Im vier ten Schritt wer-den die Einsatzszenarien einer Kosten-Nutzen-Analyse unterzogen. Ziel ist die

Prozessanalyse

Einsatzszenarien vonSprachassistenz-

systemen

Bewertungskatalogund Potenzial-Mix

Umsatzvoraussetzungen für die EinsatzszenarienWo können wir

Sprachassistenzsysteme einsetzen?

Wie ist ein potenziellesEinsatzszenario ausgestaltet?

Welchen Nutzen und welcheKosten sind mit dem

Einsatzszenario verbunden?

Wie kann das gewählteEinsatzszenario

implementiert werden?

Welche Technologien und Anbieter gibt es am Markt?

Technologie undAnbieter

Smart-Speaker-KITT-Playbook

Schritt 1 von 2:

Identifikation und Screening

von relevanten Prozessen

Schritt 2 von 2:

Detaillierte Analyse der in Schritt 1 identifizierten

Prozesse

Page 39: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

39UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

Leitthema: Gesellschaft & Digitalisierung – FIR-Forschungsprojekte

Entwicklung einer Bewertungsmethodik zur Priorisierung von Einsatzszenarien mit hohem Potenzial. Darauf aufbau-end werden im fünf ten Schr it t die Umsetzungsvoraussetzungen für die Einsatzszenarien betrachtet. Parallel werden in Arbeitspaket 6 die Ergebnisse der zuvor beschriebenen Arbeitspakete sukzessive gesammelt, konsolidiert und interessierten Unternehmen in Form eines visuell ansprechenden Playbooks zugäng-lich gemacht.

Literatur

Hörner, T.: Marketing mit Sprachassistenten. So

setzen Sie Alexa, Google Assistant & Co strategisch

erfolgreich ein. Springer Gabler, Wiesbaden 2019.

Kreutzer, R. T.; Sirrenberg, M.: Künstliche Intelligenz

verstehen: Grundlagen – Use-Cases – unternehmen-

seigene KI-Journey. Springer, Wiesbaden [u. a.] 2019.

Kruse Brandão, T.; Wolfram, G.: Digital Connection.

Die bessere Customer Journey mit smarten

Technologien – Strategie und Praxisbeispiele.

Springer, Wiesbaden [u. a.] 2018.

Li, J.; Deng, L.; Haeb-Umbach, R.; Gong, Y.: Robust

automatic speech recognition. A bridge to practical

applications. Academic Press (an imprint of Elsevier),

Waltham (MA) 2016.

Singh, A.; Ramasubramanian, K.; Shivam, S.: Building

an Enterprise Chatbot: Work with Protected

Enterprise Data Using Open Source Frameworks.

APRESS, New York 2019.

Taylor, P.: Text to speech synthesis. Prentice Hall,

Upper Saddle River (NJ) 2009.

Yu, D.; Deng, L.: Automatic Speech Recognition.

Speech a deep learning approach. Springer, London

[u. a.] 2015.

Projekttitel: Smart Speaker

Forschungs-/Projektträger: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi); Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen "Otto von Guericke" e. V. (AiF)

Förderkennzeichen: 20983 N

Projektpartner: IPRI International Performance Research Institute gemeinnützige GmbH

Internet: smart-speaker.info

Ansprechpartner:

Thies Bach, M.Sc.FIR e. V. an der RWTH AachenWissenschaftlicher MitarbeiterBereich ProduktionsmanagementTel.: +49 241 47705-405E-Mail: [email protected]

Eren Cirit, M.Sc.FIR e. V. an der RWTH AachenWissenschaftlicher MitarbeiterBereich ProduktionsmanagementTel.: +49 241 47705-418E-Mail: [email protected]

Page 40: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

40 UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

FIR-Forschungsprojekte – Leitthema: Gesellschaft & Digitalisierung

Projekt: Fit4Platform

Bewertung und Implementierung von digitalen Plattformen in der KontraktlogistikEntscheidungstool und Umsetzungsstrategien zum Beitritt oder Aufbau von Logistikplattformen

Die fortwährende Digitalisierung sämtlicher Industriezweige macht auch vor kleinen und mittleren

Unternehmen (KMU) der Logistikbranche nicht Halt und fördert so den Aufbau neuer und bis dato

unkonventioneller Vertriebswege. Im Projekt ‚Fit4Platform‘ wird dazu ein öffentliches, frei nutz-

bares Entscheidungstool zur Auswahl der passenden Logistikplattform entwickelt und durch Um-

setzungsstrategien zur Einführung und Nutzung ergänzt. Logistikdienstleister haben so die Möglichkeit,

effizient die richtige Plattform für ihr Geschäftsmodell zu selektieren und aufwandsarm zu implementieren.

In der ersten Phase des Projekts werden die derzeitigen Plattformlösungen am Markt evaluiert und über

Morphologien den Bedarfen der Logistikbranche gegenübergestellt. Das Forschungsprojekt wird feder-

führend vom FIR e. V. an der RWTH Aachen in Kooperation mit dem IPRI International Performance Research

Institute durchgeführt und durch einen projektbegleitenden Ausschuss aus Logistikunternehmen validiert.

Das Projekt ‚Fit4Platform‘ (Förderkennzeichen: 20802 N) wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und

Energie (BMWi) im Rahmen der Richtlinie über die Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung

(IGF) gefördert.

ie l des For schungsvor habens ‚Fit4Platform‘ ist es, KMU der Kontraktlogistik, die derzeit eta-

blierte Geschäftsmodelle nutzen, bei der er folgreichen und zugleich auf-wandsar men Implementierung digi -taler Platt for men in ihre bestehen-den Geschäftsmodelle zu unterstüt-zen. Durch die große Bandbreite des Leistungsangebots in der Kontrakt-log ist ik können die Ergebnisse un -mittelbar in der gesamten Logistik-d ienst le istung sbr anche umgese t zt werden. Aufgrund der Vielfalt an di-gitalen Logistikplattformen, die bei-spielsweise als digitaler Marktplatz, zu r Ef f iz i e n z s te i ge r u n g o d e r Ve r-mittlung von Lagerflächen fungieren können, entsteht für Unter nehmen e in Ent scheidung sproblem bei der Bewertung und Auswahl der passenden Plattformstrategie. Als Ergebnis des Projekts wird daher eine quantitative Bewertungsmethode entstehen, damit Logistikdienstleister beispielsweise auf-bauend auf den ermittelten Preis- und Leistungsstrukturen zielgerichtet selek-tieren können, welcher bestehenden digi-talen Plattform sie beitreten. Zudem wer-

Z den Managementstrategien entwickelt, um KMU die Gründung einer eigenen digitalen Plattform sowie die notwen-dige Unternehmenstransformation zu erleichtern. Hierbei wird der erkannten Herausforderung der unzureichenden Auswahl- und Umsetzungsexpertisen zur Implementierung digitaler Platt- formen bei Unternehmen der Logistik-d iens t le is tu ng sbr anche begeg ne t . In diesem Kontext werden auch die

Qualitätskriterien (z. B. Risikofaktoren für die Nutzer, Matchingqualität) einer dig italen Platt for m def inier t sowie Einflussfaktoren wie Netzwerkeffekte oder das Mult i - und Single -Homing ber ück sicht ig t . Zudem werden d ie Optionen stets mit der A lter native keiner Nutzung digitaler Plattformen verglichen. Das angestrebte Projektziel ist in Bild 1 illustriert.

Bild 1: Projektziel visualisiert im Entscheidungstool Umsetzungsstrategien für Logistikdienstleister (eigene Darstellung)

Wertschöpfungs-netzwerk

Hauptdatenquelle

Kundenschnittstelle

Transportmodus

Geographische Abdeckung

Pricing-mechanismus

Erlösmodell

Kernleistung

Haupt-kundennutzen

Tracking-Service

Marktstruktur

zusätzliche Services

Logistik-Assets

Val

ue-

Pro

po

siti

on

Val

ue-

Arc

hit

ectu

reV

alu

e-N

etw

ork

Val

ue-

Fin

ance

Merkmale Ausprägungen

Transport Management-Software TechnologieWarehousingDatenservice

Prozessoptimierung VergleichMatchingVisibility

eventbasiert keineReal-Time

einseitig mehrseitigzweiseitig

komplementäre (digitale) Services Fokusphysische Komponenten

Orchestrierung (keine) keineNetzwerkKontrolle (bestehende)

unternehmensintern Unternehmensökosystemzwischenbetrieblich

getrackt und selbst generiert

mehrere Quellenexterne DatenKundendaten

webbasiert beideappbasiert

LKW keinemultimodal/unabhängig

lokal global/unabhängignationalregional

Subscription MischformPay-per-Usetransaktionsabhängig

preisbasiert featurebasiertnachfragebasiert

Page 41: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

41UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

Leitthema: Gesellschaft & Digitalisierung – FIR-Forschungsprojekte

Kontraktlogistikdienstleister werden mit-tels der neuen Erkenntnisse befähigt, die Potenziale von digitalen Plattformen zu nut-zen und somit ihre Wettbewerbsfähigkeit langfristig sicherzustellen. So steigt in der Logistikbranche beispielsweise der Druck durch Branchenverschmelzungen, wie sich am Beispiel eines E-Commerce-Anbieters zeigt, der inzwischen auch Logistikdienstleistungen anbietet.1

Für KMU der Logistikbranche bieten digi-tale Plattformen neben den Risiken des Kundenkontaktverlusts zahlreiche Vorteile hinsichtlich der Gewinnung neuer Kunden, der Optimierung von Auslastungen und Routen, der Sicherheitsmaximierung für Fahrer sowie der Kosteneinsparung aus den Optimierungen. Für die Existenz vieler Logistikunternehmen mit etablier-ten Geschäftsmodellen, insbesondere Kontraktlogistikunternehmen, die auf-grund des Vertragsverhältnisses beson-ders auf die direkte Kundenbeziehung angewiesen sind, ist es daher zwingend er-

forderlich, dass sie die Potenziale digitaler Plattformen erkennen und nutzen. Um dies künftig zu erleichtern, wurde in der ersten Phase des Projekts eine Marktanalyse bestehender Plattformen durchgeführt und eine Typologie entwickelt sowie das Leistungsangebot etablierter Logistik-dienstleister kategorisiert. Nach diesen und weiteren Erkenntnissen aus den ersten Projekttreffen werden insbeson-dere erweiterte Frachtbörsen, Visibility-Plattformen und Warehousing-Plattfor-men untersucht. Erweiterte Frachtbörsen umfassen dabei digitale Marktplätze zum Handel von Ganz- und Teilladungen sowie Transportkapazitäten zwischen Verladern und Logistikdienstleistern. V isibil ity-Plattformen sind Anbieter von Datenservices zur Steigerung der Transparenz in Supply-Chains und Ware-housing-Plattformen ein Marktplatz für On-Demand-Lagerkapazitäten.

In parallelen Handlungssträngen wur-den mithilfe von Experteninterviews

die Grundlagen der zwei folgenden Morphologien (s. Bild 2 und Bild 3, S. 42) gelegt, sodass daraus eine Entscheidungs-u n te r s t ü t zu n g f ü r L o g i s t i kd i e n s t- le ister, abhäng ig von deren spezi -f ischem Le is tung s angebot , ent w i -ckelt werden kann. Die Morphologie des Angebots vorhandener Logistik-plattformen (s. Bild 2) wurde in Anlehnung an das Business-Modell ‚Value-Framework‘ erstellt. Entsprechend diesem Business-Modell ergeben sich die vier Kernbereiche Value-Proposition, Value-Architecture, Value-Network und Value-Finance, de-nen jeweils Merkmale zugeordnet sind.² Im Kernbereich Value-Proposition wird neben weiteren Dimensionen (s. Bild 2) d ie Ker nle istung der betr achteten Plattformen beleuchtet. Dabei wurden in der ersten Phase des Projekts die Aus-prägungen ‚Transport‘, ‚Daten-Service‘, ‚Warehousing‘, ‚Management-Software‘ und ‚Technologie‘ als für diese Dimension relevant herausgearbeitet. Beispielhaft für den Bereich der Value-Architecture

Wertschöpfungs-netzwerk

Hauptdatenquelle

Kundenschnittstelle

Transportmodus

Geographische Abdeckung

Pricing-mechanismus

Erlösmodell

Kernleistung

Haupt-kundennutzen

Tracking-Service

Marktstruktur

zusätzliche Services

Logistik-Assets

Val

ue-

Pro

po

siti

on

Val

ue-

Arc

hit

ectu

reV

alu

e-N

etw

ork

Val

ue-

Fin

ance

Merkmale Ausprägungen

Transport Management-Software TechnologieWarehousingDatenservice

Prozessoptimierung VergleichMatchingVisibility

eventbasiert keineReal-Time

einseitig mehrseitigzweiseitig

komplementäre (digitale) Services Fokusphysische Komponenten

Orchestrierung (keine) keineNetzwerkKontrolle (bestehende)

unternehmensintern Unternehmensökosystemzwischenbetrieblich

getrackt und selbst generiert

mehrere Quellenexterne DatenKundendaten

webbasiert beideappbasiert

LKW keinemultimodal/unabhängig

lokal global/unabhängignationalregional

Subscription MischformPay-per-Usetransaktionsabhängig

preisbasiert featurebasiertnachfragebasiert

Bild 2: Morphologie des Angebots bestehender, digitaler Logistikplattformen (eigene Darstellung)

1 s. Grotemeier u. Lehmacher 2016, S. 772 s. Al-Debei et al. 2008, S. 8

Page 42: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

42 UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

FIR-Forschungsprojekte – Leitthema: Gesellschaft & Digitalisierung

kann die Dimension der vorhandenen Logistik-Assets genannt werden. In die-ser Dimension gibt es die Ausprägungen ‚Orchestrierung (keine Assets)‘, ‚Kontrolle (bestehende Assets)‘, ‚Netzwerk‘ und ‚keine‘. Die weiteren Dimensionen mit den dazugehörigen Ausprägungen sind in Bild 2 dargestellt.

Die zweite Morphologie, die das Angebot von Logistikdienstleistern abbildet (s. Bild 3), lässt sich in acht verschiedene Merkmale mit entsprechenden Aus-

3 s. Grüner 1997, S. 684 s. Bach et al. 2003, S. 3

Merkmal Ausprägung

Val

ue-

Fin

ance

Wertschöpfungsnetzwerk Beschaffungsnetzwerk Distributionsnetzwerk Produktionsnetzwerk

Val

ue-

Arc

hit

ectu

re

Transportmittel

Lagerdichte

Val

ue-

Net

wo

rk

Erlösmodell Subscription transaktionsabhängig Pay-per-Use Mischform

regional national Europa weltweit

LuftfrachtStraßengüter-

verkehrSchienengüter-

verkehrWasserverkehr

multimodal /unabhängig

Val

ue-

Pro

po

siti

on

Stapelbarkeit

Ladehilfsmittel tragend umschließend abschließend

Versandtempo Next Day Over Night Direktfahrt

Gewicht / Volumeneinheit

Frachtzustand

Zusatzleistungen

Kernleistungen Lagerleistungen Transportleistungen

Umschlagsleistungen

1t / 6m³ (Luftverkehr)1t / 3m³ (Güterkraft- und

Bahnverkehr) 1t / 2m³

(Binnenschiffverkehr)1t / m³ (Seeschifffahrt)

flüssig fest gasförmig

vorhanden nicht vorhanden

physische Zusatzleistungen dispositive Zusatzleistungenadministrative Zusatzleistungen

Versandfrequenz stündlich täglich monatlich jährlich

Umschlagsleistungen

prägungen aufteilen. Beispielhaft sei auch hier die Kernleistung genannt, in welcher die Bereiche ‚Lagerleistung‘, ‚Tran-sportleistung‘ und ‚Umschlagsleistung‘ aufgeführt sind.³

Der zweite Bereich beinhaltet das Wert-schöpfungsnetzwerk, das eine hybride Organisationsform beschreibt, bei der Unternehmen in kooperative Beziehungen verflochten sind. Hierbei agiert jedes Unternehmen als eine Einheit, das die spe-zifischen Kompetenzen und Ressourcen ins Netzwerk einbringt, um so an der Optimierung der netzwerkbezogenen Wertschöpfung beteiligt zu sein.4

Als Ausprägungen seien hier Beschaff-ungs-, Distributions- und Produktions- netzwerk genannt. ‚Value-Network‘ the-matisiert u. a. Transportmittel, womit ins-besondere die Auswahl eines geeigneten Transportmittels beschrieben wird und deren Entscheidungskriterien von Zeit und Geld abhängig sind. Des Weiteren besteht eine Abhängigkeit zwischen den Anforderungen an die Fracht und dem Ser viceniveau, welches dem Kunden entgegengebracht werden soll.5 Die Ausprägungen entsprechen den üblichen verfügbaren Transportmitteln.

Bild 3: Morphologie des Leistungsangebots von Logistikdienstleistern, entwickelt aus Experteninterviews im Rahmen von Fit4Platform (eigene Darstellung)

Page 43: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

43UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020 43UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020 43UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

Leitthema: Gesellschaft & Digitalisierung – FIR-Forschungsprojekte

Merkmal Ausprägung

Val

ue-

Fin

ance

Wertschöpfungsnetzwerk Beschaffungsnetzwerk Distributionsnetzwerk Produktionsnetzwerk

Val

ue-

Arc

hit

ectu

re

Transportmittel

Lagerdichte

Val

ue-

Net

wo

rk

Erlösmodell Subscription transaktionsabhängig Pay-per-Use Mischform

regional national Europa weltweit

LuftfrachtStraßengüter-

verkehrSchienengüter-

verkehrWasserverkehr

multimodal /unabhängig

Val

ue-

Pro

po

siti

on

Stapelbarkeit

Ladehilfsmittel tragend umschließend abschließend

Versandtempo Next Day Over Night Direktfahrt

Gewicht / Volumeneinheit

Frachtzustand

Zusatzleistungen

Kernleistungen Lagerleistungen Transportleistungen

Umschlagsleistungen

1t / 6m³ (Luftverkehr)1t / 3m³ (Güterkraft- und

Bahnverkehr) 1t / 2m³

(Binnenschiffverkehr)1t / m³ (Seeschifffahrt)

flüssig fest gasförmig

vorhanden nicht vorhanden

physische Zusatzleistungen dispositive Zusatzleistungenadministrative Zusatzleistungen

Versandfrequenz stündlich täglich monatlich jährlich

Umschlagsleistungen

Im weiteren Projektverlauf wird aus den Morphologien die Entscheidungsgrundlage für das Anwendungstool erarbeitet. Ergänzt um die Entwicklung von Strategien

Projekttitel: Fit4Platform

Forschungs-/Projektträger: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi); Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen "Otto von Guericke" e. V. (AiF)

Förderkennzeichen: 20802 N

Projektpartner: IPRI International Performance Research Institute gemeinnützige GmbH; aixtema GmbH Digitale Lösungen; Albert Craiss GmbH & Co. KG Internationale Spedition; Club of Logistics e. V.; Couplink Group AG; Friedrich Zufall GmbH & Co. KG Internationale Spedition; GV Management GmbH; Heinrich Koch Internationale Spedition GmbH & Co. KG; Logistik-Cluster Schwaben e. V. (LCS); myOpenFactory Software GmbH;

Simon Hegele Gesellschaft für Logistik und Service mbH; Spedition Schumacher International GmbH; Südzucker AG Hauptverwaltung Mannheim; TOP Mehrwert-Logistik GmbH & Co. KG; Transporeon GmbH

Internet: fit4platform.fir.de

Ansprechpartner:

Daniel Pause, M.Sc.FIR e. V. an der RWTH AachenWissenschaftlicher MitarbeiterBereich ProduktionsmanagementTel.: +49 241 47705-410E-Mail: [email protected]

Jonas Haas, M.Sc. IPRI International Performance Research InstituteTel.: +49 711 6203268-8006E-Mail: [email protected]

Lukas Stratmann, M.Sc.FIR e. V. an der RWTH AachenWissenschaftlicher MitarbeiterBereich Business-TransformationTel.: +49 241 47705-317E-Mail: [email protected]

und Maßnahmen für den Beitritt oder Aufbau digitaler Plattformen kann so in den nächsten 1,5 Jahren eine vollstän-dige Entscheidungsunterstützung für

5 s. Sure 2017, S. 266

Logistikdienstleister hinsichtlich digitaler Plattformen veröffentlicht werden.

43UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

Page 44: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

44 UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

FIR-Forschungsprojekte – Leitthema: Gesellschaft & Digitalisierung

Projekt: DaFuER

Anwendung der Datenfusion bei der Erfassung und Speicherung betrieblicher RückmeldedatenSteigerung der Datenqualität betrieblicher Rückmeldedaten durch Methoden der Datenfusion

Dieser Artikel gibt einen einführenden Überblick über die Ziele des Forschungsprojekts ‚DaFuER‘ und das Vorgehen in

demselben. Ziel des Forschungsprojekts ist es, Methoden der Datenfusion zur Steigerung der Datenqualität im Kontext

betrieblicher Rückmeldedaten anzuwenden. Hierzu soll im Vorhaben die Frage beantwortet werden, wie durch Ansätze der

Datenfusion eine hinreichende Qualität von Rückmeldedaten in der Produktion kosteneffizient sichergestellt werden kann.

Das IGF-Vorhaben 20579 N der Forschungsvereinigung FIR e. V. an der RWTH Aachen, Campus-Boulevard 55, 52074 Aachen wird

über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium

für Wirtschaft und Energie (BMWi) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.

urch die zunehmende Globa-l i s ie r u ng s teh en p ro duzie -rende Unternehmen vor der

Herausforderung, hochindividuelle Pro-dukte zu niedrigen Kosten effizient her-zustellen. Besonders in Hochlohnländern, in denen hauptsächlich hochwer tige Produktionsgüter hergestellt werden, muss dazu eine immer flexiblere Fertigung ermöglicht werden.1 Dies wird erst durch Fortschritte in digitalen Technologien umsetzbar: Durch eine Darstellung des realen Produktionsfortschritts, nahe-zu in Echtzeit, gelingt es, schnell auf Änderungen des Produktionsablaufs zu reagieren. Damit solche Entscheidungen jederzeit richtig und schnell getroffen werden können, ist eine solide Daten-grundlage unabdingbar.2

Die Basis dafür bi lden betr iebl iche Rück meldedaten. Diese beinhalten u n te r a n de r e m l og is t is c h e Da te n , Personalzeitdaten, Maschinendaten, Betriebsdaten, Qualitätsdaten, aber auch Leistungsdaten.³ In der Praxis reicht die Art der Datenerfassung von händischen Eintragungen über gefertigte Mengen und benötigte Zeiten in das IT-System bis

D hin zu einer Anbindung an vorhandene Maschinen und Transportsysteme, die Mengen mit einem Zeitstempel versehen in das IT-System übertragen.4

Um gute Entscheidungen im Rahmen der Produktionssteuerung sowie Kalkulationen des operativen Produktionscontrollings treffen zu können, sind vor allem eine hohe Datenkonsistenz und deren Wider-spruchsfreiheit notwendig.5 Des Wei-teren bildet eine verlässliche Datenbasis die Grundlage für Prozessoptimierung und die anschließende Verarbeitung der Daten im Rahmen von Big-Data-Analysen. Da die Datenaufbereitung für spezifische Analysen bis zu 80 Prozent des Arbeitsaufwands ausmacht, kann eine korrekte und präzise

Aufnahme betrieblicher Rückmeldedaten Kosten sparen und schnellere Prozess-verbesserungen ermöglichen. Der direkte Einfluss mangelhafter Daten lässt sich auch anhand des Unternehmensumsatzes bemessen. So wurde bereits 1998 in einer Studie von Redman nachgewiesen, dass durch mangelhafte Datenqualität bis zu 12 Prozent weniger Unternehmensumsätze erzielt werden konnten.6

Entgegen der Bedeutung für den wirt-schaftlichen Erfolg eines Unternehmens wird die Datenqualität bei KMU zurzeit oft als unzureichend eingeschätzt.7

Zudem haben Erfahrungen aus vorherigen Forschungsprojekten des FIR (iProd, bigPro)

1 s. Niehues et al. 2017, S. 1692 s. Müller 2000, S. 14; Nayar 1993, S. 51 – 583 s. VDMA 2009, S. 34 s. Kletti 2015, S. 19 – 215 s. Bauer 2003, S. 156 s. Redman 1998, S. 82 7 s. SPATH 2013, 92 ff.

Bild 1: Verortung der Daten- und Decisionfusion in der Wissenspyramide (eigene Darstellung i. A. a. Wolf et al. 1999, S. 748)

Page 45: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

45UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

Leitthema: Gesellschaft & Digitalisierung – FIR-Forschungsprojekte

gezeigt, dass reale Rückmeldeprozesse eine exakte Rückmeldung oft verhindern. Nach Apel et al. sind Gründe hierfür ein mangelndes Problembewusstsein, man-gelhaftes Design der Eingabemasken, die Heterogenität der Datenquellen sowie fehlende Ressourcen für die Erfassung der Daten. Diese ungünstige Prozess-gestaltung führt zu einer Verzerrung der Rückmeldedaten und daher zu einer schlechten Datenqualität.8

Neben dem Einsatz zusätzlicher Sen-sorik stellt die Verknüpfung vorhan-dener Datenquellen eine kostengün-stigere Alternative zur Steigerung der Datenqualität dar. Damit eignet sich diese insbesondere zur Implementierung bei KMU. Das Forschungsprojekt ‚DaFuER‘ zielt zu diesem Zweck auf eine Steigerung der Datenqualität von Rückmeldedaten durch systemorientier te, technische Ansätze ab. Hierbei werden insbesondere die relevanten Rückmeldedaten für die Produktionssteuerung und das operative Produktionscontrolling fokussiert.

Bei der Betrachtung der Datenqualitäts- steigerung sollen insbesondere Methoden der Datenfusion und der Decisionfusion

8 s. Apel et al. 2015, S. 379 leiholder u. Naumann 2011, S. 5910 s. Bleiholder u. Naumann 2006, S. 211 s. Castanedo 2013, S. 15

eingesetzt werden. Unter dem Begriff der Datenfusion wird die „Zusammenführung mehrerer verschiedener Datensätze, die alle dasselbe Objekt einer realen Welt beschreiben“9, verstanden. Dabei folgt auf eine Prüfung der Schemen der ein-zelnen Datensätze (beispielsweise der Spalteneinträge) das Schema-Mapping, eine Duplikatsprüfung. Zuletzt werden auftretende Datenkonflikte bereinigt. Insbesondere im letzten Schritt lassen sich nach Bleiholder u. Neumann verschiedene Methoden beschreiben, welche sich in ihrer Komplexität bei der Umsetzung unterschei-den. Hierzu zählen beispielsweise einfache Ansätze wie „Take the Information“, der einen vorhandenen Wert einem leeren Feld vorzieht, oder aber auch ein Vergleich mit großen Datenbanken („Trust your Friends“) sowie der Abgleich mit häufig auftretenden Werten („Cry with the wolfes“).10

In Analogie zur Wissenspyramide wird bei der Vereinigung von Informationen (verarbeiteten Daten und Mustern) von Decisionfusion gesprochen (s. Bild 1, S. 46). Ziel ist es hierbei, eine Schlussfolgerung aus den verschiedenen vorhandenen Informationen abzuleiten, wobei auf-grund von Datenqualitätsmängeln auch

widersprüchliche Informationen vorliegen können.11

In der Praxis lassen sich diverse An- wendungsfälle im Bereich der Produk- t ionssteuerung und des operativen Produktionscontrollings finden. So ist beispielsweise eine häufig auftretende Problematik die genaue Bestimmung der Durchlaufzeiten und Rüstzeiten. Dabei wer-den Zeiten einzelner Bearbeitungsschritte oder möglicher Störungen oft nicht durch geeignete Rückmeldeprozesse oder Rück-meldepunkte erfasst. Dies führt dazu, dass die Datenqualität in Bezug auf verschie-dene Beschreibungsdimensionen nicht korrekt ist.

Bei der Bestimmung der Datenqualität wer-den nach Wang u. Strong vier Dimensionen und entsprechende Kriterien unterschie-den. Die Dimension der intrinsischen Datenqualität untersucht den Inhalt eines Datensatzes anhand der Kriterien der Glaubwürdigkeit, der Genauigkeit, der

Bild 2: Datenfusion bei der Rückmeldungen eines Rüstprozesses (eigene Darstellung)

Page 46: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

46 UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

FIR-Forschungsprojekte – Leitthema: Gesellschaft & Digitalisierung

Objektivität und der Reputation. Bei der Dimension der kontextuellen Datenqualität wird ein Datensatz bezüglich seines Nutzens beurteilt (Kriterien: Mehrwert, Relevanz, Aktualität, Vollständigkeit und Datenmenge). Weiterhin lässt sich die repräsentative Datenqualität anhand der Darstellung einzelner Datensätze bewerten, sodass die Kriterien der Interpretierbarkeit, Verständlichkeit, Einheitlichkeit und Über-sichtlichkeit relevant sind. Die letzte Dimension der Datenqualität ist die zu-gangsbezogene Datenqualität. Dabei wird eingeschätzt, wie ein Datensatz in Bezug auf die Kriterien der Erreichbarkeit und der Zugriffssicherheit im System vorliegt.12

Im Forschungsprojekt ‚DaFuER‘ werden unter anderem auch Anwendungsfälle für die genaue Bestimmung der Prozesszeiten untersucht. So variieren beispielsweise die systemseitig erhobenen Rüstzeiten bei einem Projektpartner sehr stark, wodurch eine effektive Produktionssteuerung wie auch eine Nachkalkulation der einzelnen Produkte nicht aussagekräftig sind (s. Bild 2, S. 45). Durch die Fusion bereits vorhandener Datenquellen, wie zum Beispiel der Rüst-Rückmeldungen, der Störungsmeldungen, der Auftrags- und Personaldaten, können Datenkonflikte aufgelöst und die gesamte Datenqualität gesteigert werden. Dabei wird nicht nur die inhaltliche Datenqualität verbessert, sondern es werden auch weitere Datenqualitätsdimensionen (z. B. die Nutzung oder Darstellung der Daten) angesprochen.

Literatur

Apel, D.; Behme, W.; Eberlein, R.; Merighi, C.: Datenqualität erfolgreich steuern. Praxislösungen für Business-Intelligence-Projekte. 3., überarb. und erw. Auflage. dpunkt.verl., Heidelberg 2015.

B au e r , J . : P r o d u k t i o n s c o n t r o l l i n g m i t SAP ® -Systemen . Ef f iz ientes Control l ing , Logistik- und Kostenmanagement moderner Produktionssysteme. 2., aktualis . u. er w. Auflage. Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden 2003.

Bleiholder, J.; Naumann, F.: Conflict Handling Strategies in an Integrated Information System. Humboldt-Universität, Berlin 2006. https://hpi.de/fileadmin/user_upload/fachgebiete/nau-

12 s. Wang u. Strong 1996, S. 20

mann/publications/IIWeb06.pdf (Link zuletzt geprüft: 15.06.2020)

Bleiholder, J.; Naumann, F.: Kurz erklärt. Datenfusion. In: Datenbank-Spektrum 11 (2011) 1, S. 59 – 61.

Castanedo, F.: A review of data fusion techniques. In: The Scientific World Journal (2013), 19 S. https://www.researchgate.net/publication/259003916_A_Review_of _Data_Fusion_Techniques/fulltext/54a1196f0cf267bdb9017265/A-Review-of-Data-Fusion-Techniques.pdf (Link zuletzt geprüft: 15.06.2020)

Kletti, J. (Hrsg.): MES – Manufacturing Execution System. Moderne Infor-mationstechnologie un-terstützt die Wert-schöpfung. 2. Auflage. Springer Vieweg, Berlin [u. a.] 2015.

Müller, J.: Transformation operativer Daten zur Nutzung im Data Warehouse. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden 2000. – Zugl.: Bochum, Univ., Diss., 1999.

Nayar, M.: Achieving Information Integrity. I n : I n f o r m a t i o n Sy s t e m s M a n a g e m e n t 10 (1993) 2, S. 51 – 58.

Niehues, M.; Reinhart, G.; Schmitt, R.; Schuh, G.; Brambring, F.; Ellereich, M.; Elser, H.; Frank, D.; Groggert, S.; Gützlaff, A.; Heinrichs, V.; Hempel, T.; Kostyszyn, K.; Ngo, H.; Niendorf, L.; Permin, E.; Prote, J.-P.; Reuter, C.; Türtmann, R.: Organisation,

Qualität und IT-Systeme für Planung und Betrieb. In: Handbuch Industrie 4.0. Geschäftsmodelle, Prozesse, Technik. Hrsg.: G. Reinhart. Hanser, München [u. a.] 2017, S. 137 – 167.

Redman, T. C.: The impact of poor data quality on the typical enterprise. In: Communications of the ACM 41 (1998) 2, S. 79 – 82.

Spath, D. (Hrsg.): [Studie] Produktionsarbeit der Zukunft – Industrie 4.0. Fraunhofer-Verl., Stuttgart 2013. https://www.iao.fraunhofer.de/images/iao-news/produktionsarbeit-der-zukunft.pdf (Link zuletzt geprüft: 15.06.2020)

VDMA 66412-1: Manufacturing Execution Systems (MES): Kennzahlen. Verein Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) e. V.; ICS 03.100.50. Beuth, Berlin, Oktober 2009.

Wang, R. Y.; Strong, D. M.: Beyond Accuracy: What Data Quality Means to Data Consumers. In: Journal of Management Information Systems 12 (1996) 4, S. 5 – 33.

Wolf, T.; Decker, S.; Abecker, A.: Unter-stützung des Wissensmanagements durch Informations- und Kommunikations-technologie. In: [Proceedings] Electronic Business Engineering. 4. Internationale Tagung Wirt-schaftsinformatik 1999. Hrsg.: M. Nüttgens; A.-W. Scheer. Physica, Heidelberg 1999, S. 745 – 765.

Projekttitel: DaFuER

Forschungs-/Projektträger: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi); Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsver-

einigungen "Otto von Guericke" e. V. (AiF)

Förderkennzeichen: 20579 N

Projektpartner: AUTO HEINEN GmbH, Berghof Systeme e. K., DFA Demonstrationsfabrik Aachen GmbH, INDUTRAX GmbH,

Maschinenfabrik Möllers GmbH, Mattern Consult Gesellschaft für Produktionsregelung und Logistik mbH, mk Plast GmbH & Co. KG, NETRONIC Software GmbH, SICK AG, Ubisense AG, Westaflexwerk GmbH

Internet: dafuer.fir.de

Ansprechpartner:

Jokim Janßen, M.Sc.FIR e. V. an der RWTH AachenWissenschaftlicher MitarbeiterBereich ProduktionsmanagementTel.: +49 241 47705-413E-Mail: [email protected]

Page 47: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

47UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

Leitthema: Gesellschaft & Digitalisierung – FIR-Forschungsprojekte

Projekt: ‚Future Data Assets‘

Reporting der unternehmerischen Fähigkeit der DatenbewirtschaftungAuf dem Weg zur Ermittlung des unternehmerischen Datenkapitals

„Daten sind das neue Öl.“ Ein vielfach genutzter Ausdruck, der die Relevanz und den Wert von Daten im digi-

talen Zeitalter unterstreicht. Allerdings existiert derzeit noch kein standardisiertes Verfahren, um den Wert

von Daten explizit zu bemessen. Traditionelle marktpreis-, kosten- und nutzenbasierte Bewertungsmethoden

kommen bei der Anwendung im Datenkontext schnell an ihre Grenzen. Das Forschungsprojekt ‚Future Data

Assets‘ hat zum Ziel, neue Möglichkeiten der Datenbewertung zu erforschen. Im Fokus der Untersuchungen

stehen insbesondere produzierende Unternehmen, die zunehmend Daten wertschöpfend einsetzen, jedoch

vor zahlreichen Herausforderungen in der externen und internen Kommunikation ihres Datenkapitals stehen.

Das diesem Bericht zugrundeliegende Vorhaben wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft

und Energie unter dem Förderkennzeichen 01MD19010B gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser

Veröffentlichung liegt beim Autor.

ie Unternehmen mit der höch-sten Marktkapitalisierung welt- weit besitzen nahezu keine

physischen Assets. Der Wert dieser Unter- nehmen bestimmt sich allein über die Datenwertschöpfung. Auch in klassischen Unternehmen der produzierenden Indus-trie mit zahlreichen physischen Assets spielen Daten im Kontext der digitalen Transformation eine immer entscheidendere Rolle. Daten werden daher vielfach auch als

D das neue Öl bezeichnet. Allerdings existiert derzeit kein standardisiertes Vorgehen, um den Wert dieser Daten standardisiert, syste-matisch und monetär zu erfassen.1

Dies ist primär aus den folgenden zwei Gründen problematisch:

1. Unternehmen müssen in ihrer Außen-darstellung über ihre Unter-nehmung berichten. Da Daten ein wesent-

licher Werttreiber sind, muss die Datenwertschöpfung auch kommu-niziert werden können. Die Bilanz und entsprechende Anhänge sind dazu ak-tuell nicht geeignet. Ob Daten als eigen-ständiges Wirtschaftsgut im Rahmen der Bilanz aktiviert werden können, ist noch nicht ausreichend erforscht.

Bild 1: Zielbild im Forschungsprojekt ‚Future Data Assets‘ (eigene Darstellung)

1 s. Short u. Todd 2017, S. 17 ff.

Page 48: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

48 UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

FIR-Forschungsprojekte – Leitthema: Gesellschaft & Digitalisierung

Im Vergleich zwischen industriellen und rein digitalen Unternehmungen kann zudem die Frage aufkommen, ob industrielle Unternehmungen latent unterbewertet sind. Denn auch diese verfügen über zahlreiche Datenassets, die allerdings im Rahmen der Unternehmensbewertung nicht explizit ausgewiesen werden.

2. Auch intern existiert für Unternehmen die Herausforderung, getätigte sowie potenzielle Investments in digitale Technologien und Fähig-keiten, d. h. in die Erzeugung, Analyse und Nutzung von Daten, zu bewerten und zu kom-munizieren. Unternehmen stellen sich z. B. immer noch die Frage, ob die Sensorik zur Datenerzeugung paral-lel zu einem Produkt verkauft oder kostenfrei hinzugegeben werden soll. Da Unternehmen den Wer t und die Wertschöpfungskette ihrer z. T. bereits verfügbaren Daten nicht kennen, können diese beispiels-weise dem Top-Management auch nicht in Form eines „Return-on-Data-Investments“ kommuniziert werden.

Die Unternehmen atlan-tec Systems GmbH (Konsortialführer), Deloitte GmbH Wirt-schaftsprüfungsgesellschaft, DMG MORI Global Service GmbH sowie die Forschungs-entitäten Universität des Saarlandes und FIR haben sich zum Ziel gesetzt, diese Probleme gemeinsam im Rahmen von ‚Future Data Assets‘ zu erforschen und Lösungen für KMU und Großunternehmen zu erarbeiten (s. Bild 1, S.47).

In der Vergangenheit wurden insbesondere die traditionellen marktpreis-, kosten- und nutzenbasierten Bewertungsmethoden zur Anwendung im Rahmen der mo-netären Datenbewertung untersucht. Allerdings konnte bisher keines der Verfahren quantitative und qualitative Wertbeiträge der Daten gemeinsam in einem hybriden Datenwert zusammen-führen. Zudem ist der Aufwand insbeson-dere der nutzenbasierten Datenwertung im individuellen Unternehmenskontext ein aufwendiger Prozess. Es konnte sich bislang kein Verfahren als Standard im

Unternehmensbewertungskontext eta-blieren.², ³

Im Rahmen des Projekts ‚Future Data-Assets‘ werden zwei neue Wege einge-schlagen: Die erste Herausforderung der Datenwertermittlung bzw. der Außen-kommunikation dieses Wertes wird über den Ansatz eines Integrated Data-Repor- tings erforscht, das in Zukunft als Stand-ard in der Berichterstattung an die klas-sischen Ber ichte angehängt werden könnte. In diesem Rahmenwerk werden Standardelemente zur Datenbewertung genannt, die im Zuge eines Integrated Data-Reportings anzuwenden sind. Eine Verifizierung könnte im Anschluss beispiels-weise über ein Datenbewertungsaudit stattfinden.

Eines dieser Standardelemente umfasst ein sogenanntes Data-Value-Assess-ment, das gleichzeitig die zweite ge-nannte Herausforderung der internen Kommunikation des Datenwertbeitrags fokussiert. Hierbei wird ein standardisiertes Bewertungsverfahren für spezifische Daten erforscht, das im unternehmensindividu-ellen Kontext angewendet werden kann

und einen aktuellen (d. h. bisher realisier-ten Datenwert zum Stichtag) bzw. einen potenziellen Datenwert unterscheidet. Hierzu werden bereits vorab wertvolle Datenquellen, Anwendungskontexte und Datenattribute definiert und im Anschluss über einen semi-automatisierten Prozess im individuellen Unternehmenskontext ermittelt und miteinander in Verbindung gesetzt. Das Verfahren befindet sich aktuell in der Entwicklungsphase und wird zeitnah in den ersten praktischen Anwendungs- und Testfällen zum Einsatz kommen.

Literatur

Short, J. E.; Todd, S.: What’s Your Data Worth? In: MIT Sloan Management Review 58(2017)3, S. 17–19. http://ilp.mit.edu/media/news_arti-cles/smr/2017/58331.pdf (Link zuletzt geprüft: 16.06.2020)

K rotova , A . ; R us c h e , C . ; Sp i e k e r m a n n , M.: [Forschungsbericht] Die ökonomische Bewertung von Daten. Verfahren, Beispiele und Anwendungen. IW-Analysen; Nr. 129. Institut der Deutschen Wirtschaft Köln Medien GmbH, Köln 2019. https://www.econstor.eu/bitstream/10419/201759/1/1670731022.pdf (Link zuletzt geprüft: 16.06.2020)

Zechmann, A.; Möller, K.: Finanzielle Bewertung von Daten als Vermögenswerte. In: Controlling 28 (2016)10, S. 558 – 566.

Projekttitel: Future Data Assets

Forschungs-/Projektträger: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie BMWi; Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V. (DLR)

Förderkennzeichen: 01MD19010B

Assoziierte Partner: Kuraray Europe GmbH; Swisdata GmbH

Projektpartner: atlan-tec Systems GmbH; Deloitte GmbH Wirtschaftsprüfungs-gesellschaft; DMG MORI Global Services GmbH; Universität des Saarlandes

Internet: future-data-assets.de & future-data-assets.fir.de

Ansprechpartner:

Lennard Holst, M.Sc.FIR e. V. an der RWTH AachenWissenschaftlicher MitarbeiterBereich DienstleistungsmanagementTel.: +49 241 47705-206E-Mail: [email protected]

2 s. Krotova et al. 2019, S. 22 ff.³ s. Zechmann u. Möller 2016, S. 558 ff.

Page 49: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

49UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

FIR-Forschungsprojekte

Leitthema

Globalisierung & IntegrationWie können wir die Auswirkungen der Globalisierung auf

lokaler und regionaler Ebene an verschiedenen Orten der

Welt menschenwürdig gestalten?

Page 50: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

50 UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

FIR-Forschungsprojekte – Leitthema: Globalisierung & Integration

Projekt: eLLa4.0

Führung in der digitalen TransformationGute Führung und Arbeit in der soziodigitalenTransformation

Als Gestaltungselement ist Führung ein entscheidender Faktor für nachhaltigen Unternehmenserfolg. Allerdings stellt der sich

in jüngster Vergangenheit abzeichnende digitale Wandel, der durch die Corona-Krise nochmals an enormer Beschleunigung

gewonnen hat, Führungskräfte vor neue Herausforderungen. Bewährte Führungskonzepte und -instrumente stoßen im Zuge

dieser Entwicklungen an ihre Grenzen, Unsicherheiten, etwa hinsichtlich des Kontrollverlusts trotz gleichbleibend hoher

Verantwortung, entstehen und organisationale Entscheidungsträger benötigen andere Kompetenzen als zuvor. Je digitaler

zudem die Arbeitswelt ausgestaltet ist, desto stärker drängt sich auch die Frage nach dem Einsatz und der Wirksamkeit digitaler

Medien in der täglichen Führungsarbeit selbst auf. Um Führungskräfte optimal in Zeiten der Digitalisierung zu unterstützen,

muss sich auch die Führungskräfteentwicklung entsprechend neu an diesen Herausforderungen ausrichten. Trotz der zen-

tralen Bedeutung von Führung für eine zielführende soziodigitale Transformation gibt es allerdings bisher kaum ausreichend

spezifische Orientierungs- und Qualifizierungsangebote. Genau dieses Defizit soll mit der Arbeit am Verbundprojekt ‚eLLa 4.0‘

als Ermöglicher guter Führung in der digitalisierten Welt aufgegriffen werden. Dieses Forschungs- und Entwicklungsprojekt

wird mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) und des Europäischen Sozialfonds im Programm

„Zukunft der Arbeit“ gefördert und vom Projektträger Karlsruhe (PTKA) unter dem Förderkennzeichen 02L18A200ff betreut.

(Laufzeit: 01.09.2019 – 31.08.2022).

ie zunehmende Digitalisierung der Arbeitswelt führt aktuell dazu, dass sich innerbetriebliche Prozesse

verändern und neu ausgerichtet werden. Das soziotechnische System wandelt sich also immer mehr zum soziodigitalen System. Dabei wird das gesamte Interaktionsgefüge (Mensch-Technik-Organisation) einem konti-nuierlichen, sich beschleunigenden Wandel unterworfen. An den MTO-Schnittstellen nehmen die Interdependenzen zu und es kommt zu neuartigen Verbindungen (der Maschine-Maschine-Interaktion oder der Mensch-Maschine-Interaktion). Gleichzeitig erhöht sich die Bedeutung horizontaler und vertikaler Integration und verstärkt sich die Berücksichtigung von Kundenwünschen und externem Know-how (Stichwort: Open Innovation). Führungskräfte sind gefordert, diese neuen Interaktionsräume und -beziehungen zu gestalten, können dabei jedoch nicht auf Bewährtes zurückgreifen. Eine entschei-dende Unterstützung von Führungskräften

D zur Bewältigung dieser Aufgaben stellt die Führungskräfteentwicklung dar1. Doch wie können Führungskräfte zur kom-petenten Gestaltung der soziodigitalen Transformation im Sinne guter Führung² konkret befähigt werden?

Zur Beantwortung dieser Fragestellung werden im Projekt ‚eLLa4.0‘ Veränderun-gen des soziodigitalen Interaktionsgefüges des MTO-Systems im Hinblick auf füh-rungsrelevante Aspekte durchleuchtet, relevante Handlungsfelder markiert, konkrete Problemlösungen entwickelt und der erforderliche Kompetenzaufbau durch Entwicklung und Erprobung geeig-neter Qualifizierungsmodule unterstützt. Die betrieblichen Fälle werden zu vali-dierten, verallgemeinerbaren Usecases, zu den genannten Qualifizierungsmodulen und zu einem Handlungsleitfaden ver-dichtet. Durch Einbezug der DFA Demon- strationsfabrik Aachen GmbH und dem Future Work Lab Stuttgart werden Unter-

stützungsmöglichkeiten am Gegenstand der Interaktionskompetenz ausgelotet und zielgruppenspezifische Weiterbildungs-angebote entwickelt.

Als Methoden kommen unter anderem um-fassende Literaturrecherchen und qualitative Experteninterviews zum Einsatz. Ergänzend werden in den beteiligten Unternehmen MTO-Workshops durchgeführt, um Bedarfe zu analysieren und führungsrelevante Ge-staltungsmaßnahmen abzuleiten. Hier wird dann auch der Digitalisierungskompass der IG-Metall³ als Instrumentarium eingesetzt und im Hinblick auf Führungsfragen kritisch beleuchtet und erweitert. Einen groben Überblick über das Vorgehen im Projekt gibt das folgende Bild 1 (s. S. 51).

eLLa4.0

1 s. VÖ von Lacerenza et al. 20172 s. VÖ von Frey u. Schmalzried 20133 s. VÖ von Deuse et al. 2019

Page 51: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

51UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

Leitthema: Globalisierung & Integration – FIR-Forschungsprojekte

Trotz der noch recht kurzen Projektlaufzeit kristallisieren sich bereits erste interessante Erkenntnisse aus den bisherigen Aktivitäten heraus. Dies betrifft neben den Folgen von Digitalisierung für Führung auch schon kon-krete Führungskompetenzen im digitalen Wandel. Hinsichtlich der Auswirkungen von Digitalisierung auf Führung wird erkennbar, dass die Digitalisierung das Potenzial besitzt, Kommunikation zu ver-einfachen und zu beschleunigen. Verän-derte Kommunikationsformen erfordern wiederum veränderte Strukturen und Kulturen. So können etwa Hierarchien an Bedeutung verlieren und sich Macht-verhältnisse, etwa Direktionsrechte, die Belohnungs- und Bestrafungsmacht oder die Informationsmacht, verschieben4. Zudem verändert sich das Wissen immer schneller, wird immer kleinteiliger und spezieller. Die Beschäftigten können dadurch zu Experten mit exklusivem Wissen werden, das nur noch schwer kontrollierbar ist5. Führungskräfte besitzen daher möglicherweise nicht mehr so ein starkes Monopol in den Unternehmen wie vor der Digitalisierung.

Dennoch sind die Folgen der Digitalisierung für Führung nicht so einfach abzuschätzen. Weber et al.6 unterscheiden in diesem

Zusammenhang mit ‚Digitalisierung ersetzt Führung‘, ‚Digitalisierung führt zu mehr Selbststeuerung‘, ‚Digitalisierung ergänzt Führung‘ und ‚Digitalisierung erfordert mehr Führung‘ konkret vier unterschied-liche Szenarien. In den MTO-Workshops in den Partnerunternehmen (BEUMER Group GmbH & Co. KG, BELFOR De-HaDe GmbH, DMG Mori Spare Parts GmbH, WBS Training AG) wurde deutlich, dass es bei konkreten Digitalisierungsprojekten vom Projektlebenszyklus und der Komplexität eines konkreten Digitalisierungsprojekts abhängig zu sein scheint, welche Folgen für Führung eintreten. So ist insbesonde-re in der Implementierungsphase eines Projekts zunächst mehr Führung wahr-scheinlich. Verantwortlich hierfür können gerade zu Beginn eines Projekts Fragen der Akzeptanz sein; ferner ändern sich Abläufe und Prozesse, die Führungsanstrengungen erfordern. Akzeptanz ist dabei grundsätz-lich als ein Prozess zu verstehen, der vom Erstkontakt an mit der neuen Technologie beginnt und bis in die Anwendungsphase hineinreicht. Als Voraussetzung von Akzep- tanz wird neben einer positiven Einstellung (Einstellungsakzeptanz) oft auch die tatsächliche Nutzung der Technologie (Verhaltensakzeptanz) gesehen7.

Führungsanstrengungen sind insbesondere bei komplexeren Digitalisierungsprojekten (z. B. intelligente Algorithmen für selbst-steuernde Systeme, Remote-Support-Tools) im Vergleich zu weniger komple-xen Projekten (z. B. die Einführung eines Zeiterfassungstools, die Nutzung von Kollaborationstools, die Einführung von Plattformen zur Dokumentenverwaltung) zu erwarten. Im weiteren Verlauf von Digitalisierungsprojekten besteht aber die Chance für mehr Selbststeuerung der Mitarbeiter und eine Entlastung der Führungskräfte. Eine komplette Er-setzung von Führungskräften wird da-gegen aktuell kaum gesehen, vielmehr werden einige Bereiche und Aktivitäten von Führungskräften wegfallen, andere bleiben dagegen erhalten, möglicherweise kommen neue Aktivitäten, Rollen und Funktionen hinzu. Um welche Führungsaufgaben es sich dabei konkret handelt, kann von Projekt zu Projekt, von Unternehmensbereich zu Unternehmensbereich (z. B. Shopfloor, Personalabteilung) und von Branche zu

Bild 1: Überblick über das Vorgehen im ‚eLLa4.0‘-Verbundprojekt (eigene Darstellung)

4 s. Weibler 2016, S. 558 ff.5 s. Volkmann 20196 s. Weber et al. 2018, S. 8 7 s. Simon 2001, S. 87

Page 52: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

52 UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

FIR-Forschungsprojekte – Leitthema: Globalisierung & Integration

Branche (z. B. Handwerk, Industrie) unter-schiedlich sein. Genau hier sollen im Projekt ‚eLLa4.0‘ im weiteren Verlauf konkretere Ergebnisse generiert werden.

Mit den skizzierten Folgen von Digitalisie-rung für Führung deuten sich auch bereits entsprechend veränderte Anforderungen an Führungskräfte an, was sich wiederum auf die notwendigen Kompetenzen von Führungskräften auswirkt. Führungskräfte müssen, und dies scheint wenig überra-schend, in Zeiten der digitalen Transforma-tion über digitale Kompetenzen verfügen. Überraschender ist da schon die Vielfalt der Kompetenzen, die etwa Lang8 unter einer digitalen Grundkompetenz subsumiert. Hierzu gehören etwa Kommunikations- und Vernetzungskompetenz (Kompetenz zur Nutzung digitaler Kollaborationstools wie Webkonferenzen und Live-Meetings; virtuelle Teamfähigkeit), Online- und Medienkompetenz (vorausschauendes Steuern aller Online-Aktivitäten), IT-Anwendungskompetenz (kompetente Nutzung von digitalen Endgeräten; Fähigkeit zur Auswahl, Installation und Konfiguration relevanter Apps), Infor-mationsverarbeitungskompetenz (pro-fessionelle Generierung, Speicherung und Nutzung von Personal- und Geschäftsdaten), Datensicherheitskompetenz (verantwor-tungsbewusste Speicherung und Weiter- leitung von Daten), digitale Prozess- kompetenz (Simplifizierung von Abläufen durch intell igente Verknüpfung von Schnittstellen), Selbstmanagement und Eigenverantwortlichkeit (ausgeprägte Fähigkeit zur Priorisierung der eige-nen Aufgaben) sowie Lernbereitschaft und Agilität (Fähigkeit zum Umlernen, Lernmotivation, Fehlererkennung).

Etwas weniger direkt of fensichtlich als digitale Grundkompetenzen, aber

nicht weniger wichtig, scheinen um-fassende Ref lexionsfähigkeiten von Führungskräften zu werden. Dies wird bereits in neueren Führungstheorien wie etwa der Authentischen Führung9 disku-tiert. Kompetenzen wie Achtsamkeit10, intrinsische Motivation und Leidenschaft11, Kreativität12 sowie Vertrauen13 und ihr Vorleben werden immer bedeutsamer, ge-rade wenn Mitarbeiter sich verstärkt selbst steuern oder Tätigkeiten im Homeoffice durchführen. Führungskräfteentwicklung wird in diesem Zusammenhang dann immer mehr auch zur Persönlichkeitsentwicklung. Dies deckt sich mit Ausarbeitungen, die Führungskräfte auch als Lerncoach oder Mentor sehen, mit dem Ziel der Gestaltung von Lernkulturen und der Befähigung der Beschäftigten.14 Führungskräften kommt dann mehr eine Unterstützungsfunktion zu, es geht um Zusammenhalt, emotio-nale Gestimmtheit und um das Vorgeben von Entwicklungsrichtungen in sich selbst steuernden Teams.

Manchmal werden in diesem Kontext auch neue Organisationskonzepte wie z. B. die Holokratie15 eingeführt. Die Holokratie ar-beitet nicht mit traditionellen Hierarchien, sondern mit Rollen und Zuständigkeiten. Ein zentrales Regelwerk soll helfen, ein Unternehmen zu lenken. Dieses kann stän-dig weiterentwickelt werden. Holokratie setzt auf kleine, schnelle Kurskorrekturen, die große Umsteuerungsmanöver ver-hindern sollen. Sie zielt auf Konsensbildung statt auf Mehrheitsentscheidungen ab. Ob in solchen Settings dann aller-dings noch von Führungskräften ge-sprochen wird, ist dann doch fraglich. Ein Beispiel ist Markus Stelzmann des Wiener Technologieunternehmens Tele Ha a se (Über wachungstechnologie, Zeitrelais, Leistungselektronik, Netz- und Anlagenschutz). Selbst nennt er sich nach Abschaffung der Führungskräfte nun Regisseur: „Ich bin Lobbyist für The-men, Märchenonkel, Kindergär tner, Kummerkasten und vielleicht auch eine Art von Mentor. Nebenbei darf ich in meiner Rolle als Regisseur im Unterstützungsprozess Bilanzen unterschreiben und unter ande-rem mit Banken sprechen. Irgendwie bin ich für alles nach "außen", was noch einen "Geschäftsführer" braucht, das notwendige Gegenüber.“16

In Konstellationen wie der Holokratie wird Führung dann nicht mehr an einzelne Personen gebunden, sondern als Funktion gesehen, die Unternehmen bei Bedarf hervorbringen können. Führung läuft dann vielmehr verteilt und plural ab (Stichwort „plural leadership“17). Unternehmen benö-tigen dann die Kompetenz, zu erkennen, wann Führung gebraucht wird und wer einspringt. Jeder Mitarbeiter und nicht nur die vorher benannten Führungskräfte müssen in solchen Settings theoretisch führungsfähig sein. Hierauf muss auch die Kompetenzentwicklung in Unternehmen ausgerichtet sein und es muss gewährlei-stet werden, dass Führung zu einer gene-rellen Kompetenz wird. Lernkulturen sind also zwingend zu etablieren, damit jeder Mitarbeiter diese Kompetenz erwerben kann.

Im weiteren Projektverlauf wird es die Aufgabe sein, Antworten auf die skiz-zierten Kompetenzbedarfe zu finden und geeignete Qualif izierungsange- bote zu entwickeln. Ziel sollte es sein, Führ ungsk r äf te aus ver schiedenen Perspektiven und mit unterschiedlichen Methoden auszubilden. Digitale Inhalte wie Wissensnuggets, Videos oder auch Quizze könnten etwa vorproduziert und in den vielen internationalen Unternehmen mehrsprachig ausger ichtet werden. Der komplexen und spezial is ier ten Arbeitsrealität der Führungskräfte muss mit einer komplexen und spezialisierten Führungskräfteentwicklung begegnet werden.18

Literatur

Bushardt, S.; Young, M.; Beal, B.: Understanding work passion: An important element for career success and improved quality of life. In: Journal of Organizational Psychology 18 (2018) 2, S. 23 – 29.

Deuse, J.; Hirsch-Kreinsen, H.; Nöhring, F.; Wienzek, T.; Gerst, D.: Kompass Digitalisierung – eine Gestaltungshilfe für gute Arbeit. Hrsg.: IG Metall. Wiesbaden, Juni 2019. http://www.steps-pro-jekt.de/fileadmin/Templates/Steps_Projekt/Media/20190524_Kompass_Digitalisierung _final.pdf (Link zuletzt geprüft: 04.06.2020)

DiLiello, T. C.; Houghton, J. D.: Maximizing or-ganizational leadership capacity for the future: Toward a model of self-leadership, innovation and creativity. In: Journal of Managerial Psychology 21 (2004) 4, S. 319 – 337.

8 s. Lang 2018, S. 86 ff. 9 s. VÖ von Gardner et al. 201110 s. VÖ von Reb et al. 201411 s. VÖ von Bushardt et al. 201812 s. VÖ von DiLiello u. Houghton 200413 s. VÖ von Luhmann 198914 s. VÖ von Korsten u. Mohr 201115 Infolink: www.holacracy.org/ (Link zuletzt geprüft: 04.06.2020)16 Vorstellung Markus Stelzmann/Infolink:. www.tele-online.com/team/stelzmann-markus (Link zuletzt geprüft: 04.06.2020)17 s. Endres u. Weibler 201918 s. VÖ von Schermuly et al. 2019

Page 53: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

53UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

Leitthema: Globalisierung & Integration – FIR-Forschungsprojekte

Endres, S.; Weibler, J.: Plural Leadership – Eine zukunftsweisende Alternative zur One-Man-Show. Springer, Wiesbaden [u. a.] 2019.

Frey, D.; Schmalzried, L. K.: Die Philosophie der Führung – Gute Führung lernen von Kant, Aristoteles, Popper & Co. Springer, Berlin [u. a.] 2013.

Gardner, W.; Cogliser, C. C.; Davis, K. M.; Dickens, M. P.: Authentic leadership: A review of the lite-rature and rese-arch agenda. In: The Leadership Quarterly 22 (2011) 6, S. 1120–1145.

Korsten, H.; Mohr, G.: Die Führungskraft als Coach? In Coaching Magazin, Ausgabe 4, 22.11.2011. https://www.coaching-magazin.de/fuehrung/die-fuehrungskraft-als-coach (Link zuletzt geprüft: 04.06.2020)

Lacerenza, C. N., Reyes, D. L., Marlow, S. L., Joseph, D. L., & Salas, E.: Leadership training design, delivery, and implementation: A meta-analysis. In: Journal of Applied Psychology 102 (2017) 12, S. 1686–1718.

Lang, K.: Personalmanagement 4.0 – Strategien und Konzepte zur aktiven Gestaltung des digitalen Wandels. 2. Auflage. Linde, Wien 2018.

Luhmann, N.: Vertrauen: Ein Mechanismus der Reduktion sozialer Komplexität. 3., durchges. Auflage. Stuttgart 1989.

Reb, J.; Narayanan, J.; Chaturvedi, S. (2014): Leading mindfully: Two studies on the influence of supervisor trait mindfulness on employee well-being and performance. In: Mindfulness 5 (2014) 1, S. 36 – 45.

Schermuly, C.C.; Arlt, R.; Geissler, C.: Über die Zukunft des Führungskräftetrainings – Ein Gastbeitrag. Leadership insiders, 2019. https://www.leadership-insiders.de/ueber-die-zukunft-des-fuehrungskraeftetrainings-ein-gastbeitrag/ (Link zuletzt geprüft: 04.06.2020)

Simon, B.: Wissensmedien im Bildungssektor. Eine Akzeptanzuntersuchung an Hochschulen. Wien, Univ., Diss., 2001. http://epub.wu.ac.at/1869/1/document.pdf (Link zuletzt geprüft: 04.06.2020)

Volkmann, K.: „Hierarchien werden untergra-ben“ – Interview mit Prof. Dr. Jürgen Weibler. Westfalenpost, 10.12.2019. https://www.leadership-insiders.de/hierarchien-werden-untergraben-in-terview-mit-prof-dr-juergen-weibler/ (Link zuletzt geprüft: 04.06.2020)

Weber, C.; Thomson, C.; Pundt, F.: Die Notwendigkeit von Führung in einer digitalisierten Arbeitswelt – eine Net-nografie. Hrsg.: Bundesanstalt für Arbeit., Dortmund, September 2018. https://www.baua.de/DE/Angebote/Publikationen/Fokus/Fuehrung-Netnografie.pdf?__blob=publicationFile&v=7 (Link zuletzt geprüft: 04.06.2020)

WEIBLER, J.: Personalführung. 3., komplett über-arb. u. erw. Auflage. Vahlen, München 2016.

Projekttitel: eLLa4.0

Forschungs-/Projektträger: Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF); Projektträger Karlsruhe - PTKA

Förderkennzeichen: 02L18A200ff.

Assoziierte Partner: Kuraray Europe GmbH; Swisdata GmbH

Projektpartner: atlan-tec Systems GmbH; Deloitte GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft; DMG MORI Global Services GmbH; Universität des Saarlandes

Internet: ellaviernull.de

Ansprechpartner:

Dipl.-Kfm. Matthias Müssigbrodt, M.A.FIR e. V. an der RWTH AachenWissenschaftlicher MitarbeiterBereich DienstleistungsmanagementTel.: +49 241 47705-211E-Mail: Matthias.Muessigbrodt@ fir.rwth-aachen.de

Drs. Roman SenderekFIR e. V. an der RWTH AachenWissenschaftlicher MitarbeiterBereich DienstleistungsmanagementTel.: +49 241 47705-225E-Mail: [email protected]

Page 54: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

Anzeige Anzeige

Lesen auch Sie die kostenlose FIR-Zeitschrift „UdZPraxis“ –Magazin für Betriebsorganisation in der digital vernetzten Wirtschaft!

Melden Sie sich an & verpassen Sie keine Ausgabe mehr: abo.udzpraxis.de

Page 55: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

55UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020 55UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020 55UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

Studien, Standards und Publikationen

Die neuesten Whitepaper & Positionspapiere aus dem FIR

Trendanalyse für die Auftragsabwicklung – 5 Trendthemen bestimmen die Zukunft des ERP-Systems

Im Mittelpunkt der IT-Systemarchitektur der großen und kleinen Unternehmen fungiert als zentrale Instanz seit jeher das Enterprise-Resource-Planning-System (kurz ERP-System). Damit dient es als Schnittstelle zur hochgradigen Integrati-on von Anwendungen, die verstärkt die Kernapplikationen erweitern und moder-nisieren. Für die zunehmend an Projekten ausgerichtete Prozessmodellierung ist das implementierte ERP-System in seiner Agili-tät und Offenheit zu begrenzt. Individuelle Lösungen werden für unternehmerische Anforderungen geschaffen, aber nicht in den Standard überführt.

Im Zeitalter der digitalen Transformation rückt der Maßstab der schnellen Reak-tionsfähigkeit auf Basis valider, daten-basierter Entscheidungsgrundlagen in den Fokus der Betrachtung. Das über-geordnete Ziel dabei ist es, Zeit durch unnötige Latenzzeit zu minimieren oder Letztere gar vollständig abzuschaffen durch einen funktionierenden Echtzeit-informationsfluss innerhalb der be- trieblichen Anwendungssystemwelt. Der zentrale Treiber für dieses Vorhaben bleibt das ERP-System.

Das Positionspapier kann kostenlos herun-tergeladen werden unter folgendem Link: fir.rwth-aachen.de/newsroom/publikationen

Krisenbewältigung durch effizientes Supply-Chain-Risikomanagement – In 4 Schritten turbulente Zeiten im SCM meistern

Durch die Globalisierung haben sich in den letzten Jahrzehnten überwiegend internationale und hochkomplexe Liefer-ketten entwickelt. Nationale und inter- nationale Herausforderungen, wie bei- spielsweise der Brexit , die Corona- Pandemie, Handelskr iege und Pro-tektionismus oder auch verschiede-ne Naturkatastrophen haben in der Vergangenheit gezeigt, dass wegen des Anstiegs der Komplexität in den Liefer- ketten ein ganzheitliches Supply-Chain-Risikomanagement immer wichtiger wird.

Verschiedene wirtschaftliche oder poli-tische Krisen oder die Folgen von Natur-katastrophen haben einen erheblichen Ein-fluss auf die gesamte Lieferkette. Selbst eine geringfügige Störung kann durch die Vielzahl von Supply-Chain-Akteuren, geographischen Gruppierungen einzel-ner Industriesektoren, durch einzelne Fertigungs- und Produktionsengpässe oder auch durch finanzielle Engpässe im getakteten Materialfluss weitreichende Folgen für die gesamte Supply-Chain haben.

Das Positionspapier kann kostenlos herun-tergeladen werden unter folgendem Link:

© FIR 05/2020

POSITIONSPAPIER

Krisenbewältigung durch effi zientes Supply-Chain-Risikomanagement In vier Schritten turbulente Zeiten im SCM meistern

Jokim Janßen · Andreas Kraut · Maria Linnartz · Svenja Marek · Daniel Pause · Tobias Schröer

ww

w.fi

r.rw

th-a

ache

n.de

Studien, Standards und Publikationen

Alle Whitepaper/Positionspapiere aus dem FIR zum kostenfreien Download

fir-whitepaper.de

55UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

fir.rwth-aachen.de/newsroom/publikationen

Anzeige

Page 56: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

56 UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/202056 UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/202056 UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/202056 UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/202056 UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/202056 UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/202056 UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

FIR-Edition Forschung: Band 25 erschienen

Smart-Farming-Welt – Herstellerübergreifende Vernetzung von Maschinen im landwirtschaftlichen Pflanzenbau mithilfe einer Serviceplattform

Im Forschungsprojekt „Smart-Farming- Welt – Herstellerübergreifende Vernet-zung von Maschinen im landwirtschaft-lichen Pflanzenbau mithilfe einer Service- plattform“ wurde in einem Projekt- konsortium aus sechs Partnern aus In- dustrie und Forschung eine hersteller-übergreifende Serviceplattform ent- wickelt und prototypisch mit vier An-wendungsfällen validiert.

Eine steigende Weltbevölkerung und der damit verbundene größere Bedarf an Lebensmitteln ist die Kernaufgabe der Landwirtschaft in den kommenden Jahrzehnten. Durch die Nutzung von neuen digitalen Technologien und her-stellerübergreifenden Plattformen kön-

nen weitere Effizienzgewinne während der landwirtschaftlichen Produktion gehoben werden und führen zu einem nachhaltigeren Wirtschaften. Neben der technischen Entwicklung der Plattform und Anwendungsfälle stand die Gestal-tung von neuen Geschäftsmodellen für Smart Services sowie deren Validierung mit Landwirten und Händlern im Zent-rum des Projekts.

Das Projekt wurde im Zuge eines Be-schlusses des Deutschen Bundestages durch das Bundesministerium für Wirt-schaft und Energie (BMWi) gefördert. Während der dreijährigen Projektlaufzeit von März 2016 bis Mai 2019 wurde das Projekt vom Projektträger DLR betreut.

FIR-Edition ForschungBand 25

ISBN978-3-943024-38-8

Preis25 Euro zzgl. Porto und Verpackung

Internetfir-edition.de

Studien, Standards und Publikationen

56 UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

Page 57: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

57UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020 57UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020 57UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020 57UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020 57UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020 57UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020 57UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

Neuer Band in der FIR-Edition Studien erschienen

IoT-Plattformen für das Internet of Production

Mit dem Internet of Production kann gemäß den spezifischen Bedürfnissen und komplexen Anforderungen von produzierenden Unternehmen eine sys-temübergreifende Informationsverfüg-barkeit erreicht und somit systemweit Prozesse beschleunigt werden. Zur Im-plementierung der Idee des Internet of Production bedarf es einer Software-Plattform, welche den hohen Anfor-derungen an die Verlässlichkeit von bereitgestellten Daten, umfassende Da-tenintegration und analytische Features gerecht wird. Unternehmen werden da-bei vor die Herausforderung gestellt, aus der stetig wachsenden Anzahl an IoT-Plattformen eine auszuwählen, die den individuellen Anforderungen des Unter-nehmens gerecht wird.

Die vorliegende Plattformstudie bietet deshalb eine Übersicht über die wich-tigsten IoT-Plattformen, welche für eine Implementierung der Ansätze des Inter-net of Production infrage kommen. Sie bietet eine Entscheidungsgrundlage für produzierende Unternehmen, anhand derer eine individuelle und qualifizierte Auswahl einer Softwareplattform ge-troffen werden kann. Für die Studie wurde eine Befragung bei IoT-Plattfor-manbietern durchgeführt. Die Auswer-tung der Befragung zeigt unterschied- liche Schwerpunkte der Funktionen von IoT-Plattformen.

FIR-Edition Studien

ISBN978-3-943024-37-1

Preis69,00 Euro zzgl. Porto und Verpackung

Internetfir-edition.de

Studien, Standards und Publikationen

57UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

Page 58: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

58 UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/202058

Studien, Standards und Publikationen

it der Einführung von Industrie 4.0, also der Implementierung von Konzepten wie der „Smart

Factor y“, „Smar t Products“, „Smar t Data“ und „Smart Services“, kann in der Zukun f t der Industr iest andor t Deutschland gesicher t werden. Eine erste Studie von Schuh et al. zeigte, dass eine erfolgreiche Umsetzung von Industrie 4.0 nur mit einem begleitenden IT-Komplexitätsmanagement möglich ist, aufgrund der starken Korrelation zwischen Industrie-4.0-Anwendungen und IT-Komplexität. Wie genau sich die IT-Komplexität eines produzierenden Unternehmens dabei veränder t und welche Auswirkungen dies auf vorhan-dene Hürden bei der Implementierung von Industrie 4.0 hat, wurde bislang nicht ausreichend wissenschaftlich un-tersucht. Zusätzlich muss identifiziert werden, welche Managementaktivitäten eine Beherrschbarkeit der Treiber der IT-Komplexität ermöglichen.

Diese Fragestellungen wurden nun von den Experten des FIR in einer Studie in den Fokus gerückt, detailliert untersucht und aufgelöst. In diesem Artikel werden die Kernergebnisse der Studie zusam-mengefasst, die im dritten Quartal 2020 veröffentlicht wird.

Marktstudie: IT-KomplexitätIT-Komplexität und ihre Bedeutung für produzierende Unternehmen im Kontext von Industrie 4.0

Keine moderne Produktion kommt heutzutage ohne IT-Anwendungen aus. Besonders im Zuge von Industrie

4.0 kommt es zu einer signifikanten Verschmelzung von Informations- und Produktionstechnik. Der Umfang

von IT-Anwendungen in Unternehmen steigt dabei permanent an und führt zu einer höheren IT-Komplexität.

Für die erfolgreiche Umsetzung von Industrie 4.0 ist ein gezieltes IT-Komplexitätsmanagement notwendig.

Hierbei stellen sich einige Fragen: Welche Treiber der IT-Komplexität müssen besonders betrachtet werden?

Welchen Einfluss haben diese Treiber auf die Hürden von Industrie 4.0? Und viel wichtiger, mit welchen

Managementaktivitäten können diese Treiber beherrscht werden, damit die steigende IT-Komplexität

die Einführung von Industrie 4.0 nicht verhindert, sondern unterstützt bzw. ermöglicht? Im Rahmen

einer vom FIR durchgeführten Studie wurden die zentralen Fragestellungen systematisch untersucht und

ausgewertet. Die Ergebnisse sind vor allem für IT-Verantwortliche interessant, die einen vertiefenden

Überblick über die relevanten IT-Komplexitätstreiber sowie Managementaktivitäten gewinnen möchten.

Der Text bietet einen ersten Einblick.

Bild 1: Spannungsfeld zwischen der IT- und Geschäftskomplexität eines Unternehmens (eigene Darstellung)

M

zu hohe IT-Komplexität im Vergleich zur Geschäftskomplexität, z. B. Mehraufwände durch vermeidbare Managementaktivitäten

Nichtwertschöpfende IT-Komplexität

IT-K

ompl

exitä

t

Zielkorridor

Geschäftskomplexitätgeringgering

hoch

hoch

zu geringe IT-Komplexität im Vergleich zur Geschäftskomplexität, z. B. keine ausreichende Unterstützung der Geschäftsprozesse

Page 59: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

Bild 2: Essenzielle Elemente des industriellen IT-Komplexitätsmanagements (eigene Darstellung)

Wichtige Hürden von Industrie 4.0• Business-IT-Alignment• schwieriger Change-Process• mangelnde Standards• mangelndes qualifiziertes Personal• Unsicherheit gegenüber IT-Sicherheit• Umgang mit Big Data

Best-Practice-Managementaktivitäten• IT-Strategieentwicklung• Enterprise-Architecture-

Management• Risikomanagement• Komplexitätsmanagement

Wichtige Treiber der IT-Komplexität• Grad der Vernetzung• Zahl der Anwendungen• Kundenanforderungen• Cloudanbindung• Big Data• Smart Products

Industrielles IT-Komplexitäts-

mangement

59UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

Studien, Standards und Publikationen

Die Komplexität im produzierenden Gewerbe steigt durch den heutigen vola-tilen und dynamischen Markt stark an und bewirkt eine hohe Geschäftskomplexität. Eine diesem Sachverhalt gemäße IT-Komplexität zur ausreichenden Unter-stützung der Geschäf tskomplexität ist für Unternehmen hier unerlässlich, da die genannte Komplexität nur so e f f iz ient beher r scht werden kann. Aus d iesem Zusammenhang er g ibt sich ein Spannungsfeld zwischen der IT- und Geschäf tskomplexität eines Unternehmens, mit dem zwingenden Bedarf, sich im „Zielkorridor“ dieses Spannungsfeldes für eine zukünftig hohe Wettbewerbsfähigkeit zu positionieren. Dies bedeutet zugleich auch, dass eine hohe IT-Komplexität nicht per se schlecht ist, sondern immer im Zusammenhang mit der Geschäftskomplexität und dem Einfluss der IT auf die Wertschöpfung innerhalb des Unternehmens betrachtet werden muss.

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass keiner der drei aufgespannten Bereiche signifikant ausgeprägt ist. Die Antworten der befragten Unternehmen sind in den Bereichen „zu hohe IT-Komplexität“, „zu geringe IT-Komplexität“ und „Zielkorridor“ gleichmäßig verteilt. Mehrheitlich sind da-bei kleine Unternehmen im „Zielkorridor“ angesiedelt. Unternehmen mit mehr als 50 IT-Usern sind hingegen mehrheitlich im Bereich „zu hohe IT-Komplexität“ vertre-ten. Große Unternehmen sind vor allem im

Bereich „zu geringe IT-Komplexität“ ange-siedelt und zeigen deutlich den Bedarf einer höheren IT-Komplexität zur Unterstützung ihrer Geschäftskomplexität.

Um IT-Komplexität vollständig und ef-fektiv beherrschen zu können, ist ein Bewusstsein für die Einflussfaktoren der IT-Komplexität essenziell. Hierbei haben sich anhand der Studie sechs besonders wich-tige Treiber der IT-Komplexität herauskri-stallisiert: Der „Grad der Vernetzung“ und die „Zahl der Anwendungen“ stellen fun-damentale Treiber der IT-Komplexität von Unternehmen dar. Durch diese Treiber kann eine hochkomplexe IT-Systemlandschaft entstehen, die bei gleichzeitig hohem Grad der Vernetzung und einer hohen Zahl der Anwendungen zudem eine dif-fuse Wahrnehmung erzeugt. Weitere wichtige Treiber der IT-Komplexität stel-len „Kundenanforderungen“, „Cloud-anbindung“, „Big Data“ und „Smar t Products“ dar. Besonders die letzten drei Treiber werden in Zukunft an Bedeutung zunehmen.

Im Kontext des IT-Komplexitätsmanage-ments im produzierenden Gewerbe ist es wichtig, festzustellen, welche Hürden zur Umsetzung von Industrie 4.0 beson-ders relevant sind und wie diese mit den wichtigen Treibern der IT-Komplexität zu-sammenhängen. Anhand der Studie konn-ten sechs besonders relevante Hürden bei der Einführung und Nutzung von Industrie 4.0 identifiziert werden. Im

Bereich der Unternehmenskultur sind dies die Hürden „Business-IT-Alignment“ und der „Schwierige Change-Prozess“. Ressourcenseitig dominieren vor allem die Hürden „Mangelnde Standards“ und „Mangelndes qualifiziertes Personal“. Im Bereich der Informationssysteme eines Unternehmens sind der „Umgang mit Big Data“ und die „Unsicherheit gegenüber IT-Sicherheit“ signifikante Hürden bei der Umsetzung von Industrie 4.0. Zur Ermittlung der Beziehungsverhältnisse zwischen den Treibern der IT-Komplexität und den Hürden zur Umsetzung von Industr ie 4.0 wurden die Affinitäten zwischen den wichtigsten Treibern und Hürden in einem Expertenkreis ermit-telt. Durch diese Affinitäten konnten drei Haupthandlungsfelder identif i -ziert werden, die für das zukünftige IT-Komplexitätsmanagement im Kontext von Industrie 4.0 besonders relevant sind. Mehrheitlich wird den genannten Treibern der IT-Komplexität ein enger Zusammenhang mit den Hürden „Umgang mit Big Data“ und „Business-IT-Alignment“ attestiert. Diese Hürden werden durch die steigende IT-Komplexität entschei-dend verstärkt. Zusätzlich beeinflusst der Treiber „Smart Products“ alle hervorgeho-benen Hürden sehr deutlich.

Für das IT-Komplexitätsmanagement im Kontext von Industr ie 4.0 bedar f es Managementaktivitäten, die es er-möglichen, das erforderliche Maß an IT-Komplexität herzustellen bzw. zu gewähr-

Page 60: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

60 UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/202060 UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/202060 UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/202060 UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/202060 UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

Studien, Standards und Publikationen

Ansprechpartner:

Martin Bremer, M.Sc.FIR e. V. an der RWTH AachenBereich InformationsmanagementWissenschaftlicher MitarbeiterTel.: +49 241 47705-511E-Mail: [email protected]

Jacques Engländer, M.Sc.FIR e. V. an der RWTH AachenBereich InformationsmanagementWissenschaftlicher MitarbeiterTel.: +49 241 47705-517E-Mail: [email protected]

leisten. Unternehmen aus dem Bereich des Zielkorridors messen den Aktivitäten aus dem Bereich des Controllings und der Strategie eine besonders hohe Bedeutung bei, sodass der vermehrte Einsatz dieser Aktivitäten wesentlich zu einer optimalen Positionierung im Spannungsfeld zwischen der IT- und Geschäftskomplexität beiträgt. Hierbei sind die Managementaktivitäten des „Risikomanagements“ und der „IT-Strategieentwicklung“ von größter Relevanz. Zur Reduzierung einer zu hohen IT-Komplexität sollte dabei vor allem auf das „Enterprise-Architecture-Management“ und die „Komplexitätsmessung“ zurück-gegriffen werden. Diese Aktivitäten un-terscheiden sich deutlich in ihrer Relevanz, verglichen zwischen dem Bereich „zu hohe IT-Komplexität“ und dem Bereich „ zu ge r inge IT- Komple x i t ät “ bz w. „Zielkorridor“ im Spannungsfeld der IT- und Geschäftskomplexität.

D ie Er gebnisse der Studie ze igen, dass eine Auswahl von Treibern der IT-Komplexität existiert, die einen be-sonderen Einfluss auf die Hürden einer erfolgreichen Umsetzung von Industrie 4.0 hat. Eine optimale Positionierung im Zielkorr idor „Spannungsfeld zwi-schen der IT- und Geschäftskomplexität“ wird vor allem durch Aktivitäten aus dem Bereich der Strategie und des Controllings erreicht, wobei aktuell nur ein Drittel aller Befragten im Zielkorridor positioniert ist. Zukünftig sollten die

Unternehmen also vor allem Methoden der IT-Strategie und des Controllings, wie die Komplexitätsmessung, bei sich einsetzen und weiterentwickeln, um so flächende-ckender eine optimale Positionierung zu erreichen. So gelingt es ihnen, dass die IT-Komplexität eines Unternehmens die Implementierung von Industrie 4.0 nicht verhindert, sondern unterstützt bzw. ermöglicht.

Diese Ergebnisse wurden mithilfe einer systematischen Literaturrecherche sowie einer Marktumfrage erarbeitet. Dabei bildete die Literaturrecherche die Basis für die Umfrage, in der neben Unter- nehmensinfor mationen, wie der IT-Komplexität des Unternehmens, die Bedeutung der einzelnen Treiber, Hürden

und Management ak t iv i t äten abge - fragt wurde.

Literatur

Bauernhansl, T.; Hompel, M. ten; Vogel-Heuser, B.:

Industrie 4.0 in Produktion, Automatisierung und

Logistik. Anwendung, Technologien, Migration.

Springer, Wiesbaden [u. a.] 2014.

Schuh, G.; Bleider, M.; Hoffmann, J.; Hartard, E.;

Heisenberg, P.; Zeller, V.: Systematic Analysis of IT

Complexity Challenges. In: ICSLT 2019: Proceedings of

the 2019 the 5th International Conference on e-Socie-

ty, e-Learning and e-Technologies. Januar 2019, S. 104 –

108. https://dl.acm.org/doi/abs/10.1145/3312714.3312716

(Link zuletzt geprüft: 01.07.2020)

60 UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

Page 61: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

EINLADUNG ZUR TEILNAHME AN DER SERVICE-STUDIE 2021 VOM FIR UND KVD

Organisation im Wandel – Perspektiven der Servicetransformation

Die fortschreitende Digitalisierung sorgt für einen maßge- blichen Wandel im Service. Innovative Technologien werden in die Serviceprozesse integriert und setzen Impulse für eine vernetzte und digitale Arbeitswelt. Um die Potenziale der eingesetzten Technologien optimal ausschöpfen zu können, spielen jedoch neue Formen der Arbeitsorganisation und -gestaltung sowie der Kompetenzentwicklung eine elementare Rolle.

Ziel der Studie: Handlungsempfehlungen von erfolgreichen Unter-nehmen ableiten, die die Potenziale der Digitalisierung erkannt und erfolgreich in die Serviceorganisation integriert haben. Darüber hin-aus fragen wir, welche aktuellen Trends die Servicebranche umtreibt und wie sich die Champions von den Verfolgern absetzen.

Nehmen Sie bis zum 31.08.2020 an der Online-Umfrage der 14. Ausgabe der Service-Studie teil.

kvd.fir-umfrage.de

Unser „Schmankerl“ für Sie: Als kleines Dankeschön erhalten Sie im November eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse gratis per E-Mail!

Die Service-Studie 2021 können Sie ab November erwerben unter: www.service-studie.de

Kontakt am FIR e. V. an der RWTH Aachen: Calvin Rix, E-Mail: [email protected] Regina Schrank, E-Mail: [email protected]

Anzeige

PERSPEKTIVWECHSELPERSPEKTIVWECHSEL

Anzeige

Page 62: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

62 UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/202062 UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/202062 UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

Studien, Standards und Publikationen

62

Schriftenreihe RationalisierungBand 170

ISBN978-3-86359-854-9

Preis38,27 Euro zzgl. Porto und Verpackung

Internetapprimus-verlag.de

Transparenz entlang von (überbetrieb-lichen) Wertschöpfungsketten ist kein Selbstzweck, kann aber in vielen Anwen-dungsfällen einen Mehrwert für die be-teiligten Unternehmen bringen. Dabei ist insbesondere auf die anwendungsfallspe-zifisch optimale Granularität der Datener-fassung und auf eine Datenverwaltung, die Unternehmen vor der Weitergabe von Be-triebsgeheimnissen an Unbefugte schützt, zu achten. In der vorliegenden Dissertati-onsschrift werden hierfür das Konzept des Supply-Chain-Event-Managements und die Blockchain-Technologie betrachtet. Ziel ist es, einen Beitrag zur Entwicklung einer konsistenten, dezentralen Supply-Chain-Event-Datenbank auf Basis der Blockchain-Technologie zu erbringen.

Im Beschreibungsmodell „Morphologie der Blockchain-Technologie“ werden die Merkmale identifiziert, anhand derer Blockchain-Applikationen beschrieben werden können. Für jedes dieser Merkma-le werden zudem Merkmalsausprägungen definiert, welche bereits real vorhanden oder potenziell möglich sind. Dieses Be-schreibungsmodell hat als generisches Beschreibungsmodell der Blockchain-Tech-nologie deutlich über seine Anwendung im Supply-Chain-Management hinaus Gül-tigkeit. Mit dieser Morphologie und dem dazugehörigen Forschungsdesign können Gestaltungsempfehlungen für verschiede-

ne Anwendungsfälle der Blockchain-Tech-nologie systematisch erarbeitet werden, das Vorgehen ist mithin reproduzierbar.

Im Erklärungsmodell „Anwendungszusam-menhang im Supply-Chain-Management“ werden die verschiedenen Ansprüche der potenziell in einer Blockchain-Applikation für das Supply-Chain-Management parti-zipierenden Unternehmenstypen erarbei-tet. Die Ansprüche werden direkt in der erarbeiteten Morphologie der Blockchain-Technologie notiert, indem identifiziert wird, welche Merkmalsausprägungen von den jeweiligen Partizipierenden bevorzugt werden. Anschließend werden die vorge-gebenen Ausprägungen konsolidiert und, wo nötig, gegeneinander abgewogen.

Im Gestaltungsmodell „Gestaltung einer Blockchain-Applikation für das Supply-Chain-Management“ werden entspre-chend der jeweiligen Ausprägung je Merkmal Gestaltungsempfehlungen erar-beitet, mithin die Ausprägungen vor dem Hintergrund der Anwendung detailliert. Insbesondere werden verschiedene not-wendige Transaktionen, das Vorgehen zur Informationsfreigabe (welche sich bei kundenanonymer und kundenspezifischer Produktion unterscheidet) und verschie-dene Arten von Prüfungen zur Plausibilisie-rung gemeldeter Events erarbeitet.

Dissertationsschrift von David Holtkemper: Blockchain-Applikation für das Supply-Chain-Management

UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

Page 63: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

63UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020 63UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020 63UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

Dissertationsschrift von Boris A. Feige: Präferenzstrukturen von neuen Fahrzeug- und Mobilitätsangeboten für latente Bedürfnisse privater Nutzer

Deutschland steht am Anbeginn einer Zei-tenwende der Mobilität im urbanen Raum. Zahlreiche Ereignisse der jüngeren Vergan-genheit zeugen davon. Dazu zählen u. a. politisch initiierte Emissions- und Klima-ziele, ein sich veränderndes Mobilitätsbe-dürfnis privater Nutzer, die Digitalisierung sowie die Abkehr vom Antriebskonzept des Verbrennungsmotors. Die Automobil-hersteller reagieren auf diese Entwicklun-gen mit Milliardeninvestitionen in neue Technologien sowie mit neuen Fahrzeug- und Mobilitätsangeboten. Jedoch bleibt der Erfolg dieser Angebote vielfach hin-ter den Erwartungen zurück. Begründet werden kann dies durch die mangelnde Bedürfnisbefriedigung aufgrund der un-zureichenden Kenntnis der Bedürfnis- und Präferenzstrukturen der Nutzer und deren konsequente Berücksichtigung im Ent-wicklungsprozess.

Die Kenntnis der Präferenzstrukturen sowie ein tiefgreifendes empathisches Verständnis der zugrundeliegenden laten-ten Bedürfnisstrukturen der adressierten Nutzergruppe sind jedoch als besonders relevant für die erfolgreiche Gestaltung neuer Fahrzeug- und Mobilitätsangebote anzusehen. Sie liefern den Automobilher-stellern wichtige Anhaltspunkte zur strate-gischen Positionierung der Fahrzeug- und Mobilitätsangebote und der Gestaltung

der dazugehörigen Leistungskomponen-ten. Sie werden somit zu Schlüsselfak-toren. Die Motivation der vorliegenden Dissertationsschrift besteht folglich darin, einen Beitrag zur Gestaltung neuer Fahr-zeug- und Mobilitätsangebote zu leisten, welche aus der Nutzersicht präferiert wer-den und somit marktseitig erfolgreich sind. Daher ist die maßgebliche Zielsetzung der Arbeit die Identifikation von Präferenz-strukturen für neue Fahrzeug- und Mobili-tätsangebote unter Berücksichtigung der latenten Bedürfnisse privater Nutzer.

Dazu wird ein Lösungsansatz beschrieben, der für vorausgewählte Nutzergruppen deren zugrundeliegende Bedürfnisstruktu-ren identifiziert und diese als Eingangsgrö-ßen einer Präferenzmessung heranzieht. Durch Disaggregation der Nutzenwerte lie-gen für fünf Nutzergruppen ihre individuel-len Präferenzstrukturen vor. Die Ergebnis-se werden für die Formulierung konkreter Gestaltungsempfehlungen für fünf unter-schiedliche Fahrzeugangebote samt dazu komplementären Mobilitätsangeboten genutzt. Die Gestaltungsempfehlungen sowie der Prozess der Identifikation von Bedürfnis- und Präferenzstrukturen liefern somit einen direkten praktischen Nutzen für Automobilhersteller und können durch diese unmittelbar im Entwicklungsprozess berücksichtigt werden.

Schriftenreihe RationalisierungBand 171

ISBN978-3-86359-857-0

Preis38,27 Eurozzgl. Porto und Verpackung

Internetapprimus-verlag.de

Studien, Standards und Publikationen

63UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

Page 64: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

64 UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

Studien, Standards und Publikationen

64

Schriftenreihe RationalisierungBand 172

ISBN978-3-86359-860-0

Preis38,27 Eurozzgl. Porto und Verpackung

Internetapprimus-verlag.de

Datenanalyse wird zum zentralen Wett-bewerbsfaktor für produzierende Un-ternehmen. Neben der Möglichkeit, bestehende Prozesse und Produkte zu verbessern, bietet der Einsatz fortschritt-licher Datenanalysemethoden die Chan-ce, eine verbesserte Wettbewerbspositi-on einzunehmen und beispielsweise neue Geschäftsmodelle zu realisieren. Hierbei steht eine Vielzahl an unterschiedlichen Methoden der Business-Analytics zur Ver-fügung. Die Auswahl der Methode erfolgt häufig aus Erfahrungswissen und wird selten durch ein strukturiertes Vorgehen unterstützt. Dadurch werden in der An-wendung oftmals nicht zielführende oder in der Umsetzung aufwendige Methoden verwendet.

Das übergeordnete Ziel dieser Arbeit ist die Entwicklung eines Entschei-dungsmodells, das einen Anwender bei der Auswahl einer geeigneten und für

den Anwendungsfall wirtschaftlichen Business-Analytics-Methode unterstützt.

Zur Erreichung dieses Ziels werden ma-thematische Methoden klassifiziert und systematisiert, um diese in Bezug auf den wirtschaftlichen Einsatz zu bewer-ten. Hierbei werden sowohl die Analyse-fragestellung sowie die Datengrundlage als auch der wirtschaftliche Einsatz der Methoden betrachtet.

Das Ergebnis der Arbeit ist ein systema-tisches Vorgehen zur Darstellung des unternehmerischen Nutzens der unter wirtschaftlichen Aspekten ausgewählten Analysemethoden. Das daraus resultie-rende Entscheidungsmodell berücksich-tigt sowohl die geschäftsrelevante Fra-gestellung als auch die Datengrundlage und unterstützt einen Entscheider in produzierenden Unternehmen, effekti-ver und effizienter zu handeln.

Dissertationsschrift von Denis Krechting: Methodennavigator für Business-Analytics produzierender Unternehmen

64 UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

Page 65: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

65UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

Studien, Standards und Publikationen

Dissertationsschrift von Martin Birkmeier: Messung und Darstellung der Qualität von betrieblichen Informationsflüssen

Die Nutzung und Einbindung von Infor-mation in betriebliche Prozesse sind be-reits heute weit fortgeschritten. Dies wird durch die Einführung neuer Informations-technologien weiter intensiviert. Die Er-schließung und der Zugang zur Ressource Information werden oftmals teuer erkauft. Trotz des hohen Einsatzes ist aber die Qua-lität der genutzten Information meist un-bekannt, einerseits aufgrund der großen Menge an Informationen, die gesammelt werden und deren Überprüfung aufwen-dig ist, andererseits durch die mehrstufige und komplexe Verarbeitung und Bereit-stellung von Information. Dadurch sind Quellen der Information und Verarbei-tungsschritte intransparent, dies verwehrt die Möglichkeit der Überprüfung.

Die Betrachtung der Qualität geschieht oft inhomogen auf eigenen und fremden Systemen, durch eigene Arbeit oder ex-terne Dienstleistung. Die Verarbeitungs-schritte werden selten dokumentiert und können dann nicht nachvollzogen werden. Die Intensivierung der Vernetzung von In-formation und der Automatisierung von Entscheidungen und Prozessen erhöht zusätzlich die Verarbeitungsgeschwindig-keit. Somit verbleibt weniger Zeit, qualita-tive Mängel von Information zu erkennen, sie werden meist nicht oder erst viel zu spät bemerkt. Diese Unkenntnis stellt ein enormes unternehmerisches Risiko dar.

Um Unternehmen bei der Lösung dieses Ri-sikos zu unterstützen, hat die vorliegende Arbeit zum Ziel, die Informationsqualität entlang der Informationsflüsse erfassbar darzustellen. Hierfür werden ein Modell zur Typisierung der Informationsflüsse und eine Notation zur Erfassung der Informati-onsflüsse bereitgestellt. Dies erlaubt die Erfassung der Verarbeitungsschritte und die Darstellung der Informationsflüsse. Zur Untersuchung der Informationsqua-lität wird eine Typisierung der Informati-onsaufgaben entwickelt. Für diese Typen der Informationsaufgaben werden eine Übersicht und Hierarchie der Qualitäts-dimensionen erarbeitet, welche sich zur qualitativen Betrachtung eignen. Um eine quantitative Beurteilung zu ermöglichen, wird ein existierender mathematischer Ansatz erweitert und abgewandelt. Der Ansatz kann damit auf die Beurteilung der Informationsqualität angewandt werden. Dies erlaubt eine technische Implementie-rung der Messung. Damit kann die Infor-mationsqualität dargestellt, qualitativ und quantitativ bewertet werden. Dies schafft die Grundlage für Ist-/Soll-Abgleiche und kann für Steuerung und Regelung genutzt werden. Die entwickelten Modelle dieser Arbeit werden in drei Fallstudien validiert.

Schriftenreihe RationalisierungBand 173

ISBN978-3-86359-866-2

Preis38,27 Euro zzgl. Porto und Verpackung

Internetapprimus-verlag.de

65UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 1/2020

Page 66: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

RWTH-Zertifikatskurs "Business Transformation Manager"Zwei Präsenzmodule: 03.08. – 05.08. & 17.08. – 19.08.2020

Zielgruppe:Mitglieder der Geschäftsführung, Programm-Manager, Leiter der Organisations entwicklung,

Fach- und Führungskräfte, Projektleiter sowie involvierte Personen, die für unternehmensin-terne Veränderungsvorhaben verantwortlich sind oder diese begleiten.

Kernfragestellungen im Fokus: Wie ist eine Transformationsstrategie mit klaren Zielen zu definieren? Wie sind konkrete Umsetzungspläne und der Transformation-Case zu entwickeln? Wie können Mitarbeiter wie auch die Organisation optimal integriert werden? Welche pragmatischen Ansätze unterstützen bei der erfolgreichen Bewältigung

von umfassenden Transformationsvorhaben?

Kontakt: SelinaWilke,M.Sc. · FIR e. V. an der RWTH Aachen·  +4924147705-323  [email protected] zertifikatskurs-business-transformation-manager.de

RWTH-Zertifikatskurs "Chief Maintenance Manager"Zwei Präsenzmodule: 02.09. – 04.09. & 16.09. – 18.09.2020

Zielgruppe:Instandhaltungs- und Produktionsleiter, Geschäftsführer sowie Führungskräfte

instandhaltungsnaher Bereiche.

Kernfragestellungen im Fokus: Welche Organisationsformen der Instandhaltung sind vor dem Hintergrund der spezifischen Anforderungen geeignet?

 Welche Methoden – TPM, RCM, Six Sigma & Co. – sind zielführend und wie lassen sich diese effektiv umsetzen?

 Wie gut (oder schlecht) ist Ihre Instandhaltung und wie erfolgt eine umfassende Budgetplanung für diese?

 Wie lässt sich auch in schwierigen Führungssituationen im Hinblick auf arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen sicher agieren?

Kontakt: Dipl.-Ing. Florian Defèr · FIR e. V. an der RWTH Aachen ·  +49 241 47705-233

[email protected] ·  zertifikatskurs-chief-maintenance-manager.de

RWTH-Zertifikatskurs "Digital Strategist"

Zwei Präsenzmodule: 09.09. – 11.09. & 23.09. – 25.09.2020

Zielgruppe:Mitglieder der Geschäftsführung, Führungskräfte oder involvierte Personen, die für unterneh-mensstrategische Veränderungsvorhaben verantwortlich sind.

Kernfragestellungen im Fokus: Was heißt eigentlich Führung in Zeiten der digitalen Transformation? Wie entwickle ich meine Strategie für die digitale Transformation?

 Was steckt hinter technologischen Plattformen und Cloud-Computing? Was muss ich als Führungskraft über IoT (Internet of Things) wissen?

 Wie reif ist mein Unternehmen bereits für die digitale Welt und wo stehe ich gerade mit meinem Unternehmen?

Kontakt: Gerrit Hoeboern, M.Sc. · FIR e. V. an der RWTH Aachen ·  +49 241 47705-324 [email protected] ·  zertifikatskurs-digital-strategist.de

Page 67: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

RWTH-Zertifikatskurs "Chief Service Manager"Zwei Präsenzmodule: 19.10. – 21.10. & 02.11. – 04.11.2020

Zielgruppe:Geschäftsführer, Serviceleiter oder eine ambitionierte Nachwuchsführungskraft, die für das

Management industrieller Dienstleistungen verantwortlich sind und dieses weiterentwickeln.

Kursinhalte: Strategisches Management und Marketing für industrielle Dienstleistungen Unternehmensplanspiel "Dienstleistungsmanagement" Service-Engineering: Systematisch neue Dienstleistungen entwickeln Pricing von Dienstleistungen Solution-Selling – Angebot kundenorientierter Lösungen

Kontakt: Marcel Faulhaber, M.Sc. · FIR e. V. an der RWTH Aachen · +49 241 47705-209 [email protected] ·  zertifikatskurs-chief-service-manager.de

Digitalisierung&

Strategie

Informations-technologien &-management

Produktion&

Logistik

Service&

Instandhaltung

Das gebündelte Weiterbildungsprogramm des FIR &

der Center im Cluster Smart Logistik

CLUSTER ACADEMYRaise your Digital Capabilities

www.cluster-academy.de

RWTH-Zertifikatskurs "Chief Information Manager"Zwei Präsenzmodule: 10.09. – 12.09. & 24.09. – 26.09.2020)

Zielgruppe:Geschäftsführer und IT-Verantwortliche sowie Nachwuchsführungskräfte aller Branchen.

Kursinhalte: IT-Business-Alignment KomplexitätundStrategie Technologie&Daten Prozess- & Projektmanagement Technologiemanagement

Kontakt: Mathis Niederau, M.Sc. · FIR e. V. an der RWTH Aachen ·  +49 241 47705-505 [email protected]

zertifikatskurs-chief-information-manager.de

Page 68: Forschung Unternehmen der Zukunft · UdZ Unternehmen der Zukunft Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung ISSN 1439-2585 1/2020 Forschung

Veranstaltungstermine

Weitere Informationen online unter veranstaltungsuebersicht.fir.de

03.08. – 05.08.20 RWTH-Zertifikatskurs „Business Transformation Manager“ (2 Module)und Ort: Aachen; Internet: zertifikatskurs-business-transformation-manager.de17.08. – 19.08.20 Kontakt: Selina Wilke; FIR e. V.; Tel.: +49 241 47705-323; E-Mail: [email protected]

05.08.20 Online-Seminar: Digital-Business-Development Ort: Microsoft-Teams-Konferenz; Internet: webinare.fir.de Kontakt: Benedikt Moser; Center Smart Services; Tel.: +49 241 47705-205; E-Mail: [email protected]

13.08.20 Aachener Praxistag „Künstliche Intelligenz“: Von der Technologie zur Umsetzung Ort: Microsoft-Teams-Konferenz; Internet: webinare.fir.de Kontakt: Jan Hicking; FIR e. V.; Tel.: +49 241 47705-205; E-Mail: [email protected]

19.08.20 Online-Seminar: Vertrieb von digitalen Produkten Ort: Microsoft-Teams-Konferenz; Internet: webinare.fir.de Kontakt: Benedikt Moser; Center Smart Services; Tel.: +49 241 47705-205; E-Mail: [email protected]

01.09.20 Tag der offenen Tür in der 5G-Modellfabrikoder Ort: Aachen; Internet: 5g.nrw30.11.20 Kontakt: Vasco Seelmann; FIR e. V. ; Tel.: +49 241 47705-512; E-Mail: [email protected]

02.09. – 04.09.20 RWTH-Zertifikatskurs „Chief Maintenance Manager“ (2 Module)und Ort: Aachen; Internet: zertifikatskurs-chief-service-manager.de16.09. – 18.09.20 Kontakt: Florian Defèr; FIR e. V.; Tel.: +49 241 47705-233; E-Mail: [email protected]

03.09.20 Arbeitskreis „Instandhaltung in der Euregio“: Anwendungsfälle von LoRa / LoRaWAN für die Instandhaltung Ort: Rüsselsheim; Internet: www.fir.rwth-aachen.de/veranstaltungen/arbeitskreiseroundtables Kontakt: Frederick Birtel; FIR e. V.; Tel.: +49 241 47705-204; E-Mail: [email protected]

09.09. – 11.09.20 RWTH-Zertifikatskurs „Digital Strategist“ (2 Module)und Ort: Aachen; Internet: zertifikatskurs-digital-strategist.de23.09. – 25.09.20 Kontakt: Gerrit Hoeborn; FIR e. V.; Tel.: +49 241 47705-324; E-Mail: [email protected]

10.09. – 12.09.20 RWTH-Zertifikatskurs „Chief Information Manager“ (2 Module)und Ort: Aachen; Internet: zertifikatskurs-chief-information-manager.de24.09. – 26.09.20 Kontakt: Mathis Niederau; Center Smart Services; Tel.: +49 241 47705-505; E-Mail: [email protected]

20.10.20 FIR-Thementag: Supply-Chain-Mangement – Wertschöpfungsnetzwerke in turbulenten Zeiten Ort: Aachen; Internet: fir-thementag.de Kontakt: Andreas Kraut; FIR e. V. ; Tel.: +49 241 47705-411; E-Mail: [email protected]

12.11. – 13.11.20 CDO Aachen 2020: ‚Digital Architecture Management‘ Ort: Aachen; Internet: cdo-aachen.de Kontakt: Stefanie Jahne; FIR e. V. ; Tel.: +49 241 47705-500; E-Mail: [email protected]