Foto: sdecoret – Fotolia Innovation durch Kontrolle · lem zugeschnitten und abgeän-dert werden...

3
60 I KU Gesundheitsmanagement 2/2018 STRATEGISCHES MANAGEMENT Innovation durch Kontrolle Wertbeitrag der Internen Revision bei der Weiterentwicklung von Kernprozessen Ein wesentliches Hilfsmittel, um die unterneh- mens- und konzernweite Corporate Gover- nance innerhalb eines Krankenhauses zu überwachen und zu entwickeln, ist die Imple- mentierung einer unabhängigen Internen Re- vision. Die Interne Revision übernimmt dabei als ein zentrales innerbetriebliches und pro- zessunabhängiges Überwachungs- und Steu- erungselement eine bedeutende Rolle in der systematischen und zielgerichteten Bewer- tung der Wirksamkeit wichtiger Kontrollen und in der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit wesentlicher Geschäftsprozesse. Keywords: Interne Revision, Prozessma- nagement, Strategie, Controlling, Risikoma- nagement I n Krankenhäusern wird die Aufgabe der Internen Revision oft im Wesentlichen mit der Überprüfung und Sicherstellung von Rechtssicherheit (Compliance Audit) definiert. Die Verbesserung von Kernprozessen und damit ver- bunden der Wirtschaftlichkeit (Operational Audit) des Unterneh- mens spielt häufig lediglich eine untergeordnete Rolle und ist - auch bedingt durch den berufli- chen Background der Innenreviso- ren - zumeist auf klassische Ver- waltungsprozesse beschränkt. Somit findet im ärztlichen und pflegerischen Tätigkeitsfeld zu- meist nur eine sehr geringe Prüftä- tigkeit statt, obwohl gerade hier die wesentlichen Kernprozesse ei- nes Krankenhauses verortet sind. Sicherlich sind diese Bereiche durch das interne und externe Qualitätsmanagement sehr eng- maschig kontrolliert, allerdings liegt der Fokus des Qualitätsmana- gements meist auf der Einhaltung der einschlägigen Qualitätsstan- dards und somit ebenfalls auf Rechtssicherheit. Gerade die Opti- mierung der Wirtschaftlichkeit in den klinischen Kernprozessen stellt jedoch einen wesentlichen Innovationsmotor eines modernen Krankenhauses dar, um sich in dem, aufgrund der regulatori- schen Vorgaben immer stärker ver- schärfenden Wettbewerb, behaup- ten zu können. Potenziale liegen an dieser Stelle nicht nur in der Ef- fizienzverbesserung der einzelnen Prozesse, sondern auch in der opti- malen Ausgestaltung von Schnitt- stellen zwischen einzelnen Prozes- sen und Prozessschritten. Die Interne Revision kann hierbei - insbesondere aufgrund ihrer Pro- zessunabhängigkeit - ein geeigne- tes Hilfsmittel sein, um die Pro- zessverantwortlichen zu unterstüt- zen und mit diesen gemeinsam Lö- sungsansätze zur Effizienzsteige- rung zu entwickeln. Eine engma- schige Zusammenarbeit ist dabei notwendig, um die Methodenkom- petenz der Internen Revision mit Von Niko Ballarini und Uta Herter Foto: sdecoret – Fotolia

Transcript of Foto: sdecoret – Fotolia Innovation durch Kontrolle · lem zugeschnitten und abgeän-dert werden...

60 I KU Gesundheitsmanagement 2/2018

STR

ATE

GIS

CH

ESM

AN

AG

EMEN

T

Innovation durch KontrolleWertbeitrag der Internen Revision bei der Weiterentwicklungvon Kernprozessen

Ein wesentliches Hilfsmittel, um die unterneh-mens- und konzernweite Corporate Gover-nance innerhalb eines Krankenhauses zuüberwachen und zu entwickeln, ist die Imple-mentierung einer unabhängigen Internen Re-vision. Die Interne Revision übernimmt dabeials ein zentrales innerbetriebliches und pro-zessunabhängiges Überwachungs- und Steu-erungselement eine bedeutende Rolle in dersystematischen und zielgerichteten Bewer-tung der Wirksamkeit wichtiger Kontrollenund in der Beurteilung der Wirtschaftlichkeitwesentlicher Geschäftsprozesse.

Keywords: Interne Revision, Prozessma-nagement, Strategie, Controlling, Risikoma-nagement

In Krankenhäusern wird dieAufgabe der Internen Revisionoft im Wesentlichen mit der

Überprüfung und Sicherstellung

von Rechtssicherheit (ComplianceAudit) definiert. Die Verbesserungvon Kernprozessen und damit ver-bunden der Wirtschaftlichkeit(Operational Audit) des Unterneh-mens spielt häufig lediglich eineuntergeordnete Rolle und ist -auch bedingt durch den berufli-chen Background der Innenreviso-ren - zumeist auf klassische Ver-waltungsprozesse beschränkt.

Somit findet im ärztlichen undpflegerischen Tätigkeitsfeld zu-meist nur eine sehr geringe Prüftä-tigkeit statt, obwohl gerade hierdie wesentlichen Kernprozesse ei-nes Krankenhauses verortet sind.Sicherlich sind diese Bereichedurch das interne und externeQualitätsmanagement sehr eng-maschig kontrolliert, allerdingsliegt der Fokus des Qualitätsmana-gements meist auf der Einhaltungder einschlägigen Qualitätsstan-dards und somit ebenfalls aufRechtssicherheit. Gerade die Opti-

mierung der Wirtschaftlichkeit inden klinischen Kernprozessenstellt jedoch einen wesentlichenInnovationsmotor eines modernenKrankenhauses dar, um sich indem, aufgrund der regulatori-schen Vorgaben immer stärker ver-schärfenden Wettbewerb, behaup-ten zu können. Potenziale liegenan dieser Stelle nicht nur in der Ef-fizienzverbesserung der einzelnenProzesse, sondern auch in der opti-malen Ausgestaltung von Schnitt-stellen zwischen einzelnen Prozes-sen und Prozessschritten.

Die Interne Revision kann hierbei -insbesondere aufgrund ihrer Pro-zessunabhängigkeit - ein geeigne-tes Hilfsmittel sein, um die Pro-zessverantwortlichen zu unterstüt-zen und mit diesen gemeinsam Lö-sungsansätze zur Effizienzsteige-rung zu entwickeln. Eine engma-schige Zusammenarbeit ist dabeinotwendig, um die Methodenkom-petenz der Internen Revision mit

Von Niko Ballarini und Uta Herter

Foto: sdecoret – Fotolia

61KU Gesundheitsmanagement 2/2018 I

STR

ATE

GIS

CH

ESM

AN

AG

EMEN

T

der fachlichen Expertise der Pro-zessverantwortlichen im medizini-schen und pflegerischen Bereichzu verknüpfen. Dadurch könneninnovative Lösungsansätze entwi-ckelt und Betriebsblindheit ver-mieden werden.

Interne Revision als beratendeStelle in der OrganisationAllerdings muss sich die InterneRevision hierfür selbst als eine be-ratende Stelle in der Organisationdefinieren. Ihr Aufgabengebietgeht dabei deutlich über das einerreinen Kontroll- und Prüfinstanzhinaus. Das Selbstverständnis ei-ner modernen Internen Revisionsollte damit das eines Umset-zungspartners auf Augenhöhesein. Dadurch erhöht sich auch dieAkzeptanz bei den zu prüfendenProzessverantwortlichen, da dasprimäre Prüfungsziel durch dieSchaffung von Mehrwerten inner-halb der eigenen, unternehmens-internen Prozesse definiert ist. ImGegensatz hierzu wurde die Inter-ne Revision in der Vergangenheitoftmals als eine reine Kontroll-und Sanktionsinstanz wahrge-nommen, welche für die Prozess-verantwortlichen keinen Zusatz-nutzen bietet.

Moderne Methoden und Tools

Spaghetti-DiagrammEine moderne Interne Revisionbedient sich einer Vielzahl vonMethoden und Tools aus der klas-sischen Unternehmensberatung,um auch im operativen Bereich ei-nes Krankenhauses Optimie-rungspotenziale nicht nur zuidentifizieren, sondern auch, inZusammenarbeit mit den jeweili-gen Prozessverantwortlichen,zeitnah bei der Realisierung zuunterstützen. So können bei-spielsweise im Rahmen einer Effi-zienzuntersuchung von Arbeits-abläufen im medizinischen oderpflegerischen Bereich Spaghetti-Diagramme (entnommen aus denAnsätzen des Lean Managements)zum Einsatz kommen. Diese skiz-zieren die zurückgelegten Wegeder Mitarbeiter und offenbarendadurch etwaige Ineffizienzen inden Arbeitsabläufen. Neben derIdentifizierung der Wege der Mit-arbeiter können Spaghetti-Dia-gramme ebenso für Patienten

oder auch für benötigte Materiali-en erstellt werden. Auf Basis derErgebnisse lassen sich dann zu-sammen mit den Leistungserbrin-gern die Prozesse überarbeitenund somit Effizienzpotenzialerealisieren.

Ishikawa-DiagrammAls Ergänzung zur Methodik desSpaghetti-Diagramms kann sichdie Interne Revision zusätzlichbeispielsweise des Ishikawa-Dia-gramms bedienen, um weitereEngpässe innerhalb eines beste-henden Prozesses sowie deren Ur-

sachen aufzudecken. Das Ishika-wa-Diagramm (basierend auf sei-ner Darstellungsweise auch unterdem Namen „Fischgräten-Dia-gramm“ bekannt) stellt ebenfallsein klassisches Unternehmensbe-ratungstool dar, welches eine de-taillierte und umfassende Unter-suchung von Fehlern beziehungs-weise Risiken sowie deren Ursa-chen erlaubt und damit ein effek-tives und effizientes Qualitätsma-nagement unterstützt. Die einzel-nen Ursachen, welche zu einembestimmten Risiko oder auch zueinem Problem führen, werden

In der Praxis existieren Risikomanagementsystem und die InterneRevision nicht selten nebeneinander her und sind im Regelfall nichtoder nicht ausreichend miteinander verzahnt. Dies führt jedoch zuIneffizienzen und gleichzeitig zu einer erhöhten Ressourcenbindungaufgrund von identischen Aufgaben und Themenfeldern, die von denjeweils verantwortlichen Mitarbeitern aus beiden Bereichen bearbei-tet werden.

Die Prüfungsplanung der Internen Revision und somit die Auswahlder zu prüfenden Themen bzw. Prozesse sollte auf der Risikoinventa-risierung und -bewertung, die im Rahmen des Risikomanagement-systems durchgeführt werden, basieren. So sollten im mehrjährigenPrüfplan insbesondere solche Prüfgebiete bzw. Prozesse priorisiertwerden, denen ein hoher Risikowert (Ermittlung basierend auf Ein-trittswahrscheinlichkeit und Schadenshöhe des jeweiligen Risikos)im Risikomanagementsystem zugewiesen wird. Wenn beispielsweiseim Rahmen der Risikoinventur im Bereich der stationären Abrech-nung ein für das Krankenhausunternehmen wesentliches Risiko ent-deckt wird, sollte diesem Prüfgebiet eine hohe Priorität eingeräumtund eine zeitnahe Überprüfung der Aufbau- und Ablauforganisationinklusive der wesentlichen prozessimmanenten Kontrollen geplantwerden.

Im Gegenzug erfüllt die Interne Revision ebenso eine wesentlicheRolle im Risikomanagement eines Krankenhauses. Sie ist ein wichti-ges übergeordnetes Kontrollinstrument, welches eine Überprüfungder zur Risikominimierung bzw.-vermeidung vorgesehenen Kontrol-len und Maßnahmen durchführt. Die Interne Revision schafft somitdie notwendige Transparenz, um beurteilen zu können, ob die imple-mentierten Maßnahmen ausreichen, um die Risiken zu vermeidenbzw. zu minimieren (Reduzierung des Netto-Risikos).

Die enge Zusammenarbeit zwischen den Bereichen Interne Revisionund Risikomanagementsystem ist aus Sicht einer effizienten Res-sourcenallokation der verantwortlichen Mitarbeiter ebenfalls sinn-voll. Eine fehlende Verzahnung bzw. Abstimmung führt häufig dazu,dass Aufgaben, wie zum Beispiel Risiko- oder Maßnahmeninventari-sierung durch beide Bereiche durchgeführt werden. Hierbei werdenEffizienzpotenziale verschenkt, da die zeitliche Arbeitsbelastungdoppelt anfällt.

Verknüpfung zwischen derInternen Revision und einemganzheitlichen Risikomanagement

62 I KU Gesundheitsmanagement 2/2018

STR

ATE

GIS

CH

ESM

AN

AG

EMEN

T

dabei in bestimmte Kategorieneinsortiert. Innerhalb des klassi-schen Ishikawa-Diagramms han-delt es sich dabei um die Kategori-en Mensch, Management, Metho-de, Maschine, Material und Mit-welt, wobei diese Differenzierungindividuell auf das einzelne Prob-lem zugeschnitten und abgeän-dert werden kann.

Basierend auf der umfassendenAuseinandersetzung mit der Ge-samtheit aller potenziellen Ursa-chen eines bestimmten Problemsoder auch einer Schwachstelle in-nerhalb eines Prozesses, welchebeispielsweise im Vorhineindurch Anwendung der Spaghetti-Diagramm-Methodik identifiziertwurde, wird die Einleitung einesBottum-up-Optimierungsprozessesermöglicht. Gerade wenn, wie esim Krankenhausalltag meist derFall ist, potenzielle Schwachstel-len durch eine Vielzahl möglicherUrsachen, beteiligter Berufsgrup-pen wie auch unterschiedlichsterAnreize und Ziele anfänglich inhohem Maße komplex erschei-nen, stellt das Ishikawa-Dia-gramm ein geeignetes Werkzeugdar, um vielschichtige Fehlerquel-len heruntergebrochen auf einzel-ne Ursachen einfach zu identifi-zieren und somit trotz hoher Kom-plexität ganzheitliche Lösungsan-sätze zu entwickeln.

Gantt-DiagrammEine weitere Methode zur Identifi-zierung von Effizienzpotenzialenstellt die Analyse der Arbeitsab-läufe durch den Einsatz vonGantt-Diagrammen dar, welchetypischerweise im Projektma-nagement zum Einsatz kommenund die zeitliche Abfolge von Ak-tivitäten grafisch in Form von Bal-ken auf einer Zeitachse darstel-len. Im Rahmen einer Effizienzun-tersuchung durch die Interne Re-vision zeigt der Einsatz der Gantt-Diagramme vorhandene Leerzei-ten innerhalb eines Prozessablaufsauf und kann beispielswiese dazugenutzt werden, den Patienten-durchlauf zu erhöhen. Insbeson-dere in OP- und Diagnostikberei-chen können auf dieser BasisWechsel- und Wartezeiten redu-ziert und damit Schnitt-Naht- oderauch elektive Patiententerminie-rungen optimiert werden.

Einsatz von IT-LösungenNeben klassischen Prüfungshand-lungen aus der Unternehmensbe-ratung, bietet der Einsatz moder-ner IT-Auswertungsmöglichkeitender Internen Revision eine Viel-zahl von weiteren Möglichkeiten.So kann beispielsweise mit Hilfeentsprechender IT-basierter Kon-zepte die Personaleinsatzplanunganalysiert, grafisch aufbereitetund im Anschluss dem Leistungs-geschehen gegenübergestellt wer-den, um etwaige Ineffizienzen beider Personaleinsatzplanung auf-zudecken.

Eine weitere Möglichkeit der Inter-nen Revision, Mehrwert innerhalbdes eigenen Hauses zu generieren,kann durch Einbezug einer ent-sprechenden Benchmark-Daten-bank ermöglicht werden. Durchdiese können Vergleichswerte imRahmen der Optimierung von Pro-zessen und Abläufen mitberück-sichtigt und dabei potenzielle Mit-wettbewerber auf dem Markt imBlick behalten werden. Hierdurchwird es dann auch möglich, BestPractice Ansätze im eigenen Unter-nehmen voranzutreiben.

Interne Revision undControllingDie Interne Revision sollte dabeistets durch das betriebswirtschaft-liche Controlling unterstützt wer-den und gegebenenfalls Zugriff aufdas krankenhausinterne Business-Intelligence-System erhalten. Die-se Zusammenarbeit zwischen In-terner Revision und Controllingbietet auch Möglichkeiten, das un-ternehmensweite Controlling undReporting weiterzuentwickeln, in-dem im Rahmen von Revisionspro-jekten entwickelte Konzepte zurDatenanalyse vom Controllingstandardisiert und in das laufendeBerichtswesen integriert werden.Wer die Abläufe klinischer Prozes-se in Krankenhäusern nachhaltigverbessern will, der kommt am Me-gatrend Digitalisierung nicht vor-bei. So können Effizienzgewinnedurch eine volldigitale Dokumen-tation (durch Umstellung der her-kömmlichen papiergebundenenPatientenakte auf die elektroni-sche Patientenakte) sämtlicher Be-handlungsprozeduren realisiertwerden. Auch im Bereich derSchnittstellen zwischen einzelnen

Kernprozessen und damit einher-gehend auch häufig zwischen ein-zelnen Berufsgruppen bietet sichhier vielfältig Optimierungspoten-zial. Transpondergestützte Analy-sen von Prozessketten bzw. -abläu-fen (Radio Frequency Identificati-on) stellen nur eine von vielenMöglichkeiten dar, wesentlich zueiner Effizienz- und Qualitätsstei-gerung im Krankenhaus beizutra-gen.

FazitDie Interne Revision kann hier inihrer Rolle als Umsetzungspartnerauf Augenhöhe maßgeblich bei derEntwicklung und Einführung sol-cher innovativer Strukturen undProzesse beitragen. Allerdingssollte bei der Optimierung derKernprozesse und der damit ver-bundenen Wirtschaftlichkeitsver-besserung die Sicherstellung vonRechtssicherheit (Compliance-Au-dit als originäre Aufgabe der Inter-nen Revision) nicht vernachlässigtwerden. Die Prüftätigkeit der Inter-nen Revision hat als Basisaufgabeimmer die Prüfung der Einhaltungder rechtlichen Rahmenbedingun-gen und muss diese ebenfalls imRahmen der Verbesserung vonProzessen, Schnittstellen undStrukturen beachten.

Niko BallariniSteuerberater und Prokurist

Ebner StolzKronenstraße 30

70174 [email protected]

Uta HerterSenior Consultant

Ebner Stolz

NIko Ballarini