Für die deutsche Ausgabe Rudolf Hörmann · PDF fileKnoten. Das Vorliegen einer...

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    335J. Larry Jameson, Anthony P. Weetman

    Erkrankungen der SchilddrseFr die deutsche Ausgabe Rudolf Hrmann

    Die Schilddrse bildet zwei verwandte Hormone, Thyroxin (T4) und Triiodthyronin (T3) (Abb. 335-1). ber die Wirkung auf Hor-monrezeptoren des Zellkerns spielen diese Hormone eine entschei-dende Rolle in der Zelldifferenzierung whrend der Entwicklung und helfen dabei, den Wrmehaushalt und die metabolische Ho-mostase des Erwachsenen aufrechtzuerhalten. Autoimmuner-krankungen der Schilddrse sind entweder in der Lage, eine ber-mige Schilddrsenhormonbildung zu stimulieren (Hyperthy-reose) oder eine Destruktion der Drse mit nachfolgendem Hormonmangel (Hypothyreose) herbeizufhren. Benigne Schild-drsenknoten und verschiedene Formen von Schilddrsenkrebs sind relativ hufig und fallen oft schon bei der krperlichen Unter-suchung auf.

    ANATOMIE UND ENTWICKLUNGDie Schilddrse (griechisch: thyreos, Schild und eidos, Form) be-steht aus zwei Lappen, die durch einen kleinen Mittellappen, den Schilddrsenisthmus, miteinander verbunden sind. Die Schild-drse liegt im Halsbereich vor der Luftrhre, zwischen Ringknor-pel und suprasternaler Einkerbung. Die normale Schilddrse ist 12 bis 20 g schwer, stark durchblutet und von weicher Konsistenz. Hinter jedem Schilddrsenpol liegen vier Nebenschilddrsen, die Parathormon bilden (Kap. 347). Der Nervus laryngeus recurrens durchzieht den lateralen Schilddrsenrand und muss zur Vermei-dung einer Stimmbandlhmung bei Schilddrsenoperationen identifiziert werden.

    Die Schilddrse entwickelt sich whrend der dritten Schwanger-schaftswoche aus dem Boden des primitiven Pharynx. Die sich ent-wickelnde Drse wandert den Ductus thyreoglossus entlang, um ihren endgltigen Platz im Halsbereich zu erreichen. Dieses Verhal-ten ist fr die seltene ektope Lage von Schilddrsengewebe am Zungengrund (Zungengrundstruma ) verantwortlich, wie auch fr das Auftreten von Thyreoglossuszysten lngs dieses Ganges. Die Synthese von Schilddrsenhormonen beginnt blicherweise ab der elften Schwangerschaftswoche.

    Die medullren C-Zellen in der Schilddrse, die Calcitonin, ein Kalzium senkendes Hormon, bilden, entstammen dem Ultimo-branchialorgan der Neuralleiste. Die C-Zellen sind ber die ge-samte Schilddrse verteilt, obgleich ihre Dichte am Schnittpunkt des oberen und der zwei unteren Drittel des Schilddrsenlappens am hchsten ist.

    Die Entwicklung der Schilddrse wird von zahlreichen Trans-kriptionsfaktoren koordiniert. Schilddrsen-Transkriptionsfaktor (TTF) 1, TTF-2 und Paired Homeobox-8 (PAX-8) werden selektiv, aber nicht ausschlielich in der Schilddrse exprimiert. Im Zusammenspiel regulieren sie die Entwicklung der Schilddrsenzellen und die Induktion von schilddrsenspezifischen Genen, wie Thyreoglo-bulin (Tg), Schilddrsenperoxidase (TPO), Na-trium-Iodid-Symporter (NIS) und den TSH-Re-zeptor (TSH-R). Mutationen in den ent-wicklungsregulierenden Transkriptionsfaktoren oder ihren nachgeordneten Zielgenen sind sel-tene Ursachen fr eine Schilddrsenagenesie oder eine Hormonsynthesestrung. Die Ursache fr die meisten Formen einer kongenitalen Hypothy-reose ist dennoch unbekannt (Tabelle 335-1). Da die kongenitale Hypothyreose bei ungefhr einem von 4000 Neugeborenen vorkommt, wird in den meisten industrialisierten Lndern ein Neugebo-renenscreening durchgefhrt (siehe unten). Die mtterlichen Schilddrsenhormone passieren die Plazenta vor Beginn der fetalen Schilddrsen-

    hormonproduktion und erreichen eine Teilversorgung des Feten im Falle einer kongenitalen Hypothyreose. Eine frhzeitige hormo-nelle Substitutionsbehandlung eines Neugeborenen mit kongeni-taler Hypothyreose verhindert mgliche schwere Entwicklungsst-rungen.

    Die Schilddrse besteht aus zahlreichen kugelfrmigen Folli-keln, die sich aus Schilddrsenfollikelzellen zusammensetzen und ein proteinartiges Kolloid enthalten, das groe Mengen an Thyreo-globulin , dem Vorluferprotein der Schilddrsenhormone, auf-weist (Abb. 335-2). Die Schilddrsenfollikelzellen sind polar ausge-richtet: Die basolaterale Oberflche ist dem Blutstrom entgegen gewandt, whrend die apikale Membran an das follikulre Lumen angrenzt. Ein erhhter Bedarf an Schilddrsenhormonen wird durch das Thyreoidea-stimulierende Hormon (TSH) reguliert, das an seinen Rezeptor an der basolateralen Membran der Follikelzel-len bindet und dadurch zur Wiederaufnahme von Thyreoglobulin aus dem Follikellumen und dessen Proteolyse in der Zelle fhrt, um die Schilddrsenhormone fr die Abgabe in die Zirkulation bereitzustellen.

    REGULATION DER SCHILDDRSENFUNKTION Das von den thyreotropen Zellen des Hypophysenvorderlappens sezernierte Thyreoidea-stimulierende Hormon (TSH) spielt eine Schlsselrolle bei der Regulation der Schilddrsenfunktion und er-weist sich als sehr ntzlicher physiologischer Marker der Schild-drsenhormonwirkung. TSH ist ein aus einer - und -Unterein-heit bestehendes 31-kDA-groes Hormon. Die -Untereinheit ist dem TSH gemeinsam mit anderen Glykoproteinhormonen, dem luteinisierenden Hormon, dem Follikel-stimulierenden Hormon und dem humanen Choriongonadotropin (hCG), die -Unterein-heit ist TSH-spezifisch. Das Ausma und die Art des Kohlenhydrat-anteils werden vom Thyreotropin-Releasinghormon (TRH) mo-duliert und beeinflusst die biologische Aktivitt des Hormons.

    Der Schilddrsenregelkreis ist ein klassisches Beispiel eines en-dokrinen Rckkopplungsmechanismus. Hypothalamisches TRH stimuliert die hypophysre Produktion des TSH, welches wiederum die Synthese und Sekretion der Schilddrsenhormone stimuliert. ber eine negative Rckkopplung hemmen die Schilddrsenhor-mone die Produktion des TRH und TSH (Abb. 335-2). Der Soll-wert im Regelkreis wird durch TSH festgelegt. TRH ist der ent-scheidende positive Regler der TSH-Synthese und -Sekretion. Die Spitzen-TSH-Sekretion erfolgt ungefhr 15 Minuten nach exo-

    Thyroxin (T4)3,5,3,5-Tetraiodothyronin

    Triiodthyronin (T3)3,5,3-Triiodothyronin

    Deiodase 1 oder 2(5-Deiodierung)

    Deiodase 3 2(5-Deiodierung)

    Reverses T3 (rT3)3,3,5-Triiodothyronin

    O CH2

    NH23

    53

    5 CHHO

    I

    I

    I

    I

    COOH

    O CH2

    NH2

    CHHO

    I I

    I

    COOH O CH2

    NH2

    CHHO

    I I

    I

    COOH

    ABBILDUNG 335-1 Strukturformeln der Schilddrsenhormone. Thyroxin (T4) ent-hlt vier Iodatome. Durch Deiodierung entsteht entweder das wirksame Hormon Tri-iodthyronin (T3) oder der inaktive Hormonmetabolit reverses T3 (rT3).

    Aus: Harrisons Innere Medizin 17. Auflage, deutsche Ausgabe In Zusammenarbeit mit der Charit Herausgegeben von M. Dietel, N. Suttorp, M. ZeitzCopyright ABW Wissenschaftsverlag GmbH, Kurfrstendamm 57, D-10707 Berlin www.abw-verlag.de

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    Endokrinologie und StoffwechselTEIL 15

    gener TRH-Gabe. Dopamin, Glukokortikoide und Somato-statin supprimieren TSH, spie-len aber keine wesentliche physiologische Rolle, mit Aus-nahme bei Gabe pharmako-logischer Dosen. Erniedrig-te Schilddrsenhormonspiegel steigern die basale TSH-Pro-duktion sowie die TRH-ver-mittelte TSH-Stimulation. Hohe Schilddrsenhormon-spiegel hingegen supprimieren schnell und direkt die Expres-sion des TSH-Gens und die TSH-Sekretion und hemmen die TSH-Stimulation durch TRH. Dies ist ein Hinweis da-rauf, dass die TSH-Produktion berwiegend durch die Schild-drsenhormone reguliert wird. Wie andere Hypophysenhor-mone wird TSH pulsatil frei-gesetzt und zeigt einen zirkadi-anen Rhythmus. Die hchsten Spiegel treten nachts auf. Allerdings sind die Schwankungen des TSH im Vergleich zu denen anderer Hypophysenhormone eher moderat, teilweise bedingt durch die lange Plasmahalbwertszeit (50 Minuten) des TSH. Daher sind Einzelmessungen des TSH zur Be-stimmung der zirkulierenden Konzentration geeignet. TSH wird mit immunoradiometrischen Assays bestimmt, die hochsensitiv und spezifisch sind. Diese Methoden knnen problemlos zwischen normalen und supprimierten TSH-Werten unterscheiden, sodass der TSH-Spiegel sowohl fr die Diagnose der Hyperthyreose (er-niedrigtes TSH) als auch fr die der Hypothyreose (erhhtes TSH) herangezogen werden kann.

    SCHILDDRSENHORMONSYNTHESE, -STOFFWECHSEL UND -WIRKUNGSCHILDDRSENHORMONSYNTHESE Schilddrsenhormone leiten sich von Thyreoglobulin ab, einem groen iodierten Glykoprotein. Nach seiner Sekretion in den Schilddrsenfollikel wird das Thyreoglobulin an Tyrosinmoleklen iodiert und werden diese nachfolgend ber Etherbrcken mitein-ander verknpft. Die Wiederaufnahme des Thyreoglobulins in die Schilddrsenfollikelzelle ermglicht die Proteolyse und die Freiset-zung des neugebildeten T4 und T3.

    Iodmetabolismus und -transport Die Iodaufnahme ist ein erster wichtiger Schritt der Schilddrsenhormonsynthese. Mit der Nah-rung aufgenommenes Iod wird an Serumproteine gebunden, vor allem Albumin. Ungebundenes Iod wird mit dem Urin ausgeschie-den. Die Schilddrse entzieht dem Blutkreislauf das Iod in sehr ef-fizienter Weise. So werden 10 bis 25 Prozent eines radioaktiven Tracers (z. B. 123I) innerhalb von 24 Stunden von der gesunden Schilddrse aufgenommen. Dieser Wert kann bei der Basedow-Krankheit auf 70 bis 90 Prozent ansteigen. Die Iodaufnahme wird durch den Natrium-Iodid-Symporter (NIS) vermittelt, der auf der basolateralen Membran der Schilddrsenfollikelzellen exprimiert wird. NIS wird in hohem Mae in der Schilddrse exprimiert so-wie auf niedrigem Niveau in den Speicheldrsen, der laktierenden Mamma und der Plazenta. Der Iodtransport ist stark reguliert, um sich an eine variable Nahrungsiodaufnahme anpassen zu knnen. Niedrige Iodspiegel erhhen die Menge an NIS und stimulieren die Aufnahme, whrend hohe Iodspiegel die NIS-Expression und Iod-aufnahme supprimieren. Die selektive Expression von NIS in der Schilddrse ermglicht die Durchfhrung einer Szintigraphie, die Behandlung der Hyperthyreose und die Ablation von Schilddr-senkarzinomen mit radioaktiven Iodisotopen ohne wesentliche Beeintrchtigung anderer Organe. Eine Muta