Freiberufler sind kein Freiwild!

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97DGPharMed News 2010 | Jahrgang 12 | Heft 2 | Mai

In der pharmazeutischen Industrie fordern Globalisierung und Ratio-

nalisierung gleichzeitig flexible Arbeitsstrukturen sowie spezialisierte

und hoch qualifizierte Fachkräfte. Dabei wird eine über Jahrzehnte

währende Betriebszugehörigkeit solcher Fachkräfte wohl bald end-

gültig der Vergangenheit gehören. Denn viele fest angestellte Mitar-

beiter in dieser Industrie denken über die Auswirkungen der fort-

schreitenden Rationalisierung für ihren eigenen Lebensweg nach. Im-

mer mehr entdecken dabei für sich die Freiberuflichkeit bzw. Selbst-

ständigkeit. Dieser Weg birgt viele Chancen, aber auch einige Risiken.

Die meisten Freiberufler entscheiden sich ganz bewusst für diesen

Weg, wobei ihre Gründe für die Entscheidung zur Selbstständigkeit

vielfältig sind. Folgende Begleitumstände werten Freiberufler besonders

häufig als positiv: Dass man sein eigener Herr ist und nicht fremd

bestimmt wird, dass man sich die Aufträge aussuchen, das heißt

auch ablehnen kann, und dass man seine Arbeitszeit je nach Le-

benssituation flexibel gestalten kann. Die wenigsten bereuen ihren

Schritt in die Selbstständigkeit und nur wenige kehren in ein Ange-

stelltenverhältnis zurück.

Freiberufler sind gefragt

In Deutschland aber auch global hat sich der Anteil der Freiberufler

in der pharmazeutischen Industrie stark vergrößert. Das liegt vor al-

lem an den Begleitumständen des Rationalisierungsvorgangs in die-

ser Branche. Die mittlerweile hohe Fluktuation bei Pharmaunterneh-

men und ihren Dienstleistern lässt irgendwann mal jeden an diese

Option denken. Waren vor fünf Jahren die freiberuflich tätigen Cli-

nical Research Associates (CRAs) noch in der Mehrheit, gibt es mitt-

lerweile Freiberufler für jede Funktion in der Forschung und Entwicklung.

Freelance Projektmanager, freiberufliche Medical Writer, selbststän-

dige Datenmanager, Interims Consultant Manager als Medical Di-

rector oder für andere gehobene Managementpositionen, selbstständige

Regulatory Affairs Manager, freelance Drug Safety Manager, freibe-

rufliche Quality-Assurance-Manager und Auditoren, sogar selbstän-

dige Biometriker. Wertet man die Teilnehmerlisten der letzten zwei

Jahre von Kongressen der pharmazeutischen Industrie aus, hier der

Jahreskongress der ‚Deutschen Gesellschaft für Pharmazeutische Me-

dizin’ (DGPharMed) und das jährlich stattfindende Symposium des

‚Bundesverbands Medizinischer Auftragsinstitute’ (BVMA), so stellt

man einen Anteil an Freiberuflern von ca. 10 Prozent fest.

Die selbstständigen Experten und ihr Know-how sind hoch im Kurs.

Wer drei Jahre Berufserfahrung aufwärts und zudem über Spezial-

kenntnisse verfügt, kann sich auch in Zeiten der Finanzkrise nicht

über eine mangelhafte Auftragslage beschweren. Das liegt an meh-

reren Faktoren. Zum einen sind die meisten Projekte auf Jahre an-

gelegt und kein Pharmaunternehmen würde seine Forschung stop-

pen und somit seinen Wettbewerbsvorteil verspielen. Zum anderen

merkt man auch in der Pharmaindustrie den sich seit Jahren ab-

zeichnenden Fachkräftemangel. Das Paradoxe ist, dass aus der Pro-

jektperspektive gesehen gerade die Freiberufler oft genug der kon-

stanteste und stabilste Faktor sind. Das liegt daran, dass sich der

Freelancer, der flexibel eingesetzt werden kann, oft bis zum Projekt -

ende verpflichtet. In dieser Zeit haben so manche mitbeteiligte Dienst-

leistungsunternehmen (Contract Research Organisations – CROs) oder

gar die Pharmafirma selbst einige Personalwechsel vollzogen. Zwar

merkte die Dienstleistungsbranche insgesamt 2009 Umsatzeinbrü-

che, die überwiegend dem Umstand geschuldet waren, dass viele

Pharmaunternehmen aufgrund der Finanzkrise einige Projekte nach

hinten verschoben haben, doch waren Freelancer weniger davon be-

troffen als beispielsweise die CROs.

Selbstständigkeit oder Scheinselbstständigkeit

In den ersten Jahren der Selbstständigkeit bleiben die meisten Frei-

berufler unentdeckt, weil sie zunächst für ihre alte Firma arbeiten.

Doch spätestens nach drei Jahren stellt sich die Frage nach der Schein-

selbständigkeit und der Freelancer wendet sich notgedrungen an-

deren Kunden zu. Seitdem sich in Deutschland einige Freiberufler

erfolgreich bei Pharmafirmen eingeklagt haben, ist die Scheinselbst -

ständigkeit ein viel diskutierter kritischer Punkt. Immer mehr Phar-

mafirmen sehen in der Abkehr von direkten Verträgen und der Zwi-

schenschaltung von Agenturen eine Absicherung.

Aus Sicht der Freiberufler dulden die zuständigen Behörden mittler-

weile eine am Anfang der Selbstständigkeit längere Zusammenar-

beit mit nur einem Kunden. Die Kulanz geht mit Sicherheit auch auf

Urteile wie folgendes zurück: In einem rechtskräftigen Urteil vom

26. März 2004 hatte das Sozialgericht Aachen eine nachträgliche

Forderung der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) von

12.000 Euro Rentenversicherungsbeiträgen als rechtswidrig zurück-

gewiesen (Az. S 8 RA 87/03). Der IT-Freiberufler, um den es hierbei

ging, hatte von Ende 1997 bis September 2001 für nur einen einzi-

gen Kunden gearbeitet.

Die meisten Freiberufler haben sich bei ihrer Entscheidung zur Selbst-

ständigkeit steuerlich beraten lassen. Das ist sinnvoll, denn die recht-

lichen Rahmenbedingungen variieren von Bundesland zu Bundes-

land. Auch ist die Frage, ob man steuerlich einen Freiberufler-Status

anstrebt oder aber eine eigene GmbH gründet und zu den Gewer-

betreibenden gehört, nur individuell zu beantworten und mit dem

Steuerberater abzuklären. Hier gibt es nach wie vor keine klaren

Richtlinien.

Fortbildung unter eigener Regie

Als Freiberufler muss und sollte man sich selbst um die eigene Fort-

bildung kümmern. Qualität und Fachwissen auf dem neusten Stand

wird von allen Auftraggebern gefordert. Die Mitgliedschaft in einer

Fachgesellschaft ist in Bezug auf Fortbildung und Informationsaus-

tausch beispielsweise über Neuerungen in ICH/GCP und des Arz-

neimittelgesetzes zu empfehlen.

In Deutschland sind die Freelancer in verschiedenen Gesellschaften

organisiert. Die älteste ist die ‚Deutsche Gesellschaft für Pharma-

zeutische Medizin e.V.’ (DGPharMed; www.dgpharmed.de). In frü-

heren Jahren hieß sie noch ‚Fachgesellschaft der Ärzte in der phar-

mazeutischen Industrie’ (FÄPI), bis sie sich, auch um größere Ver-

breitung zu finden, für andere Akademiker öffnete. Viele Freiberuf-

Freiberufler sind kein Freiwild!

Plädoyer für einen freiwilligen Verhaltenskodexseriöser Agenturenvon Dr. Jorge Garcia, TYRELL Personalservice GmbH, München

Beruf + Karriere + Unternehmen

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Beruf + Karriere + Unternehmen

ler sind jedoch nicht Akademiker, so dass ihnen der Zugang zur DGPhar-

Med verwehrt ist. Ihnen bietet sich die ‚Association of Clinical Re-

search Professionals’ (ACRP; www.acrpnet.org) als Alternative an.

Hier können alle Freiberufler der klinischen Forschung aufgenom-

men werden, vom Krankenpfleger bis zum Arzt. Allerdings ist die-

ser Verein mit weltweit rund 17.000 Mitgliedern etwas USA-zen-

triert, so dass die ‚European Chapters’ und damit auch das Deutsche

wenig internen Einfluss haben. Interessant sind aber die Fortbildun-

gen und Zertifizierungen, welche insbesondere von amerikanischen

Pharmafirmen anerkannt sind. Seit einigen Jahren gibt es in Deutsch-

land das Netzwerk der klinischen Monitore und CRAs (CRA-Net;

www.cra-net.de), das sich verstärkt um die Belange der größten Grup-

pe unter den Freiberuflern kümmert.

Das Verhältnis Freiberufler und Agenturen

Die Akquisition neuer Kunden und Aufträge gehört zum täglichen

Brot der Freiberufler. Hier besteht jedoch ein Risiko, denn nicht je-

der kann sich selbst gut vermarkten und wenn man intensiv an ein

Projekt gebunden ist, kann man sich möglicherweise nicht gleich-

zeitig um neue Aufträge kümmern. Daher gibt es auch in der phar-

mazeutischen Industrie Agenturen und andere Dienstleister, die Frei-

berufler vermitteln und die Akquisition übernehmen.

Doch hierbei gibt es leider seit einigen Jahren einige nicht gerade posi-

tive Entwicklungen, die den Ruf und die Reputation sowohl der Freibe-

rufler als auch der sie vermittelnden Agenturen schädigt. Hierzu gehört

in erster Linie der Umgang mit den persönlichen Daten der Freiberufler.

In der Regel ist ein Lebenslauf (Curriculum Vitae) für den Kunden

ein wichtiger Bestandteil seiner Entscheidungsfindung. Jeder Kun-

de möchte zunächst einmal sehen, ob der Freiberufler die benötig-

ten Qualifikationen vorweisen kann. Der Umgang mit diesen Le-

bensläufen ist jedoch sensibel und im Prinzip sollte man einige Re-

geln einhalten – nicht nur der Fairness wegen, sondern auch als Ver-

trauensmaßnahme.

Bedauerlicherweise gibt es nicht wenige Agenturen, die ohne Ab-

sprache und Wissen der kontaktierten Freiberufler Lebensläufe ver-

senden. Die Folgen für den Freelancer sind eklatant. So wurde bei-

spielsweise eine Senior-CRA von einem pharmazeutischen Unter-

nehmen mit der Begründung abgelehnt, dass sie bereits zwei Mal

von zwei verschiedenen Agenturen angeboten und abgelehnt wor-

den war. In diesem Fall wusste die Freelancerin weder, dass sie mit

ihrem Lebenslauf bei dem Pharmaunternehmen angeboten worden

war, noch dass sie zwei Mal zuvor abgelehnt wurde.

In einem anderen Fall wurde ein Medical Advisor von einem Phar-

maunternehmen abgelehnt, weil dieser bereits von einer anderen

Agentur angeboten worden war und über eine Konkurrenzklausel

gesperrt wurde. Ansonsten hätte man ihn gern in das Projekt auf-

genommen. Auch in diesem Fall wusste der Freiberufler nicht, dass

er bei der Pharmafirma Wochen vorher vorgestellt wurde, deshalb

wegen der Konkurrenzklausel einer anderen Agentur ohne seine

Kenntnis bei dem Pharmaunternehmen geblockt war und als Folge

davon den Zuschlag zu einem Auftrag verloren hat.

Verhaltenskodex für Agenturen, die Freiberufler vermitteln

Beide beschriebenen realen Fälle sind nur die Spitze des Eisbergs und

es erscheint sinnvoll und an der Zeit, dass sich Agenturen von sol-

chen Praktiken verabschieden und man sich als Agentur davon dis-

tanziert. Die Freiberufler sind kein Freiwild und die pharmazeutischen

Unternehmen benötigen Partner, die seriös und kompetent beste-

hende Ressourcenprobleme zu lösen vermögen.

Ähnliche Probleme im Bereich CROs führten in Deutschland vor Jah-

ren zur Gründung des ‚Bundesverbands der medizinischen Auf-

tragsinstitute’ (BVMA), der einen Verhaltenskodex aufgestellt hat,

an den die Mitglieder gebunden sind.

Einen Verband der Agenturen gibt es in Deutschland nicht. Doch da-

mit ein Freiberufler zukünftig die Seriosität einer Agentur erkennen

kann, sollte sich jede Agentur selbst einem Verhaltenskodex ver-

pflichten. Zu einem solchen Kodex sollte unbedingt die Selbstver-

pflichtung gehören, dass Lebensläufe oder andere Unterlagen von

Freiberuflern nicht ohne deren ausdrückliche Einwilligung an po-

tenzielle Kunden geschickt werden und dass man jeden Freiberuf-

ler über die Ergebnisse entsprechender Angebote zügig informiert

und auch über eventuell bestehende Sperrklauseln in Kenntnis setzt.

Den Freiberuflern sei hier geraten, sich bei Verdacht schriftlich mit-

teilen zu lassen, an wen ihr Lebenslauf verschickt wurde.

CenTrial GmbH

04. Mai 2010, Tübingen

41. Klinischer Studientag „Gefahrgutversand in

klinischen Studien gemäß IATA-DGR“

Eva Glimsche

05. Mai 2010, Tübingen

36. Klinischer Studientag „Projektmanagement und

Budgetplanung in klinischen Prüfungen“

Dr. rer. nat. Armin Bauer

18. Mai 2010, Tübingen

40. Klinischer Studientag „GCP-konformes

Datenmanagement“

Dipl.-Inform. Med. Heike Strey, Stefanie Frey

19. Mai 2010, Tübingen

44. Klinischer Studientag

„Nicht-Interventionelle Studien“

Prof. Dr. med. Dieter Luft, Dr. Monika Pietrek, Dr. Petra

Kammann, Prof. Dr. med. Christoph H. Gleiter

08. Juni 2010, Tübingen

18. Intensivseminar

„Pharmakovigilanz in klinischen Studien - eine

Einführung mit Praxisbezug“

Dr. med. Barbara Miletzki, Dr. med. Martina Krampol

08. Juni 2010, Karlsruhe

14. GCP-Training Basis

Prof. Dr. med. Christoph H. Gleiter

08. Juni 2010, Karlsruhe

Informationsabend Universitätslehrgang „Master of

Science - Clinical Research”

Prof. Dr. med. Christoph H. Gleiter

09. Juni 2010, Karlsruhe

5. GCP-Training Aufbau

Prof. Dr. Rainer Muche,

Prof. Dr. med. Christoph H. Gleiter

09. Juni 2010, Tübingen

42. Klinischer Studientag

„Führen eines Trial Master File“

Cornelia Nippgen, Victoria Posztl

16. Juni 2010, Tübingen

43.Klinischer Studientag

„Onkologische Studien“

N.N.

21.- 26. Juni 2010, Tübingen

25. Basiskurs Studienassistenz

(6-tägiger Kompaktkurs)

Termine