Freie wissenschaftliche Arbeit zur Erlangung des … · Informationsgrundlagen für Non-Profit...

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1 Freie wissenschaftliche Arbeit zur Erlangung des Grades eines Masters in Sozialmanagement an der Alice Salomon Hochschule Berlin in Zusammenarbeit mit der Paritätischen Bundesakademie gGmbH (Masterarbeit) Thema Marketinginstrumente/Maßnahmen am Beispiel des Sozialkaufhauses „Brauchbar“ in Burg des Vereins „Aufbruch“ e.V. eingereicht bei Erstleser: Prof. Dr. Karl-Heinz Braun Zweitleser: Dipl. Betriebswirtin Jutta Overmann von: Jan Eiglmeier Anschrift Schillerstr. 22 39108 Magdeburg Matr.-Nr. 08132014 Magdeburg, den 23.01.2014

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Freie wissenschaftliche Arbeit

zur Erlangung

des Grades eines Masters in Sozialmanagement

an der Alice Salomon Hochschule Berlin

in Zusammenarbeit mit der Paritätischen Bundesakademie gGmbH

(Masterarbeit)

Thema

Marketinginstrumente/Maßnahmen am Beispiel des Sozialkaufhauses „Brauchbar“

in Burg des Vereins „Aufbruch“ e.V.

eingereicht bei

Erstleser: Prof. Dr. Karl-Heinz Braun

Zweitleser: Dipl. Betriebswirtin Jutta Overmann

von: Jan Eiglmeier

Anschrift Schillerstr. 22

39108 Magdeburg

Matr.-Nr. 08132014

Magdeburg, den 23.01.2014

2

Inhaltsverzeichnis

Inhalt 2

Abbildungsverzeichnis 5

Einleitung 6

1. Non- Profit Organisationen 8

1.1. Arbeitsfelder von Non- Profit Organisationen 8

1.2. Entstehungsmotive von Non- Profit Organisationen durch Staats-und

Marktversagen

10

1.3. Begriffsbestimmung Non- Profit Organisation 12

1.4. Die Besonderheiten von Non- Profit Organisationen als Grundlage für das

Marketing

14

1.5. Definition des Produktes oder der Leistung von sozialen Non- Profit

Organisationen

17

1.6. Zwischenfazit zu Non- Profit Organisationen 18

2. Marketing 20

2.1. Begriffsbestimmung Marketing 20

2.2. Marketing für Non- Profit Organisationen 22

2.3. Notwendigkeit von Non Profit Marketing zur Aufgabenerfüllung 24

2.3.1. Absatzmarketing 24

2.3.2. Image- und Akzeptanzpolitik, Lobbyismus 25

2.3.3. Bürgernahe Verwaltung 25

2.3.4. Beschaffungsmarketing 25

2.3.5. Corporate Identity 29

2.4. Zwischenfazit Marketing für Non- Profit Organisationen 30

3. Informationsgrundlagen für Non-Profit Organisationen 32

3.1. Analyse der Marktsituation 32

3.2. SWOT Analyse des eigenen Geschäftsmodells 33

3.3. Wettbewerbsanalyse 33

3.4. Analyse des Marktumfeldes 34

4. Methoden der Marktforschung 35

5. Marketing Mix 35

5.1. Leistungspolitik (Product) für Non- Profit Organisationen 36

5.1.1. Eliminierung von Leistungsangeboten 38

5.1.2. Die Leistungsvariation 39

5.1.3. Leistungsinnovation

42

3

5.2. Zwischenfazit Leistungspolitik und Besonderheiten für Non- Profit

Organisationen

43

6. Distributionspolitik 44

6.1. akquisitorische Distribution 45

6.2. logistische Distribution 46

6.3. Zwischenfazit Distributionspolitik und Non- Profit Organisationen 47

7. Preispolitik 48

7.1. Preispolitik sozialer Non- Profit Organisationen 49

7.2. Kalkulation des Preises 50

7.3. Zwischenfazit Preispolitik für Non- Profit Organisationen 53

8. Kommunikationspolitik 53

8.1. Zielgruppen 54

8.2. Ziele und Aufgaben der Kommunikationspolitik 54

8.3. Externe, interne und interaktive Kommunikation 57

8.4. Instrumente der Kommunikation 58

8.5. Öffentlichkeitsarbeit 59

8.6. Werbung 61

8.7. Zwischenfazit Kommunikationspolitik und Non- Profit Organisationen 62

9. Das Marketingeschäftsmodell des Sozialkaufhauses „Brauchbar“ in Burg 63

9.1. „Aufbruch“ e.V. - Ein kleiner Verein als Träger innovativer Projekte 63

9.1.1. Gründung Verein „Aufbruch“ e.V. 64

9.1.2. Allgemeine Zahlen 2013 des „Aufbruch“ e.V. 64

9.1.3. Arbeitsfelder des „Aufbruch“ e.V. 65

9.2. Die Sozialkaufhäuser „Brauchbar“ in Stendal und Burg 66

9.2.1. Ziele des Sozialkaufhauses „Brauchbar“ in Burg 67

9.2.2. Leitbild des Sozialkaufhauses „Brauchbar“ 68

9.2.3. Arbeitsbereiche im Sozialkaufhaus „Brauchbar“ Burg 69

9.3. Kundenbefragung 2013 im Sozialkaufhaus „Brauchbar“ Burg 70

9.4. Umweltanalyse für das Sozialkaufhaus „Brauchbar“ Burg 71

9.5. Konkurrenzanalyse für das Sozialkaufhaus „Brauchbar“ Burg 75

10. Marketing und Geschäftsfeldanalyse des Sozialkaufhauses „Brauchbar“

Burg

79

10.1. Kundensegmente des Sozialkaufhauses „Brauchbar“ Burg 79

10.2. Leistungspolitik Wertangebote des Sozialkaufhauses „Brauchbar“ Burg 80

10.3. Kommunikationspolitik und Distributionspolitik -Kanäle des

Sozialkaufhauses „Brauchbar“ Burg

82

10.4. Kundenbeziehung des Sozialkaufhauses „Brauchbar“ Burg 82

10.5 Preispolitik Einnahmequellen des Sozialkaufhauses „Brauchbar“ Burg 83

4

10.6. Kostenstruktur des Sozialkaufhauses „Brauchbar“ Burg 85

10.7. Schlüsselressourcen des Sozialkaufhauses „ Brauchbar“ Burg 86

10.8. Schlüsselpartnerschaften des Sozialkaufhauses „Brauchbar“ Burg 87

10.9 Schlüsselaktivitäten des Sozialkaufhauses „Brauchbar“ Burg 87

11. Anstatt eines Fazit- Die SWOT Analyse für das Sozialkaufaus „Brauchbar“

Burg

90

11.1. Aussichten für das Sozialkaufhaus „Brauchbar“ in Burg 91

Anhang 94

Kundenbefragung 2013 94

Literaturquellen 96

Internetquellen 97

Lebenslauf 98

Einverständniserklärung 100

5

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 Arbeitsfelder der sozialen Arbeit 9

Abbildung 2 NPO zwischen Staat, Markt und Familie 11

Abbildung 3 Entstehungsmotive für NPO' s 12

Abbildung 4 Anspruchsgruppen von NPO' s 15

Abbildung 6 Leistungen im NPO Sektor 17

Abbildung 7 Kommunikationspolitik zur Verhaltensänderung 23

Abbildung 8 positiver, sofortiger Nutzen 31

Abbildung 9 NPO Marketing Michael Stich Stiftung 31

Abbildung 10 Globale Umwelt 35

Abbildung 11 Aktionsfeld der Leistungspolitik 37

Abbildung 12 Kern- und Zusatzleistungen des Sozialkaufhauses Burg 38

Abbildung 13 kostenorientierte Preisfindung 51

Abbildung 14 nachfrageorientierte Preisfindung 52

Abbildung 15 kognitiv-orientierte Kommunikation DRK 56

Abbildung 16 affektiv-orientierte Kommunikation Aktion gegen Armut 56

Abbildung 17 Kommunikationsprozess 57

Abbildung 18 Promibonus und Massenkommunikation 59

Abbildung 19 Werbeprozess 61

Abbildung 20 "Aufbruch" e.V. in Sachsen Anhalt 63

Abbildung 21 "Aufbruch" e.V. Zahlen 64

Abbildung 22 "Aufbruch" e.V. Arbeitsfelder 65

Abbildung 23 Sozialkaufhaus „Brauchbar“ Burg Kleidergeschäft 66

Abbildung 24 Sozialkaufhaus "Brauchbar" Burg Ziele 68

Abbildung 25 Sozialkaufhaus "Brauchbar" Burg Arbeitsbereiche 69

Abbildung 26 Sitzverteilung seit 2007 Kreistag Jerichower Land 72

Abbildung 27 Stadtrat Burg 73

Abbildung 28 Anzahl der Hilfeempfänger nach SGB II Jerichower Land, 73

Abbildung 29 Konkurrenzanalyse und Einwohnerzahlen Jerichower Land 75

Abbildung 30 Entfernungen und Konkurrenzanalyse 76

Abbildung 31 Sozialkaufhaus "Brauchbar" Burg Kundenzahlen 2012 79

Abbildung 32 Sozialkaufhaus "Brauchbar" Burg Einschätzung der Verkaufssegmente 84

Abbildung 33 Sozialkaufhaus "Brauchbar" Burg Haupteinnahmequellen 2012 85

Abbildung 34 Sozialkaufhaus "Brauchbar" Burg Ausgaben 2012 85

Abbildung 35 Sozialkaufhaus „Brauchbar“ Burg SWOT Analyse 90

6

Einleitung

Als das Sozialkaufhaus „Brauchbar“ des kleinen Suchthilfevereins „Aufbruch“ e.V. im

Dezember 2010 in Burg (Sachsen Anhalt) eröffnete, war keinem der Beteiligten bewusst,

welche Dimensionen und Auswirkungen dieser Schritt auf den Verein, die Mitarbeiter aber

auch auf die soziale Infrastruktur der Stadt Burg haben würde. Anfänglich sollte mit Hilfe

des Jobcenters zehn drogenabhängigen jungen Erwachsenen die Chance gegeben

werden, einen Tagesablauf unter realen Arbeitsbedingungen zu erlernen. Als Zusatz

wurden den jungen Menschen eine sozialpädagogische Betreuung und eine enge

Kooperation mit der Drogen- und Suchtberatung angeboten. Mit dem Verkauf von

gebrauchten Möbeln, sollten zudem einkommensschwache Menschen unterstützt werden.

Was folgte, war die schnelle Beendigung der Jobcenterförderung, ein außergewöhnlicher

Druck seitens der Politik, des Finanzamtes und der ortsansässigen Wohlfahrtsverbände,

sowie einiger Gewerbetreibender, die die Schließung des Sozialkaufhauses forderten,

aber auch die Hingabe von Menschen aus den Sucht- und Depressionsselbsthilfegruppen,

die das Kaufhaus ehrenamtlich am Leben hielten. Im ersten Jahr kamen 30.000 Menschen

in das Kaufhaus und auch im Jahr 2012 kauften 24.000 Kunden in den beiden Geschäften

des Sozialkaufhauses „Brauchbar“ die angebotenen Waren. So hoch die Nachfrage ist, so

professionell die zwölf Angestellten auch arbeiten, so überfordert sind die ehrenamtlichen

Vorstandsmitglieder des Vereins. In kurzer Zeit wuchs dieser zu einem mittelständigen

sozialen Unternehmen, ohne dass sich große Gedanken um betriebswirtschaftliche

Kennzahlen gemacht wurden, ohne das eigene Geschäftsumfeld des Kaufhauses näher

zu beschreiben, ohne eine konkrete Marketingplanung und Strategie zu verfolgen. Mit

dieser Arbeit sollen erstmalig in Bezug auf das Marketing des Sozialkaufhauses

„Brauchbar“ in Burg Fragen gestellt und beantwortet werden.

Was sind die konkreten, beschreibbaren Ziele des Sozialkaufhauses?

Wer sind unsere Zielgruppen, wie erreiche ich diese?

Wie sieht das Umfeld des Sozialkaufhauses aus?

Welche Schlüsselressourcen, Aktivitäten machen das Kaufhaus so

erfolgreich?

Welche Marketingaktivitäten und Instrumente müssen für das

Sozialkaufhaus geplant und umgesetzt werden?

Hierzu ist es notwendig das Geschäftsfeld des Sozialkaufhauses näher zu beschreiben

und die notwendigen Informationen zu sammeln. Bevor das in dieser Arbeit geschieht, ist

es die Aufgabe des Autors, einen Einblick auf die allgemeinen Bedingungen für Non- Profit

Organisationen (NPO) zu geben, zu denen sich auch der Verein „ Aufbruch“ e.V. zählt.

Kapitel 1 beschreibt die unterschiedlichen Aspekte und Motive unter denen eine derartige

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Organisation entsteht und erklärt die Besonderheiten und Arbeitsbereiche von NPO‘ s.

Des Weiteren werden Rückschlüsse auf einen verschärften Wettbewerb zwischen

gemeinnützigen Organisationen, privatwirtschaftlichen Unternehmen und öffentlichen

Trägern gezogen. Kapitel 2 setzt sich mit der Notwendigkeit von Marketingaktivitäten von

NPO’ s auseinander, wobei der Begriff des Non- Profit Marketing näher beschrieben wird.

Aufgabe ist es, in der gesamten Arbeit auf Zusammenhänge und Unterschiede zum

privatwirtschaftlichen Marketing einzugehen und in kleinen Beispielen auch schon das

Sozialkaufhaus Burg in diesen Prozess mit einzubeziehen. Kapitel 3-4 setzen sich mit den

Informationsgrundlagen und dessen Gewinnung von Non- Profit Organisationen und deren

Marketing auseinander. Kapitel 5-8 beschreiben die Instrumente des Marketingmix, also

die Leistungspolitik, die Distributionspolitik, die Preis- und die Kommunikationspolitik und

geben Einblicke in die Besonderheiten und Grenzen einer Non- Profit Organisation, wie

dem „Aufbruch“ e.V.. Die Kapitel 9-11 stehen ganz unter der Entstehung einer

Marketingkonzeption für das Sozialkaufhaus „Brauchbar“ in Burg. Dabei nähert sich der

Autor von einer in dieser Art recht ungewöhnlichen Weise, indem die für diese Arbeit

durchgeführte Umweltanalyse, eine Kundenbefragung und das Geschäftsfeld

Sozialkaufhaus näher beschrieben wird und gleichzeitig die Instrumente des Marketingmix

in die Geschäftsfeldanalyse eingearbeitet werden. Dies geschieht in einer übersichtlichen

und gut darstellbaren Art, so dass Grundzüge der Marketinggeschäftsfeldanalyse jederzeit

für Förderanträge und Vorstellungen des Sozialkaufhauses genutzt werden können.

Abschließend soll ein Ausblick für das Sozialkaufhaus „Brauchbar“ gewagt werden. Die

Kapitel 9-11 können in dieser Form eine Weiterentwicklung des gesamten Vereins

bewirken, wenn eine Marketingstrategie und die Marketinginstrumente langfristig

aufeinander abgestimmt werden. Erste Schritte sind geschehen, indem der gesamte

Führungskreis bei einzelnen Punkten dieser Arbeit eng zusammenarbeitete

(Leitbildentwicklung, Preispolitik).

8

1. Non- Profit Organisationen

Beispiel Sozialkaufhaus Burg des Vereins „Aufbruch“ e.V.

Herr K. besucht im Jahr 2012 das Sozialkaufhaus in Burg, er ist Lehrer und seit 4 Jahren in

Pension. Herr K. sucht für seine Gartenlaube eine kleine Schrankwand und findet sie in dem

Warensortiment des Kaufhauses. An der Kasse kommt er mit der Sozialkaufhausmitarbeiterin ins

Gespräch und fragt, was mit dem Geld eigentlich geschieht, was er hier ausgibt und das

Sozialkaufhaus sei doch eine Non- Profit Organisation und dürfe gar kein Geld verdienen, er selber

sei im örtlichen Sportverein aktiv und dieser zähle auch zu den Non- Profit Organisationen, weil hier

eben kein Profit gemacht wird. Für ihn sei das Sozialkaufhaus ein besseres gewerbliches

Unternehmen, das Spenden akquiriert und mit dem hohe Gewinne erwirtschaftet werden.

Schon an der kleinen Eingangsgeschichte wird die Schwierigkeit des Begriffes Non- Profit

Organisation deutlich. Schlagworte wie Steuerbefreiung, Gewinnverzicht, ehrenamtliches

Engagement oder Dritter Sektor fallen bei der Recherche in der Fachliteratur häufig. Doch

was ist die Besonderheit dieser Organisationen, welche Bereiche decken sie ab, warum

gibt es sie eigentlich? Dieser erste Teil der Arbeit soll sich kurz dem Wesen von Non-

Profit Organisationen und dessen Spektrum nähern.

1.1. Arbeitsfelder von Non- Profit Organisationen

Non- Profit Organisationen (NPO) sind im gesellschaftlichen Leben fest etabliert und ihre

Leistungen und Einsatzfelder gewinnen immer mehr an Bedeutung. Diese Organisationen

finden sich in Kirchen, Parteien, Sportvereinen, Museen, Umweltorganisationen,

Selbsthilfegruppen, Wohlfahrtsverbänden, Gewerkschaften oder auch Krankenhäusern

wieder und decken Bereiche der Bildung, Forschung, Kultur, sozialen Dienste oder des

Gesundheitswesens ab (Vgl. Bruhn 2012, S. 15ff; Lichtsteiner et al. S.15ff ).

Non- Profit Organisationen stehen häufig in einer engen Verbindung mit dem Begriff

„Dritter Sektor“. Dieser Dritte Sektor (Non-Profit Sektor) bezeichnet einen

gesellschaftlichen Bereich, der zwischen einer marktwirtschaftlichen Steuerung durch die

private Wirtschaft, einer öffentlichen Steuerung durch den Staat und einer Steuerung

durch „Nächstenliebe“ (Kortendieck 2011) innerhalb der Familie agiert.

Der Dritte Sektor in Deutschland setzt sich mittlerweile aus über 600.000 Organisationen

zusammen, darunter etwa 580.000 Vereine, 18.000 Stiftungen, 9.000 gGmbH‘ s und 8.000

Genossenschaften (Vgl. Priller et al. 2012, S. 9). Er erfreut sich einer immensen

Steigerung der Mitgliederzahlen, z.B. ist der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) als

eingetragener Verein (e.V.) die größte Personenvereinigung Deutschlands mit 27,8 Mio.

Mitgliedschaften in über 91.000 Turn- und Sportvereinen organisiert. Hier engagieren sich

8,75 Millionen Freiwillige (Vgl. http://v.gd/iH05lr, Zugriff 15.09.13 13:00 Uhr).

Eine ähnliche Dynamik ist bei Selbsthilfegruppen zu verzeichnen. Zwischen 3-4 Mio.

Bundesbürger engagieren sich zu ca. 800 verschiedenen Themen besonders im Sozial-

und Gesundheitsbereich (Vgl. Bruhn 2012).

9

Deutlich wird zudem, dass sich der NPO Bereich in den letzten Jahrzehnten zu einem

wichtigen Teil der Volkswirtschaft entwickelt hat. Demnach hat sich die Beschäftigungszahl

laut einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung zur Analyse und

Bedeutung des Dritten Sektors im Zeitraum zwischen 1996-2007 bei 2,1 Mio.

Beschäftigten eingepegelt (Vgl. Bruhn 2012). Die Spitzenverbände der freien

Wohlfahrtspflege unterhalten über 100.000 Einrichtungen mit knapp 1,5 Mio. hauptamtlich

Beschäftigten, ¾ der Angestellten arbeiten in den Arbeitsfeldern der sozialen Arbeit (Vgl.

Holdenrieder 2013).

Abbildung 1 Arbeitsfelder der sozialen Arbeit, Quelle Holdenrieder 2013

Damit kommt dem Dritten Sektor insbesondere durch die bereitgestellten Arbeitsstellen

eine wichtige arbeitsmarktpolitische Bedeutung in Deutschland zu. Hinsichtlich der

Beschäftigungsverhältnisse lässt sich jedoch ein Trend zu atypischen Arbeitsverträgen

(Teilzeitverträgen, Befristungen) feststellen. Deregulierte und flexible Arbeitsverhältnisse

charakterisieren diesen Bereich und gelten als Vorreiter für den gesamten, deutschen

Arbeitsmarkt. Des Weiteren spielen in den NPO’ s schon immer öffentlich geförderte

Beschäftigungen (Zivildienst bzw. Bundesfreiwilligendienst, Arbeitsgelegenheiten mit

Mehraufwandsentschädigung, frühere Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen), sowie

geringfügig Beschäftigte (Minijobs), Praktikanten und freie Mitarbeiter eine große Rolle

(Vgl. Bruhn 2012, S.19; Holdenrieder 2013, S.13;Zimmer/Priller 2007), so dass Kritiker

eine Verdrängung von Normalarbeitsverhältnissen befürchten und Befürworter dieser

Beschäftigungspolitik eine Flexibilisierung des Arbeitsmarktes sehen (Vgl.

http://v.gd/xfEMS1, Zugriff 18.09.13 10:34 Uhr)

10

1.2. Entstehungsmotive von Non- Profit Organisationen durch Staats- und

Marktversagen

So unterschiedlich die Einsatzgebiete sind, so verschieden sind die Entstehungsmotive

der Non- Profit Organisationen. Gerade die Bildung von NPO‘ s des sozialen Bereiches

sind auf ein sogenanntes „Staats- bzw. Marktversagen“ (Bruhn 2012) zurückzuführen, d.h.

diese Organisationen stellen ihre Leistungen den durch Staat und Markt unterversorgten

Bevölkerungsgruppen zur Verfügung und decken somit Bedürfnisse ab, die weder von

privatwirtschaftlichen Unternehmen in der gewünschten Form angeboten, noch als

Staatsaufgabe betrachtet werden.

Aus betriebswirtschaftlicher Sicht gestalten Märkte das Zusammentreffen von Angebot und

Nachfrage, auf dem der Anbieter im Wettbewerb mit seinem Konkurrenten um die Gunst

des potentiellen Abnehmers wirbt und dabei höchste Effizienz erzeugt (Vgl. Wöhe 2010).

Die Größe eines Marktes hängt von mehreren Faktoren ab:

der Anzahl der Personen, die ein spezielles Bedürfnis haben

den Ressourcen (Geld), die diese Personen besitzen

dem Willen, diese Ressourcen einzusetzen, um ihr Bedürfnis zu befriedigen

den Anbietern von Waren und Dienstleistungen, die mit verschiedenen

Kommunikationsmitteln versuchen, die Bedürfnisse der potentiellen Käufer zu

bedienen und einen Austauschprozess in Gang setzen wollen (Vgl.

Kotler/Keller/Bliemel 2007)

Nun gibt es besonders in sozialen Arbeitsbereichen Abschnitte, in denen der Markt

versagt, d.h. in denen die Preisbildung in einer Wettbewerbswirtschaft nicht oder nur

unzureichend funktioniert. „In Fällen des Marktversagens, z.B. bei externen Effekten,

öffentlichen Gütern oder Monopolen, greift der Staat in das Marktgeschehen ein, um

Nachteile von Verbrauchern oder anderen Anbietern zu verhindern oder volkswirtschaftlich

sinnvollere Ergebnisse zu erreichen“ (http://v.gd/6BJWj0, letzter Zugriff 15.09.2013). Dies

geschieht z.B. durch Konsumvorschriften (Schulpflicht, KFZ-Haftpflicht), durch

Konsumverbote (Betäubungsmittelgesetz), durch Subventionen und Steuern, durch die

Einführung von Marktregeln (Garantien, Qualitätsvorschriften) oder dadurch, dass der

Staat bestimmte Güter selbst anbietet (Polizei, Sozialleistungen) (Vgl. Schellberg 2008).

Beim Staatsversagen geht Kortendieck davon aus, dass der demokratische Staat infolge

der Ausrichtung am Mehrheitsprinzip, Randgruppen nicht oder zu wenig mit öffentlichen

Gütern versorgt (Vgl. Kortendieck 2011). Hier springen oftmals NPO‘ s oder

Zusammenschlüsse aus dem sozialen Bereich in die entstandene Lücke ein.

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Jedoch verweist Merchel darauf, dass sich diese Organisationen nicht gänzlich

unabhängig betätigen und sich häufig in finanzieller, personeller und juristischer

Abhängigkeit vom Staat befinden (Vgl. Merchel 2009). Die Finanzierung geschieht häufig

in Aushandlungsprozessen zwischen Akteuren aus Politik, Sozialversicherungen und

Verwaltungen unter Einbeziehung der Leistungsanbieter. Für Priller/Zimmer zeichnet sich

der Dritte Sektor durch eine hohe Staatsnähe und eine enge Beziehung zur öffentlichen

Verwaltung aus, welche auf den Grundprinzipien Subsidiaritätsprinzip, Selbstverwaltung

und Gemeinnützigkeit basieren (Vgl. Priller/Zimmer in Fundraising S.61 2008).

Des Weiteren treten private, meist lokale Non- Profit Organisationen in modernen

Gesellschaften an die Stelle von traditionellen Familienstrukturen und

Solidargemeinschaften (z.B. Selbsthilfegruppen) und organisieren mit ihren

Zusammenschlüssen das gemeinschaftliche Leben (Vgl. Kortendieck 2011; Lichtsteiner

et.al 2013).

Abbildung 2 NPO zwischen Staat, Markt und Familie, Quelle Evers/Laville 2004

Weitere Entstehungsmotive von Non- Profit Organisationen

Als weitere Auslöser für die steigende Entwicklung von Non- Profit Organisationen gelten

u. A. veränderte gesellschaftliche Entwicklungen, mit verkürzten Arbeitszeiten und dem

gleichzeitigen Freiwerden von Zeit. Zu beobachten ist ein Anstieg in den Mitgliederzahlen,

in den Bereichen Kultur, Bildung und Sport (Vgl. Bruhn 2012). Durch die positive

Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt und die damit verbundene Erhöhung der

Frauenbeschäftigung, erhöht sich der Bedarf an Leistungen von NPO‘ s besonders im

Bereich der Kindererziehung.

Ein weiteres Motiv für die Entstehung und Entwicklung von NPO‘ s liegt in der

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demografischen Entwicklung hin zur längeren Lebenserwartung. Dies lässt besonders die

Nachfrage nach Pflege und Betreuung steigen.

Abbildung 3 Entstehungsmotive für NPO' s, Quelle Bruhn 2012

Umweltkatastrophen (z. B. Golf von Mexiko), Tier- und Produktskandale (z.B. Wiesenhof

Möckern 2012) und die anhaltende Spaltung der Gesellschaft in Arm und Reich erhöhen

die Mitgliederzahlen von Umweltorganisationen (z.B. PETA) und gesellschaftskritischen

NPO‘ s (HELP 2007 e.V.). Und nicht zuletzt politische Faktoren, wie das sinkende

Vertrauen in die Lösungskompetenz von staatlichen bzw. öffentlichen Institutionen steigern

die Nachfrage nach effizienten und effektiven Non- Profit Lösungen (Vgl. Bruhn 2012).

1.3. Begriffsbestimmung Non- Profit Organisation

So vielfältig und wachsend der NPO Bereich ist, so differenziert ist die

Begriffsbestimmung. In der Fachliteratur wird bei diesem Organisationstypus immer wieder

auf das zentrale Merkmal der fehlenden Gewinnorientierung hingewiesen. Und auch die

negativ besetzte Bezeichnung Non- Profit soll zeigen, dass die jeweilige Organisation

eines eben nicht ist, profitorientiert. Dies soll zu einer klaren Abgrenzung zu privat-

gewerblichen Unternehmen führen. Die Gefahr besteht unter Umständen darin, dass in der

Außenwirkung „das Missverständnis erzeugt“ (Merchel 2009) wird, dass NPO’ s überhaupt

keine Gewinne erzielen dürfen (Vgl. ebd.). Dies ist so nicht ganz richtig und in dem

Zusammenhang spricht Schellberg daher von „Not- for- Profit-Unternehmen“, zu denen

Vereine und Wohlfahrtsverbände gehören können (Vgl. Schellberg 2008). Allerdings hat

sich dieser Begriff in der Fachliteratur nicht durchsetzen können, ebenso wenig wie der

Versuch einer positiven Beschreibung der fehlenden Gewinnorientierung.

Das Gemeinnützigkeitsrecht in Deutschland begünstigt unter Anderem Organisationen

steuerlich, die gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen und deren

Tätigkeiten darauf gerichtet sind die „Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder

13

sittlichem Gebiet zu fördern“ (Engler/Goetz/Hesse/Tacke 2011). Es sieht vor, dass diese

NPO‘ s für ihre Leistungen über Steuern, Zuschüsse, Subventionen, Spenden,

Erbschaften/Legate, Mitgliedsbeiträge, Vermögenserträge und/oder Sponsoring finanziert

werden können (Vgl. Bruhn 2012). Bruhn spricht hierbei von einer Bedarfswirtschaft in der

soziale und gesellschaftliche Ziele als Primärziele der Organisation in den Mittelpunkt

rücken und nicht die reine, private Gewinnorientierung (Vgl. ebd.). Merchel schreibt in

diesem Zusammenhang von „Gewinnverwendung“, die eine Verteilung an Manager,

Eigentümer, Führer von Organisationen ausschließt, aber zur Verbesserung des Sachziels

eingesetzt wird (Vgl. Merchel 2009).

Anders als bei Wirtschaftsunternehmen, setzt sich die Finanzierung sozialer Einrichtungen

aus verschiedenen Komponenten zusammen, z.B. aus Mitgliedsbeiträgen, Zuwendungen

und Pauschalentgelten, Preisen, Gebühren, Fundraisingquellen, Erträgen aus

Zweckbetrieben, etc. (Vgl. Merchel 2009). Als Zweckbetrieb wird ein Geschäftsbetrieb

einer Non- Profit Organisation beschrieben, der in seiner Gesamtrichtung den

steuerbegünstigten, satzungsmäßigen Zwecken der Organisation dient. Dieser Zweck ist

nur durch den Geschäftsbetrieb zu erreichen. Ein Wettbewerb mit gewinnorientierten

Privatunternehmen soll sich auf das Unvermeidbare beschränken. Zweckbetriebe sind von

der Körperschafts- und Gewerbesteuer befreit (Vgl. Engler/Goetz/Hesse/Tacke 2011).

Bsp. Sozialkaufhaus Burg des Vereins „Aufbruch“ e.V.

Laut Satzung verfolgt der Verein „ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige bzw. mildtätige

Wohlfahrtszwecke“ („Aufbruch e.V.“ Satzung §2 Vereinszweck). Der Satzungszweck wird

verwirklicht durch Maßnahmen der Suchthilfe, der Suchtprävention und der Jugendarbeit. Diese

Zwecke sind, insbesondere durch den massiven Rückgang von öffentlichen Förderungen in diesem

Bereich nur über die Zweckbetriebe, in dem Fall der Sozialkaufhäuser in Burg, Stendal, Genthin zu

erreichen, in denen Suchtkranke und Suchtgefährdete beschäftigt werden.

Es werden in der Literatur weitere Merkmale für Non- Profit Organisationen erwähnt.

Bruhn beschreibt NPO’ s als eine nach „rechtlichen Prinzipien gegründete Institution

(privat, halbstaatlich, öffentlich), die durch ein Mindestmaß an formaler Selbstverwaltung,

Entscheidungsautonomie und Freiwilligkeit gekennzeichnet ist“ (Bruhn 2012). Dieses

angelsächsische Verständnis von NPO’ s orientiert sich stark am Charity-Gedanken von

gemeinnützigen Hilfswerken und ist so nicht auf andere Länder übertragbar (Vgl.

Lichtsteiner et al. 2013, S.17). Nicht zuletzt wegen dieser allgemeinen Formulierung hat

sich eine schier unüberschaubare Masse an Organisationen gebildet, die dieser Definition

entsprechen und so finden sich neben den klassischen Non- Profit Organisationen wie

Vereinen oder Selbsthilfegruppen auch Kirchen, selbstverwaltete Altenheime oder

„Betreibergesellschaften von Windparks“ (Lichtensteiner et al. 2013, S.17ff) in dieser

Kategorie wieder. Im Freiburger Management Modell werden ergänzend als Non- Profit

Organisationen alle produktiven sozialen Systeme bezeichnet, die zwischen Staat,

familiären Gemeinschaften und erwerbswirtschaftlichen Unternehmen spezifische Zwecke

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der Bedarfsdeckung, Förderung oder Interessenvertretung für ihre Mitglieder oder Dritte

wahrnehmen. Dabei werden sie von gewählten Ehrenamtlichen geleitet, die durch

Hauptamtliche und Freiwillige unterstützt werden können (Vgl. ebda).

Im weiteren Verlauf dieser Arbeit soll nun weiter auf Non- Profit Organisationen des

sozialen Sektors eingegangen werden.

1.4. Die Besonderheiten von Non- Profit Organisationen als Grundlage für das

Marketing

Eine Grundlage für die Umsetzung des Marketing von Non- Profit Organisationen ist es,

sich mit den Besonderheiten des sozialen Bereiches auseinanderzusetzen.

Heterogenität des sozialen Sektors

Der soziale Bereich ist schwer abzugrenzen und schon gar nicht fassbar. Er hat eine

außergewöhnliche Leistungsbreite mit unterschiedlichsten Arbeitsfeldern, Inhalten und

Zielsetzungen und der damit einhergehenden Definition von Leistungen und Produkten.

Die Anliegen bei NPO‘ s sind durch die beschriebene Vielfalt sehr viel komplexer und

häufig qualitativer Natur (Sachziele), anders als bei kommerziellen Organisationen, deren

vorherrschende Ziele die Erhöhung des Absatzes, des Gewinns und Umsatzes sind. Bei

Non- Profit Organisationen im sozialen Bereich stehen, je nach Charakter der

Organisation, häufig gesellschaftliche Inhalte im Vordergrund, wie die Bekämpfung von

Armut, Krankheit, Behinderung oder Ausgrenzung.

Neben der „Dominanz der Sachziele“ (Merchel 2009) basiert die Interaktion zwischen

Nutzern und Anbietern der sozialen Arbeit häufig auf der Grundlage nicht schlüssiger

Tauschbeziehungen (Vgl. Merchel 2009; Holdenrieder 2013).

Unter normalen, im privatwirtschaftlich üblichen Marktbedingungen, treten der Kunde und

der Anbieter in eine „unmittelbare Tauschbeziehung“ (Merchel 2009) ein, in dem der

Kunde für ein Produkt oder eine Dienstleistung direkt bezahlt. Der Kunde wird für die

Organisation und für das Management zur zentralen Größe.

Frau K. ist Beamtin und kommt in ein Kaufhaus und kauft sich eine Küche.

Die Leistungsempfänger des sozialen Bereiches zählen häufig jedoch zu den

zahlungsschwächsten Mitgliedern unserer Gesellschaft, sind oftmals sozial benachteiligt

ausgegrenzt, sozial Isoliert oder befinden sich in Notlagen, so dass soziale

Dienstleistungen oder Produkte nicht gezahlt werden können. Hier treten, zu der

Beziehung Nutzer und Anbieter, noch die Zahler bzw. Förderer der sozialen Leistung auf

(staatliche Institutionen, Spender, Stiftungen). In den meisten Fällen bezahlen die Nutzer

einer sozialen Leistung bzw. des Produktes diese nicht oder nur zum Teil, so dass durch

15

gesetzliche Preisregulierung oder Subventionen die Preise der Leistungen „künstlich

reduziert“ (Holdenrieder 2013) werden (Vgl. Holdenrieder 2013; Schellberg 2008; Merchel

2009).

Frau K. bezieht ALG II und kommt mit einem Erstausstattungsgutschein des hiesigen Jobcenters in

das Sozialkaufhaus und kauft in Höhe des subventionierten Gutscheines eine Küche.

In manchen Fällen wird soziale Arbeit nicht freiwillig in Anspruch genommen. In diesen

Fällen besteht kein Kundenverhältnis mit dem Klienten, sondern ausschließlich mit dem

Kostenträger.

Ein Kind wird vom Jugendamt aus seiner Herkunftsfamilie herausgenommen und kommt in eine

Pflegefamilie.

Schon jetzt wird deutlich unter welchen erschwerten Bedingungen NPO‘ s ihre

Marketingaktivitäten planen und gestalten müssen. Neben den Zielen der eigenen

Organisation und den angesprochenen Leistungsempfängern sollten Non- Profit

Organisationen die wichtigsten Anspruchsgruppen (Stakeholder) kennen und in ihr

Managementsystem einbeziehen.

Anspruchsgruppen von sozialen Non- Profit Organisationen

Um die wichtigsten Anspruchsgruppen für Non- Profit Organisationen zu identifizieren, ist

eine sog. Stakeholder Analyse sinnvoll.

Hierbei sind alle Anspruchsgruppen, Anbieter und Interessenvertretungen

zusammengefasst, die direkt oder indirekt Einfluss auf die Organisation nehmen. Die

wichtigsten Stakeholder für NPO‘ s sind (Vgl. Bruhn 2012; Holdenrieder 2013):

Leistungsempfänger; sie sind die direkten oder potentiellen Nutzer der

angebotenen Leistung

Angehörige der Leistungsempfänger

Abbildung 4 Anspruchsgruppen von NPO' s, eigene Darstellung

16

Mitarbeitende der Organisation

Wettbewerber; konkurrieren aufgrund ihres ähnlichen Leistungsangebotes oder

ihrer ähnlichen Zielsetzung um die knappen Ressourcen

Kooperationspartner; sind Partner, die das anvisierte Organisationsziel teilen und

einen vertraglich vereinbarten Beitrag leisten und einen eigenen Nutzen daraus

ziehen

Private Förderer; sind Privatmenschen oder Unternehmen, die Geld oder Material

zur Verfügung stellen, ohne in die Arbeit der NPO einzugreifen

Die Öffentlichkeit; ist zum Einen direkter Leistungsempfänger, wenn es um z. B.

Kampagnen geht, die das gesellschaftliche Verhalten beeinflussen sollen und zum

Anderen als direkter Beeinflusser auf das positive oder negative Image, auch für

den Erfolg einer Non- Profit Organisation verantwortlich. In dem Sinne spielen

Medien eine wichtige Rolle.

Der Staat; ist mit der regulierenden Macht der Gesetzgebung und der Verteilung

der Finanzmittel an NPO’ s ein wichtiger Stakeholder.

Dienstleister, die zu marktüblichen Preisen Leistungen für die Organisation

erbringen, die die NPO selbst nicht erbringen könnte oder die sich wirtschaftlich

nicht rechnen würden.

Diese Aufzählung nennt die wichtigsten Anspruchsgruppen, diese sind von Organisation

zu Organisation unterschiedlich. Es zeigt, wie umfangreich das interne und externe

Beziehungsgeflecht von Non- Profit Organisationen ist. Wichtig im Hinblick auf ein

Marketing in diesem Bereich scheint es, die gesamten Stakeholder im Blick zu haben und

jeden Einzelnen zu berücksichtigen oder ihm wenigstens das Gefühl einer

Berücksichtigung zu geben. Aufgaben der Marketingaktivitäten sind es, Anspruchsgruppen

zu analysieren, sie zu akquirieren, langfristig zu binden oder sie ggf. zurückzugewinnen.

Beispiel Betreutes Wohnen für Suchtkranke des Vereins „Aufbruch“ e.V.

Am Beispiel des betreuten Wohnens für Suchtkranke lässt sich exemplarisch aufzeigen, dass Non-

Profit Organisationen einer Vielzahl von Anspruchsgruppen gegenüberstehen, z.B. dem

Hilfebedürftigen, deren Angehörigen, der Sozialagentur als Kostenträger, der Suchtberatung als

Hilfsnetzwerk, der Wohnungsbaugenossenschaft als Dienstleister, dem Henkel Werk als Spender,

dem Landtagsabgeordneten als Vertreter der Politik und der Volksstimme (Zeitung) als

Öffentlichkeitsvertreter. Die Berücksichtigung der verschiedenen Bedürfnisse der

Anspruchsgruppen führt zwangsläufig zu einem erhöhten Umfang des Non- Profit- Marketing. So

wird das betreute Wohnen alle Anforderungen des Kostenträgers Sozialagentur gerecht werden

und auf der anderen Seite versuchen, die Wünsche und Bedürfnisse des Suchtkranken und deren

Angehörigen gerecht zu werden.

17

1.5. Definition des Produktes oder der Leistung von sozialen Non- Profit

Organisationen

Ähnlich komplex und vielschichtig ist die Beschreibung der Leistung in Non- Profit

Organisationen. Ein häufiges Merkmal dieses Sektors ist der Dienstleistungscharakter der

Angebote, die in ihrer Anlage häufig immateriell und nichtlagerbar sind (Vgl. Birzele,

Thieme 2007). Während Wirtschaftsunternehmen primär marktfähige Güter produzieren

und an private Einzelkäufer absetzen, erzeugen soziale Einrichtungen vor allem

immaterielle „Kollektivgüter“ (Merchel 2009), Ideen oder Werte die auf soziale Sicherheit

oder Gemeinwohl abzielen (Vgl. Merchel 2009; Bruhn 2012). Zu berücksichtigen ist zudem

der externe Faktor, meist der Adressat der Leistung, der durch seine Individualität die

angebotene Dienstleistung kaum wiederholbar und den sozialen Trägern in Bezug auf

Qualität und Leistungsversprechen im besten Fall „Leistungspotenziale“ bereitstellen lässt

(Vgl. Christa 2010).

Abbildung 5 Leistungen im NPO Sektor, Quelle Bruhn 2012

Hinzu gesellen sich Organisationen, die neben sozialen Dienstleistungen, über ihre

Zweckbetriebe oder wirtschaftlichen Betriebe Waren produzieren und verkaufen. Aus der

Marketingsicht heraus erschwert die Komplexität und Vielschichtigkeit der Angebote die

Beschreibung von genauen Leistungen einer Non- Profit Organisation (Vgl. Bruhn 2012).

Eine Übersicht stellt die Abbildung 5 dar.

Beispiel Marketing Sozialkaufhaus Burg des Vereins „Aufbruch“ e.V.

Betrachtet man die Arbeit des Sozialkaufhauses Burg ergeben sich mindestens zwei mögliche

Ansätze für das Marketing. Erstens für das soziale Ziel der beruflichen Wiedereingliederung und

Qualifikation von suchtkranken und psychisch, erkrankten Menschen und Zweitens der Verkauf der

vom Sozialkaufhaus erbrachten Waren und Dienstleistungen. Damit hat das Marketing zwei

verschiedene Aspekte zu beachten. Zum Einen gilt es Akzeptanz und Unterstützungsbereitschaft

für die Eingliederungsleistung bei unterschiedlichen Anspruchsgruppen zu schaffen, zum Anderen

hat Marketing die Aufgabe, für die angebotenen Waren und Dienstleistungen Käufer zu finden.

18

1.6. Zwischenfazit zu Non- Profit Organisationen

Insgesamt nehmen Non- Profit Organisationen eine außerordentliche Rolle im

gesamtgesellschaftlichen Leben ein. Die Vielfalt ihrer Aufgaben, Motivlagen, die

verschiedenen Trägerschaften, die unterschiedlichen Finanzierungsformen und

Dienstleistungen, die vielen beeinflussenden und mitbestimmenden Größen (Stakeholder)

lassen jedoch eine exakte Typologisierung ins Leere laufen. Eine griffige Definition ist

kaum möglich. Das Fehlen eines Gewinnzieles ist sicherlich ein Ansatz, bekommt

allerdings gerade bei der Welle der gGmbH-iersierung im Non- Profit Bereich einen faden

Beigeschmack. Zum Teil treten einige Wohlfahrtsverbände, Vereine und Verbände in

Felder des kommerziellen Marktes ein und werden als harte, staatlich subventionierte

Konkurrenten wahrgenommen, die ihr gutes, soziales Image nutzen, um neue

Marktbereiche zu bewirtschaften (z.B. DRK betreibt Parkplätze und managt den Betrieb

des Zentralen Omnibusbahnhofs in München) (Vgl. Capital 2012).

Unbestritten ist die besondere wirtschaftliche Relevanz des Non- Profit Sektors. Die

Beschäftigtenzahlen in solchen Organisationen liegen bei ca. 6 % der

Gesamtbeschäftigung in Deutschland, wobei Teilzeitbeschäftigungen und geringfügige

Arbeiten in den letzten Jahren angestiegen sind. Etwa 75 % der Beschäftigten in diesen

Bereichen sind Frauen. Besonders in den Gebieten Gesundheit und Soziales ist die Zahl

der Arbeitnehmer stark gestiegen und es wird, in Hinblick auf die politischen Vorgaben

(z.B. KiFöGe), weiterhin mit einem Wachstum gerechnet. Zu erkennen ist außerdem ein

Rückgang der Einfachtätigkeiten in den jeweiligen Arbeitsbereichen, d.h. es steigen seit

Jahren die Qualifikationserfordernisse (Vgl. Bruhn 2012).

Neben der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsstruktur sind es gerade Non-

Profit Organisationen, in denen ehrenamtliche Arbeit geleistet wird. Diese Mitarbeiter

leisten freiwillige Tätigkeiten, deren Nutzen Dritten zugutekommt. Sie verursachen kaum

Personalkosten und sind häufig hoch motiviert und somit unverzichtbar für die jeweiligen

Organisationen. Problematisch ist jedoch der Rückgang des ehrenamtlichen Engagements

bei den unter 30jährigen und ganz besonders bei bildungsschwachen, jungen Menschen.

Diese Problematik wird auch im Sozialkaufhaus Burg beobachtet.

Die Herausforderungen für NPO’ s gerade im Sozialwesen werden in den nächsten Jahren

darin liegen, den Spagat zwischen Ökonomie und Zweck bzw. Mission hinzubekommen.

Immer wichtiger werden in diesem Zusammenhang schlüssige Konzepte und

Geschäftsmodelle, die sich schnell auf Veränderungen einstellen können und selbst so

übersichtlich sind, dass sie für Jeden verständlich und leicht umzusetzen sind.

19

Schwierigkeiten werden in den schon beschriebenen gesellschaftlichen Veränderungen,

wie dem Anwachsen von Armut, der zunehmenden Alterung der Bevölkerung und den

damit verbundenen höheren Staatsausgaben, sowie dem gleichzeitigen Kürzen von

Budgets und Leistungen im Non- Profit Bereich erwartet.

Bsp. Sozialkaufhaus Stendal des Vereins „Aufbruch“ e.V.

Das Sozialkaufhaus in Stendal ist seit 2007 Träger im Bereich der Arbeitsgelegenheiten mit

Mehraufwandentschädigung. Diese sog. 1€- Jobs wurden bis Ende 2012 sozialpädagogisch

begleitet und finanziell vom Jobcenter Stendal gefördert. Eine pädagogische Anleitung ist nach dem

SGB II seit 2013 nicht mehr vorgesehen, so dass diese Stelle entweder aus Eigenmitteln des

Vereins finanziert oder eingestellt werden muss.

Das Beispiel Sozialkaufhaus Stendal zeigt symbolisch, dass der Kostendruck auf den Non-

Profit Bereich erheblich steigt und dass dieser nicht um eine Öffnung in Richtung

Wettbewerb und der Anwendung von Managementmethoden aus der

Betriebswirtschaftslehre herumkommt. Erschwerend kommt hinzu, dass in Hinsicht auf

den typischen Finanzierungsmix (Spenden, Staatliche Zuwendung, Leistungen/ Produkte)

von Non- Profit Organisationen, Risiken auftreten, die ein gesichertes, langfristiges

Finanzplanen unmöglich machen. Die schwierige Fördermittelpraxis der Kommunen, die

undurchsichtigen Regelungen der Abgabenordnung, verschiedene Steuergesetzte, deren

willkürliche Umsetzung und die verstärkte Überprüfung von NPO‘ s durch die Finanzämter

(das Sozialkaufhaus Burg wurde seit im Jahr 2011 2mal geprüft) lassen immer neue

Hürden auftreten.

Die Zeiten in denen Sachverstand, Bauchgefühl oder hohes Engagement zur Führung

einer Non- Profit Organisation ausreichten, scheinen vorbei und sind der Erkenntnis

gewichen, dass Managementinstrumente wie eine Marketingorientierung, Zukunfts- und

Zielorientierung oder Effektivitäts- und Effizienzorientierung überlebenswichtig erscheinen

(Vgl. Kortendieck 2011, S.15ff; Lichtsteiner et. al 2013, S.33ff). Allerdings ist gerade die

soziale Arbeit ein sehr spezifisches Feld, mit besonderen Merkmalen und Leistungen in

dem eine reine „BWLisierung“ (Kortendieck 2011) an ihre Grenzen stoßen kann.

Im weiteren Verlauf dieser Arbeit wird ein Bezug auf das Marketing für soziale Non- Profit

Organisationen genommen und gleichzeitig versucht, Vergleiche zum Marketing für

privatwirtschaftliche Unternehmen zu ziehen.

20

2. Marketing

2.1. Begriffsbestimmung Marketing

Bsp. Sozialkaufhaus Burg des Vereins „Aufbruch“ e.V.

In der Stadt Burg existieren neben dem seit 2010 bestehenden Sozialkaufhaus noch zwei weitere,

alteingesessene soziale Anbieter in Trägerschaft von Wohlfahrtsverbänden, die ihre Produkte,

meist gespendete Möbel, Bücher oder Kleidung an ihre Kunden verkaufen. Die Angebote der drei

Häuser unterscheiden sich mehr oder weniger in der Qualität, dem Preis und der Art und Weise,

wie sie dem potentiellen Kunden vorgestellt und erklärt werden. Die Kunden haben eine bestimmte

Vorstellung und auch Wünsche, sie vergleichen die Angebote und sie entscheiden sich häufig für

das Gesamtpacket, welches ihren Wünschen am nächsten kommt. Ausschlaggebend sind Service,

Ordnung, Preis, Kaufambiente, schnelle Lieferung und oft auch die kleine, nette Geste der

Verkäufer. Nachdem das Sozialkaufhaus eröffnete und sofort relativ guten Erfolg hatte, verstärkte

einer der beiden Konkurrenten seine Werbung in Zeitungen, auf Videoleinwänden und Flyern. Dies

änderte bisher allerdings nichts, an den Kundenströmen, die in das Sozialkaufhaus kommen.

Aber was hat das Beispiel nun mit Marketing zu tun, was verbirgt sich hinter dem Begriff

Marketing und welche Unterschiede gibt es zwischen dem sozialen und dem

privatwirtschaftlichen Marketing? Dieser Teil der Arbeit soll sich kurz dem Begriff

Marketing nähern und im Verlauf auf die Besonderheiten für soziale Unternehmen

konzentrieren.

Wie einer der Konkurrenten des Sozialkaufhauses, seine Aktivitäten nach der

Umorientierung seiner Kunden besonders in der Werbung suchte, denken viele Menschen,

wenn von Marketing die Rede ist, häufig an Werbung und das Verkaufen und Kaufen von

Produkten.

In den 1950er Jahren mag dies auch die Kernaufgabe des Marketings gewesen sein, der

Verkauf und die Verteilung von Gütern in dessen Mittelpunkt die Werbung steht. Wobei

gerade in Hinblick auf die Nachkriegsjahre in Deutschland in allen Bereichen ein Mangel

an Gütern bestand und es keine echten Vermarktungsprobleme gab. Die Nachfrage

überstieg das Angebot und die Dienstleister beschränken sich auf den Verkauf des zu

kleinen Angebotes (Vgl. Meffert 2012; Becker 2009; Christa/Schellberg 2010; Schellberg

2008). Ab Mitte der 1960er Jahre erfahren die Märkte einen Wandel hin zu den sog.

„Käufermärkten“ (Becker 2009). Charakteristisch ist, dass das Angebot größer als die

Nachfrage ist. Die Unternehmen müssen ihre Produkte an den Mann bringen, obwohl

diese weniger nachgefragt werden. In dieser Zeit wird Marketing überlebenswichtig und

hat eine sog. „Engpassfunktion“ (Meffert 2012), d.h. „die Beschaffungs-, Produktions-,

Investitions- und Finanzierungsmöglichkeiten“ (Wöhe 2010) sind größer als die

Absatzmöglichkeiten, der Absatz von Gütern und Leistungen wird zum Engpass für

Unternehmen. In dieser Periode legen Unternehmen großen Wert auf die Instrumente des

Marketing Mix und den Aufbau von Marketingabteilungen (Vgl. Meffert 2012). Diese

Entwicklung wurde in den 1970er Jahren weiter vorangetrieben und Marketing rückt immer

mehr in eine zentrale Rolle der Unternehmensführung. Marketing verliert im Verlauf der

21

1980er und 1990erJahre zunehmend den Bezug zu einzelnen Produkten oder Leistungen

und entwickelt sich zu einer selbständigen Wissenschaft, in der das gesamte

Unternehmen von Markt- und Kundenanforderungen gesteuert wird und an deren Ende

der Austausch mit dem Kunden steht und alle unternehmerischen Prozesse langfristig und

strategisch auf die Erfüllung dieses Ziels ausgelegt sind (Vgl. Wöhe 2010; Meffert 2012;

Becker 2009; Christa/Schellberg 2010).

Bis heute haben sich der Begriff und die Bedingungen für das Marketing durch

Veränderungen im Kommunikationsbereich (Technik, Twitter, Facebook), durch die

Globalisierung und immer größer werdenden internationalen Wettbewerb und

uneinheitlichen Konsumstrukturen, sowie teilweise paradoxem Wettbewerb weiter

verändert und entwickelt.

Nach Vahs/Schäfer-Kunz liegt im Marketing für Unternehmen ein entscheidender

Gegenstand, um den Absatz der jeweiligen produzierten Leistungen zu sichern. Dabei

werden alle unmittelbaren und mittelbaren Aktivitäten von der Planung bis zur

Durchführung beschrieben, die dazu dienen, dass potentielle Nutzer die Leistungen kaufen

oder Anliegen unterstützen (Vgl. Vahs/Schäfer-Kunz 2007, S.548ff). Marketing im

kommerziellen Bereich, also unter dem Gesichtspunkt der Gewinnmaximierung, wird heute

als generelles und ganzheitliches Unternehmensleitbild angesehen und richtet sein

Handeln, Planung, Koordination und Kontrolle auf die Bedürfnisse und Zielgruppen der

Märkte aus (Vgl. Meffert 2000, S.10). Demnach beginnt der Prozess des Marketings schon

lange vor der Produktion einer Ware und ist als Aufgabe von Führungskräften anzusehen.

Ziel es ist, Kundenbedürfnisse zu identifizieren, zu analysieren, in Ideen zu verarbeiten

und ein Angebot zu schaffen, welches zu einem Austausch zwischen Individuen oder

Gruppen von Produkten, Dienstleistungen oder Erlebnissen führt und eine

Bedürfnisbefriedigung herstellt (Vgl. Kotler 2008; Kotler et. al 2012, S.39; Meffert 2012,

S.10). Dabei muss sich das Unternehmen mit seinem Angebot von seinen Mitkonkurrenten

unterscheiden und sich am Zielmarkt positionieren und profilieren (Marktanpassung) (Vgl.

Lichtsteiner et. al, S.195ff). Gleichzeitig wird durch eine aktive Marktgestaltung, mittels

moderner Kommunikationsmittel (Werbung) der potentielle Kunde auf seine Wünsche

hingewiesen und Bedürfnisse geweckt, die er vielleicht noch gar nicht erkannt hat, die

dann zum Kauf oder zum „Dienstleistungsbezug“ (Lichtsteiner et. al, S.196) führen sollen.

In der gegenwertigen Marketinglehre wird die Definition der American Marketing

Association verwendet, die den Begriff Marketing weiter konkretisiert. „Marketing

bezeichnet hiernach die Aktivitäten, Institutionen und Prozesse zur Schaffung,

Kommunikation, Bereitstellung und zum Austausch von Angeboten, die einen Wert haben

für Kunden, Auftraggeber, Partner und die Gesellschaft insgesamt (Christa 2010).“ Christa

22

berücksichtigt bei den Aktivitäten von Marketing unter anderem die Stakeholder einer

Organisation. Stakeholder einer Organisation sind „ alle Gruppen oder Personen […], die

die Zielerreichung der Organisation beeinflussen können oder durch deren Zielerreichung

betroffen sind“ (Steinmann/Schreyögg 2005).

Zusammenfassend kann in der Betriebswirtschaft von „vier Säulen“ oder Arbeitsaufgaben

des Marketings ausgegangen werden. Demnach

greift Marketing strategisch auf Instrumente der Marktforschung, Marktanalyse,

Marktsegmentierung zurück, um das jeweilige Unternehmen am Markt

auszurichten

ist es eine wichtige Aufgabe eines Unternehmens Marketing zu betreiben, indem

alle betrieblichen Funktionen, unter anderem Personal (internes Marketing),

Produktion etc. mit einbezogen werden

muss Marketing als marktorientiertes „Führungskonzept“ verstanden werden

geht es beim Marketing unter anderem um eine optimale Kunden-

Unternehmensbeziehung (Vgl. Christa 2010)

2.2. Marketing für Non- Profit Organisationen

Die Frage stellt sich nun, ob das konsequente Ausrichten sämtlicher

Unternehmensaktivtäten an Markt- und Kundenbedürfnissen zum Zweck der

Absatzerhöhung uneingeschränkt auf den NPO Sektor übertragbar ist?

Um sich dem Marketing in sozialen NPO‘ s zu nähern, ist ein Blick auf die jüngere

Geschichte des sozialen Sektors sinnvoll. In dieser hat in Hinblick auf Marktform und

Leistungsfeldern eine starke Veränderung stattgefunden. In den 1980er Jahren galten

soziale Märkte als relativ geschlossen, das bedeutet, dass einige große soziale

Organisationen ein sog. „Angebots-Monopol“ (Christa 2010) innehatten (Bsp. DRK und

Blutspende), die nach sozialplanerischen Vorgaben in einem bestimmten Raum, mit

bestimmter Bevölkerungszahl ohne Konkurrenz ihre sozialen Dienstleitungen anbieten

konnten (Vgl. Christa 2010). Diese Organisationen wurden objektfinanziert, die Hürden für

neue Anbieter waren hoch und so konnten die wenigen Anbieter nach dem

Kostendeckungsprinzip von den Leistungsfinanzierenden bezuschusst, relativ risikofrei

agieren (Vgl. Merchel 2009). Mit der Umstellung auf Wettbewerb innerhalb der

Leistungsfelder der sozialen Arbeit durch den Gesetzgeber, der sich eine

kundenfreundliche, bedarfsgerechte und preiswerte Arbeit davon versprach, „erfolgte in

den meisten Bereichen des Sozialwesens eine sukzessive Entgrenzung von

Anbieterstrukturen und Anbieterzahlen“ (Christa 2010). Die Folge ist Konkurrenzkampf mit

der Gefahr von Preisdumping und verschiedenste Marktformen im sozialen Bereich. Für

23

die NPO’ s in diesen Bereichen ist diese intensive Konkurrenzsituation allerdings kein

betriebswirtschaftlich idealer Zustand. Christa sieht im Marketing eine Reihe von

Möglichkeiten für soziale Non- Profit Organisationen sich dieser intensiven

Wettbewerbssituation zu entziehen und über hohe Akzeptanz- und Sympathiewerte bei

den Kunden eine „leistungspolitische und emotionale Monopolstellung“ zu erarbeiten (Vgl.

Christa 2010)

Den klassischen Begriff des Sozialmarketing formte Kotler, dieser versteht unter

Sozialmarketing eine Managementmethode, „die einen sozialen Wandel einleiten soll und

sich aus Planung, Umsetzung und Kontrolle von Programmen zusammensetzt“ (Kotler

1991), die auf eine Veränderung des Verhaltens, Denkens und/oder von Werten und

Normen zielt (Vgl. Kotler 1991; Christa/Schellberg 2010). Im Zentrum stehen

Verhaltensänderungen breiter Schichten der Gesellschaft, die mit Hilfe von

Marketinginstrumenten, besonders der Kommunikationspolitik, durchgesetzt werden sollen

(Vgl. Christa 2010; Kortendieck 2011). Marketingaktivitäten kommen bei solchen

Kampagnen außerdem bei der Beschaffung von Finanzen, Arbeitskraft und -zeit zum

Tragen. Beispiele sind Kampagnen zur Aidsaufklärung oder zur Einschränkung des

Alkoholkonsums bei Jugendlichen.

Abbildung 6 Kommunikationspolitik zur Verhaltensänderung, Quelle http://v.gd/ST1tmz letzter Zugriff 29.09.13 13:59 Uhr

Schellberg versucht beim Begriff Marketing für Sozialunternehmen eine Differenzierung

aus der Richtung des bewussten Handels herzuleiten. Während bei kommerziellen

Unternehmen betriebswirtschaftliches Handeln und eine kundenorientierte Ausrichtung der

Prozesse innerhalb der Organisation bewusst geschehen, um den Absatz zu steigern, gibt

er Einblicke in die Besonderheiten des Marketings in Sozialunternehmen, welche eine

24

Umorientierung hin zum Marketingansatz häufig aus der Not heraus veranlassen.

Beispiele sind „Finanzierungs- und Kundenkrisen“ (Schellberg 2008).

Bruhn stellt alle Austauschprozesse im sozialen Bereich unter Marketinggesichtspunkte.

Demnach ist Sozialmarketing im weiteren Sinne eine spezifische Denkhaltung. „Sie

konkretisiert sich in der Analyse, Planung Umsetzung und Kontrolle sämtlicher interner

und externer Aktivitäten, die durch eine Ausrichtung am Nutzen und den Erwartungen der

Anspruchsgruppen (Leistungsempfänger, Kostenträger, Mitglieder, Spender,

Öffentlichkeit) darauf abzielen, die finanziellen, mitarbeiterbezogenen und insbesondere

aufgabenbezogenen Ziele der Non Profit Organisation zu erreichen.“( Bruhn 2012, S.55)

Bruhn grenzt dabei ganz klar das Marketing auf nicht kommerzielle Organisationen mit all

ihren Besonderheiten ein und stellt besonders die Beziehungen zwischen den NPO’ s und

den Anspruchsgruppen heraus. Demnach lassen sich zwei Ausgestaltungsformen

differenzieren:

Non- Profit Marketing im engeren Sinne beschreibt die Beziehung NPO zu den

Leistungsempfängern, Mitarbeitern und Geldgebern

Non- Profit Marketing im weiteren Sinne beschreibt die Beziehung NPO zu

sämtlichen Anspruchsgruppen (Vgl. Bruhn 2012).

Zusammenfassend lässt sich erkennen, dass wesentliche Methoden und Instrumente der

betriebswirtschaftlichen Marketinglehre auch im sozialen Sektor eingesetzt werden, aber

nicht uneingeschränkt übertragen werden können, zu vielschichtig sind die zu

bedenkenden Rahmenbedingungen. Dennoch gibt es Zusammenhänge, gerade bei den

Marketinginstrumenten, die jedoch durch die Komplexität der Besonderheiten des sozialen

Sektors einzeln betrachtet und den jeweiligen Bedingungen angepasst werden sollten.

2.3. Notwendigkeit von Non Profit Marketing zur Aufgabenerfüllung

2.3.1. Absatzmarketing

Marketing hat als Erstes eine traditionelle Absatzfunktion. Unternehmen konzentrieren sich

auf den Absatz von Produkten und Dienstleistungen (Vgl. Schellberg 2008; Holdenrieder

2013). Durch die Steigerung des Wettbewerbs innerhalb des Sozialmarktes, durch die

Umstellung der Finanzierungsformen weg von der Selbstkostendeckung hin zu Entgelten

für die Inanspruchnahmen der Leistung und durch die teilweise Öffnung des Marktes für

kommerzielle Anbieter, sind Organisationen gezwungen, sich über Marketingstrategien

ihren „Marktanteil“ (Schellberg 2008) zu sichern. Insbesondere geht es um Konkurrenz-,

Markt- und Kundenanalysen (Vgl. ebd.). Im Absatzmarkt werden die jeweiligen Leistungen

der NPO‘ s ob sozial, karitativ, kulturell, etc. abgesetzt. In der Analyse des Absatzmarktes

werden die verschiedenen Märkte bzw. Teilmärkte identifiziert und die zentralen Aspekte

25

herausgefiltert, die Auswirkungen auf die Kundschaft bzw. der Leistungsempfänger der

Non- Profit Organisation haben. Es werden Marktanforderungen (z.B. Kundenbedürfnisse)

skizziert und analysiert. Zudem werden Angaben über die wichtigsten Kundensegmente

und dessen Entwicklungen gewonnen, Wachstumspotentiale, neue Segmente, Trends,

aber auch Risiken und Rückgang von Kunden erkannt (Vgl. Kotler/Keller/Bliemel 2007).

Beispiel des Vereins „Aufbruch“ e.V.

Alle Maßnahmen zur Auslastung des betreuten Wohnens für Suchtkranke, die Gewinnung von

Teilnehmern für eine Selbsthilfegruppentagung der Selbsthilfekontaktstelle oder die Steigerung der

Beratungsstunden in der Sozialberatung im Sozialkaufhaus.

2.3.2. Image- und Akzeptanzpolitik, Lobbyismus

Eine weitere Zielrichtung des Marketings gibt Schellberg mit der Image- und Akzeptanz-

politik vor. Grundgedanken sind Strategien zur Verbesserung der Außenwirkung, des

Images oder Akzeptanz der eigenen Organisation, der Gewinnung von Befürwortern in der

Bürgerschaft und besonders in der Politik. Wichtig ist die Sonderform Lobbyismus, die

darauf abzielt, gezielt Werbung in der Politik und bei den potenziellen Finanzgebern für

das eigene Unternehmen anzubieten (Vgl. Schellberg 2008). Diese Form wird dann zu

einer tragenden Marketingsäule, wenn die Organisation stark abhängig ist von

Finanzmitteln der Kommunen, Länder oder des Bundes.

Beispiele aus dem Umfeld des Sozialkaufhauses Burg des Vereins „Aufbruch“ e.V.

Suchtberatungsstellen, Familienberatungsstellen und Schuldnerberatungen in Sachsen-Anhalt

stehen ab 2015 vor einer schwierigen Finanzierung, schon heute werden über die LIGA

Landtagsabgeordnete angesprochen und „beworben“, um eine positive Entscheidung der

Haushaltsgespräche im Sinne der Weiterführung der Finanzierung zu erreichen (Lobbyismus).

2.3.3. Bürgernahe Verwaltung

Ziel des Marketings in diesem Bereich ist die Aufklärung der Bürger über Rechte und

Möglichkeiten durch öffentliche Einrichtungen oder Sozialunternehmen, die stark abhängig

sind von öffentlichen Geldern (Vgl. Holdenrieder 2013). Gerade im Zuge der

Umstrukturierung der öffentlichen Verwaltung wird ein Marketing dann wichtig , wenn es

darum geht öffentliche Einrichtungen als bürgernah und leistungsstark auszuweisen (Vgl.

Schellberg 2008; Holdenrieder 2013).

Beispiel aus dem Umfeld des „Aufbruch“ e.V.

In Burg eröffneten binnen kurzer Zeit zwei neue Bürgerbüros mit kundenfreundlichen

Öffnungszeiten, zudem wurde die Internetpräsens verbessert und etliche Vordrucke zum

Downloaden in das Netz gestellt.

2.3.4. Beschaffungsmarketing

Für Non- Profit Organisationen werden neben dem Absatzmarkt auch die

Beschaffungsmärkte immer wichtiger und um diese wird es aufgrund der veränderten

26

gesellschaftlichen Bedingungen einen immer härterer Konkurrenzkampf geben. Dabei

rücken neben der Beschaffung von Finanzen vor Allem das Marketing um Personal,

Technologie und Know-How in den Vordergrund (Vgl. Bruhn 2012; Kortendieck 2011;

Holdenrieder 2013).

Marketing für Finanzressourcen

Die Ausgangslage ist für NPO‘ s wie bei kommerziellen Unternehmen gleich. Die Non-

Profit Organisation benötigt für die Erbringung ihrer Leistungen und Aufgaben finanzielle

Mittel. Nun können NPO’ s im Unterschied zu den kommerziellen Anbietern ihre

Leistungen, aufgrund des angesprochenen Markt-und Staatsversagens, (Kapitel 1.2.) nicht

vollständig am Markt verkaufen und es gibt wenige NPO‘ s die davon leben können. Dies

bedeutet, dass sich die Organisationen für die Erreichung ihrer Sachziele nach

alternativen finanziellen Unterstützern umschauen müssen, damit ein Finanzierungsmix

aus Spendern, Mitgliedsbeiträgen und staatlichen Leistungen entsteht. Zwar ist laut dem

Sozialbudget 2011 der Bundesregierung Deutschland eine finanzielle Unterstützung durch

Bund, Länder und Kommunen seit Jahren auf konstantem Niveau, allerdings werden die

Mittel durch die massive Anzahl von Non- Profit Organisationen eben für die einzelne

Organisation reduziert und es kommt zu einem Konkurrenzkampf um diese Finanzen. Des

Weiteren befördern die Gesetzgebung des Bundes und deren Konzentration auf einzelne

Bereiche (z.B. Kinderbetreuung) die für die Umsetzung verantwortlichen Bundesländer

und Kommunen in ein finanzielles Dilemma, die damit allerdings auch Streichungen bzw.

Kürzungen in anderen sozialen Bereichen rechtfertigen können.

Hier kommt dem Fundraising eine besondere Bedeutung zu. „Fundraising ist das Prinzip

des Fragens/Bittens/Forderns, des Immer-wieder und des Um-mehr-

Fragens/Bittens/Forderns (Haibach 2008).“ Fundraisingerfolge erfordern ein aktives

Beschaffungsmarketing. Ziel ist es, langfristige Förderer zu finden, die in der Lage sind,

bereitwillig die Arbeit der jeweiligen sozialen Organisation zu unterstützen. Der Zweck des

Marketings ist es, Fördermittel einzuwerben und dazu ein stichhaltiges Konzept zu

erstellen.

Eine weitere Form des Beschaffungsmarketing ist das Sponsoring. Das bekannteste

Sponsoring ist wohl das Sportsponsoring, allerdings wird in jeglichen Feldern, in denen

NPO‘ s arbeiten, Sponsoring betrieben (Kultur, Wissenschaft, Soziales, Umwelt). Die

Besonderheit des Sponsorings liegt in der vertraglichen Regelung der Leistung des

Sponsors und der Gegenleistung des Gesponserten (Vgl. Bruhn 2012 S.71).

Beispiel. Sozialkaufhaus Burg des Vereins „Aufbruch“ e.V.

Bei der Ankündigung des Kinderfestes vom Sozialkaufhaus verpflichtete sich dieses das Logo der

27

Sparkasse auf sämtlichen Flyern und Plakaten, sowie ein Banner während des Festes

aufzuhängen. Im Gegenzug sicherte die Sparkasse finanzielle Unterstützung des Festes zu.

Für Non- Profit Organisationen, die Zweckbetriebe oder wirtschaftliche Betriebe betreiben,

geht es ähnlich wie bei kommerziellen Unternehmen um eine Umsatzattraktivität und

Preisgestaltungsmacht, mit den zentralen Fragen: Wofür ist der Kunde wirklich bereit zu

zahlen und wo können die Erträge erzielt werden, die dann wieder in soziale, kulturelle

oder karitative Projekte eingestellt werden können?

Marketing um das Personal

Zwei Faktoren sind bei der Personalgewinnung zu beachten. Auf der einen Seite ist

Personal ob für privatwirtschaftliche Unternehmen oder Non- Profit Organisation ein

großer Kostenfaktor. Auf der anderen Seite benötigt jede Organisation gut ausgebildete

Mitarbeiter, zur Erfüllung ihrer Ziele. Gerade bei hochqualifiziertem Personal ist jedoch die

Anzahl zurzeit knapp, in einigen Branchen, z.B. im Gesundheitsbereich, werden

ausländische Jugendliche (Spanien) gezielt angesprochen, um die Fachkräftelücke zu

schließen. Im Sozialsektor wird Personal mit hohen sozialen und fachlichen Fähigkeiten

gesucht, um die Qualität der Leistung zu garantieren, Effizient zu arbeiten, Fundraising zu

betreiben und alternative Finanzierungsmittel zu beschaffen. Damit wird die Einstellung

und Weiterbildung von geeignetem Personal für Non- Profit Organisationen zur

Vorrausetzung für ein erfolgreiches Agieren auf dem Sozialmarkt.

Bei der Suche nach hauptamtlichem Personal werden ähnliche Wege zwischen NPO‘ s

und kommerziellen Unternehmen, z.B. über Stellenportale, Zeitungen, Internet, gegangen.

Zudem rekrutieren Non- Profit Organisationen zusätzlich etliche Mitarbeiter aus

ehrenamtlichen Mitarbeitern. Während es in Sportvereinen und einigen Bereichen von

Kultur und Umwelt kaum Probleme gibt, Ehrenamt in die NPO einzubinden, ist bei sozialen

Trägern ein Kampf um die Freiwilligen entbrannt. Zielstellungen für das Marketing wären

die Kommunikationspolitik aktiver zu gestalten, auf Freiwilligenmessen, Internetportalen

oder Sozialen Netzwerken wie Facebook oder Twitter klar zu beschreiben, welche Einsatz-

und Weiterbildungsmöglichkeiten das Non- Profit Unternehmen anbietet, um Ehrenamt zu

akquirieren und langfristig dieses Engagement zu binden.

Beispiel Sozialkaufhaus Burg des Vereins „Aufbruch“ e.V.

Der „Aufbruch" e.V. ist Mitglied in der Freiwilligenagentur des Jerichower Landes und hat sämtliche

Einsatzmöglichkeiten in dem Fundus der Agentur beschrieben. In dieser Agentur werden

Arbeitsfelder für Ehrenamtliche von unterschiedlichen NPO‘ s gesammelt und angeboten. Die

Freiwilligen lassen sich über die verschiedenen Möglichkeiten informieren und werden dann in die

gewünschte Organisation vermittelt.

28

Diese Form der Bündelung von Information und Vermittlung macht besonders aufgrund

der Tatsache Sinn, dass sich viele Bürger ehrenamtlich engagieren möchten, jedoch

aufgrund der Vielfalt nicht genau wissen, wie und wo sie dies tun können.

Marketing für Technologieressourcen

In diesem Bereich unterscheiden sich Non- Profit Organisationen kaum von kommerziellen

Unternehmen, denn moderne Technologien in Form von Hard- und Software oder anderen

Kommunikationssystemen können den Erfolg einer Organisation positiv beeinflussen.

Ähnlich relevant für den Erfolg sind zudem Transportmittel und andere technische

Hilfsmittel (Vgl. Bruhn 2012). „Durch den Einsatz von modernen Technologien wird sowohl

die erbrachte Leistungsqualität als auch die Kommunikation mit den verschiedenen

Anspruchsgruppen verbessert (ebda).“ Bestes Beispiel für den Einsatz solcher

Technologien ist die Nutzung von modernen Internetseiten, schnellem Zugang über

Smartphone oder Tablett PC. Hierüber können Leistungsempfänger erreicht und Spenden,

sowie Personal akquiriert werden. Dass diese Art der Kommunikation sinnvoll ist, zeigen

die Zahlen der Internetnutzung in Deutschland, demnach nutzen 77% der Menschen ab 10

Jahren täglich das Internet (Vgl. http://v.gd/XgLviG letzter Zugriff 9.10.13 16:07 Uhr).

Problematisch gestaltet sich für NPO‘ s häufig jedoch die Anschaffung dieser

Technologien. Während kommerzielle Unternehmen diese Investitionen auf die Preise der

Kunden umlegen können, ist dies bei sozialen Non- Profit Organisationen nicht möglich.

Hier spielen nunmehr Faktoren der Personalakquirierung eine Rolle. Non- Profit

Organisationen benötigen motiviertes, gut ausgebildetes Personal, welches über Spenden,

Fördermittel, Fundraising oder Sponsoring Geld, Sachwerte oder Sonderkonditionen

beschaffen kann, Kontakte knüpft und Partnerschaften eingeht, um gerade auf dem auch

für das Marketing wichtigen Technologiesektor Schritt zu halten.

Beispiel Sozialkaufhaus Burg des Vereins „Aufbruch“ e.V.

Der „Aufbruch“ e.V. besitzt drei neue LKW zur Auslieferung und Einholung von Möbeln, die zum

Einen über Fördermittel der „Aktion Mensch“ und zum Andern über Sonderkonditionen des

Paritätischen Wohlfahrtverbandes angeschafft werden konnten. Mit diesen hochmodernen, großen

Fahrzeugen konnte gegenüber der Konkurrenz ein entscheidender Vorteil geschaffen werden. Das

Sozialkaufhaus hat kurze Anlieferzeiten und noch kürzere Wartezeiten bei der Abholung von

Spenden.

Marketing für Know-how- Ressourcen

Eine enge Verbindung bei der Beschaffung moderner Technologien besteht mit dem

Marketing für Know-how-Ressourcen. Die Non- Profit Organisation benötigt zur Nutzung

dieser Technologien das entsprechende Wissen zur Verwendung dieser Technologien

(Vgl. Bruhn 2012). Es ist demnach notwendig spezielle Know-how-Ressourcen

„organisationsintern oder extern“ (Bruhn 2012, S. 79) aufzubauen oder zu beschaffen.

29

Desweitern werden gerade für NPO‘ s des sozialen Sektors Wissensbereiche der

Marktforschung, Rechnungslegung oder rechtliche und steuerlichen Fragestellungen

immer bedeutender. Für die Erschließung dieses Know-how stehen unterschiedliche

Wege zur Verfügung:

Weiterbildung von haupt- oder ehrenamtlichen Mitarbeitern

Kommerzielle Beratungsunternehmen

Ausgliederung einzelner Bereiche in Kommerzielle Unternehmen (Fundraising)

Netzwerke aufbauen (Sponsoren oder andere NPO’ s)

2.3.5. Corporate Identity

Während die bisherigen Ausführungen des Non- Profit Marketing ausschließlich externe

Umwelten betrachtete, ist als Ergänzung das Marketing innerhalb einer Organisation zu

erwähnen. Ausgangspunkt ist der Sozialmarkt, in dem Ideen, Produkte und

Dienstleistungen und deren Positionierung im Markt oftmals sehr schnell kopiert und

übernommen werden und dadurch Vorteile gegenüber Konkurrenten verloren gehen (Vgl.

Christa 2010). In den Mittelpunkt der internen Marketingaktivitäten rücken die Mitarbeiter

der eigenen Organisation. Sie sind das Gesicht einer Non- Profit Organisation und für die

Umsetzung der Leistungsziele verantwortlich. Nur wenn es gelingt, Mitarbeiter zu

motivieren und sie sich mit der NPO und dessen Zielen und Werten identifizieren können,

ist es möglich, Unternehmensziele und Marketingvorhaben umzusetzen. Der Kerngedanke

ist dabei, ein einheitliches, positives Image im Wettbewerb zu anderen Organisationen

aufzubauen, um sich damit abzugrenzen (Vgl. Holdenrieder 2013; Christa 2010). Ziel ist

es, eine Kultur innerhalb der Organisation zu schaffen, in der die interne Kommunikation,

das einheitliche Erscheinungsbild, das Verhalten untereinander und zu den Zielgruppen

eine Handlungsorientierung für jeden Mitarbeiter gibt.

Beispiel Sozialkaufhaus Burg des Vereins „Aufbruch“ e.V.

Das Sozialkaufhaus Burg hat sich in den letzten Jahren ein äußerst positives Image bei den

Zielgruppen (Bedürftige, Sucht- und psychisch Erkrankte, Rentner) erarbeitet. In der

Kundenanalyse 2013 wird besonders auf die Freundlichkeit, das außerordentliche Engagement und

die Kompetenz der Mitarbeiter schnelle, unkomplizierte Hilfe anzubieten, hingewiesen. Dieses

Auftreten der Mitarbeiter ist das Ergebnis einer Organisationkultur im „Aufbruch“ e.V. die

prozesshaft über die Jahre entwickelt wurde. Jedem Mitarbeiter wurde die Zeit gegeben, seine

Kompetenzen in das Kaufhaus einzubringen, zudem wurde von Anfang an auf einen engen

Zusammenhalt zwischen den Mitarbeitern Wert gelegt und durch verschiedene Maßnahmen

(gemeinsames Frühstück, Grillabende, Bootsausflüge) gefördert. Die Maxime des

Sozialkaufhauses Burg, dass jedem Menschen der das Kaufhaus betritt, Respekt und Höflichkeit

entgegengebracht werden soll, wird von den Mitarbeitern gelebt und Nichteinhaltung angesprochen.

Natürlich muss an dieser Stelle erwähnt werden, dass die Leitung des Vereins kaum

Anstrengungen in den Aufbau einer positiven Identität investieren musste. Das liegt besonders an

den Lebensgeschichten der Mitarbeiter, die selbst häufig durch Krankheit, Armut, Arbeitslosigkeit

30

und Behinderung an den Rand der Gesellschaft gedrängt wurden und nun im Sozialkaufhaus

Erfahrungen und besonders Problemlösungsstrategien weitergeben können.

2.4. Zwischenfazit Marketing für Non- Profit Organisationen

Die Notwendigkeit für Non- Profit Organisationen auf ein eigenständiges Marketing zu

setzten, hat zahlreiche schon beschriebene Legitimationsgrundlagen. Zum traditionellen

Profit- Marketing müssen einige Besonderheiten berücksichtigt werden.

Im Profitbereich ist der zahlende Kunde auch die relevante Zielgruppe, sie entscheidet mit

ihrem Verhalten (Kauf oder Nichtkauf) über Erfolg oder Misserfolg des Unternehmens. Im

Non- Profit Bereich kommen neben den Zielgruppen auch die Leistungsträger (Staat) und

beeinflussende Stakeholder ins Spiel. Da soziale Leistungen, meist Dienstleitungen,

oftmals nicht ökonomisch messbar sind, orientieren sich Leistungsträger an dem guten Ruf

und den grundlegenden Zielrichtungen der Organisation. Das bedeutet für ein Non- Profit

Marketing, dass es sich auf verschiedenste, manchmal auch widersprüchliche Interessen

von Stakeholdern einlassen muss. Hinzu kommt die Knappheit von finanziellen Mitteln, die

NPO hat die Aufgabe neben knappen, staatlichen Subventionen, Eigenmittel über

Spenden und Fundraising zu akquirieren. Sie tritt in eine Konkurrenzsituation mit anderen

sozialen Trägern, mit dem Ziel professionelle Arbeit, in hoher Qualität, mit modernsten

Mitteln und hochmotiviertem Personal zu liefern. Dies ist vergleichbar mit

privatwirtschaftlichen Unternehmen, die natürlich ähnliche Marketingziele verfolgen, jedoch

Investitionen im Marketingbereich, Technik, Know-How oder Personal in die

Preisentwicklung ihrer Produkte und Leistungen umlegen können bzw. müssen, um

Gewinne zu erwirtschaften. Hier sind sozialen NPO‘ s schon aufgrund ihrer Klientel enge

Grenzen gesetzt (Vgl. Marktversagen, Staatsversagen Kapitel 1.2.). Nur wenigen

produzierenden oder handeltreibenden Non- Profit Organisationen, wie z.B. dem

Sozialkaufhaus des „Aufbruch“ e.V. oder der Lebenshilfe mit ihren

Behindertenwerkstätten, geht es, wie im privatwirtschaftlichen Bereich, um die Steigerung

der Nachfrage und die Erhöhung des Absatzes ihrer Produkte und Leistungen. Allerdings,

und dies ist der Unterschied zu privaten Unternehmen, immer unter der Prämisse der

Abgabenverordnung für Vereine und der Investition der gemachten „Gewinne“ in die

sozialen Projekte der jeweiligen Organisation.

Dem Großteil der sozialen NPO’ s, besonders im Dienstleistungsmarkt agierend, geht es

nicht um eine Nachfragesteigerung, der Bedarf ist vorhanden und würde bei noch höherer

Nachfrage zu einem Qualitätsverlust führen. Für das Marketing bedeutet dies, dass es hier

eher um die Verbesserung der „Dienstleistungsproduktion“ (Kortendieck 2011) und um

effiziente und effektive „Absatzwege“ (Ebda) zur Erreichung des Ziels geht.

31

Ein weiterer Marketingunterschied von gewerblichen Unternehmen und sozialen NPO‘ s

kann anhand der Abbildung 7 und 8 gut beschrieben werden.

Abbildung 7 positiver, sofortiger Nutzen, Quelle http://v.gd/TL0whL, letzter Zugriff 02.11.13, 17:44 Uhr

Während gewerbliches Marketing dem Kunden stets einen positiven, sofortigen Nutzen

nach Inanspruchnahme verkauft, geht es dem NPO Marketing besonders bei

Verhaltensänderungen, häufig um Verzicht oder einem Nutzen, den die Angesprochenen

nicht unmittelbar erfahren, bei dem sie allerdings etwas unternehmen oder unterlassen

müssen, z.B. Aids-Prävention.

Abbildung 8 NPO Marketing Michael Stich Stiftung, Quelle http://v.gd/KigAeT, letzter Zugriff 02.11.13,17:52 Uhr

Hinzu kommt, dass das Ergebnis nicht direkt beobachtbar oder messbar ist, bei

langjähriger Suchtarbeit beispielsweise könnte eine niedrige Quote ein Ausdruck

erfolgreicher Arbeit sein, was zur Folge hat, dass evtl. Fördermittel gekürzt werden. Im

privatwirtschaftlichen Bereich ist Erfolg einfacher zu messen und geschieht über harte

Faktoren der Finanzwirtschaft.

Die Anforderungen an ein Marketingmanagement im Non- Profit Bereich sind unter

Berücksichtigung der speziellen Bedingungen und Besonderheiten extrem hoch. Um ein

vernünftiges Marketing anzukurbeln, braucht eine NPO spezielle Informationen, die im

nächsten Kapitel kurz angerissen werden.

32

3. Informationsgrundlagen für Non-Profit Organisationen

Beispiel Sozialkaufhaus Burg des „Aufbruch“ e.V.

Nachdem das Sozialkaufhaus im Jahre 2010 eröffnet wurde, kam es zu ersten politischen Aktionen

der Stadtverwaltung gegen das Kaufhaus. Dem Vereinsvorsitzenden wurde von einem hohen

Kommunalpolitiker nahegelegt, das Sozialkaufhaus zu schließen, da dieser keinen Bedarf sehe.

Andere etablierte Einrichtungen liefen Sturm und übten massiv Druck auf den Vermieter des

Objektes aus. Diese Entwicklungen wurden vom Verein im Vorhinein vollkommen unterschätzt und

waren auch in dem Ausmaß nicht vorherzusehen. Alles in Allem wurden allerdings, anders als im

Sozialkaufhaus Stendal, wenig bis gar keine Informationen über Branchenkräfte, Marktkräfte oder

Schlüsseltrends aus der Umgebung eingeholt und zu wenig Lobbyarbeit betrieben.

Organisationen, ob nun im Non-Profit oder privatwirtschaftlichen Sektor, bewegen sich in

bestimmten Umgebungen, die wesentlich an der Gestaltung und Ausführung der

jeweiligen Geschäftsmodelle beteiligt sind. Die Umgebung zu beobachten, zu analysieren,

das eigene Geschäftsmodell daran anzupassen und dabei die eigenen kreativen Ideen

weiterzuentwickeln sind wichtige Grundlagen für neue Geschäftsmodelle und für weitere

Strategien der Organisation (Marketing, Ausrichtung). Dabei sollten „Gestaltungsimpulse“

(Osterwalder/Pigneur 2011) wie Kundenwünsche und -bedürfnisse, aber auch

„Gestaltungsbeschränkungen“ (ebd.) wie die Gesetzgebung oder starke Konkurrenten, in

diese Beobachtung einfließen. Steinmann/Schreyögg sehen in einer „Umweltanalyse“

(Steinmann/Schreyögg 2005) und deren Interpretation eine komplexe Aufgabe für

Führungskräfte, um die wichtigsten Einflussfaktoren und Zusammenhänge zu generieren

und Entscheidungen treffen zu können (Vgl. ebd.). Dabei weisen sie darauf hin, dass

durch die Komplexität der Umwelteinflüsse eine Organisation nie über alle Informationen

verfügen kann und folglich strategische Entscheidungen prinzipiell unter Unsicherheit

geschehen (Vgl. ebd.).

Im Folgenden werden die wichtigsten Informationsgrundlagen für Non-Profit

Organisationen ansatzweise beschrieben.

3.1. Analyse der Marktsituation

Grundsätzlich umfasst die Marktsituation den Status quo des für die NPO relevanten

Marktes, dessen Entwicklungstendenzen und dessen zentrale Einflussfaktoren (Vgl. Bruhn

2012). Ziel für die Non- Profit Organisation ist es, die Chancen, aber auch Risiken mit den

vorhandenen Kompetenzen und Ressourcen auf dem jeweiligen Markt

herauszubekommen und die Marketingziele darauf auszurichten. Für die NPO‘ s werden

die schon beschriebenen zwei Märkte, der Absatzmarkt und der Beschaffungsmarkt,

wichtig.

Bei der Analyse des Absatzmarktes werden alle Märkte und Teilmärkte wichtig, auf denen

die NPO‘ s ihre Leistungen bzw. Produkte absetzen. Dabei werden, ähnlich wie bei

privatwirtschaftlichen Unternehmen, verschiedene Marktkräfte analysiert:

Marktaspekte: identifizieren zentrale Aspekte, die den jeweiligen NPO Markt

formen und verändern (Wohin steuert der Markt?)

33

Marktsegmente: identifizieren die Hauptmarktsegmente der NPO, beschreiben die

Attraktivität und erkennen neue Segmente

Marktanforderungen: skizzieren diese und analysieren wie gut diese erfüllt werden

(Was brauchen Kunden?)

Wechselkosten: beschreiben Bedingungen unter welchen Kunden oder Klienten

zu Konkurrenten abwandern.

Umsatzattraktivität: identifiziert Elemente im Zusammenhang mit der Umsatz- und

Preisgestaltung (Wofür sind Kunden, Leistungsträger bereit zu zahlen?) (Vgl.

Osterwalder/Pigneur 2011; Bruhn 2012)

3.2. SWOT Analyse des eigenen Geschäftsmodells

Die SWOT Analyse trägt dazu bei, relevante Marktpositionen aus Sicht einer Organisation

einzuschätzen. Hierbei werden Stärken und Schwächen einer Organisation analysiert und

Chancen und Risiken für diese identifiziert (Vgl. Osterwalder/Pigneur 2011). Zentrale

Fragen sind: Was sind Stärken, was sind Schwächen der eigenen Organisation? Und

welchen Chancen und Risiken steht sie gegenüber? Hier wird die Position in der Umwelt

der Organisation bewertet (Vgl. Bruhn 2012). Die SWOT Analyse ist eine einfache

Möglichkeit weitere Diskussionen in Gang zu bringen, aber auch Grundlagen für

Entscheidungsprozesse zu schaffen.

Bei den Beschaffungsmärkten werden verschiedene Teilmärkte für NPO‘ s unterscheiden

Markt für Spenden

Markt für Sponsoring

Mitarbeitermarkt

Technologiemarkt

Fördermittelmarkt.

Ziel für das Marketing von NPO’ s ist nun die weitere Differenzierung dieser Teilmärkte

und die weitere Analyse, ähnlich der Analyse der Absatzmärkte.

3.3. Wettbewerbsanalyse

In dieser Analyse werden die wichtigsten Akteure in den Absatz- und

Beschaffungsmärkten von Non- Profit Unternehmen beleuchtet. Es geht in erster Linie um

Mitbewerber von Ressourcen (Spenden, Sponsoren, Zuschüsse, Projektfinanzierung) und

um die Konkurrenten beim Absatz von Leistungen. Hinzu gesellen sich Neueinsteiger im

Markt, „rebellische Mitspieler“(Osterwalder/Pigneur 2009), die oft mit innovativen

Geschäftsideen ähnliche Kundensegmente ansprechen und

34

Ersatzdienstleister/Ersatzprodukte, die potentielle Ausweichmöglichkeiten für Non- Profit

Angebote bieten und häufig aus dem privatwirtschaftlichen Bereich kommen (Vgl. Bruhn

2012).

Bei der Analyse der Akteure werden etablierte Wettbewerber identifiziert und ihre

Wettbewerbsvor- und Nachteile, ihre Hauptangebote und Kundensegmente und ihr

Einfluss auf diese analysiert. Gerade im Non- Profit Sektor ähneln sich oftmals die

Leistungsempfänger, die somit zum Gegenstand des Wettbewerbs werden (Vgl. Bruhn

2012). Bruhn differenziert in einer Konkurrenzanalyse im engeren Sinne, welche sich auf

das unmittelbare Konkurrenzumfeld der NPO bezieht, hier arbeiten die Organisationen mit

ähnlichen Kundensegmenten, Wertangeboten, Zielen, Kanälen. Und einer

Konkurrenzanalyse im weiteren Sinne, welche alle Organisationen umfasst, die aus der

Sicht der Leistungsempfänger als potentielle Alternativen wahrgenommen werden (Vgl.

ebd.). Grundlage für eine Wettbewerbsanalyse ist immer die Definition des relevanten

Marktes.

Osterwalder/Pigneur weisen in diesem Zusammenhang auf die Wichtigkeit der

Stakeholder, also der Akteure hin, die eine Organisation und ein Geschäftsmodell

beeinflussen können. Darunter fallen Regierungen, Lobbyisten, Mitarbeiter etc. (Vgl.

Osterwalder/Pigneur 2011).

3.4. Analyse des Marktumfeldes

Eine wichtige Rolle für Non- Profit Organisationen und deren Geschäftsmodelle nimmt die

Beobachtung und Analyse der Umwelt ein. Steinmann/Schreyögg sehen die Beziehung

eines Unternehmens mit seiner Umwelt als „interaktives Modell“ an, in dem die Umwelt

den Unternehmen unterschiedlich viel Spielraum lässt (Vgl. Steinmann/Schreyögg 2005).

Auf der einen Seite können Veränderungen der Umweltsituationen entscheidenden

Einfluss auf die Organisationen ausüben (Vgl. Bruhn 2012), auf der anderen Seite können

diese durch ihre Schlüsselressourcen Einfluss auf die Umwelt nehmen und zudem durch

ihre Findigkeit Lücken neben den etablierten Strukturen aufspüren, neue Ideen und Märkte

aufbauen (Vgl. Steinmann/Schreyögg 2012).

Dabei wird zwischen der natürlichen, ökonomischen, technologischen,

politischen/rechtlichen und kulturellen/sozialen Umwelt unterschieden. Die gewonnenen

Informationen bilden die Grundlage für NPO’ s, um ein gründliches Verständnis der

Umgebung zu erhalten und auf mögliche Entwicklungen entsprechend reagieren zu

können.

35

Abbildung 9 Globale Umwelt, Quelle Steinmann/Schreyögg 2005

Natürlich sind nicht alle potentiellen Störungen und Entwicklungen im Geschäftsumfeld zu

erfassen, aber mit einer gründlichen Analyse und auch weiterführenden Beobachtungen

des Umfeldes können Hypothesen über Chancen und Risiken des eigenen

Geschäftsmodells aufgestellt werden.

Auf die Methoden zur Informationsgewinnung kann in dieser Arbeit nicht eingegangen

werden, sie werden jedoch benannt.

4. Methoden der Marktforschung

Sekundärforschung

Organisationsexterne Quellen (Internetseiten, Branchenstatistiken, Zeitung)

Interne Quellen (Informationen von Leistungsempfängern, Spenderliste,

Mitarbeiterberichte)

Primärforschung

Befragung (Kundenbefragung, persönliche oder schriftliche Befragung)

Beobachtung

Experiment (Feld- und Laborexperimente) (Vgl. Bruhn 2012)

Wie erfolgen nun die Umsetzungen der Planung und Strategien? Das nachfolgende

Kapitel stellt die wichtigsten Instrumente des Marketings vor.

5. Marketing Mix

Nach Birzele/Thieme ist der Marketing Mix „die qualitative, quantitative und zeitliche

Kombination der Marketing-Instrumente und stellt ein Handlungsgerüst dar, mit der ein

Unternehmen seine Marketingziele zu erreichen sucht“ (Birzele/Thieme 2007).

36

Bestehend aus den vier Elementen (4 P’s)

der Leistungspolitik (Product), als Kern des Marketingmix

Distributionspolitik (Place), die sich mit der Frage des Standortes und der

Verteilung der Leistung befasst

der Preispolitik (Price)

der Kommunikationspolitik (Promotion) als Sprachrohr des Marketing (Vgl. Christa

2010)

Die vier Elemente des Marketing Mix müssen immer im Zusammenhang gesehen werden

(Vgl. ebda).

5.1. Leistungspolitik (Product) für Non- Profit Organisationen

Die Produkt- und Leistungspolitik ist das „Herzstück des Marketings“ (Christa 2010). Sie

stimmt die Leistungen oder Produkte der Organisation mit den Erfordernissen des Marktes

ab, d.h. die Produkt- und Leistungspolitik erstellt Angebote oder Programme, bestehend

aus Dienstleistungen, Sachleistungen, Informationen, Ideen, Rechten, Orten,

Räumlichkeiten oder Geldleistungen, die sich an den Bedarfen der Nachfrager orientieren

und den potentiellen Kunden zum Kauf oder Nutzung angeboten werden (Vgl. Wöhe 2010;

Christa 2010; Holdenrieder 2013). Dieses Marketinginstrument „beschreibt das Paket von

Produkten und Dienstleistungen, das für ein bestimmtes Kundensegment Wert schöpft“

(Osterwalder/Pigneur 2011). Hier entscheidet sich ob der Nutzen für das angesprochene

Kundensegment so hoch ist, dass es das bestimmte Angebot einem Anderen vorzieht. Die

positive Abhebung von Konkurrenzangeboten und ein ständiger Wettbewerbsvorteil sind

demnach weitere Ziele der Produkt- und Leistungspolitik (Vgl. Wöhe 2010; Meffert 2012).

Bei den Wertangeboten werden in Quantität und Qualität, z.B. des Produktes und deren

Funktionalität unterschieden (Vgl. Osterwalder/Pigneur; Kortendieck 2011).

Grundfragen sind:

Welchen Nutzen, welchen Wert bringt das Produkt bzw. die Leistung dem Kunden?

Welche Kundenprobleme lösen die Produkte bzw. die Leistungen mit ihrem

Angebot?

Welche Kundenbedürfnisse helfen sie zu erfüllen?

Welche Kombination von Produkten und Services bieten Unternehmen, NPO‘ s

den einzelnen Zielgruppen an?

Sehr häufig wird in der Marketingliteratur von Bedürfnisbefriedigung geschrieben.

Zweifelsfrei sind für das Marketing, gerade auch bei NPO‘ s im sozialen Bereich,

37

Informationen über Bedürfnisse der Klienten bzw. Kunden wie Hunger, Sicherheit,

Wohnung etc. hilfreich.

Abbildung 10 Aktionsfeld der Leistungspolitik, Quelle Christa 2010

Jedoch, so schreibt Christa sehr treffend, kann Marketing Bedürfnisse und

Bedürfnisstrukturen kaum beeinflussen (Vgl. Christa 2010). Bedürfnisse münden allerdings

in Bedarfen nach bestimmten Gütern oder Leistungen und daraus resultieren Nachfragen

von Kunden bzw. Klienten nach bestimmten Produkten und Dienstleistungen. Und genau

hier setzt das Aktionsfeld der Produkt- und Leistungspolitik ein.

Die Produkt- Leistungsplanung erfolgt in mehreren Dimensionen. Grundsätzlich wird in

Kernleistungen oder Kernnutzen und Zusatzleistungen unterschieden. Die Kernleistung

bezeichnet den Nutzen des Produktes oder die problemlösende Dienstleistung nach der

ein Kunde sucht.

Ein Elektriker kauft in einem Baumarkt einen Bohrhammer. Er kauft diesen nicht, weil er einen

Bohrhammer haben möchte, sondern weil er für seinen nächsten Auftrag schnell große

Durchbrüche in der Wand braucht.

Ein Suchtkranker kommt in die Suchtberatungsstelle und möchte sich Entgiften lassen. Der

Suchtberater vermittelt ihn in eine spezielle Klinik.

Während die Kernleistung direkt ihre Aufgabe erfüllt, der Elektriker kann mit dem neuen

Bohrhammer sein anvisiertes Loch bohren, der Suchtkranke hat einen Termin in einer

Fachklinik, stiften Zusatzleistungen zusätzlichen Nutzen für den Kunden oder den

Leistungsempfänger, ohne dass diese unbedingt notwendig sind (Vgl. Bruhn 2012; Kotler

2011).

Der Elektriker bekommt die Möglichkeit der Ratenzahlung und eine Verlängerung der

Garantieleistung.

Der Suchtkranke fährt mit dem Fahrdienst der Suchtberatung direkt in die Entgiftungsklinik.

Für den potentiellen Kunden oder Leistungsempfänger sind diese Zusatzleistungen

wichtige Bestandteile der Gesamtleistung, sie sehen das erworbene Produkt als

„Faktorenbündel“(Meffert 2012), dass seine Bedarfe zu befriedigen verspricht. Für NPO‘ s

38

und privatwirtschaftliche Unternehmen gilt, genau zu evaluieren, ob sich diese Leistungen

in Bezug auf die Erfüllung des Ziels und aus finanzwirtschaftlicher Sicht lohnen.

Abbildung 11 Kern- und Zusatzleistungen des Sozialkaufhauses Burg, eigene Darstellung

Die Kernbereiche der Leistungspolitik beschreibt Reinfelder mit

Leistungseliminierung

Leistungsvariation

Leistungsinnovation (Vgl. Reinfelder 2012)

5.1.1. Eliminierung von Leistungsangeboten

Grundsätzlich kann eine Organisation nur dann langfristig überleben, wenn sie mit Erfolg

ihre Leistungen bzw. Produkte auf den jeweiligen Markt bringt. Gleichzeitig sollte überprüft

werden, welche Produkte und Leistungen aus dem Programm genommen werden können.

Würde dies auf langer Sicht nicht geschehen, würde das angesprochene Programm von

Angeboten immer weiter wachsen, unübersichtlich werden und nichtkalkulierbare Kosten

entstehen. Bei der Eliminierung von Leistungsangeboten werden quantitative und

qualitative Indikatoren unterschieden und diese im Gesamtkontext der Leistungserstellung

der Organisation betrachtet.

Quantitative Faktoren, wie sinkender Umsatz, Rentabilität, Marktanteile lassen sich durch

betriebswirtschaftliche Kennzahlen, wie Umsatzstatistiken, Bilanzen oder

Belegungsquoten rechnerisch nachvollziehen (Vgl. Wöhe 2010; Holdenrieder 2013). Bei

den qualitativen Beurteilungsindikatoren werden Produktions- bzw.

Prozessablaufstörungen, negatives Image, Änderungen der Bedarfe oder gesetzliche

Bestimmungen beurteilt. Beide, quantitative und qualitative Kriterien, stehen in einer engen

Abhängigkeit zueinander.

Natürlich machen auch im sozialen Sektor Streichungen von Leistungen Sinn, wenn sie

z.B. wenig Ertrag, Image, Auslastung, Qualität und kaum Zukunftsfähigkeit aufweisen (Vgl.

39

Christa 2010). Aber hierbei ist auf Besonderheiten von sozialen Leistungen und Produkten

hinzuweisen. Die Leistungsträger und Finanziers sind häufig öffentlichen Kassen, d.h. die

öffentlichen Fachressorts entscheiden oftmals über die Streichung von Leistungen. Des

weiteren können Leistungseliminierungen von NPO‘ s im sozialen Bereich Imageschäden

bei Leistungsempfängern und Stakeholdern mit sich ziehen. Eine sorgfältige Überlegung

über die Auswirkungen und eine konzeptionelle Ausrichtung des gesamten

Leistungsprogramms obliegt der Planungsfunktion (Vgl. Holdenrieder 2013). Werkzeuge,

wie Scoring Modelle sind in der Marketingpraxis weit verbreitet und können bei der

Entscheidungsfindung helfen.

5.1.2. Die Leistungsvariation

Die wohl am häufigsten anzutreffende Form der Leistungspolitik bei Non- Profit

Organisationen ist die Leistungsvariation. Lässt sich in der Analyse der Marktsituation

feststellen, dass bei einem Produkt oder einer Leistung Handlungsbedarf besteht, z.B.

durch veränderte gesellschaftliche Trends, veränderte Finanzierungformen, Gesetze oder

veränderter Konkurrenzsituation und wird eine Eliminierung ausgeschlossen, werden in

der Marketingliteratur verschiedene Optionen aufgezeigt, wo und wie Leistungsvariationen

stattfinden können. Wichtige Daten erhalten Organisationen zudem aus dem

organisationsinternen Controlling und von eigenen Mitarbeitern, die im direkten Kontakt mit

den Kunden und Leistungsempfängern stehen und somit Wünsche, Anregungen und Kritik

aufnehmen können. Ein weiterer Gradmesser ist die Ausgestaltung eines

Beschwerdemanagements. Hier können Kunden und Leistungsempfänger direkt auf die

Produkte bzw. Leistungen eingehen.

Eine Variation von Leistungen und Produkten geschieht durch Weiterentwicklung,

Verbesserung oder Änderung der Leistungseigenschaften (Vgl. Scheibe-Jaeger 2002).

Grundvorrausetzung ist, dass die Leistung bzw. das Produkt schon auf dem Markt ist und

nun den sich wandelnden Nachfragebedürfnissen anpassen muss (Vgl. Meffert 2012).

Die Bandbreite der Möglichkeiten zur Leistungsvariation, Modifikationen oder

Leistungsdifferenzierung ist sehr umfangreich und werden in dieser Arbeit lediglich kurz

angerissen.

Leistungsvariation durch Qualität

Wie schon an anderer Stelle beschrieben führt die Öffnung des Sozialmarktes und die

damit einhergehende Konkurrenzsituation zwischen den Trägern mit ähnlichen Angeboten

dazu, dass für Kunden oder Leistungsempfänger die Qualität ein wichtiges Kriterium bei

der Wahl eines Angebotes wird.

40

Zertifizierungen (z.B. nach ISO 9000, 9001) der eigenen Leistungen sind ein wichtiges

Marketinginstrument und gleichzeitig ein Zeichen an die Kunden und Leistungsträger, dass auf

Qualität in der Organisation hohen Wert gelegt wird. Gleichzeitig sind diese Zertifizierungen ein

Abgrenzungsmerkmal zu anderen Anbietern.

Bei den Leistungsvariationen in Bezug auf die Qualität werden Veränderungen in der

Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität angestrebt.

Beispiele des Sozialkaufhauses Burg und Stendal des Vereins „Aufbruch“ e.V.

Strukturqualität: Baulich-räumliche Veränderung, Trennung von Kleidermarkt und Möbelmarkt und

gleichzeitige Aufwertung des Kleidermarktes mit hochwertigen Kleiderständern, Regalen und

Umkleidemöglichkeiten im Sozialkaufhaus Burg.

Prozessqualität: Ergänzung der Handlungsanweisungen für Mitarbeiter mit einem Abschnitt zu

Prozessstandards für bestimmte Krisensituationen (z.B. Umgang mit alkoholisierten Mitarbeitern) im

Sozialkaufhaus Burg und Stendal.

Ergebnisqualität: Verbesserung der Ergebnisqualität durch Aufnahme neuer Elemente, z.B.

Angebot kostenloser Infoabende über soziale Themen im Sozialkaufhaus Stendal.

Leistungsvariationen im Angebot oder Sortiment der Non- Profit Organisation

Modifikationen im Angebotsprogramm oder im Sortiment zählen im

erwerbswirtschaftlichen Bereich zu den traditionellen leistungspolitischen Aktionsmustern,

aber auch bei NPO‘ s im sozialen Sektor werden durch veränderte Bedarfs-und

Wettbewerbslagen Modifikationen vorgenommen (Vgl. Christa 2010, S. 157).

Die Marketingliteratur unterscheidet in:

Leistungsvariationen durch das Angebot von Zusatzleistungen

Diese stehen immer in der Nähe zu den Kernleistungen und haben die Aufgabe das

Angebot für den Kunden oder den Leistungsträger und Empfänger noch attraktiver zu

machen (Vgl. Bruhn 2012, S. 304; Christa 2010, S. 156; Kortendieck 2011, S. 113). Dabei

unterscheidet Bruhn in obligatorisch ergänzende Leistungen, die zur Erfüllung der

Kernleistung zwingend notwendig sind (Vgl. Bruhn 2012, S.305).

Beispiele des Sozialkaufhauses Burg und Stendal des Vereins „Aufbruch“ e.V.

Beispielsweise sind hier die Aufnahme von persönlichen Spenderdaten und die Erstellung von

Spendenbescheinigungen im Sozialkaufhaus Burg zu nennen.

Die unmittelbar fakultativ ergänzenden Leistungen führen zu einer Steigerung der

Attraktivität und sind nicht unmittelbar Bestandteile der NPO Leistung (Vgl. ebda).

Beispiele des Sozialkaufhauses Burg und Stendal des Vereins „Aufbruch“ e.V.

Das Mittagsangebot im Sozialkaufhaus Stendal und die sozialen Informationsabende dort, sind gute

Beispiele hierfür.

41

Die mittelbar, fakultativ ergänzenden Leistungen stärken die emotionale Bindung des

Kunden oder Leistungsempfängers ohne im Zusammenhang mit der Kernleistung zu

stehen (Vgl. ebda).

Beispiele des Sozialkaufhauses Burg und Stendal des Vereins „Aufbruch“ e.V.

Das kostenlose, jährliche Sommerfest für Kunden des Sozialkaufhauses Burg mit Showprogramm

für Kinder ist hier zu nennen.

Leistungsvariationen durch Einbeziehung der Leistungsempfänger in den

Erstellungsprozess

Eine weitere Variation besonders bei sozialen Dienstleistungen ist die Veränderung bei Art

und Umfang der Einbeziehung von Kunden in den Erstellungsprozess (Vgl. Bruhn 2012,

S.305ff). Hierbei werden die Handlungen der Non- Profit Organisation unterschieden in

Externalisierung und Internalisierung.

Bei der Externalisierung werden Leistungen oder Leistungsanteile der NPO zu den

Kunden oder Leistungsempfängern verlagert. Diese Form der Leistungsvariation macht

jedoch nur dann Sinn, wenn eine Aktivitätssteigerung des Klienten bzw. Kunden

gewünscht ist und dieser auch in der Lage ist, diese umzusetzen. Die NPO und oftmals

auch die Kostenträger versprechen sich bei dieser Form der Variation eine Verbesserung

der Effizienz und Effektivität.

Beispiel aus dem Umfeld des Sozialkaufhauses Burg des Vereins „Aufbruch“ e.V.

Eine Form der Externalisierung geschieht bei den methodischen Ansätzen der Drogen- und

Suchtberatung Burg beim Kontrollierten Konsum von illegalen Drogen. Diese Form kann nur

funktionieren, wenn der Leistungsempfänger ein Konsumtagebuch führt und plant, d.h. er plant

seinen Tageskonsum, seine Tagesmenge und seinen Konsumort selbst, mit dem Ziel seinen

Drogengebrauch zu kontrollieren. Diese Form der Variation, weg von der ausschließlichen

Abstinenzorientierung, setzt ein ressourcenorientiertes Arbeiten mit dem Klienten voraus, aber

verlangt auch vom Leistungsempfänger ein hohes Maß an Motivation und kognitiven Fähigkeiten.

Die Risiken der Externalisierung liegen zum Einen darin, dass der Anbieter der Leistung

die Kontrolle über den Prozess verliert und damit einen Qualitätsverlust erleiden kann und

zum Anderen, dass der Anbieter ein bewusstes Scheitern des Leistungsempfängers in

Kauf nimmt, um diesen stärker an sich zu binden.

Bei der Internalisierung versucht die Non- Profit Organisation durch Übernahme von

Leistungen, die ursprünglich von Leistungsempfängern erbracht wurden, eine engere

Bindung mit diesem einzugehen. Alle Hol- und Bringedienste, sowie Informationsfaktoren

und -medien (Website der NPO im Internet) gehören zu dieser Leistungsvariation (Vgl.

Christa 2010, S.163; Bruhn 2012, S.307).

Beispiel des Sozialkaufhauses Burg des Vereins „Aufbruch“ e.V.

Das Sozialkaufhaus in Burg hat einen kleinen PKW, der in Absprache mit der Drogen- und

42

Suchtberatung Burg z.B. für Fahrdienste hin zu einer medizinischen Rehabilitation genutzt wird.

Hier werden durch die Internalisierung Fahrdienst gleich zwei Bindungen angestrebt, zum Einen

den Klienten an die Suchtberatung zu binden und evtl. Nachsorgefinanzen über die

Rentenversicherung zu erhalten und zum Anderen dem Klienten die soziale Komponente des

Kaufhauses näher zu bringen, mit der Chance, dass dieser als ehrenamtliche Kraft oder Kunde das

Kaufhaus nutzt.

Leistungsvariation durch Automatisierung

Bei dieser Leistungsvariation geht es um die Verschiebung von Leistungen von der

persönlichen in die sachliche Ebene. Das bedeutet bei der Automatisierung eine

Veränderung der Leistung vom Menschen auf die Maschine, mit dem Ziel arbeitsintensive

Prozesse für den Menschen zu Gunsten eines sachlichen Leistungsprozesses zu

reduzieren, z.B. Pflegeroboter im Altenheim. Problematisch wird diese Leistungsvariation,

wenn es bei einer Automatisierung rein aus finanziellen Aspekten bleibt, ohne die

freigewordenen, persönlichen Ressourcen der Pflegekraft zu nutzen.

Die Automatisierung als Leistungsvariation bei NPO‘ s im sozialen Dienstleistungsbereich

lässt sich kaum beobachten, da der Faktor Mensch und Beziehungsaufbau eine

besondere Rolle spielt. In produzierenden oder handeltreibenden Non- Profit

Organisationen spielt die Automatisierung eine gewichtigere Rolle.

Leistungsvariation durch zeitliche Veränderung des Leistungsprozesses

Eine weitere grundlegende Leistungsvariation bei der Ausgestaltung des

Leistungsprozesses stellt ein „leistungsempfängerorientiertes Zeitmanagement“ (Bruhn

2012; S.306) dar. Hier lassen sich Veränderungen unterscheiden in:

Transferzeiten

Abwicklungszeiten

Wartezeiten

Transaktionszeiten ( Vgl. Ebda)

Während bei den Transfer-, Abwicklungs- und Wartezeiten eine Reduktion angestrebt

wird, muss dies bei den Transaktionszeiten nicht zwangsläufig der Fall sein. Dies bestimmt

die angebotene Leistung der jeweiligen Non- Profit Organisation, z.B. wird eine erlebnis-

und freizeitorientierte Jugendeinrichtung auf längere Transaktionszeiten mit den Kindern

und Jugendlichen hinarbeiten.

5.1.3. Leistungsinnovation

Eine Leistungsinnovation hat das Ziel, bestehende oder unerfüllte Bedürfnisse am Markt

zu stillen, neue Ideen, Technologien und Dienstleistungen auf den Markt zu bringen,

43

bestehende Geschäftsmodelle zu verbessern, aufzubrechen und zu verändern oder einen

neuen Markt zu schaffen (Vgl. Scheibe-Jaeger 2002; Osterwalder/Pigneur 2011, S.249).

Bei der Herausforderung ein neues Geschäftsmodell zu entwickeln, entstehen in Richtung

Zielstellung, Motivationen, vorbereitenden Maßnahmen (Marktanalyse, Marktforschung,

Budgetplanung, Wirtschaftlichkeitsüberprüfung etc.), Durchführungen und Evaluation

zwischen kommerziellen Organisationen und NPO‘ s etliche Schnittstellen, z.B.:

das richtige Modell zu finden

Unwägbarkeiten abzuwiegen

den Markt veranlassen, die Innovation anzunehmen

alte und neue Modelle aufeinander abzustimmen

sich langfristig zu orientieren (Vgl. Osterwalder/Pigneur 2011, S.249; Bruhn 2012;

S.302; Christa 2010, S.165)

Allerdings ergeben sich hinsichtlich der Leistungsinnovation zwischen Non- Profit

Organisationen und kommerziellen Unternehmen Unterschiede. Grenzen zeigen sich z.B.

dadurch, dass die Leistungen und Aufgaben der NPO oft durch die Kostenträger und die

Gesetzgebung strikt vorgeschrieben sind, so dass Innovationen nur mit einer

Gesetzesänderung eintreten könnten (Vgl. Bruhn 2012, S.302).

Eine Innovationsbremse sind jedoch nicht selten die Non- Profit Organisationen selbst, die

nach ihren Oberzielen, Leitbildern oder Missionen auf „Altbewährtes“ setzen und lediglich

bei den Zusatzleistungen auf Variationen setzen.

5.2. Zwischenfazit Leistungspolitik und Besonderheiten für Non- Profit

Organisationen

In der Analyse der leistungspolitischen Grundlagen für NPO‘ s im sozialen Bereich können

etliche Faktoren aus dem kommerziellen Marketing übernommen werden. Darunter fallen:

Aufbau von Kundenzufriedenheit in Bezug auf Fachlichkeit, Kundenbindung der

Leistungsträger und Leistungsempfänger

Imageprofilierung

Profilierung gegenüber Konkurrenten

Gewährleistung von Leistungsqualität

Leistungen und Produkte werden vom Kunden bzw. Klienten als „Faktorenbündel“

(Meffert 2012) betrachtet, der potentielle Kunde entscheidet sich aus

verschiedenen Aspekten (Qualität, Preis, Service) für oder gegen ein Produkt oder

eine Leistung

44

der Kunde nimmt die Leistung oder den Kauf eines Produktes nur vor, wenn er

dessen Wert höher einschätzt, als dessen Preis (Vgl. Christa 2010; Bruhn 2012)

Ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal zwischen privaten Unternehmen und Non-

Profit Organisationen beschreibt Wöhe mit den Zielen der Privatunternehmen: „Maximiere

den langfristigen Gewinn“ und „ die Schaffung eines bedarfsgerechten Angebotes ist eine

logische Folge des unternehmerischen Gewinnstrebens“ (Wöhe 2010). Der Unterschied

besteht darin, dass NPO‘ s aus finanzwirtschaftlicher Sicht natürlich auch nach

„Gewinnen“ streben, diese jedoch zur „Missionserfüllung“ (Bruhn 2012) im ideellen Bereich

einsetzen sollten.

Zudem kommen für Non- Profit Organisationen noch zahlreiche Besonderheiten hinzu, die

für private Unternehmen unrentabel erscheinen:

die Notwendigkeit zur Bereitstellung einer permanenten Leistungsfähigkeit von

sozialen Dienstleistungen, auch wenn diese aktuell nicht nachgefragt werden

o Kriseninterventionen der Suchtberatung, Telefonseelsorge der Kirche

Beteiligung der Leistungsempfänger im Leistungsprozess und Planung

o Zielfindungsgespräche in der Familienberatung oder die Preisfestlegung der

Mitarbeiter im Sozialkaufhaus Burg

Eine Besonderheit bei sozialen NPO‘ s ist die Anhäufung der Leistungen mit

Dienstleistungscharakter, der durch Nichtlagerbarkeit und die Immaterialität

gekennzeichnet ist. Neben den Dienstleistungen finden sich allerdings auch wenige

Organisationen wieder, die Produkte herstellen und verkaufen, wie z. B. die Werkstätten

der Behindertenhilfe. Hinzu gesellen sich NPO’ s, die in Zweckbetrieben gebrauchte

Möbel, Bücher, etc. vertreiben, wie z.B. das Sozialkaufhaus „Brauchbar“ in Burg.

6. Distributionspolitik

Bei der Distributionspolitik soll eine Austauschbeziehung zwischen Anbieter und Kunden

herbeigeführt, unterstützt und optimiert werden (Vgl. Scheibe-Jaeger 2002). Dabei werden

alle Handlungen und Entscheidungen, die zu einer Übermittlung der Leistung eines

Unternehmens hin zum Zielkunden führt, zusammengefasst.

Um den Kunden die angebotenen Werte und Leistungen zu vermitteln, bedarf es

verschiedener Kanäle. Ziel ist es, Schnittstellen und Berührungspunkte zum jeweiligen

Kundensegment herzustellen und bekannte Marketinginstrumente zu nutzen, um die

Aufmerksamkeit auf das Produkt bzw. die Dienstleistung zu erhöhen, den Kauf oder

Nutzung anzuregen und ihm Unterstützung nach dessen Kauf/Nutzung anzubieten (Vgl.

Osterwalder/Pigneur, S.31).

45

Grundfragen sind

Auf welchem Weg/durch welche Absatzkanäle wollen Kunden bzw.

Leistungsempfänger kontaktiert werden?

Welche Absatzkanäle funktionieren am besten?

Welche Absatzkanäle sind die kosteneffizientesten?

Wie integrieren wir sie in unser Kundenkommunikationskonzept?

Die Grundaufgabe der Distributionspolitik ist die optimale Gestaltung eines

Distributionssystems (Vgl. Wöhe 2010, S.501). Dabei wird unterschieden in:

akquisitorischer Distribution

logistischer bzw. physischer Distribution

6.1. Akquisitorische Distribution

Bei der akquisitorischen Distribution trifft das Unternehmen eine Grundsatzentscheidung

über die Absatzkanäle, also ob die Leistung bzw. das Produkt direkt zum Kunden

vertrieben oder über Absatzmittler organisiert wird (Vgl. Wöhe 2010, S.501; Meffert 2012;

S.545ff).

Bei einem direkten Vertrieb erfolgt die Erbringung und Übermittlung der Leistung durch die

gleiche Organisation. In privatwirtschaftlichen Bereichen geschieht dies z.B. bei

Werksverkäufen oder durch Außendienstmitarbeiter. Da Non- Profit Organisationen im

sozialen Sektor häufig im Dienstleistungsbereich tätig sind und ihre Leistungen zeitgleich

erstellt und in Anspruch genommen werden, ist diese Form die vorherrschende

Vertriebsform. Interessant werden die Entscheidungen der NPO‘ s, wenn diese ihre

Leistungen selbst erstellen und Handel treiben möchten, hier stellen sich ähnliche Fragen

zu Logistik- und Vertriebskosten, Absatzpreisen und Absatzmengen wie im

privatwirtschaftlichen Unternehmen.

Nur wenige Hersteller von Produkten und Leistungen in Privatunternehmen verkaufen ihre

Produkte direkt an den Kunden (Vgl. Kotler et. al 2011, S.1003). Häufig werden

organisationsexterne Partner, sog. Absatzmittler genutzt, um die jeweiligen Produkte auf

den Märkten verfügbar zu machen (Vgl. Ebda; Wöhe 2010, S.500). Dabei sind

Absatzmittler, rechtlich und wirtschaftlich eigenständige Personen oder Institutionen, die

aufgrund einer spezifischen Kompetenz direkt oder indirekt absatzfördernde Funktionen

für eine Organisation übernehmen (Vgl. Christa 2010, S.180; Meffert 2012). Für das

Marketing ergeben sich verschiedene Arbeitsansätze, vom Zustandekommen der

Handelsbeziehungen, über die Reduzierung von Vertriebskosten bis hin zum Imageaufbau

des Absatzkanals (Vgl. Meffert 2012, S. 545ff). Als Beispiele können im

46

privatwirtschaftlichen Bereich Groß- und Einzelhändler benannt werden und im sozialen

Non- Profit Sektor Beratungsstellen und Hausärzte.

Beispiele aus der Umgebung des Sozialkaufhauses Burg des Vereins „Aufbruch“ e.V.

Die Suchtberatungsstelle in Burg stellt eine erste Anamnese hinsichtlich einer

Abhängigkeitserkrankung und erklärt den Ablauf einer Entgiftung. Der Hausarzt informiert darüber,

ob ein Patient eine ambulante oder stationäre Entgiftung durchführen soll.

Eine Besonderheit für soziale Non- Profit Organisationen ist, dass die Bezieher der

Leistung häufig selbst als Absatzmittler bzw. Meinungsführer fungieren und von den

Organisationen einbezogen werden sollten (Vgl. Christa 2010, S.186).

6.2. Logistische Distribution

Das logistische System einer Organisation befasst sich mit der physischen Bewegung

einer Leistung bzw. eines Produktes zum Kunden bzw. Leistungsempfänger (Vgl. Bruhn

2012, S.342). Dabei ist die Kombination zwischen Lagerung, Transport bzw. bei

Dienstleistungen der Standort der Erbringung entscheidend. Ziel ist es, die richtige

Leistung bzw. das richtige Produkt zur gewünschten Zeit in der richtigen Menge am

gewünschten Ort bereitzustellen (Vgl. Wöhe 2010, S.512ff; Kotler et. al 2011, S.1042).

Damit beeinflusst ein ausgeklügeltes, effizientes Logistiksystem entscheidend die Kosten

einer Organisation und besonders die Zufriedenheit der Kunden bzw. der

Leistungsempfänger.

Für Non- Profit Organisationen im sozialen Dienstleistungsbereich bezieht sich das

Hauptaugenmerk, aufgrund der Immaterialität der Leistungen, auf die „Erfüllung des

raumzeitlichen Präsenskriteriums“ (Bruhn 2012, S.343ff) und auf das „Tätigwerden des

Leistungspotenzials“ (ebda.). Entscheidend sind in diesen Bereichen Planungs- und

Vorbereitungsaufgaben hinsichtlich des Standortes und der Realisierung der Leistung in

Bezug auf personelle und zeitliche Ressourcen einer Organisation. Unterschieden wird

dabei in der Leistungserbringung beim Nachfrager, Leistungserbringung beim Anbieter

und in der Leistungserbringung an einem „dritten Ort“ (Vgl. Ebda). Natürlich sind bei der

Leistungserbringung Mischformen möglich.

Distributionspolitisches Ziel ist der Absatz der Dienstleistung unter kundenfreundlichen

Aspekten.

Beispiele aus der Umgebung des Sozialkaufhauses Burg des Vereins „Aufbruch“ e.V.

Die Suchtberatung Burg hat drei Mal in der Woche bis 18 Uhr geöffnet und die vorher bis 2008

bestehenden „Ruhezeiten“ über den Mittag eliminiert. Ziel ist die Verringerung der

Nichterreichbarkeit.

Diese, im Beispiel betriebliche Maßnahme die unter Anderem aus Gründen des

Marketings umgesetzt wurde, hat allerdings Auswirkungen auf die Mitarbeiter. Es ist daher

47

abzuwägen, in wie weit eine Organisation auch die personellen und fachlichen

Ressourcen besitzt, um seine Struktur zu verändern.

Aufgrund der Dienstleistungsmerkmale der meisten Non- Profit Leistungen sind

Entscheidungen der Lagerhaltung nur bei Organisationen relevant, die Handel treiben und

Produkte direkt oder indirekt vertreiben. Für diese gelten, ähnlich wie in

privatwirtschaftlichen Produktionsbetrieben, die Regeln der Marketinglogistik. Hierzu

gehören nach Kotler:

die Planung

die Schaffung von notwendigen Strukturen (Gebäude, Fahrzeuge, Personal)

die Steuerung und Dokumentation des Warenflusses bezüglich der Materialien der

Endprodukte und der dazugehörigen Informationen vom jeweiligen Ausgangspunkt

bis zum Übergabe- oder Verbrauchspunkt (Kotler et.al 2011, S.1042)

Ziel dieser distributorischen Marketinglogik ist die Minimierung der Lager- und

Transportkosten, die sich besonders in privatwirtschaftlichen Bereichen zu einem

entscheidenden Wettbewerbsfaktor entwickelt hat. „Der Wettbewerbsdruck des

marktwirtschaftlichen Systems sorgt quasi automatisch dafür, dass Transport und

Lagerhaltung - bei gleicher Qualität - vom billigsten Anbieter übernommen werden (Wöhe

2010, S.513).“

6.3. Zwischenfazit Distributionspolitik und Non- Profit Organisationen

Ähnlich wie bei der Leistungspolitik können einige Marketingüberlegungen aus dem

privatwirtschaftlichen Bereich auch für die Distributionpolitik von Non- Profit

Organisationen verwendet werden. Eine Basisdifferenzierung in akquisitorischer und

physischer Distribution macht auch für den NPO Bereich Sinn, wenn hierbei die

Besonderheiten der sozialen Arbeit beachtet werden.

Oftmals haben die Leistungsempfänger spezifische Benachteiligungen im körperlichen

oder geistigen Bereich, so dass besonders disributionspolitische Faktoren, wie

Erreichbarkeit, Standortwahl oder Fahrservices bei Immobilität in den Mittelpunkt treten

(Vgl. Christa 2010, S.181). Ein wesentlicher Unterschied besteht darin, dass

Sozialpädagogik nicht direkt verkauft oder gekauft wird, wie Dienstleistungen und Waren

im privatwirtschaftlichen Bereich. Trotzdem wird z. B. die Kundengewinnung in einigen

Feldern der Sozialarbeit durch sozialpolitische Veränderungen, in Zukunft aktiver betrieben

werden müssen. Der Wettbewerb zwischen den sozialen Trägern ist mittlerweile politisch

gewünscht.

48

Da NPO’ s häufig einen Dienstleistungscharakter aufweisen, fallen Erstellung und Konsum

einer Leistung auf einen Ort, somit fallen logistische Überlegungen eher Minimal aus.

Hierbei handelt es sich dann um die Lagerung einzelner materieller Elemente, die zur

Erbringung der sozialen Dienstleistung notwendig sind.

Bei Handel treibenden NPO‘ s hingegen spielen, wie bei kommerziellen Unternehmen,

zentrale Parameter, wie Lagerhaltung, Transport, Verpackung und Auftragsabwicklung

eine immer größere Rolle. Auch können, je nach Größe der sozialen Non- Profit

Organisation, effiziente Kooperationen mit Lieferanten oder verschiedenen Vertrieben

aufgebaut werden.

Zu erwähnen sind als weitere Distributionselemente die technologischen Entwicklungen

unserer Gesellschaft, die auch den sozialen Organisationen immense Möglichkeiten

eröffnen, wie z.B. E-Commerce, Internetplattformen, Apps oder neue Telefon- und

Handytechnologien.

7. Preispolitik

Beispiel des Sozialkaufhauses Burg des Vereins „Aufbruch“ e.V.

Eine Aufgabe der Mitarbeiter der jeweiligen Abteilungen des Sozialkaufhauses ist es, die Preise für

die gespendeten Gegenstände so festzulegen, dass sie vom Kunden gekauft werden und dass am

Ende des Monats mit Hinblick auf die Abdeckung der Kosten für den Verein (Gehälter,

Betriebskosten etc.) keine Finanzierungslücke entsteht. Dabei sollte, laut Konzeption, jeder im

Verkauf tätige Mitarbeiter an den Preisfestlegungen beteiligt werden und jeder im Transport Tätige

bei Abholung von Gegenständen Werte einschätzen können. Der Anleiter hat die Aufgabe der

Sensibilisierung auf Preisentwicklungen, Preisober- und Untergrenzen.

So viel zur Theorie, in der Praxis des Sozialkaufhauses ist, wie in vielen anderen kleinen

Unternehmen im sozialen NPO Sektor, keine durchdachte Preispolitik zu erkennen. Dabei

nimmt diese eine äußerst wichtige Funktion innerhalb des Marketingmix ein. Sie legt fest,

zu welchen Bedingungen Leistungen oder auch Produkte mit den Abnehmern getauscht

werden (Vgl. Bruhn 2012, S. 321). Die Herausforderung liegt darin den Preis zu finden,

den ein Kunde oder Kostenträger bereit ist, zu bezahlen (Vgl. Kotler et al. 2011, S.730ff).

Dabei erfolgt der Kauf oder die Nutzung eines Produktes oder einer Leistung nur, wenn

aus Sicht des Kunden der potentielle Nutzen oder Wert höher liegt, als der für die

Realisierung des Nutzens zu entrichtende Preis (Vgl. Meffert 2012, S.470ff; Kotler et. al

2011, S. 730). Mit anderen Worten, alle Produkte und Dienstleistungen haben Werte und

Nutzen für die ein Kunde einen Preis, ein Entgelt, ein Honorar, eine Förderung, eine Rate,

einen Eintritt bezahlt, wenn er diese angebotenen Werte oder Nutzen als für sich

nutzbringend und vorteilshaft auslegt.

Preise erfüllen in der Markttheorie eine wichtige Informations- und Koordinationsfunktion

für Organisationen. Sie üben direkten Einfluss auf die Nachfrage und das Angebot von

49

Leistungen bzw. Produkten aus, mit dem Ziel Kunden bzw. Kostenträger zu gewinnen

bzw. zu binden, Marktanteile auszuweiten, die Konkurrenz „auszuschalten“, den Absatz zu

erhöhen und betriebsgerichtete Vorhaben, wie Arbeitsplatzsicherung und Verwirklichung

von organisationsspezifischen Missionen zu erreichen (Vgl. Meffert 2012, S.470;

Schellberg 2008, S. 167; Kotler et al. 2011, S.732). Kurz, Preise und Preissetzungen sind

flexible, strategische Instrumente, die das Organisationsergebnis positiv oder negativ

beeinflussen können.

Für soziale NPO‘ s gelten einige Spezifika bei der Preispolitik besonders bei den Fragen

der Zielsetzungen und der Finanzierung von Leistungen und Produkten in diesem Bereich.

7.1. Preispolitik sozialer Non- Profit Organisationen

Im Unterschied zur Erwerbswirtschaft erhält die soziale Non- Profit Organisation die

Leistungsentgelte für ihre erbrachten Leistungen zum größten Teil nicht direkt vom

betroffenen Klienten, sondern vom Kostenträger, der mit der NPO einen entsprechenden

Leistungssatz ausgehandelt hat. Die Grundlage hierfür ist der deutschen Besonderheit bei

der Finanzierung von sozialen Dienstleistungen zuzuschreiben, welche auf Subsidiarität

fußt. Für die Anbieter sozialer Dienstleistungen und Produkte ergeben sich

unterschiedliche Aspekte, die bei der Preispolitik zu beachten sind:

Preispolitik bei Einzelleistungsfinanzierung

Der Großteil sozialer NPO‘ s finanziert sich über einzelleistungsfinanzierte Entgelte oder

Zuwendungen öffentlicher Träger, hierbei werden von den Kostenträger mittlerweile bei

den Verhandlungen um Kostensätze, Kosten-Leistungsrechnungen von den

Organisationen vorausgesetzt. Die Aufgabe der NPO‘ s besteht darin, schon vor der

Inanspruchnahme der Leistungen die Preise oder Gegenleistungen zu kalkulieren (Vgl.

Kortendieck 2011, S.128). Beispiele finden sich besonders im Jugendhilfebereich wieder,

in dem Berechnungen über Fachleistungsstunden oder Tagessätze für Kinder und

Jugendliche mittelerweise Usus sind.

Preispolitik bei Zuwendungs- oder Objektfinanzierung

Eine Preisberechnung in diesen Bereichen kann ähnlich der Einzelleistungsfinanzierung

kalkulatorisch berechnet werden, im Unterschied dazu wird jedoch die Zuwendung durch

die Zahl der Nutzer dividiert, um einen Einzelpreis zu erhalten (Vgl. Christa 2010, S.199).

Meist handelt es sich allerdings um eine Objekt- oder Projektfinanzierung, die über

mehrere Haushaltsjahre des Kostenträgers geht und die Vorhaltung einer bestimmten

sozialen Leistung finanziert. Als Beispiel kann hier die Finanzierung der Suchtberatungen

im Land Sachsen-Anhalt genannt werden.

50

Wenn es darum geht, dass bei der Preispolitik die Preise für die Nutzung der Angebote

festgesetzt werden, ist der Handlungsspielraum für soziale Organisationen durch die Krise

des Sozialstaates und die dadurch entstandene Vergütungspolitik der

Sozialleistungsträger sehr eingeschränkt (Vgl. Schellberg 2008). Hingewiesen werden

muss auf die besondere Dreiecksbeziehung zwischen Leistungsträger, Leistungserbringer

und Adressat, der oftmals einen gesetzlichen Anspruch auf soziale Leistungen hat.

Preispolitik bei Handeltreibenden Non- Profit Organisationen

Bei sozialen Organisationen, die Produkte selbst herstellen oder vertreiben, gelten ähnlich

dem privatwirtschaftlichen Bereich, freiere Preisfestsetzungsmöglichkeiten und geringere

gesetzliche Restriktionen, aber auch Marktbedingungen bei denen die Einflussgrößen und

Auswirkungen von Preisen auf potentielle Kunden beachtet werden müssen.

Demnach sollte der Preis für ein Produkt immer in einem Bereich liegen, der attraktiv für

den Kunden ist und trotzdem so hoch, dass der Anbieter noch einen Gewinn oder

zumindest eine Kostendeckung erreichen kann. „Die Wahrnehmung des Kunden bezüglich

des Wertes eines Produktes stellt zunächst die Preisobergrenze dar, die Materialkosten

des Produktes hingegen die Preisuntergrenze, bei deren Unterschreitung das

Unternehmen einen Verlust machen würde (Kotler et. al, S. 732).“ Zwischen diesen beiden

Extremen sind zudem einige interne und externe Einflussfaktoren, wie eigene

Marketingziele oder Marketingmix als Kostentreiber, der Aufbau der eigenen Organisation,

die Markt- und Nachfragesituation, Wettbewerberstrategien und Konkurrenzpreise zu

beachten.

7.2. Kalkulation des Preises

Kostenorientierte Preisfindung

Eine Kostenorientierte Preisfindung wird von sozialen Trägern dann vorgenommen, wenn

aufgrund von Kostensatzverhandlungen mit den Kostenträgern, die Selbstkosten dem

Kostenträger offenzulegen sind. Dies geschieht über entsprechende Antragsformulare.

Ausgangspunkt sind die Kosten der Leistungserbringung mit dem Ziel, durch den Preis die

Gesamtkosten zu decken (Vgl. Kortendieck 2011, S.130; Christa 2010, S.208) Es gilt, nur

die erbrachte Leistung bringt Ertrag (Vgl. Christa 2010). Die kostenorientierte Preisfindung

findet sich besonders bei Verhandlungen im Jugendhilfebereich, bei den Hilfen für

Erziehung und im Behindertensegment wieder.

Immer häufiger setzt sich die sogenannte Zielkostenkalkulation durch. Hierbei soll der

Preis der Leistung am Markt bestimmt werden und die Leistungen werden so angepasst,

dass die Kosten durch den erzielten Preis abgedeckt sind (Vgl. Kortendieck 2011, S.129).

51

Problematisch in diesem Zusammenhang sind zwei Aspekte, zum Einen geben

Kostenträger oftmals die Preise vor und kalkulieren diese von vornherein sehr niedrig ein.

Die Folgen für die NPO‘ s sind Probleme in der Qualität und Quantität der

Leistungserbringung. Zum Anderen werden am Sozialmarkt die Preise für Leistungen von

einigen Anbietern regelrecht kleingehalten, um an Aufträge der Kostenträger zu gelangen.

Dies führt zwangsläufig dazu, dass wirtschaftlich stabile und große Sozialunternehmen,

kleine Träger verdrängen.

Die kostenorientierte Preisfindung ist das dominierende Element der Kalkulation bei Non-

Profit Organisationen und bildet auch die Grundlage für Bereiche die eine Gewinnabsicht

verfolgen. Dabei entwickelt das jeweilige Unternehmen ein aus seiner Sicht gutes Produkt,

berechnet die Herstellungskosten und legt dann einen Preis fest, der die Selbstkosten plus

einen Gewinn für das Unternehmen ergibt (Vgl. Kotler et. al 2012, S.733). Die Aufgabe des

Marketings ist es nun, den Käufer zu überzeugen, dass der Wert des Produktes, seinen

Preis rechtfertigt. Dabei sollten Fixkosten (Kosten die unabhängig von der

Ausbringungsmenge sind, z.B. Miete, Gehälter) und variable Kosten (Kosten die abhängig

von der Ausbringungsmenge anfallen) einkalkuliert werden. Ist der Preis zu hoch, wird das

Produkt vom Kunden nicht gekauft, ist der Preis zu tief angesetzt, sind die Gewinnspannen

niedrig. Liegt der Preis unter den Herstellungskosten macht die Organisation Verlust, d.h.

die kostenorientierte Preisfindung setzt die Grenze zwischen Wirtschaftlichkeit und

Unwirtschaftlichkeit und sollte langfristig nicht unter dieser liegen.

Abbildung 12 kostenorientierte Preisfindung, Quelle Kotler et. al 2012

Nachfrageorientierte Preisfindungen

In der Marketingliteratur für gewinnorientierte Unternehmen wird aufgrund der oftmals

willkürlichen Kalkulation auf Vollkostenbasis, der subjektiven Einschätzung einiger

Unternehmen in Bezug auf die Kostenverteilung und der damit entstehenden

Unzufriedenheit für Unternehmen, die zu wenig Gewinn machen und Kunden, die keine

hohen Preise zahlen wollen, der gesamte Prozess umgedreht und auf eine wertorientierte

Preissetzung gesetzt. Hierbei legt sich der Zielpreis danach fest, wie er vom Kunden

wahrgenommen wird (Vgl. Wöhe 2010, S.471). Ausgangspunkt für die Preisfestlegung ist

die Analyse der Bedürfnisse und Bedarfe und die Wertwahrnehmung der Kunden.

Voraussetzung ist also die Erfassung der Nutzeneinschätzung seitens der Nachfrager (Für

welche Werte sind Kunden wirklich bereit zu zahlen?).

52

Abbildung 13 nachfrageorientierte Preisfindung, Quelle Kotler et. al 2012

Die nachfrageorientierte Preisfindung kommt für soziale NPO’ s in der Regel nur dann

Zustande, wenn es Freiheiten bei der Preisbestimmung gibt (Vgl. Christa 2010, S.211).

Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis, d.h. steigt die Nachfrage, steigt der Preis

und umgekehrt, sinkt die Nachfrage, sinkt auch der Preis (Vgl. Kortendieck 2011, S.130;

Christa 2010, S.208). Interessant wird diese Preisfindungsform für handeltreibende soziale

NPO’ s.

Für soziale Unternehmen ohne diese Möglichkeiten ist diese Form der Preisfindung mit

Schwierigkeiten verbunden. Zum einen müssen sich soziale NPO‘ s oftmals an die

Vorgaben des Kostenträgers anpassen. Zum anderen ist die Nachfrage in den meisten

sozialen Dienstleistungen sehr hoch und die „Kunden“ nicht zahlungsfähig, so dass das

Diktat der Nachfrage hier nicht greift.

Wettbewerbsorientierte Preisfindung

Die Wettbewerbsorientierte Preisfindung ist eine Reaktion des Anbieters sozialer

Leistungen auf einen konkurrierenden Anbieter im Sozialmarkt. Der Preis der eigenen

Leistung bzw. des eigenen Produktes wird beispielweise am „ Marktführer“ angeglichen

oder unterschritten. Voraussetzung ist eine Analyse der Branchenteilnehmer, mit dem Ziel

wettbewerbsfähig zu bleiben, Konkurrenten aus dem Wettbewerb zu drängen bzw. diese

gar nicht erst eintreten zu lassen. Der wettbewerbsorientierten Preisfindung kommt im

Bereich der sozialen Non- Profit Organisationen eine größere Bedeutung zu, seit dem

Kostenträger zu preisgünstigen Leistungen tendieren und soziale Träger diesen Anliegen

Rechnung tragen (Vgl. Christa 2010, S.211).

Die Folgen solcher Preisfindung können fatale Auswirkungen für die Leistungsempfänger

hinsichtlich der Qualität und auch der Quantität haben.

In privatwirtschaftlichen Unternehmen ist die Sicht auf Konkurrenten eine wichtige

Strategie, um Marktanteile zu erhalten oder auszuweiten. Hier werden zur von

Konkurrenzpreisen Testkäufe durchgeführt, Preislisten- und Produktionspreise

recherchiert oder Käuferbefragungen hinsichtlich der Qualität und des Preises organisiert.

Ein großer Aufwand, der von sozialen Organisationen häufig nicht betrieben werden kann

oder nur teilweise geschieht, obwohl diese Informationen und die eigene strategische

Preisreaktion eine Chance ist, den Wettbewerb auf dem Sozialmarkt positiv zu gestalten.

53

7.3. Zwischenfazit Preispolitik für Non- Profit Organisationen

Die Entscheidung welche der Preisfindungsformen angewandt wird, geschieht im sozialen

Non- Profit Bereich häufig über die Kostenträger. Diese sind in vielen Bereichen dazu

übergegangen, Obergrenzen für Preise am Sozialmarkt festzulegen und die Finanzierung

an bestimmte Leistungen zu koppeln (Vgl. Kortendieck 20111, S.130). Damit entsteht

automatisch eine Konkurrenzsituation zwischen den Trägern. Die Leistungserbringer

werden miteinander verglichen und auf das niedrigste Preisniveau gedrückt (Vgl. ebda).

Grundsätzlich ist nichts gegen eine effiziente und effektive Arbeitsweise von sozialen

NPO‘s einzuwenden, doch mit der Preispolitik der Kostenträger auf Niedrigpreisniveau

wird der Spielraum, besonders für kleinere Träger ohne Alternativfinanzierungen wie

Spenden, Gebühren, Beiträge sehr schwierig. Zudem besteht die Gefahr, dass die Qualität

der Arbeit darunter leidet. Entgehen kann man dem Preisdruck letztlich nur durch

Leistungsdifferenzierung und der Erarbeitung von Marketingkonzepten, gekoppelt mit

Qualitätsstandards, die sich von anderen Anbietern abhebt.

„Pädagogik sollte nicht vom Preis bestimmt werden, sondern der Preis sollte sich nach der

Pädagogik richten.“ (K.H. Braun)

8. Kommunikationspolitik

Beispiel des Sozialkaufhauses Burg des Vereins „Aufbruch“ e.V.

Als das Sozialkaufhaus im Jahr 2010 in Burg eröffnete, war es die Aufgabe der damals noch

jugendlichen Mitarbeiter das Angebot und die Dienstleistungen des Kaufhauses bekannt zu

machen. Dies geschah durch eine groß angelegte Flyerverteilungsaktion und diverse

Zeitungsartikel in der regionalen Presse. Flankiert wurden diese Bemühungen, mit der Einübung

von positiven Mitarbeiterverhaltensweisen (Kundenkommunikation, Kommunikation untereinander,

Respekt) gegenüber den Kunden und der freundlichen Gestaltung des Verkaufsraumes. In der

2013 durchgeführten Kundenbefragung wurden besonders diese Faktoren als überaus positiv für

das Image des Sozialkaufhauses bewertet.

Für Organisationen im sozialen aber auch in privatwirtschaftlichen Bereichen ist die

Kommunikationspolitik das wohl vertrauteste Instrument im Marketingmix. Es reicht nicht

aus gute Produkte und Dienstleistungen anzubieten. Aufgabe sollte sein, dem Verbraucher

über dessen vorteilhaften Nutzen zu informieren, so dass diese sich in dessen

Bewusstsein verankern und einen Wiedererkennungswert besitzen. Hierfür nutzen

Marketingverantwortliche die Kommunikation, also das Senden von verschlüsselten

Informationen und Bedeutungsinhalten, um beim Empfänger eine Wirkung zu erzielen und

Meinungen, Einstellungen, Erwartungen und Verhaltensweisen im Sinne der

Zielerreichung der Organisation zu steuern (Vgl. Meffert 2012, S. 606; Bruhn 2013, S.3;

Kotler et. al 2011; S. 840). Dies geschieht über die Instrumente und Maßnahmen der

Kommunikationspolitik, welche im engen Zusammenhang mit der Analyse der

Marktsituation einer Organisation, sowie der anderen Elemente des Marketing- Mix

54

auszugestalten sind. Ohne konkrete Entscheidungen zur Produkt-, Preis- und

Distributionspolitik können keine zielführenden Kommunikationsstrategien entwickelt und

durchgeführt werden (Vgl. Christa 2010, S.223).

Zusammenfassend schlägt Kotler folgende Schritte zur Entwicklung eines

Kommunikationsprogramms vor:

Zielgruppen ermitteln

Wirkziele der Kommunikation bestimmen

Botschaften gestalten

Kommunikationswege auswählen

Kommunikationsbudget ermitteln

Kommunikation durchführen, koordinieren und messen (Vgl. Kotler et. al 2011;

S. 887)

8.1. Zielgruppen

Die Zielstellung der Kommunikationspolitik hängt eng mit der Zielstellung der jeweiligen

sozialen Organisation zusammen und den Zielgruppen, die angesprochen werden sollen.

Vorbedingung für eine Organisation ist es, sich klar zu werden, wen sie eigentlich

erreichen möchte. Auch hier wird wieder auf die Besonderheit des sozialen Bereichs und

ihrer Anspruchsgruppen hingewiesen, welche in Kapitel1.4. beschrieben wurden.

8.2. Ziele und Aufgaben der Kommunikationspolitik

Besonders für soziale Non- Profit Organisationen wird eine effektive und effiziente

Kommunikationspolitik vor dem Hintergrund einer steigenden Wettbewerbsintensität,

gesättigter Märkte, einem extrem hohen Informationsangebot bzw. Überangebot und dem

sinkenden Interesse der Kunden zunehmend wichtiger.

Beispiel des Sozialkaufhauses Burg des Vereins „Aufbruch“ e.V.

Jedes Jahr führt das Sozialkaufhaus Burg ein Kinderfest durch und sucht hierfür Sponsoren bei den

Unternehmen der Stadt. 2013 unterstützten von sieben angefragten mittelständigen Betrieben zwei

diese Aktion in sehr überschaubarem Maße, sodass in der Abrechnung vom finanziellen Aufwand

und Einnahmen eine negative Bilanz stand. Gründe wurden hauptsächlich nicht benannt und wenn,

wurde auf das soziale Engagement in anderen Organisationen (Sport) hingewiesen.

Vor diesem Hintergrund hängt ein dauerhafter Kommunikationserfolg von drei

Komponenten ab

Kopf

Die vermittelte Botschaft muss gesehen, gehört, wahrgenommen werden und zu

informatorischen Prozessen beim Empfänger führen, die ein Verstehen bewirken.

55

Herz

Dabei soll diese Botschaft gerade im sozialen Bereich Emotionen bei der Zielgruppe

hervorrufen. Hierbei ist nicht nur der potentielle Spender einer Non- Profit Organisation

gemeint, sondern auch der Klient, der sein Problem wahrnimmt oder der politische

Entscheidungsträger, der die Notwendigkeit einer weiteren Förderung erkennt.

Hand

Hier soll der Klient bzw. Kunde seine Rolle als externer Faktor wahrnehmen und sich als

aktiver Teil des sozialen Leistungsprozesses verstehen, z.B. der Spender soll spenden,

der Ehrenamtliche seine Fähigkeiten in die Organisation einbringen (Vgl. Kortendieck

2011, S.140).

Hieraus ergeben sich neben ökonomisch orientierten Absatzzielen, psychologische

Zielsetzungen, denen eine große Bedeutung zukommt. Bruhn unterscheidet in

Kognitiv-orientierte Ziele

Affektiv–orientierte Ziele

Konativ-orientierte Ziele (Vgl. Bruhn 2013, S.183).

Kognitiv-orientierte Kommunikationsziele

Der kognitiv-orientierte Ansatz versucht, die Informationsaufnahme, -verarbeitung, -

speicherung zu steuern (Vgl. Bruhn 2013, S.182). Primäres Ziel ist es, die jeweiligen

Anspruchsgruppen zu erreichen. Dies geschieht häufig über Nichtzielpersonen, also

Personen oder Institutionen, die nicht zu den Anspruchsgruppen der Organisation

gehören. Beispiele sind Printmedien oder Plakataktionen. Hier ist es natürlich der Fall,

dass auch Personen die Informationen wahrnehmen, die kein Interesse und keine

Verbindungen mit den Leistungen und Angeboten der Organisation besitzen. Das bedeutet

für den Marketingverantwortlichen herauszufinden, wo die Botschaften der Organisation

am besten platziert werden und natürlich wie die Zielgruppen auf das Angebot

aufmerksam gemacht werden können.

Weiteres Ziel ist, die Aufmerksamkeit der Anspruchsgruppe auf Produkte, Marken und

Leistungen des Unternehmens zu ziehen. Methoden wären die Nutzung sog. „Eye-

Catcher“ bestehend aus Bildern und/oder kurzen markigen Sprüchen. Ein weiteres

Vorhaben besteht darin, dass Kenntnisse über Marken und Produkte, sowie das Wissen

über Produktneuheiten und Leistungsvorteile bei den Anspruchsgruppen im Gedächtnis so

gespeichert werden, dass diese bei einer bestimmten Leistungskategorie sofort auf die

Produktpalette der jeweiligen Organisation zurückgreifen bzw. diese als Alternative im

Gedächtnis haben.

56

Abbildung 14 kognitiv-orientierte Kommunikation DRK, Quelle http://v.gd/pKnG5H, letzter Zugriff 29.11.13, 16:55 Uhr

Eine Besonderheit für Non- Profit Organisationen des sozialen Bereiches ist die

Informations- und Wissensvermittlung für soziale Themen und Aufklärungskampagnen.

Affektiv-orientierte Kommunikationsziele

Affektiv-orientierte Ziele sind vor allem auf die Weckung bestimmter Emotionen und den

Aufbau von Sympathien zu einer bestimmten Marke oder Organisation ausgerichtet (Vgl.

Bruhn 2013, S.182). Hierbei wird ganz gezielt auf die Kraft von Gefühlen hingearbeitet und

sehr häufig mit ausdrucksstarken Bildern gearbeitet (z.B. Spendenkampagnen bei

Naturkatastrophen).

Abbildung 15 affektiv-orientierte Kommunikation Aktion gegen Armut, Quelle http://v.gd/9gSot0, letzter Zugriff 29.11.13, 18:34 Uhr

Ziel ist ebenfalls die Weckung von Interesse und die aktive Auseinandersetzung der

angesprochenen Zielgruppe mit den Leistungen der Organisation. Dabei werden konkret

Bedürfnisse angesprochen, dass die angebotene Leistung bzw. das Produkt einen großen

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Nutzen hat und Vorteile für die Zielgruppe bringt. „Bei einer zunehmend objektiven

Gleichartigkeit und steigender Komplexität der Angebote sind die emotionale

Positionierung, sowie die Erzeugung und eines positiven und einzigartigen Image von

Marken und Unternehmen von zentraler Bedeutung.“ (Bruhn 2013, S.182).

Konativ-orientierte Kommunikationsziele

Alle Kommunikationsbotschaften dienen schließlich dazu, bestimmte Handlungen oder

Verhaltensweisen bei den Leistungsempfängern, Kunden oder Geldgebern auszulösen.

Der Spender soll spenden, der Suchtkranke weniger Trinken, der Konsument neue

Produkte ausprobieren, die Marke wechseln oder die Kaufmenge erhöhen. Für eine

Organisation ist zu beachten, dass sie für die Informationsbedürfnisse ihrer

Anspruchsgruppen offen ist und aktiv Austauschbeziehungen anstrebt. Ein nicht zu

unterschätzender Teil der Kommunikation ist die Mund-zu-Mund Kommunikation. Sie dient

der Weiterempfehlung der Leistungen und Produkte und ist besonders bei Non- Profit

Organisationen aufgrund des oftmals vorherrschenden immateriellen und „intangiblen“

(Christa 2010, S.236) Charakters äußerst wichtig für die Akquisition neuer Geldgeber und

Leistungsempfänger (Vgl. Christa 2010, S.236).

8.3. Externe, interne und interaktive Kommunikation

Abbildung 16 Kommunikationsprozess, Quelle Bruhn 2012

Die Kommunikation lässt sich nach Bruhn in Maßnahmen der externen Kommunikation

(Bsp. Anzeigenwerbung), der innerbetrieblichen, internen Kommunikation (Bsp.

regelmäßige Dienstbesprechungen) und der interaktiven Kommunikation zwischen den

Mitarbeitern einer NPO und den Anspruchsgruppen (Bsp. Beratungsgespräch in der

Suchtberatung) unterscheiden (Vgl. Bruhn 2013, S. 4). Für die Erreichung der

Kommunikationsziele steht den Organisationen eine Vielzahl von internen und externen

Instrumenten zur Verfügung. Von großer Bedeutung sind die Kommunikation in der

58

Organisation selbst und die Interaktion zwischen Mitarbeitern und den Anspruchsgruppen.

Dies bedeutet für Führungskräfte einer Organisation ein ausgewogenes und

zufriedenstellendes Personalmanagement zu organisieren, da gerade Mitarbeiter in NPO‘s

glaubwürdige Multiplikatoren im Kommunikationsprozess darstellen (Vgl. Klöfer/Nies

2003).

8.4. Instrumente der Kommunikation

Zur Erreichung der Ziele stehen der Kommunikationspolitik unterschiedliche Instrumente

zur Verfügung. Schellberg unterscheidet dabei nach den Kriterien Individual- und

Massenkommunikation (Vgl. Schellberg 2008, S.172).

Individualkommunikation

Demnach zählen unter Individualkommunikation alle Kommunikationsformen in denen eine

1:1 Kommunikation zwischen Sender (Organisation) und Adressat (Leistungsempfänger

oder anderer Anspruchsgruppen) stattfindet, mit den Zielen Beziehung aufzubauen bzw.

zu intensivieren und die Informationsbedürfnisse der Anspruchsgruppen zu befriedigen. Zu

den Individualkommunikationinstrumenten zählen:

Kommunikation im Vorfeld der Leistung

o Erst-, Informationsgespräche

Kommunikation während und nach der Leistung

o Kundengespräche, Kundenzufriedenheit

direct Marketing

o persönliche Ansprache, Telefon, Brief

Schaffung von Begegnungsmöglichkeiten

o Messen, Ausstellungen, Tag der offenen Tür

Kommunikation der Mitarbeiter Intern/Extern

Kommunikation zwischen Kunden und Nichtkunden

o Mund-zu-Mund Kommunikation

Nutzung von moderner Kommunikationstechnologie

o Email, Social Media (Facebook, Twitter), Chat (Vgl. Schellberg 2008, S.173;

Bruhn 2012, S. 363)

Massenkommunikation

Im Gegensatz dazu wird bei der Massenkommunikation der Kunde nicht direkt

angesprochen und die Inhalte so angelegt, dass sie massentauglich sind. Ziele sind die

Bekanntmachung der Organisation und die Information über Leistungsinnovationen oder

Leistungsvariationen und Qualität des Angebotes. Häufig werden auch Ergebnisse

dargestellt. Bei der Massenkommunikation wird unterschieden in einseitiger und

wechselseitiger Kommunikation. Bei der einseitigen Massenkommunikation geschieht

reine Information, um Wissensdefizite bei den Empfängern auszugleichen und einen

Wiedererkennungswert aufzubauen. Ähnliches geschieht bei der wechselseitigen

59

Massenkommunikation, allerdings hat der Empfänger hier die Möglichkeit auch sofort

Kontakt zur Organisation herzustellen oder mit dieser in Aktion zu treten. Dies geschieht

über Kontaktformulare, Adressen, Telefonnummern oder dem Spendenbutton auf einer

Internetseite.

Abbildung 17 Promibonus und Massenkommunikation, Quelle http://v.gd/XaWnis, letzter Zugriff 30.11.13, 15:23 Uhr

Um Vertrauen aufzubauen und die eher negativ besetzten Themen von sozialen NPO‘ s

(Armut, Krankheit etc.) positiv zu besetzen, werden von einigen Organisationen

Prominente eingesetzt, die glaubhaft sind und ein positives Image in der Gesellschaft

besitzen. Besonders für Non- Profit Organisationen ist es wichtig, beim sog. „Promibonus“

genau hinzuschauen und auszusieben, um negative Effekte, z.B. bei Skandalen

auszuschließen. In privatwirtschaftlichen Unternehmen ist es dagegen in einigen

Konsumbereichen üblich Skandalpersönlichkeiten zu engagieren, um die eigene Marke

bekannt zu machen.

Die zentralen Instrumente der Massenkommunikation sind die Öffentlichkeitsarbeit und die

Werbung.

8.5. Öffentlichkeitsarbeit

„Öffentlichkeitsarbeit fördert das Image einer Organisation, ihrer Leistungen und ihrer

sozialen und pädagogischen Anliegen (Kortendieck 2011; S.147)“ und hat die primäre

Aufgabe bei den Stakeholdern ein positives Unternehmensabbild zu generieren (Vgl.

Holdenrieder 2013, S.258). Dabei ist es wichtig eine Beziehung zwischen Organisation

und Öffentlichkeit herzustellen, reine Information reicht nicht aus, sie muss auch von den

Anspruchsgruppen verstanden werden. Aufgrund dessen kommen neben den allgemeinen

Zielen

60

Bekanntmachung

Informationsweitergabe

Vertrauensbildung

Kompetenzvermittlung

Lobbyismus (Vgl. Kortendieck 2011; S.147)

noch weitere Faktoren hinzu, die im Dialog und der Perspektivübernahme vom

Stakeholder münden. Das bedeutet für soziale NPO‘ s, dass sie ihre Motivation der

Leistungserstellung erläutern müssen, Ansichten austauschen und um Verständnis

werben sollten, um einen Konsens herzustellen, der unter Anderem die öffentliche

Finanzierung erleichtert, fachliche Standards der eigenen Arbeit legitimiert, sozialpolitische

Positionen und Anwaltsfunktionen für Leistungsempfänger durchsetzen lässt (Vgl. Christa

2010, S. 249; Holdenrieder 2013, S. 258). Zur Öffentlichkeitsarbeit zählt auch, unwahre

und negative Informationen über ein Produkt oder eine Leistung der Organisation

aufzuspüren und in geeigneter Weise dagegen vorzugehen (Krisenmanagement, Umgang

mit negativer Presse).

Die Instrumente der Öffentlichkeitsarbeit werden unterschieden in externe und interne

Maßnahmen und können in dieser Arbeit nur benannt werden.

Externe Maßnahmen sind

Pressearbeit zu lokalen Medien

Funk- und Fernsehbeiträge

Publikationen in Fachzeitschriften und Büchern

Tätigkeitsberichte und Stellungnahmen

Öffentliche Veranstaltungen; Ausstellungen, Vorträge

Kampagnen

Preisausschreibungen, soziale Wettbewerbe

Internetauftritt

o Weblogs, Foren, Wikis, Podcasts

Broschüren und Flyer

Gremienarbeit ( Vgl. Holdenrieder 2013, S. 258; Christa 2010, S. 250ff;

Kortendieck 2011, S. 147).

Interne Maßnahmen bestehen aus

„Mitarbeiterzeitschrift

Hausmittelungen

Betriebsausflüge

61

Protokolle

Auszeichnungen

Ehrenamt

Mitarbeiterbefragungen“ (Kortendieck 2011, S.147)

8.6. Werbung

Werbung kennzeichnet den bewussten Versuch Marktpartner bzw. Anspruchsgruppen

durch den Einsatz spezifischer Kommunikationsinstrumente, zu einem bestimmten,

Verhalten zu bewegen. (Vgl. Wöhe 2010, S. 482; Kortendieck 2011, S.148). Der

Werbetreibende übermittelt durch verbale bzw. grafische Gestaltung eine Vielzahl von

Werbebotschaften, mit dem Ziel die Vorteilhaftigkeit einer konkreten Leistung aufzuzeigen

und diesbezüglich die Nachfrage zu erhöhen oder sein Image zu verbessern (Vgl.

Holdenrieder 2013, S.258; Kortendieck 2011, S.149; Wöhe 2010, S. 483).

Bei der Werbung wird unterscheiden in Produkt- bzw. Leistungswerbung und der

Organisationswerbung.

Die Aufgabe von Produktwerbung besteht darin, zunächst auf die jeweilige Leistung

aufmerksam zu machen (Attention), Interesse zu wecken (Interest), dadurch Bedürfnisse

bzw. Wünsche hervorzurufen (Desire), um schließlich einen Kaufimpuls oder eine

Nutzenhandlung auszulösen (Vgl. Ebda).

Abbildung 18 Werbeprozess, Quelle Wöhe 2010

Die Organisationswerbung stellt auf Merkmale wie Zuverlässigkeit, Tradition,

Innovationsfähigkeit und Größe einer Organisation ab (Vgl. Wöhe 2010; S.485)

Es gilt in klaren Botschaften die Einzigartigkeit der Leistung bzw. des Produktes, der

Organisation und den hohen Nutzen für Kunden, Leistungsträger- und Empfänger

darzustellen. Hierzu ist es notwendig eine Strategie zu verfolgen, d.h. eine Botschaft für

die Werbung zu entwickeln und die richtige Auswahl der Medien zu treffen. Vor dieser

Entscheidung stehen die Planungsphase und die Einholung aller relevanten

Umweltinformationen. Grundfragen können sein

Für Wen oder Was soll geworben werden?

Welche Zielgruppe soll umworben werden?

Wie verarbeitet die Zielgruppe die Werbebotschaft?

62

Wo und Wann soll geworben werden?

Als Werbeinstrumente gelten die klassischen Werbemittel der Insertionsmedien, also

Zeitung und Zeitschriften und die elektronischen Medien, wie Radio und Fernsehen (Vgl.

Meffert 2012, S.635). Hinzu kommen Plakatwerbungen, Direktwerbung und die Vielfalt des

Internets als Werbeträger. Aus der Vielzahl der Medien hat nun die Organisation die

Aufgabe den Mix herauszufinden, der am ehesten die Zielerreichung der

Kommunikationsstrategie erreichen kann. Dabei sollten Vor- und Nachteile in Bezug auf

Reichweite, Kontaktfrequenz und Erinnerungsqualität der einzelnen Medien bekannt sein.

8.7. Zwischenfazit Kommunikationspolitik und Non- Profit Organisationen

Abschließend ist noch einmal auf die Besonderheiten von sozialen NPO‘ s bei der

Kommunikationspolitik hinzuweisen. Zur Erreichung ihrer Ziele steht diesen, ähnlich den

privatwirtschaftlichen Unternehmen, eine Vielzahl interner, interaktiver und externer

Instrumente zur Verfügung. Aus den Besonderheiten bei der Erstellung und dem Absatz

von NPO Leistungen, also der Notwendigkeit bei der Bereitstellung der Leistungsfähigkeit,

der Integration der Leistungsempfänger und der Eigenschaften von Dienstleistungen

(Immaterialität, Nichtlagerfähigkeit, Nichttransportfähigkeit) ergeben sich zahlreiche,

spezielle Ansatzpunkte für die Kommunikationspolitik von NPO‘ s.

Die Leistungsfähigkeit von Non- Profit Organisationen selbst ist kaum darstellbar, aus

diesem Grund ist die Hauptaufgabe spezifische Leistungskompetenzen zu dokumentieren,

d.h. Signale zu senden, die den jeweiligen Anspruchsgruppen glaubwürdig vermitteln,

dass die Organisation über ausreichend Problemlösungskompetenzen und

Fähigkeitspotential verfügt (Vgl. Bruhn 2012, S.345). Weitere Aufgaben ergeben sich

durch die Integration des Leistungsempfängers am Ort der Leistungserstellung. Hierbei

handelt es sich häufig darum, Informationen weiterzugeben von z.B. Öffnungszeiten,

Rekrutierung von Ehrenamt und der Erklärung von Problemen und Hilfsangeboten. Dabei

ist bei der Ansprache von Leistungsempfängern auf deren persönlichen Problemlagen

hinzuweisen. Kommunikationspolitik bewegt sich hier zwischen der notwendigen

Öffentlichkeitswirkung, der Übermittlung von sozialen und pädagogischen Problemlagen

und der Skandalisierung und Stigmatisierung von Einzelpersonen und Personengruppen.

Bei der Öffentlichkeitsarbeit und Werbung von sozialen NPO’ s ist auf die eingeschränkte

Wirkung bei den Leistungsträgern hinzuweisen, die bei zu hoher Werbeintensität

kontraproduktiv wirkt. Beispielsweise kann eine Jugendhilfeeinrichtung zwar über

Kommunikationsinstrumente über ihr Angebot informieren, jedoch würde die direkte

Werbung um Kinder, zur Auslastung der Kapazitäten ein Glaubwürdigkeitsproblem

entstehen lassen.

63

Für Non- Profit Organisationen, die Handel treiben, können viele Möglichkeiten der

Kommunikationspolitik für privatwirtschaftliche Unternehmen übernommen werden, wobei

auch hier ein aggressives Anwenden der Instrumente eher kontraproduktiv auf Kunden

und eigene Mitarbeiter wirken kann. Zudem stehen im Vergleich eher niedrige finanzielle

Ressourcen zur Verfügung.

9. Das Marketingeschäftsmodell des Sozialkaufhauses „Brauchbar“ in Burg

Das nun folgende Kapitel stellt für den Verein „Aufbruch“ e.V. mit seinem Sozialkaufhaus

„Brauchbar“ eine Neuorientierung hinsichtlich des Geschäftsmodells Sozialkaufhaus dar.

Mit dieser Arbeit wird versucht auf die Bedingungen innerhalb des Sozialmarktes im

Jerichower Land einzugehen und es wird ein Marketinggeschäftsmodell beschrieben,

welches sofort anwendbar und für potentielle Förderer übersichtlich und schnell

verständlich ist. In Vorbereitung auf diese Arbeit wurde intensiv im Verein gearbeitet, eine

Kundenbefragung und eine Umweltanalyse durchgeführt. Im Vorstand des „Aufbruch“ e.V.

wurde ein Leitbild entwickelt, eine Chancen- und Risikoanalyse durchgeführt und in

Bereiche der Betriebswirtschaft geschaut, bspw. wurde erstmalig seit Bestehen des

Sozialkaufhauses eine Kosten-Verlustrechnung durchgeführt. Dabei wurde deutlich, dass

noch sehr viel zu tun ist, um wirklich wirtschaftlich stabil aufgestellt zu sein.

Marketingaktivitäten des Vereins wurden bisher ohne konkrete Planung und Kontrolle,

meist aus dem Gefühl heraus, durchgeführt. Dies soll sich anhand der vorliegenden Daten

und des erarbeiteten Marketingeschäftsmodells nun ändern.

9.1. „Aufbruch“ e.V. - Ein kleiner Verein als Träger innovativer Projekte

Abbildung 19 "Aufbruch" e.V. in Sachsen Anhalt, eigene Darstellung

64

Der „Aufbruch“ e.V. ist in Sachsen-Anhalt als Träger verschiedener sozialer

Dienstleistungen in den Städten Genthin, Burg (Jerichower Land) sowie in der Stadt

Stendal (Landkreis Stendal) tätig. Hauptsächlich betätigt sich der Verein in der

Suchtkrankenhilfe und Präventionsarbeit.

9.1.1. Gründung Verein „Aufbruch“ e.V.

Im Jahre 1991 gründete sich im Gesundheitsamt des Jerichower Landes (Sachsen-Anhalt)

die Selbsthilfegruppe „Genthiner Selbsthilfe Alkoholabhängiger“. Hieraus entstand 1992,

durch Eintragung ins Vereinsregister des Amtsgerichtes Burg, ein rechtsfähiger,

eigenständiger Verein mit Sitz in Genthin. Ein Jahr später wurde er in den Namen

„Aufbruch e.V.“ Selbsthilfegruppen Jerichower Land umbenannt, die Satzung erweitert und

die Mitgliedschaft im Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband (DPWV) eingegangen.

Bis 2012 veränderten bzw. erweiterten sich der Name und die Handlungsbereiche

mehrmals, so dass heute der Name -„Aufbruch“ e.V. Verein für Suchthilfe und Prävention-

im Vereinsregister eingetragen ist. Laut Satzung verfolgt der Verein „ausschließlich und

unmittelbar gemeinnützige bzw. mildtätige Wohlfahrtszwecke“ („Aufbruch“ e.V. Satzung §2

Vereinszweck). Der Satzungszweck wird verwirklicht durch Maßnahmen:

der Suchthilfe,

der Suchtprävention und

der Jugendarbeit.

Durch das Finanzamt wurde dem „Aufbruch“ e.V. die Gemeinnützigkeit ausgesprochen.

9.1.2. Allgemeine Zahlen 2013 des „Aufbruch“ e.V.

Abbildung 20 "Aufbruch" e.V. Zahlen, eigene Darstellung

Die Mitgliederzahlen sind auf einem sehr niedrigen Niveau. Anfang des Jahres 2013 zählte

der „Aufbruch“ e.V. 9 aktive Mitglieder. An engagierten Menschen in und um den Verein

65

mangelt es allerdings nicht. Bis zu 40 ehrenamtliche Helfer in einem Monat sind besonders

in den Zweckbetrieben tätig.

Im Sozialkaufhaus Burg, Stendal, Genthin sind 29 Festangestellte und 20 Mitarbeiter aus

der Förderung des SGB II § 16 (Stendal) beschäftigt.

9.1.3. Arbeitsfelder des „Aufbruch“ e.V.

Abbildung 21 "Aufbruch" e.V. Arbeitsfelder, eigene Darstellung

Selbsthilfekontaktstelle

Die Selbsthilfekontaktstellen in Burg und Genthin sind eigenständige und professionelle

Beratungseinrichtungen mit dem Ziel Informationen, Kontakte, Beratung und

Weiterbildungen zu selbsthilferelevanten Themen für Selbsthilfegruppen, Initiativen und

interessierte Bürger bereitzustellen. 2011 lief die Projektförderung des Landes Sachsen-

Anhalt aus, seitdem wird die Selbsthilfekontaktstelle vom „Aufbruch e.V.“ aus Mitteln der

Krankenkassen und besonders über Eigenmittel finanziert. Unter dem Trägerdach des

Vereins treffen sich 40 Selbsthilfegruppen mit unterschiedlichsten Problemlagen

(Depressionen, Angst und Panik, Parkinson, Sucht etc.) in verschiedenen Ortschaften des

Jerichower Landes.

Ambulant betreutes Wohnen für Suchtkranke

Das betreute Wohnen in Deutschland wird aus den sozialen Sicherungssystemen

organisiert (Vgl. Rosemann/Konrad 2011). In Genthin werden derzeit (Stand Dezember

2013) 19 suchtkranke Menschen im ambulant betreuten Wohnen des Vereins von einer

Fachkraft betreut. Es handelt sich hierbei um ein niedrigschwelliges und

ressourcenorientiertes Angebot, in dem die Betroffenen nach einer medizinischen

Rehabilitation für Suchtkranke beruflich, gesundheitlich und freizeitlich stabilisiert werden

66

sollen. Eine Tagesstruktur erhalten die Klienten, die in eigenen Wohnräumen leben, über

die Zweckbetriebe des Vereins.

Tagestreff „Saftladen“

Im Tagestreff „Saftladen“ Genthin treffen sich Menschen in besonderen Lebenslagen

(Obdachlosigkeit, Armut, etc.). Hier bekommen sie, neben der Chance sich aufzuwärmen

oder in Kontakt mit anderen Menschen zu treten, auch die Möglichkeit, etwas zu essen

oder ihre Wäsche zu waschen.

Besonderheit des Vereins in Genthin ist, dass hier eine Anlaufstelle geschaffen wurde, die

es Betroffenen erlaubt, schnelle Hilfen in Anspruch nehmen zu können. So arbeiten in

einem Gebäudekomplex neben der Drogen- und Suchtberatung, die

Selbsthilfekontaktstelle, das ambulant betreute Wohnen für Suchtkranke und die soziale

Möbelbörse. Der „Aufbruch“ e.V. in Genthin ist seit seiner Entstehung aktiv in der

Bürgerschaft der Stadt, der Verwaltung, den Behörden und der Politik etabliert.

9.2. Die Sozialkaufhäuser „Brauchbar“ in Stendal und Burg

Abbildung 22 Sozialkaufhaus „Brauchbar“ Burg Kleidergeschäft

In den Städten Burg und Stendal gestaltet sich die Arbeit des Vereins etwas anders. In

beiden Orten wurde ein Sozialkaufhaus unter unterschiedlichen Bedingungen eröffnet.

Während es in Stendal 2007 im Bereich Suchtarbeit und Arbeitsprojekte für Suchtkranke

keine Träger im sozialen Bereich gab und der „Aufbruch“ e.V. als unbekannter Verein mit

Hilfe des Paritätischen Wohlfahrtverbandes in der Stadt politisch, arbeitspolitisch und

gesellschaftlich integriert und gefördert wurde und wird, gab es in Burg von Anfang an

Auseinandersetzungen mit den Akteuren der Kommune, dem Jobcenter und ansässigen

Wohlfahrtsverbänden. Ein vom Jobcenter gefördertes Arbeitsprojekt mit

drogenabhängigen Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die anfänglich (2010) das

Sozialkaufhaus Burg aufbauten und betrieben, wurde kurz nach Eröffnung des

Kaufhauses mit der Begründung der Arbeitsplatzverdrängung für den ersten Arbeitsmarkt

vom federführenden Amt beendet. In dieser Zeit meldeten sich etliche Ehrenamtliche,

67

besonders aus den Suchtselbsthilfegruppen und Depressionsgruppen und erhielten das

Sozialkaufhaus „Brauchbar“ am Leben. Der Mitarbeiterstamm in Burg setzt sich bis heute

aus diesen ehemals Ehrenamtlichen zusammen. In den Sozialkaufhäusern Burg und

Stendal wurden 24 Menschen eingestellt, die alle vorher langzeitarbeitslos waren und zum

Teil erhebliche psychische und physische Schwierigkeiten haben.

Mit zeitlichem Abstand und der dazugehörigen Reflexion ist die 2010 entstandene

Situation als Marketing- und Führungsfehlverhalten auszulegen, da schlicht auf eine

genaue Umweltanalyse, auf die Bildung von Kooperationen und auf Lobbyarbeit verzichtet

wurde. Relevante Entscheidungsträger und ihre weitreichenden Verknüpfungen und

Einflüsse wurden unterschätzt, so dass das Sozialkaufhaus in Burg „nur“ bei den

Adressaten und Hauptkunden angenommen wurden. Durch den enormen Kundenzulauf

(ca. 24000 Kunden im Jahr 2012), die Grundidee des Sozialkaufhauses „Brauchbar“ und

durch die ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiter besteht das Kaufhaus seit Ende 2010 und

arbeitet kostendeckend. In Hinblick auf diese Arbeit soll die Situationsanalyse in den

folgenden Kapiteln erörtert werden, um ein stimmiges Marketingkonzept entstehen zu

lassen.

Hierzu werden im folgenden Kapitel kurz die Ziele und das Geschäftsmodell des

Sozialkaufhauses „Brauchbar“ in Burg vorgestellt.

9.2.1. Ziele des Sozialkaufhauses „Brauchbar“ in Burg

In Vorbereitung auf diese Arbeit gab es zum ersten Mal seit Bestehen des

Sozialkaufhauses eine längere Diskussion darüber, welchen Weg der Verein mit den

Zweckbetrieben eigentlich bestreiten möchte. Bisher wurden Ausrichtung, Ideen,

Vorgehensweise und Finanzierung aus dem Gefühl von zwei, drei Vorstandsmitgliedern

heraus gestaltet und umgesetzt.

Voraussetzung für das Gelingen bisher waren hochengagierte, kreative Mitarbeiter und

oftmals einfach auch das Glück zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein:

Die Ziele des Sozialkaufhauses „Brauchbar“ in Burg stehen in enger Verbindung mit den

Vereinszielen und berücksichtigen die Satzung des „Aufbruch“ e.V. besonders im Sucht-

und Jugendbereich tätig zu sein.

Vordergründig steht die wirtschaftliche Stabilisierung, um die Handlungsfähigkeit des

Vereins und seiner Projekte zu gewährleisten. Grundlage dieser Stabilisierung sind die

sozialpädagogischen Projekte des „Aufbruch“ e.V..

Für das Sozialkaufhaus bedeutet dies, es soll Kunden und Spender langfristig an sich

binden. Die Spender, um Ware zu erhalten und die Kunden, um die Absatzmengen zu

68

erhöhen. Dies ist notwendig, um Personal und Miete zu bezahlen und nachrangig, als

Förderverein für die Drogen- und Suchtberatungen Burg, Genthin und Haldensleben,

sowie für die Selbsthilfekontaktstelle aufzutreten.

Abbildung 23 Sozialkaufhaus "Brauchbar" Burg Ziele, eigene Darstellung

Im Sozialkaufhaus soll ein Soziales Zentrum entstehen, welches mit dem Träger

„Aufbruch“ e.V. in Verbindung gebracht wird und damit das Image insgesamt hebt. Über

diese Imageverbesserung ist es möglich, bessere Lobbyarbeit in Richtung Suchtarbeit und

Arbeitsprojekte für Langzeitarbeitslose zu gestalten.

9.2.2. Leitbild des Sozialkaufhauses „Brauchbar“

Um den Mitarbeitern, Kunden, Spendern und Besuchern einen Eindruck dessen zu

vermitteln, nach welchen Grundsätzen das Sozialkaufhaus arbeitet, wurde im Verlauf

dieser Arbeit ein Leitbild erarbeitet, das im Sinne einer Unternehmensphilosophie Ziele,

Richtlinien und den Gestaltungsrahmen vorgibt.

Leitbild

Sinnvolle Arbeit als Grundlage für Selbstverwirklichung

Das Soziallkaufhaus „Brauchbar“ ermöglicht es Menschen besonders mit

Vermittlungshemnissen, unter realen Bedingungen und durch sinnvolle Beschäftigung ihre

Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern.

Jeder ist gleich

Das Soziallkaufhaus „Brauchbar“ betreibt als soziale Übungsfirma ein Kaufhaus. Die

Waren und Dienstleistungen stehen besonders bedürftigen Menschen zur Verfügung.

Niemand wird davon ausgeschlossen. Und niemand muss sich hier als Mensch 2. Klasse

fühlen.

69

Uns leitet ein solidarisches Miteinander

Wir setzen uns dafür ein, Langzeitarbeitslose, Kranke, Behinderte und andere

Benachteiligte aus der Stigmatisierung in die soziale Obhut der Gesellschaft zu führen und

ein solidarisches Miteinander zu fördern.

Wir verbinden

Das Sozialkaufhaus „Brauchbar“ ist der Ort, an dem Käufer und Spender, Angestellter und

Ehrenamtlicher, junger und alter Mensch unterschiedlichster Herkunft, Motivation und

sozialer Schicht zum gemeinsamen Ziel zusammenkommen und zusammenarbeiten.

Wir schaffen Werte

Das Soziallkaufhaus „Brauchbar“ wirbt bei Menschen um gut erhaltene, gebrauchte Dinge

und verkauft diese günstig, damit Menschen die in eine wirtschaftliche Not gekommen

sind, Zugang zu Waren bekommen, die sie sich sonst nicht leisten könnten

Brauchbar statt Unbrauchbar in den Müll

Das Soziallkaufhaus „Brauchbar“ gibt guten Gegenständen ein zweites Leben. Brauchbare

Dinge werden nicht vernichtet, sondern gelangen über die Sachspende in das Kaufhaus,

werden ggf. repariert und verschönert und gelangen dann in einen neuen Lebenszyklus.

Über die Spende schaffen wir soziale Bindungen zwischen Menschen.

Finanzielle Freiheit für eine soziale Gerechtigkeit

Das Soziallkaufhaus „Brauchbar“ verdient Geld, um Gutes zu tun. Wir wollen beweisen,

dass man soziale Ziele mit unserem Kaufhaus erreichen kann.

9.2.3. Arbeitsbereiche im Sozialkaufhaus „Brauchbar“ Burg

Abbildung 24 Sozialkaufhaus "Brauchbar" Burg Arbeitsbereiche, eigene Darstellung

Das Sozialkaufhaus Burg wird durch eine Person geleitet. Ansonsten teilt es sich in fünf

Arbeitsbereiche auf, die ähnlich funktionieren, jedoch unterschiedliche Anforderungen

70

bereithalten. Somit können Menschen mit unterschiedlichen körperlichen, geistigen und

psychischen Kompetenzen und Ressourcen im Kaufhaus beschäftigt werden. Es bestehen

zwei Verkaufsflächen, eine 1600 qm große Fläche, in der Möbel und Bücher verkauft

werden. Und ein Kleiderladen, ca. 100 qm, in dem Kleidung erworben werden kann.

Das Team Organisation ist verantwortlich für die Transportplanung, die Verteilung des

Personals auf den Fahrzeugen. Es geht hier besonders um Koordination, um

Dispatcheraufgaben und um die tägliche Abrechnung der Tageseinnahmen und

Ausgaben.

Die Männer des Transportteams liefern die gekauften Waren aus, bzw. holen gespendete

Waren ab, machen Besichtigungen bei Haushaltsauflösungen, Umzügen und begutachten

als erstes die Ware. Sie sind die ersten oder die letzten Personen, die ein Kunde sieht und

haben die wichtige Aufgabe seriös, freundlich und professionell aufzutreten.

Die restlichen Arbeitsbereiche Möbel und Co., Kleidung, Antiquariat funktionieren ähnlich.

Die Ware kommt in das Sozialkaufhaus, die Mitarbeiter begutachten diese, säubern,

bessern aus, reparieren, waschen, dekorieren die Ware und zuletzt wird ein Preis

festgelegt. Die Leitung des Kaufhauses hat pädagogische Aufgaben, sie ist für die

sozialen Probleme der Mitarbeiter und der Kunden zuständig. Sie soll bei den

Arbeitsabläufen unterstützend einwirken und sie besitzt eine Kontrollfunktion. Die Leitung

kümmert sich um Fundraisingaufgaben, sie setzt sich in Verbindung mit Ämtern und

anderen sozialen Einrichtungen und ist das Bindeglied zwischen Vereinsvorstand und

Sozialkaufhaus.

9.3. Kundenbefragung 2013 im Sozialkaufhaus „Brauchbar“ Burg

Im März 2013 wurde in Vorbereitung auf diese Arbeit, eine Befragung der

Kundenzufriedenheit in den Sozialkaufhäusern durchgeführt. Vom 01.03.13-01.04.13

konnten die Besucher des Kaufhauses Burg und Stendal anonym einen Fragebogen

ausfüllen und in einen Briefkasten werfen. In Burg beantworteten 199 Menschen den

Fragebogen. Unter Anderem wurden Fragen nach der Trägerschaft des Kaufhauses, den

Zugängen zum Kaufhaus, Gründe für den Besuch und Häufigkeiten und natürlich nach

Qualität, Sauberkeit, Freundlichkeit, Preis-Leistungsverhältnis und Wünsche der Kunden

gestellt. Eine Zusammenfassung der Kundenbefragung ist hier nachzulesen, die

Diagramme finden sich im Anhang.

Äußerst positiv bewertet wurden von den Kunden die Qualität der Ware, die Sauberkeit

und die Ausgestaltung der Ladenflächen. Einen besonders hohen Stellenwert hatten die

Serviceleistungen bei den Besuchern, also die Auslieferung, das Aufstellen von Möbeln

und die Kundenbetreuung, 94,9% bewerteten diese Leistung als Positiv. Ebenso gut

71

wurde die Kundenfreundlichkeit bewertet (95%) und selbst beim Preis-Leistungsverhältnis

schätzen 81,6% dies als gerecht ein und nur 3,5% als unstimmig.

Bei den Zugängen zum Sozialkaufhaus wird die enorme Macht der Mund zu Mund

Kommunikation deutlich, 39,5% der Besucher kamen auf Empfehlung in das

Sozialkaufhaus Burg. Ein ebenso überraschendes Ergebnis sind die 36,9% der Kunden,

die aufgrund der günstigen Lage, also Laufkundschaft, den Weg in das Kaufhaus

gefunden haben. Interessant ist, dass Niemand Informationen aus dem Internet

genommen hatte. Zu dem Zeitpunkt war die Internetseite noch im Aufbau.

Als Grund für den Besuch nannte über die Hälfte (51%) der Besucher ein Interesse am

Warenangebot des Kaufhauses und knapp 34% der Menschen kamen aus finanziellen

Gründen. Vergleicht man nun diese Zahlen mit den Hauptkundensegmenten des

Sozialkaufhauses (Kapitel 10.1.) werden zwei Punkte recht deutlich. Zum einen braucht

das Jerichower Land ein Kaufhaus dieser Art, das bedürftige Menschen anspricht und

versorgt und zum Anderen sind das erste Mal 2013 die Rentner die Hauptkunden im

Sozialkaufhaus. Damit ist das Kaufhaus ein Gradmesser unserer Gesellschaft.

59,6 % der Besucher kommen wöchentlich in das Kaufhaus und können als

Stammkundschaft bezeichnet werden.

Negativ ist die unzureichende Bekanntheit des Trägervereins „Aufbruch“e.V. Knapp 75%

kennen den Verein nicht. Ähnliches ist aus Stendal zu berichten. Zudem wird deutlich,

dass das Sozialkaufhaus Burg auf die Warenangebote und den „Rund-um Service“

reduziert wird und nur zwei Personen von den weiteren sozialen Dienstleistungen des

Vereins wussten. Hier ist in Zukunft eine bessere Kommunikationspolitik gegenüber den

Kunden aber auch den Mitarbeitern zu gestalten.

Bei den Wünschen an das Kaufhaus wird eines recht deutlich, das Sozialkaufhaus Burg

kann ein sozialer Treffpunkt werden und dies wird von den Kunden gewünscht (13,6%).

Vom Mittagsangebot (18,6%) über den Jobfinder (10,4%) bis hin zur psychosozialen und

sozialen Betreuung (je 10%) werden Wünsche geäußert und sind ein deutlicher

Fingerzeig, neben dem Tagesgeschäft Möbel und Co., die soziale Komponente weiter zu

fördern.

9.4. Umweltanalyse für das Sozialkaufhaus „Brauchbar“ Burg

Jerichower Land

Politisch ist die CDU die stärkste Fraktion im Kreistag des Landkreises, vor der SPD und

den Linken. Dies ist seit der politischen Wende so. Die Geschäftsführer der beiden

stärksten Konkurrenten, der Diakonie und des DRK, sind im Kreistag vertreten.

72

Die Einwohnerentwicklung des Landkreises Jerichower Land ist stark rückläufig. Die Stadt

Burg ist Zentrum eines äußerst dünn besiedelten ländlichen Raums mit einer deutlich

negativen Bevölkerungsentwicklung.

Abbildung 25 Sitzverteilung seit 2007 Kreistag Jerichower Land , Quelle http://v.gd/NseWh9 letzter Zugriff 30.12.13, 15:45 Uhr

Lebten 1990 noch 108.183 Menschen im Landkreis, so verringerte sich diese Zahl bis

heute auf 92.367 Menschen (Vgl. http://v.gd/qVRksB, letzter Zugriff 30.12.13, 16:03 Uhr).

Die Prognose für das Jerichower Land bis in das Jahr 2025 sieht einen weiteren Verlust

vor. Demnach würden 2025 nur noch 76.762 Personen im Landkreis leben. Interessant ist

der Blick auf die jetzige und zukünftige Altersstruktur. Während die 20-65jährigen, von

61,8% (2013) auf 52,6% im Jahr 2025 der Gesamtbevölkerungszahl Jerichower Land

sinken, wächst die Anzahl der über 65jährigen im selben Zeitraum von 22,8% auf 33,1%

(Vgl. http://v.gd/kJZcwT, letzter Zugriff 30.12.13, 14:35 Uhr).

Dies bedeutet, aufgrund des demografischen Wandels und der anhaltenden

Wanderungsbewegung von gut ausgebildeten jungen Menschen, wird in Zukunft eine

alternde Gesellschaft im Jerichower Land vorzufinden sein.

Die Arbeitslosigkeit ist im November 2013 geringfügig gestiegen, und zwar um 7 auf 4.353

Personen. Die Arbeitslosenquote auf Basis aller zivilen Erwerbspersonen betrug im

November 2013 8,9%; vor einem Jahr hatte sie sich auf 9,3% belaufen.

Im Rechtskreis SGB III lag die Arbeitslosigkeit bei 1.350. Die anteilige SGB III-

Arbeitslosenquote lag bei 2,8%. Im Rechtskreis SGB II gab es 3.003 Arbeitslose. Die

anteilige SGB II-Arbeitslosenquote betrug 6,1%. (Vgl. http://v.gd/P5ekqW, letzter Zugriff

29.12.13 16:03 Uhr). Interessant ist, dass ca. 40% der Arbeitslosen langzeitarbeitslose

Menschen sind und 42% über 50 Lebensjahre.

Diese Erkenntnisse müssen Auswirkungen auf das Leistungsangebot, die Kommunikation

und besonders die Distributionspolitik des Sozialkaufhauses Burg haben.

73

Burg

Politisch ist die CDU im Stadtrat die dominierende Kraft vor der SPD und den Linken. Der

Vorsitzende der CDU Stadtratsfraktion ist zudem Geschäftsführer des DRK.

Abbildung 26 Stadtrat Burg, Quelle http://www.stadt-burg.de/cms/Stadtrat.html, letzter Zugriff 10.01.14, 12:32 Uhr

Durch den Zusammenbruch eines Großteils der lokalen Wirtschaft im Zuge der Deutsch-

Deutschen-Vereinigung 1989, begann für die Industriestadt Burg ein grundhafter

struktureller Wandel. Über 80 % der industriellen Arbeitsplätze der Stadt gingen nach 1990

verloren. Die Arbeitslosenquote stieg nach der Wende auf über 20 %. Traditionelle

Industrie und Gewerbe wie die VEB Schuhfabrik „Roter Stern“ als größter Industriebetrieb,

VEB Bekleidungswerk Burg, VEB Walzwerk „Hermann Matern“ oder VEB

Holverarbeitungswerk und der VEB Maschinenbau Burg fielen in weiten Teilen

auseinander. Heute 2012 hat sich die Beschäftigungslosigkeit unter Anderem durch den

demografischen Wandel und die Ansiedlung neuer Unternehmen verbessert und stagniert

seit 2008 bei ca. 9 %. Die größten Arbeitgeber der Stadt sind die Burger Knäcke GmbH &

Co. KG, die Burger Küchen GmbH und HASA GmbH (Vgl. Wirtschaftsspiegel 2011).

Abbildung 27 Anzahl der Hilfeempfänger nach SGB II Jerichower Land,

74

Abbildung 28 zeigt die Anzahl der erwerbsfähigen Hilfeempfänger nach dem SGB II und

die regionale Aufteilung der Hauptkundengruppe des Sozialkaufhauses „Brauchbar“.

Demnach lebt um die Stadt Burg und Genthin der Großteil des Kundensegmentes. Dies

hat strategische Bedeutung, in beiden Städten arbeitet der Verein und bietet seine

sozialen Leistungen unter einer sehr großen Konkurrenzdichte an. Dies bedeutet in Bezug

auf das Angebot, Qualität und Zusatzleistungen muss das Sozialkaufhaus „Brauchbar“ von

seinen Mitstreitern abheben, um Erfolg zu haben. Auf der anderen Seite ist eine

Unterversorgung der Kreise Möckern, Gommern und Teile um die Stadt Tuchheim zu

erkennen. Hier ist zudem eine äußerst schlechte öffentliche Verkehrsanbindung zu

beklagen, besonders um Möckern, sind sämtliche Zugverbindungen abgeschafft und die

Busverbindung auf ein Minimum gekürzt worden.

Für das Marketing des Sozialkaufhauses haben diese Erkenntnisse einige Auswirkungen.

Kommunikationspolitik

Halbjährliche Flyerverteilung in den größten Kommunen und an öffentlichen

Plätzen des Jerichower Landes (Rathaus, Bürgerhaus),

Presseartikel 2-4 mal im Jahr

Mitarbeiter auf besondere Leistungsinhalte hinweisen (Realisierung von

Anlieferung, Aufbau, Service)

Arbeitsbereiche für Langzeitarbeitslose und Ü 50 Menschen publizieren

Leistungspolitik

Leistungsspektrum anpassen

Soziale Angebote besonders für Langzeitarbeitslose und über 50 Jährige

Zusatzleistungen anbieten (Transport, Aufbau und Abholung von Ware)

Wartezeiten verkürzen

Distributionpolitik

Schneller zeitnaher Transport

Lagerung von gekaufter Ware bis zu einem bestimmten Zeitrahmen max. 1 Woche

Preispolitik

Feste Preisfestlegung bei Anlieferung, Umzugsfahrten, Haushaltsauflösungen

75

9.5. Konkurrenzanalyse für das Sozialkaufhaus „Brauchbar“ Burg

Abbildung 29 zeigt die Ballung von unterschiedlichen Wettbewerbern. Die

vorherrschenden Mitspieler auf dem

Abbildung 28 Konkurrenzanalyse und Einwohnerzahlen Jerichower Land

Gebiet des Sozialkaufhauses sind das DRK und die Diakonie und unter den gewerblichen

Unternehmen die Firma Möbelwert in Burg. Im Folgenden werden die etabliertesten

Wettbewerber kurz beschrieben.

DRK-Suchtkurve e.V.

Das DRK Magdeburg/Jerichower Land als Wohlfahrtsverband ist in verschiedenen

Arbeitsfeldern tätig. Seit 1993 auch in der Suchthilfe unter dem Namen DRK Suchtkurve

e.V.. In der Stadt Möckern wurde ein betreutes Wohnen für Suchtkranke aufgebaut. Hier

leben ca. 25 Menschen. Die DRK Suchtkurve hat hierzu von der Stadt Möckern ein ca.

4000qm großes Areal gekauft und betreibt auf diesem, neben dem betreuten Wohnen,

eine Holzwerkstatt, einen kleinen Bauernhof und eine Möbelloby im Gewerbegebiet der

Stadt Möckern. Auf ca. 600qm werden gespendete Möbel, Bücher, Kleidung verkauft und

auch ausgeliefert. Hauptkundenstamm sind ALG II Empfänger. Die Verkaufsfläche ist eine

alte unsanierte Getreidelagerhalle mit zum Teil zerstörtem Dach. Die Möbel werden nur

bei starker Verschmutzung gereinigt, die Kleidung kann nicht gewaschen werden, da keine

Waschmaschine vorhanden ist. Zur Auslieferung der Ware steht der DRK Suchtkurve e.V.

ein Transporter zur Verfügung. Hinzu kommt die Förderung von 10 Arbeitskräften, die

nach § 16 SGB II vom Jobcenter Burg gefördert werden. Es gibt einen hauptamtlichen

76

Mitarbeiter. Öffnungszeiten Montag bis Freitag von 8-14 Uhr. Das DRK hat zudem „Die

Tafel“ in den Räumen des betreuten Wohnens Möckern.

In Burg entstand eine Tagesstätte für Suchtkranke mit Café, Töpferei und kleinen

Arbeitsangelegenheiten, die besonders auf eine Tagesstrukturierung angelegt sind. Des

Weiteren besteht in Burg ein Ableger der Möbelloby Möckern. Auf ca. 200qm werden

Möbel, Schallplatten, Bücher verkauft. Es gibt keinen Transporter, dieser wird in

Absprache mit den Kollegen in Möckern ausgeliehen. Standort für die Möbelloby Burg ist

am Rande der Stadt auf einem DRK Grundstück. Öffnungszeiten sind von Montag bis

Donnerstag von 10-14 Uhr, am Freitag von 10-12 Uhr.

Die Preise in beiden Standorten ähneln dem des Sozialkaufhauses, es werden keine

Garantien geboten. Umzüge oder Haushaltsauflösungen sind realisierbar, jedoch müssen

zusätzliche Fahrzeuge angemietet werden. Zudem gibt es nur 2 Fahrer für den gesamten

Verein und der Großteil der Beschäftigten sind über 50 Jahre alt und haben diverse

gesundheitliche Probleme, oft aufgrund ihrer langjährigen Suchterkrankungen. Soziale

Hilfen (Ausfüllhilfen etc.) werden nur den Mitarbeitern und den Bewohnern des betreuten

Wohnens angeboten.

Die Internetseite ist 2009 das letzte Mal aktualisiert worden und schwer zu finden.

Auswirkungen auf die Kundensegmente, Umsatzquellen und „Gewinnspannen“ des

Sozialkaufhauses Burg

Abbildung 29 Entfernungen und Konkurrenzanalyse

Die DRK Suchtkurve e.V. hat sich in der Städten Möckern und Burg besonders in den

ersten Jahren ihres Bestehens eine sehr starke politische Lobby und eine positive

77

Außenwirkung bei der Bevölkerung erarbeitet. Dies kommt unter Anderem durch den DRK

Landesverband, der im Jerichower Land in allen wichtigen politischen Gremien vertreten

ist und in dem sehr viele Kommunal- und Landespolitiker aus der CDU Mitglied sind. Dies

hat Auswirkungen auf die öffentliche Förderung der Suchtkurve, die als positiv zu

bewerten ist. Ein Kommunikationspolitischer Vorteil ist der Name Suchtkurve, der in der

Bevölkerung als Sinnbild für Suchtarbeit steht. Das Sozialkaufhaus Burg wird zudem oft

mit dem DRK verwechselt. In der Gemeinde Möckern hat die Suchtkurve ein Monopol in

der Arbeit mit Suchtkranken und ein Alleinstellungsmerkmal beim Verkauf von

gespendeten Gegenständen.

Abbildung 30 zeigt zudem die strategisch günstige Lage der Möbelloby Möckern und die

sehr großen Entfernungen, die das Sozialkaufhaus „Brauchbar“ zurücklegen muss, um

verkaufte Ware in diesem Gebiet an den Kunden zu liefern. Vorteilhaft für das

Sozialkaufhaus sind die Randlagen der Möbelloby, besonders in Burg und die als schlecht

einzuschätzende Ausstattung der Verkaufsflächen. Hinzu kommen die Öffnungszeiten, die

es Kunden nicht erlaubt, zu späteren Zeiten die Angebote der Suchtkurve in Anspruch zu

nehmen.

Diakonie Jerichower Land

Die Diakonie Jerichower Land hat verschiedene soziale Angebote unter einem Dach in

Burg und ist Besitzer dieses Areals. Darunter zählen die Schuldnerberatung, das Haus der

Wohnungslosen, die Tafel, eine Kleiderkammer, ein Theater, ehrenamtliche Amtshelfer,

jugendspezifische Projekte und ein Möbellager. Das Möbellager besteht aus einem Raum

ca. 150 qm groß ohne Fenster. Angeboten werden gespendet Möbel, Bücher und

Kleidung. Die gesamte Diakonie hat 2 Transporter und 2 Fahrer, die neben den

Abholungen für die Tafel, die gespendeten Möbel entgegennehmen und ausliefern. Die

Auslieferung geschieht nur bis zur Haustür, da keine weiteren personellen Ressourcen für

das Möbellager vorgesehen sind. Haushaltsauflösungen und Umzüge werden nicht

angeboten. Die Möbel werden zum Teil nicht aufgebaut (Platzmangel) und liegen im

unteren Preissegment. Es werden keine Garantien geboten. Kleidung kann gewaschen

werden.

Ein ähnliches Angebot ist in Genthin angesiedelt. Die Diakonie ist im gesamten Jerichower

Land in sämtlichen politischen Gremien durch Mitglieder vertreten und hat zudem als

Wohlfahrtsverband eine große Lobby bei der Bevölkerung und auch Großspendern.

Medial ist die gesamte Diakonie sehr häufig mit ihren Angeboten in der regionalen Zeitung,

besonders vor Feiertagen ist eine Fokussierung auf die Diakonie, zu bemerken.

Hauptkunden sind ALG II Empfänger, Rentner, Sozialhilfeempfänger.

78

Auswirkungen auf die Kundensegmente, Umsatzquellen und „Gewinnspannen“ des

Sozialkaufhauses

Großer Vorteil der Diakonie ist die soziale Angebotsvielfalt des Wohlfahrtsvereins. Wer

Hilfe benötigt, kann mehrere Probleme lösen ohne das Diakoniegelände zu verlassen. Es

sind sieben Sozialpädagogen angestellt und es mangelt auch nicht an geförderten Stellen

nach §16 SGB II. Dies hat die Diakonie besonders den gewachsenen, politischen

Strukturen und der gut funktionierenden Lobbyarbeit zu verdanken. Der Geschäftsführer

war Spitzenpolitiker in der Kommunalpolitik. Der gute Ruf der Diakonie führt zudem dazu,

dass gerade die großen Firmen aus der Umgebung Burgs sehr häufig finanzielle

Unterstützung geben. Das kleine Möbellager hinkt allerdings seinen Möglichkeiten

hinterher, es wird ihm, weder von der eigenen Organisation, noch von den potentiellen

Kunden kein großer Wert zugemessen. Qualität der Ware, Service, Größe und

Ausstattung des Verkaufsraumes und des Personals sind eher negativ zu bewerten. Mit

Blick in die Zukunft und besonders durch die finanzielle Ausstattung des

Wohlfahrtsverbandes, muss das Sozialkaufhaus die Lage weiter beobachten und seine

Angebote danach ausrichten. Kommunikationspolitisch braucht die Diakonie kaum etwas

zu machen, jegliche regionalen Medien sind präsent. Eine Internetseite besteht und ist

leicht zu bedienen. Dies geschieht zentral von Magdeburg aus. Großer Vorteil ist das

Eigentum der Diakonie, sie muss keine Miete zahlen und hat zudem einige Objekte in

Burg und Umgebung, die vermietet werden.

Firma Möbelwert

Die Firma Möbelwert ist seit 1994 ein An- und Verkaufsgeschäft mit 3 Arbeitsbereichen.

Neben dem Ankauf von einwandfreier Ware und dem Verkauf dieser, bietet Möbelwert

eine Anhängervermietung und die Übernahme von Umzügen und Haushaltsauflösungen.

Die Kunden bekommen Geld für gute Ware, die Preise der Möbel liegen im Durchschnitt

30% über den Sozialkaufhauspreisen. Die Öffnungszeiten sind Montag-Freitag 8-18 Uhr

und Samstag 8-12 Uhr. Möbelwert verkauft seine Ware auf einer ca.200qm sehr

ordentlichen, sauberen und eigenen Verkaufsfläche ohne Miete. Die Qualität der Ware ist

gut. Haushaltsauflösungen und Umzüge können gleich mit den Anhängern der Firma

durchgeführt werden. Drei Angestellte können hierfür angemietet werden. Die Preise der

Haushaltsauflösungen und Umzüge orientieren sich an den Preisen des Sozialkaufhauses.

Möbelwert liegt direkt an der Bundesstraße 1 und ist recht schlecht erreichbar. Als Kunden

werden alle Menschen angesprochen. Soziale Dienstleistungen gibt es nicht.

Übersichtliche, etwas altmodische Internetseite.

79

Auswirkungen auf die Kundensegmente, Umsatzquellen und „Gewinnspannen“ des

Sozialkaufhauses Burg

Mit der Firma „Möbelwert“ kommt ein gewerblicher Mitstreiter in das Möbelgeschäft, der

allerdings ein größeres Kundensegment bedienen muss und kann. Möbelwert hat den

Vorteil an alle Kundensegmente verkaufen zu können, da die Firma nicht gemeinnützig ist.

Nachteil ist natürlich die Steuerbelastung der Firma. Von der Ausstattung (Fahrzeuge,

Anhänger, Kran) ist sie dem Sozialkaufhaus weit überlegen. Bei der Qualität der Waren

und der Präsentation ähneln sich beide Einrichtungen. Einen Unterschied gibt es beim

Preis, hier ist das Sozialkaufhaus um einiges billiger. Auch nimmt Möbelwert nur

ausgewählte Möbel und Einrichtungsgegenstände, das Sozialkaufhaus versucht alles zu

verwerten. Bei der Preisgestaltung für Umzüge und Haushaltsauflösungen orientiert sich

die Firma tatsächlich an den Preisen des Sozialkaufhauses und versucht dann diesen

Preis nochmals zu unterbieten. Die Lage ist als recht mühsam für Kunden anzusehen, von

der B1 abzufahren. Es wird kaum Laufkundschaft geben, da Möbelwert außerhalb von

Burg liegt. Vorteil ist, dass Geld von der Firma bezahlt wird, wenn ein gutes Möbelstück in

das Geschäft gelangt.

10. Marketing und Geschäftsfeldanalyse des Sozialkaufhauses „Brauchbar“

Burg

10.1. Kundensegmente des Sozialkaufhauses „Brauchbar“ Burg

Für wen schöpfen wir Wert? Wer sind unsere wichtigsten Kunden?

Hauptkunden sind nach statistischer Erhebung des Sozialkaufhauses (Stand Januar 2013)

vor allem Arbeitslose nach dem SGB II, welche im Gesamtjahr 2012 ca. 40 % der Kunden

ausmachten und Rentner mit 37%. Interessant wird der Blick auf das Jahr 2013, seit Mitte

des Jahres sind Rentner die Hauptbesucher des Sozialkaufhauses in Burg.

Abbildung 30 Sozialkaufhaus "Brauchbar" Burg Kundenzahlen 2012, eigene Darstellung

N 22096

80

Angesprochen werden zudem potentielle Spender, Ämter und Behörden und verschiedene

soziale Einrichtungen, wie die Drogen- und Suchtberatung Burg und die Bewährungshilfe

Magdeburg. Zudem wird ein besonderes Augenmerk auf die Mitarbeiter, egal ob

ehrenamtlich oder fest angestellt, gelegt.

10.2. Leistungspolitik Wertangebote des Sozialkaufhauses „Brauchbar“ Burg

Welchen Nutzen/Wert bringen wir dem Kunden?

Welche Kundenprobleme lösen wir mit unserem Angebot?

Welche Kundenbedürfnisse helfen wir zu erfüllen?

Hauptkunden

Hauptaugenmerk liegt bei der Unterstützung von einkommensschwachen Haushalten mit

kostengünstiger und qualitativ guter Second Hand Ware. Diese wird schnell und für einen

niedrigen Preis, anonym angeliefert und bei Bedarf aufgebaut (Möbel). Sinn ist es zudem,

in den Verkaufsräumen eine Atmosphäre zu schaffen, die es dem potentiellen Kunden

erlaubt, sich als wahrgenommener, wertvoller Mensch zu fühlen. Dazu sind die

Verkaufsräume hell beleuchtet, die Ware gesäubert und in guter Qualität und alle

Mitarbeiter angehalten im Umgang mit den Besuchern einen freundlichen und hilfsbereiten

Umgang zu pflegen. Es werden Garantieleistungen angeboten.

Ein weiteres Angebot besteht darin, das Sozialkaufhaus als Soziales Zentrum zu

verstehen, indem z.B. Rentnern und Menschen mit Hilfebedarf Unterstützung in

verschiedenen Lebenslagen angeboten wird z.B. Ausfüllhilfen bei Anträgen,

Behördengänge. Die leitenden Mitarbeiter fungieren in dieser Beziehung als Sozialer

Wegweiser (Wer hilft wo?) und vermitteln bei speziellen Problemlagen in andere soziale

Hilfsangebote z.B. in die Schuldner- oder Suchtberatung. Auf Wunsch des Kunden werden

erste Termine vereinbart und anfänglich begleitet.

Wertangebot für Spender

Das Sozialkaufhaus „Brauchbar“ lebt von gespendeten Artikeln. Dem Spender wird

versucht Arbeit und Zeit abzunehmen, indem die Spenden bei Bedarf kostenlos abgeholt

werden. Möbel werden von den Mitarbeitern abgebaut und sorgfältig abtransportiert. Es

werden Spendenquittungen ausgestellt.

Eine Besonderheit ist die schnelle und flexible Bearbeitung bei Haushaltsauflösungen.

Nach Absprache werden die Objekte besenrein übergeben.

Wertangebot für Ämter/andere soziale Einrichtungen

Eine Wertschöpfung ergibt sich in Zusammenarbeit mit dem Sozialkaufhaus Burg für das

Jobcenter Jerichower Land, der Suchtberatung Burg, der Bewährungshilfe Magdeburg

81

anderen Sozialen Trägern und den unterschiedlichen Selbsthilfegruppen (Depression,

Sucht, Angst und Panik) im Jerichower Land.

Für das Jobcenter Jerichower Land ist das Sozialkaufhaus „Brauchbar“ ein idealer

Anlaufpunkt, wenn es darum geht schwervermittelbaren, oftmals suchtkranken

Arbeitslosen eine sinnvolle Tagesstruktur in den verschiedenen Arbeitsbereichen des

Kaufhauses unter realen Bedingungen anbieten zu können. Allerdings findet keine

Förderung durch das Jobcenter statt, sondern den Betroffenen wird eine freiwillige

Mitarbeit im Kaufhaus angeboten.

Für den Arbeitgeberservice des Arbeitsamtes ist das Kaufhaus in den letzten Jahren zu

einem Abnehmer von Langzeitarbeitslosen geworden, die fest eingestellt worden.

Für die Suchtberatungsstelle des Paritätischen in Burg sind die Angebote des

Sozialkaufhauses interessant, da hier ganz bewusst Klienten in den Arbeitsprozess

gebracht werden können, um Ressourcen und Fähigkeiten der Menschen herauszufiltern,

aber diese auch Grenzerfahrungen machen zu lassen. Zudem bietet das Sozialkaufhaus

einen zuverlässigen Fahrdienst zu Entgiftungen und Langzeittherapien an. Eine

Besonderheit ist, dass der Träger des Sozialkaufhauses, als Förderverein für die

Suchtberatungsstellen in Burg, Genthin und Haldensleben auftritt.

Für die Bewährungshilfe ist das Kaufhaus ein Abnehmer von Menschen die Strafstunden

aufgrund eines Gerichtbeschlusses ableisten müssen.

Weitere Angebote sind:

Praktikumsstelle für Förderschulen und Bildungsträger

Fahrdienst für Suchtberatungsstelle Burg (Klinikfahrten)

Kaum Kosten für Ämter

Hilfen aus einer Hand

Wertangebot für Mitarbeiter

Für die Mitarbeiter des Sozialkaufhauses wird eine Unterstützung bei der Überwindung

sozialer, gesundheitlicher Schwierigkeiten und Verbesserung der Lebenskompetenzen

angeboten. Ziel ist eine individuelle psycho-soziale Stabilisierung und die Förderung der

Eingliederung in den regulären Arbeitsmarkt, die Herstellung der Ausbildungsfähigkeit und

Qualifizierung. Da der Suchthilfeverein „Aufbruch“ e.V. besonders mit Suchtkranken und

Gefährdeten arbeitet, soll es für die Mitarbeiter eine Auseinandersetzung mit der

Suchtproblematik am Arbeitsplatz und ggf. der Entwicklung von Krankheitseinsicht sowie

einer evtl. Veränderungsbereitschaft gehen. Dabei ist die zentrale Ausrichtung die

82

Verhinderung bzw. Verringerung von schweren körperlichen und sozialen Folgeschäden

und bei abstinenter Lebensweise, eine Stabilisierung und Festigung dieser Abstinenz.

10.3. Kommunikationspolitik und Distributionspolitik - Kanäle des

Sozialkaufhauses „Brauchbar“ Burg

Auf welchem Weg/durch welche Kanäle wollen unsere Kunden von uns kontaktiert

werden?

Die Aufmerksamkeit auf die Angebote des Sozialkaufhauses „Brauchbar“ Burg geschehen

über

Flyer - unregelmäßige Verteilung in Ämtern und sozialen Einrichtungen

Mund zu Mund Kommunikation

Zeitungswerbung - bei Bedarf in regionalen Medien

Zeitungsartikel - bei Bedarf und abhängig von regionalen Medien

Jährliche Kinderfeste, Sommerfeste

Internetpräsens seit Oktober 2013

Vorträge in der Hochschule Magdeburg jedes Jahr zu Semesterbeginn

Zudem wurde im März 2013 eine Bewertung über die Angebote und Dienstleistungen des

Kaufhauses durchgeführt, die verkürzt in dieser Arbeit zu finden ist (Kapitel 9.3.)

Der Kauf oder die Nutzung von Angeboten und Dienstleistungen des Sozialkaufhauses

Burg werden realisiert über zwei Filialen in Burg, die am Anfang der Einkaufsstraße von

Burg liegen. Zudem sind das Jobcenter und das örtliche Arbeitsamt nur 400m vom

Kaufhaus entfernt. Andere soziale Einrichtungen, wie z.B. die Drogen- und Suchtberatung

sind zu Fuß zu erreichen und im Falle der Suchtberatung Burg ab Februar 2014 unter

einem Dach. Dies ist eine strategische Entscheidung der Vereinsleitung, zu der auch der

Suchtberatungsstellenleiter gehört, um die enge Zusammenarbeit auszubauen und den

sozialpädagogischen Aspekt des Kaufhauses zu intensivieren.

Wichtiger Bestandteil des Sozialkaufhauses Burg ist die Kundenbetreuung nach dem Kauf

der Ware oder nach Nutzung der Dienstleistung. Dies geschieht über

Kommunikation über weitergehende Hilfen

Garantie bei defekter Ware

10.4. Kundenbeziehung des Sozialkaufhauses „Brauchbar“ Burg

Welche Art von Beziehung erwarten die einzelnen Zielgruppen?

Welche davon haben wir bereits aufgebaut?

83

Persönliche Unterstützung

Zu verweisen ist bei der Frage der Kundenbeziehung auf das erst 2013 auf Papier

gebrachte Leitbild. In der direkten Beziehung zwischen dem Personal der einzelnen

Arbeitsbereiche und den Kunden, Spendern, Besuchern oder den Angestellten von Ämtern

und sozialen Einrichtungen sollen Hürden, Scham und Ausgrenzung abgebaut werden.

Jedem, der das Sozialkaufhaus „Brauchbar“ betritt bzw. jedem Haushalt, welcher z.B. vom

Transportteam betreten wird, sollen Respekt, Anstand und ein freundliches Auftreten

entgegengebracht werden. Dies ist ein laufender Prozess.

Individuelle persönliche Unterstützung

Bei Ratsuchenden bzw. Mitarbeitern mit sozialen, gesundheitlichen Problemen sind

Einzelgespräche mit der Leiterin, dem Sozialpädagogen der Suchtberatung und der

ehrenamtlich arbeitenden Sozialpädagogikstudentin des Kaufhauses angedacht.

Zur individuellen persönlichen Unterstützung gehört auch die Selbstbedienung für Kunden

in den Kostenlosecken des Kaufhauses, in denen es Kleidung und nichtverkäufliche aber

brauchbare Ware zum Mitnehmen gibt. Dies fördert zum einen die Kundenbindung und

unterstützt gerade bei der Kleidung z.B. Obdachlose besonders.

Mitbeteiligung

Kundenwünsche werden über Befragungen und Gespräche, z.B. an der Kasse, eingeholt.

10.5. Preispolitik Einnahmequellen des Sozialkaufhauses „Brauchbar“ Burg

Für welchen Nutzen sind unsere Kunden bereit zu zahlen?

Wofür bezahlen sie aktuell schon?

Wie viel trägt jede der einzelnen Umsatzquellen zum Gesamtumsatz bei?

Bevor auf die Einnahmesituation eingegangen wird, bedarf es einer Erklärung zur

Preisfindung. Diese ist Aufgabe der Mitarbeiter der jeweiligen Bereiche. Ziel ist es, jeden

Mitarbeiter zu befähigen, einen für den Kunden und den Verein sinnvollen Preis für die

Ware zu finden. Anhaltspunkte sind Größe, Qualität, Stil, Zustand und Alter der Waren.

Preisvergleiche in anderen sozialen Einrichtungen und gewerblichen Kaufhäusern sind

erwünscht. Die Leitung des Sozialkaufhauses hat eine Kontrollfunktion und die Aufgabe,

Preise mit den Mitarbeitern ggf. zu korrigieren. Dabei sollte sie die Gesamtsituation des

Vereins im Blick haben und in Absprache mit dem Vorstand reagieren können.

In der Kundenbefragung 2013 wird deutlich, dass 81,6% der Kunden das Preis-

Leistungsverhältnis im Sozialkaufhaus als positiv betrachten und nur 3,5% eine negative

Wertung abgegeben haben.

84

Preisgestaltung

In Vorbereitung auf diese Arbeit wurde eine Arbeitsgruppe bestehend aus dem Vorstand

und der Leitung des Sozialkaufhauses gegründet und das erste Mal seit Bestehen des

Sozialkaufhauses ein Preiskatalog erstellt, der es den Mitarbeitern erlaubt, sich an den

aufgestellten Mindestpreisen zu orientieren und besonders bei Umzügen und

Haushaltsauflösungen eine Richtlinie als Hilfe an der Hand zu haben. Das oben

beschriebene Ziel der Preisfestlegung von Mitarbeitern bleibt bestehen. Diese

Arbeitsgruppe erarbeitete auch die Einnahmesituation und erlaubt sich eine Prognose für

die Zukunft. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass eine korrekte Inventur, ein

Wareneingangs- und Ausgangsbuch bislang fehlt und im Jahr 2014 erstellt werden muss.

Einschätzung der Arbeitsgruppe

Abbildung 31 Sozialkaufhaus "Brauchbar" Burg Einschätzung der Verkaufssegmente, eigene Darstellung

Zur Verdeutlichung, eine genaue Analyse der Zahlen, welche Ware am häufigsten verkauft

wurde, ist aufgrund des einfachen Kassensystems und der bisher nicht vorgenommenen

Wareneingangs- und Ausgangsdokumentation, sowie fehlender Spendenlisten nicht

möglich und ein zu bearbeitender Aspekt für das Jahr 2014. Einzig die Geldspenden, die

Umzugsfahrten und die Abrechnung von Jobcentergutscheinen lassen eine konkrete

Analyse zu.

Aus der erst 2012 erstmalig durchgeführten Einnahme- und Ausgabeanalyse lässt sich

erkennen, dass der Verkauf von Möbeln, Kleidung und die Umzugsfahrten im Jahr 2012

gesteigert wurden und auch in Zukunft als sehr positiv bewertet werden (Abbildung 32).

Gleichzeitig ist die Spendenbereitschaft von Sachmitteln sehr hoch. Negativ bewertet

werden die Fördermittelakquise und die Geldspenden. Einzig die Sparkasse förderte 2012

mit 300€ eine Kinderaktion des Kaufhauses. Insgesamt machen 80% der Einnahmen der

Verkauf der Waren und die Umzugsfahrten etc. aus. 20% der Einnahmen stammen aus

85

Personalförderungen der Rentenversicherungen und den Zuschüssen des Arbeitsamtes

(Abbildung 33).

Abbildung 32 Sozialkaufhaus "Brauchbar" Burg Haupteinnahmequellen 2012, eigene Darstellung

Die Abhängigkeit vom Verkauf wird hier sehr deutlich. Vergleicht man die Einnahme- und

Ausgabensituation des Sozialkaufhauses Burg, kann man von Kostendeckung reden,

ohne viel Rückstellungsmöglichkeiten.

10.6. Kostenstruktur des Sozialkaufhauses „Brauchbar“ Burg

Was sind die größten und wichtigsten Kostenfaktoren in unserem

Geschäftsmodell?

Abbildung 33 Sozialkaufhaus "Brauchbar" Burg Ausgaben 2012, eigene Darstellung

Der größte Kostenfaktor 2012 für das Sozialkaufhaus sind die Personalkosten. 71% der

Ausgaben fallen auf diesen Bereich, gefolgt von den Mieten der beiden Verkaufsflächen.

Zusammen mit den Versicherungen bilden diese drei Bereiche die Fixkosten des

Sozialkaufhauses und liegen bei 84% der Gesamtausgaben Je höher der Fixkostenanteil,

desto unflexibler kann ein Unternehmen auf Krisen reagieren.

86

Die variablen Kosten des Sozialkaufhauses setzen sich zusammen aus Werbung, den

Betriebskosten, Sachkosten (inkl. Ehrenamtsausgaben, Honorare, Förderverein) und den

Fahrtkosten für PKW/LKW und machen 16% der Ausgaben aus.

10.7. Schlüsselressourcen des Sozialkaufhauses „ Brauchbar“ Burg

Welche Schlüsselressourcen brauchen wir, um unseren Kundennutzen

umzusetzen?

Welche Ressourcen erfordern unsere Kundenbeziehungen?

Welche Ressourcen erfordern unsere Erlösquellen?

Physische Ressourcen

Zur Erledigung seiner Aufgaben besitzt das Sozialkaufhaus einen Kleiderladen mit 100qm

und ein Möbelgeschäft mit Bücherecke und Sitzecke von 1600qm Größe. Dazu gehören

ein Lagerraum, eine komplett ausgestattete Werkstatt, ein Waschmaschinenraum mit

Nähgelegenheit zur Ausbesserung von Kleidung, sowie einen kleinen Bürotrakt. Zur

Auslieferung der Möbel und für Umzugszwecke kaufte der Verein einen dafür

ausgerüsteten PKW und einen LKW.

Intellektuelle Ressourcen

Zu den intellektuellen Ressourcen zählen alle Daten die für diese Arbeit gewonnen

worden, z.B. Auswertung der Kundenbefragungen 2013, Konkurrenz- und Umweltanalyse.

Des Weiteren besitzt das Sozialkaufhaus Burg internes Vereinswissen für die

Durchführung des Tagesablaufes aufgrund der Erfahrungen aus den Sozialkaufhäusern

Stendal und Genthin. Ein großer Vorteil ist das Wissen um die Arbeit mit Suchtkranken

oder psychisch Erkrankten, aufgrund der engen Zusammenarbeit mit der Drogen- und

Suchtberatung Burg/Genthin und der Selbsthilfekontaktstelle JL.

Menschliche Ressourcen

Hierzu zählt jegliches Personal im Sozialkaufhaus

Ehrenamt aus Selbsthilfegruppen, besonders aus Sucht- und Depressionsgruppen

Mitarbeiter (hauptamtlich und ehrenamtlich) mit entsprechendem Know–How

(Fahrer, Techniker, Sternekoch, Verkäuferin, Möbelträger, Dispatcher etc.)

Finanzielle Ressourcen

Förderung des Arbeitsamtes bei Einstellung von Mitarbeitern

Förderung des Integrationsamtes bei Einstellung schwerbehinderter Menschen

Eigener Umsatz

87

10.8. Schlüsselpartnerschaften des Sozialkaufhauses „Brauchbar“ Burg

Wer sind unsere Schlüsselpartner?

Wer sind unsere wichtigsten Zulieferer?

Einbindung in den Paritätischen Wohlfahrtsverband

Wie oben beschrieben trat der Verein 1993 in den Paritätischen Wohlfahrtsverband

Sachsen-Anhalt ein.

Die Vorteile in einen Wohlfahrtsverband einzutreten, sind unter anderem:

Beratungs- und Betreuungsfunktion in organisatorischen, fachlichen oder

rechtlichen Belangen

Sozialwirtschaftliche Konzeptberatung

regionale Lobbyarbeit in Politik und Verwaltung

Interessenvertretung und politische Einflussnahme

Zu den beschriebenen positiven Leistungen für den „Aufbruch“ e.V. gibt es noch eine

Besonderheit in der Beziehung Verein und Paritätischer Wohlfahrtsverband. Bis in das

Jahr 1996 war der „Aufbruch e.V.“ Träger der Suchtberatungsstelle im Jerichower Land.

Diese Trägerschaft der Suchtberatungsstellen wurde 1996 im Jerichower Land neu

ausgeschrieben und „Der Paritätische“ erhielt den Zuschlag der Kommune und ist bis

heute 2013 die anerkannte Drogen- und Suchtberatungsstelle (PSW GmbH

Behindertenhilfe) des Jerichower Landes mit zwei Standorten, den Städten Genthin und

Burg. Das wird dann bedeutsam, wenn man sich die Hauptakteure der Beratungsstellen

und des „Aufbruch“ e.V. anschaut. Der Einrichtungsleiter der Drogen- und

Suchtberatungsstellen Burg/Genthin (Paritätischer) ist gleichzeitig Vorstandsvorsitzender

des „Aufbruch“ e.V. und der Beratungsstellenleiter aus der Suchtberatung Burg ist Mitglied

im Vorstand des Vereins.

10.9. Schlüsselaktivitäten des Sozialkaufhauses „Brauchbar“ Burg

Welche Schlüsselaktivitäten erfordern unsere Wertangebote, Vertriebskanäle,

Kundenbeziehungen, Umsatzquellen?

Leistungspolitik

Nach Auswertung der Umweltanalyse, der Kundenbefragung und des eigenen

Geschäftsfeldes ergeben sich hinsichtlich der Leistungspolitik in Bezug auf die

Arbeitsabläufe, den Service, Qualität und der Kundenfreundlichkeit innerhalb des

Kaufhaues kaum Veränderungsbedarfe. Als „Übungsfirma“ mit den Zielen

langzeitarbeitslose Menschen in den Arbeitsprozess zu verhelfen, bedürftigen Menschen

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qualitativ gute Ware zu geringen Preisen zu veräußern, die Umweltressourcen zu

schützen und soziale Einrichtungen und Ämter zu entlasten, gilt es den Status quo zu

halten und einzelne Leistungsvariationen zu organisieren. Hierzu gehört vor allem eine

kosteneffiziente Planung der Touren, aber auch die Möglichkeit des Personals, Aufträge

aufgrund von Nichtleistbarkeit, abzulehnen. Eine Erweiterung der Zielgruppen als

Mitarbeitergewinnung wäre auf dem Gebiet der Inklusion von Menschen mit

Behinderungen denkbar. Erste Gespräche wurden diesbezüglich mit dem Integrationsamt

Magdeburg geführt und ein Praktikant aus den Werkstätten der Lebenshilfe

aufgenommen.

Die angestrebte soziale Komponente im Kaufhaus bedarf jedoch einiger Verbesserungen.

Demnach werden in Zukunft regelmäßige soziale Nachmittage mit unterschiedlichen

Themenfeldern organisiert. Externen Referenten und sozialen Organisationen wird die

Möglichkeit gegeben, hier ihre Bereiche zu bearbeiten und vorzustellen. Erste Gespräche

wurden mit Studenten der Hochschule Magdeburg und Friedensau geführt. Denkbar

wären diese Nachmittage in Richtung soziale Beratung, Rechtsberatung,

Gesundheitsfragen oder Rente. Aber auch freizeitliche Aspekte gerade für die wichtigsten

Kundensegmente z.B. der Rentner sind zu organisieren, z.B. Handarbeitsnachmittage

oder Lesungen. Gerade diese müssen nach außen kommuniziert werden (Internet,

Zeitung).

Zur Leistungspolitik des Sozialkaufhauses gehört auch die Gewinnung von Sponsoren,

Spendern, Ehrenamtsarbeit und Förderungen externer Organisationen (Jobcenter,

Wirtschaftsministerium). Hierzu ist es notwendig sich in Richtung Fundraising besser

aufzustellen und weitere Lobbyarbeit und Imagearbeit, gerade in Bezug auf den

Bekanntheitsgrad des „Aufbruch“ e.V. zu gestalten.

Distributionspolitik und Kommunikationspolitik

Einige Verbesserungen wurden schon in der Umweltanalyse angesprochen. Zentrale

Themen sind die bessere Koordination, sowie die Standardisierung der

Kommunikationspolitik und die Verbesserung der Logistik und Lagerung von Waren. Es

sollte eine Planung und ein Budget für Kommunikationszwecke eingerichtet werden, mit

dem regelmäßig Flyeraktionen, die Organisation von Versteigerungen oder Aktionen, die

Pflege der Internetseite, die regelmäßige Anzeigenwerbung in der regionalen Presse

koordiniert werden könnte. Für Spender muss ein Spendenregister erstellt werden, damit

diese regelmäßig über Aktionen informiert werden können und bei denen regelmäßig

Dankesschreiben eingehen. Auf der Internetseite des Vereins entsteht eine Seite für

Großspender, sowie immer die aktuellsten Vorhaben. Denkbar wäre zudem eine

Ausweitung auf soziale Netzwerke, wie Twitter, Facebook oder Instagram.

89

Kommunikationspolitisch sinnvoll ist die Vorstellung des Kaufhauses in Zusammenhang

mit der Drogen- und Suchtberatung vor Sozialausschüssen, politischen Akteuren und

weiterhin in der Hochschule Magdeburg. Um Kunden noch besser an das Sozialkaufhaus

zu binden, ist eine Sozialkaufhauscard im Gespräch, welche Rabatte und

Vergünstigungen bei Veranstaltungen verspricht.

Distributionspolitisch muss in Zukunft dringend eine Ein- und Ausfuhrstatistik geführt,

sowie die Lagerbestände katalogisiert werden. Über Fördermittelanträge könnte ein

weiterer LKW angeschafft werden, um noch schneller und flexibler die verkauften Waren

an den Kunden zu bringen. Der freundliche, respektvolle Umgang mit Kunden und mit

Mitarbeitern ist eine Schlüsselaktivität, die im Sozialkaufhaus besonders gepflegt wird.

Hierzu ist ein Leitbild erarbeitet worden, das Kunden und Mitarbeitern die Grundsätze der

Arbeit beschreibt. Dieses Leitbild hängt im Sozialkaufhaus aus.

Preispolitik und Kommunikationspolitik

Das System der Übungsfirma greift auch in der Preispolitik und die Mitarbeiter sollen

weiterhin sensibilisiert werden, die Preise zu bestimmen und Verantwortung diesbezüglich

zu übernehmen. Dieser stetige Prozess muss allerdings kontrolliert, intern kommuniziert

und ausgewertet werden. Eine Standardisierung wurde mit der entstandenen Preisliste

erreicht. Die angebotenen sozialen Dienstleistungen sind zurzeit eine weitere Form, eine

Kundenbeziehung aufzubauen oder eine festere Kundenbindung zu erreichen. Denkbar ist

allerdings eine Bezahlung von einigen Dienstleistungen durch die öffentliche Hand. Hierzu

sind Fördermittelanträge zu stellen und Imageaufbau zu steigern

Abbildung 34 Leseecke im Sozialkaufhaus "Brauchbar" Burg

90

11. Anstatt eines Fazit- Die SWOT Analyse für das Sozialkaufaus „Brauchbar“

Burg

Abbildung 35 Sozialkaufhaus „Brauchbar“ Burg SWOT Analyse, eigene Darstellung

Als Chance wird der generell wachsende Markt für soziale Dienstleistungen bewertet, der

sich in den nächsten Jahren gerade in der Beratungsstellenlandschaft Sachsen-Anhalts

verändern wird, hin zur Beratung aus einer Hand. Hier könnten neue und alte

Netzwerkpartner eine gewichtige Rolle für das soziale Zentrum Sozialkaufhaus spielen

und ihre Leistungen anbieten. Zudem werden die noch nicht ausreichend bedienten

Kundensegmente der unter 30jährigen als Mitarbeiter gesehen und die weitere Förderung

der Sozialpädagogikstudentin, zur Absicherung des Arbeitsablaufes im Kaufhaus. Vor

einer großen Herausforderung steht das Sozialkaufhaus bei der Frage der

Kostenreduktion. Eine Strukturierung und Planung von Ausgaben kann Sicherheit in

finanziellen Belangen bringen.

Als Risiken für das Sozialkaufhaus sehen die Verantwortlichen des Vereins neben den

großen konkurrierenden Wohlfahrtsverbänden mit politischer Lobby und ähnlichen

Angeboten, die wachsende Zahl von privatwirtschaftlichen Anbietern. Im Jahr 2012 sind in

der Stadt Burg vier neue An- und Verkaufsgeschäfte entstanden, die den Markt sättigen

und die Konkurrenz zwischen den Anbietern steigern. Zudem ist es bisher nicht gelungen

sozialpädagogisches Personal langfristig an das Sozialkaufhaus zu binden, so dass die

Gefahr besteht, ein reines Kaufhaus zu werden. Bisher übernehmen zwei ehrenamtlich

arbeitende Suchtberater, die sozialen Aufgaben der Sozialkaufhäuser. Problematisch aus

finanzieller Sicht kann der weitere Rückgang der finanziellen Förderungen für Angestellte

werden und muss in die Jahresplanungen übernommen werden.

91

Die zentralen Schwächen bei den Ressourcen des Sozialkaufhauses liegen besonders in

der bisher nicht beachteten betriebswirtschaftlichen Ausrichtung. Zu hohe Sachkosten,

kaum kalkulierbare Einnahmen, unkontrollierte Preisbildungsmechanismen und ineffiziente

Betriebsabläufe sind Zeichen eines fehlenden, transparenten Geschäftsmodells. Hinzu

kommt der Mangel an Arbeitskräften unter 30 Lebensjahren, die belastbar und

leistungsfähig sind.

Demgegenüber stehen die Stärken des Sozialkaufhauses in Burg. Hier sind besonders die

Kundenbeziehungen und die Pflege der Kundensegmente zu beachten. Großer Vorteil ist

die Größe, die Qualität und Sauberkeit der Ware. Die Filialen werden als attraktive

Warenhäuser mit freundlichen Mitarbeitern angenommen, die versuchen jegliche

Probleme zu lösen. Die Schlüsselressourcen besonders im intellektuellen Bereich sind

kaum von anderen Anbietern zu kopieren. Das Sozialkaufhaus als Marke ist in der Stadt

Burg und Umgebung angenommen worden, ohne dass jedoch die Kunden wissen, wer der

Träger ist (Ergebnis Kundenbefragung 2013).

Zur Konkretisierung für z.B. Marketing und Planungsentscheidungen wäre es jetzt sinnvoll

eine SWOT-Matrix zu erstellen, in der Chancen-Risiken und Stärken-Schwächen direkt

gegenüber gestellt und zusammengefasst werden. In dieser Arbeit lassen sich die

Ergebnisse der Matrix unter dem Punkt Aussichten zusammenfassen.

11.1. Aussichten für das Sozialkaufhaus „Brauchbar“ in Burg

Klar wird nach der Auswertung der SWOT-Matrix, dass gerade in Bezug auf ein

verändertes Kundendenken in Richtung Qualität und flexible Problemlösung die

Wertangebote des Sozialkaufhauses auf einem sehr guten Niveau sind und somit den

Anforderungen des sozialen Dienstleistungsmarktes gerecht werden. Diese Qualität sollte

unverändert beibehalten und in einzelnen Arbeitsbereichen erweitert werden. Denkbar

wären die Installation einer kleinen Küche und die Erweiterung des sozialen Angebotes,

wie z.B. eine soziale Beratung in Rechtfragen, Arbeitslosengeldberatung, Bastel- und

Leseabende oder Bewerbungsportale. Dabei ist es notwendig, die Kostenstruktur niedrig

zu halten, dies kann gelingen, wenn eine Fachkraft mit der Fördermittelakquise beauftragt

werden kann und kostenlose Netzwerkpartner eingespannt werden. Mit dem erweiterten

sozialen Angebot würden neue Kunden angesprochen und im besten Falle gewonnen

werden

Große Schwächen hat das Sozialkaufhaus bzw. die Leitung des „Aufbruch“ e.V. bisher im

betriebswirtschaftlichen Handeln, hier liegt das größte Potential des gesamten

Geschäftsmodells. Hier entscheidet sich Marketing, neue Gewinnung von

Kundensegmenten und Ausrichtung am Dienstleistungsmarkt. Mit einem schlüssigen und

92

auch für die Mitarbeiter transparenten Konzept, lassen sich bisher brachliegende

Ressourcen, wie z.B. Fundraising, Crowndfunding etc. verwirklichen. Dazu gehören auch

eine übersichtliche Internetseite und die Nutzung von sozialen Netzwerken, wie Facebook,

Twitter etc., um jungen Menschen das Sozialkaufhaus vorzustellen. Überlegenswert wäre

die Installation eines Geschäftsführers im Gesamtverein des „Aufbruch e.V.“, da die

wachsenden Anforderungen für die ehrenamtlich, agierenden Vorstandsmitglieder zu

Überlastungstendenzen führen und immer häufiger zu endlosen Diskussionen und

Panikreaktionen führen.

Kostenfallen insbesondere im Sachkostenbereich aber auch im Personalbereich können

mit einer Jahreskalkulation minimiert bzw. eliminiert werden.

Als Risiko wurden die potentiellen Mitbewerber aus anderen NPO’ s und gewerbliche An-

und Verkäufe identifiziert, die z.T. über eine sehr hohe Lobby bei Politik und Wirtschaft

verfügen. Der große Vorteil der Schlüsselressourcen und das gute Image der Marke

Sozialkaufhaus bei den Kunden lassen bisher solide Kundenströme zu. Die Aufgabe

besteht jedoch darin die Wettbewerber besser im Blick zu haben, Zeitungsartikel und

Angebote der Konkurrenten zu studieren und gegebenenfalls zu reagieren.

Problematisch ist die Nichtvorhersehbarkeit von Einnahmen gepaart mit der Abhängigkeit

des Sozialkaufhauses von wenigen Einnahmequellen, d.h. es ist kaum zu kalkulieren wie

viel Erträge in den zwei Filialen im Monat gemacht werden können. Zudem ist das

Sozialkaufhaus abhängig von vielen kleinen Sachspendern. Es fehlt bisher eine Fachkraft,

die sich konsequent um neue Einnahmequellen, wie Großspender, Fördermittelfundraising

oder die einfache Spenderpflege kümmert. Hier lohnt sich eine Überlegung. Zu den

Schwächen gehört außerdem eine ineffektive Organisation von Betriebsabläufen und

Preisgestaltungen, auch wenn es zum Konzept gehört, dass Preise von den Mitarbeitern

gestaltet werden, ist eine abschließende Kontrolle der Leitung mit Veränderungsmacht von

Nöten.

Abschließend lässt sich erkennen, dass die Grundidee des Sozialkaufhauses Burg mit

sucht-und psychisch kranken Mitarbeitern eine Übungsfirma aufzubauen und durch die

Übergabe von Verantwortung und Tagesstruktur diese am Laufen zu halten, bisher gelingt.

Das Kaufhaus hebt sich besonders durch Qualität, Zuverlässigkeit und Berücksichtigung

von Kundenwünschen von seinen Konkurrenten ab. Die Anforderungen wachsen jedoch

und gerade weil die Geschicke des Vereins immer noch von ehrenamtlichen Mitgliedern

geleitet werden, bleiben wichtige betriebswirtschaftliche Aspekte bisher unbeachtet, weil

diese einfach die Grenzen der Belastbarkeit erreichen. Aus sozialromantischen Ideen und

dem Mut diese in Angriff zu nehmen, sind mitunter harte betriebswirtschaftliche

Entscheidungen zu treffen, z.B. betriebsbedingte Kündigungen, hier fehlt zum Teil das

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Know-Hows und die Führungsqualitäten. Die große Herausforderung in den nächsten

Monaten wird eine Zielformulierung sein. Wo möchte das Sozialkaufhaus in den nächsten

Jahren stehen und was müssen alle Beteiligten schon jetzt dafür tun. Ein Anfang könnte

die in dieser Arbeit vorgestellte Beschreibung des Marketingkonzeptes sein.

94

Anhang

Grundauswertung Kundenbefragung 2013 Sozialkaufhaus „Brauchbar“ Burg

1) Bekanntheit Träger ja 39 (29,55%) nein 55 (41,67%) ja und zwar 38 (28,79%) ____________ ______________ Summe 132 ohne Antwort 9

Textantworten s. Datei: kundenb.fre

2) Bekanntheit Angebote Aufbruch e.V. ja 44 (33,33%) nein 38 (28,79%) ja z.B. 50 (37,88%) ____________ ______________ Summe 132 ohne Antwort 9

Textantworten s. Datei: kundenb.fre

3) Wie sind sie auf das Sozialkaufhaus aufmerksam geworden? Zeitung 22 (16,18%) Bekannte/Verwandte 62 (45,59%) Internet 00 (00,00%) zufällig beim Vorbeigehen 58 (42,65%) sonstiges 10 (07,35%) ____________ ______________ Nennungen (Mehrfachwahl möglich!) 152 geantwortet haben 136 ohne Antwort 005

Textantworten s. Datei: kundenb.fre

4) Häufigkeit der Besuche wöchentlich 84 (60,43%) 1-2 mal im Monat 44 (31,65%) ganz selten 11 (07,91%) sonstiges 00 (00,00%) ____________ ______________ Summe 139 ohne Antwort 002

5) Grund des Besuches finanzielle Situation 68 (50,00%) Interesse am Angebot 102 (75,00%) sonstiges 25 (18,38%) ____________ ______________ Nennungen (Mehrfachwahl möglich!) 195 geantwortet haben 136 ohne Antwort 005

Textantworten s. Datei: kundenb.fre

6) Kundenfreundlichkeit ja 132 (94,96%) geht so 004 (02,88%) nein 003 (02,16%) ____________ ______________ Summe 139 ohne Antwort 2

95

7) gepflegter Einruck ja 128 (92,75%) geht so 10 (07,25%) nein 00 (00,00%) ____________ ______________ Summe 138 ohne Antwort 3

8) Service super 130 (94,89%) geht so 06 (4,38%) schlecht 01 (0,73%) ____________ ______________ Summe 137 ohne Antwort 4

9) Qualität, Sauberkeit, Gestaltung Ladenfläche Super 125 (91,24%) geht so 11 (08,03%) schlecht 00 (00,00%) sonstiges 01 (00,73%) ____________ ______________ Summe 137 ohne Antwort 4

Textantworten s. Datei: kundenb.fre

10) Preis-Leistung Verhältnis Stimmt 115 (81,56%) geht so 14 (09,93%) stimmt nicht 05 (03,55%) sonstiges 07 (04,96%) ____________ ______________ Summe 141 ohne Antwort 0

Textantworten s. Datei: kundenb.fre

11) Wünsche der Kunden Jobfinder 29 (25,00%) günstiges Mittagsangebot 52 (44,83%) Snacks und Getränke 28 (24,14%) soziale Beratung 28 (24,14%) Kinderbetreuung 12 (10,34%) Kinderförderung 14 (12,07%) psychosoziale Beratung 13 (11,21%) sozialer Treffpunkt 38 (32,76%) Freizeitangebote 30 (25,86%) sonstiges 10 (08,62%) ____________ ______________ Nennungen (Mehrfachwahl möglich!) 254 geantwortet haben 116 ohne Antwort 25

Textantworten s. Datei: kundenb.fre

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98

Jan Eiglmeier- Dipl. Sozialpädagoge( FH)

Schillerstraße 22

39108 Magdeburg

Tel. 0391 5595460

E-Mail: [email protected]

Geboren am: 29.01.1978

Geburtsort: Lutherstadt Wittenberg

Berufserfahrung

06/2008 bis heute PSW GmbH SW Behindertenhilfe-Drogen und Suchtberatung

Burg

Drogen-und Suchtberater

11/2007 bis 05/2008 Aufbruch e.V. Verein für Suchthilfe und Prävention

Projektleiter „Beschäftigungsprojekt für alkoholkranke

Langzeitarbeitslose“

2007 Katholische Erwachsenenbildung Sachsen Anhalt e.V.

Projektmitarbeiter (Honorarkraft) Projekt

„Geschlechtsbezogene Bildungsarbeit zur

Identitätsfindung Jugendlicher“

07/2005 bis 11/2007 Malteser Hilfsdienst e.V.

Pflegedozent (Honorarkraft)

07/2005 bis 11/2007 Malteser Hilfsdienst e.V. Diözesanjugendreferat Magdeburg

Pädagogischer Mitarbeiter

09/2002 bis 10/2004 Alphamed Klinik GmbH & Co. KG Herzklinik Coswig

Krankenpfleger

10/2001 bis 05/2007 Studium zum Diplom Sozialpädagogen FH Magdeburg-

Stendal

09/1998 bis 08/2001 Alphamed Klinik GmbH & Co. KG Waldkrankenhaus Bad

Düben

Ausbildung zum Krankenpfleger

99

05/1997 bis 05/1998 Firma Nicolaus Fensterbau Kemberg

Monteur

Grundwehrdienst

07/1996 bis 04/ 1997 Bundeswehr

Krankenpflegehelfer und Ausbilder im Sanitätsdienst

Schulische Ausbildung

1991 bis 1996 „Heidegymnasium“ Pretzsch Abitur

1984 bis 1991 Oberschule Kemberg

Ehrenamt

2008 bis heute Aufbruch e.V. Verein für Suchthilfe und Prävention

Projektentwicklungen z.B. Sozialkaufhaus Stendal,

Sozialkaufhaus Burg

100

Erklärung

„Hiermit versichere ich gemäß § 17 Absatz 7 der Prüfungsordnung für den postgradualen

und weiterbildenden Fernstudiengang Sozialmanagement der Alice Salomon Hochschule

Berlin, dass ich diese Masterarbeit selbständig verfasst und keine anderen als die

angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt und alle wörtlich oder sinngemäß

übernommenen Textstellen als solche kenntlich gemacht habe.

Die Masterarbeit hat keiner anderen Prüfungsbehörde vorgelegen.“

Magdeburg, den ___________________ ______________________

(Datum) (Unterschrift)