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Freitag, 27. Dezember 2013 | Nordwestschweiz Baselland 25 Aus Baselbieter Sicht ist das Projekt ein Fehlschlag. «Es gab durchaus kon- krete Ergebnisse; aber es hat nicht vie- le Spuren hinterlassen», sagt Tobias Eggimann, Geschäftsführer Baselland Tourismus, über das Interreg-Projekt «Erlebnisraum Hochrhein», das nun nach knapp vier Jahren Laufzeit sei- nen Abschluss findet (die bz berichte- te). Ziel des Projekts war es, die touris- tischen Angebote zusammenzufassen und Vorschläge zu einer stärkeren touristischen Vermarktung zu erar- beiten. Im Gegensatz zur Bodenseere- gion, die bereits seit 30 Jahren ein ge- meinsames Marketing betreibt, ist dies das erste derartige Projekt am Hochrhein. Neben Workshops und statistischen Erhebungen stellen ein Flussführer für Paddler, eine Radkarte sowie ein Infoblatt über Burgen kon- krete Ergebnisse des Projekts dar. Baselland war im «Erlebnisraum Hochrhein» Partner der Kantone Aar- gau, Zürich und Schaffhausen sowie der deutschen Landkreise Lörrach und Waldshut, die alle Anrainer des Hochrheins zwischen Basel und Kon- stanz sind. Ein unbekannter Raum Und genau da liegt für Eggimann das Hauptproblem: «Der Raum Hoch- rhein existiert in den Köpfen der Schweizer nicht. Deshalb wird es enorm schwierig sein, dafür eine Marke zu schaffen.» Für die Schweizer sei der Rhein die Grenze und werde nicht als ein Raum beiderseits des Flus- ses wahrgenom- men. «Die Bedürf- nisse der einzelnen Regionen sind zu heterogen», urteilt Eggimann. Ent- sprechend habe das Projekt seiner Meinung nach auch «Inputs vor al- lem für die deutschen Anbieter ge- bracht». Neben diesem grundsätzli- chen Problem sieht Eggimann aber auch zu wenig Anbieter im Wasser- tourismus, um den Hochrhein als ei- ne eigene Destination zu bewerben. Baselland muss Prioritäten setzen Eggimanns Skepsis mag aber auch daran liegen, dass der Kanton Basel- land, der als Teil der Regio Basiliensis an dem Projekt teilnahm, mit Schwei- zerhalle und Augst tatsächlich einen sehr überschauba- ren Anteil am Hoch- rhein hat: «Die tou- ristische Bespielung des Rheins ist im Ba- selbiet nicht so aus- geprägt.» Ausser- dem sei es der politi- sche Wille, dass Baselland Tourismus seine Ressourcen konzentriert ver- wende und Prioritäten setze. Das be- deute aber keine Abkehr vom überre- gionalen Denken: «Kein Tourist kommt hierher nur wegen des Basel- biets; das ist uns bewusst.» Einen etwas anderen Blick auf die Ergebnisse des Projekts hat man be- reits in Rheinfelden, wo der Rhein na- turgemäss eine wichtigere Rolle im Tourismus spielt. Zwar definiere sich auch Rheinfelden nicht über den Hochrhein, sagt die Leiterin des Stadt- büros, Stéphanie Berthoud, sondern eher über die Nähe zu den Grossstäd- ten Basel und Zürich. Dennoch sei es «sicher spannend zu erfahren, wie vie- le Angebote es gibt im Gebiet». Für Berthoud ist es wichtig, «jetzt dranzu- bleiben» und die Restmittel zu nutzen. Allerdings denkt auch sie in Zukunft eher daran, die gute Zusammenarbeit mit Badisch-Rheinfelden zu intensi- vieren und vielleicht Zwei-Tages-Ange- bote zwischen Rheinfelden und Lau- fenburg zu etablieren. «Schade, wenn Arbeit verpuffte» Die Hochrheinkommission (HRK) mit Sitz in Waldshut-Tiengen über- nahm als langjährige Institution zwi- schen Baden-Württemberg, Aargau und Schaffhausen die Trägerschaft für den «Erlebnisraum Hochrhein». Deren Geschäftsführer Mirko Bastian kennt die schweizerischen Bedenken: «Es wäre schade, wenn die Arbeit jetzt einfach verpuffte. Aber es ist klar, dass die inhaltliche Arbeit nun von den Touristikern, Dienstleistern und Ge- meinden kommen muss.» Dazu seien im Laufe des Projekts 26 Massnah- menvorschläge in einem Masterplan zusammengefasst worden. Ziel des Projekts sei es aus seiner Sicht nicht gewesen, «auf eine ge- meinsame touristische Destination Hochrhein hinzuarbeiten». Die Tou- risten müssen nicht unbedingt sagen «Mensch, wir waren am Hochrhein»; aber sie sollen einen Tag in Basel ver- bringen, einen Tag im Schwarzwald, einen Tag in Bad Zurzach und einen Tag am Rheinfall. www.erlebnisraum-hochrhein.de Tourismus Vier Jahre Interreg-Projekt konnten im Baselbiet bisher noch kein binationales Bewusstsein schaffen VON BORIS BURKHARDT Der Hochrhein bleibt ein Unbekannter «Die touristische Bespielung des Rheins ist im Baselbiet nicht so ausgeprägt.» Tobias Eggimann, BL Tourismus Die gemeinsame Identität der Regionen beiderseits des Hochrheins, hier bei Augst, ist bisher fast gar nicht ausgeprägt. JURI JUNKOV ADVENT, ADVENT, der Baum, er brennt. Eine provokative Aussage die auch unlängst nach dem grossen Fest durchaus ihre Berechtigung hat. Weihnachten ist Geschichte und ich wünsche mir innigst, Ihr Bäumlein hat den herrlichen Schein der Ker- zen überstanden. Es soll ja vorge- kommen sein, dass ein solch schmu- ckes Gehölz unverhofft einem nicht mehr kontrollierbaren Feuerchen zum Opfer fiel. Pyromanen finden sich, laut findigen Medienschaffen- den, nicht nur im, gepriesen sei es, trauten Heim. Ich bin jedoch über- zeugt, dass Sie besondere Vorsicht haben walten lassen, beim Aussu- chen Ihres Licht- und Heiligen- scheinspenders. NATÜRLICH waren Sie sich im Kla- ren was es bedeutet, eine Investition wie diese als Ihr Eigen zu nennen. Hege und Pflege, Kontrolle und nochmals Kontrolle seien hier als wichtigste Funktionen der Eigentü- mer erwähnt. Es ist mir selbstver- ständlich bewusst, dass der Gemeine Tannenbaumveredler seine ebenso gezielt ausgesuchten Kerzen akkurat und geschickt so anbringt, dass ja kein Ästlein Gefahr läuft, versengt oder gar abgefackelt zu werden. Stramm wie Soldaten sollen sie sich auf den weitverzweigten Ästen prä- sentieren. Im hellen Schein erleuch- ten lassen wir sie dann, wann uns der heilige Sinn danach ist. Es ver- hält sich fast schon wie in der Poli- tik. Je höher ein Baum in all seiner Pracht eingestuft wird, desto schmu- cker will und wird er im Schein der Kerzen blenden. Das jüngst erlo- schene Lichtlein der basel-städti- schen Verkehrsbe- triebe ist ein glän- zendes Beispiel da- für, dass auch gol- denen Glocken und silbernes Lamet- ta nicht vor trügerischem Schein schützen. Wären die von öffentlicher Hand ge- wählten und finanzierten (Christ-?) Bäume sorgfältiger behandelt und auserkoren worden, wäre uns ein brennendes Desaster wie diesem tan- nenbaumgrünen Verbund erspart ge- blieben. Wir hätten uns ausschliess- lich um den kümmerlichen Wild- wuchs unserer Vorzeigetannen in Liestal widmen können. Auch diese nadligen Wurzelgeschosse hatten und haben eines gemeinsam. Sie sind mit blosser Hand schwer zu fas- sen, denn sie hinterlassen bei nähe- rem Augenschein einen stechenden Eindruck. Jeden Tag kümmerte ich mich liebevoll um meinen in die Fa- milie integrierten Tannenbaum. An- gefeuchtet wurde er, sodass ihm das Wasser nie bis zu Halse stand. Ausge- trocknete Nadeln erhielten keine Chance, sich hinter sattem Grün zu ver- bergen. Selbst die Glöcklein welche sich im Schein der Kerzen spiegelten wurden periodisch einer fachmänni- schen Prüfung auf deren Steh- Par- don Hängevermögen unterzogen. Meinem Baum bot sich nie die Gele- genheit, sich in einem Licht zu prä- sentieren wie es ihm gerade belieb- te. Den einzigen Lichtblick, welchen ich ihm zugestand, war sein dichtes Nadelkleid. Heimlich und mit be- ängstigender Konsequenz liess doch dieser Baum, scheinbar überflüssiges Wachs im Dickicht seiner Nadeln verschwinden. Bei genauerem Hinse- hen verunstaltete sich mein Nutz- holz mit dieser illegalen Wachsdepo- nie selbst. Was für eine unwürdige Aktion. Würde er aufrecht geführt, wäre ihm dieser Zuwachs nicht über die Nadeln gewachsen. ICH WAR EINFACH zu bequem, nach jedem Tröpflein Wasser auch noch einen Augenschein in das undurch- sichtige Gehölz hinein zu nehmen. Mein strahlender Baum dankte es mir mit einer masslosen Gier nach Wachs, bei welcher mir die Glocken hätten schellen sollen. Nun, ich habe mich blenden lassen. Immer wieder zündeten meine scheinbar Verbün- deten eine Wunderkerze, deren fun- kelnden Lichter mich blind haben werden lassen. So schön. Gewundert, dass sich meine nicht nur roten Ker- zen derart zügig in flüssiges Wachs auflösten, habe ich mich schon. Es war zu spät. Ich hatte die Kontrolle verloren. Hätte ich den Kerl gerich- tet, wäre er nicht in Versuchung ge- kommen. Hätte ich diesen gierigen Baum kontrolliert, wäre er jetzt nicht das was er ist. Ein ausgetrock- netes Geäst, jederzeit ersetzbar. Der Basler vom Lande versucht, brennende Bäume zu löschen Advent, Advent, der Baum, er brennt Der Autor und Texter wurde in Basel geboren und lebt in Lauwil. Sein Basler-Krimi «Muttertag zum Ersten» (IL-Verlag) erschien 2013. Claude Lachat Je höher ein Baum in all seiner Pracht eingestuft wird, desto schmucker will er im Schein der Kerzen blenden.

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Aus Baselbieter Sicht ist das Projektein Fehlschlag. «Es gab durchaus kon-krete Ergebnisse; aber es hat nicht vie-le Spuren hinterlassen», sagt TobiasEggimann, Geschäftsführer BasellandTourismus, über das Interreg-Projekt«Erlebnisraum Hochrhein», das nunnach knapp vier Jahren Laufzeit sei-nen Abschluss findet (die bz berichte-te). Ziel des Projekts war es, die touris-tischen Angebote zusammenzufassenund Vorschläge zu einer stärkerentouristischen Vermarktung zu erar-beiten. Im Gegensatz zur Bodenseere-gion, die bereits seit 30 Jahren ein ge-meinsames Marketing betreibt, istdies das erste derartige Projekt amHochrhein. Neben Workshops undstatistischen Erhebungen stellen einFlussführer für Paddler, eine Radkartesowie ein Infoblatt über Burgen kon-krete Ergebnisse des Projekts dar.

Baselland war im «ErlebnisraumHochrhein» Partner der Kantone Aar-

gau, Zürich und Schaffhausen sowieder deutschen Landkreise Lörrachund Waldshut, die alle Anrainer desHochrheins zwischen Basel und Kon-stanz sind.

Ein unbekannter RaumUnd genau da liegt für Eggimann

das Hauptproblem: «Der Raum Hoch-rhein existiert in den Köpfen derSchweizer nicht. Deshalb wird esenorm schwierigsein, dafür eineMarke zu schaffen.»Für die Schweizersei der Rhein dieGrenze und werdenicht als ein Raumbeiderseits des Flus-ses wahrgenom-men. «Die Bedürf-nisse der einzelnen Regionen sind zuheterogen», urteilt Eggimann. Ent-sprechend habe das Projekt seinerMeinung nach auch «Inputs vor al-lem für die deutschen Anbieter ge-

bracht». Neben diesem grundsätzli-chen Problem sieht Eggimann aberauch zu wenig Anbieter im Wasser-tourismus, um den Hochrhein als ei-ne eigene Destination zu bewerben.

Baselland muss Prioritäten setzenEggimanns Skepsis mag aber auch

daran liegen, dass der Kanton Basel-land, der als Teil der Regio Basiliensisan dem Projekt teilnahm, mit Schwei-

zerhalle und Augsttatsächlich einensehr überschauba-ren Anteil am Hoch-rhein hat: «Die tou-ristische Bespielungdes Rheins ist im Ba-selbiet nicht so aus-geprägt.» Ausser-dem sei es der politi-

sche Wille, dass Baselland Tourismusseine Ressourcen konzentriert ver-wende und Prioritäten setze. Das be-deute aber keine Abkehr vom überre-gionalen Denken: «Kein Tourist

kommt hierher nur wegen des Basel-biets; das ist uns bewusst.»

Einen etwas anderen Blick auf dieErgebnisse des Projekts hat man be-reits in Rheinfelden, wo der Rhein na-turgemäss eine wichtigere Rolle imTourismus spielt. Zwar definiere sichauch Rheinfelden nicht über denHochrhein, sagt die Leiterin des Stadt-büros, Stéphanie Berthoud, sonderneher über die Nähe zu den Grossstäd-ten Basel und Zürich. Dennoch sei es«sicher spannend zu erfahren, wie vie-le Angebote es gibt im Gebiet». FürBerthoud ist es wichtig, «jetzt dranzu-bleiben» und die Restmittel zu nutzen.Allerdings denkt auch sie in Zukunfteher daran, die gute Zusammenarbeitmit Badisch-Rheinfelden zu intensi-vieren und vielleicht Zwei-Tages-Ange-bote zwischen Rheinfelden und Lau-fenburg zu etablieren.

«Schade, wenn Arbeit verpuffte»Die Hochrheinkommission (HRK)

mit Sitz in Waldshut-Tiengen über-

nahm als langjährige Institution zwi-schen Baden-Württemberg, Aargauund Schaffhausen die Trägerschaft fürden «Erlebnisraum Hochrhein». DerenGeschäftsführer Mirko Bastian kenntdie schweizerischen Bedenken: «Eswäre schade, wenn die Arbeit jetzteinfach verpuffte. Aber es ist klar, dassdie inhaltliche Arbeit nun von denTouristikern, Dienstleistern und Ge-meinden kommen muss.» Dazu seienim Laufe des Projekts 26 Massnah-menvorschläge in einem Masterplanzusammengefasst worden.

Ziel des Projekts sei es aus seinerSicht nicht gewesen, «auf eine ge-meinsame touristische DestinationHochrhein hinzuarbeiten». Die Tou-risten müssen nicht unbedingt sagen«Mensch, wir waren am Hochrhein»;aber sie sollen einen Tag in Basel ver-bringen, einen Tag im Schwarzwald,einen Tag in Bad Zurzach und einenTag am Rheinfall.

www.erlebnisraum-hochrhein.de

Tourismus Vier Jahre Interreg-Projekt konnten im Baselbiet bisher noch kein binationales Bewusstsein schaffen

VON BORIS BURKHARDT

Der Hochrhein bleibt ein Unbekannter

«Die touristischeBespielung des Rheinsist im Baselbiet nichtso ausgeprägt.»Tobias Eggimann, BL Tourismus

Die gemeinsame Identität der Regionen beiderseits des Hochrheins, hier bei Augst, ist bisher fast gar nicht ausgeprägt. JURI JUNKOV

■ ADVENT, ADVENT, der Baum, erbrennt. Eine provokative Aussage dieauch unlängst nach dem grossenFest durchaus ihre Berechtigung hat.Weihnachten ist Geschichte und ichwünsche mir innigst, Ihr Bäumleinhat den herrlichen Schein der Ker-zen überstanden. Es soll ja vorge-kommen sein, dass ein solch schmu-ckes Gehölz unverhofft einem nichtmehr kontrollierbaren Feuerchenzum Opfer fiel. Pyromanen findensich, laut findigen Medienschaffen-den, nicht nur im, gepriesen sei es,trauten Heim. Ich bin jedoch über-zeugt, dass Sie besondere Vorsichthaben walten lassen, beim Aussu-chen Ihres Licht- und Heiligen-scheinspenders.

NATÜRLICH waren Sie sich im Kla-ren was es bedeutet, eine Investitionwie diese als Ihr Eigen zu nennen.Hege und Pflege, Kontrolle undnochmals Kontrolle seien hier alswichtigste Funktionen der Eigentü-mer erwähnt. Es ist mir selbstver-ständlich bewusst, dass der GemeineTannenbaumveredler seine ebensogezielt ausgesuchten Kerzen akkurat

und geschickt so anbringt, dass jakein Ästlein Gefahr läuft, versengtoder gar abgefackelt zu werden.Stramm wie Soldaten sollen sie sichauf den weitverzweigten Ästen prä-sentieren. Im hellen Schein erleuch-

ten lassen wir sie dann, wann unsder heilige Sinn danach ist. Es ver-hält sich fast schon wie in der Poli-tik. Je höher ein Baum in all seinerPracht eingestuft wird, desto schmu-cker will und wirder im Schein derKerzen blenden.Das jüngst erlo-schene Lichtleinder basel-städti-schen Verkehrsbe-triebe ist ein glän-zendes Beispiel da-für, dass auch gol-denen Glocken und silbernes Lamet-ta nicht vor trügerischem Scheinschützen.Wären die von öffentlicher Hand ge-wählten und finanzierten (Christ-?)Bäume sorgfältiger behandelt undauserkoren worden, wäre uns einbrennendes Desaster wie diesem tan-nenbaumgrünen Verbund erspart ge-blieben. Wir hätten uns ausschliess-lich um den kümmerlichen Wild-wuchs unserer Vorzeigetannen inLiestal widmen können. Auch diesenadligen Wurzelgeschosse hattenund haben eines gemeinsam. Sie

sind mit blosser Hand schwer zu fas-sen, denn sie hinterlassen bei nähe-rem Augenschein einen stechendenEindruck. Jeden Tag kümmerte ichmich liebevoll um meinen in die Fa-

milie integriertenTannenbaum. An-gefeuchtet wurdeer, sodass ihm dasWasser nie bis zuHalse stand. Ausge-trocknete Nadelnerhielten keineChance, sich hintersattem Grün zu ver-

bergen. Selbst die Glöcklein welchesich im Schein der Kerzen spiegeltenwurden periodisch einer fachmänni-schen Prüfung auf deren Steh- Par-don Hängevermögen unterzogen.Meinem Baum bot sich nie die Gele-genheit, sich in einem Licht zu prä-sentieren wie es ihm gerade belieb-te. Den einzigen Lichtblick, welchenich ihm zugestand, war sein dichtesNadelkleid. Heimlich und mit be-ängstigender Konsequenz liess dochdieser Baum, scheinbar überflüssigesWachs im Dickicht seiner Nadelnverschwinden. Bei genauerem Hinse-

hen verunstaltete sich mein Nutz-holz mit dieser illegalen Wachsdepo-nie selbst. Was für eine unwürdigeAktion. Würde er aufrecht geführt,wäre ihm dieser Zuwachs nicht überdie Nadeln gewachsen.

ICH WAR EINFACH zu bequem, nachjedem Tröpflein Wasser auch nocheinen Augenschein in das undurch-sichtige Gehölz hinein zu nehmen.Mein strahlender Baum dankte esmir mit einer masslosen Gier nachWachs, bei welcher mir die Glockenhätten schellen sollen. Nun, ich habemich blenden lassen. Immer wiederzündeten meine scheinbar Verbün-deten eine Wunderkerze, deren fun-kelnden Lichter mich blind habenwerden lassen. So schön. Gewundert,dass sich meine nicht nur roten Ker-zen derart zügig in flüssiges Wachsauflösten, habe ich mich schon. Eswar zu spät. Ich hatte die Kontrolleverloren. Hätte ich den Kerl gerich-tet, wäre er nicht in Versuchung ge-kommen. Hätte ich diesen gierigenBaum kontrolliert, wäre er jetztnicht das was er ist. Ein ausgetrock-netes Geäst, jederzeit ersetzbar.

Der Basler vom Lande versucht, brennende Bäume zu löschen

Advent, Advent, der Baum, er brennt

Der Autor und Texter wurde in Baselgeboren und lebt in Lauwil.Sein Basler-Krimi «Muttertag zumErsten» (IL-Verlag) erschien 2013.

Claude Lachat

Je höher ein Baum in allseiner Pracht eingestuftwird, desto schmuckerwill er im Schein derKerzen blenden.