Fritz Hulliger aus Uerikon arbeitet täglich ab drei Uhr ... · Das Wasser ist eins a. Die Fische...

5
11_2008 der arbeitsmarkt 6 Fischkonsum Heimisch, frisch und ökologisch auf den Tisch Der Verzehr von Meeresfisch ist ökologisch meist bedenklich, macht aber rund 63 Prozent des Konsums in der Schweiz aus. Heimische Anbieter versuchen, mehr und besseren Schweizer Fisch anzubieten. Text und Fotos Sven Rosemann Den meisten Menschen ist nicht ganz wurst, was ihnen auf den Teller kommt und woher es kommt. Manche mögen keinen Fisch mehr essen, der aus überfischten Meeren stammt. Warum also nicht mal eine Fisch- wurst aus der Schweiz probieren? Solche produziert Hans Raab, Pionier und Inhaber der Fischfarm Melander in Oberriet im Sankt Galler Rheintal. Der 67-jährige Saarländer hat seinen fabrikartigen Betrieb am 26. April 2008 eröffnet. Fische schwimmen im extra für sie geförderten Thermalwasser Doch was ist Melander? Dieser klangvolle Name gehört zu Raabs spezieller Zuchtkreu- zung von tropischen Kiemensackwelsen. Deren Fleisch soll reich an Omega-3-Fett- Fritz Hulliger aus Uerikon arbeitet täglich ab drei Uhr früh auf dem Zürichsee.

Transcript of Fritz Hulliger aus Uerikon arbeitet täglich ab drei Uhr ... · Das Wasser ist eins a. Die Fische...

Page 1: Fritz Hulliger aus Uerikon arbeitet täglich ab drei Uhr ... · Das Wasser ist eins a. Die Fische schwimmen im eigens für sie am Ort aus einem 1360 Meter tiefen Bohrloch geförderten

11_2008 der arbeitsmarkt 6

Fischkonsum

Heimisch, frisch und ökologisch auf den TischDer Verzehr von Meeresfisch ist ökologisch meist bedenklich, macht aber rund 63 Prozent des Konsums in der Schweiz aus. Heimische Anbieter versuchen, mehr und besseren Schweizer Fisch anzubieten.

Text und Fotos Sven Rosemann

Den meisten Menschen ist nicht ganz wurst, was ihnen auf den Teller kommt und woher es kommt. Manche mögen keinen Fisch mehr essen, der aus überfischten Meeren stammt. Warum also nicht mal eine Fisch­wurst aus der Schweiz probieren? Solche produziert Hans Raab, Pionier und Inhaber der Fischfarm Melander in Oberriet im Sankt Galler Rheintal. Der 67­jährige Saarländer hat seinen fabrik artigen Betrieb am 26. April 2008 eröffnet.

Fische schwimmen im extra für sie geförderten Thermalwasser

Doch was ist Melander? Dieser klangvolle Name gehört zu Raabs spezieller Zuchtkreu­zung von tropischen Kiemensackwelsen. Deren Fleisch soll reich an Omega­3­Fett­

Fritz Hulliger aus Uerikon arbeitet täglich ab drei Uhr früh auf dem Zürichsee.

Page 2: Fritz Hulliger aus Uerikon arbeitet täglich ab drei Uhr ... · Das Wasser ist eins a. Die Fische schwimmen im eigens für sie am Ort aus einem 1360 Meter tiefen Bohrloch geförderten

11_2008 der arbeitsmarkt 7

Arbeitswelt

Becken. Sie haben keine Rückzugsmöglich­keiten, und an natürlichen Reizen kennen die Tiere wohl einzig den Körperkontakt un­tereinander. Vom Kamerablitz angelockt, lugen plötzlich etliche mit antennenähn­lichen Barteln bewehrte Breitmäuler knapp aus dem Wasser. Seltsam, wie die Blind­schwimmer auf den Lichtimpuls reagieren, den vielleicht einzigen Extrareiz in ihrem öden Dasein.

Die Frage, ob sich diese Tiere wirklich wohl fühlen, will der Sankt Galler Kantons­tierarzt, Dr. Thomas Giger, nicht mit einem klaren Ja oder Nein beantworten. «Dazu bräuchte es die Expertise einer Fachperson, die diese Fischart ganz genau kennt. Zudem handelt es sich um eine spezielle Kreuzung», meint Giger und lässt durchblicken, dass er Zweifel hegt. Beanstandet habe er das Tötungsverfahren: Die schlachtreifen Tiere

verbleiben zwei Tage in 10­grädigem Wasser, das soll sie betäuben. Sie würden danach, so Raab, nichts mehr spüren bei der Schlach­tung. Hans Raab muss diese Behauptung nun mit einer Expertise untermauern.

«Besser als bio» erfüllt noch nicht mal die Bio-Kriterien

Mit «besser als bio» wirbt Raab für den Melander, was beim Verband Bio­Suisse nicht gerade für Feststimmung sorgt. Dort empfindet man den Slogan als irreführend. Jacqueline Forster, die Pressesprecherin, sagt auf Anfrage: «Ja, wir haben bei Melander vehe ment protestiert, jedoch von rechtlichen Schritten abgesehen.» Der Grund dafür liegt bei den ab Anfang 2009 zu erwartenden Bestimmungen der EU­Bioverordnung zu Aquakulturen. Sie werden auch eine schwei­

säuren, Mineralien und Spurenelementen sein und auch fettarm. Es stärke das Immun­system und könne im Zusammenspiel mit gewissen Enzymen Krebs im Bann halten. Dr. Daniel Huber vom kantonalen Amt für Lebensmittelkontrolle St. Gallen dementiert das nicht und hat auch keine Beanstandun­gen zur Hygiene des Betriebs und zur Ver arbeitung der Fische.

In der Natur gibt es den Melander nicht. Diese Zuchtart lebt nur in der schummrigen Zuchthalle in den 560 schwarzen Kunststoff­becken, die je rund 2000 Liter Wasser fassen. Das Wasser ist eins a. Die Fische schwimmen im eigens für sie am Ort aus einem 1360 Meter tiefen Bohrloch geförderten Thermal­wasser.

Da die Tiere blind und nachtaktiv seien, benötigten sie kein Sonnenlicht, versichert Raab. Die Fische leben dicht an dicht in den

Fritz Hulliger aus Uerikon arbeitet täglich ab drei Uhr früh auf dem Zürichsee. Hans Raab mit einem Melander, einer Zuchtart des afrikanischen Wels.

Page 3: Fritz Hulliger aus Uerikon arbeitet täglich ab drei Uhr ... · Das Wasser ist eins a. Die Fische schwimmen im eigens für sie am Ort aus einem 1360 Meter tiefen Bohrloch geförderten

11_2008 der arbeitsmarkt 8

zerische Regelung nach sich ziehen. Raab gibt sich unbeeindruckt. Man könne ihm nichts anhaben.

Jacqueline Forster von Bio­Suisse glaubt, Raab müsse sich nächstes Jahr mit der Wer­bung etwas Neues einfallen lassen, gutes Wasser hin oder her. Es ginge um die Hal­tungsbedingungen, die nicht im Entfern­testen den Bio­Richtlinien entsprächen.

Aber damit nicht genug der Querelen: Der Fischzüchter Jürgen Hautz war im Saar­land Hans Raabs Mitarbeiter. Heute stehen die beiden in Deutschland in einem Rechts­streit um Patente. Haut sieht sich als Geprell­ten. Nur er besitze die richtige Genetik des Melanders. Fakten sind von Polemik schwie­rig zu trennen. Hautz versucht seinerseits, den «echten» Melander auf den Markt zu bringen.

Eigentlich schade, dass um den Melan­der gezankt wird, denn die Fischwurst schmeckt gut, und speziell die geräucherten Filets zum kalt Essen sind delikat.

Die Firma Melander beschäftigt momen­tan 27 Mitarbeitende, bald sollen es mehr werden. Die maximale Produktion der Fisch­farm liegt laut Raab bei rund fünf Tonnen täglich. Das sind hochgerechnet ungefähr 50 Prozent mehr als die jährlichen Erträge von 1200 Tonnen aller anderen Schweizer Fischzuchten. Diese bieten zum grössten Teil

Forellen an. Hans Raab denkt nicht daran, sich mit Grossverteilern wie Migros und Coop zusammenzutun. Er wolle sich sein Geschäft nicht kaputt machen lassen, sagt er. Doch es bleibt unklar, wie er dieses grosse Volumen absetzen will. Sieht er Chancen im Export? Er erzählt, dass er alle Lieferungen nach Deutschland auf geschoben habe, da die Nachfrage auf den momentanen Absatzka­nälen sehr hoch sei. Gemeint sind der Fabrik­laden in Oberriet und diverse Wochenmärk­te in der Ostschweiz und in Österreich.

Bei Meeres- und Zuchtfisch auf Nachhaltigkeitslabels achten

Aus dem Blickwinkel der Nachhaltigkeit verdienen schweizerische Innovationen bei der Fischzucht Erfolg. Noch immer sind die Kühlvitrinen hiesiger Anbietern voller Mee­resfische, deren Bestand gefährdet ist.

Weltweit werden jährlich über 86 Millio­nen Tonnen Fisch aus den Weltmeeren ge­zogen, das ist das Vierfache der Fangmenge vor 50 Jahren. Die biologische Grenze ist seit Jahren erreicht: Drei Viertel der Speisefisch­bestände sind überfischt und können sich nicht oder nur noch teilweise erholen. Etli­che Arten wie Haie, stellenweise auch Thun­fisch oder Tiefseefische sind vom Aussterben bedroht. Nur nachhaltige Fischerei und

Die Bevölkerung der Schweiz verzehrt laut WWF pro Kopf und Jahr rund 7,6 Kilogramm Süsswasser- und Meeresfisch sowie Mee-resfrüchte. Letztes Jahr betrug die Gesamt-menge 56 000 Tonnen. Davon kamen rund 35 000 Tonnen aus dem Meer. Seit 1988 hat die Nachfrage nach Fisch in unserem Land um 20 Prozent zugenommen. Auf Reisen haben viele Schweizerinnen und Schweizer vielfältige Fischspeisen kennengelernt und möchten diese auch zu Hause geniessen. Ein weiterer Grund für den gestiegenen Konsum ist die Zuwanderung von Migranten aus Ländern, in denen traditionell viel Fisch gegessen wird. Nur gerade 5,8 Prozent des Gesamtkonsums von 2007 deckte Fisch aus heimischer Produktion ab.

«Eigentlich sollte man stets Schweizer Fisch oder Fisch aus ausländischen Bio-Süsswas-serzuchten vorziehen», sagt Corina Gyssler vom WWF. Und wie wärs, wenn man Fisch wieder als Delikatesse betrachten würde,

die nicht mehrmals wöchentlich konsumiert wird? «Sicher», antwortet die WWF-Fach-frau, «aber man sollte die Fischesser nicht verdammen, sondern aufklären. Es ist ein-fach wichtig, dass die Konsumenten um-denken und Verantwortung übernehmen mit dem Kauf von nachhaltig zertifizierten Pro-dukten.» Auch die Gastronomie stehe in der Pflicht, konsequenter aufs regionale und saisonale Angebot an Süsswasserfischen aus Fang und Zucht zurückzugreifen und so ein Zeichen zu setzen. Immerhin kommen nach einer Erhebung des WWF rund 60 Pro-zent des Gesamtkonsums in Restaurants auf die Teller.

Auch bei Fischen aus Zuchtbetrieben gilt es genau hinzuschauen, ob die Produktion nachhaltig ist. So werden Lachse oft mit Fischmehl gefüttert, das aus der Meeres-fischerei stammt – mit der Folge, dass Lachszucht ebenfalls zur Überfischung der Meere beitragen kann.

Fischkonsum in der Schweiz: Aufklärung tut not

Page 4: Fritz Hulliger aus Uerikon arbeitet täglich ab drei Uhr ... · Das Wasser ist eins a. Die Fische schwimmen im eigens für sie am Ort aus einem 1360 Meter tiefen Bohrloch geförderten

11_2008 der arbeitsmarkt 9

Fischzucht können eine Ausfischung der Meere innert der nächsten 40 Jahre verhin­dern. «Wer trotz allem Meeresfisch kauft, sollte dringend auf Nachhaltigkeitslabels achten», empfiehlt Corina Gyssler, Kommu­nikationsbeauftragte des WWF. Konsum­labels wie «MSC» (Marine Stewardship Coun­cil) für Wildfang und «Bio» für Zuchtfisch garantieren Nachhaltigkeit. Ein weiteres Label, «Fairfish», baut seinen Import mo­mentan neu auf, nachdem das bestehende Projekt in Senegal von der Migros fallen ge­lassen wurde. Gemäss Peter Strebel von Fair­fish konnte man die geforderte Menge nicht liefern.

Japanischer Lachs löst die Regenbogenforelle ab

Der Kirschenlachs ist ein Japaner – ein deli­kater Fisch. Er heisst in seiner Heimat « Yamame», was Königin der Berge bedeutet. Yves Christian Sacher ist es 2004 gelungen, diesen Fisch in Gibswil­Ried anzusiedeln. Der pittoreske Weiler an der Wasserscheide der Flüsse Jona und Töss gehört zur Gemein­de Wald im Zürcher Oberland. Am Fusse des Bachtels auf 760 Metern über Meer liegt Sachers Fischzucht an einer Hanglage mit eigener Quelle. Die Anlage mit der europa­weit wohl einmaligen Zucht von Kirschen­lachs erhielt nur eine Bewilligung, weil sie als Kreislaufsystem ohne direkten Kontakt mit der Umwelt konzipiert ist.

Früher war hier eine Regenbogenforel­lenzucht. Forellen hat Sacher noch, um die bestehende Kundschaft bei der Stange zu halten. «Aber davon kann ich beim besten Willen nicht leben. Der Kirschenlachs hat Potenzial: Er ist edel und lässt sich im Hoch­preissegment verkaufen, als ganzer Frisch­fisch, filetiert und geräuchert oder ‹graved›, also in einer Salz­ und Zuckerbeize mit Dill und Kräutern eingelegt», erklärt Sacher. Die Veredelung des japanischen Fischs er­möglicht dem Fischzüchter einen lukrativen Absatz. Der Kilopreis für «graved Bach tel­lachs», so nennt sich Sachers eingetragene Marke, beträgt 120 Franken, gegenüber 36 Franken pro Kilo ausgenommenen Frisch­fisch. Zum Vergleich: Ausgenommene Regen­bogenforellen kosten bei ihm 25 Franken das Kilo. Im Discounthandel sinkt dieser Preis weit unter 20 Franken.

Yves Sacher verkauft seine Produkte direkt ab Zucht und an zehn Restaurants, die regelmässig bei ihm bestellen. Diese ma­

Yves Christian Sacher (oben) züchtet im Zürcher Oberland Kirschenlachse. Diese japanischen Fische namens «Yamame» verkauft er als «Bachtellachs» (links oben). Sein Lieblingsfisch ist die schon fast siebenjährige Regenbogenforelle «Samantha».Fritz Hullliger (links unten) verkauft seine Fänge aus dem Zürichsee im eigenen Laden. Hier eine Seeforelle, wie sie dem Fischer nur selten ins Netz geht.

Page 5: Fritz Hulliger aus Uerikon arbeitet täglich ab drei Uhr ... · Das Wasser ist eins a. Die Fische schwimmen im eigens für sie am Ort aus einem 1360 Meter tiefen Bohrloch geförderten

11_2008 der arbeitsmarkt 10

Weissfisch ist verpönt. Es heisst oft, die Fische schmeckten faulig, hätten zu viele Gräten und man könne sie nicht essen. Die Leute wissen einfach nicht mehr, wie man Weissfisch vor- und zubereitet. Freddy Bernett, renommierter Koch und Wirt des Restaurants Sonnenhof in Uetikon am Zürichsee, ist ein guter Kunde des Fischers Fritz Hulliger. Er hat sich unter anderem einen Namen gemacht mit «Schwalen-Chnusperli» im Bierteig – gebackenen Rot-augenfilets. Die Schwale hat viele Gräten, das weiss fast jeder. Aber viele wissen nicht, dass der Fischer ein spezielles Werk-zeug mit vielen feinen Klingen hat: «Damit schneide ich die Filets ein und zertrenne die Gräten in drei Millimeter kurze Stücke. Die verschmoren einfach beim Backen.»

Schwalen fängt Hulliger, wenn es kalt ist und die Fische tief im See sind, ohne zu fressen; dann sind sie gewässert und stinken nicht. Für Privatkunden sind diese Fische weniger zu empfehlen, weil sie aufwändig zu kochen sind und oft die Kenntnisse über die richtige Vorbereitung fehlen. Am Telefon bestätigt Freddy Bernett, dass beispielsweise auch Karpfen oft auf seiner Menükarte stehe. «Karpfen hat vor allem in Osteuropa Tradition, bei uns eher weniger.» Überhaupt, er kaufe bei Fritz Hulliger, was gerade im Angebot sei. Seine Gäste schät-zen dies. «Meeresfisch habe ich nur selten, allenfalls aus einer Biozucht.» Sein Credo ist: Kaufe regional und saisonal, auch bei Fleisch, Salat und Gemüse.

chen bis zu 40 Prozent seines Jahresumsatzes aus. «Die Gastroszene ist der Filter, über den potenzielle Privatkunden auf mein Direkt­geschäft aufmerksam werden», sagt Sacher. Daneben habe er noch einen Händler, der seine Produkte auf zwei Wochenmärkten verkaufe.

In den zehn Teichen schwimmen mo­mentan 12 500 Kirschenlachse und 4000 Re­genbogenforellen. Zehn Kilo Fisch pro Kubik­meter Wasser ist die maximale Besatzdichte für Sacher, das sei komfortabler als in man­chen Biozuchten. Gut drei Tonnen hat er insgesamt als Ertrag budgetiert. Von 120 Kirschlachsen wird er bald fürs nächste Jahr den Laich abstreifen: 30 000 Eier, woraus rund 10 000 Jungtiere entstehen, sind sein jährliches Nachzuchtziel.

Die Lieblingsforellen heissen «s’Grösi» und «Samantha»

Der gesamte Umsatz wird gegen 70 000 Fran­ken betragen, die Kosten leider auch. Vom Umsatz werden momentan 60 Prozent über den Frischfischverkauf generiert. Eine Ver­schiebung zu den veredelten Produkten würde für Sacher mehr abwerfen. Der Unter­nehmer arbeitet drei Tage pro Woche bei der UBS als IT­Projektmanager. Ferien machte er das letzte Mal 2007; zwei Wochen Sansibar. Damals war seine Lebenspartnerin noch mit von der Partie. Sie ging vor wenigen Mona­ten. «War ihr zu viel: immer nur Fisch, Fisch, Fisch …», bemerkt der 40­Jährige resigniert.

Starköche könnten nachhaltige Trends setzen

Wahrscheinlich sei sie einfach die Falsche gewesen, was aber kein Trost sei. Jetzt hilft ihm eine Frau aus Wald, die 20 Stunden pro Woche nach dem Rechten schaut. Er selbst arbeitet durchschnittlich 60 Stunden die Woche, frei hat er fast nie.

Bei seinen Fischen ist Sacher manchmal hin und weg. Zwei alte Regenbogenforellen stellt er namentlich vor: «s’Grösi», sieben Jah­re alt, 70 Zentimeter lang, und « Samantha», etwas jünger, aber gleich gross. Er füttert seine Lieblinge von Hand.

Sacher hat eine überzeugende Idee, wie er seine Bestände erhöhen und damit mehr regelmässige Kunden beliefern könnte. In einer Flachlandanlage mit genügend Platz zwischen den Becken könnte er Maschinen einsetzen, das würde die Arbeitsstunden senken. «Die Bauern haben Land und wären sicherlich dafür zu haben, wenn sie was dazuverdienen könnten.» Er sinniert dar­über, wie es wäre, wenn verschiedene Bau­ern mit seinen Biobakterien und seiner Fisch genetik für ihn Jungfische aufzögen. «Es könnte für beide Seiten lukrativ sein. Und für mich ist es kostengünstiger, als eine zweite Zuchtanlage zu bauen.» Das Projekt ist aufgegleist und nächstes Jahr spruchreif, so hofft er. Sacher sieht in seinen Fisch­produkten eine delikate Alternative zum Meeresfisch.

Auf dem Schweizer Markt haben es in­ländische Fischerzeugnisse schwer. Meeres­fisch und Zuchtfisch aus dem Ausland sind güns tiger. Aber punkto Frische bleibt Schwei­

zer Fisch unerreicht. «Das ist der ganz grosse Vorteil des Schweizer Fisches», findet Fritz Hulliger, 47, aus Uerikon am Zürichsee, seit 27 Jahren Berufsfischer und Präsident des Schweizerischen Berufsfischerverbandes. Die Berufsfischer hätten keine Absatzpro­bleme, im Gegenteil, die Nachfrage sei zu hoch. «Die Seen geben nicht mehr Erträge her. Und wir wollen und dürfen sie nicht überfischen», sagt Hulliger. Die gesetzlichen Bestimmungen sind strikt, es gilt, Schon­zeiten und Fangquoten einzuhalten. Für die Netzmaschen sind Mindestgrössen vorge­schrieben, damit Jungfische nicht hängen bleiben. So werden die Bestände nachhaltig reguliert.

Sechseinhalb Arbeitstage pro Woche für knappen Verdienst

Hulligers Arbeitstag fängt morgens um drei Uhr an, wenn er zu den Netzen auf den See raus muss, um den Fang der Nacht einzuho­len – bei fast jedem Wetter. Er arbeitet bis zu 70 Stunden pro Woche auf dem Boot und im Fischereibetrieb mit Laden. Sein Bruder hilft mit sowie eine Angestellte. «Leute anstellen ist so eine Sache. Ist’s ein gutes Jahr, hat man zu wenige Angestellte und in einem schlech­teren Jahr zu viele.» Der Wettergegerbte lebt für seinen Beruf, liebt die Natur. Manchmal hadere er aber schon mit dem Fischerdasein, das einen knappen Verdienst biete. Je nach Jahr macht Hulliger 200 000 bis 300 000 Fran­ken Umsatz. Abzüglich aller Kosten für Bootshaus­ und Ladenmiete, Löhne, Patente, Steuern, Material, für Boots­ und Netzunter­halt bleibt nicht viel für jemanden, der lediglich am Sonntagvormittag frei hat.

Aber da ist auch der Reiz innovativer Angebote, der Fritz Hulliger motiviert. Er hat Privatkunden, auch Restaurants, die aus seinen fangfrischen Fischen Sushi zuberei­ten. «Etwas Frischeres und Besseres für Sushi gibt es gar nicht!» Andere Spezialitäten, die manchmal gewünscht werden, sind Felchen­lebern, Felchenrogen oder Eglitartar. Am Bodensee gibt’s im Spätsommer immer Felchenbäckchen von einem seiner Berufs­kollegen, oder Gangfisch: eine Felchenart, die ausgeweidet, mit Rogen gefüllt und dann geräuchert wird.

Für Fischer und Züchter, die Fantasie haben und einen Sinn für Nachhaltigkeit, ist der Schweizer Markt noch lange nicht ausgeschöpft. ❚