Frühkollagenosen; Early stage connective tissue diseases;

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Z Rheumatol 2013 · 72:947 DOI 10.1007/s00393-013-1192-z Online publiziert: 4. Dezember 2013 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013 O. Distler Klinik für Rheumatologie, UniversitätsSpital Zürich Frühkollagenosen Während die sog. Früharthritis heutzuta- ge einen festen Bestandteil der klinischen Praxis von Rheumatologen darstellt, ist der Begriff der Frühkollagenosen weit we- niger gängig. Dabei gelten die Beweggrün- de, die zur Etablierung von Früharthritis- sprechstunden und besonderen Program- men zur Früherkennung spezifischer Ar- thritiden geführt haben, grundsätzlich auch für Kollagenosen. Beispielsweise wä- re eine Früherkennung von schwer ver- laufenden Kollagenosen anhand einfacher Vorhersagealgorithmen von großem klini- schem Nutzen. Optimal wären Instrumen- te, die eine Kollagenose bereits im präkli- nischen Stadium erkennen können, bevor ein Organschaden aufgetreten ist. In diesem Zusammenhang stellen sich aber eine Reihe wichtiger Fragen: F Ist eine präklinische Erkennung für Multisystemerkrankungen wie die Kollagenosen mit zumutbarem Auf- wand überhaupt möglich? F Wie gut sind die Vorhersagealgorith- men validiert – angesichts der Tatsa- che, dass es sich um seltene Erkran- kungen handelt? F Anders als bei der rheumatoiden Ar- thritis stehen für viele Kollageno- sen weit weniger gut etablierte Thera- pien zur Verfügung. Hätte eine solche Früherkennung dann überhaupt (the- rapeutische) Konsequenzen? F Können durch therapeutische Früh- interventionen und/oder intensivier- te Screeningverfahren spätere Organ- schäden verhindert werden und wie gut ist dies durch Studien belegt? F Wie hoch ist das Kosten-Nutzen-Risi- ko derartiger Therapien im Hinblick auf relevante Nebenwirkungen? Dieses Spannungsfeld zwischen einem si- cherlich vorhandenen Bedarf und großen methodischen Herausforderungen soll im aktuellen Themenschwerpunktheft Früh- kollagenosen näher beleuchtet werden. Ein Fokus ist dabei auf praktisch rele- vante Erkenntnisse zum frühen Verlauf bei Kollagenosen gelegt worden. R. Fi- scher-Betz und M. Schneider besprechen in ihrem Beitrag das breite Krankheits- spektrum des systemischen Lupus ery- thematodes, der gerade in Frühstadien große Herausforderungen an die Diffe- renzialdiagnose stellt. Durch optimierte Analysen von Registern und durch wei- tere Initiativen ist es in den letzten Jahren bei den Frühformen der systemischen Sklerose zu einem besonders schnellen Erkenntniszuwachs gekommen, auf den M. Frerix, F. Meier und U. Müller-Ladner in zwei Artikeln eingehen. B. Maurer be- handelt in ihrer Arbeit klinische und diag- nostische Merkmale der Frühformen von idiopathischen inflammatorischen Myo- pathien, deren Spektrum sich in jüngerer Vergangenheit deutlich erweitert hat. Viel Freude bei der Lektüre wünscht Ihnen Ihr Prof. Dr. O. Distler Korrespondenzadresse Prof. Dr. O. Distler Klinik für Rheumatologie, UniversitätsSpital Zürich Gloriastr. 25, 8091 Zürich Schweiz [email protected] Interessenkonflikt. O. Distler weist auf folgende Be- ziehungen hin: Prof. Dr. O. Distler hat/hatte eine be- ratende Funktion inne und/oder hat Forschungsför- derung erhalten von Actelion, Bayer, Roche, GSK, Bio- gen, Pfizer, Ergonex, BMS, Sanofi-Aventis, Sinoxa, Uni- ted BioSource Corporation, medac, Biovitrium, Boeh- ringer Ingelheim Pharma, Novartis, 4 D Science und Active Biotec im Bereich der potenziellen Behand- lung von Bindegewebserkrankungen und ihren Kom- plikationen. Einführung zum Thema 947 Zeitschrift für Rheumatologie 10 · 2013|

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Z Rheumatol 2013 · 72:947DOI 10.1007/s00393-013-1192-zOnline publiziert: 4. Dezember 2013© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

O. DistlerKlinik für Rheumatologie, UniversitätsSpital Zürich

Frühkollagenosen

Während die sog. Früharthritis heutzuta-ge einen festen Bestandteil der klinischen Praxis von Rheumatologen darstellt, ist der Begriff der Frühkollagenosen weit we-niger gängig. Dabei gelten die Beweggrün-de, die zur Etablierung von Früharthritis-sprechstunden und besonderen Program-men zur Früherkennung spezifischer Ar-thritiden geführt haben, grundsätzlich auch für Kollagenosen. Beispielsweise wä-re eine Früherkennung von schwer ver-laufenden Kollagenosen anhand einfacher Vorhersagealgorithmen von großem klini-schem Nutzen. Optimal wären Instrumen-te, die eine Kollagenose bereits im präkli-nischen Stadium erkennen können, bevor ein Organschaden aufgetreten ist.

In diesem Zusammenhang stellen sich aber eine Reihe wichtiger Fragen: FIst eine präklinische Erkennung für

Multisystemerkrankungen wie die Kollagenosen mit zumutbarem Auf-wand überhaupt möglich?

FWie gut sind die Vorhersagealgorith-men validiert – angesichts der Tatsa-che, dass es sich um seltene Erkran-kungen handelt?

FAnders als bei der rheumatoiden Ar-thritis stehen für viele Kollageno-sen weit weniger gut etablierte Thera-pien zur Verfügung. Hätte eine solche Früherkennung dann überhaupt (the-rapeutische) Konsequenzen?

FKönnen durch therapeutische Früh-interventionen und/oder intensivier-te Screeningverfahren spätere Organ-schäden verhindert werden und wie gut ist dies durch Studien belegt?

FWie hoch ist das Kosten-Nutzen-Risi-ko derartiger Therapien im Hinblick auf relevante Nebenwirkungen?

Dieses Spannungsfeld zwischen einem si-cherlich vorhandenen Bedarf und großen methodischen Herausforderungen soll im aktuellen Themenschwerpunktheft Früh-kollagenosen näher beleuchtet werden.

Ein Fokus ist dabei auf praktisch rele-vante Erkenntnisse zum frühen Verlauf bei Kollagenosen gelegt worden. R. Fi-scher-Betz und M. Schneider besprechen in ihrem Beitrag das breite Krankheits-spektrum des systemischen Lupus ery-thematodes, der gerade in Frühstadien große Herausforderungen an die Diffe-renzialdiagnose stellt. Durch optimierte Analysen von Registern und durch wei-tere Initiativen ist es in den letzten Jahren bei den Frühformen der systemischen Sklerose zu einem besonders schnellen Erkenntniszuwachs gekommen, auf den M. Frerix, F. Meier und U. Müller-Ladner in zwei Artikeln eingehen. B. Maurer be-handelt in ihrer Arbeit klinische und diag-nostische Merkmale der Frühformen von idiopathischen inflammatorischen Myo-pathien, deren Spektrum sich in jüngerer Vergangenheit deutlich erweitert hat.

Viel Freude bei der Lektüre wünscht Ihnen Ihr

Prof. Dr. O. Distler

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. O. DistlerKlinik für Rheumatologie, UniversitätsSpital ZürichGloriastr. 25, 8091 Zü[email protected]

Interessenkonflikt. O. Distler weist auf folgende Be-ziehungen hin: Prof. Dr. O. Distler hat/hatte eine be-ratende Funktion inne und/oder hat Forschungsför-derung erhalten von Actelion, Bayer, Roche, GSK, Bio-gen, Pfizer, Ergonex, BMS, Sanofi-Aventis, Sinoxa, Uni-ted BioSource Corporation, medac, Biovitrium, Boeh-ringer Ingelheim Pharma, Novartis, 4 D Science und Active Biotec im Bereich der potenziellen Behand-lung von Bindegewebserkrankungen und ihren Kom-plikationen.

Einführung zum Thema

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