Funktionelles dreidimensionales Rumpfkrafttraining · Viele Muskel-gruppenhabendasZiel,denKörperzu...

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FunktionellesdreidimensionalesRumpfkrafttraining

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Sportwissenschaftler,Physiotherapeuten undTennistrainer gelangtenin den vergangenenJahren zu der Erkenntnis,dass die Rumpfkraft undRumpfstabilität zu denentscheidenden Faktorenbeim Tennis zählen.NinaNittingerundCarlPetersenstellen indiesemBeitragvor,wiesichdieRumpfkraftoptimal trainieren lässt.

In den letzten Jahren wurde vonPhysiotherapeuten immer wiederhervorgehoben, wie wichtig es sei,das Training funktionell zu gestal-

ten, um Athleten vor Überlastungenund Fehlbelastungen zu schützen. Die-sem Trend haben sich dann die Sport-ler und Fitnesstrainer immer mehr an-geschlossen. Heutzutage ist der Begrifffunktionelles Training in aller Munde,aber nur wenige Athleten, Trainer undEltern wissen ganz genau, was erbedeutet und wie sich dieses Trainingzusammensetzt.

Funktionelles TrainingFunktionelles Training bedeutet sovielwie sinnvolles oder zweckmäßigesTraining. Im Gegensatz dazu steht dastraditionelle Krafttraining an Geräten.Das Training an Geräten wird als nichtfunktionell betrachtet, da das Kraft-gerät die Stabilisierung für den Sport-ler übernimmt. Meistens gehen dieÜbungen an Maschinen nur über einGelenk und isolieren einzelne Mus-keln. Bei funktionellen Übungen mussbei der Ausführung immer der Athletselbst für die Stabilität des Bewegungs-ablaufes sorgen. Es werden überwie-gend komplexe Bewegungsabläufeabsolviert, bei denen nach dem Kon-zept der kinetischen Kettenreaktionalle an der Bewegung beteiligtenGelenke undMuskelgruppen integriertwerden.

Zudem entwickelt funktionellesTraining Kraft und Gleichgewicht –zwei Faktoren, die ein Tennisspieler

zum Beispiel benötigt, um sich aufinstabilem Untergrund wie Sand oderGras sicher und schnell zu bewegen.Die Spieler werden im Training be-wusst in eine instabile Lage gebracht,so dass sie reagieren müssen, um ihrKörpergewicht mit angepassten Bewe-gungsabläufen zu stabilisieren und aus-zubalancieren. Durch die Instabilitätbekommt die Muskulatur viele kleineSignale, ihre Einsatzbereitschaft zuerhöhen. Die Zusammenarbeit vonSchulter-, Rumpf- undHüftmuskulaturwird optimiert und die gesamteRumpfkraft und -stabilitätwird verbes-sert. Das zentrale Nervensystem mussviele kleineMuskeln aktivieren, um fürStabilität zu sorgen. Sobald eine Übungdas Rückkopplungssystem des Körperszwingt schnelle Anpassungen vorzu-nehmen, ist diese Übung propriozeptiv.Die Propriozeption ist ein Schlüssel-faktor zu mehr Stabilität, sie hilftdemKörper sich bei schnellenVerän-derungen im Raum zu schützen. AufdieseWeise wird ein Tennisspieler bei-spielsweise mit der spezifischen Kraftund dem Gleichgewicht ausgestattet,das ihn unter starken Belastungen vorVerletzungen schützt, wie zum Bei-

spiel Schlägen nach langen Rutschwe-gen.

Natürlich gibt es auch im funktio-nellen Training Übungen, die auf denersten Blick unfunktionell sind. Obeine Übung aber funktionell ist odernicht, hängt immer vom jeweiligen ZielderÜbung ab. Ist dasHauptziel die Sta-bilisierung, sieht die Übung verständli-cher Weise anders aus, als wenn dasZiel Beweglichkeit ist. Viele Muskel-gruppen haben das Ziel, den Körper zustabilisieren und es reicht, wenn mandie Muskeln mit kleinen Bewegungenkräftigt und auf diese Weise die Gelen-ke stabilisiert.

Für diese drei Muskelgruppen istdas stabilisierende Training am wich-tigsten (Boyle):- tiefe Bauchmuskulatur- Hüftabduktoren und Hüftrotatoren- Schulterblattstabilisatoren

RumpfkraftRumpftraining wird von den Spielernoft als Ergänzung oder lästige Pflichtangesehen. Es macht angeblich nichtso viel Spaß und der Trainingserfolg istkaum sichtbar. Dass Rumpftrainingdazu beiträgt, dass sie ihre Leistungen

Der Rumpf bildet den Stützpfeiler des Körpers. Dieser Stützpfeiler ist das Funda-ment jeder Bewegung und beeinflusst die Stabilität aller Schläge. Zudem ist derRumpf hauptverantwortlich für die Gesundheit des gesamten Körpers.

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verbessern und Verletzungen vorbeu-gen können, erkennen viele erst, wennes zu spät ist. Deshalb sollte das funk-tionelle Rumpfkrafttraining ein Haupt-schwerpunkt in den Trainingspläneneines jeden Spielers einnehmen.

Die Rumpfkraft ist für Tennisspie-ler von sehr großer Bedeutung. Tennisist ein Sport, bei dem die Stabilisationund Rotation des Rumpfes eine zentra-le Rolle spielt, denn sie wird bei jedemSprint, Sprung und Schlag benötigt, umden Ball aus verschiedenen Positionenmit hohen Geschwindigkeiten undDrallvarianten zu schlagen. Mit funk-tionellen und dreidimensionalenÜbungen kann man die Kraft undKoordination aller Muskelgruppenverbessern, die an den Schlagbewegun-gen beteiligt sind. Dabei müssen alleMuskelschlingen berücksichtigt wer-den, die den Ober- und Unterkörpermiteinander verbinden. Durch die Ver-bindung der Rumpfmuskulatur miteinfachenÜbungen für die oberen oderunteren Extremitäten, die die gesamte

oder einen Teil der kinetischen Ketteeinschließen, wird die dreidimensiona-le Rumpfstabilität verbessert unddadurch eine optimale Rekrutierung,Leistungsfähigkeit und Verletzungs-vorbeugung gesichert.

Rumpf als StützpfeilerJede Bewegung, die wir machen, be-ginnt im Zentrum des Körpers, undzwar dem Rumpf. Der erste Muskel,der bei einer Bewegung aktiviert wird,ist nach wissenschaftlichen Untersu-chungen (Richardson, Jull, Hodges,Hides) immer der quer verlaufendeBauchmuskel (Muskulus transversusabdominis). Dieser legt sich wie einnatürlicher Stützgürtel um die Taille.Zieht man den Bauch in RichtungWir-belsäule, stabilisiert man das Beckenund unterstützt so den Rumpf.

Der Rumpf bildet den Stützpfeilerdes Körpers. Dieser Stützpfeiler ist dasFundament jeder Bewegung undbeeinflusst die Gesundheit des gesam-ten Körpers. Rumpf, Becken und

Hinweise zurDurchführung vonTrainingsprogrammen• Vor jedem Trainingsprogramm sollteein dynamisches Aufwärmprogrammdurchgeführtwerden.• Bei jeder Übung muss als erstes dietiefe, querverlaufendeBauchmuskula-turaktiviertwerden.• Alle Übungen müssen langsam auf-gebautwerden,d.h.amAnfangstehenimmer einfache Basisübungen ohneZusatzmaterial.• Mit regelmäßigen Trainingseinhei-tenkönnendieÜbungenüberWochenhinweg langsam gesteigert und mehrHilfsmitteleingesetztwerden.•Man sollte immer erst ohneHilfsmit-tel startenunddannzueinfachenstei-gern, im Verlauf der Zeit könnenmehrund schwierigere Hilfsmittel inte-griertwerden.•Bei allenÜbungenmussaufeine sau-bere Technik geachtetwerden, ist diesnicht möglich muss eine einfachereÜbunggewähltwerden.• Stabilisationsübungen sollten zuBeginn nur am Boden ausgeführt wer-den, damit der Bewegungsablauf opti-mal erlernt wird, instabile Unterlagenwerden erst im fortgeschrittenen Sta-diumeingesetzt.• Übungen mit dem Physioball sindwegen der dreidimensionalen Instabi-lität sehr anspruchsvoll, auch hiermüssen Athleten erst erfahren genugsein,bevordiesereingesetztwird.•Steigerungen imRumpfkrafttrainingerfolgen erst über größere Wiederho-lungszahlen und längeres Halten,dann werden technisch schwierigereÜbungeneingesetzt.• Bei allen Übungen im Stehen mussdie athletische Grundposition einge-nommen werden: Hüftbreiter Standmit leicht angewinkelten Knien, dasGewicht ist auf dem ganzen Fuß, dieSchulterblätter werden nach hintenund unten gezogen, die Bauch-muskeln sind angespannt und KopfundBeckenbildeneineLinie.• Bei allen Übungen, die Kniebeugenbeinhalten, solltedasKnie immerüberden Zehen bleiben und nicht darüberhinausgehen.• Alle Übungen sollten kontrolliertund im vorgegebenen Tempo durchge-führtwerden. Auf diesem Bild sind die drei Körperachsen gut zu erkennen.

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Schultern bilden eine zentrale Achse,die den Dreh- und Angelpunkt allerBewegungen darstellt. Alle Bereichedes Körpers sind über den Rumpf mit-einander verbunden. Es ist unmöglich,Arme oder Beine effizient zu bewegen,wenn sie nicht mit diesem festen undstabilen Stützpfeiler verbunden wären.Je besser die Energie über den Rumpfin den Ober- oder Unterkörper geleitetwird, umso besser, effizienter undschneller kann sich der Athlet bewe-gen. Die Kraft wird gleichmäßig überdie Füße, Waden und Hüften nachoben zum Rumpf, den Schultern unddem Kopf geleitet. Ist diese Kraft desRumpfes nicht vorhanden, versuchtder Körper dies zu kompensieren undlädt den Druck an anderen Stellen ab.Dies führt zu Überlastungen und dege-nerativen Erkrankungen. Ohne eineperfekte Körperhaltung entsteht eineKettenreaktion aus Verspannungen,Verletzungen und Schäden beispiels-weise an Schultern, Nacken, Ellenbo-gen, Rücken, Knien oder Fußgelenken.

Die Hauptaufgaben der Rumpf-muskulatur (Boyle):- Stabilisation- seitliche Beugung- Rotation- gerade Beugung

Dreidimensionales TrainingUm Dreidimensionales Trainingrichtig zu verstehen, sollte man sichden Körper in seiner Funktionsweisebewusst machen. Dabei kann manden Körper in einzelne Komponen-ten zerlegen. Für die Rumpfkraftsind etliche Muskeln verantwortlich,von den Bauchmuskeln zu den tieferliegenden Rückenmuskeln und vielenkleinen Muskeln, die an Hüftgelen-ken, Becken, Wirbelsäule, Rippenund Schulterblättern ansetzen. DieseMuskeln haben eine Schlüsselfunkti-on bei allen Bewegungen, die wirausführen. Zusätzlich stabilisierensie den Körper und schützen vor Ver-letzungen. Alle Bewegungen, die wirausführen finden in drei Dimensio-

nen und drei physischen Ebenenstatt.

Man kann sich vorstellen, dass esmöglich ist, den Körper auf drei ver-schiedene Arten zu unterteilen. Teiltman ihn von vorne gesehen in der Mit-te, entsteht eine rechte und eine linkeKörperhälfte, die Sagittalebene. Zu die-ser Ebene gehören alle Beuge- undStreckbewegungen, die nach vorne undhinten gehen.

Teilt man den Körper in Ober- undUnterkörper, ist das die Transversal-ebene, auf der alle Rotationsbewegun-gen durchgeführt werden.

Betrachtet man den Körper von derSeite und teilt ihn in die Vorder- undRückseite, entsteht die Frontalebene,bei der die Bewegungen zur Seitegehen.

Beim funktionellen dreidimensio-nalen Rumpftraining wird überwie-gend in allen drei Ebenen gearbeitet,denn es gibt sehr wenige ein- oderzweidimensionale Bewegungen.

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Beispielübungen für denEinstieg

Legende zu den Karten:siehe Seite 16

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Beispielübungen fürkomplexeRumpfübungen

TENNISSAITENMADE IN GERMANY

www.kirschbaum-strings.de

Fotos: ©promasportfoto.de

N.N., Herren top 10, PRO LINE II Rot 125

Tim Pütz, Herren Nr. 19, HYBRIX POWER

N.N., Damen top 10, PRO LINE II Rot 125

Sebastian Prechtel, U18 Nr. 11, COMPETITION 125

Robin Lang, U18 Nr. 12, PRO LINE II Schwarz 125

Tim Rühl, U16 Nr. 4, TOUCH MULTIFIBRE 125

Niklas Schell, U16 b Nr. 1, BLACK SHARK 125

Marvin Möller, U16 b Nr. 3, PRO LINE II Schwarz 120

Philipp Schellhorn, U14 Nr. 9, SPIKY SHARK 130

Oliver Tobisch, U14 Nr. 12, PRO LINE II Schwarz 115

Osman Torski, U14 b Nr. 1, HELIX 125

Nic Wiedenhorn, U14 b Nr. 3, BLACK SHARK 125

Alexander Witte, U12 Nr. 10, HELIX 125

Carolin Jung, U16 b Nr. 7, TOUCH TURBO 125

Estella Jäger, U14 Nr. 10, PRO LINE II Schwarz 115

Franz Stauder, H35 Nr. 5, HELIX 125

Marc Pradel, H45 Nr. 1, HELIX 125

Bernd Richardt, H50 Nr. 4, SUPER SMASH 120

Norbert Henn, H55 Nr. 1, SUPER SMASH 125

Peter Marklstorfer, H60 Nr. 4, DTB TEAM 125

Taras Beyko, ITF Over 45 Nr. 1, PRO LINE II Schwarz 120

Andrew Rae, ITF Over 60 Nr. 3, TOUCH TURBO 120

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Beispielübungen fürkomplexeRumpfübungen

Autoren: Carl Petersen ist Physiotherapeut, Fitnesstrainer und der „High

Performance Director“ in der City Sports & Physiotherapy Clinic in Vancou-

ver, Kanada (www.citysportsphysio.com). NinaNittinger ist A-Trainerin Ten-

nis und A-Trainerin Kondition (www.ninisports.com). Der neue My-Pocket-

Coach Fitness von Nina und Carl ist einWerkzeug für das gezielte und funk-

tionelle Training, mit vorgegebenen oder leicht zusammenstellbaren eige-

nen Trainingsprogrammen. Mehr Informationen findet man unter

www.my-pocket-coach.com. Erhältlich ist der neue Pocket-Coach sowie

seine Vorgänger My-Pocket-Coach „Mental“ und „Tennis“ beim Sportver-

lag Schmidt & Dreisilker für 19,90 Euro. Bestellen unter:

www.sportverlag-sindelfingen.de/shop, E-Mail buchservice@deutsche-

tennis-zeitung.de, Tel. 07031 862855, Fax 07031 862801

Quellen und weiterführende Literatur bei der Redaktion erhältlich.

Wiederholungen: Anzahl derBewegungswiederholungen

Sätze: Die Anzahl der Sätzevon Bewegungswiederholungen

Tempo: Das Tempo in derdie Übungen durchgeführtwerden sollen