Gemeinsames Praktikum des Fachbereichs Bio- und ... · (HETP = Height Equivalent to a Theoretical...

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Gemeinsames Praktikum des Fachbereichs Bio- und Chemieingenieurwesen Die Versuche gehören zum Praktikumsbereich Technische Chemie A Versuch TC 28 Absorption in einer Füllkörperkolonne Versuchsinhalt: Betrieb einer Labor-Absorptionskolonne (50 mm Nennweite) Absorption von Schwefeldioxid aus Luft mit Wasser Füllkörperschüttung: Raschig-Ringe in vier Schüssen Durchführung eines 2 2 -Versuchsplans mit den Parametern: Gasbelastung der Kolonne (Gasdurchsatz in Nl/h) Verhältnis von Waschflüssigkeit zu Gas jeweils unter Nutzung von 1, 2, 3 und 4 Schüssen für jeden Versuch, d.h. für die betreffenden Betriebsbedingungen: Abschätzung der für eine vorgegebene SO 2 -Endkonzentration erforderlichen Füllkörper-Schüttungshöhe Ermittlung des HETP-Wertes der Füllkörper-Schüttung (Height Equivalent to a Theoretical Plate) Abschätzung der Investitions-, Betriebs- und Gesamt-Kosten einer technischen Absorptionsanlage Ermittlung der Fortschrittsrichtung zur Kostenminimierung nach der Optimierungsstrategie von Box-Wilson Durchführung weiterer Versuche in dieser Richtung

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Gemeinsames Praktikum des Fachbereichs Bio- und Chemieingenieurwesen

Die Versuche gehören zum Praktikumsbereich Technische Chemie A

Versuch TC 28

Absorption in einer Füllkörperkolonne

Versuchsinhalt:

• Betrieb einer Labor-Absorptionskolonne (50 mm Nennweite) • Absorption von Schwefeldioxid aus Luft mit Wasser • Füllkörperschüttung: Raschig-Ringe in vier Schüssen

• Durchführung eines 2 2-Versuchsplans mit den Parametern: • Gasbelastung der Kolonne (Gasdurchsatz in Nl/h) • Verhältnis von Waschflüssigkeit zu Gas • jeweils unter Nutzung von 1, 2, 3 und 4 Schüssen

• für jeden Versuch, d.h. für die betreffenden Betriebsbedingungen: • Abschätzung der für eine vorgegebene SO2-Endkonzentration

erforderlichen Füllkörper-Schüttungshöhe • Ermittlung des HETP-Wertes der Füllkörper-Schüttung

(Height Equivalent to a Theoretical Plate) • Abschätzung der Investitions-, Betriebs- und Gesamt-Kosten

einer technischen Absorptionsanlage • Ermittlung der Fortschrittsrichtung zur Kostenminimierung

nach der Optimierungsstrategie von Box-Wilson • Durchführung weiterer Versuche in dieser Richtung

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Universität Dortmund Gemeinsames Praktikum, Praktikumsbereich TCA Zeichen: Jörissen / Naendrup Fachbereich Bio- und TC 28 Seite: 2 Chemieingenieurwesen Absorption in einer Füllkörperkolonne Datum: August 2005

Nur zum persönlichen Gebrauch bestimmt!

Inhaltsverzeichnis: 1. Versuchsziel ........................................................................................................................2

2. Aufgabenstellung ................................................................................................................2

3. Grundlagen der Absorption ................................................................................................4 3.1 Absorptionsgleichgewichte .................................................................................................................................. 5 3.2 Bilanzierung und Ermittlung der theoretischen Trennstufenzahl................................................................... 6 3.3 Absorptionsapparate ........................................................................................................................................... 7

4. Kostenrechnung ..................................................................................................................8 4.1 Kostenarten bei der chemischen Produktion..................................................................................................... 8 4.2 Kostenabschätzung der Absorptionsanlage....................................................................................................... 9

5. Versuchsplanung und Optimierung.................................................................................10 5.1 Allgemeines zur Optimierung ........................................................................................................................... 10 5.2 Die Box-Wilson-Methode .................................................................................................................................. 11 5.3 Beispiel für die faktorielle Versuchsplanung ................................................................................................... 11

5.3.1 Versuchsdaten ............................................................................................................................................. 11 5.3.2 Berechnung der Wirkungen......................................................................................................................... 12 5.3.3 Versuchsstreuung......................................................................................................................................... 13 5.3.4 Vertrauensbereich........................................................................................................................................ 14 5.3.5 Signifikanzprüfung der Wirkungen ............................................................................................................. 14 5.3.6 Auswahl der Schrittweite und Überprüfung der Linearität .......................................................................... 15 5.3.7 Bestimmung der Fortschrittsrichtung........................................................................................................... 16

6. Versuchsanlage .................................................................................................................16

7. Inbetriebnahme und Versuchsdurchführung ..................................................................18 7.1 Sicherheitshinweise ............................................................................................................................................ 18 7.2 Betriebsvorschrift .............................................................................................................................................. 18

8. Analytik ..............................................................................................................................20

9. Literatur..............................................................................................................................21 1. Versuchsziel

Eine Labor-Absorptionskolonne mit einer Füllkörperschüttung aus 5mm-Keramik-Raschigringen soll mit Schwefeldioxid als Absorbend in Luft als Inertgas und Wasser als Absorbens betrieben werden. Aus einem faktoriellen Versuchsplan, bei dem die Gasbelastung (Inertgas-Durchsatzmenge in Normliter / h) der Absorptionskolonne und das Verhältnis Mole reine Waschflüssigkeit / Mol reines Inertgas variiert sowie jeweils mehrere Schüttungshöhen eingesetzt werden, sollen die Betriebskosten für eine vergleich-bare Anlage im technischen Maßstab in Abhängigkeit von den Betriebsbedingungen abgeschätzt werden. Nach der Optimierungsmethode von Box-Wilson ist die Richtung zu bestimmen, in der der wirtschaftlich optimale Betriebspunkt zu erwarten ist, und in dieser Richtung sind im Rahmen der zeitlichen Möglich-keiten weitere Versuche durchzuführen. Für jeden Versuch soll die Höhe der Füllkörperschüttung ermit-telt werden, die unter den betreffenden Bedingungen einer theoretischen Trennstufe äquivalent ist. 2. Aufgabenstellung

Vorbemerkung:

Da schon während der Versuche eine Auswertung erfolgen muss, um das weitere Vorgehen festlegen zu können, sind ausreichende Kenntnisse über die Absorption, die Kostenrechnung, die faktorielle Versuchs-planung und die Optimierungsmethode nach Box-Wilson schon zum Vorgespräch unerlässlich.

2.1 Stellen Sie alle Betriebsparameter zusammen, die einen Einfluss auf die Betriebskosten haben, auch solche, die im Rahmen des Versuches nicht geändert werden können. Diskutieren und begründen Sie, welchen Einfluss auf die Kosten Sie erwarten.

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2.2 Als unabhängige Variable für die Versuchsplanung werden verändert:

A Gasbelastung (Inertgas-Durchsatzmenge in Normliter / h) der Absorptionskolonne

B Verhältnis Mole reine Waschflüssigkeit / Mol reines Inertgas

2.3 Jeder Versuch besteht aus der Bestimmung der Konzentration des Zufuhrgases, der Konzentrations-bestimmung des Abgases und der Messung des Druckabfalls beim Betrieb von 1, 2, 3 und 4 Schüs-sen sowie einer abschließenden Kontrollbestimmung der Konzentration des Zufuhrgases.

2.4 Vom Assistenten erhalten Sie folgende Daten und Materialien:

a) Den Startwert für die Gasbelastung der Kolonne [Nl Inertgas/h] (Liter bei Normalbedingungen: 0 °C, 1,013 bar),

b) die konstant gehaltene Gaseintritts-Konzentration [Volumen-ppm SO2],

c) die geforderte Gasaustritts-Konzentration [Volumen-ppm SO2],

d) die Gasbelastung [Nm3 Inertgas/h] der technischen Absorptionskolonne, für die die Kapitalkosten abgeschätzt werden sollen (siehe 4.2),

e) den Preis für die Waschflüssigkeit [DM/t] (siehe 4.2),

f) Diagramme mit der Gleichgewichtslinie SO2 – Wasser.

2.5 Bestimmen Sie den minimalen Wert Bmin des Parameters B (siehe 2.2) für die angegebenen Bedingungen (siehe 3.2, Abb. 4).

2.6 Führen Sie folgenden 2 2-Versuchsplan durch:

Parameter A: Mittelpunktsversuch wie unter 2.4 a) angegeben Schrittweite wA = 15% niedriges Niveau = 85% hohes Niveau = 115% jeweils dieses Mittelpunkts-Wertes

Parameter B: Um eine asymptotische Annäherung an den Wert Bmin (siehe 2.5) zu erreichen, wird eine logarithmische Skala gemäß folgender Umrechnung eingeführt:

B = Bmin · ( 1 + F ) mit F = 10 B* bzw. B* = log F Für den Versuchsplan wird dann B* variiert: Mittelpunktsversuch: B* = – 0,7 ⇒ B = 1,2 · Bmin Schrittweite: wB* = 0,3 niedriges Niveau: B* = – 1,0 ⇒ B = 1,1 · Bmin hohes Niveau: B* = – 0,4 ⇒ B = 1,4 · Bmin

Der Parameter B darf selbstverständlich nicht den Wert Bmin erreichen oder gar unterschreiten. Er muss deshalb möglichst genau eingehalten werden und nach Einstellung des Parameters A und der Gaseintritts-Konzentration (siehe 2.4 b) den tatsächlich erreichten Werten angepasst werden.

2.7 Führen Sie zu Beginn zweimal den Mittelpunktsversuch aus und wiederholen Sie ihn auch zu Beginn jedes Versuchstages.

2.8 Tragen Sie für jeden Versuch die erhaltenen Konzentrationswerte in ein Diagramm mit folgenden Achsen ein:

Abszisse: Anzahl der in Betrieb befindlichen Schüsse (1 = 4 cm), 0 entspricht dem Zufuhrgas Ordinate: Dekadischer Logarithmus der Konzentration in Volumen-ppm (1 Dekade = 5 cm)

Zeichnen Sie eine Ausgleichskurve durch die Punkte ein. Wiederholen Sie die Messung für Punkte, die offensichtlich zu weit von der Kurve abweichen.

2.9 Bestimmen Sie für jeden Versuch die folgenden Zielgrößen (abhängige Variable):

a) Die benötigte Anzahl der Schüsse der Praktikumskolonne, um die geforderte Gasaustritts-Konzentration zu erreichen. Verwenden Sie dazu die Ausgleichskurve im Diagramm nach 2.8 (auf 1 Dezimalstelle genau ablesen),

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b) Den Preis der technischen Absorptionskolonne für die Gasbelastung nach 2.4 d) (siehe 4.2),

c) Die fixen Kosten für diese Kolonne in [DM/Jahr] und in [DM/Nm3] gereinigtes Gas (8000 Betriebsstunden/Jahr),

d) Die Waschflüssigkeitsmenge der technischen Kolonne in [t/h] und die Kosten dafür in [DM/Nm3] gereinigtes Gas,

e) Die Gesamtkosten in [DM/Nm3] gereinigtes Gas,

f) Die Höhe der Füllkörperschüttung, die einer theoretischen Trennstufe äquivalent ist (HETP = Height Equivalent to a Theoretical Plate) (1 Schuss = 0,5 m Schütthöhe)

2.10 Berechnen Sie für alle unter 2.9 genannten Größen die Wirkungen und aus den Mittelpunktsversu-chen die Standardabweichung. Überprüfen Sie die Signifikanz der Wirkungen. Vergleichen Sie jeweils den Mittelwert aus den Ergebnissen des 2

2-Versuchsplans mit dem Mittelwert aus den Mittelpunktsversuchen zur Überprüfung der Linearität.

2.11 Tragen Sie die Versuchspunkte in ein Diagramm mit Parameter A auf der Abszisse und Parameter B* (siehe 2.6) auf der Ordinate als Kreuz und zusätzlich die Gesamtkosten nach 2.9 e) als Zahlen-wert ein. Ermitteln Sie die Fortschrittsrichtung zum Minimum der Gesamtkosten nach Box-Wilson und zeichnen Sie sie ein.

2.12 Führen Sie im Rahmen der zeitlichen Möglichkeit weitere Versuche in der Fortschrittsrichtung durch und führen Sie jeweils die Punkte 2.8 und 2.9 aus (auch eintragen in das Diagramm nach 2.11). Bedenken Sie dabei, wieweit es sinnvoll sein kann, sich dem Wert Bmin zu nähern, und dass es nicht überschreitbare Grenzwerte bei der Apparatur gibt.

2.12 Geben Sie an, welche Einsparungen gegenüber dem Mittelpunktsversuch erreicht wurden und stellen Sie die Zu- bzw. Abnahme der einzelnen Kostenanteile zusammen.

2.13 Diskutieren Sie die Ergebnisse. 3. Grundlagen der Absorption

Informieren Sie sich über die Absorption im Kapitel „Gasreinigung und Gastrennung durch Absorption“ des Ullmann [1]. In der folgenden Kurzfassung werden die wichtigsten Begriffe, über die Sie Bescheid wissen sollten, nur kurz angesprochen. Informieren Sie sich auch über die technisch verwendeten Appa-rate und ihre typischen Anwendungsfälle sowie über technisch eingesetzte Absorptionsverfahren.

Abb. 1 Schema einer Absorptionsanlage [1]

Im allgemeinen versteht man unter Absorption die Aufnahme eines Gases oder Dampfes (Ab-sorbend) durch eine Waschflüssigkeit (Absor-bens). Die Gaslöslichkeit beruht dabei auf phy-sikalischen oder chemischen Kräften, häufig spielen beide eine Rolle.

Abb. 1 zeigt das Schema einer typischen Ab-sorptionsanlage. Sie besteht aus dem Absorber und dem Regenerator, in dem das absorbierte Gas, z.B. durch Erhitzen, wieder von der Wasch-flüssigkeit getrennt wird, damit diese in den Ab-sorber zurückgeführt werden kann.

Die Waschflüssigkeit sollte ein hohes Lösungs-vermögen, u.U. selektiv für einen Gasbestand-teil, besitzen. Je höher das Lösungsvermögen ist, desto geringer ist die benötigte Flüssigkeitsmen-ge und die Größe der Anlage sowie die für Um-wälzung und Regeneration benötigte Energie.

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Um die Löslichkeit zu erhöhen, arbeiten Absorptionsverfahren oft bei erhöhtem Druck, der bei vielen gasverarbeitenden Prozessen ohnehin vorhanden ist. 3.1 Absorptionsgleichgewichte

Voraussetzung für die Auslegung einer Absorptionsanlage ist die Kenntnis des Gleichgewichtes zwischen der Gasphase und der Waschflüssigkeit. Bei dem Grenzfall idealer physikalischer Löslichkeit, der allerdings nur für schlecht lösliche Gase bei nicht zu hohem Druck zutrifft, gilt das Henry’sche Gesetz:

pi = Hi · ci (1)

pi = Partialdruck der Komponente i im Gas ci = Konzentration der Komponente i in der Flüssigkeit Hi = Henry’sche Konstante für die Komponente i

Bei chemischer Ähnlichkeit von Absorbend und Absorbens (z.B. bei Kohlenwasserstoffen) lässt sich das Gleichgewicht wie das Flüssig-Dampf-Gleichgewicht einer idealen Mischung durch das häufig in der Destillationstechnik verwendete Raoult’sche Gesetz beschreiben:

pi = xi · Pi (2)

xi = Molenbruch des Stoffes i in der Flüssigkeit Pi = Sättigungsdampfdruck der reinen Stoffes i

Abweichungen vom idealen Verhalten sind, besonders bei erhöhtem Druck, für die meisten Absorptions-verfahren zu erwarten.

Viele technische Absorptionsverfahren nutzen die hohe Gaslöslichkeit durch chemische Absorption aus. Die Gleichgewichtsdaten müssen in diesem Fall meistens für die betreffenden Betriebsbedingungen experimentell bestimmt werden.

Auch bei der für diesen Praktikumsversuch als Beispiel gewählten Gaswäsche von schwefeldioxid-haltigen Gasen mit Wasser liegt hauptsächlich chemische Absorption vor (Bildung schwefliger Säure). Diese Gaswäsche wird auch technisch angewendet, sowohl bei normalem wie auch bei erhöhtem Druck, allerdings nur bei höheren SO2-Konzentrationen. Für niedrige SO2-Konzentrationen, z.B. bei der Rauch-gasentschwefelung, steigert man die Löslichkeit durch Verwendung alkalischer Waschflüssigkeiten. So setzt das Wellman-Lord-Verfahren [2] eine Natriumsulfitlösung ein, in der durch Aufnahme von SO2 Natriumhydrogensulfit gebildet wird, das im Regenerator thermisch wieder in SO2 und Natriumsulfit gespalten werden kann.

Im Grenzfall der irreversiblen chemischen Bindung des Gases an die Waschflüssigkeit hat der Partial-druck des Absorbenden keinen Einfluss auf das Absorptionsgleichgewicht. Es lassen sich dann sehr kleine Restkonzentrationen im Gas erreichen, z.B. in einer Schluss-Feinreinigung. Bei der Wirtschaftlichkeits-betrachtung ist aber zu berücksichtigen, dass sich die Waschflüssigkeit nicht regenerieren lässt.

Wesentlichen Einfluss auf die Absorption hat die Betriebstemperatur. Die Gaslöslichkeit nimmt mit stei-gender Temperatur normalerweise ab, besonders bei physikalischer Absorption, was man ja zur Desorp-tion im Regenerator häufig ausnutzt. Nachteilig ist auch der steigende Dampfdruck der Waschflüssigkeit bei Temperaturerhöhung. Positiv wirkt sich eine höhere Temperatur durch Beschleunigung der Diffusi-onsvorgänge und der chemischen Reaktionen sowie durch Erniedrigung der Viskosität des Absorbens aus.

Bei der Wärmebilanz der Absorption können die Absorptionswärme (bzw. die Desorptionswärme im Regenerator), die Verdampfungswärme verdampfender Waschflüssigkeit und die Kondensationswärme kondensierender Gasbestandteile eine entscheidende Rolle spielen. Man kann deshalb häufig nicht von einer konstanten Temperatur (isotherme Absorption) im ganzen Absorber bzw. Regenerator ausgehen, wie hier in diesem Praktikumsversuch, sondern man muss die Gleichgewichtsdaten dem Temperaturprofil anpassen (adiabate Absorption).

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3.2 Bilanzierung und Ermittlung der theoretischen Trennstufenzahl

Abb. 2 Bilanzierung der Absorption

G = Molenstrom reines Inertgas [mol/h] L = Molenstrom reine Waschflüssigkeit [mol/h] Y = Beladung des Gasstroms = Mole Absorbend / Mol reines Inertgas X = Beladung des Flüssigkeitsstroms = Mole Absorbend / Mol reine Waschflüssigkeit

Wenn man annimmt, dass weder Waschflüssigkeit ver-dampft noch Inertgas absorbiert wird (G und L also kon-stant sind), gilt für eine Bilanzhülle beginnend beim Kopf bis hinab zu einem beliebigen Querschnitt der Kolonne:

eintretender Molenstrom Absorbend = austretender Molenstrom Absorbend:

Y · G + XE · L = YA · G + X · L (3)

Y = YA – XE · L / G + X · L / G (4)

Wenn man in einem Diagramm Y als Ordinate über X als Abszisse aufträgt (siehe Abb. 3), wird die Mas-senbilanz der Absorptionskolonne durch diese Gleichung als Arbeitsgerade mit der Steigung L / G darge-stellt. Der untere Endpunkt gibt die Verhältnisse am Kopf der Kolonne wieder (X = XE, Y = YA). Die Arbeitsgerade lässt sich also konstruieren, indem man von einem bekannten bzw. vorgegebenen Be-triebspunkt ausgehend die Steigung L / G anlegt, die dem Verhältnis der Molenströme der reinen Wasch-flüssigkeit zum reinen Inertgas entspricht.

In diesem Diagramm lässt sich eine Stufenkonstruktion zur Ermittlung der theoretischen Trennstufenzahl analog zu dem Verfahren bei der Rektifikation im McCabe-Thiele-Diagramm durchführen:

Abb. 3 Stufenkonstruktion zur Ermittlung der theoretischen Trennstufenzahl

Das Gas tritt mit der Beladung YE in die Kolonne ein. Aus der Arbeitsgeraden, entsprechend der Mas-senbilanz, ergibt sich die dazugehörende Beladung XA = X1 der ablaufenden Flüssigkeit. Mit dieser Flüs-sigkeit steht auf der 1. Trennstufe ein Gas im Gleich-gewicht, dessen Beladung Y1 man durch senkrechtes Hinabgehen bis zur Gleichgewichtslinie bekommt. Jetzt geht man nach links zur Arbeitsgeraden und er-hält gemäß der Massenbilanz die Beladung der Flüs-sigkeit X2. Diese Stufenkonzentration geht also vom Gleichgewicht auf den theoretischen Trennstufen aus – entsprechend der Gleichgewichtskurve – und von der Massenbilanz zwischen den theoretischen Trenn-stufen – dargestellt durch die Arbeitsgerade. Dieses Verfahren setzt man fort, bis die Gasbeladung YA am Ausgang und die Flüssigkeitsbeladung XE am Ein-gang erreicht sind. Hier im Beispiel sind dazu etwa 3,5 theoretische Trennstufen nötig.

Da G und L in der Kolonne konstant bleiben, ergibt sich die gerade Arbeitslinie in Abb. 3 nur bei Ver-wendung der „Beladung“ als Konzentrationsmaß = Mol Absorbend / mol reines Inertgas bzw. reine Waschflüssigkeit (dargestellt hier durch die großen Buchstaben „Y“ und „X“, nicht zu verwechseln mit „Belastung“). Dagegen geht man bei der Konstruktion der Arbeitsgeraden nach McCabe-Thiele für die Rektifikation von einem konstanten Gesamtmolenstrom aus und muss deshalb den „Molenbruch“ = Mol / Summe der Mole verwenden (dargestellt häufig durch die kleinen Buchstaben „y“ und „x“). Die Größen Beladung und Molenbruch unterscheiden sich für abnehmende Konzentrationen allerdings immer weniger.

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Abb. 4 Ermittlung der Mindest-Waschflüssigkeitsmenge

Wenn man die Eintrittsbeladungen des Gases YE und der Wasch-flüssigkeit XE sowie die Austrittsbeladung des Gases YA vorgibt und die Waschflüssigkeitsmenge und damit die Steigung L / G immer kleiner macht, nähert sich das obere Ende der Arbeits-geraden der Gleichgewichtslinie. Bei der Stufenkonstruktion zwi-schen den beiden Linien erhält man dann immer größere Trenn-stufenzahlen. Die minimale Waschflüssigkeitsmenge ergibt sich nach Abb. 4, wenn die Arbeitsgerade die Gleichgewichtslinie berührt. Das bedeutet, dass die Flüssigkeit gesättigt ist und kei-nen Absorbenden mehr aufnehmen kann. Der gewünschte Absorp-tionsvorgang ließe sich dann nur hypothetisch mit einer unend-lichen Trennstufenzahl erreichen. Im praktischen Betrieb muss man eine größere Flüssigkeitsmenge einsetzen, um mit einer rea-listischen Trennstufenzahl auszukommen. Wenn man die Min-dest-Waschflüssigkeitsmenge sogar unterschreitet, könnte man selbst mit einer unendlichen Stufenzahl die geforderten Kon-zentrationen YA, XA und XE nicht mehr gleichzeitig erreichen.

3.3 Absorptionsapparate

Die Aufgabe des Absorptionsapparates ist es, Gas und Flüssigkeit in einen möglichst engen Kontakt zu bringen, um gute Voraussetzungen für den Stoffübergang zu schaffen.

Wie in der Rektifikationstechnik werden auch für die Absorption Bodenkolonnen eingesetzt. Der Boden-wirkungsgrad, der Quotient aus der tatsächlich erreichten durch die theoretisch mögliche (d.h. der voll-ständigen Gleichgewichtseinstellung entsprechenden) Konzentrationsänderung im Gas, liegt bei der Absorption in ungünstigen Fällen unter 20%.

Sehr häufig werden für die Absorption Füllkörperkolonnen eingesetzt, bei denen ein kontinuierlicher Stoffübergang erfolgt. Physikalisch sind die Vorgänge also nicht direkt mit denen in einer Bodenkolonne vergleichbar. Trotzdem lässt sich für die Stufenkonstruktion formal eine theoretische Trennstufe als eine bestimmte Höhe der Füllkörperschüttung definieren, die den gleichen Effekt bewirkt, wie eine einmal erfolgte vollständige Gleichgewichtseinstellung (HETP = Height Equivalent to a Theoretical Plate).

Um eine möglichst große Phasengrenzfläche zu erreichen, müssen die Füllkörper optimal benetzt sein, so dass der gleichmäßigen Verteilung der Flüssigkeit eine große Bedeutung zukommt. In einer Füllkörper-kolonne zeigt sich eine „Randgängigkeit“ der Flüssigkeit, die deshalb nach einer gewissen Schüttungs-höhe neu verteilt werden muss.

Die Gas- und Flüssigkeitsbelastung einer Füllkörperkolonne kann nicht beliebig gewählt werden. Bei zu kleinem Flüssigkeitsstrom werden die Füllkörper nicht mehr richtig benetzt und der Stoffübergang ist schlecht. Eine Erhöhung der Belastung, sowohl bei der Flüssigkeit als auch beim Gas, fördert die Durch-mischung (bis schließlich zur Turbulenz) und damit den Stoffübergang, es steigt allerdings auch der Druckverlust. Bei zu großer Belastung erreicht die Kolonne schließlich den Flutpunkt, bei dem die Flüssigkeit nicht mehr gegen den Gasstrom abfließen kann und sich aufstaut. In der Praxis arbeitet man bei ca. 60 - 85% der Flutpunktbelastung.

Die Größe der Füllkörper wirkt sich stark auf den Stoffübergang aus. Je kleiner sie sind, desto geringer ist die für eine theoretische Trennstufe erforderliche Schüttungshöhe, desto größer ist aber auch der Preis und die Druckverlust und desto geringer ist die Belastbarkeit. Die Füllkörpergröße muss dem Kolon-nendurchmesser angepasst werden (häufig Kolonnendurchmesser = 10 · Füllkörpergröße). Kleine Füll-körper (< 50 mm) werden unregelmäßig geschüttet (unter Wasser), größere auch regelmäßig gestapelt.

Eine wichtige Betriebsgröße einer Füllkörperkolonne ist der Druckabfall. Technisch arbeitet man im Be-reich von 20 – 80 mm Wassersäule je Meter Füllkörperschüttung. Im mittleren Bereich bei etwa 40 – 50 mm H2O / m hat der Aufbau der Füllkörper kaum einen Einfluss auf den Stoffübergang, wohl aber bei

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kleinerem Druckabfall. Bei größerem Druckabfall macht sich das beginnende Aufstauen der Flüssigkeit durch Druckschwankungen bemerkbar, der Flutpunkt wird schließlich ab etwa 120 mm H2O / m erreicht.

Für spezielle Aufgaben gibt es noch andere Absorptionsapparate z.B. Sprühapparate, Filmwäscher und Blasensäulen.

Für die richtige Auswahl des Apparates ist es wichtig zu wissen, ob der Widerstand für den Stoffaus-tausch hauptsächlich auf der Gas- oder auf der Flüssigkeitsseite liegt. Eine geringe Konzentration des Absorbenden im Gas, also ein hoher Inertgasanteil, erhöht den Widerstand auf der Gasseite. Eine starke chemische Bindung des Absorbenden an das Absorbens hat einen niedrigen Widerstand auf der Flüs-sigkeitsseite zur Folge. Wenn der Widerstand für den Stofftransport hauptsächlich auf der Gasseite liegt, wie es für das System SO2 – Wasser bei den kleinen Konzentrationen in diesem Praktikumsversuch ange-nommen werden kann, ist eine Füllkörperkolonne ein typischer Absorptionsapparat.. 4. Kostenrechnung

4.1 Kostenarten bei der chemischen Produktion

Die Gesamtkosten, die bei der Herstellung eines Produktes anfallen, lassen sich grundsätzlich einteilen in:

a) fixe Kosten, die unabhängig von der Kapazitätsauslastung der Anlage sind, unterteilt in • absolut fixe Kosten • relativ fixe Kosten und

b) veränderliche Kosten, die mit wachsender Produktionsmenge steigen (proportional sowie unter- und überproportional).

Die absolut fixen Kosten entstehen allein durch die Existenz der Anlage ohne Rücksicht darauf, ob pro-duziert wird oder nicht (Stillstandskosten). Dazu gehören in erster Linie die Kapitalkosten, also Abschrei-bung und Zinsen, ferner die auf das Kapital erhobenen Steuern (Vermögens- und Grundsteuer).

Die relativ fixen Kosten entstehen erst bei Aufnahme der Produktion, bei längeren Stillständen der An-lage können sie eingespart werden. Es handelt sich dabei vor allem um den größten Teil der Personal-kosten, und zwar für Überwachungstätigkeiten, Spezialisten und leitende Angestellte, ferner um die auf diese Personalkosten erhobenen Steuern. Schließlich können auch die Werksgemeinkosten dazugerechnet werden.

Die veränderlichen Kosten kann man unterteilen in die proportionalen Kosten, die der produzierten Menge direkt proportional sind, und in unterproportionale Kosten, die nicht im selben Maße wie die Pro-duktionsmenge zunehmen. Daneben gibt es auch die sogenannten überproportionalen Kosten, die stärker ansteigen als die Produktionsmenge. Sie treten im allgemeinen erst bei überhöhter Ausnutzung der Produktionskapazität in Erscheinung, z.B. Überstundenzuschläge und besondere Reparaturkosten durch erhöhten Verschleiß. Bei Chemieanlagen fallen überproportionale Kosten normalerweise kaum ins Ge-wicht und können daher hier vernachlässigt werden.

Zu den proportionalen Kosten gehören vor allem die Rohstoff-, Material- und Energiekosten sowie die Kosten für Verpackung, Versand und Frachten. Bei Chargenprozessen mit hohem manuellen Bedienungs-aufwand gehört auch ein Teil der Lohnkosten zu den proportionalen Kosten.

Unterproportionale Kosten sind die Kosten für Labor (Analysen, Qualitätskontrolle), für Vertrieb und Werbung. Reparaturkosten gehören auch dazu, man kann sie bei kontinuierlichen Anlagen aber oft nähe-rungsweise mit zu den fixen Kosten zählen. Die Personalkosten insgesamt sind ebenfalls unterproportio-nale Kosten, sie ändern sich bei kontinuierlichen Anlagen allerdings kaum mit der Kapazitätsauslastung und können deshalb häufig den fixen Kosten zugerechnet werden.

Für eine vereinfachte Darstellung des Verlaufes der unterproportionalen Kosten mit der Kapazitäts-ausnutzung kann man generell so vorgehen, dass man diese Kosten in einen fixen und einen proportio-nalen Anteil aufteilt. Dazu nimmt man je nach Art der Produktionsanlage bei den einzelnen Kostenposi-tionen bestimmte Prozentsätze für den fixen und proportionalen Anteil an.

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Durch den Verkauf der erzeugten Produkte wird ein Verkaufserlös erzielt, der normalerweise proportional mit der Kapazitätsauslastung ansteigt (vorausgesetzt, das Produkt kann in der vollen Menge zum gleichen Preis abgesetzt werden).

Zur Veranschaulichung dient Abb. 5, in der die Kosten und der Verkaufserlös gegen den Auslastungsgrad aufgetragen sind.

0 20 40 60 80 100 120

Nutzenschwelle(break even point)

Stilllegungspunkt(Betriebsminimum)

Auslastungsgrad[% der geplanten Anlagenkapazität]

jäh

rlic

he

Ko

sten

[z.

B. E

uro

/Jah

r]

Gewinn

GesamtkostenErlö

skurv

e

fixe Kosten

veränderliche

Kosten

Abb. 5 Schematische Darstellung der Kosten und des Verkaufserlöses als Funktion des Auslastungsgrades einer Anlage

In einem solchen Diagramm wird der Verkaufserlös in Abhän-gigkeit vom Auslastungsgrad durch eine Gerade dargestellt, die im Koordinatenursprung beginnt. Die Kurve der veränderlichen Kosten beginnt ebenfalls im Ursprung und hat den typischen S-förmigen Verlauf, da die Produktion kleiner Mengen bei nied-rigem Auslastungsgrad unverhältnismäßig teuer ist und bei ho-hem Auslastungsgrad (evtl. über 100% der vorgesehenen Pro-duktionskapazität) überproportionale Kostenanteile wirksam werden. Die Kurve der Gesamtkosten ist um den Betrag der fixen Kosten parallel nach oben verschoben.

Die Differenz zwischen Verkaufserlös und Gesamtkosten ist der Gewinn. An der Stelle, wo die beiden Kurven sich schneiden, ist er gleich Null. Man nennt diesen Punkt die Nutzschwelle (engl.: break even point). Unterhalb dieses Punktes arbeitet die Anlage mit Verlust, erst bei höherem Auslastungsgrad, hier ab 67%, bringt sie Gewinn. Dieser Wert ist relativ hoch. Man strebt selbstverständlich an, die Nutzschwelle möglichst niedrig zu legen. Bei Projekten mit größerem wirtschaftlichen Risiko sollte die Nutzschwelle bei einem Auslastungsgrad von etwa 50% liegen.

Den Schnittpunkt zwischen Erlöskurve und der Kurve der veränderlichen Kosten nennt man den Still-legungspunkt. Bei einem Auslastungsgrad unterhalb dieses Punktes deckt der Verkaufserlös noch nicht einmal die veränderlichen Kosten ab, so dass es günstiger ist, die Anlage stillzulegen, weil man sonst durch den Betrieb der Anlage noch zusätzlichen Verlust machen würde. Nach der Stilllegung sind dann nur noch die (absolut) fixen Kosten aufzubringen (Stillstandskosten). 4.2 Kostenabschätzung der Absorptionsanlage (Stand 1991)

Die Absorptionskolonne soll als Steinzeugturm für einen vom Assistenten angegebenen Gasstrom projek-tiert werden, wobei der Querschnitt linear von der Laborkolonne hochgerechnet werden soll (auf die unterschiedliche Gasbelastung bei den Versuchen achten ! ).

Der Steinzeugturm besteht aus folgenden Teilen: a) Turmunterteil + Deckel b) Turmmittelteil (1 m hoch) c) Lochplatte (Auflage für die Füllkörperschüttung) d) Füllkörperschüttung e) Verteilerboden f) Turmoberteil + Deckel

Die Teile b) bis e) stellen zusammen einen Kolonnenschuss dar. Die Kolonne kann nur um ganze Schüsse erweitert werden. Die Höhe der Füllkörperschüttung (wie auch die Füllkörpergröße) soll direkt vom Praktikumsversuch (siehe 2.9 a) übernommen werden.

Es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass die hier durchgeführte Übertragung der Daten aus einer sehr klei-nen Laborkolonne auf eine (ebenfalls kleine) technische Kolonne große Fehler mit sich bringt. Man würde im technischen Maßstab auch nicht so kleine Füllkörper verwenden. Der Praktikumsversuch soll nur die wesentlichen Grundprinzipien demonstrieren. Für die praktische Auslegung von Absorptionsanlagen sind heute leistungsfähige Berechnungsmethoden verfügbar (siehe [1] und die dort angegebene Literatur).

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Die Preise können für diese grobe Vorkalkulation den Abb. 6 und 7 entnommen und für 1991 umge-rechnet werden (Preisindizes für Chemieanlagen: 1957 = 100, 1991 = 422). Aktuelle Preisindizes werden laufend in der Zeitschrift „Chemische Industrie“ veröffentlicht.

Abb. 6 Preise für Steinzeug - Türme [3]

1 Turm-Unterteile nach DIN 7024; 2 Turm-Oberteile nach DIN 7026, Turm-Mittelteile nach DIN 7025 bis 800 mm NW etwa wie Kurve 1, über 800 mm etwa wie Kurve 2; 3 Hauben oder gewölbte Deckel; 4 Prellknopfplatten (als Flüssigkeitsverteiler), Verteilerböden etwa im Gebiet der Kurven 1 und 2; 5 Lochplatten nach DIN 7027

Abb. 7 Preise für Füllkörper [3]

Raschig- 1a Steinzeug Ringe: 1b Steinzeug, systematischer Aufbau 2 Hartporzellan 3 Stahl, 0,3 mm stark 4 Stahl, 0,5 mm stark 5 Stahl, 1,0 mm stark 6 PVC 1 mm stark Intalox- 7 Steinzeug Sattel 8 Hartporzellan

In der Vorprojektierung kann man zur Ermittlung des Anlagenkapitals Zuschlagfaktoren annehmen, z.B. einen Gesamtfaktor für petrochemische und Polymer-Anlagen von 350 % (d.h. Anlagenkapital = 3,5 · Apparatekosten) [4]. 25% dieses Betrages müssen als jährliche Kapitalkosten veranschlagt werden (ver-einfachte Zusammenfassung von Abschreibung, Zinsen, Steuern, Reparaturen und Werksgemeinkosten).

Für den Preis der Waschflüssigkeit soll ein pauschaler Betrag angenommen werden, den Ihnen der Assis-tent angibt. Darin sind alle Kosten der kompletten Absorptionsanlage zusammengefasst (einschließlich der Gutschrift für das Produkt SO2), außer den o.g. Kapitalkosten des eigentlichen Absorbers. Diese Ein-teilung ist im Rahmen der Genauigkeit einer Vorprojektierung möglich, da alle übrigen Kostenpositionen hauptsächlich durch die Größe des Flüssigkeitsumlaufes bestimmt werden. Bei einer größeren Variation der Flüssigkeitsmenge müsste berücksichtigt werden, dass der Preis mit steigender Menge abnimmt (Kos-tendegression). 5. Versuchsplanung und Optimierung

5.1 Allgemeines zur Optimierung

Für den Betrieb jedes Verfahrens und auch jeder schon bestehenden Anlage ist es erforderlich, die gün-stigsten Betriebsbedingungen zu kennen. Sie zu finden, ist meistens eine schwierige Aufgabe, da die Ver-änderung jedes Betriebsparameters im allgemeinen sowohl positive als auch negative Auswirkungen hat und sich alle Betriebsparameter gegenseitig beeinflussen. Es ist deshalb fast nie möglich, für die Parame-ter einzeln nacheinander die beste Einstellung zu ermitteln, sondern man muss die insgesamt günstigste Kombination finden. Diese kann sich auch jederzeit ändern, z.B. durch eine neue Kostensituation, durch

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eine Änderung der Verfügbarkeit eines Rohstoffes oder durch neue Umweltschutzauflagen. Zum Auf-finden der günstigsten Betriebsbedingungen dient die Optimierung, die eine immer wieder neu zu lösende Aufgabe ist.

Bevor man mit der eigentlichen Optimierung beginnen kann, muss man sich darüber klar werden, welche Zielgröße optimiert werden soll. Als Zielgröße dienen häufig der Gewinn oder wie in diesem Praktikums-versuch die minimalen Kosten, es kann aber ebenso eine technische Größe sein, z.B. der Restgehalt eines Lösungsmittels in einem Abwasserstrom. Wichtig sind auch die Grenzen, innerhalb deren optimiert wer-den soll, z.B. nur ein Apparat, eine Anlage oder das ganze Werk.

Als nächstes sind sämtliche Betriebsparameter zusammenzustellen, die einen Einfluss auf die Zielgröße haben können (siehe 2.1). In dieser Liste sollten auch die Parameter enthalten sein, von denen man ver-mutet oder aus Versuchen weiß, dass sie nur von untergeordneter Bedeutung sind. Sie könnten vielleicht in einem erweiterten Bereich einen größeren Einfluss haben. In diesem Zusammenhang sollte man sich auch soweit wie möglich überlegen, von welcher Art der Einfluss der einzelnen Parameter auf die Ziel-größe ist (z.B. linear, quadratisch oder hyperbolisch). Für die Optimierung kann bei entsprechend kleinen Variationen der Parameter im allgemeinen von linearen Zusammenhängen ausgegangen werden. Die Optimierung führt dann möglicherweise auf Umwegen zum Ziel.

Aus den zusammengestellten Parametern sind jetzt diejenigen auszuwählen, die bei der Optimierung variiert werden sollen (siehe 2.3). Selbstverständlich wird man nicht planlos alle Parameter variieren. Wenn man die Versuche sorgfältig plant und sich dabei einer Optimierungsstrategie bedient, kann man mit einem Minimum an experimentellem Aufwand ein Maximum an verwertbaren Informationen erhal-ten. In [8,9] sind verschiedene Optimierungsstrategien beschrieben.

5.2 Die Box-Wilson-Methode

In diesem Praktikumsversuch wird die Methode von Box-Wilson angewendet [8-10], die leicht zu verste-hen und für experimentelle Optimierungen einsetzbar ist. Sie hat auch den großen Vorteil, dass sie im lau-fenden Betrieb großer Anlagen ohne wesentliche Störung der Produktion verwendet werden kann.

Die Box-Wilson-Methode arbeitet mit folgenden Schritten:

a) Aufstellen und Vermessen eines 2 n-Versuchsplanes (n = Anzahl der Parameter, hier 2),

b) Bestimmung der Wirkungen aus dem Versuchsplan,

c) Bestimmung der Richtung des steilsten Anstiegs (bei der Maximumsuche) bzw. des steilsten Abfalls (bei der Minimumsuche),

d) Versuche in der so gefundenen Fortschrittsrichtung mit der bisherigen Schrittweite, bis hierbei ein Maximum bzw. Minimum auftritt,

e) Neuer Versuchsplan um den gefundenen Extremwert und Neubeginn bei b),

f) Liefert der neue Versuchsplan ungefähr die Gegenrichtung der alten Fortschrittsrichtung, wird die Suche nach einem Extremwert mit kleinerer Schrittweite fortgesetzt,

g) Erhält man bei dem Versuchsplan keine signifikante Wirkung, kann man also keine eindeutige Fort-schrittsrichtung angeben, sollte man einen neuen Versuchsplan mit kleinerer Schrittweite durch-führen,

h) Erhält man wieder keine signifikante Wirkung oder müsste man entsprechend f) mit so kleiner Schrittweite vorangehen, dass angesichts der Versuchsstreuung keine signifikante Änderung des Ver-suchsergebnisses mehr zu erwarten ist, kann die Optimierung abgebrochen werden. Man hat das Optimum dann mit der erreichbaren Genauigkeit gefunden.

5.3 Beispiel für die faktorielle Versuchsplanung

5.3.1 Versuchsdaten

Die Methode soll im folgenden an einem Beispiel, dessen Ergebnisse unmittelbar nachvollziehbar sind, erläutert werden. Gemessen wird der Einfluss der Faktoren A = Stromstärke und B = Temperatur auf den Spannungsabfall an einem Kupferdraht, der bei 100 °C einen Widerstand von 100 Ohm hat.

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Abb. 8 2 2-Versuchsplan

Um einen Mittelpunkt - der z.B. dem bisherigen Be-triebspunkt einer Anlage entsprechen könnte und der hier auf 50 mA und 100 °C festgelegt ist - werden 2 2 = 4 Versuche angeordnet (Abb. 8). Nach Festlegung der

Schrittweite w für jeden Parameter, die dem Abstand der Versuche vom Mittelpunkt entspricht (hier w A = 20 mA, w B = 50 °C), ergeben sich für jeden Parameter ein hohes und ein niedriges Niveau. Nach der üblichen Nomenkla-tur bezeichnet man die Parameter bzw. ihre Wirkungen mit großen Buchstaben. Die Bezeichnung der einzelnen Versuche bzw. ihrer Ergebnisse enthält für die Parameter auf hohem Niveau den betreffenden kleinen Buchstaben, die Parameter auf niedrigem Niveau treten in der Be-zeichnung nicht auf. (1) bezeichnet den Versuch mit allen Parametern auf niedrigem Niveau.

Folgende Ergebnisse wurden gemessen, wobei außer den 4 Versuchen des 2 2-Versuchsplans die wie-derholten Mittelpunktsversuche M1 bis M5 durchgeführt worden sind (der Nutzen der Mittelpunktsver-suche wird weiter unten diskutiert, sie gehören aber nicht prinzipiell zur faktoriellen Versuchsplanung ! ).

Versuch Parameter A [mA]

Parameter B [°C]

Messwert Y [V]

M1 50 100 5,02 (1) 30 50 2,39 M2 50 100 5,10 a 70 50 5,67

M3 50 100 5,05 b 30 150 3,47

M4 50 100 4,94 ab 70 150 8,30 M5 50 100 4,97

Abb. 9 Dreidimensionale Darstellung

der Ergebnisse aus dem 2 2-Versuchsplan für das Beispiel

Die durch die Achsen mit den Para-metern A und B aufgespannte Ebene entspricht der Abb. 8, während nach oben auf der Y-Achse die Messwerte aufgetragen sind.

5.3.2 Berechnung der Wirkungen

Zur Berechnung der Wirkungen A und B („Hauptwirkungen“) muss jetzt jeweils der Mittelwert der Ergebnisse auf dem niedrigen Niveau des betreffenden Parameters gebildet und vom Mittelwert auf dem hohen Niveau abgezogen werden. Man erhält dann die Wirkung als mittleren Einfluss des Parameters auf die Zielgröße bei der vollen Änderung des Parameters vom niedrigen zum hohen Niveau. Häufig ist es

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sinnvoller, die Wirkungen auf die jeweilige Schrittweite zu beziehen, z.B. wie in diesem Versuch, um eine Vorhersagegleichung aufzustellen. Man muss dann die genannten Ergebnisse durch 2 dividieren, da die Schrittweite dem halben Unterschied zwischen niedrigem und hohem Niveau entspricht. Immer muss angegeben werden, auf welche Niveau-Änderung sich die Wirkungen beziehen.

A = (1/2 ⋅ (a + ab) - 1/2 ⋅ ((1) + b) ) / 2 = 2,03 (5)

B = (1/2 ⋅ (b + ab) - 1/2 ⋅ ((1) + a) ) / 2 = 0,93 (6)

Zusätzlich muss die sogenannte Wechselwirkung AB berechnet werden. Sie gibt an, wie stark die Wir-kung A (bzw. B) davon abhängt, ob man sie auf dem hohen oder auf dem niedrigen Niveau des Parame-ters B (bzw. A) bestimmt. Sie ist also ein Maß dafür , wie sich die Parameter gegenseitig in ihrer Wirkung beeinflussen.

AB = (1/2 ⋅ (ab + (1)) - 1/2 ⋅ (a + b)) / 2 = 0,39 (7)

Schließlich wird noch der Mittelwert der Versuche berechnet:

I = 1/4 ⋅ ((1) + a + b + ab) = 4,96 (8)

Die Ergebnisse des Beispiels sind leicht überschaubar:

Nach dem Ohm´schen Gesetz steigt der Spannungsabfall Y linear mit der Stromstärke A (Wirkung A) an. Er nimmt ebenso (weitgehend) linear mit der Temperatur B zu (Wirkung B), da sich der Widerstand des Kupferdrahtes mit der Temperatur B erhöht. Dadurch ist auch die Wechselwirkung AB zu erklären, denn die Stromstärke A wirkt sich an dem kleinen Widerstand bei niedriger Temperatur B weniger stark auf den Spannungsabfall Y aus, als an dem hohen Widerstand bei hoher Temperatur B (oder umgekehrt: bei der niedrigen Stromstärke A hat die Widerstandsänderung durch die Temperatur B einen kleineren Einfluss auf den Spannungsabfall Y als bei der hohen Stromstärke A).

Die Wechselwirkung AB darf nicht mit einer Wirkung des Parameters A auf den Parameter B verwechselt werden, wie es im hier gezeigten Beispiel dadurch entstehen könnte, dass bei erhöhter Stromstärke A die Temperatur B ansteigt. Dies wäre ein experimenteller Fehler, der einen zusätzlichen Einfluss zur Folge hätte. Ein solcher Fehler muss z.B. durch einen Thermostaten vermieden werden. Grundsätzlich ist bei der Versuchsplanung sorgfältig darauf zu achten, dass die Parameter voneinander unabhängig sind, also als „unabhängige Variable“ frei eingestellt werden können (u.U. nur innerhalb vorgegebener Grenzen). Dies schließt nicht aus, dass sie sich in ihrer Wirkung auf die Zielgröße gegenseitig beeinflussen (Wechselwirkung).

Für das Verständnis der Wirkungen ist die vorgestellte Berechnung der Wirkungen nach den Gleichungen (1) – (4) unverzichtbar. Sie setzt allerdings voraus, dass man die Parameter-Niveaus aller Versuche genau einhält, was in der Praxis selten gelingen wird. Durch Anwendung der Regressions-Rechnung, die z.B. in Tabellenkalkulations-Programmen verfügbar ist, kann man die tatsächlich erreichten Parameterwerte einsetzen und so unnötige zusätzliche Fehler bei der Auswertung vermeiden.

5.3.3 Versuchsstreuung

Um die Versuchsergebnisse beurteilen zu können, braucht man die Versuchsstreuung. Am einfachsten ist es, wenn man sie aus früheren Messungen schon kennt. Bei größeren Versuchsplänen mit mehr als 2 Parametern ist es möglich, sie aus den Ergebnissen abzuschätzen (häufig nimmt man z.B. die Wechsel-wirkungen zwischen 3 und mehr Parametern als in Wirklichkeit nicht existierend an und verwendet die für sie erhaltenen Ergebnisse als Schätzwerte der Versuchsstreuung). Man kann die Versuchsstreuung auch aus Wiederholungsmessungen, wie hier in diesem Beispiel des Mittelpunktsversuches, ermitteln. Voraussetzung ist, dass man dies aus zeitlichen und finanziellen Gründen verantworten kann ! Hier bei dem Versuch ist dafür Zeit verfügbar, die statistische Beurteilung ist aber nicht grundsätzlicher Bestand-teil der Optimierung !

Der Mittelwert der Mittelpunktsversuche M1 bis M5 ergibt sich zu:

x = 1/N · ∑ x i = 5,016 Volt (N = 5 = Anzahl der Versuche) (9)

Die Standardabweichung als Maß für die Versuchsstreuung ist:

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( )∑ −⋅−

= 2xx1N

1s ix = 0,0635 Volt (10)

Im Nenner unter der Wurzel wird nicht die Anzahl der Versuche N sondern der Freiheitsgrad N - 1 eingesetzt, der angibt, wieviele der Versuchswerte frei verfügbar sind. Er ist gegenüber der Versuchszahl N um 1 vermindert, da durch die notwendige Berechnung des Mittelwertes x ein frei verfügbarer Wert verlorengeht.

Diese Standardabweichung gilt für einen Versuch, z.B. auch für einen neuen, unter gleichen Voraus-setzungen durchgeführten Versuch.

Der Mittelwert mehrerer Versuche lässt sich genauer, d.h. mit kleinerer Standardabweichung, angeben, auch wenn die durch das Messverfahren vorgegebene Versuchsstreuung gleichbleibt. Dies wird folgen-dermaßen berücksichtigt, wobei N* die Anzahl der Versuche ist, aus denen der Mittelwert gebildet wird (hier N* = 5):

( ) Volt 0284,05

Volt 0635,0xx

1N

1

N

1s

N

1s 2

ixx ==−⋅−

⋅=⋅= ∑∗∗ (11)

5.3.4 Vertrauensbereich

Wenn eine Aussage über den so genannten Vertrauensbereich eines Wertes gemacht werden soll, kann die t-Verteilung als statistische Funktion eingeführt werden. Sie hängt einerseits vom Freiheitsgrad ab und andererseits von der statistischen Sicherheitswahrscheinlichkeit, die für eine Aussage gelten soll. Eine Sicherheitswahrscheinlichkeit von 95% (häufig benutzter Wert) bedeutet z.B., dass die Aussage statistisch gesehen in 95% der Fälle richtig und nur in 5% der Fälle falsch ist (eine Aussage darüber, ob ein konkre-ter Wert richtig oder falsch ist, kann die Statistik natürlich nicht machen). Der Wert für die Sicherheits-wahrscheinlichkeit muss je nach den Bedingungen ausgewählt werden. Der Vertrauensbereich ergibt sich durch Multiplikation der Standardabweichung des betrachteten Wertes mit dem Wert der t-Verteilung:

t = 3.18 bei 3 Freiheitsgraden t = 2.78 bei 4 Freiheitsgraden t = 2.57 bei 5 Freiheitsgraden jeweils für 95% Sicherheitswahrscheinlichkeit.

Im hier behandelten Beispiel ergibt sich für das Ergebnis eines Versuches der Vertrauensbereich zu:

t · sx = 2,78 · 0,0635 = 0,177 Volt (12)

Um diesen Betrag kann also der wahre Wert µ (den man natürlich nicht kennt) nach oben und unten von einem Versuchsergebnis abweichen, wobei die Sicherheitswahrscheinlichkeit dafür, dass sich der Wert in diesem Vertrauensbereich befindet, 95% beträgt. Die übliche Schreibweise lautet:

P [x - t · sx < µ < x + t · sx] = P [ x – 0,177 < µ < x + 0,177] = 95% (13)

P bedeutet „probability“ = Sicherheitswahrscheinlichkeit.

Für den Mittelwert der Mittelpunktsversuche x aus dem Beispiel ergibt sich der Vertrauensbereich zu:

t · sx = 2,78 · 0,0284 = 0,079 Volt (14)

P [ x - 0,079 < µ´ < x + 0,079] = 95% (15) 5.3.5 Signifikanzprüfung der Wirkungen

In analoger Weise kann auch der Vertrauensbereich der Wirkungen berechnet werden. Man nimmt dabei an, dass die aus den Mittelpunktsversuchen erhaltene Versuchsstreuung für den ganzen Versuchsplan gilt. In diesem Beispiel soll weiterhin vereinfachend vorausgesetzt werden, dass sie auch für den ganzen Be-reich gilt, in dem die Parameter variiert werden können. Wenn, wie im vorliegenden Fall, die Wirkungen auf die halbe Niveauänderung des 2 n-Versuchsplans, d.h. hier die Schrittweite, bezogen werden, ergibt sich eine formale Ähnlichkeit der Wirkungsberechnung mit einer Mittelwertsberechnung aus den vier

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Versuchen des Versuchsplanes. Für die Berechnung der Standardabweichung muss also N* = 4 eingesetzt werden (die exakte statistische Begründung dafür würde hier zu weit führen).

Der Vertrauensbereich einer Wirkung für 95 % Sicherheitswahrscheinlichkeit ist also hier im Beispiel:

088,02

0635,078,2

4

st x =⋅=⋅

(16)

Für die einzelnen Wirkungen ergibt sich:

Wirkung A = 2,03 P [1,942 < A < 2,118] = 95% Wirkung B = 0,93 P [0,842 < B < 1,018] = 95% Wechselwirkung AB = 0,39 P [0,302 < AB < 0,478] = 95%

Mit Hilfe des Vertrauensbereiches einer Wirkung kann jetzt die Frage beantwortet werden, ob sie signi-fikant ist oder nicht. Nur wenn der Vertrauensbereich nicht den Wert Null einschließt, kann man mit der gewählten Sicherheitswahrscheinlichkeit die Aussage machen, dass die betreffende Wirkung existiert, der entsprechende Parameter also wirklich einen Einfluss hat und der erhaltene Zahlenwert nicht nur ein zufälliges Ergebnis der Versuchsstreuung ist.

In diesem Beispiel sind alle Wirkungen signifikant, wie es ja gemäß dem Ohm’schen Gesetz zu erwarten ist. Wären die Messungen weniger sorgfältig, d.h. mit größerer Standardabweichung, durchgeführt wor-den, hätten auch eine oder mehrere Wirkungen nicht signifikant sein können. Das würde nicht etwa bedeuten, dass die betreffenden Parameter in diesem Fall keine Wirkung hätten, sondern nur, dass ihre Wirkung mit diesem Datenmaterial nicht in statistisch gesicherter Weise nachgewiesen werden kann.

5.3.6 Auswahl der Schrittweite und Überprüfung der Linearität

Eine wichtige Frage bei der Versuchsplanung ist die Auswahl der Schrittweiten w (siehe Abb. 8). Es ist einerseits wichtig, sie so groß zu wählen, dass überhaupt die Möglichkeit besteht, signifikante Wirkungen zu erhalten. Die Niveaus müssen mindestens so weit auseinander liegen, dass die Vertrauensbereiche der einzelnen Versuche deutlich voneinander getrennt sind.

Abb. 10 Beispiel einer Antwortfunktion

Andererseits darf die Schrittweite nicht zu groß werden, wie es an Abb. 10 erläutert werden soll. Hier ist ein will-kürliches Beispiel für eine Antwortfunktion gezeigt, nach der eine Zielgröße Y von einem Parameter A abhängt. Es ist zu sehen, dass man im Bereich von 0 - 1 einen stark positiven und im Bereich von 5 - 6 einen stark negativen Wert für die Wirkung A erhält. Würde man den ganzen Bereich von 0 - 6 für den Versuchsplan verwenden, wäre die Wirkung A = 0, und man bekäme ein völlig falsches Bild. Die faktorielle Versuchsplanung mit nur 2 Niveaus kann naturgemäß nur lineare Zusammenhänge erfassen. Die Schrittweite darf also grundsätzlich nur so groß ge-wählt werden, dass die Abweichungen von der Linearität vernachlässigbar sind.

Für die Wahl der Schrittweite gibt es selbstverständlich kein Patentrezept. Mit Hilfe eines Mittelpunkts-versuches kann man nachträglich überprüfen, ob die Zusammenhänge linear sind. Dazu wird der Mittel-wert der Versuchspunkte I (Gleichung 8), der den Mittelpunkt des in dem Versuchsplan gefundenen Zu-sammenhangs angibt, mit dem Ergebnis des Mittelpunktsversuchs (bzw. dem Mittelwert mehrerer Mittel-punktsversuche) aus der direkten Messung verglichen. Die Linearität ist bestätigt, wenn beide Werte in-nerhalb des Vertrauensbereichs von I liegen.

Die Auswahl der richtigen Schrittweite gelingt u.U. erst nach einigen vergeblichen Versuchen. Für den Praktikumsversuch sind deshalb die Parameterniveaus vorgegeben (siehe 2.6).

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5.3.7 Bestimmung der Fortschrittsrichtung für die Optimierungsstrategie nach Box-Wilson

Abb. 11 Bestimmung der Fortschrittsrichtung

bei der Optimierung nach Box - Wilson

Wenn die Wirkungen bekannt sind, kann die Richtung des steilsten Anstiegs (bei Maxi-mumsuche) oder des steilsten Abfalls (bei Minimumsuche) ermittelt werden, wie es für das Beispiel des 2 2-Versuchsplanes in Abb. 11 gezeigt ist. Als Ziel der Optimierung ist ange-nommen, dass ein möglichst hoher Spannungs-abfall erreicht werden soll.

Startpunkt ist der Mittelpunktsversuch. Man geht zunächst um eine Schrittweite des Para-meters mit der größten Wirkung weiter, d.h. hier wird der Parameter A um wA = 20 mA auf 70 mA erhöht. Die Änderung des Parameters B ergibt sich dann als:

Änderung B = wB · Wirkung B / Wirkung A = 50 · 0,93 / 2,03 = 23 °C

Der Versuchspunkt bei 70 mA und 123 °C liegt zu nahe an dem schon bekannten Punkt „ab“, so dass es sinnvoll ist, in der Fortschrittsrichtung noch einen Schritt weiterzugehen auf 90 mA und 146 °C.

Kommt man beim Fortschreiten der Optimierung an eine nicht überschreitbare Grenze, geht man an die-ser Grenze entlang in der Richtung, die eine Verbesserung bringt.

Bei der Box-Wilson-Methode wird die Wechselwirkung üblicherweise nicht berücksichtigt. Man kommt also u.U. nicht genau zu der Richtung des steilsten Anstiegs oder Abfalls. Auf die Genauigkeit des Opti-mierungsergebnisses hat dies keinen Einfluss, man macht nur einen Umweg.

Um das Verfahren anschaulich zu machen, sei noch ein Vergleich gebracht (siehe Abb. 9). Stellen Sie sich einen Bergsteiger vor, der zu Gipfel will und jetzt beim Punkt M steht. Er kann im Nebel nicht sehen, wo es zum Gipfel geht, er kann nur ein paar Schritte zu den Punkten (1), a, b und ab gehen, um festzustellen, wie hoch diese liegen. Er überlegt sich dann, in welcher Richtung es am steilsten bergauf geht, und geht in diese Richtung, bis er merkt, dass es wieder bergab geht. Dann macht er wieder den „Versuchsplan“ usw. Er wird auf diese Weise den Gipfel finden, wird aber durch jede Unregelmäßigkeit des Berges vom direkten Weg abgelenkt. Diese Unregelmäßigkeiten entsprechen den Wechselwirkungen und Abweichun-gen von der Linearität bei einer technischen Optimierung, die praktisch immer vorhanden sind, ja sogar Voraussetzung dafür sind, überhaupt ein Optimum (d.h. einen Extremwert) zu finden. Das Beispiel mit dem Kupferdraht, das nur lineare Funktionen enthält, ist insofern wenig sinnvoll, als es letztlich nicht zu einem optimalen Punkt führen kann.

6. Versuchsanlage

Die Absorptionskolonne besteht aus vier Glasschüssen S1 bis S4 mit 50 mm Innendurchmesser und je 500 mm Schüttungshöhe. Jeder Schuss enthält 1 Liter Füllkörperschüttung aus 5 mm-Keramik-Raschig-ringen.

Das Schwefeldioxid (der Absorbend) wird aus einer Gasbombe entnommen, in der es flüssig vorliegt (bei ca. 3,3 bar). Damit auch im Falle einer Störung kein SO2 in den Raum gelangen kann, ist die Gasbombe mit den zugehörigen Ventilen außerhalb des Gebäudes in einem geschlossenen Kasten untergebracht. Dort strömt das SO2 zunächst durch das Flaschenhauptventil V1, den Druckminderer P1 (eingestellt auf 0,5 bar) und das Entnahmeventil P1a und dann durch eine Edelstahlleitung zur Versuchsanlage. Dort wird am Durchflussregler F1 der Gasstrom gemäß dem Rotameter R1 eingestellt.

Nach Abschluss des Versuches wird das SO2 mit trockener Luft aus dem System gespült, um Korrosion zu vermeiden. Dazu wird in der Versuchsanlage am Drucklufthahn P1d Luft entnommen, mit dem Druck-

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minderventil P1e auf einen Druck von 1,5 bar reduziert und durch die Silicagel-Packung K getrocknet. Mit Hilfe der Ventile an der Gasbombe in dem Kasten außerhalb des Gebäudes wird das SO2-Leitungs-system dann mit der getrockneten Luft gespült (P1b = Spülgaseingang, P1c = Spülgasausgang bei geöff-netem Druckminderer P1).

Abb. 12 Fließbild der Versuchsanlage

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Die Luft, das Inertgas in der Kolonne, wird über das Absperrventil V2 dem Druckluftnetz entnommen und mit dem Druckregler P2 auf 1,3 bar entspannt. Mit Hilfe des Durchflussreglers F2 wird am Rotameter R2 der richtige Luftstrom eingestellt. Oberhalb von R2 wird die Temperatur des Luftstroms abgelesen.

Der Luft- und der SO2-Strom werden zusammengeführt und in der kurzen Packung M aus Kunststoff-gewebe vermischt. Mit Hilfe der Kugelhähne H1 bis H4 kann gewählt werden, wie viele der Kolonnen-schüsse vom Gas durchströmt und damit wirksam sein sollen. An dem mit Wasser gefüllten U-Rohr-manometer U kann der Überdruck des Gases vor Eintritt in die Absorptionskolonne abgelesen werden.

Die Wasserzufuhr (Zufuhr des Absorbens) erfolgt über das Absperrventil V3, den Druckregler P3 (eingestellt auf 2 bar) und den Durchflussregler F3, der gemäß dem Rotameter R3 auf den richtigen Wert eingestellt wird. Der Wasserstrom wird mit Hilfe der elektrischen Heizung T (250 + 100 W bei 42 V) auf eine konstante Temperatur von 20 °C aufgeheizt. Die Heizleistung wird dazu durch einen PID-Regler mit Thyristorstellglied nach dem Messwert eines Pt-100-Widerstandsthermometers geregelt. Die Temperatur am Regler ist so einzustellen, dass das Thermometer oberhalb von R3 20 ± 0,5 °C anzeigt. Das Wasser wird in der Kolonne bei jedem Schuss in der Mitte des Querschnitts aufgegeben (Abtropfnase am Rohr).

Am unteren Ende der Kolonne sammelt sich das beladene Wasser in dem Behälter N, aus dem es mit Hilfe des durch einen Schwimmerschalter gesteuerten Magnetventils V4 abgelassen wird. So ist sicher-gestellt, dass die Kolonne bei wechselnden Betriebsdrücken immer gasdicht verschlossen ist. Um eine Geruchsbelästigung zu vermeiden, wird Natronlauge in den Abwasserstrom zudosiert.

Durch die Gaspumpe G kann man einen Gasstrom für die Analyse aus der Anlage abziehen. Mit Hilfe des Dreiwegehahnes H5 lässt sich die Gasprobe entweder dem Zu- oder dem Abgasstrom entnehmen. Das Gas wird in der Waschflasche W durch Wasserstoffperoxid-Lösung geleitet. Die dabei aus dem SO2 gebildete Schwefelsäure titriert man anschließend mit Natronlauge. Die für die Analyse verwendete Gas-menge wird mit der Gasuhr Z (Nass-Trommelgaszähler) gemessen. Um das Probenahmesystem mit dem Messgas spülen zu können, lässt sich der Probegasstrom durch den Dreiwegehahn H6 hinter der Pumpe direkt in die Abluftleitung umschalten. 7. Inbetriebnahme und Versuchsdurchführung

7.1 Sicherheitshinweise

• Schwefeldioxid ist ein Gas mit starker Reizwirkung. Die Geruchsschwelle liegt bei 0,3 – 2,5 ppm. SO2-Konzentrationen von 5 – 10 ppm führen zu Reizungen der Atemwege, die maximale Arbeitsplatzkonzentration ist auf 5 ppm festgelegt. Es sollte deshalb unbedingt vermieden wer-den, dass SO2 in die Raumluft gelangt !

• Höhere Konzentrationen ab etwa 400 ppm SO2 sind bei Einatmung über einige Minuten lebens-bedrohlich. Sollte etwa eine größere Menge SO2 in den Raum gelangen, müssen sofort alle An-wesenden gewarnt werden, und der Raum ist auf schnellstem Wege zu verlassen !

• Wasserstoffperoxid ist eine stark ätzende Flüssigkeit. Bei der Arbeit damit ist unbedingt eine Schutzbrille zu tragen. Benutzen Sie nur die fertig verdünnte 3%ige Lösung. Bei der Arbeit mit konzentriertem H2O2 sind ein Gesichtsschutz und Handschuhe zu tragen.

7.2 Betriebsvorschrift

a) Wasserhahn V3 öffnen, Wasserdruck am Druckminderer P3 kontrollieren (2 bar) und Wassermenge am Durchflussregler F3 gemäß Rotameter R3 ungefähr auf den richtigen Wert einstellen (das Wasser läuft in der Überlaufkugel am Kopf der Kolonne ab).

b) Sicherstellen, dass der Gaseintritt der Kolonne über Hahn H5 (senkrechte Stellung) belüftet ist.

c) Transformator für das Magnetventil V4 im Abwasserablauf einschalten. Wasser aus der Kolonne ablaufen lassen.

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Nur zum persönlichen Gebrauch bestimmt!

d) Transformator und Regler für die Heizung T einschalten. Reglertemperatur so wählen, dass das Thermometer oberhalb des Rotameters R3 20 ± 0,5 °C anzeigt. Wenn der geregelte 250 W-Heizstab (in Flussrichtung der zweite) glüht, sollte auch der zusätzliche 100 W-Heizstab eingeschaltet werden (gelber und grüner Stecker am Transformator). Zusatzheizung ausschalten, wenn die Regelheizung zu gering belastet ist (nur schwaches Flackern der Kontrollleuchte).

e) Erst nach Erreichen der richtigen Temperatur Wassermenge an F3 genau einstellen.

f) Sicherstellen, dass nicht alle Hähne H1 bis H4 geschlossen sind.

g) Druckluftventil V2 öffnen, kontrollieren, ob der Druck am Druckminderer P2 ca. 1,3 bar beträgt, und Luftmenge am Durchflussregler F2 auf den richtigen Wert gemäß Rotameter R2 einstellen.

h) Die richtigen Werte für die Gasströme sind in [N1/h] angegeben, gelten also für 0 °C und 1,013 bar = 760 Torr. Sie sind zunächst nach dem idealen Gasgesetz auf die Bedingungen umzurechnen, die an den Rotametern R1 und R2 herrschen:

V* = VN · ((273,15 + t) / 273,15) · (760 / (b + (δp / 13,16))) (17)

V* = Volumenstrom [1/h] bei den herrschenden Bedingungen VN = Volumenstrom bei Normalbedingungen [N1/h] t = Temperatur in [°C] b = Barometerstand in [mm Hg = Torr]

(hier wird der Messwert am oberen Rand der Kuppe der Quecksilbersäule verwen-det und vereinfachend ein einheitlicher Korrekturwert von 1,5 mm Hg subtrahiert)

δp = Druckdifferenz am Manometer U in [mm H2O]

Dann ist eine Korrektur vorzunehmen, wenn die aktuellen Bedingungen am Rotameter von denen der Eichkurve abweichen (siehe auch Praktikumsversuch „Durchflussmessverfahren“ SM1):

+⋅

+⋅= ∗

76016,13

pb

t15,273

15,293VQ

δ

(18)

Q = Anzeigewert des Rotameters [1/h] laut Eichkurve bei 20 °C und 760 Torr, wenn V* bei den aktuellen Bedingungen durch das Rotameter fließt. Auf den Wert Q muss das Rotameter also eingestellt werden (diese Korrektur kann entfallen, wenn der Effekt gegenüber dem experimentellen Fehler vernachlässigbar ist).

i) Pumpe für Natronlauge einschalten.

j) Kontrollieren, ob alle Ventile am Flaschendruckminderer P1 der SO2-Bombe (in dem Kasten außer-halb des Gebäudes) geschlossen sind (Brauchgasausgang P1a, Spülgaseingang P1b, Spülgasausgang P1c) und ob der Druckeinstellknopf ganz gelockert ist (entgegen dem Uhrzeigersinn gedreht). Dann Flaschen-Hauptventil V1 öffnen (das Vordruckmanometer rechts sollte ca. 3,3 bar anzeigen), den Ausgangsdruck (linkes Manometer) auf 0,5 bar einstellen und das Brauchgasausgangsventil P1a öff-nen. SO2-Strom am Durchflussregler F1 (im Versuchsstand) gemäß Rotameter R1 einstellen.

Da das Leitungsnetz zu Anfang mit Luft gefüllt ist, muss unbedingt eine ausreichend lange Zeit mit SO2 gespült werden bis konstante Werte für die Zulaufkonzentration erreicht werden

k) Nach allen Einstellungen der Gasströme ausreichend lange warten – etwa 10 Minuten – bis sich stati-onäre Bedingungen in der Kolonne eingestellt haben, dann erst soweit erforderlich Korrekturen vor-nehmen und wieder warten. Bei zu kurzfristigen Änderungen kommt es u.U. zu Schwingungen, und es ist unmöglich die geforderten Werte einzustellen.

l) Gaspumpe G einschalten und Hahn H5 so stellen, dass der Ansaugstutzen der Pumpe verschlossen ist, Hahn H6 auf Durchgang zur Waschflasche stellen und Waschflasche anbringen. Bei dieser Dich-tigkeitsprüfung darf die Gasuhr nicht weiter laufen.

m) Analyse des Zufuhrgases durchführen (siehe Kapitel Analytik). Dabei sicherstellen, dass alle Leitun-gen lange genug gespült worden sind (spürbare Mengen an SO2 werden anfangs von den Oberflächen

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der PVC-Schläuche adsorbiert, so dass man zu kleine SO2-Werte erhält). Während für den Luft- und Wasserstrom die Rotameteranzeige verbindlich ist, dient das Rotameter für den SO2-Strom nur zur Kontrolle. Die Einstellung muss so erfolgen, dass der Analysenwert mit der geforderten Gaseintritts-Konzentration übereinstimmt.

n) Messungen mit 1, 2, 3 und 4 Schüssen durchführen. Dabei je etwa 15 Minuten Einlaufzeit einhalten. Beachten, dass die Einlaufzeit erst nach Abschluss der Zufuhrgas-Analyse beginnen kann, weil die für die Analyse abgezogene Gasmenge den Zufuhrgasstrom zur Kolonne verfälscht. Nach den 4 Mes-sungen eine Kontrollanalyse des Zufuhrgases durchführen.

Außerbetriebnahme nach Abschluß der Versuche:

o) Beim Abschalten der Anlage zuerst SO2-Flaschenventil V1 schließen (in dem Kasten außerhalb des Gebäudes). Dann im Versuchsstand Spülluftventil P1d öffnen, kontrollieren, ob das Trockenmittel K wirksam ist (blaue Farbe) und ob der Druck am Reduzierventil P1e 1,5 bar beträgt. In dem Kasten außerhalb des Gebäudes Spülgaseingangsventil P1b öffnen. Dann Spülgasausgangsventil P1c für etwa 1 Minute öffnen, um die Spülluftleitung mit frischer, trockener Luft zu spülen. Vorsicht ! Zu Beginn dieses Vorgangs wird der gesamte Inhalt an SO2 aus dem Ventilsystem ausgeblasen ! Danach ca. 5 Minuten lang Spülluft durch das SO2-System strömen lassen.

Anschließend Spülluftventil P1d im Versuchsstand wieder schließen und den Druckregelknopf an P1 (in dem Kasten außerhalb des Gebäudes) gegen den Uhrzeigersinn entspannen. Alle Ventile in dem Kasten außerhalb des Gebäudes schließen.

p) Hahn H5 senkrecht stellen (Gaseintritt der Kolonne belüftet) und Transformator für das Magnetven-til V4 ausschalten. Kolonne mit Wasser füllen, bis es an der Kugel am Kopf der Kolonne überläuft.

q) Dann alle übrigen Ventile schließen und alle Geräte abschalten. 8. Analytik

SO2 wird durch H2O2 zu Schwefelsäure oxidiert:

SO2 + H2O2 → 2 H+ + SO42 – (19)

Der Äquivalenzpunkt der anschließenden Titration mit 0,1 n-Natronlauge in Gegenwart eines Überschus-ses von H2O2 liegt bei pH 5, so dass sich der Mischindikator M5 verwenden lässt. Dieser ist am Äqui-valenzpunkt farblos, im Sauren rot-violett und im Alkalischen grün. Der Indikator wird von H2O2 langsam zerstört, deshalb kurz vor der Titration einen Tropfen zugeben.

Vor Beginn der eigentlichen Analyse ist sicherzustellen, dass das gesamte Probenahmesystem mit dem richtigen Messgas gefüllt ist. Dazu die Pumpe G ausreichend lange laufen lassen und zunächst den Hahn H6 so einstellen, dass das Messgas in die Abgasleitung abgeleitet wird (dabei werden die Pumpe und die Schläuche gespült).

Danach werden – während die Pumpe G läuft – etwa 75 ml H2O2-Lösung (3 Gew-%) in einer Waschfla-sche mit Rührkern vorgelegt, und die Fritte des Gaseinleitungsrohres wird eingetaucht. Durch Umschalten des Hahnes H6 in Messstellung wird etwas Probegas durchgeleitet, um auch den Schlauch vom Hahn H6 an und das Gaseinleitungsrohr mit dem Messgas zu spülen. Anschließend wird der Hahn H6 wieder zum Abgas umgeschaltet, und die Lösung in der Waschflasche wird zügig nach Zugabe eines Tropfens Indika-tor unter Rühren mit 0,1 n-Natronlauge genau auf den Äquivalenzpunkt eingestellt.

Unmittelbar danach wird die vorbereitete Waschflasche eingebaut (auf Dichtigkeit achten ! ), die Gasuhr abgelesen und der Probegasstrom durch Umschalten von Hahn H6 durchgeleitet.

Achten Sie darauf, dass bei allen Arbeiten SO2 weder in die Raumluft noch in die Gasuhr gelangt !

Die Gasmenge für die Analyse sollte so gewählt werden, dass etwa 10 ml 0,1 n-Natronlauge verbraucht werden: bei 0,4 Vol-% SO2 (Zufuhrgas) also etwa 3 Liter, bei kleinerer Konzentration entsprechend mehr. Aus praktischen Gründen muss man die Probenahmezeit auf ca. 15 – 20 Minuten begrenzen. Bei sehr kleinen Konzentrationen erhält man dann u.U. sehr kleine Verbrauchswerte und dem entsprechend große Analysenfehler. Dies kann bei den kleinen Konzentrationen aber hingenommen werden.

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Nur zum persönlichen Gebrauch bestimmt!

Die Gasuhr sollte möglichst genau abgelesen werden, wobei immer auf genau waagerechte Justierung zu achten ist. An jedem Versuchstag muss der Füllstand kontrolliert werden (dabei muss der Gaseinlass über den Hahn H6 belüftet sein ! ).

Der Ablesewert der Gasuhr ist umzurechnen auf Liter trockenes Messgas bei Normbedingungen (1013 mbar = 760 Torr, 0 °C = 273,15 K).

VN = V · fz · (273,15 / (273,15 + t)) · ((b – pw) / 760) (20)

VN = Volumen unter Normbedingungen [Liter] V = Ablesewert der Gasuhr [Liter] fz = Eichfaktor der Gasuhr t = Temperatur der Gasuhr [°C] b = Barometerstand [mm Hg = Torr] (siehe Kapitel 7.2 h) pw = Wasserdampfdruck (siehe ausliegende Tabelle)

VS = (x · fN / (2 · 10000)) · 22,414 (21)

VS = Volumen SO2 [Liter bei Normbedingungen] x = Verbrauch ca. 0,1 n-Natronlauge [ml] fN = Faktor der ca. 0,1 n-Natronlauge

cS = VS · 106 / (VN + VS) (22)

cS = Konzentration SO2 im Probegas [Volumen-ppm]

YS = VS / VN (23)

YS = Beladung des Probegases [Mol SO2 / Mol Inertgas Luft] 9. Literatur

[1] Ullmann, Enzyklopädie der technischen Chemie, Kapitel „Gasreinigung und Gastrennung durch Absorption“, Band 2, Seite 575-599, Verlag Chemie, Weinheim 1972, (neuere Auflagen in Englisch)

[2] Ullmann, Enzyklopädie der technischen Chemie, Kapitel „Schwefeldioxid“, Band 21, Seite 33-63, darin „Absorptionsverfahren“, Seite 58-59, Verlag Chemie, Weinheim 1982 (neuere Auflagen in Englisch)

[3] Kölbel, H., Schulze J., „Projektierung und Vorkalkulation in der chemischen Industrie“, Springer Verlag, Heidelberg 1960

[4] Onken, U., Behr, A., „Lehrbuch der Technischen Chemie“, Band 3, „Chemische Prozeßkunde“, Kapitel „Wirtschaftlichkeit von Verfahren und Produktionsanlagen“, Georg Thieme Verlag Stuttgart, 1996

[5] Skriptum von Prof. Engelmann: „Planen und Auswerten von Versuchen“

[6] Weihs, C., Jessenberger, J., Grize, Y.-L.: „Statistische Methoden zur Qualitätssicherung und -optimierung in der Industrie“, Wiley-VCH, Weinheim, 1999

[7] Retzlaff, G., Rust, G., Waibel, J.: „Statistische Versuchsplanung“, Verlag Chemie, Weinheim, 1978

[8] Hoffmann, U., Hofmann, H.: „Einführung in die Optimierung“, Verlag Chemie, Weinheim, 1971

[9] Ullmann: Enzyklopädie der technischen Chemie, Band 1, Kapitel „Statistische Methoden beim Planen und Auswerten von Versuchen“ (Seite 293-360) und „Optimierung chemischer Reaktionen“ (Seite 361-418), Verlag Chemie, Weinheim, 1972 (neuere Auflagen in Englisch)

[10] Messikommer, B.H., „Die Anwendung der Box-Wilson’schen Methode in der chemischen Industrie“, Unternehmensforschung, 4 (1960) Nr. 3, S. 112

[11] Petersen, H.: „Grundlagen der Statistik und der statistischen Versuchsplanung“ Verlag ecomed, Landsberg/Lech, 1991