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GEN AL DAS MAGAZIN FÜR DAS GENOSSENSCHAFTLICHE NETZWERK | 3-2017 Im Fokus Handmade

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GEN ALDAS MAGAZIN FÜR DAS GENOSSENSCHAFTLICHE NETZWERK | 3-2017

Im FokusHandmade

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EDITORIAL

Mit der Industrialisierung wurden im 19. Jahrhun-dert viele Produktionsprozesse automatisiert. Doch handwerkliche Strukturen konnten sich nicht zuletzt wegen des Aufbaus genossenschaftlicher Selbsthil-festrukturen erhalten. Seit einigen Jahren ist eine dritte Produktionsweise entstanden: neudeutsch „Do it yourself“ genannt. Es ist wie Zukunftsforscher Hol-ger Glockner in dieser Ausgabe schreibt „Ausdruck des Strebens nach Autarkie und Partizipation, stellt ökonomisch die reinste Form der Individualisierung dar und ist technologisch durch die neuen Informa-tions- und Kommunikationstechnologien vielfach erst ermöglicht worden".

Nicht jedes „Do it yourself“ ist eine Laune über-spannter Städter, die meinen, die Welt habe auf ihre selbst gekochten Chutneys ge-wartet. Manches „Do it yourself“ bedient Nischen, die nachhaltigen Geschäftserfolg versprechen.

In jedem Fall aber erfordert nachhaltiges Selbermachen Zu-sammenarbeit. Nur so können Einzelne, häufig ökonomische und unternehmerische Laien, die Herausforderungen jungen Unternehmertums bewältigen. Und – Hand aufs Herz – war es Mitte des 19. Jahrhunderts etwas anderes, als Bauern, Handwerker und kleine Geschäftsleute sich mit Ge-nossenschaftsgründungen dem Druck der durch die Industrialisierung ausgelösten Globalisierungswelle entgegenstemmten? Auch sie hatten wenig Wissen von dem, was erforderlich war, um in dieser neuen Welt zu bestehen.

Lesen Sie daher in dieser GENiAL-Ausgabe von klassischen und neuen Genossenschaften, die eines eint: mit viel Handarbeit echte Qualität zu liefern. Und wer sich ein bisschen darüber amüsieren möchte,

was passiert, wenn echte Unternehmer – in diesem Fall Landwirte – auf Aussteiger treffen, dem sei der Roman „Altes Land“ empfohlen. Autorin ist die in Husum le-bende Autorin Dörte Hansen.

Apropos Schleswig-Holstein: Es freut mich ganz besonders, dass in dieser Aus-gabe das Bundesland-Spezial meiner Hei-mat gewidmet ist. Und selbstverständlich kann ich es mir nicht verkneifen, auch meinen Lieblingsort vorzustellen.

Wo erfährt man mehr über eine Re-gion als in Gasthäusern, die Tradition und Moderne in herzlicher Gastlichkeit verbinden? In Schleswig-Holstein ist mein Favorit

der Antikhof Bissee, rund 30 Ki-lometer südlich von Kiel. In der alten Schmiede werden heute traditionelle Schleswig-Holsteiner Gerichte angeboten, mitunter et-was modernisiert. So wird in der aktuellen Herbstkarte aus dem „Beer’n, Boh´n un Speck“ „Bir-nen, Bohnen und Ziegenkeule“.

Warum denn nicht? Das Suurfleesch ist allerdings völlig unverändert und die karamellisierten Bratkartof-feln vermitteln auch hier einen Eindruck von dem, was wir Schleswig-Holsteiner als Broken-sööt-Geschmack lieben. Man sitzt urgemütlich auf alten Sofas und das Schmiedefeuer brennt dazu. Da freut man sich auf einen ordentlichen November mit mannig Schietwet-ter. Man muss es halt nur zu nehmen wissen.

Herzlichst

Liebe Leserin, lieber Leser!

MIT VIEL HANDARBEIT

ECHTE QUALITÄT LIEFERN.

Asmus Schütt, Leiter des Be-reichs Presse- und Öffentlichkeitsarbeit/Politische Interes-sensvertretung im Genossenschaftsver-band – Verband der Regionen.

Handgemacht: Liebe zum Detail,

hohe Qualität und Identifikation mit dem Produkt. Das hat seinen Preis. Genossenschaften sichern solche Geschäftsmodelle dank effektiver Prozesse und subsidiärer Strukturen.

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In Kürze Münster-Marathon Go hard or go home 6

Japanischer Roboter Wehrwolf gegen Wildschaden 6

Raiffeisenjahr 2018 Bundespräsident übernimmt Schirmherrschaft 6

Mit dem Wohnmobil in den Urlaub Übernachten erlaubt, campieren nicht 7

Schwerer als ein Kleinwagen Kürbisse – Horrorgemüse mit viel Potenzial 7

Im FokusHandmade – Best Practices I

Bäckerei Bärenhecke / Absatzgenossenschaft Unterrieden 16

Gärtner von Eden / Dachdeckergenossenschaft Rochlitz 17

Welche wirtschaftliche Dimension erreicht das Selbermachen? Beitrag von Zukunftsforscher Holger Glockner 18

Do it yourself – die wichtigsten Trends 18

Handmade – Best Practices II

Basisgemeinde Wulfshagenerhütten /Winzergenossenschaft Weinbiet 20

Lumland Candle 21

Genossenschaft Kölner Friedhofsgärtner / Das Goldene Vlies 22

Aus dem VerbandHöchstpersönlich Vorstandsmitglieder Siegfried Mehring und René Rothe im Interview 8

Kaffee unterm Zuckerhut 9

EZB-StudieDer Mittelstand braucht kleine Banken 10

Verband in Münster zieht in Hafencity um 11

Niedrigzins Genossenschaftsbanken steuern dagegen 12

30249

14Im Fokus: Handmade

Fotos: Mühle und Bäckerei Bärenhecke Raiffeisengenossenschaft, Denkmal!Kunst - KunstDenkmal! /Künstler: Dean Hills, Deutsche See-Bestattungs-Genossenschaft, Axel Aßmann, naturgucker.de, Marine Golf Club Sylt, fotolia:duster12, Pixeltheater, Ralf Gosch

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INHALT

32Impressum 44

GENiAL berichtet über Genossenschaften

zwischen Nord- und Ostsee, über Fischer und

Seebestattungen, Lieblingsorte, Insel- und

Landärzte, Wikinger und Winnetou, Labskaus

sowie Windenergie und Golfen am Meer.

Aus den RegionenGenossenschaft Naturgucker: Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer 24

Zweites Zukunftsforum der GenoAkademie 26

Radeln für kranke Kinder 27

Ganz vorn – Raiffeisen-Tankstellen 28

R+V-Studie: Angst vor Terror 29

Volksbanken fördern Kunstfestival 30

Aus der Reihe Die Näherinnen von Nokaneng 46

Genossenschaften in

Schleswig- Holstein

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EINGESAMMELT

IN KÜRZE

JAPAN

„Wehrwolf“ gegen Wildschaden

Gefährlich sieht er aus – Beute schlagen kann er aber nicht. Die Mitglieder der Agrar-genossenschaft JA-Kisarazu-shi im Südwes-ten Japans hatten es satt, dass Wildtiere ihre Feldfrüchte fraßen. Abhilfe schafft nun ein Roboter-Wolf, der Bären, Wildschweine und Vögel von den Reisfeldern verjagd.

Die Wolfsattrappe mit Fell ist 65 Zentime-ter lang, 50 Zentimeter hoch und kann den Kopf bewegen. Nähert sich ein Tier dem „Su-per-Monster-Wolf“, lassen Infrarotsensoren die Augen rot blinken. Zusätzlich ertönen aus dem Roboter Wolfsgeheul, Menschenstim-men oder Gewehrschüsse.

Entwickelt wurde der Roboter von einem japanischen Unternehmen. Er wird per So-larmodul betrieben und kostet etwa 1.500 Euro. „Der Roboter-Wolf ist ein voller Erfolg“, so Chikao Umezawa, der Chef der Agrarge-nossenschaft: „Wildschweine lassen sich seitdem nicht mehr blicken.“

„In einer Zeit tiefgreifender wirtschaftlicher und gesell-schaftlicher Umbrüche hat Friedrich Wilhelm Raiffeisen für

seine Mitmenschen Verantwortung übernommen und ge-zeigt, was das Engagement des Einzelnen und die Solidarität

vieler gerade in schwierigen Zeiten bewirken können. Das macht für mich seine Idee und sein Wirken so modern. Das Raiffeisen-Jahr 2018 gibt Gelegenheit, uns seine bleibenden

Leistungen neu ins Gedächtnis zu rufen.“

BUNDESPRÄSIDENT FRANK-WALTER STEINMEIER, SCHIRMHERR DES RAIFFEISEN-JAHRES 2018

„Münster ist top“, so urteilte das Läufermagazin Runner´s World und kürte die Domstadt zur Läufer-city Nummer 1. Bei der Umfrage war nicht entschei-dend, welche Stadt die größte Laufveranstaltung auf die Beine stellt, sondern wo sich die Läufer am wohlsten fühlen. Von 9.200 gemeldeten Läufern in Münster traten 1.824 über die komplette Distanz von 42,195 Kilometern an. Der nächste Volksbank-Müns-ter-Marathon findet am 9. September 2018 statt. Also die Laufschuhe schnüren und die Vorbereitung star-ten!

MÜNSTER-MARATHON:

Go hard or go home!

9.200 Läufer beim Volksbank-Marathon Münster

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Fotos: dpa/Toru Yamanaka, Bundesregierung/Steffen Kugler, Volksbank Münster, fotolia/ Andrey Armyagov und Tierney

Wirtschaftstag 9. November 2017

Spannende Gäste hat der diesjäh-rige Wirtschaftstag der Genossen-

schaftsbanken in der Jahrhunderthalle Frankfurt zu bieten: von Volker Bouffier, Ministerpräsident des Landes Hessen

und Prof. Dieter Kempf, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie, über Linus Neumann vom

Chaos Computer Club bis hin zu Volker Wieker, Generalinspekteur der

Bundeswehr, und Sir Christopher Clark, Geschichtsprofessor der Universität Cambridge. Einlass ist ab 11.30 Uhr.

AUF TOUR

Übernachten erlaubt, campieren nicht

Wenn Urlaubern auf der Wohnmobil-Tour die Au-gen zufallen und kein Campingplatz in der Nähe ist, bleibt oft nur die Übernachtung am Straßenrand. Die R+V Versicherung informiert: Camper müs-sen in Deutschland nicht extra einen Stell-platz suchen. Wohnmobile oder Wohnwa-gen können überall dort parken, wo es die Straßenverkehrsordnung erlaubt.

Dabei gibt es jedoch Einschränkungen: Sie dürfen nur bis zu zehn Stunden an ei-nem Platz stehen. Wer mehrmals hinterei-nander am selben Ort nächtigt oder seinen Wohnwagen nach einem Ausflug wieder auf demselben öffentlichen Parkstreifen abstellt, muss mit einer Strafe rechnen. Auch Campen, zum Beispiel der Aufbau von Tisch, Stühlen, Grill oder Zelt, ist ohne Genehmigung verboten.

PUMPKIN-TIME

Kürbis – nicht nur ein Horrorgemüse Herbst ist Kürbiszeit: Ob als Suppe, Eintopf oder in der süßen Variante als Muffin: Der Kürbis kann so

vielfältig eingesetzt werden wie kaum ein anderes Gemüse. Aber neben Gaumenschmaus bietet der Kürbis noch andere Freuden: Auf vielen Höfen gibt es Kürbisfeste mit Wiegemeisterschaften. Hier werden die größten Kürbisse gekürt, von denen einige mehr wiegen als ein Kleinwagen. So hat bei den Europameisterschaften 2016 der Kürbis von Mathias Willemijns (Belgien) sage und schreibe 1.190,5 Kilogramm auf die Waage gebracht.

Herbst und Halloween – nicht ohne Kürbis! Aus den orangegelben Fruchtkörpern können die verrücktesten und gruseligsten Gesichter gebastelt werden. Youtube hält hierzu eine Schnitzanleitung bereit: www.dazumehr.de/kuerbis

SAVE THE DATEx101Schülergenossenschaften haben sich bisher unter

dem Dach des Genossenschaftsverband – Verband der Regionen

gegründet.

X

1,2 Tonnen wog 2016 der schwerste Kürbis.

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AUS DEM VERBAND

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„Verband der Regionen“ – kein zufällig gewählter Name, sondern Versprechen und Bekenntnis zur regionalen Nähe. Was verbinden Sie persönlich mit Ihrer Heimatre-gion?

SIEGFRIED MEHRING: Heimat bedeutet für mich Vertrautheit mit Menschen, Orten und Strukturen, bedeutet prägende Er-fahrung. Im Ruhrgebiet als Sohn eines genossenschaftlichen Primärbankers und mit Verwandtschaft mit landwirtschaftlichen Betrieben im Münsterland aufgewachsen, habe ich recht früh

Warum lieben Sie Ihre Heimat, was mögen Sie an Ihrem Job und was machen Sie in Ihrer Freizeit? Die Vorstandsmitglieder Siegfried Mehring und René Rothe im Interview.

Höchstpersönlich: Der Vorstand

und unternehmerischem Handeln bestmögliche Unterstützung zu leisten, sei es gemeinsam mit meinem operativ tätigen Team, sei es auf der politischen Ebene oder durch langjährige, vertrau-ensvolle Kontakte zu den Aufsichtsbehörden, zu Organisationen des Berufsstandes und selbstverständlich im gesamten genos-senschaftlichen Verbund.

Eindrücke der Genossenschaftswelt gewonnen und die Erfah-rung gemacht, dass die Menschen im Ruhrgebiet und in West-falen sich durch Offenheit, Verlässlichkeit und Bodenständigkeit auszeichnen. Nach der Fusion mit dem Genossenschaftsverband Rheinland lernte ich die lebensfrohe rheinische Mentalität ken-nen. Inzwischen lebe ich im Rheinland und fühle mich dort als Westfale sehr wohl.

RENÉ ROTHE: Heimat ist für mich seit zwei Jahrzehnten die Stadt Wismar an der Ostseeküste Mecklenburg-Vorpommerns. Ich verbinde mit dieser Region das Lebensgefühl im Norden, das Maritime, das Miteinander und die Natur, die dieses Bundes-land so einzigartig macht. Geboren bin ich in Berlin, bis heute meine zweite Heimat. Nach 37 Jahren Großstadtleben genieße ich jetzt aber eher die Lebensqualität in einer Landschaft, in der man sonst Urlaub macht. Hier kann ich durchatmen und weiter-denken.

Was macht Ihnen an Ihrer Arbeit am meisten Spaß?

SIEGFRIED MEHRING: Mir macht es Spaß, unseren Mitgliedern bei der Gratwanderung zwischen genossenschaftlichen Werten

RENÉ ROTHE: Ein hoher Gestaltungsspielraum in einem großen Netzwerk. Und die vielen unterschiedlichen Menschen in unse-ren nunmehr 14 Bundesländern, die ich auf meinen Dienstreisen kennenlerne.

Wie entspannen Sie nach einem anstrengenden Arbeitstag?

SIEGFRIED MEHRING: Entspannen und erholen kann ich mich sehr gut bei ausgedehnten Spaziergängen, Wanderungen, Rad-touren mit meiner Frau und regelmäßigen Work-outs. An den Wochenenden treffen wir uns mit Freunden zu Museums- oder Konzertbesuchen oder auch einfach zu einem Abendessen und einem Glas Wein. Zudem sind unsere vier Kinder, auch wenn sie durch Studium oder Job nicht unmittelbar in unserer Nähe woh-nen, oft mit ihren Lebenspartnern bei uns zu Besuch.

RENÉ ROTHE: Nach einem langen Arbeitstag innerhalb der Wo-che genieße ich die Ruhe. Und wenn es sich ergibt, gern auch gutes Essen und Trinken. In meiner Heimat an der Ostsee ma-che ich zusammen mit meiner Frau regelmäßig lange Spazier-gänge bei Wind und Wetter am Strand oder an der Wismarer Bucht.

Siegfried Mehring, Mitglied des Vorstands des Genossenschafts-verband – Verband der Regionen

René Rothe, Mitglied des Vor-stands des Genossenschafts-

verband – Verband der Regionen

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D as Genossenschaftswesen als Schlüssel, um wirtschaft-liche Probleme eines Landes zu lösen – das trifft auch auf

Brasilien zu. Von der Politik über viele Jah-re massiv kontrolliert und Repressionen ausgesetzt, wird der genossenschaftliche Sektor in Brasilien seit einigen Jahren wie-der offiziell unterstützt. Das spiegelt sich in beeindruckenden Zahlen wider: Heute gibt es in dem südamerikanischen Flä-chenstaat, der etwa 24-mal so groß wie Deutschland ist, 6.751 Genossenschaften in 13 verschiedenen Wirtschaftszweigen, die 12,7 Millionen Mitglieder auf sich ver-einigen und 370.000 Menschen in Lohn und Brot bringen. Genossenschaften spie-len also eine durchaus bedeutende Rolle in der Wirtschaft Brasiliens.

Ein Baustein dieser prosperierenden genossenschaftlichen Welt in Brasilien, die seit gut 20 Jahren auch diesseits des Atlantiks vom DGRV in Zusammen-arbeit mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) mit zahlreichen Projekten zum Aufbau genossenschaftlicher Strukturen vor Ort gefördert wird, ist die Coopinhal. Das Kür-zel Coopinhal steht für „Cooperativa dos Cafeicultores da Região de Pinhal“. Sie ist eine Genossenschaft der Kaffeezüchter in Espírito Santo do Pinhal im Bundesstaat São Paulo.

Coopinhal war kürzlich Ziel eines ein-wöchigen Aufenthalts von Bereichsleiter Bruno F. J. Simmler und Abteilungsleiter Christian Buschfort. Die beiden Experten vom Genossenschaftsverband – Verband der Regionen waren im Rahmen der be-stehenden DGRV-Kooperation und auf Einladung des Dachverbands Organização das Cooperativas Brasileiras (OCB) und des zuständigen genossenschaftlichen

Regionalverbands in São Paulo für sieben Tage aus Deutschland angereist. Ihr An-tritt: „Wir haben die Kaffeegenossenschaft Coopinhal, der über 300 aktive Kaffee-züchter angehören, strukturell und stra-tegisch beraten“, so Bereichsleiter Bruno F. J. Simmler. „Selbstverständlich wurden unsere Leistungen – wie auch in anderen Beratungsprojekten in Deutschland – ho-noriert.“

Der Bedarf an fachlicher Unterstüt-zung durch eine deutsche Genossen-schaftsorganisation ist jedenfalls groß, wie die beiden „Kurzzeitexperten“ aus Düsseldorf schnell in den simultan über-setzten Gesprächen mit dem Präsidenten, dem Geschäftsführer der Coopinhal und weiteren Führungskräften erfuhren. Nach der gemeinsamen Analyse der wirtschaft-lichen Daten der Genossenschaft wurden unter anderem Fragen zur Finanzierung, zur Aufstellung eines Maßnahmenkata-logs, zur künftigen Ausrichtung und zur Mitgliederbindung thematisiert.

Mindestens ebenso aufmerksam wie die Führungskräfte von Coopinhal folgten die Repräsentanten des brasilianischen Bundesverbands sowie des Regionalver-bands den Ausführungen der beiden deut-schen Besucher. Ihr Ziel: lernen, wie man als genossenschaftliche Verbandseinrich-tung bei einer Beratung vorgeht, um land-wirtschaftliche Genossenschaften in stan-dardisierten Angeboten sowie in Form eines individuellen Betreuungskonzeptes dabei zu unterstützen, sich betriebswirt-schaftlich effizient, mitgliedernah und dau-erhaft zukunftsfähig aufzustellen.

Bei der Coopinhal haben Bruno F. J. Simmler und Christian Buschfort in den sieben Workshop-Tagen jedenfalls schon wichtige Impulse gesetzt – Fortsetzung folgt.

Kaffee – das schwarze Gold

Deutschland ist ein Land der Kaffeetrinker. Der Kaffeeverbrauch (Stand 2015) pro Kopf beträgt 162 Liter. Das entspricht 7,2 Kilogramm Rohkaffee. Damit liegt Deutschland im Ländervergleich vor Italien (5,6 Kilogramm pro Kopf) und den USA (4,5 Kilogramm). Spitzenreiter ist Finnland mit 12,2 Kilogramm pro Kopf. Kaffee bringt dem deutschen Staat mehr als eine Milliarde an Steuern.

Kaffee galt lange als ungesund. Jetzt entdeckten Mediziner, dass das Getränk wohl die Herzgefäße vor Verkalkung schützt. Zudem soll es gegen Übergewicht und Diabe-tes helfen.

6.751 Genossenschaften gibt es in Brasilien. Eine davon ist die Kaffeegenossenschaft Coopinhal. Sie war kürzlich Ziel eines einwöchigen Workshops der Verbandsmitarbeiter Bruno F. J. Simmler und Christian Buschfort.

Kaffeezucht unterm Zuckerhut

162Liter Kaffee trinkt jeder

Deutsche im Jahr.

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AUS DEM VERBAND

E uropäische Mittelständler profitieren von Kun-denbeziehungen zu kleinen Banken – durch ge-ringere Kreditzinsen. Das zeigt ein aktuelles Ar-beitspapier der Europäischen Zentralbank (EZB). „Die Studie bestätigt: Kleinere Kreditinstitute sind wichtige Stützen der Wirtschaft. Stark kon-

zentrierte Bankenmärkte dagegen schaden dem Mittelstand“, erklärt Michael Bockelmann, Vorstandsvorsitzender des Genos-senschaftsverband – Verband der Regionen. „Dies ist ein wei-terer Grund, regionale Banken wie die deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken zu stärken, anstatt sie mit überzogenen regulatorischen Vorgaben und Meldepflichten zu belasten.“

Eine Studie der EZB bestätigt: In wettbewerbsstarken Märkten sind Firmenkredite billiger.

Der Mittelstand braucht kleine Banken

erhöhte Zinsen beim Mittelstand durchzusetzen, so die Studie. „Dies bestätigt unsere Erfahrungen in Deutschland: Auch auf dem Höhepunkt der Finanzmarktkrise blieb die Kreditversorgung des Mittelstands hierzulande gut, weil wir viele kleine, regiona-le Banken haben“, ergänzt Bockelmanns Kollege Ralf W. Barkey, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Genossenschafts-verbands. Leider aber nimmt die Konzentration der Bankenmärk-te in Europa zu, wie Barkey berichtet. In Spanien stieg der Markt-anteil der fünf größten Banken zwischen 1998 und 2016 von 34 Prozent auf 62 Prozent, in Italien von 25 Prozent auf 43 Prozent und in Griechenland sogar von 63 Prozent auf 97 Prozent, wie Zahlen der EZB zeigen (siehe Grafik). „In Deutschland besitzen

Wie das Arbeitspapier der EZB mit dem Titel „Sources of the small firm financing premium: evidence from euro area banks“ zeigt, hat die Struktur des Bankenmarktes entscheiden-den Einfluss auf die Kreditkosten des Mittelstands. Kontrolliert die kreditgebende Bank in einem bestimmten Land große Teile des Marktes, werden Mittelstandskredite – verglichen mit Fi-nanzierungen für Großunternehmen – teurer. Bockelmann wei-ter: „Das gilt insbesondere in schwachen Konjunkturphasen mit hohen Arbeitslosenquoten. Die Studienautoren folgern daraus, dass große Banken ihre Marktmacht besonders dann zulasten des Mittelstands ausnutzen, wenn die Wirtschaftslage schlecht ist.“ Kleine Institute dagegen versuchten in Rezessionen nicht,

die fünf größten Banken lediglich einen Marktanteil von 31 Pro-zent. Aber auch diese Quote ist seit 1998 um 12 Prozentpunkte gestiegen“, stellt Barkey heraus.

„Ein Grund für diesen Konzentrationstrend ist die Bankenre-gulierung in Europa, die zu wenig zwischen großen und kleinen Instituten differenziert. Dadurch fällt es kleinen Banken immer schwerer, unabhängig zu bleiben“, kritisiert der stellvertretende Vorstandsvorsitzende des Genossenschaftsverbands. „Deswe-gen muss Europa dringend die Bankenregulierung proportiona-ler gestalten – um sicherzustellen, dass kleine Banken auch in Zukunft ihre Aufgabe als faire, verlässliche Finanzierungspartner des Mittelstands erfüllen können.“

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2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016

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Deutschland

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Anzahl kleiner Banken in der EU

Marktanteil der fünf größten Banken nach Land in Prozent

Quelle: EZBFo

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Genossenschaftsverband geht an Münsters Hafen vor AnkerDer Genossenschaftsverband – Verband der Regionen rückt in Münster näher an das Zentrum der Stadt heran. „Alberslo-her Weg 7-13“ lautet ab dem 1. Januar 2018 die neue Adresse der Geschäftsstelle. Sie ist im angesagten Hafenquartier unweit des Hauptbahnhofes. Dank seiner zentralen Lage ist der neue Standort sehr gut an den öffentlichen Personennah-verkehr angebunden. Im Haus der PSD Bank Westfalen-Lippe werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verschiedener Bereiche künftig einen modernen Arbeitsplatz finden. „Wir sind davon überzeugt, dass regionale Nähe, Modernität und Innovationskraft ihre Entsprechung in einer adäquaten Standortpräsenz finden müssen. Deswegen haben wir uns für die Anmietung der attraktiven und zentral gelegenen Räumlichkeiten am Hafen entschieden“, begründet Ralf W. Barkey, stell-vertretender Vorstandsvorsitzender des Genossenschaftsverband – Verband der Regionen und gebürtiger Münsteraner, die Wahl des neuen Standorts.

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AUS DEM VERBAND

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Die Genossenschaften setzen auf Web 4.0 und mehr Kredite, wollen Kosten einsparen und zinsunabhängige Ertragsquellen ausbauen.

I nfolge eines anhaltenden Niedrigzinses erwar-ten die Volksbanken und Raiffeisenbanken im Genossenschaftsverband – Verband der Regio-nen bis 2019 einen moderaten Rückgang ihrer

Zinsergebnisse. Die Genossenschaftsbanken sind je-doch zuversichtlich, dass sie dieser Entwicklung durch ein wachsendes Kundenkreditgeschäft, Kostensen-kungen und den Ausbau zinsunabhängiger Ertrags-quellen wirksam gegensteuern können. Dies zeigen Auswertungen des Genossenschaftsverbands bei den Volksbanken und Raiffeisenbanken in den 14 Bundes-ländern, die zum Verbandsgebiet gehören.

„Die Umfrage bestätigt, dass die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank nicht nur die privaten Spa-rer, sondern auch die Volksbanken und Raiffeisen-banken vor Herausforderungen stellt“, erklärt Michael Bockelmann, Vorstandsvorsitzender des Genossen-schaftsverband – Verband der Regionen. „Sie zeigt aber auch, dass sich unsere Verbandsmitglieder stra-tegisch längst auf das veränderte Umfeld eingestellt haben.“

Die befragten Volksbanken und Raiffeisenbanken prognostizierten im Durchschnitt einen Rückgang ihrer Zinsergebnisse um knapp 8 Prozent bis 2019, verglichen mit 2016. Beim Ergebnis der normalen Geschäftstätigkeit wird im entsprechenden Dreijah-reszeitraum jedoch nur ein 1,5-prozentiger Rückgang erwartet. 2020 und 2021 soll das Ergebnis der norma-len Geschäftstätigkeit wieder steigen und über dem 2016 erzielten Wert liegen.

Insbesondere eine Ausweitung der Kundenfinan-zierungen soll zur Stärkung der Ergebnisse beitragen. Ihre Kredite für Unternehmen und Privatkunden wol-

Zuversicht trotz Niedrigzins

Die Institute im Genossenschaftsverband wollen in den kommenden Jahren ihr Kreditgeschäft deutlich ausweiten und noch stärker als bisher in die Digitalisierung investieren.

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len die Institute im Genossenschaftsverband bis 2019 um etwa 13 Prozent erhöhen. „Die engen Beziehun-gen zu mittelständischen Unternehmens- und Privat-kunden vor Ort sind seit jeher die große Stärke der Volksbanken und Raiffeisenbanken“, betont Ralf W. Barkey, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Genossenschaftsverbands. „Dass die Kreditgenos-senschaften zuversichtlich sind, mit diesen Pfunden weiter wuchern zu können, hat die Umfrage klar ge-zeigt.“

Um die Zukunftsfähigkeit langfristig zu sichern, seien jedoch Investitionen erforderlich, bekräftigt Bar-key. „72 Prozent der befragten Banken wollen daher in den kommenden fünf Jahren mehr Geld als bisher für die Verbesserung ihrer digitalen Angebote ausge-ben. Keines der befragten Institute will seine Investi-tionen in diesem Bereich verringern.“

Zugleich werden bis 2019 leicht sinkende Verwal-tungskosten sowie eine spürbare Steigerung des Pro-visionsergebnisses, unter anderem im Wertpapier- und Depotgeschäft, angestrebt. Diese Maßnahmen sind nach Einschätzung der Volksbanken und Raiffei-senbanken Voraussetzungen dafür, dass der erwar-tete Rückgang der Zinsergebnisse kompensiert wer-den und die solide Eigenkapitalbasis weiter gestärkt werden kann. „Das wissen wir seit Längerem, und es entspricht auch den Tendenzen, die sich aus der Niedrigzinsumfrage der Bankenaufsicht ergeben. Die Ergebnisse sind daher für uns keine Überraschung“, erklärt Bockelmann.

Zinsen so niedrig wie noch nie in 5.000 Jahren

Die Kurve zeigt den jeweils niedrigsten bekannten kurzfristigen Zins auf Basis von historischen Daten, unter anderem aus dem Altbabylonischen Reich, dem antiken Griechenland, dem Römischen Reich, den Niederlanden, Italien, Großbritannien und den USA. Quelle: Bank von England

„Die Umfrage be-stätigt, dass die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank nicht nur die

privaten Sparer, sondern auch

die Volksbanken und Raiffeisen-

banken vor Herausforderun-

gen stellt."

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Mit Hoch-geschwindigkeit zur

Entscheidung

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Handmade

Handgefertigte Ledertaschen, ausgefallene Brotsorten, selbstgenähte

Kleider. Do it yourself, oder kurz DIY, ist in. Aber auch Handgemachtes kaufen macht Spaß. Manufakturen liegen im Trend und

„handmade“ ist ein begehrtes Marken- zeichen. Im Gegensatz zu industriellen

Massenprodukten ist jedes Stück ein Unikat. GENiAL berichtet über

beispielhafte Genossenschaften.

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IM FOKUS | HANDMADE

Handmade Foto: Mühle und Bäckerei Bärenhecke Raiffeisengenossenschaft

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MÜHLE UND BÄCKEREI BÄRENHECKE RAIFFEISENGENOSSENSCHAFT EG

Alle wollen Stollen

D ie Hände greifen in den Teig und formen einen länglichen Laib. Am Ende wird daraus einer der

Erzgebirgsstollen, für die die Bäckerei Bärenhecke besonders bekannt ist. Im September und Oktober ist in der Backstube im sächsischen Müglitztal im Osterzgebirge Hochkonjunktur. Schließlich reift der Stollen nach dem Backen gute zwei Monate in den Räumen der Mühle und Bäckerei Bärenhecke. Zwar helfen Maschinen beim Rühren oder Mischen der Zutaten, doch davon abgesehen ist hier noch alles Handarbeit. Vorstand Roman Seifert ist stolz dar-auf, dass es keine in Linienproduktion hergestellten Blechkuchen gibt, sondern runde Kuchen, die von Hand nach alten Rezepten hergestellt werden.

Dabei greift die Bäckerei Bärenhecke auf eine lan-ge Handwerkstradition zurück. „Die Rezepte wurden von Generation zu Generation weitergegeben. So konnten wir den ursprünglichen Geschmack beibehal-ten und nutzen bis heute nur natürliche Zutaten“, sagt Seifert. Die meisten Bestandteile wie das sächsische Qualitätsmehl stammen aus der Region. Das Wasser zum Backen kommt gar aus der eigenen Quelle und immerhin ein Drittel der elektrischen Energie produ-zieren die Backgenossen selbst: mittels Wasserkraft und zwei Turbinen.

Im August 1898 gründeten 26 Kleinbauern die Genossenschaft. Heute sind 20 Mitarbeiter in der Produktion und im Fuhrpark beschäftigt. In den eige-nen, insgesamt 17 Filialen verkaufen 50 Mitarbeiter der Genossenschaft Brot, Brötchen, Torten, Kuchen und Stollen. Dazu gibt es einen Onlineshop. Zur Weihnachtszeit zudem gefragt: Stollen für Firmen als Weihnachtspräsent. So haben die Backerzeugnisse aus Glashütte-Bärenhecke schon ihren Weg nach Ka-nada, Japan oder Russland gefunden.

www.baeckerei-baerenhecke.de/

ABSATZGENOSSENSCHAFT UNTERRIEDEN EG

Gut Kirschen essen

Das Werratal rund um Witzenhausen im Werra-Meißner-Kreis gilt mit rund 800 meist familiä-

ren Betrieben als das größte zusammenhängende Obstanbaugebiet im Bundesland Hessen. Vor allem die Süßkirsche ist hier stark vertreten. Wie die Ap-felbaumblüte im Alten Land bei Hamburg lockt auch die Witzenhausener Kirschbaumblüte im Frühjahr zahlreiche Besucher aus nah und fern in die Region. Um nach der Ernte im Juni/Juli bessere Preise und Verwertungsmöglichkeiten für ihre Früchte zu errei-chen, gründeten Erzeuger im Jahr 1959 die Absatz-genossenschaft Unterrieden eG. Sie kauft die noch immer von Hand geernteten Früchte von ihren rund 60 Mitgliedern, produziert selbst Fruchtaufstriche da-von oder lässt sie von externen Betrieben zu Frucht-säften, -weinen, -likören, -essig oder Obstbränden, Schokolade, Tee oder Fruchtgummis veredeln.

Diese und andere Produkte wie Käse aus einer nahegelegenen Käserei, Wurstwaren vom Haus-schlachter und Honig vom Imker vermarktet die Ge-nossenschaft über einen eigenen Hofladen mit ange-schlossenem Café. Auch auf traditionellen Märkten in Nordhessen und im benachbarten thüringischen Eichsfeld vertreibt sie ihre Produkte, darüber hinaus auch per Onlineshop mit bundesweiter Lieferung frei Haus. www.agu-kirschen.de

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Die Form und die weiße Zuckerdecke des Stollens erinnern an das in weiße Windeln gewickelte Jesuskind.

Fotos: fotolia/Urheber_rdnzl, Mühle und

Bäckerei Bärenhecke Raiffeisengenossenschaft,

fotolia/S.H.exklusiv, luckat und Tatiana

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IM FOKUS | HANDMADE

Dachdeckergenossenschaften in Ostdeutschland sind anders als im Westen: Hier arbeitet niemand für den Chef. Auch

bei den Materialien für die Eindeckung gibt es regionale Unter-schiede: Im Süden und Osten greift das Dachdecker-Handwerk gern zum Biberschwanz, im Nordwesten eher zur Hohlpfanne. Daneben gibt es die „Minderheitendächer“ Schiefer und Reet. Was viele nicht wissen: Bei den Dachdeckergenossenschaften sind die angestellten Dachdecker gleichzeitig Mitglieder und Arbeitnehmer. Dagegen sind die Mitglieder bei Dachdeckerein-kaufsgenossenschaften keine Einzelpersonen, sondern Dachde-ckerbetriebe.

Die Dachdeckergenossenschaft eG Rochlitz in Sachsen wur-de 1960 als Produktionsgenossenschaft gegründet und 1992 in eine eingetragene Genossenschaft umgewandelt. Andreas Diet-rich führt das Unternehmen seit 2012, das nicht nur in Sachsen, sondern auch bundesweit tätig ist.

Im Dachdecker-Handwerk trifft Tradition auf Moderne. Dach-decker arbeiten sowohl mit althergebrachten Eindecktechniken und Werkzeugen als auch mit modernen Maschinen, beispiels-weise bei Metalldächern. www.dachdecker-rochlitz.de

S ie heißen Gärtner von Eden und ihr Anspruch ist paradiesisch hoch: Mit höchster Kreativität, plane-

rischer Individualität und handwerklicher Qualität für die Gestaltung und Pflege wollen sie Kunden für ihre Gartengestaltung begeistern. Um ihre Spitzenqualität weiterzuentwickeln und langfristig zu sichern, haben sich bundesweit Landschaftsgärtner zur Genossen-schaft Gärtner von Eden zusammengeschlossen. „Wir sind die einzige Marke für anspruchsvolle Gar-tengestaltung“, verkündet das Unternehmen selbst-bewusst auf seiner Homepage. Was die aktuell rund 50 Mitgliedsbetriebe und ihre Inhaber verbindet, ist die Liebe zur Natur und das Interesse an Menschen. „Deswegen sind wir Gärtner geworden“, begründen die selbstständigen Betriebsinhaber ihre Berufswahl in der Unternehmensphilosophie. Zum Leistungs-portfolio jedes einzelnen Gärtner von Eden zählen die detaillierte und anspruchsvolle Planung, Umset-

GÄRTNER VON EDEN EG

Gärtnern wie im Paradies

zung, Pflege und Beratung rund um die Gestaltung von Privatgärten. „Der Garten gilt heute als verlän-gertes Wohnzimmer und verrät viel über seine Be-sitzer“, weiß Anja König, Vorstand der in Ratingen ansässigen Genossenschaft. Um für ihr Produkt zu werben, geben die Gärtner von Eden unter anderem zweimal im Jahr mit der „GartenArt“ ein eigenes Garten- und Lifestylemagazin heraus. Wer Ideen und Anregungen für den eigenen Garten sucht, findet diese aber auch im Internet. www.gaertner-von-eden.de

DACHDECKERGENOSSENSCHAFT ROCHLITZ EG

Von Biberschwanz und Hohlpfanne BEST PRACTICE

250.000 Blumenarten gibt es weltweit.

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Viel wurde in den letzten Jahren bereits über den Trend zum Selbermachen und die Implikationen für Wirt-schaft und Gesellschaft diskutiert. Unbenommen ist dabei, dass es einige Treiber gesellschaftlicher, ökono-

mischer und technologischer Natur gibt, die diese Entwicklung unterstützen. DIY ist einerseits Ausdruck des Strebens nach Autarkie und Partizipation, stellt ökonomisch die reinste Form der Individualisierung dar und ist technologisch durch die neuen Informations- und Kommunika-tionstechnologien vielfach erst ermöglicht worden.

Wie sich dies aber mit-tel- bis langfristig auf die wirt-schaftlichen Strukturen aus-wirkt, ist eher unsicher. Wenn es auch vereinzelt Märkte gibt, die durch den DIY-Trend maß-geblich beeinflusst werden können, wie unter anderem die Erzeugung von Medien-inhalten, Energieerzeugung, Mode und Design, ist die bis-herige Wirkung in vielen Fällen recht überschaubar. Aus ökologischer Sicht bleibt einstweilen der Konflikt zwischen dem Ziel der Ressourcenschonung und dem Wunsch nach individualisierten Produkten ungelöst.

Individualisierung und Personalisierung in Wirtschaftsprozes-sen gehen häufig zulasten der Effizienz, der Ressourceneinsatz wird bei einem gesellschaftlichen Durchbruch zum Selberma-chen zunächst steigen. Dies könnte sich in Zukunft durch die absehbare Killerapplikation des DIY, den 3-D-Druck, ändern: Die neuen Verfahren drehen die bisherigen Konstruktionsprinzipien um, die Produkte werden nicht mehr aus vorgefertigten Formen

Welche wirtschaftliche Dimension erreicht das Selbermachen?Was ist der quasi-industrielle Aspekt von Do it yourself (DIY)? Hat der Trend zum Sel-bermachen nachhaltige Effekte, und wie integrieren ihn Unternehmen? Der Standpunkt des Zukunftsforschers Holger Glockner.

gewonnen, sondern Schicht für Schicht „gedruckt“. Dadurch kann die Materialintensität gemindert und so die Nachhaltigkeit der selbstorganisierten Prozesse sichergestellt werden. Dabei gilt es aber, den Fokus nicht nur auf die Produktion, sondern auch auf die damit verbundenen logistischen Prozesse zu richten.

Nachhaltiges Selbermachen erfordert jedoch Formen des kooperativen Individualismus. Nur in

Zusammenarbeit, nicht in Autono-mie können Indi-viduen den (Teil-)Umstieg in eine neue Lebens- und Wirtschafts-kultur ressour-censchonend bewältigen. Den individuellen Lernprozessen, dem Entfalten von Kreativität und Innovation muss eine Neu-konfiguration der Wertschöp-fungsnetze gegenüberstehen, wodurch sich für (Start-up-)Un-

ternehmen die Chance bietet, die Schnittstellen zwischen den einzelnen Prozessstufen neu zu definieren und zu besetzen.

Für die Zukunft ist zu erwarten, dass sich DIY in bestimm-ten Nischenmärkten durchsetzen kann. Vor allem aber wird es zu einem Selbermachen mit Anleitung kommen: Individuen wer-den durch unternehmerische Angebote erst in die Lage versetzt, Dinge und Prozesse selbst zu gestalten. Intelligente Formen der Kollaboration sind der entscheidende Erfolgsfaktor für die Mög-lichkeiten, neue Technologien dem Selbermachen zur Verfügung stellen.

Upcycling „Aufpimpen“ von Kleidung, Accessoires und Deko, die sonst im Müll landen würden

Social Do it Yourself gemeinsam basteln, handwer-ken, Ideen austauschen und sich gegenseitig helfen

Weben – am liebsten mit veganen Stoffen

Indoor-Gärten für Großstädter nach dem Motto Platz dafür ist in der kleinsten Hütte

Do it yourself Food Weg von industriell produzierten Nahrungsmitteln und hin zu selbstangebauten Ge-müse, Obst und Kräutern sowie zu selbstkreierten Müsli und Kuchen

Nur in Zusammenarbeit, nicht in Autonomie können

Individuen den (Teil-)Umstieg in eine neue Lebens- und

Wirtschaftskultur ressourcen-schonend bewältigen.

Studie von Burda Forward: Social Trends Do it yourself

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IM FOKUS | HANDMADE

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Die wichtigsten Do-it-your-self-Plattformen:

Dawanda | www.dawanda.com2007 wurde der größte Onlinemarkt für Selbstge-machtes in Europa gegründet.360.000 private Hersteller bieten 6 Millionen Pro-dukte dort an. 15.000 neue Produkte werden täglich online gestellt. 200 Mitarbeiter aus 20 Nationen arbeiten für Dawanda. 200 Millionen Mal wird die Website im Monat aufgerufen. 1,2 Millionen Fans hat Dawanda bei Facebook. Quelle: Frankfurter Rundschau, 17. September 2017

Etsy | www.etsy.comEtsy wurde 2005 als Onlinemarkt für Selbstgemach-tes gegründet und ist vor allem in den USA sehr erfolgreich. 2016 betrug der Umsatz des Unterneh-mens 365 Millionen US-Dollar (Quelle:statista).2014 boten 1,4 Millionen Verkäufer dort 29 Millionen Waren an. Etsy hat 20 Millionen aktive Käufer. Beim Börsengang wurde Etsy mit 1,8 Milliarden Euro bewertet. Quelle: Spiegel Online, 16. April 2015

Holger Glockner ist Managing Partner bei Z-punkt, einem in-ternationalen Beratungsunternehmen für strategische Zukunfts-fragen. Er studierte Politikwissenschaft, Soziologie und BWL; heute engagiert er sich als Lehrbeauftrager im Master-Studien-gang Zukunftsforschung an der FU Berlin in der Ausbildung des Foresight-Nachwuchses.

sehr wichtig oder wichtig weniger oder gar nicht wichtig

84,315,8

82,217,8

81,019,0

79,220,9

59,340,6

Kostengünstige Herstellung

Kreatives Design

Individualität/Einzigartigkeit

Hohe Qualität

Handlichkeit/Nützlichkeit

Kriterien für handgemachte ProdukteBedeutung der Eigenschaften in Prozent

Basis n=430 | Quelle: Tomorrow Focus Media

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WINZERGENOSSENSCHAFT WEINBIET EG

Vom Federweißen zur Mußbacher Eselshaut

Es gilt als das längste Weinfest der Welt: Zehn Wo-chen lang, von Ende August bis Anfang Novem-

ber, wird in Neustadt an der Weinstraße das „Fest des Federweißers“ gefeiert. Und das schon seit 45 Jahren. Um den Bitzler, Saußer, Rauscher, Sturm oder Neie, wie das Vorprodukt des Weines je nach Region genannt wird, zu genießen, kommen die Be-sucher zum Teil von weither in die Pfalz. Während die Winzer auf dem Hof des Kelterhauses ihre Trauben anliefern und den Öchslegrad bestimmen, lassen es sich die Festbesucher im Weingarten bei frischem Federweißen, mitgebrachten Speisen oder vor Ort gebackenem Zwiebelkuchen gutgehen. Veranstal-

ter des Events ist die Winzergenossenschaft Wein-biet. Mitglieder und Lieferanten des im Jahr 1902 gegründeten Unternehmens sind etwa 60 Winzer. Rund um den Berg Weinbiet, das 554 Meter hohe Wahrzeichen der Region, bewirtschaften sie auf einer Fläche von 325 Hektar ihre Weinberge. Wichtigste Rebsorte der Winzergenossenschaft mit einem Anteil von 31 Prozent ist die Rieslingtraube. Weniger bei der Lese selbst, aber vor allem bei der Kulturpflege der Rebstöcke ist noch viel Handarbeit mit im Spiel. Dies gilt auch für die Arbeit im Weinkeller, wenn aus den Trauben so wohlklingende und bekannte Quali-tätsweine wie die „Mußbacher Eselshaut“, die „Gim-

BASISGEMEINDE WULFSHAGENERHÜTTEN EG

Stolz auf Holz

D ie Basisgemeinde Wulfshagenerhütten eG ist handwerklich und sozial orientiert. Mehr als 50 Menschen, Erwachsene

und Kinder, Ledige und Familien unterschiedlichen Alters, Her-kunft und Berufen leben und arbeiten auf dem Gelände eines ehemaligen Kinderheims bei Kiel. Das wichtigste Ziel der Ge-nossenschaft mit Standorten in Wulfshagenerhütten in Schles-wig-Holstein und am Prenzlauer Berg in Berlin ist es, sinnvolle Arbeit für ihre Mitglieder zu schaffen und zu erhalten.

Eine alte Scheune wurde hier zu einer modernen Holzwerk-statt mit 25 Arbeitsplätzen ausgebaut. Seit mehr als 30 Jahren werden einheimische Hölzer, hauptsächlich Esche und Buche, zu hochwertigen Spiel- und Bewegungsgeräten verarbeitet. Grund-lage hierfür ist die Bewegungspädagogik zur Entwicklungsför-derung von Emmi Pikler und Elfriede Hengstenberg, nach der Massivholz spielerisch die Bewegungskompetenz fördern kann.

Hergestellt werden keine Wegwerfgegenstände, sondern langlebiges Spielzeug, Bewegungsmöbel und Bodenmaterial, reparaturfähig und umweltverträglich. Zu den Kunden gehören Kindergärten, Schulen und therapeutische Einrichtungen, aber auch Privatleute. So entstehen beispielsweise Kippelhölzer, Lei-tern, Hocker und Balancierstangen, mit denen nicht nur Kinder forschen, ausprobieren und entdecken. Mit den Materialien aus naturbelassenen und hochwertigen Massivholzverbindungen lassen sich auch immer wieder neue Bewegungslandschaften kombinieren. Ist ein Teil beschädigt, kann es ersetzt werden, denn Massivhölzer lassen sich gut reparieren.

www.basisgemeinde.de

BEST PRACTICE

Foto: Basisgemeinde Wulfshagenerhütten, Lumland Candle, Winzergenossenschaft Weinbiet

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IM FOKUS | HANDMADE

meldinger Meerspinne“ oder die „Haardter Herren-letten“ heranreifen. Stichwort Qualität: Diese wurde der Winzergenossenschaft Weinbiet im Spätsommer bescheinigt. Bei den Prämierungen der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft (DLG) erhielten gleich sieben Weine eine Goldmedaille. „Weine sollen Spaß machen und individuelle Handschrift tragen“, lautet das Credo der Winzergenossen. www.wg-weinbiet.de

Gewinn und Stolz aus den Resten von Holz: Nach diesem Motto arbeiten die Schüler der

Städtischen Gesamtschule Bockmühle in Essen, die sich zur Lumland Candle eSG zusammenge-schlossen haben. In der Schülergenossenschaft arbeiten rund 15 Jugendliche der 9. und 10. Klas-se. Das Team ist dabei selbstständig für die Ge-staltung, Herstellung, Materialbeschaffung und den Verkauf zuständig. Zum Produktangebot ge-hören Kerzenständer, Stifthalter, Werkzeugkästen und Möbel. In der eigenen Werkstatt auf dem Schulgelände feilen, sägen, bohren und schleifen die Mitglieder an ihren Produkten. Das Material stammt größtenteils aus Holzresten, die beispiels-weise in Schreinereien anfallen. Auch Europaletten verarbeiten die Schüler. Aus der Transporthilfe entstehen Sitze, Sessel oder Weinregale.

Zum Anfang des laufenden Schuljahres hat sich das Team neu gebildet. Vorstandsvorsitzender Dustin Pung hat seinen Schulab-schluss gemacht und an die nächste Generation übergeben. „Als Schüler lernt man viel über das Handwerk und ist gut vorbereitet für das Berufsleben“, sagt er. Er absolviert jetzt eine Lehre im Tischlerhandwerk. „Wir wollen mit der Schülergenossenschaft realitätsnah einen Betrieb abbilden und auf die Ausbildung vor-bereiten“, sagt Thomas Lipkowski. Er ist Betreuungslehrer der

Lumland Candle und berichtet, dass seit der Gründung vor sechs Jahren bereits mehr als 40 Schüler Teil der Schülergenossenschaft waren. Lumland Candle macht auch den Messeservice bei Schulveranstaltungen, wie zum Beispiel dem Markt der Berufe. Doch auch außer-halb der Schule sind die Kerzenständer, Stifthalter und Werkzeugkästen gefragt. Mindestens einmal im Jahr gibt es einen Verkaufsstand bei der benachbarten NO-WEDA. Die Apothekengenosssenschaft hat ihre Zentra-le in Essen und ist Partnergenossenschaft von Lumland Candle.

LUMLAND CANDLE ESG

Aus Europaletten werden Weinregale

Federweißer ist ein aus weißen oder roten Rebsorten gepresster

Traubenmost, dessen Gärung gerade begonnen hat.

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BEST PRACTICE

Das Coburger Fuchsschaf ist ein besonderes Schaf. Die rotbraunen Lämmer sehen niedlich

aus. Einzigartig ist die Wolle der ausgewachsenen Tiere mit ihrem goldenen Schimmer, nach dem die Genossenschaft das Goldene Vlies genannt wird.

Susanne Korte ist Mitgründerin und erste An-sprechpartnerin der „Woll-Genossenschaft“ im nord-hessischen Willingshausen, die sich 2001 ge-gründet hat. Mit viel Liebe zu den mehr als 100 verschiedenen Fuchsschafwollprodukten, die die Genossenschaft anbietet, kümmert sie sich gemeinsam mit weiteren Mitgliedern um diese vom Aussterben bedrohte Nutz-tierrasse. "Unser wichtigs-tes Anliegen ist die Verwer-tung der Wolle, um damit

G räber sind die letzte Ruhestätte geliebter Menschen und ein Ort der Erinnerung. Viele Angehörige und Freunde des Ver-

storbenen wünschen sich eine schön gestaltete Grabstätte, kön-nen sich aber oft nicht selbst darum kümmern. Da kommen die Friedhofsgärtner ins Spiel: Mit kreativer Ader und viel Handarbeit kümmern sie sich um die Bepflanzung. Und natürlich kommen heute längst nicht mehr nur Stiefmütterchen oder Heidekraut in die Erde. Vielmehr überlegen die Friedhofsgärtner gemeinsam mit den Angehörigen und Freunden, welche Blumen gut zur Per-

sönlichkeit des Verstorbenen passen könn-

indirekt zur Erhaltung der alten Landschaftsrasse beizutragen. Außerdem legen wir viel Wert auf regionale Erzeugung. Unsere Produkte sollen möglichst ökologisch und sozial verträglich her-gestellt sein.“ Mit Erfolg, denn die Genossenschaft wurde 2017 vom Bundesumweltministerium für ihr zukunftsweisendes und nachhaltiges Engagement in ländlichen Räumen ausgezeichnet. Das Goldene Vlies, eine Gruppe von Fuchsschafhaltern, nimmt die Weiterverarbeitung und Vermarktung geschorener Wolle seit mehr als 15 Jahren in die eigene Hand. Über 70 Mitglieder zwi-

schen Schleswig-Holstein und Österreich, Dresden und der Eifel arbeiten an der Entstehung hochwer-tiger Schafwollprodukte in kleinen Manufakturen: angefangen bei Strickwolle und warmen Socken, verschiedenen Pullovern, Westen, Jacken und Decken über Einlegesohlen, Pantoffeln, Taschen und Sitzauflagen aus Filz bis hin zu Babyartikeln und Unterbetten aus weichem Wollflor. Verkauft werden die unterschiedlichen Wollprodukte an Wiederverkäufer und Endverbraucher.

Schönes aus Wolle zu Weihnachten? Alle Bezugsquellen finden sich hier:

www.das-goldene-vlies.de

DAS GOLDENE VLIES EG

Wolle vom Feinsten

ten. „Früher wurde häufig nur eine bepflanzte Schale in die Mitte des Grabes gestellt und rundherum alles mit Tannengrün abgedeckt“, erklärt Stefan Ploeger, Friedhofsgärtner bei Grün an Melaten: „Heute wird das komplette Beet mit unterschiedlichen Blumen bepflanzt und individuell gestaltet.“

Die Gärtnerei Grün an Melaten ist Mitglied bei der Genossenschaft Kölner Friedhofsgärtner, die eine lange Tradition hat: Sie wurde vor fast 60 Jahren von 15 Kölner Friedhofsgärtnern gegründet. Heute sind 44 Betriebe Mitglied der Genossenschaft. „Jeder kann schon zu Lebzeiten mit einem Mitgliedsbetrieb der Genossenschaft einen Vertrag abschließen, in dem er für die Grabpflege eine Gesamtsumme auf

das Treuhandkonto der Genossen-schaft einzahlt. Die Genossenschaft verwaltet treuhänderisch das ein-gezahlte Geld und überwacht die spätere Grabpflege“, sagt Dirk Klein, geschäftsführender Vorstand der Ge-nossenschaft. Unabhängig davon, ob ein Gärtnereibetrieb in zehn oder 20 Jahren noch existiert, garantiert die Genossenschaft, dass man sich später auch um das Grab kümmert.

www.friedhofsgaertner-koeln.de www.bestattungsgaerten.de

GENOSSENSCHAFT KÖLNER FRIEDHOFSGÄRTNER EG

Kreativ statt gruselig

IM FOKUS | HANDMADE

3,4 bis 4 Kilogramm Wolle liefert ein Schaf pro Schur.

Fotos: Marco Stepniak, Das goldenen Vlies

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Der Europäische Laubfrosch | Foto: Birgit Emig/naturgucker.de

Der Feldhase | Foto: Axel Aßmann/naturgucker.de

Der Apollofalter | Foto: Rüdiger Sachtler/naturgucker.de

Die Bekassine | Foto: Janis Sieberichs/naturgucker.de

Der Grauspecht | Foto: Marc Oliver Gutzeit/naturgucker.de

Der Fischadler | Foto: Gabriela Dienst/naturgucker.de

Die Feldlerche | Foto: Axel Aßmann/naturgucker.de

Gefährdete Tierarten

Apollofalter

Fischadler

Bekassine

Laubfrosch

Feldlerche

Feldhase

Grauspecht

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D ienstag, 12. September 2017, Rohrwie-sen: 200 Uferschwalben, 200 Mehl-schwalben und 30 Rauchschwalben auf dem Zug nach Süden“, meldet Falk P. aus

Rheindürkheim unter der Rubrik „Vögel Zug“ auf der Internet-Plattform naturgucker.de. Beobachtungen wie diese lassen viele Menschen unberührt. Natur-liebhaber oder Vogelkundler indessen können sich für solche Nachrichten begeistern. Mit naturgucker.de gibt es ein soziales Netzwerk, in dem Naturfreunde ihre Beobachtungen aus der Tier- und Pflanzenwelt mitteilen und austauschen können.

„Naturgucken schafft Wissen und macht Spaß“ – so lautet das Motto der gemeinnützigen Genossen-schaft naturgucker.de. Unter ihrem Namen betreibt die in der südniedersächsischen Kreisstadt Northeim ansässige Genossenschaft ein soziales Netzwerk für alle Tier-, Pflanzen- und Pilzbeobachtungen weltweit. Wichtigstes Ziel von naturgucker.de: mehr Menschen für das Naturbeobachten und für die Natur zu begeis-tern.

Weil naturgucker.de die ganze Welt in Planquadra-te eingeteilt hat, können die von den Nutzern erfass-ten Beobachtungsdaten kleinräumig Lebensräumen zugeordnet werden. Zugleich werden die Daten für Naturschutz, Bildung und Forschung zugänglich ge-macht, beispielsweise für wissenschaftliche Untersu-chungen zum Klimawandel. Damit ist naturgucker.de auf der einen Seite eine Online-Community und auf der anderen Seite ein Projekt ehrenamtlicher Natur-forscher.

Die Idee zu naturgucker.de stammt aus der zwei-ten Jahreshälfte 2006. Sie geht zurück auf jahrzehn-telange Erfahrung der Gründer mit der Thematik Na-turbeobachtungen und Naturschutz. Ein Jahr später wurde die Genossenschaft gegründet, und im Febru-ar 2008 ging die Alpha-Version von www.naturgucker.de an den Start. Heute, knapp zehn Jahre später, ist naturgucker.de im deutschsprachigen Raum das füh-rende soziale Netzwerk für Naturbeobachter und An-laufpunkt für alle Naturliebhaber.

Obwohl es in Deutschland – anders als beispiels-weise in England oder den USA – in der breiten

Bevölkerung keine lange Tradition zur Naturbeobach-tung gibt, blickt naturgucker.de auf eine beachtliche Erfolgsgeschichte zurück. Über 36.000 Aktive, 8,26 Millionen Naturbeobachtungen und über eine Million erfasste Bilder (Stand: September 2017) sind für Vor-stand Stefan Munzinger beeindruckende Zahlen. Bis zu 150.000 Menschen klicken jährlich die Webseite naturgucker.de an. Pro Besuch bleiben sie etwa zehn Minuten auf den Internetseiten der Plattform.

„Jede veröffentlichte Naturbeobachtung ist eine gute Nachricht aus der Natur und kann andere für Naturbeobachtungen begeistern“, so die Netzwerk-betreiber. Zentraler Bestandteil der Webseite ist deshalb der freie Zugang zu allen veröffentlichten Naturbildern und Beobachtungsgebieten weltweit. Das bedeutet: Jeder Besucher der Webseite kann diese Daten frei anschauen, filtern und zitieren. Ein-zige Ausnahme sind die aus Artenschutzgründen ge-schützten Beobachtungen.

Wer dagegen seine Naturbeobachtungen über das Netzwerk anderen Naturfreunden mitteilen oder andere Beiträge kommentieren möchte, muss sich zuvor offiziell und kostenlos als Nutzer registrie-ren lassen. Danach stellen ihm netzgucker.de und auch die internationale Version enjoynature.net ein persönliches Datenzentrum bereit, in dem er seine Beobachtungen und Naturbilder der umliegenden Region, aber auch von seinen Urlaubsreisen in alle Welt zusammenfassen und verwalten kann. Über eine Freunde-Funktion können sich Nutzer mit aus-gewählten Mitbeobachtern zusammenschließen, sich austauschen und viele Funktionen von naturgucker.de gemeinsam nutzen.

Ein wichtiges Thema für Betreiber und Nutzer der Plattform ist die Plausibilität der Daten. Mit etwa 98 Prozent gilt sie als sehr gut. Ähnlich wie bei der Internet-Lexikothek Wikipedia können somit auch die Nutzer von naturgucker.de davon ausgehen, dass Beobachtungen und Artzuordnungen bei Bildern mit großer Wahrscheinlichkeit korrekt sind.

Immer mehr Menschen füttern die heimischen Wildvögel das gesamte Jahr hindurch. So sieht der Beobachter dann bei der Winterfütterung nicht nur die Altvögel, sondern auch im Frühling und Frühsommer Jungtiere.

Die meisten jungen Wildvögel benötigen in der Nestlingsphase Insekten, die ihnen die Eltern-vögel suchen. So ist es wichtig, in der Phase der Jungenaufzucht Insektenfutter zu reichen und im warmen Sommer kein Fettfutter anzubieten, weil es schmelzen oder sehr schnell verderben würde.

aus: www.voegel-am-futterhaus.de

BUNDESWEIT

Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer

AUS DEN REGIONEN

Futter- tipp

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W ie können neue Wege in der Führung aussehen? Was zeichnet eine mo-derne Unternehmens-

kultur aus? Ersetzen dezentrale Daten-strukturen demnächst Volksbanken und Einkaufsgenossenschaften? Auf diese und andere Fragen gab das zweite Zu-kunftsforum der GenoAkademie in Dort-mund Antworten. Vor allem aber stärk-ten die Referenten Zweifel am Sinn alter Sicht- und Vorgehensweisen. Philipp Jung vom RWGA-Kooperationspartner Quest Team – die Potenzialförderer: „Es verän-dert sich fast alles rasend schnell. Wer sagt, in seinem Umfeld sei das nicht so, der bekommt es nur nicht mit.“

Diesmal war das Zukunftsforum im Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik zu Gast. „Financial Supply Chain Management“ war das Stichwort für die von Institutsleiter Professor Michael Hen-ke prognostizierte Zeitenwende in der Finanzdienstleistungswelt. Die Commerz-bank kooperiere mit Fraunhofer in Sachen Blockchain-Technologie, investiere also in eine dezentrale Datenstruktur. Diese sei unter anderem Grundlage für intelligente elektronische Verträge (Smart Contracts). Die automatisierte Abwicklung von Ge-schäftsvorfällen in der Logistikbranche stünde im Vordergrund. Stark berührt sei-en aber auch die Kernkompetenzen „Geld sicher bewegen“, „Handel finanzieren“ so-wie „Risiken übernehmen“.

Die Unternehmens- und Führungs-kultur beim Outdoor-Ausrüster VAUDE aus Baden-Württemberg stellte Organi-sationsentwickler Felix Bongen vor. Die Gehälter beim Nachhaltigkeitspreisträger seien auf keinen Fall höher als bei Wettbe-werbern, in der Führungsetage eher deut-lich niedriger. Viele der in Gang gesetzten Projekte führten am Ende nicht zu einem marktfertigen Produkt. Und doch herrsche in dem rund 500-Mann-Familienbetrieb ein starkes Gefühl des Mit- und Fürein-anders sowie hohe Selbstverantwortung. „Wir haben eher das Problem, dass Leu-te zu viel arbeiten und wir sie vor sich selbst schützen müssen“, so Bongen. Das Rezept dahinter: viel zuhören, viel reden, alles zulassen, auch Verrücktes ausprobie-ren – und klare Regeln für den Umgang miteinander.

Flache Hierarchien und viel Vertrauen

Die Führungskulturen in der Hotelerie ins Visier nahm Marco Nussbaum, Hotelier und Inhaber von prizeotel. Flache Hierar-chien und hohe Verantwortung für jeden Mitarbeiter – auch für den Auszubilden-den – sind der Weg dieses erfolgreichen Start-ups. Hinzu komme ein überdurch-schnittliches Gehalt für Berufsanfänger. „Anders“, so Nussbaum, „bekommst du doch heute kein gutes Personal.“

„Emergenz“ und „Flow“ als Leitprinzi-pien für eine neue Führungskultur nannte der norddeutsche Unternehmer, Verlags-leiter, Buchautor, Künstler, Kommunen-pionier und Genossenschaftsgründer Jo-hannes Heimrath. Dabei steht Emergenz für neue Eigenschaften und Strukturen, die sich in einem System bilden, wenn die Systemelemente zusammenspielen. Flow dagegen ist das Glück, das sich bei völliger Vertiefung in eine Aufgabe oder Leistung einstellt und viel Schaffenskraft mitbringen kann.

Führungskräfte auch in Genossen-schaften hätten die Aufgabe, die dafür notwendige Infrastruktur bereitzustellen, so Heimrath. Dies gelinge am besten auf Augenhöhe und mit viel Vertrauen in die Fähigkeiten der Menschen, die man als Mitarbeiter ausgesucht und oft auch ausgebildet habe. Heimrath war es denn auch, der am heftigsten reagiert hatte auf die Zukunftsvorstellungen der Fraunhofer-Experten. „Warum seid ihr so still?“, fragte er provozierend in die Runde: „Wo kommt ihr denn her?“

NORDRHEIN-WESTFALEN

Neue Wege finden in der Unternehmenskultur

Fraunhofer

Die 1949 gegründete Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e.V. (Fraunhofer) ist mit rund 24.500 Mitarbeitern die größte Organisa-tion für angewandte Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungen in Europa. Namensgeber ist Joseph von Fraunhofer (1787–1826). Ziel der Fraunhofer-Gesellschaft ist es, anwendungsorientierte For-schung zum unmittelbaren Nutzen für Unternehmen und Gesellschaft durchzuführen. Dies geschieht in mehr als 80 Forschungseinrichtun-gen, davon 69 Instituten, an über 40 Standorten in ganz Deutschland. Im Jahr 2011 hat die Fraunhofer-Gesellschaft 673 neue Erfindun-gen gemeldet. Davon wurden 494 Entwicklungen zum Patent angemeldet. Der Bestand aktiver Schutzrechte und Schutzrechtsan-meldungen erhöhte sich auf 6.131. Quelle: Wikipedia

Veranstaltungsort des zweiten Zukunftsforums war das Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik.

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3-2017 | GENiAL | 27

AUS DEN REGIONENRHEINLAND-PFALZ UND SAARLAND

Spenden-Radeln für kranke Kinder

21 Tage mit insgesamt 1.545 Kilome-tern im Sattel und am Ende 5.626 Euro an Spenden: Klaus-Dieter Mankus erradelte bei seiner Tour

zu den Volksbanken und Raiffeisenbanken in Rhein-land-Pfalz und dem Saarland einen stattlichen Betrag für krebskranke Kinder. Der ehemalige Vorstands-vorsitzende der Volksbank Moldau fuhr mit seinem Trekkingrad kreuz und quer durch die beiden Bundes-länder, von der Südpfalz bis in den Norden in den Westerwald und von der am westlich liegendsten Genossenschaftsbank des Saarlands in Überherrn bis hin zu einem kleinen Abstecher in das östlich ge-legene Hessen nach Darmstadt. Dabei warb er bei den Banken um Spenden zugunsten des Vereins für krebskranke und chronisch kranke Kinder Darmstadt/Rhein-Main-Neckar. Zahlreiche Kreditgenossenschaf-ten unterstützten die Idee und empfingen den ge-nossenschaftlichen Sportler in ihren Banken.

Im Verlauf der Tour stellten Wetterverhältnisse und topografische Bedingungen den Radler Mankus auf die Probe. Tage mit Temperaturen deutlich über 30 Grad, Dauerregen sowie zeitraubende und kräfte-zehrende Bergetappen in Hunsrück, Eifel und Wes-terwald waren eine Herausforderung. „Auf langen Bergstrecken mit Steigungen bis 16 Prozent muss-te ich oft das schwer beladene Rad schieben. Dafür genoss ich aber auch die dann folgenden Abfahrten mit Spitzengeschwindigkeiten von 80 km/h“, sagt er rückblickend. Doch auch kurze und flache Strecken an Mosel, Nahe, Lahn, Rhein, Wied und Selz gehörten zur Tour.

Am Ende konnte sich der Verein in Darmstadt im Jahr seines 30-jährigen Bestehens über die Spende aus der Tour freuen. Für Mankus war es bereits die vierte Aktion dieser Art. Nach seinem Eintritt in den Ruhestand begann er die Spendentouren für krebs-kranke Kinder mit einer Deutschland-Umrundung vor fünf Jahren. Es folgten eine Hessen-Thüringen-Um-rundung und eine Hessen-Rundfahrt. Zusammen mit der Tour durch Rheinland-Pfalz und das Saarland hat Mankus bei den beteiligten Volksbanken und Raiff-eisenbanken mittlerweile mehr als 22.000 Euro für den Verein gesammelt.

Speyer

Pirmasens

Saarbrücken

Neunkirchen

Trier

Bitburg

DIE TOUR

Prüm

Hahn

Bonn

Bad Honnef

KoblenzLimburg

Mainz

Darmstadt

Worms

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Fan

15 %

Sym- pathi- sant

39 %

Ge- fangene

14 %

Gegner

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Söldner

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54 % sind Fans oder Sympathisanten der Raiffeisen-Tankstelle und damit nach der Studie als Fan hochzufrieden und überdurchschnittlich emotional gebunden. Und die Sympathisanten sind ähnlich zufrieden wie die Fans, nur weniger engagiert. Der beste Wert in der Untersuchung.

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20 % sind Söldner, also zufrieden, aber ohne Bindung. Sie orientieren sich stark am Preis.

„Fanfocus 2017“ ist eine repräsentative Studie des Marktforschungsunternehmens forum! aus Mainz.

Die Studie analysiert die Beziehungsqualität zwischen Kunde und Raiffeisen-Tankstelle unter Berücksichti-gung der emotionalen Bindung, ausgedrückt durch den Fan-Indikator.

26 % zählen zu den Unzufriedenen. Die Gefangenen sind unzufrieden, aber gebunden.Die Gegner sind unzufrieden und ohne Bindung. Sie neigen auch schon einmal dazu, ihren Unmut kundzutun und schlecht über die Raiffeisen-Tankstelle zu sprechen.

Quelle: forum! Mainz, Grafik: Genossenschaftsverband

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AUS DEN REGIONEN

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I slamistische Anschläge in Berlin, London und Barcelona, immer mehr Extremisten und der Strom verzweifelter Flüchtlinge nach Europa: Die aktuellen Probleme lösen bei den Deutschen große Ängste aus – so das Ergebnis der

repräsentativen Umfrage „Die Ängste der Deutschen 2017“ des Infocenters der R+V Versicherung. „Die Angst vor Terroranschlä-gen liegt mit deutlichem Abstand auf Platz eins und erreicht mit über 70 Prozent einen der höchsten Werte, der jemals in der Langzeitstudie gemessen wurde“, so Brigitte Römstedt, Leiterin des R+V-Infocenters. Zwei Ängste sind in diesem Jahr größer als 2016 – beide betreffen die Umwelt. Noch bevor der jüngste Lebensmittelskandal mit den Fipronil-belasteten Eiern öffentlich wurde, befürchteten 58 Prozent der Deutschen, dass Nahrungs-mittel immer stärker mit Schadstoffen belastet sein könnten. Ge-stiegen ist auch die Angst vor Naturkatastrophen. „ Dazu gehört auch die Angst vor vermehrten Wetterextremen wie Stürmen, Starkregen, Hagel und Überschwemmungen“, erklärt Römstedt.

Erhebliche Sorgen bereitet den Deutschen weiterhin die Schuldenkrise in etlichen Mitgliedstaaten der Europäischen Uni-on. Die Befürchtung, dass die deutschen Steuerzahler für über-schuldete Länder zur Kasse gebeten werden, bleibt mit 58 Pro-zent hoch.

Geringer als je zuvor im Verlauf der Langzeitstudie sind die Ängste vor Arbeitslosigkeit und einer Verschlechterung der Wirt-schaftslage. Am stärksten gesunken ist die Befürchtung, dass die Arbeitslosenzahlen in Deutschland ansteigen könnten. Fast ebenso gering ist die Sorge um den Verlust des Arbeitsplatzes.

Trotz der anhaltend kritischen Berichterstattung über die Po-litik von US-Präsident Donald Trump reagieren die Deutschen ziemlich gelassen: Nur rund ein Drittel befürchtet, dass Deutsch-land mit den USA einen wichtigen Bündnispartner verlieren könnte.

BUNDESWEIT

R+V-Studie: Angst vor Terror dominiertQuelle: R+V-Versicherung

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G emeinsam mehr erreichen: Beim zehntägigen Festival „Denkmal!Kunst – KunstDenkmal!“ in Duderstadt, Einbeck, Hann. Münden, Northeim und Osterode am Harz zeigte sich, wie der genossenschaftliche Gedanke auch über die Grenzen einzelner Genossenschaften hinweg funktionieren kann. Fünf Volksbanken in den jeweiligen Städten beteiligten sich gemeinsam als Premiumpartner, unterstützt von der VR-Stiftung der Volks-

banken und Raiffeisenbanken in Norddeutschland. Bislang gab es das Festival nur in Hann. Münden. Seit einigen Jahren schon unterstützt die dortige VR-Bank in Südniedersachsen das Projekt. Als es darum ging, das Festival nun im Rahmen der Städte-Initiative „Fachwerk-Fünfeck“ auf die weiteren Städte auszudehnen, waren die jeweiligen Volksbanken vor Ort schnell dabei. Neben der VR-Bank in Südniedersachsen gehören dazu die Volksbank in Einbeck, die Volksbank Göttingen, die Volksbank im Harz und die Volksbank Mitte. Die Vorstände standen in regelmäßigem Kontakt, in einem Arbeitskreis arbeiteten die Marketingmitarbeiter aller beteiligten Banken miteinander. Was besonders gut passte: Ziel des Festivals war es, das bürgerschaftliche Engagement in den Vordergrund zu stellen und gleichzeitig Leerstände in den Orten zu verringern. Grundlegende Ziele der genossenschaftlichen Idee werden also in diesem Festival gelebt: Ehrenamt und Re-gionalität. Veranstaltungsorte waren für die Öffentlichkeit sonst nicht zugängliche Denkmäler und leerstehende Gebäude. Rund 300 Künstler erweckten 80 Häuser mit Musik, Theater und Kabarett, Lichtinstallationen oder ihren Kunstwerken zum Leben. Insgesamt gab es rund 250 Veranstaltungen. Dabei fungierten die Volksbanken nicht nur als Sponsor. In aus-gewählten Geschäftsstellen konnten auch die Karten und Programmhefte für das Festival gekauft werden.

Immer mehr Schülergenossenschaften Schülergenossenschaften sind attraktiv – für Schulen wie für Patengenossenschaften. Das zeigen die Neugründungen 2017*:

NIEDERSACHSEN: Jesproductions, OBS Jesteburg, (Schulbedarf, Handwerk), FairSalzen, Gymnasium Salzhausen, (Schulverpflegung), NORDRHEIN-WESTFALEN: SR Food eSG, Städtische Realschule Löhne, (Schulverpflegung), GeSO – Geno Student Organisation eSG, GenoKolleg, Münster, (Eventmanagement, Schulverpflegung), Snack4u, Leonardo-da-Vinci-Sekundarschule, Overath,(Schulverpflegung), Versmolder Bienengold eSG, Sekundarschule Versmold,(Imkerei), Büro-Metik, Sekundarschule Engelskir-chen, (Schulbedarf), Tucholsky Team, Kurt-Tucholsky Gesamtschule, Minden, (Eventmanagement), RHEINLAND-PFALZ: Green4u eSG, IGS Johanna Löwenherz, Neuwied, (Schulbedarf, Schulverpflegung), Office und Snacks, Theresianum Mainz, (Schulbedarf, Schulverpflegung, Lebensmittelproduktion [Imkerei]), All in One eSG, Realschule Salz, Salz, (Schulbedarf, Schulverpfle-gung).

*von Jahresbeginn bis Schuljahresende

AUS DEN REGIONEN

NIEDERSACHSEN

Fünf Volksbanken fördern gemeinsam „Denkmal!Kunst – KunstDenkmal!“

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32 | GENiAL | 3-2017

Wind, Wasser, weiße Segel und weites Land:

Das ist Schleswig-Holstein.

220 Genossenschaften arbeiten im Küstenland zwischen Nord- und Ostsee:

31 Kreditgenossenschaften

41 landwirtschaftliche Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften

148 Genossenschaften rund um Han-del- und Handwerk, Gesundheit, Wasser-

versorgung und erneuerbare Energien

Foto: fotolia/Ralf Gosch

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3-2017 | GENiAL | 33

BUNDESLAND-SPEZIAL

SCHLESWIG-HOLSTEIN

Moin!Mit seinen Ostseehäfen Kiel, Lübeck, Puttgarden

sowie dem Nord-Ostsee-Kanal hat Schleswig-Holstein eine lange Schifffahrtstradition.

An den Küsten sind Fischerei und Fisch verarbeitende Industrien verbreitet. Besonders bekannt: die Krab-

benfischerei, die Kieler Sprotten und Matjes.

Touristenmagnete sind das Weltnaturerbe Watten-meer, die Nordfriesischen Inseln, die Ostseeküste und

die Holsteinische Schweiz.

68 Prozent von Schleswig-Holstein werden landwirt-schaftlich genutzt, davon 2/3 als Ackerland.

Schleswig-Holstein hat gemessen an seiner Fläche die höchste Zahl an Milch-viehhaltern. 90 Prozent der

jährlich rund 3 Millionen Tonnen Milch werden

genossenschaftlich erfasst und vermarktet.

Wichtige Zukunftsbranchen sind die Medizintechnik, die maritime Wirtschaft,

erneuerbare Energien und die Ernährungswirtschaft.

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34 | GENiAL | 3-2017

D a gibt es nichts zu jammern“, sagt Benjamin Schmöde. „Es sind nun mal nicht die rosigs-ten Zeiten für die Fischerei.“

Er ist 34 Jahre alt, Kaufmann und Chef der Fischergenossenschaft Fehmarn. Es gibt vier Fischereigenossenschaften in Schleswig-Holstein, in denen sich Be-triebe der Küstenfischerei und Kleinen Hochseefischerei organisiert haben. „Fi-scherei ist kein normales Geschäft“, sagt Schmöde. „Wir können nicht wissen, was abends im Netz ist.“

Dorsch, Hering, Wittling, Sprotten und Plattfische heißen die frischen Fische aus der Ostsee. „Dazu gehört ganz, ganz viel Erfahrung“, sagt Schmöde, „um zu wis-sen, wo der Fisch ist.“ Die Fehmarner Ge-nossenschaft liegt geschützt am Burger Binnensee im Süden Fehmarns nahe am Fischerei- und Handelshafen in Burgstaa-ken. Sie bietet alles, sagt Schmöde, „was der Fischer braucht“.

Fangquoten werden gekürzt

Auf Fehmarn sind noch 13 Betriebe in der Genossenschaft, die in der Hochsaison bis zu 30 Mitarbeiter hat. Fast in Sicht-weite auf dem Festland in Heiligenha-fen leitet Ulrich Elsner die Küstenfischer Nord-Genossenschaft mit ihren Tochterge-sellschaften, die nur noch 21 Mitgliedsbe-triebe mit inzwischen aber wieder 72 in Vollzeit arbeitenden Mitarbeitern hat.

Dabei ist Schleswig-Holstein das Land der Fischerei. In Nord- und Ostsee wird seit ewigen Zeiten gefischt. Die Fangan-landungen der schleswig-holsteinischen Kleinen Hochsee- und Küstenfischerei betragen jährlich insgesamt etwa 58.000 Tonnen Fisch und Meeresfrüchte im Wert von über 50 Millionen Euro. Rund 1.600 Beschäftigte verarbeiten im Land zwi-schen den Meeren Fisch, rechnet der Lan-desfischereiverband Schleswig-Holstein vor, der 1877 gegründet wurde.

Was aber in den Netzen der Ostsee-Fischer zappelt, das bestimmen längst nicht mehr nur Wind und Wetter. Etliche Fischbestände werden mit EU-Quoten bewirtschaftet. Nachhaltige Fischerei

mit Schongebieten und -zeiten wie auch größere Maschenweiten der Netze las-sen einige wichtige Fischarten, wie den Dorsch, wieder häufiger in der Ostsee antreffen. Dennoch: Die Quote wurde in diesem Jahr um 56 Prozent gekürzt. Und für nächstes Jahr hat die EU-Kommission vorgeschlagen, die Quoten für Ostseehe-ring und für den Dorsch in der östlichen Ostsee erheblich zu kürzen. Und selbst Freizeitangler dürfen seit diesem Jahr pro Tour nur drei bis fünf Dorsche aus dem Wasser holen.

Vielfältiger Vertrieb

Die Genossenschaften bringen die Fische gemeinsam zu Auktionen in die Nieder-lande oder zu anderen Großabnehmern in Europa. Sie vermarkten frischen Fisch

auch direkt in eigenen Fischläden und gezielt an Abnehmer im Hinterland. Die Fehmarner arbeiten mit der Erzeugerge-meinschaft der Nord- und Ostseefischer in Cuxhaven zusammen und betreiben im Hafen von Burgstaaken auch eine bei Tou-risten beliebte Schau-Fischräucherei.

Wichtig für den Tourismus

Die Fischer sind längst auch Aushänge-schilder des Tourismus an Nord- und Ost-see geworden. Wie wichtig sie sind, hat ihnen die Bundesregierung jüngst noch in der Antwort auf eine Kleine Anfrage im Bundestag bescheinigt. „Ohne Fischfang und Frischfischanlandungen in den Häfen der Ostsee würden wichtige Teile der Infra-struktur (Häfen, Versorgungswege) kaum mehr rentabel zu betreiben sein“, ist da zu lesen, „außerdem würde der Tourismus, der aktive Häfen mit Fischereiaktivitäten erwartet, erheblich leiden.“

Die Zahl der Fischkutter in den Genos-senschaften sowie der Menschen, die in der Fischerei arbeiten, sinkt seit Jahren, stellen Schmöde wie Elsner nüchtern fest.  Die Kutter werden immer älter, die Eigentümer auch – und es finden sich oft keine Nachfolger mehr in der eigenen Fa-milie. Zwar legen inzwischen auch Frauen das Kapitänspatent ab und fahren zur See, doch Schmöde gibt zu bedenken: „Die Ar-beit ist kein Zuckerschlecken.“

Das gilt auch die Rahmenbedingungen der Fischerei. Fischer an Ost- und Nord-see und ihre Abnehmer diskutieren oft mit Politik und Wissenschaft den Zustand der Fischbestände, über nachhaltige Fi-scherei, Verbraucherwünsche und die ho-hen Betriebskosten.

Wieder bessere Aussichten

Dem gegenüber stehen derzeit Erzeu-gerpreise, die wieder nach oben gehen, sagt Elsner zufrieden. Das lässt für den Berufsnachwuchs hoffen. Jeweils drei junge Menschen werden derzeit in Betrie-ben der Genossenschaften zum Fischwirt ausgebildet. Ulrich Elsner sagt ihnen eine „gute Zukunft“ voraus.

Die vier Fischereigenossenschaften in Schleswig-Holstein:

Küstenfischer Nord eG  HeiligenhafenGeschäftsführer: Ulrich Elsner www.kuestenfischer-nord.de

Fischverwertung Kieler Förde eGGeschäftsführer: Kai-Arne Schmidt

Fischergenossenschaft Fehmarn eGGeschäftsführer: Kai-Arne Schmidt www.fehmarnfisch.com

Fischverwertung Lübecker Bucht Erzeugergemeinschaft eG Geschäftsführer: Benjamin Schmöde www.fischhandel.net

Fischen ist kein Zucker Die Fischerei-Genossenschaften in Schleswig-Holstein setzen auch auf Tourismus und Gastronomie.

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BUNDESLAND-SPEZIAL | SCHLESWIG-HOLSTEIN

schlecken

Übrigens lässt Elsner gerade bauen: ein Gourmet-Restaurant. Denn das passt zum 250-Betten-Hotel mit Vier-Sterne-Niveau und guter Auslastung, das die Küstenfischer Nord-Genossenschaft in Heiligenhafen maßgeblich mitbetreibt. Die Fischergenossenschaft, die ähnlich wie auf Fehmarn 1949 von vertriebenen Fischern aus der östlichen Ostsee gegrün-det wurde, hat gründlich umstrukturiert, sagt Elsner. Nur noch die Hälfte der zwölf Millionen Euro Umsatz kommt heute aus dem Fischfang.

Auch wenn sie tagtäglich mit Fisch zu tun haben, beim Geschmack sind sich die Chefs der Insel- und Festland-Genossen-schaften einig. Dorsch mögen beide ger-ne. Bei Benjamin Schmöde „gebraten mit Senfsoße ohne viel Gedöns“. Und bei Els-ner „ganz einfach gebraten mit Meersalz und ein bisschen Zitrone”. Es sei denn, es wird Kaisergranat angelandet. Dann hat Ulrich Elsner die Scampis der Nordsee noch lieber als den Dorsch auf seinem Teller.

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S eebestattungen sind nach wie vor gefragt“, sagt Ralf Paulsen von der Deutschen See-Bestattungs-Genossenschaft, der größten der Branche. Von den bundesweit insge-

samt auf 15.000 geschätzten Beisetzungen auf See führt die 1975 gegründete Genossenschaft jährlich um die 2.000 durch.

Einige sind den Bestattern und geschäftsführen-den Vorstandsmitgliedern Paulsen und Rolf Matthie-ßen deutlich in Erinnerung geblieben: Ein Kunde hat-te zu Lebzeiten verfügt, unter Salutschüssen in der Nordsee beigesetzt zu werden. „Daraufhin haben wir eine behördlich genehmigte Kanone mit an Bord ge-nommen,” erzählt Paulsen. Ein weiterer Kunde wollte von einem Ruderboot aus in einer speziellen Bucht vor Norwegens Küste bestattet werden. „Auch das haben wir möglich gemacht“, sagt Matthießen. Ob christliche, buddhistische oder muslimische Bestat-tungszeremonien: die Genossenschaft ist auf alles eingestellt. „Wichtig sind uns dabei beste Qualität, gute Zusammenarbeit mit den Behörden, würdevol-le Abläufe und hoher Respekt vor den Verstorbenen und ihren Angehörigen“, betont Paulsen, dessen Vater schon Vorstandsmitglied der Genossenschaft war.

Drei Schiffe hat die Genossenschaft in Nord- und Ostsee stationiert: die MS Aries vor Büsum, die MS Northstar vor Sylt und die MS Mira in Kiel. Mit ihnen

fahren die insgesamt zehn Kapitäne und Decksleute die gewünschte Bestattungsposition im Meer an, in der Regel begleitet von den Angehörigen. Die Asche der Verstorbenen wird in einer umweltfreundlichen Urne mitgeführt, die auf Wunsch mit speziellen See-motiven – vom Leuchtturm bis zur Strandlandschaft – designt wird. Nachdem der Kapitän die Flagge auf Halbmast gesetzt, die Traueransprache nach See-mannsbrauch gehalten und die Schiffsglocke geläutet hat, lässt er die Urne am Achterdeck behutsam zu Wasser. Die Angehörigen verstreuen als letzten Gruß Blumen und Blüten, danach ertönt das Schiffshorn zur letzten Reise. Im Anschluss erhalten die Familien eine Seekarte, auf der die Bestattungsposition genau eingetragen ist.

Einmal im Jahr lädt die Genossenschaft im Sep-tember zu Gottesdiensten und Erinnerungsfahrten mit ihren drei Schiffen ein. „Diese sind traditionell sehr gut besucht“, so der Vorstand. So hätten in die-sem Jahr rund 650 Familienmitglieder und Freunde teilgenommen. „Viele Angehörige kennen wir schon seit Jahren“, so Paulsen.

Darüber hinaus bietet die Genossenschaft auch Beisetzungen auf allen Weltmeeren an. Hierfür char-tert sie über Partnerunternehmen im Ausland Schiffe – vom Segelboot bis zum Frachtschiff. Die Urne wird dabei höchstpersönlich von einem der Kapitäne der

La Paloma ade!Letzte Ruhestätte: weites Meer

15.000 Seebestattungen jährlich in Deutschland

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Genossenschaft, der auch die Bestattung begleitet, zum gewünschten Abfahrtshafen gebracht.

Warum lassen sich so viele Menschen im Meer beisetzen? „Für Küstenbewohner war das schon immer gang und gäbe“, sagt Paulsen. „Doch nach dem Zweiten Weltkrieg hatten viele ehemalige Ma-rinesoldaten aus ganz Deutschland den Wunsch, in der Nähe ihrer gefallenen Kameraden bestattet zu werden.“ So wurde die Genossenschaft auf Initiative engagierter Bestatter vor rund 40 Jahren bundesweit gegründet, heute sind fast 400 Bestattungsunterneh-men Mitglied.

Neben ehemaligen Marinesoldaten sind es inzwi-schen deren Angehörige, die sich in der Nähe ihrer Verstorbenen zur letzten Ruhe begeben wollen. „In einer globalisierten Welt sind es aber auch immer mehr Menschen, die eine Affinität zum Meer haben oder sich an einem maritimen Urlaubsort sehr be-heimatet gefühlt haben”, berichtet Matthießen. See-bestattungen seien schon längst nichts Besonderes mehr und würden von vielen Beerdigungsunterneh-men angeboten. Zu den außergewöhnlichen Beer-digungsriten gehöre heute zum Beispiel, eine Urne mit der Asche der Verstorbenen ins All zu schießen. „Aber so etwas kommt sehr selten vor, und unter al-len Bestattungen höchsten ein- bis zweimal pro Jahr”, sagt Paulsen.

O b Bohrmaschine, Handtasche, Wohnungen oder Arbeitsplatz – Teilen ist das neue Besit-zen. Auch vor „des Deutschen liebstem Kind“, dem Pkw, macht der Trend zur Sharing Eco-

nomy nicht halt. So ist 1991 der erste und größte genos-senschaftliche Carsharing-Anbieter in Deutschland entstan-den: StattAuto in Lübeck und Kiel. „Die rund ein Dutzend Initiatoren waren echte Pioniere“, sagt Genossenschafts-vorstand Hinrich Kählert: „Sie hatten zwei Ziele: Autos von der Straße zu holen, damit Klima und Umwelt zu schützen und gleichzeitig die Idee des Teilens voranzubringen.“

StattAuto ist stetig gewachsen. 17 Mitarbeiter betreu-en rund 600 Mitglieder und mehr als 3.600 Nutzer. Die-sen stehen derzeit 180 Autos an 74 Standorten in Lübeck, Kiel und Umgebung zur Verfügung, davon hat jedes zehnte Fahrzeug einen Elektro- oder Hybridantrieb. Wer Mitglied in der Genossenschaft werden möchte, zeichnet mindes-tens einen Anteil in Höhe von 500 Euro und erhält dafür gegenüber Nicht-Mitgliedern einen Rabatt in Höhe von 5 Prozent (beziehungsweise 10 Prozent bei zwei oder mehr Anteilen) auf den Stundenpreis. Die Nutzer zahlen neben einer geringen monatlichen Grundgebühr nur für die Zeit und die Kilometer, die sie mit dem Fahrzeug unterwegs

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Der Umwelt und dem Geldbeutel zuliebe: Carsharing

sind. Fixkosten wie Steuern und Versicherungen oder Werkstattkosten sind kein Thema mehr. Und auch über Fahrzeugreinigung, Reifenwechsel oder Parkplatzsuche müssen sich Carsharing-Nutzer keine Gedanken mehr ma-chen.

Zudem stehen den Nutzern nicht nur die Fahrzeuge StattAuto in ihrer Heimatstadt zur Verfügung, sondern über einen Buchungsverbund auch die Flotten von zahlreichen Partnerorganisationen in über 500 Städten und Gemeinden in Deutschland und Europa. www.stattauto-hl.de

180 Autos gehören zur Genossenschaft

BUNDESLAND-SPEZIAL | SCHLESWIG-HOLSTEIN

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Heide

Husum

Schleswig

FlensburgDagebüll

Eckernförde

Rendsburg

Kiel

Neumünster

Itzehoe

Elmshorn

PinnebergRatzeburg

Geesthacht

Lübeck

Bad Seegeberg

Eutin

Lieblingsorte

DagebüllWarum lohnt es sich, in Schleswig-Holstein zu leben und zu arbeiten? Im hohen Norden arbeiten wir da, wo andere Urlaub machen. Wir haben das Meer und die Küste direkt vor der Haustür und genießen damit ein hohes Maß an Le-bensqualität. Wir sind eine innovative Region, die ihre Potenziale nutzt und nicht nur im Bereich Windenergie Vorreiter ist. Auch der Breitbandausbau auf privatwirt-schaftlicher Basis ist deutschlandweit einmalig.

Was ist Ihr Lieblingsort in Schleswig-Holstein – und warum? Dagebüll – der Hafenbereich an der Mole als Tor zur Insel- und Halligwelt im nordfriesischen Wattenmeer und die umliegenden Deichwanderwege sind Lieb-lingsplätze für mich. Ein Familienspaziergang in frischer Nordseeluft mit weitem Blick über den Nationalpark Wattenmeer gibt mir Energie und Entspannung. Ebbe und Flut, kraftvoller Wind, der auch unsere Bürgerwind-parks antreibt, und die herrliche Natur- und Kulturland-schaft liebe ich sehr.

Torsten Jensen, Vorstandsmitglied VR Bank Niebüll eG

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Die Hochseeinsel Helgoland mit der Langen Anna, der Kniepsand auf Amrum, die Seehundstation in Friedrichs-koog, das Nolde-Museum in Seebüll, das Buddenbrook- und Günter Grass-Haus in Lübeck und Schloss Glücksburg:

Die Schleswig-Holsteiner lieben ihr vielseitiges und schönes Land. Und was

sind die Lieblingsorte der hier ansässigen Mitglieder des

Genossenschaftsverbands?SCHLESWIG-HOLSTEIN

Lübecker BuchtWarum lohnt es sich, in Schleswig-Holstein zu leben und zu arbeiten? Schleswig-Holstein ist das Land zwischen den Meeren und bie-tet zahlreiche Möglichkeiten der Freizeitgestaltung. Nord- und Ostsee sind immer einen Besuch wert, sei es, um im Sommer mit der Familie baden zu gehen oder ausgedehnte Wattwande-rungen zu machen oder in den Wintermonaten Spaziergänge zu unternehmen. Auch wenn das Wetter sich nicht immer von der besten Seite zeigt, ist der Schleswig-Holsteiner Frischluftfan und bei Wind und Wetter draußen unterwegs. Wer die Chance hat, in Schleswig-Holstein zu arbeiten, lebt dort, wo andere Urlaub machen.

Was ist Ihr Lieblingsort in Schleswig-Holstein – und warum? Einen Lieblingsort habe ich persönlich nicht, allerdings zieht es mich am häufigsten an die Ostseeküste und speziell an die Lübecker Bucht. Ich genieße es, im Sommer in der Ostsee zu baden oder mir in den kühleren Monaten den Seewind um die Ohren blasen zu lassen, um den Tag mit einem leckeren Essen in einem der zahlreichen Fischlokale abzuschließen.

Thomas Rampoldt, Geschäftsführer Ärztegenossenschaft Nord eG

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Kieler Förde und FöhrWarum lohnt es sich, in Schleswig-Holstein zu leben und zu arbeiten?Unser Bundesland hat eine besondere Lage zwischen den Meeren. Rechts ist Wasser, links ist Wasser und in der Mitte ist übrigens auch Wasser: Denn wir haben hier im Norden ganz viele Seen und eine fantastische Natur. Dazu kommt der ganz spezielle Menschenschlag. Schleswig-Holsteiner sind zwar etwas zurückhaltend, aber auch ehrlich, korrekt und konkret. Sie sind eben: kurz, knapp, präzise. Ich empfinde den Takt des Alltags zudem ruhiger als woanders. Schon allein wegen der vielen kleinen und mittelgroßen Städte herrscht weniger Hektik.

Was ist Ihr Lieblingsort in Schleswig-Holstein – und warum?Das ist zum einen die Landeshauptstadt Kiel. Unsere Schule liegt direkt an der Kieler Förde, und wir erleben und erfahren hier täglich die Vorzüge dieser Stadt: Ich denke da zum Beispiel an den einmaligen Blick auf die Kreuzfahrtschiffe, die Kiel als Hafen immer bedeutender machen. Außer-dem haben die Stadtplaner in den vergangenen Jahren wichtige Akzente in Kiel gesetzt und die Region um die Förde ist attraktiver geworden, nicht zuletzt durch die Gastronomie in unmittel-barer Ufernähe. Ein zweiter Lieblingsort ist für mich die Insel Föhr an der Nordsee. Da fahre ich gerne hin, genieße die Natur und spüre bei Spaziergängen den rauen und frischen Wind, der den Kopf wieder freimacht.

Monika Schröder, Vorstand und Schulleiterin der Privatschule Düsternbrook eG

LübeckWarum lohnt es sich, in Schleswig-Holstein zu leben und zu arbeiten?Schleswig-Holstein, meerumschlungen, Wattenmeer, Deiche, Wiesen, Hü-gelland, Raps, Seen, Wälder, Ostsee, Strände, Häfen, Segeln, Schwimmen, kleine Städte mit der Kultur der Wikinger und der Hanse, ein friedlicher Bund der Ostsee-Städte zum Wohle von Handel und Leben. Die Menschen in Schleswig-Holstein gelten als die glücklichsten Bürger in Deutschland, da hier Arbeiten, Leben, Familie, Freizeit und Genießen zusammen möglich sind. Wir duzen uns, sprechen platt, und ein Handschlag zählt mehr als Verträge.

Was ist Ihr Lieblingsort in Schleswig-Holstein – und warum?Lübeck, die Königin der Hansestädte. Mit ihrem wundervollen UNESCO-Welt-kultur-Erbe, alten Backsteinbauten, vielen kleinen Straßen mit historischen Häusern, in denen individuelle Geschäfte, Kneipen, Cafés zum Bummel ein-laden und wo natürlich Marzipan genossen wird. Die Bürger Lübecks lieben und engagieren sich für die Stadt: Mehr als 50 Stiftungen schütten jährlich Mittel für Investitionen in den Bereichen Jugend, Kultur, Vereine, Baudenk-mäler, Sport, Kunst, Theater und erneuerbare Energien aus. Nach der Arbeit genieße ich eine kurze Fahrt an den Strand der schönsten Tochter Lübecks, nach Travemünde oder entspanne zwischen Wind und Wellen auf meinem Segelboot.

Ralf Giercke, Vorstand BürgerEnergie Lübeck eG

SyltWarum lohnt es sich, in Schleswig-Holstein zu leben und zu arbeiten? Ich weiß es nicht so genau. Wahrschein-lich gehöre ich einfach hierher.

Was ist Ihr Lieblingsort in Schleswig-Holstein – und warum? Natürlich Sylt, und dort die Wattenmeer-seite bei Rantum. Hier ist es ruhig, meis-tens einigermaßen windgeschützt, und man kann den Gezeiten beim Kommen und Gehen zusehen.

Nico Johannsen, Clubmanager Marine Golf Club Sylt eG

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Und was sind Ihre Lieblingsorte

in Schleswig-Holstein? Schreiben Sie uns unter

[email protected]. Gerne

veröffentlichen wir Ihre Vorschläge online.

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BUNDESLAND-SPEZIAL | SCHLESWIG-HOLSTEIN

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A n vielen Orten zwischen Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und der polnischen Region Masowien drehen sich Windräder der Prokon eG. Das im Schleswig-Holstei-

nischen Itzehoe ansässige Unternehmen hat bislang 354 Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von über 635 Megawatt in Betrieb genommen und ist mit über 39.000 Mitgliedern die größte Energie-genossenschaft in Deutschland.

Doch Prokon ist nicht nur aufgrund ihrer Größe eine ungewöhnliche Energiegenossenschaft. Sie hat auch eine besondere Geschichte: Vor zwei Jahren, im Sommer 2015, setzten Zehntausende von Gläubigern der damals insolventen Prokon ein Zeichen für die Energiewende in Bürgerhand. Auf der Gläubigerver-sammlung im Juli 2015 beschlossen sie, das sanierte Windkraftunternehmen, bis dahin eine GmbH, als Ge-nossenschaft weiterzuführen. Dem Vorhaben eines Energiekonzerns, das Prokon-Kerngeschäft zu kaufen, erteilten die Versammlungsteilnehmer eine Absage.

Aus vielen ehemaligen Prokon-Gläubigern, die bis zur Umwandlung Genussrechtsinhaber ohne Mitspra-cherechte waren, wurden damit Genossenschafts-mitglieder. Heute bestimmen die Prokon-Genossen die Geschicke des Unternehmens demokratisch mit.

Seit der Umwandlung in eine Genossenschaft konzentriert sich die Prokon eG auf ihre drei Kernge-schäftsfelder: Entwicklung, Planung und Realisierung von Windparks an Land, deren technische und kauf-männische Betriebsführung sowie die bundesweite Versorgung von derzeit 28.000 privaten Kunden mit

Energiewende in BürgerhandPROKON setzt auf das Genossenschaftsmodell

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Anzahl und Verteilung der Prokon-Windparks

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Strom. Dabei wird die Zusammenarbeit mit Partnern immer wichtiger. „Wir wollen uns zum umfassenden genossenschaftli-chen Energiemanager entwickeln und bie-ten lokalen Energiegenossenschaften und anderen Windparkbetreibern beispiels-weise unsere Dienstleistungen in der technischen Betriebsführung und im Ser-vice von Windenergieanlagen an“, erklärt Prokon-Vorstand Heiko Wuttke. „Auch bei neuen Windparkprojekten sind wir offen für Partnerschaften.“ Eine bedeutende Partnerschaft gaben im Juni 2017 Prokon und die GLS Bank eG bekannt. Die GLS Bank erwarb 80,1 Prozent der Anteile am Windpark Gagel in Sachsen-Anhalt, den Prokon errichtet und 2017 in Betrieb ge-nommen hat. Die übrigen Anteile bleiben bei Prokon, der auch weiterhin die tech-nische Betriebsführung obliegt. Gagel ist mit 16 Windenergieanlagen und einer Gesamtleistung von 48,0 Megawatt der größte von Prokon errichtete Windpark.

Die GLS Bank entwickelt aktuell ein Beteiligungsangebot für den Windpark, das sich speziell an Mitglieder, Bürger und Kunden richtet. „Dadurch wird Gagel zu einem guten Beispiel dafür, wie sich gemeinsam eine nachhaltige, bürgerna-he Energiewende erreichen lässt – durch tatkräftige Unterstützung von Kooperati-onspartnern, Genossenschaftsmitgliedern und Kunden“, bekräftigt Prokon-Vorstand Henning von Stechow.

Wenn der Arzt in Rente geht

Büsum ist ein Seeheilbad an der Nordsee mit knapp 5.000 Einwoh-nern und jährlich über 1,2 Millionen Tages- und Übernachtungsgäs-

ten: Eine gute ärztliche Versorgung tut deshalb not. Noch 2013 sah dies nach einem Problem aus: Fünf Hausärzte arbei-

teten dort im rentenfähigen Alter, Praxisnachfolger waren nicht in Sicht. „Das Modell des selbstständigen Landarztes in Einzelpraxis, der 24 Stun-den für seine Patienten da ist, entspricht nicht mehr dem Berufsbild der nachrückenden Ärztegeneration“, sagt der Geschäftsführer der Ärztege-nossenschaft Nord Thomas Rampoldt und nennt auch gleich die Gründe: „Die Medizinbranche wird immer weiblicher. Zudem wollen junge Ärz-tinnen und Ärzte eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf und

lieber im Team arbeiten.“Gemeinsam mit der Gemeinde Büsum entwickelte deshalb die

Genossenschaft das Projekt „Ärztezentrum Büsum“ als kommu-nale Eigeneinrichtung und realisierte dies im Auftrag der Ge-

meinde erstmals in Deutschland.Seit 2015 arbeiten nun dort fünf angestellte Hausärzte

in einem medizinischen Versorgungszentrum, das von der Gemeinde Büsum gegründet wurde. Drei der ehemaligen Hausärzte sind noch in der Praxis tätig, die anderen beiden Mediziner sind inzwischen im Ruhestand und konnten durch

junge Kollegen, zum Teil in Teilzeit, ersetzt werden. Das ge-samte Management hat die Ärztegenossenschaft Nord über-

nommen und entlastet so die Landärzte vom bürokratischen Aufwand.Auf Pellworm, der drittgrößten Insel Nordfrieslands mit 1.200 Ein-

wohnern und 152.000 jährlichen Touristen, suchte der Inseldoktor eben-falls nach einer Nachfolge. Auch hier entwickelte die Ärztegenossen-schaft ein Konzept. Dieses sieht künftig zwei angestellte Ärzte vor, die sich gegenseitig vertreten. Inzwischen hat sich schon eine junge Ärztin gefunden, die bereits auf der Insel praktiziert. Sie soll künftig durch einen Kollegen oder eine Kollegin im schon gegründeten Medizinischen Versor-gungszentrum unterstützt werden. Wie auch in Büsum hat auch hier die Ärztegenossenschaft das Management übernommen.

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Schleswig-Holstein in Zahlen

Auf der Autobahn 1 zwischen Reinfeld und Lübeck startet ein revolutionäres Modellpro-jekt: Hier baut die Landesregierung eine Teststrecke. Die Vision: elektrisch betriebene Lkw, die über Oberleitungen mit Energie versorgt werden sollen.

Fotos: Daniel Berkmann, blende11, photo, ulzanna, nerthus, tanatat, pandavektor, adrenalinpura alle fotolia

85.000 Musikfans aus über 80 Nationen kommen

alljährlich nach Wacken zum größten Heavy-Metal-Festival der Welt. Harte Gitarrenriffs,

furiose Drumsoli, Geigen und Oboen: Von Alice Cooper über das Prager Symphonieorchester bis hin zu

Marilyn Manson ist alles dabei.

– so groß wie das damalige Köln – war im 10. Jahrhundert

die Wikingerstadt Haithabu, das größte Handelszentrum

Nordeuropas. Wohl kaum ein Ort in Europa zeigt die Wikin-gerkultur so faszinierend wie das gleichnamige Wikinger-

museum mit seinem großen Freigelände vor den Toren

Schleswigs.

24 Hektar

Mitgliedern ist der Südschleswigsche Wähler-verband für die dänische Minderheit eine feste politische Größe im Land. Rund 50.000 Menschen deutscher Staatsangehörigkeit bekennen sich zur dänischen Minderheit.

Mit 3.700

Seit 1952 ist Bad Segeberg die Stadt der Karl-May-Festspiele und dafür weit über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt: Apachenhäuptling Winnetou reitet mit seinem Blutsbruder Old Shatterhand seitdem jährlich über die norddeutsche Prärie.

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Schleswig-Holstein in Zahlen

alljährlich nach Wacken zum größten Heavy-Metal-Festival der Welt. Harte Gitarrenriffs,

furiose Drumsoli, Geigen und Oboen: Von Alice Cooper über das Prager Symphonieorchester bis hin zu

Freigelände vor den Toren Schleswigs.

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Segeberg die Stadt der Karl-May-Festspiele und dafür weit über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt: Apachenhäuptling Winnetou reitet mit seinem Blutsbruder Old Shatterhand seitdem jährlich über die

Schleswig-Holstein in Zahlen

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1.200

Heavy-Metall-Bässe und schwere Motorrad-Jungs, knatternde Segel und wa-gemutige Halsen, Sturmfluten, Wikingerraubzüge, Indianerkämpfe und Fisch-fang bei Wind und Wetter: Schleswig-Holstein ist alles andere als beschau-lich. Hier sind die interessantesten Zahlen und Fakten.

Schleswig-Holstein in Zahlen

BUNDESLAND-SPEZIAL | SCHLESWIG-HOLSTEIN

1362 soll das sagenhafte Rungholt auf den Halligen in einer schlimmen Sturmflut versunken sein. Um den Handelsort ranken sich viele

Legenden. Rungholts Einwohner sollen unermessliche Reichtümer gehor-tet haben und wurden zur Strafe vom Wasser verschlungen. Noch bis

1953 waren die Halligen immer wieder Sturmfluten ausgesetzt. Erst danach wurden an der gesamten Küste die Deiche

verstärkt und die Halligwarften erhöht.

1929 erhielt der Lübecker Schriftsteller Thomas Mann für seinen Roman „Buddenbrooks“ den Literaturnobelpreis. In seinem 1901 erschienenen Werk beschreibt er mit Anlehnung an seine eigene Familiengeschichte den Untergang einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie im Lübeck des 19. Jahrhunderts.

Millionen Gäste lockt alljährlich die Kieler Woche als größtes Segelsportereignis der Welt an.

Drei

Haupt- und Nebenerwerbsfischer

gibt es in Schleswig-Holstein. 2016 gingen ihnen nur noch 9.300 Tonnen Sprotten,

Hering und Dorsch ins Netz. Vor sechs Jahren war es noch doppelt so viel.

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IMPRESSUM

GENiAL – DAS MAGAZIN FÜR DAS GENOSSENSCHAFTLICHE NETZWERK

Ausgabe 3-2017

ISSN 2566-8641

Herausgeber Genossenschaftsverband – Verband der Regionen e. V.

Wilhelm-Haas-Platz, 63263 Neu-Isenburg

Telefon: 069 6978 -0 Telefax: 069 6978-3111

www.genossenschaftsverband.de

Redaktion E-Mail: genial@ genossenschaftsverband.de

Asmus Schütt (V.i.S.d.P.), Tel.: 0211 16091-4650, E-Mail: asmus.schuett@ genossenschaftsverband.de

Sabine Bömmer, Tel.: 0211 16091-4652, E-Mail: [email protected]

Ute Delimat, Tel.: 0511 9574-5432, E-Mail: ute.delimat@ genossenschaftsverband.de

Julia Fendrich, Tel.: 0211 16091-4655, E-Mail: [email protected]

Lisa König-Topf, Tel.: 069 6978-3491, E-Mail: [email protected]

Marcell Haag, Tel.: 069 6978-3191 E-Mail: marcell.haag@ genossenschaftsverband.de

Titelbild: Horst Larog

Anzeigenverwaltung, Abonnenten- und Leserservice

Ute Neigenfind, Tel.: 0251 7186- 9612, E-Mail: [email protected]

Gestaltung Atelier Goral GmbH, Körnerstraße 59, 50823 Köln

Druck Görres-Druckerei und Verlag GmbH, Niederbieberer Straße 124, 56567 Neuwied

Beilagen: Raiffeisen Magazin 05/2017, Perspektive Praxis, Plakat DG Verlag

Erscheinungsdatum des nächsten Magazins Dezember 2017

Bei verspätetem Erscheinen oder Nichterscheinen infolge höherer Gewalt entfallen alle Ansprüche. Für nicht angeforderte Manuskrip-te, Bilder und Bücher wird keine Gewähr übernommen. Nachdruck von Beiträgen nur mit Quellenan-gabe und nur mit Zustimmung der Redaktion. Namensartikel geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers wieder.

Kurze Abschläge, krummes Einlochen und häufig eine steife Brise: Auf dem 18-Loch-Platz des Marine Golf Clubs Sylt sind Golfsportler besonders eng mit der Natur

verbunden. Anders als die meisten Plätze im Landesinneren, die durch gepflanzte Bäu-me, penibel gemähtes Gras und künstliche Wasserhindernisse meist als Park gestaltet sind, ist dieser Golfplatz sehr viel naturbelassener und entspricht der Landschaft des hohen Nordens mit seinem sandigen Dünenboden. „Das Spiel ist tougher. Wenn dann noch der Wind dazu kommt, dann passt einfach alles zusammen“, schwärmt Clubma-nager Nico Johannsen.

So besonders und im wahrsten Sinne des Wortes einzigartig macht den Club auf der nordfriesischen Insel noch etwas anderes: Der Marine Golf Club Sylt ist eine Ge-nossenschaft. 1980 von Marineoffizieren als Verein gegründet, stellte sich nach dem Abzug der Bundeswehr die Frage nach der Zukunft. Um den Platz langfristig weiterbe-treiben zu können, musste Kapital her, auch um ihn auf 18 Loch erweitern zu können. Genossenschaftsanteile schienen dafür besonders gut geeignet. Durch das genossen-schaftliche Prinzip „ein Mitglied, eine Stimme“ war zudem ausgeschlossen, dass sich ein Geldgeber durch eine hohe Zahlung ein besonderes Mitspracherecht verschafft – eine große Gefahr auf der Nobel-Insel. Dass sich 2002 tatsächlich eine Golf-Genos-senschaft gründen konnte, lag aber auch noch an etwas anderem, glaubt Johannsen. „Sylter gehen als Inselbewohner gerne auch neue und unkonventionelle Wege“, sagt er. Erst kurz zuvor hatte sich zudem der Deutsche Golfsportverband auch für Organi-sationen geöffnet, die keine Vereine sind. Heute hat sich die Genossenschaftsform für die Inselgolfer bewährt. 750 Mitglieder gehören zur Genossenschaft. Dazu kommen Jugendliche, die eine Nutzungsgebühr bezahlen, aber noch nicht Mitglieder werden müssen. Insgesamt sind 90 Jugendliche im Club organisiert. Gastspieler sind auf dem Platz ebenfalls willkommen und können ihre Runden gegen eine Gebühr (Greenfee) spielen. 12.600 solcher Runden gab es im vergangenen Jahr, zusätzlich zu den Runden der Mitglieder.

MARINE GOLF CLUB SYLT EG

Golfen friesisch herb

BUNDESLAND-SPEZIAL | SCHLESWIG-HOLSTEIN

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500 g Pökelfleisch vom Rind200 g Pökelfleisch vom Schwein2 Matjesfilets1 kg Kartoffeln400 g Rote Beete2 Lorbeerblätter4 Zwiebel5 PfefferkörnerSalz, Zucker, Pfeffer, Muskat

Pökelfleisch in 1 Liter Wasser 20 Minuten garen. An-schließend das erkaltete Fleisch, 4 Zwiebeln und 1 Kilo gekochte Kartoffeln durchdrehen. Das Durchgedrehte in Schmalz mit zwei zerkleinerten Matjesfilets anbraten. Dann 400 Gramm Rote Beete raspeln, untermengen und alles mit der Fleischbrühe auffüllen. Mit Muskat, Zucker und Pfeffer abschmecken. Gewürzgurken und Äpfel kön-nen nach Geschmack noch dazu gegeben werden. Das Ganze sämig durchkochen, eventuell ohne Rote Beete. Diese als Garnierung wie auch Rollmops und Spiegelei und Salzgurke als Fächer geschnitten auf den Teller le-gen. In die Mitte des auf den Teller gehäuften Labskaus wird eine Delle gedrückt, in die mit einem Esslöffel Rum gefüllt wird. (Quelle: LandFrauenVerein Probsteierhagen e.V.)

W er auf den großen Segelschiffen Anfang des 18. Jahrhunderts anheuerte, der wusste ganz sicher: Eine Seefahrt war alles andere als ein Vergnügen und vor al-

lem entbehrungsreich.Viele Seemänner hatten auf den langen Reisen mit

Vitaminmangel zu kämpfen, die Zähne schmerzten oder fielen reihenweise aus: Feste Nahrungsaufnahme war für viele Seeleute ein Problem. In dieser Zeit zog ein Gericht in die Schiffskombüsen der Nordsee ein, das dem heutigen Labskaus sehr ähnelt: püriertes Pökelfleisch. Woher der Name Labskaus kommt, ist umstritten. Ob es englischen Ursprungs ist und die „Speise für Flegel“ benennt oder aus dem Norwegischen kommt und für „leicht zu Kauendes“ steht, ist nicht sicher nachzuweisen.

Labskaus– nicht nur für SeemännerSchleswig-Holstein kulinarisch REZEPT FÜR LABSKAUS (FÜR 4 PERSONEN)

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AUS DER REIHE

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R osina Dikobe erinnert sich ungern an die Zeit vor einigen Jahren. Sie hatte keine Arbeit und kein Geld für Essen und die

Schulausbildung ihrer Kinder. Aber Rosina hat sich dem Schicksal nicht ergeben. Mit anderen Frauen gründete sie eine Genossenschaft. Die Frauen aus Nokaneng, einem kleinen Dorf rund 100 Kilome-ter vom südafrikanischen Johannesburg entfernt, machten das zum Haupterwerb, was sie seit Jah-ren für ihre Familien taten – Kleidung nähen.

Ihre „Retlamegila Sewing Primary Co-operati-ve Limited“ gibt es seit 2003. „Am Anfang hatten wir viele

Probleme – keine von uns wusste, wie eine Genossenschaft funktioniert und wie man ein Unternehmen führt“, erinnert sich Rosina. „Am Ende eines Monats war meistens weniger

in der Kasse als am Anfang.“ Diese Probleme haben viele Genossenschaften, die nach dem Ende der Apart-heid gegründet wurden. Zahlreiche haben sich wieder aufgelöst. Nicht jedoch die Retlamegila Co-operative: Die sieben resoluten Frauen eigneten sich das nötige Wissen in den Schulungen des Deutschen Genos-senschafts- und Raiffeisenverbands (DGRV) an – von Grundlagen der Buchhaltung, der Kalkulation und des Managements bis zu möglichen Absatzmärkten. „Heute nähen wir die Schuluniformen für viele Schulen und

nehmen Privataufträge an. Damit können wir unseren Lebensunterhalt bestreiten“, sagt Rosina mit sichtli-chem Stolz. „Angst, dass ich meine Kinder nicht mehr zur Schule schicken kann, habe ich keine mehr.“

Mit solchen Projekten trägt die deutsche Genossenschaftsorganisation dazu bei, die wirt-schaftliche Situation der schwarzen Bevölkerung in Südafrika zu verbessern, die zu großen

Teilen auch nach dem Ende der Apartheid noch in Armut lebt. Das Wirtschafts-, das Landwirtschafts- und das Finanzministerium werden bei der Verbesserung des ge-

setzlichen Rahmens für Genossenschaften beraten.

Die Näherinnen

von Nokaneng

Apartheid – Rassentrennung in Südafrika

Von 1949 bis 1994 war die Politik in Südafrika von der Rassentrennung bestimmt. Während die weißen Einwohner des Landes über alle Rechte verfügten und die Politik lenkten, lebten die anderen Volksgruppen unterdrückt. So war es Nicht-Wei-ßen untersagt, in denselben Gegenden zu wohnen wie die Weißen, mit ihnen auf dieselben Schulen zu gehen und dieselben Verkehrsmittel zu benutzen. Schwarze durften nur ungelernte Arbeiten verrichten, um den Weißen keine Konkurrenz zu machen.

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Bekanntmachung zur Ergänzungswahl

der Vertreterversammlung der Volksbank Erft eG

Die Vertreterversammlung der Volksbank Erft eG ist nach der Verschmelzung mit der Raiffeisenbank Grevenbroich eG um Vertreter zu ergänzen, die ausschließlich von den Mitgliedern der ehemaligen Raiffeisenbank Grevenbroich eG gewählt wer-den. Wählbar sind ebenfalls nur Mitglieder der ehemaligen Raiffeisenbank Greven-broich eG. Voraussetzung für die Wahlberechtigung und auch die Wählbarkeit ist

die zum Zeitpunkt der Verschmelzung (18.08.2017) eingetragene Mitgliedschaft bei der ehemaligen Raiffeisenbank Grevenbroich eG.

Die vom Wahlausschuss aufgestellte Wahlliste zur Ergänzungswahl der Vertreterver-sammlung liegt zusammen mit der Wahlordnung ab dem 26.10.2017 für die Dauer von zwei Wochen in allen Geschäftsstellen der ehemaligen Raiffeisenbank Greven-

broich eG während der üblichen Geschäftszeiten zur Einsicht aus. Die Wahlliste enthält den Namen der Kandidatinnen und Kandidaten für die Ergänzungswahl zur

Vertreterversammlung einschließlich der Ersatzvertreter.

Weitere Listen können gemäß § 4 der Wahlordnung an den Wahlausschuss einge-reicht werden, und zwar innerhalb von zwei Wochen nach Ablauf der Auslegefrist. Die Auslegefrist endet am 09.11.2017. Diese Listen müssen von mindestens 150 Mit-gliedern der ehemaligen Raiffeisenbank Grevenbroich eG unterzeichnet sein. Eine Liste kann nur berücksichtigt werden, wenn sie die in der Satzung genannten Vor-aussetzungen erfüllt, insbesondere die erforderliche Anzahl von wählbaren Vertre-

tern und Ersatzvertretern enthält.

Sollten keine weiteren Listen eingehen, so findet die Wahl über die vom Wahlaus-schuss aufgestellte Liste am 12. Dezember 2017 in allen

Geschäftsstellen der ehemaligen Raiffeisenbank Grevenbroich eG während der üblichen Öffnungszeiten statt. Briefwahl ist zulässig.

Grevenbroich, den 12.10.2017

Volksbank Erft eG

– Der Wahlausschussvorsitzende –

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Weil nicht nur zählt, was zählbar ist.

In Zusammenarbeit mit Ihnen vor Ort verbindet die DZ PRIVATBANK Leistungsstärke und genossenschaft-liche Werte wie Partnerschaftlichkeit, Stabilität und Sicherheit. Mit der Entscheidung für unser Private Banking können unsere gemeinsamen Kunden daher ihr Vermögen wachsen lassen, ohne übergeordnete

Anliegen aus den Augen zu verlieren. Diese Kombi-nation ist einmalig und unterscheidet unser Angebot von den Konzepten anderer Anbieter. Weil nicht nur zählt, was zählbar ist.

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