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Zweijahresbericht GeoForschungsZentrum Potsdam in der Helmholtz-Gemeinschaft 2002/2003

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Zweijahresbericht

GeoForschungsZentrum Potsdamin der Helmholtz-Gemeinschaft

2002/2003

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I

Inhaltsverzeichnis

Vorwort III

Das System Erde – Forschungsgegenstand des GFZ Potsdam V

Aus der wissenschaftlichen Arbeit

DESERT - Struktur und Dynamik der Dead Sea Transform 1

Ein Ozean taucht ab: Ergebnisse zur Dynamik des aktiven Kontinentalrandes in Südchile 19

Lithium-, Bor-, Strontium-, Neodym- und Blei-Isotope als Monitore fluid-induzierter Mineralreaktionen in kontaktmetamorphen Marmoren 35

Dimensionen und Dynamik des Kohlenstoffkreislaufs in Sedimentbecken 45

MALLIK - Gashydrate unter Permafrost 59

Trizonia Island – simultanes Deformations- und Temperaturmonitoring mit faseroptischen Sensoren in einer Rift-Bohrung 77

Kleine Proben – große Aussagen: Experimente als „Fenster in das Innere der Erde“ 85

Focused Ion Beam-Technik FIB: eine Nanotechnologie ermöglicht neue Erkenntnisse in den Geowissenschaften 99

GRACE - Eine Schwerefeld- und Klimamission 109

Signaturen des Erdmantels im Schwerefeld der Erde 119

Die Departments

Department 1 „Geodäsie und Fernerkundung“ 126

Department 2 „Physik der Erde“ 166

Department 3 „Geodynamik“ 238

Department 4 „Chemie der Erde“ 280

Department 5 „Geoengineering“ 332

Gremien des GFZ Potsdam 361

Organisation, Verwaltung und zentrale Dienste 362

Personal- und SozialwesenHaushalt und FinanzenBibliothek des Wissenschaftsparks Albert EinsteinICDP Operational Support GroupDaten- und RechenzentrumDas Jahr der Geowissenschaften 2002

Auszeichnungen und Ehrungen 394

Habilitationen, Promotionen 394

Ausgewählte Publikationen 2002/2003 396

Glossar 406

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Schwerefeldmodell EIGEN-CG01C, abgeleitet aus der gemeinsamen Verarbeitung von CHAMP- und GRACE-Beobachtungen, terrestrischen und Satelliten-Altimetriedaten (Verteilung der Schwereanomalien (Bild unten) und(oben) das Geoid). Die Abbildung zeigt, mit welch faszinierendem Detail sich Topographie und geodynamischeStrukturen des Erdkörpers im Schwerefeld wiederspiegeln. Selbst unterseeische Vulkankegel und Bruchzonen bildensich deutlich ab. (Grafik: GFZ)

Gravity model EIGEN-CG01C calculated from CHAMP and GRACE data, ground based and satellite altimetry data(distribution of gravity anomalies (bottom) and (top) geoid). The figure shows the fascinating details of topography andgeodynamic structures of the Earth mirrored in the gravity field. Even sub-sea volcanoes and fault zones are detected.

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Globale Prozesse können den Lebensraum desMenschen auch innerhalb kurzer Zeiträume verändern.Erdbeben, Vulkanismus, die gegenwärtige starke Ab-nahme des Magnetfeldes, Tageslängenänderungen,Grundwasserverschiebungen und Änderungen imMassenhaushalt polarer Eisflächen sind unmittelbareZeugen dieser Dynamik. Ihre Wirkung wird in der Varia-bilität des Gravitationsfeldes und des Magnetfeldes derErde, der Veränderlichkeit der Erdrotation und in groß-räumigen Deformationen des Erdkörpers sichtbar. Zu-grundeliegende Prozesse finden ihren Ausdruck in derseismologischen Struktur des Erdinnern und seinerstofflichen Zusammensetzung. Wesentliche Vorausset-zung zum Verständnis des Systems Erde und seinerDynamik ist die Kenntnis dieser Prozesse undStrukturen.

Global gewonnene, lange Zeiträume überdeckendeDatenreihen von diesen Phänomenen sind von aus-schlaggebender Bedeutung für eine gesicherte Prozess-modellierung (Geomonitoring). Zielvorgabe für dieseAufgabe ist es, eine die Kontinente, Ozeane und großenEisflächen überdeckende integrierte Geomonitoring-Infrastruktur zu schaffen, diese im Verbund mit Teil-strukturen von internationalen Partnern und Dienstenoperationell zu betreiben und die damit erfassten Daten-reihen in räumlich-zeitlich hochauflösende Modelle um-zusetzen. Nur auf dieser Basis lassen sich Bezugssys-teme und Modellgrößen mit größtmöglicher Genauig-keit und zeitlicher Frequenz bestimmen und überwachen.

Die Vision eines integrierten Geomonitorings zurErfassung globaler Prozesse umfasst die Entwicklungund den Betrieb von Satelliten- und Flugzeugplattfor-men mit angepassten Sensoren, die systematische Wei-terentwicklung von Verfahren zur Nutzung von GNSS(GPS, GALILEO)-Signalen in der Geo- und Atmos-phärenforschung, die Weiterentwicklung und denBetrieb eines globalen, Kontinente und Ozeane über-deckenden Netzes von integrierten geodätisch-geophy-sikalischen Permanentstationen, mobile seismische undGPS-Stationsarrays, die Entwicklung und den Betriebeines national und international vernetzten Kompetenz-zentrums für die Erfassung, Archivierung und Vertei-lung globaler Langzeitdatensätze und insbesondere auchdie Weiterentwicklung und den effektiven Betrieb vonProzessoren für die Modellierung von Schwerefeldern,Magnetfeldern, Deformationsfeldern und deren zeitli-che Veränderungen sowie für die Abbildung seismischerStrukturen im Erdinnern.

Mit dieser national und international vernetzten Infra-struktur und den Navigations-Satellitensystemen GPSund GALILEO, den Geoforschungssatelliten CHAMP,GRACE, GOCE und den Ozean- und Eisüberwachungs-satelliten TOPEX, ERS, JASON, ENVISAT undCRYOSAT werden neben der mehr grundlagenorientier-

ten Modellbildung zu Prozessen im Erdkern, Erdmantelund der Kruste eine Vielzahl praktischer Anwendungenerst möglich. Hierzu gehören die laufende Bereit-stellung eines für die Präzisionsvermessung, terrestri-sche Navigation und interplanetare Navigation funda-mentalen geozentrischen globalen Bezugssystems mitMillimetergenauigkeit, die Bereitstellung einer Höhen-bezugsfläche (Geoid) mit Millimetegenauigkeit für diehochgenaue interkontinentale Höhenübertragung, dieÜberwachung des Meeresspiegelanstiegs und dieNutzung von GPS und Galileo für das Nivellement mitSatelliten und die Präzisionszeitübertragung. Danebenwerden Zirkulation der Ozeane, Tiefenströmungen,Wärmeaustausch an der Ozeanoberfläche und in großenFeuchtgebieten, Veränderungen im Massenhaushalt dergroßen Eisflächen, Veränderungen im globalen Grund-wasserhaushalt und die Änderung des mittleren Meeres-spiegels mit hoher Genauigkeit beobachtbar und über-wachbar. Die kontinuierliche Auswertung von Messungenzum Schwerefeld, Magnetfeld und der Atmosphäre mitSatelliten liefert wichtige Elemente zur Überwachungund Kurzfristvorhersage des irdischen Wetters und desWeltraumwetters und damit wertvolle Beiträge zumSchutz der Bevölkerung und technischer Systeme.

Internationale Dienste und Netzwerke

GFZ-Aktivitäten im Internationalen GPS Service IGS

Das Department 1 Geodäsie und Fernerkundung ist maß-geblich an wichtigen Komponenten der Infrastruktur desInternationalen GPS-Service (IGS) beteiligt: Leitungdes Governing Boards (bis Ende 2003), Analyse-Koordination und Kombination der IGS-Kernprodukte(ab Anfang 2003), Leitung der ‚Atmospheric WorkingGroup’ und Kombination der IGS-Troposphärenpro-dukte (bis Ende 2003), Leitung des ‚Tide GaugeBenchmark Project for Sea Level Monitoring (TIGAund TIGA-Analyse)’, Bereitstellung und Betreuung von16 Permanentstationen im IGS-Netz, Betrieb eines ope-rationellen Datenzentrums und schließlich Betrieb einesIGS-Analysezentrums.

Die am GFZ-Analysezentrum erzeugten Produkte sindhochgenaue Bahnen aller GPS-Satelliten, Korrekturenzu allen Satelliten- und Stationsuhren, Stations-positionen, Polkoordinaten und Erdrotationsschwan-kungen sowie Troposphärenparameter.

In den letzten beiden Jahren wurde bei den Analysen füralle Produktlinien (Final – 10 Tage nach Ende derWoche; Rapid – 8 Stunden nach Tagesende; Ultra Rapid– zweimal täglich mit einer Verzögerung von 2 Stundeneinschließlich einer Vorhersage für real-time-Anwen-dungen) die Ambiguity-Fixierung im globalen Stations-

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Department 1

Geodäsie und Fernerkundung

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netz eingeführt und damit deutlich die Qualität der Pro-dukte gesteigert. So beträgt die erreichte Genauigkeitfür die Satellitenbahnen bei den Final-Produkten 2 cmund besser, bei den Rapid-Produkten 2 bis 3 cm (sieheAbb. 1.1), und bei den Ultra-Produkten 3 cm für denbeobachteten Teil und 5 cm für die Bahnvorhersage über12 Stunden (mit Ausnahme der Fälle, in denen dieSatelliten den Erdschatten durchlaufen; in diesen Fällenist die Vorhersagegenauigkeit etwa 15 cm).

Zur Überwachung des globalen Referenzsystems wurdedie Anzahl der analysierten Stationen, und damit dieDichte des globalen Netzes, durch Prozessierung in so-genannten Clustern und einer abschließenden Cluster-Kombination auf etwa 200 erhöht. Die erzielte Genauig-keit der Stationskoordinatenlösungen konnte auf 1 bis 2 mm in der Lage und 4 bis 5 mm in der Höhe verbes-sert werden. Diese hohe Genauigkeit ermöglicht dieAbleitung präziser Geschwindigkeitsvektoren und damit

der tektonischen Plattenbewegungen durch eine gemein-same Ausgleichung der Daten der letzen 10 Jahre (sieheAbb. 1.2). Die Übereinstimmung mit den aus geophysi-kalisch über Jahrmillionen abgeleiteten Bewegungsratenist in-nerhalb der Platten groß und naturgemäß an denPlatten-rändern kaum vorhanden.

Spezielle Anstrengungen wurden unternommen, um ei-nen Beitrag zum TIGA-Projekt (und damit auch zumProjekt SEAL) zu leisten. Zusätzlich zu dem bereits ver-dichteten IGS-Netz wurden weitere 80 TIGA-Stationen(d.h. Stationen in der Nähe von Pegeln) in die Prozessie-rung aufgenommen. Neben der Analyse aktueller Datenund solcher, die bis zu 420 Tagen zurückliegen, um spä-ter eintreffende Daten aus abgelegenen Gebieten einzu-beziehen, ist die Re-Prozessierung der langen GPS-Datenreihen unter Nutzung neuester Software undModellen ein wichtiger Aspekt bei TIGA. Bis zum jetzi-gen Zeitpunkt konnte bereits eine 7-jährige Zeitreihe re-analysiert werden. Um eine erste Beurteilung der Ergeb-nisse durchzuführen, wurden die TIGA-Lösungen mit

den offiziellen wöchentlichenFinal-IGS-Lösungen verglichen.In Abb. 1.3 zeigen die Vergleicheüber 200 Wochen, dass eineQualität von ±1 bis ±4 mm in derLage und ±5 bis ±10 mm in derHöhe erreicht wurde. Um dieGenauigkeit, insbesondere derHöhenkomponente, noch weiterzu steigern, ist vorgesehen, durchMassenverlagerungen (Atmos-phäre, Schnee, Grundwasser,etc.) hervorgerufene jahreszeitli-che Korrekturen in die Modell-bildung mit einzuführen.

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Abb. 1.2: Stationsgeschwindigkeiten abgeleitet aus 10 Jahren globaler GPS-Daten. Zum Vergleich sind dieGeschwindigkeiten des internationalen Referenzsystems ITRF2000 und dem aus geologischen Daten gewonnenemModell NUVEL-1A angegeben.

Site velocities from 10 years of global GPS data. For comparison the velocities from the international referenceframe ITRF2000 and from the geologically derived model NUVEL-1A are given.

Abb. 1.1: Qualität der Rapid-GFZ-Satellitenbahnprodukte und derenVerbesserung durch die Einführung der Ambiguity-Fixierung in die Analyse.

Quality of the Rapid GFZ satellite orbit products and its improvement by intro-ducing the ambiguity fixing into the analysis.

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Die neue Laserradar-Station des GFZ Potsdam

Die neue Laser-Entfernungsmessstation POTSDAM-3hat nach einer intensiven Erprobungsphase ihren opera-tionellen Betrieb aufgenommen und liefert Messungenzu allen im Programm des International Laser RangingService (ILRS) befindlichen Satelliten an die internatio-nalen Datenzentren. Die Auswertung dieser Daten zeigtnach übereinstimmender Aussage aller beteiligtenAnalysezentren, dass die ILRS-Qualitätskriterien hin-sichtlich Messgenauigkeit sowie Kurz- und Langzeit-stabilität problemlos erreicht werden. Die Datenaus-beute ist dabei trotz der relativ kleinen Eingangsöffnungdes Empfangsteleskops von nur 40 cm sehr gut. So wer-den unter normalen Wetterbedingungen bei einer Laser-Schussfolge von 10 Hz mehrere 1000 Laserechos proDurchgang von den als ILRS-Referenz geltendenLAGEOS-Satelliten in 6000 km Flughöhe erzielt.

Durch die hohe Positionierungsgenauigkeit und die guteoptische Qualität der mit Direktantrieben ausgerüstetenTeleskope ist es möglich, selbst weit entfernte Objekte

wie die Satelliten der Navigationssysteme GPS undGLONASS in ca. 20.000 km Entfernung zu erreichen.Auch tieffliegende Objekte wie CHAMP und die beiden GRACE-Satelliten können effektiv und mit hoher Ge-nauigkeit beobachtet werden. Dabei ermöglicht es spe-ziell geschriebene Software in Verbindung mit der hohenerzielbaren Winkelgeschwindigkeit der Teleskope, zwi-schen GRACE-1 und GRACE-2 während desselbenÜberfluges hin- und herzuschalten und Lasermessungenzu beiden dicht benachbarten Satelliten zu gewinnen.

Das Konzept einer Trennung von Sende- und Empfangs-kanal in zwei separate Teleskope hat sich trotz einesdadurch etwas höheren Hardware-Aufwandes gut be-währt. Ein solches Konzept bietet effektive Möglich-keiten einer zukünftigen Weiterentwicklung der Stationzu einem System der 4. Generation, welches mit Laser-schuss-Frequenzen von mehreren Kilohertz bei Impuls-dauern von wenigen Picosekunden arbeiten könnte. Diedabei auftretenden Probleme einer gegenseitigen Störungvon Sende- und Empfangszweig der Anlage durch Laser-Streulicht aus der Atmosphäre können mittels getrennterTeleskope wesentlich besser als mit Einzelsystemen be-wältigt werden.

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Abb.1.5: Turm derneuen SLR-Stationam Haus B desGFZ-Hauptgebäu-des (Foto: L. Grun-waldt, GFZ)

Tower of the newSLR station nearBuilding B of GFZmain facilities

Abb. 1.3: Vergleich der GFZ/TIGA-Stationskoordinatenlösungen mit den offiziellen Final-IGS-Wochenlösungen.

Comparison between the GFZ/TIGA and the official IGS weekly station coordinate solutions (GPS week1000=1999-03-07; 1200=2003-01-05).

Abb. 1.4: Sende- und Empfangsteleskope der neuenSLR-Station des GFZ Potsdam (Foto: L. Grunwaldt,GFZ)

Transmit and receive telescopes of the new SLR stationat GFZ Potsdam

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Sondierung der Atmosphäre mit GPS

Das satellitengestützte Navigationssystem GPS hat ineiner Reihe von Studien sein hohes Nutzungspotentialfür die Fernerkundung der Atmosphäre eindrucksvolldemonstriert. Die sowohl in existierenden weltweitenGPS-Bodenstationsnetzen als auch an Bord niedrig-flie-gender Satelliten empfangenen GPS-Radiosignale ent-halten durch ihre Wechselwirkung mit dem Ausbrei-tungsmedium Informationen über fundamentale atmos-phärische Parameter wie Druck, Temperatur, Wasser-dampfgehalt in Troposphäre und Stratosphäre sowie dieElektronendichte in der Ionosphäre. In dem vom GFZPotsdam geführten Helmholtz-Strategiefondsprojekt„GPS-Atmosphärensondierung“ (GASP) werden miteinem deutschlandweiten hochdichten GPS-Bodensta-tionsnetz und dem GPS-Empfänger an Bord desCHAMP-Satelliten GPS-Daten gewonnen und zurAbleitung der vorher genannten Zustandsparameter derAtmosphäre genutzt.

Atmosphärensondierung mit GPS-Bodennetzen

Bereits seit mehr als drei Jahren wird im quasi-operatio-nellen Modus der Wasserdampfgehalt in der Atmos-phäre flächendeckend mit hoher zeitlicher Auflösungüber Deutschland bestimmt. Das Stationsnetz (Abb. 1.6)wurde ständig verdichtet und umfasst zum Ende desGASP-Projektes 19 Stationen des GFZ Potsdam, 130Stationen der Landesvermessungsämter (SAPOS-Netz)

und 70 weitere aus angrenzenden Ländern. Insgesamtwerden die Daten von etwa 220 Stationen stündlichübertragen und nach einer Wartezeit von 25 Minuten inweniger als 15 Minuten auf einem Linux-PC prozessiert(http://www.gfz-potsdam.de/pb1/pg1/gasp1/index_GASP1.html). Die regelmäßig durchgeführten Verglei-che mit anderen Instrumenten, wie Radiosonden undWasserdampfradiometern, sowie mit präzisen post-pro-zessierten Analysen zeigen, dass die Analyse in nahezuEchtzeit eine sehr hohe Genauigkeit von 1 bis 2 mm imWasserdampfgehalt liefert. Die Qualität ist ausreichendfür die Nutzung in der operativen Meteorologie.Deshalb werden die GPS-Produkte dem DeutschenWetterdienst (DWD) zur weiteren Verarbeitung übermit-telt. Der hohe Informationsgehalt gibt einen völligneuen Einblick in die räumliche und zeitliche Verteilungdes Wasserdampfes. Ein detaillierter Vergleich des tägli-chen Wasserdampfzyklus aus stündlichen Daten vonGPS und dem Lokal-Modell (LM) des DWD wurdegetrennt für den Winter und Sommer durchgeführt (Abb.1.7). Während GPS tägliche Variationen mit einemMaximum mitten am Tage aufweist (kleiner im Winterals im Sommer), zeigt das LM fast keine Variationen imWinter und im Sommer sogar ein Minimum um dieMittagszeit. Dieses Verhalten erzeugt einen negativenBias zwischen GPS und LM, und ist bisher nicht erklär-bar. Eine Ursache könnte eine Temperaturabhängigkeitin den 12-Uhr-Radiosonden sein, die sich im Modellwiderspiegeln.

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Abb. 1.6: Stationsnetz und Wasserdampfverteilung über Deutschland (Beispiel einer sehr hohen Wasser-dampfkonzentration im Vorfeld der Flutkatastrophe an der Elbe, August 2002).

GPS near real-time network and water vapour distribution over Germany (example with very high water vapourcontent shortly before the flood disaster at the river Elbe, August 2002).

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Erste Assimilationsstudien ergaben, dass der Einflussvon GPS in den ersten sechs Stunden der Vorhersagegroß, jedoch nach 24 Stunden vernachlässigbar ist.Vergleiche mit Radiosonden zeigten, dass GPS die 12-Stunden-Vorhersage für die Luftfeuchte bis zu 10 % ver-bessert. Jedoch ist der Einfluss auf die Vorhersage des

Niederschlags bisher nochgemischt. Einige negativeFälle könnten durch denpositiven Bias von GPS (imVergleich zum Modell) wäh-rend des Tages im Sommerverursacht worden sein. Einetageszeitabhängige Bias-Ka-librierung wurde gestestet undzeigte einen positven Effekt.

COST-Aktion 716 „Nutzungvon GPS-Bodenstationen fürKlimaanwendungen und nu-merische Wettervorhersage“

Im Rahmen der EU-COSTAktion 716 werden die GPS-Netze von 15 europäischenStaaten zu einer europawei-ten Erfassung der Wasser-dampfverteilung verwendet.

Das GFZ Potsdam trägt mit der Bereit-stellung der berechneten Wasserdampfwerteund einer Unterstützung des DeutschenWetterdienstes durch Finanzierung einerPersonalstelle für die Wettermodellierungzu dieser Aktion bei. Im Rahmen derAktion soll die nahezu Echtzeitverarbei-tung der GPS-Daten in Kooperation allerbeteiligter Partner demonstriert (die Zu-verlässigkeit der GFZ-Produktbereitstel-lung liegt bei über 90 %) und der Einflussder GPS-Daten auf die Wettervorher-sageuntersucht werden. Schließlich sollen Vor-schläge für die Einführung dieser neuenTechnik in die Praxis der Wetterdienste,insbesondere für die internationale Zusam-menarbeit auf diesem Gebiet, erarbeitetwerden.

GPS-Radiookkultationsmessungen

Die neuartige GPS-Radiookkultationsme-thode etabliert sich derzeit zu einem Stan-dardverfahren für die Fernerkundung derglobalen Erdatmosphäre. Dazu trägt eineVielzahl von derzeitigen und zukünftigenSatellitenmissionen bei. Zur Ableitung vonAtmosphäreneigenschaften nutzt das inno-vative Verfahren die Veränderung der Sig-nale von GPS-Navigationssatelliten beimtangentialen Durchstreifen der Erdatmos-phäre. Eine charakteristische Größe für denAtmosphäreneinfluss ist der Brechungs-winkel α des Signalweges (Abb. 1.9)

Der GFZ-Satellit CHAMP spielt hier eine Vorreiterrolle.An Bord von CHAMP werden seit Februar 2001 nahezukontinuierlich bis zu 250 GPS-Okkultationsmessungentäglich durchgeführt. Aus diesen Aufzeichnungen wer-den global verteilte Vertikalprofile von Refraktivität,

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Abb. 1.7: Vergleich des täglichen Wasserdampfzyklus abgeleitet aus GPS und LM.Mittelwerte für gegebene Stunden wurden für Sommer (Monate MJJA) und Winter(Monate JFND) berechnet. Zur besseren Darstellung wurden die Kurven mit denangegebenen Werten vorschoben.

Comparison of the daily water vapour cycle from GPS and LM. Means for the givenhours are computed for summer (months MJJA) and winter in 2001 (months JFND).For plotting reasons curves are shifted be values given in parenthesis.

Abb. 1.8: GPS-Stationsnetz mit Troposphärenprodukten für die COST-Aktion 716.

GPS network with troposphere estimates for the COST 716 Action.

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Temperatur und Wasserdampf abge-leitet. Die Daten von CHAMP wer-den am GFZ Potsdam automatischausgewertet und von mehr als 40internationalen Forschergruppengenutzt. Zur Auswertung ist einekomplexe Infrastruktur notwendig,die im Rahmen des Strategiefonds-projektes GASP der Helmholtz-Ge-meinschaft etabliert wurde (Abb.1.9). Diese operationell betriebeneInfrastruktur ermöglicht weltweiterstmals eine Nahezu-Echtzeit-Be-reitstellung von GPS-Okkultations-ergebnissen, was vor allem für dieVerwendung dieser neuartigen Datenzur Verbesserung der globalenWettervorhersage von Bedeutung ist.

Die Genauigkeit der CHAMP-Daten wird kontinuierlich durchVergleiche mit anderen meteoro-logischen Daten kontrolliert. DieseStudien zeigen eindrucksvoll dieGenauigkeit der GPS-Okkultations-messungen (Abb. 1.10), weisenjedoch auch auf Schwachpunkte derDatenanalyse hin. Eine grosseHerausforderung stellt derzeit dieAuswertung der CHAMP-Daten inder unteren Troposphäre dar. Hierzeigen sich systematische Abweichungen im Vergleichzu Messungen mit Wetterballonen oder meteorologi-schen Datenanalysen (negativer Refraktivitätsbias). DieAnwendung neuartiger Auswertemethoden, basierendauf wellenoptischen Verfahren, kann die Qualität derErgebnisse deutlich verbessern (Abb. 1.11).

Neben der operationellen Prozessierung und der Ver-besserung der Datenanalyse beginnt die Atmosphären-gruppe des GFZ Potsdam Okkultationsdaten in derAtmosphärenforschung anzuwenden.

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Abb. 1.9: Schematische Darstellung der Infrastrukturzur Aufzeichnung und Auswertung von GPS-Radio-okkultationsmessungen am GFZ Potsdam. Die Nutzungeiner polaren Satellitenempfangsstation (Ny Alesund,Spitzbergen) ermöglicht erstmals die Bereitstellung vonatmosphärischen Daten für die operationelle Nutzungim Rahmen der globalen Wettervorhersage (durch-schnittlich ~5 Stunden zwischen jeder der global verteil-ten Messungen und Bereitstellung der Analyseergeb-nisse am GFZ).

Schematic overview of the infrastructure to record andanalyse GPS radio occultation measurements at GFZPotsdam. The use of a Polar receiving station (NyAalesund, Spitsbergen) enables for the first time to pro-vide atmospheric occultation data for the operationaluse within the numerical global weather forecast (aver-age delay of ~5 hours between each of the globally dis-tributed measurements and the provision of the analysisresults at GFZ).

Abb. 1.10: Statistischer Vergleich von ca. 10.000 atmosphärischenVertikalprofilen (links: Temperatur, Mitte: Refraktivität) von CHAMP mit kor-respondierenden Radiosondenmessungen 2001-2003 auf den meteorologis-chen Hauptdruckflächen im Höhenbereich von ca. 5 bis 30 km. Dargestelltsind Mittelwert und Standardabweichung. Der zeitliche und räumlicheAbstand zwischen CHAMP- und Radiosondenmessung beträgt <3 h und<300 km. Die rechte Grafik zeigt die Anzahle der verglichenen Daten proHöhe.

Statistical comparison of about 10.000 vertical atmospheric profiles (left:temperature, middle: refractivity) from CHAMP with correspondingradiosonde data 2001-2003 at the meteorological main pressure levelsbetween ~5 and 30 km. The mean and standard deviation is shown. The dif-ference of the CHAMP and radiosonde measurement in time is <3 h and inlocation <300 km. The plot at the right shows the number of compared dataper pressure level.

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Ein Beispiel hierfür sind Untersuchungen am weltweiteinzigartigen Langzeitdatensatz von CHAMP zu ther-mischen Veränderungen in der Tropopausenregion(Abb. 1.12). Die Tropopause charakterisiert den Über-gang zwischen der unteren (Troposphäre) und mittleren(Stratosphäre) Atmosphärenschicht. Die Höhe derTropopause ist Indikator für Klimaänderungen, womitLangzeituntersuchungen in der Tropopausenregion einegroße Relevanz für die Erfassung von Klimatrendshaben. Studien mit Radiosonden und Wetteranalysenhaben gezeigt, dass die Tropopausenhöhe in den vergan-genen 25 Jahren angestiegen ist. Beide Datenquellenunterliegen jedoch Einschränkungen: Radiosondenbesitzen eine gute vertikale Datendichte; eine globaleAbdeckung der Messungen ist aber nicht möglich, dasich die Radiosondenstationen überwiegend an Landbefinden. Wetteranalysen dagegen sind global verfüg-bar, leiden aber an geringer vertikaler Auflösung. DieseNachteile werden durch die GPS-Radiookkultations-technik überwunden, die eine hohe vertikale Daten-dichte mit globaler Abdeckung vereint. Ein weiterer

Vorteil ist die Unabhängigkeit des Verfahrens vom Wetter.Wolken stören die GPS-Messungen nicht.

Neben CHAMP wird das GFZ Potsdam auch die zu-künftigen Okkultationsmessungen der Satelliten GRACE,TerraSAR-X und Tandem-X auswerten. Insgesamt wer-den täglich ca. 1.000 globale Messungen erwartet.

Bestimmung des Erdschwerefeldes

Globales Erdschwerefeld

Mit der neuen Generation niedrigfliegender SatellitenCHAMP (Start Mitte 2000) und GRACE (Start Mitte2002) hat die Beobachtung des Erdschwerefelds ausdem Weltraum eine neue Qualität erreicht (siehe detail-lierte Beschreibungen der GRACE-Mission und ihrerErgebnisse im vorderen Teil dieses Berichtbands).Gestützt auf Entfernungsmessungen zwischen demCHAMP- bzw. den beiden GRACE-Satelliten und denhochfliegenden GPS-Satelliten werden die gravitativen

Störungen in den Bahnen der niedrigflie-genden Satelliten analysiert. Bei derTandem-Satellitenmission GRACE werdenzusätzlich noch Abstandsvariationen zwi-schen den sich verfolgenden Satelliten kon-tinuierlich mit höchster Präzision regi-striert.

Gegenüber globalen Erdschwerefeldmo-dellen aus der Vor-CHAMP-Ära konnte mitCHAMP und GRACE die Genauigkeit inder Auflösung von Strukturen größer als200 km an der Erdoberfläche um bis zuzwei Größenordnungen gesteigert werden.Da insbesondere GRACE ein hochgenauesglobales Schwerefeldmodell bereits ausDaten über nur einen Monat liefert, sindjetzt erstmalig auch großräumige zeitlicheSchwerefeldvariationen auflösbar, die sichals Folge z.B. klimatologische Massen-transporte innerhalb des Wasser- und Eis-haushalts der Erde ergeben.

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Abb. 1.11: Meridionalverteilung der Refraktivitätsab-weichung zwischen CHAMP-Messungen und meteorol-ogischen Analysen des ECMWF. Dargestellt sindErgebnisse des Januar 2003, die mit der Standard-analysemethode (GO, oben, 4865 Profile) und einemweiterentwickelten wellenoptischen Verfahren (FSI,unten, 4948 Profile) berechnet wurden. In den weißenBereichen liegen keine Ergebnisse vor.

Mean zonal deviation of the refractivity, derived fromCHAMP measurements and meteorological analysesfrom ECMWF. Results from January 2003 are shown,which were derived using the standard analysis method(Geometrical Optics, GO, above, 4865 profiles) andadvanced retrieval (FSI, below, 4948 profiles), respec-tively. For the white areas no results were derived.

Abb. 1.12: Tropopausenhöhe (oben) und -temperatur (unten) der tro-pischen Tropopause im Winter 2003 (Dezember-Februar) abgeleitetaus CHAMP-Radiookkultationsmessungen.

Average altitude (above) and temperature (below) of the tropical tropo-pause (winter 2001-2003, December-February) derived from CHAMPoccultations measurements.

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Abb. 1.13 zeigt die Schwereanomalien (Abweichungenvom Normalschwerewert) über der Antarktis (a) aus demSchwerefeldmodell EGM96, einer Kombination ausSatellitendaten der Vor-CHAMP-Ära und terrestrischen(sehr lückenhaften) gravimetrischen Messungen, (b) auseinem rein aus CHAMP-Beobachtungen abgeleitetenModell (EIGEN-2ee) und (c) aus einem gegenüberCHAMP höher auflösenden reinen GRACE-Modell(EIGEN-GRACE01S). Man erkennt die durch CHAMPund GRACE zusätzlich gewonnenen Informationen überdas Schwerefeld in der bislang nur unzureichend beob-achteten Südpolregion, die jetzt für geophysikalischeInterpretationen, z.B. Eisbodentopographie undKrustendicken genutzt werden.

Abbildung 1.14 zeigt die geographische Verteilung derGeoidhöhen (Abweichungen der Fläche ‘Normal-Null’

von einer Ellipsoidoberfläche) und der Schwereanoma-lien über die gesamte Erde. Dafür wurden die CHAMP-und GRACE-Beobachtungen kombiniert mit Ober-flächenschweredaten aus Satellitenaltimetrie über denOzeanen und Gravimetrie über den Kontinenten, umeine detailreichere Auflösung in Gebieten mit guter Da-tenüberdeckung zu erzielen. Die in Abbildung 1.14 ge-zeigten Felder haben eine Auflösung von 150 km (halbeWellenlänge). Ein genauerer Blick zeigt die Zusammen-hänge zwischen dem Schwerefeld und topographisch-geophysikalischen Strukturen. Große topographischeBlöcke wie die Anden, der Himalaja und der nordatlan-tische Rücken erzeugen große positive Schwereanoma-lien, die Tiefseegräben am Rand des Nordwestpazifiksund vor der Westküste Südamerikas dagegen negativeSchwereanomalien. Auch die Kette der teilweise untersee-ischen Vulkankegel ausgehend von Hawaii ist in derKarte der Schwereanomalien zu identifizieren.

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Abb. 1.13: Schwereanomalien über der Antarktis (Abweichungen vom ellipsoidischen Normalschwerewert inEinheiten mgal = 10-5 m/s2 ≈ 10-6 g); (a) aus dem Vor-CHAMP-Schwerefeldmodell EGM96, (b) aus dem CHAMP-Schwerefeldmodell EIGEN-2ee, und (c) aus dem GRACE-Schwerefeldmodell EIGEN-GRACE01S.

Gravity anomalies over Antarctica (with respect to ellipsoidal normal gravity in units of mgal = 10-5 m/s2 ≈ 10-6 g);(a) from the pre-CHAMP gravity model EGM96, (b) from the CHAMP-only gravity model EIGEN-2ee, and (c) fromthe GRACE-only gravity model EIGEN-GRACE01S.

Abb. 1.14: Geographische Verteilung von (a) Geoidhöhen (bezogen auf Ellipsoidoberfläche in Einheiten Meter) und(b) Schwereanomalien (bezogen auf ellipsoidische Normalschwere in Einheiten mgal = 10-5 m/s2 ≈ 10-6 g).

Geographical distribution of (a) geoid heights (referred to an ellipsoidal surface in units meter) and (b) gravityanomalies (referred to ellipsoidal normal gravity in units mgal = 10-5 m/s2 ≈ 10-6 g).

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Großflächige Hochs und Tiefs im Geoid und in der Ver-teilung der Schwereanomalien sind mit Strukturen undProzessen im tieferen Erdinnern korreliert. Die Geoid-hochs im Westpazifik und an der Westküste Südameri-kas sind zum Beispiel eine Folge des dort stattfindendenAbtauchens dichter ozeanischer Lithosphäre in den Erd-mantel. Andere Geoid- und Schwereanomaliehochs sindmit Gebieten korreliert, wo vermutlich aufgrund derMantelkonvektion heißes Material die darüber liegendeLithosphäre aufwölbt. Man erkennt dies im Nordatlantikum Island und südöstlich Afrikas. Das prägnante Tief imGeoid südlich Indiens könnte mit der nordwärts gerich-teten Bewegung der indischen Lithosphärenplatte zu-sammenhängen, die das Himalajamassiv aufschiebt undauf der Rückseite die Masse im Erdmantel ausdünnt.

Ein weiteres Geoidtief über Kanada ist ein Relikt derVereisung vor etwa 20.000 Jahren. Der mächtige Eis-schild hat dort die Lithosphäre und den oberen Mantelnach unten gedrückt. Mit dem Abschmelzen des Eisesbis vor etwa 6.000 Jahren wurde so ein Massendefizithinterlassen, das bis heute wegen der Zähflüssigkeit desErdmantels nicht vollständig aufgefüllt ist. Das kanadi-sche Tief ist jedoch gleichzeitig Teil einer größeren imGeoid zu erkennenden Formation negativer Werte vomOstpazifik über Nordamerika zum Westatlantik, die ver-mutlich mit der Mantelkonvektion zusammenhängt(abwärts gerichtete Bewegung). Über Kanada überlagernsich die beiden geschilderten Effekte.

Das Schwerefeld an der Erdoberfläche liefert ein Sum-

mensignal der Dichteverteilung über den gesamten Erd-körper. Für eine in die Tiefe gehende Interpretation geo-physikalischer Strukturen und Prozesse ist die Kombi-nation von Schweremodellen mit dreidimensional auflö-senden seismologischen Tomographie-Modellen (sieheweiter hinten).

Aerogravimetrie und Regionale Schwerefelder

ANGEL - Airborne Navigation and GravimetryEnsemble & Laboratory

Im Bereich der Flugzeug-gestützten Schwerefeldmes-sungen (Aerogravimetrie) standen im Jahr 2002 zweiAufgaben im Vordergrund. Zum einen galt es, ein neuesund autarkes GPS-System sowohl für das Flugzeug alsauch für die Referenzstationen am Boden sowie einneues Datenerfassungssystem aufzubauen. Dabei wurdensowohl für die Flugzeuginstallation als auch für dieGPS-Bodenstationen gleiche Empfängertypen (NovatelOEM4) gewählt, die mit einer Datenrate von bis zu 10 Hzdie Position und Bewegung des Messflugzeuges aufzei-chnen können. Eine wichtige Grundlage für die Archi-tektur des GPS-Systems war eine möglichst einfache,schnelle Bedienbarkeit und eine hohe Datensicherheit.Um dies beim Systemaufbau zu gewährleisten, wurdeaus kompakten Industrie-PC104-Komponenten ein eige-nes Rechnersystem auf Basis eines Linux-Betriebs-systems gefertigt. Daneben stehen bis zu vier automatischeBodenstationen zur Verfügung. Die gleiche, kompakte

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Abb. 1.15: Schematischer Überblick über die Flugzeugkomponenten des GFZ-Aerogravimetriesystems

Schematic overview about the airborne components of the GFZ aerogravimetry system

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PC-Technologie wurde genutzt, um drei Datenerfas-sungsrechner für Messsysteme wie Altimeter, Strap-Down-Gravimeter oder Magnetometer ebenfalls in nureinem flachen 19-Zoll-Gehäuse aufzubauen. Diese mo-dulare Art der Datenerfassung hat sich sehr gut bewährtund bietet große Vorteile gegenüber zentralen Erfassungs-systemen: das System ist wesentlich preiswerter undjederzeit ausbaubar (Abb. 1.15). Das LaCoste & RombergGravimetersystem wurde in 2003 komplett überholt undgewartet und steht für den nächsten Messeinsatz bereit.Die Programme für die Prozessierung der Aerogravi-metrie-Daten wurden durchgehend neu aufgesetzt undkommentiert. Sie stehen nun zusammen mit dem über-arbeiteten ANGEL-System zur Verfügung.

CHICAGO – Chilean Coastal Aero-GeophysicalObservations

Die zweite Aufgabe im Jahr 2002 war die Vorbereitungund Durchführung einer Flugkampagne in Chile. CHI-CAGO (Chilean Coastal Aero-Geophysical Observa-tions) wurde zusammen mit dem Instituto GeograficoMilitar und dem Servicio Aerofotogrametrico der chile-nischen Luftwaffe sowie dem SFB267 (Deforma-tions-prozesse in den Anden) vorbereitet. Das Aerogravi-metriesystem des GFZ Potsdam (ANGEL – AirborneNavigation and Gravimetry Ensemble & Laboratory)wurde mit den beschriebenen Neuerungen auf einerTwin Otter eingesetzt (Abb. 1.16).

Chile ist eines der wenigen Länder der Erde, das durchseine besondere geographische Lage und Ausdehnungnahezu vollständig durch eine Subduktionszone geprägtist. Die leicht schiefwinklige Kollision von Pazifik und

Südamerika und das nachfolgende Abtauchen des west-lichsten Teiles des Pazifiks, der Nazca-Platte, unter densüdamerikanischen Kontinent ist unter anderem verant-wortlich für die Entstehung eines der größten Gebirgs-züge der Welt, der Anden. Um die Frage zu beantworten,warum bei gleichem Kollisionsverhalten in Nord undSüd verschiedene Strukturen entstehen, wurde derOzean-Kontinent-Übergang um 39° Süd zur Untersu-chung ausgewählt. Die Kampagne sollte den nördlichenTeil der Übergangszone zwischen 37° Süd und 39° Süderfassen (Abb. 1.17).

Es war das erste Mal, dass ein chilenisches Militärflug-zeug für zivil-wissenschaftliche Dienste eingesetztwurde. Die Zusammenarbeit mit der chilenischenLuftwaffe war hervorragend und sollte nach Möglichkeitfortgesetzt werden. Neben den Flügen über dem Küsten-bereich von Südchile (Abb1.18) wurden einige langeNord-Süd-gerichtete Profile über Land geflogen, die imöstlichsten Teil auch einige der Vulkane überstrichen(Abb. 1.19). Die Aerogravimetriedaten zeigen insgesamtgute Übereinstimmung mit vorhandenen Vergleichs-daten, ein Ergebnis, das zum großen Teil dem Einfüh-lungsvermögen und fliegerischen Können der Piloten(Abb. 1.20) zu verdanken ist, da ein Autopilot nicht zurVerfügung stand. Die Daten werden in laufendenModellierungen und Interpretationsarbeiten genutzt.

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Abb1.16: Installation der wissenschaftlichen Flugaus-stattung in einer Twin Otter der chilenischen Luftwaffe.Das LaCoste & Romberg Gravimeter ist im rechten,unteren Bildrand, zur Flugsicherheit unter Gurten, zusehen. (Foto: U. Meyer, GFZ)

Installation of the scientific aircraft instrumentation ina Twin Otter of the Chilean Air Force. The LaCoste &Romberg gravity meter, covered by straps for flight safe-ty, is shown in the lower right corner.

Abb. 1.17: Die CHICAGO-Flugprofile

The CHICAGO flight profiles

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Abb. 1.18: Ergebnisse der CHICAGO-Flugkampagne:Freiluftanomalien der Aerogravimetrie (mit Konturli-nien); im Hintergrund die Freiluftanomalien abgeleitetaus der Satellitenaltimetrie des KMS in Kopenhagen,Version 1999. Die schwarzen Linien zeigen die ausgew-erteten Profilstücke.

Results of the CHICAGO flight survey: free-air anom-alies from the aerogravimetry (with contour lines); in thebackground free-air anomaly data derived from satellitealtimetry of the KMS Copenhagen, version 1999.

Abb. 1.19: Aerogravimetrie-Profil entlang 72 °W zwischen 41° und 39°S (das östlichste Profil aus Abb. 1.17). Imoberen Teil sind die Vertikalbeschleunigungen des Flugzeugs dargestellt, im unteren Teil die gemessene Freiluft-Anomalie im Vergleich zu dem bisher bekannten regionalen Modell. Das Profil überstreicht einige der Vulkane imSüden Chiles.

Aerogravimetry profile along 72° W between 41° and 39° S (the easternmost profile from fig. 1.17). In the upper partthe vertical acceleration of the aircraft is displayed, in the lower part the measured free-air anomaly in comparisonto the until now known regional model. The profile covers some of the volcanoes of southern Chile.

Abb. 1.20: Das CHICAGO-Team mit Piloten,Flugzeugmechanikern, Attachés und der Wissenschafts-crew (Foto: U. Meyer, GFZ).

The CHICAGO team with pilots, aircraft mechanics,attaché officers and science crew.

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DETAG – Determination of the Andean Geoid

Ein wichtiges Teilprojekt im Rahmen der Erfassung undModellierung von regionalen Schwerefeldern ist die Be-rechnung von Geoidmodellen. Durch die enge Verzahnungder laufenden Arbeiten mit dem SFB267 wurde dabeidas Hauptaugenmerk auf das Geoidmodell von Süd-amerika und insbesondere der Anden gelegt. Das gesamteGebiet zeichnet sich leider durch starke Inhomogeni-täten in der Verteilung und Qualität der Daten aus, die inbisher benutzten Programmen zur Geoidbestimmung nurunzureichend berücksichtiget werden konnten. Es wardaher das Ziel, die Bewertung der Datenqualität zuberücksichtigen, Datenpunkte individuell und nicht nurin Gittern zu verarbeiten und verschiedene Datentypen(GPS/Leveling, Freiluftanomalien, Schwerestörungen,Meereshöhen, Geoidundulationen) gleichermaßen in dieModellierung eingehen zu lassen. Daneben wurden dieProgramme so entwickelt, dass nun auch die ge-messe-nen Schwerewerte der Aerogravimetrie auf der Flughöheindividuell in die Geoidmodellierung eingehen. Da sichdiese Aufgaben nicht mit herkömmlichen FFT-Methoden bewältigen lassen, wurden die Wege der klas-sischen Kollokationsverfahren und der „sequential mul-tipole analysis“ (SMA) angewandt. So konnte in engerZusammenarbeit mit Prof. Denizar Blitzkow von derUniversität in Sao Paulo ein neues, komplett überarbei-tetes Geoidmodell für Südamerika erstellt werden. Nunkonzentriert sich die Arbeit auf die Bestimmung vonregionalen Geoidmodellen für die Zentralanden und dieSüdanden (Abb. 1.21), in denen auch die neu gewonne-nen Aerogravimetriedaten eingehen werden.

Beobachtungen von Schwerevariationen

Die kontinuierliche Registrierung und Auswertung vonSchwerevariationen wurde mit dem Supraleitgravimeter(SG) an der vom GFZ Potsdam betriebenen StationSAGOS in Südafrika fortgesetzt. Diese hochwertige Sta-tion ist Bestandteil des „Global Geodynamic Project(GGP)“, das weltweit 18 SG-Stationen umfasst. Aus dendurchgeführten Datenanalysen sollen drei neue Ergebnissevorgestellt werden.

Vergleich zeitlicher Schwerevariationen vonCHAMP und Supraleitgravimetern

Die Kombination der zeitlichen Variationen des Erd-schwerefeldes aus Satelliten- und Bodenmessungen istvon grundlegendem Interesse. Je genauer die Satelliten-messungen werden, um so wichtiger ist die Überprüfungihrer Ergebnisse mit Bodenmessungen.

Für die CHAMP-Mission beträgt die Auflösung derSchwerevariationen ~1 µgal, bei einer räumlichen Auf-lösung (λ/2) von 5000 km und einer zeitlichen Auflösungvon einem Monat bis zu Jahren.

Für eine Überprüfung der aus CHAMP abgeleitetenVariationen des Schwerefeldes mit Bodenmessungensind nur Supraleitgravimeter geeignet, da sie die gefor-derte Langzeitstabilität (korrigierbare lineare Drift voneinigen µgal pro Jahr) und Schwereauflösung (1 ngal)besitzen.

Um Schwerevariationen von CHAMP und Supraleit-gravimetern vergleichen zu können, ist es erforderlich,aus beiden Zeitreihen die gleichen bekannten Schwere-variationen herauszunehmen. Deshalb sind Schwerean-teile aus Erd- und Ozeangezeiten, Pole Tide sowie Auf-lasten der Atmosphäre und des Ozeans in beidenVergleichsdatensätzen nicht enthalten. Als Ursache fürdie verbleibenden Schwerevariationen werden vornehm-lich hydrologische Einflüsse angenommen.

Für den ersten Vergleich wurden 6 Supraleitgravimeter-Stationen ausgewählt (Abb. 1.22).

Das Vergleichsergebnis ist in Abb. 1.23 dargestellt. Fürjede Station sind in der oberen Grafik die Schwerevaria-tionen des Supraleitgravimeters (grün) und dessenmonatlicher Mittelwert (rot) dargestellt. Die untereGrafik enthält die monatlichen CHAMP (blau) und SG(rot) -Schwerevariationen.

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Abb. 1.21: Regionales Geoidmo-dell für das südliche Unter-suchungsgebiet in Chile (Kompi-lation von D. Marchenko, GFZ).

Regional geoid model for thesouthern area of interest in Chile.

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Abb. 1.23: Zeitliche Schwerevariationen an den SG-Stationen, gemessen mit CHAMP und Supraleitgravimetern.Obere Grafik je Station: SG Schwereänderungen(grün) und SG monatlicher Mittelwert der Schwereänderungen(rot); untere Grafik je Station: CHAMP monatliche Schwereänderungen (blau) und SG monatlicher Mittelwert derSchwereänderungen (rot)

Temporal gravity variations at Superconducting Gravimeter sites. Upper panel per box: SG gravity variations(green) and SG monthly mean of gravity variations (red)¸lower panel per box: CHAMP monthly gravity field solu-tion (blue) and SG monthly mean of gravity variations (red)

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Der Vergleich zeigt eine gute Übereinstimmung imTrendverhalten von SG- und CHAMP-abgeleitetenSchwerevariationen. Bei Stationen mit großen Variatio-nen (Metsahovi, Wuhan und Matsushiro) sind auch imDetail Übereinstimmungen zu erkennen. CHAMP undSupraleitgravimeter messen annähernd die gleichenSchwerevariationen innerhalb ihrer Fehlergrenzen.

Weiterhin sind die mit Supraleitgravimetern gemesse-nen Schwerevariationen für ein größeres Umfeld reprä-sentativ, wie der Vergleich der Stationen Moxa und Wien(Entfernung 435 km) sowie Wuhan und Matsushiro(Entfernung 2.300 km) zeigt.

Die langperiodischen Gezeiten sind durch Bodenmes-sungen gut bestimmt und können somit als Referenz beieiner Vergleichsmessung dienen.

Dreidimensionale Luftdruckkorrektur in gravi-metrischen Daten

Gravimeter sind integrierende Sensoren, die Massenum-verteilungen und Deformationen in einem großen Um-feld erfassen. Deshalb enthalten die gemessenen gra-vimetrischen Signale Schwereeffekte unterschiedlicherQuellen. Für eine Trennung dieser Signale, zur Untersu-chung der einzelnen gravimetrischen Effekte wie Erd-gezeiten, Polbewegung, Eigenschwingungen der Erde,Erdkernmoden usw., werden unterschiedliche Analyse-methoden genutzt.

Die Analysemethoden liefern die besten Ergebnisse beieinem hohen Signal-Rausch-Verhältnis. Um dieses zuerzielen, müssen die Daten von allen bekannten Stör-signalen befreit werden. Neben dem Rauschen (instru-mentelles-, seismisches-, industrielles-, und Ozean-Rauschen) und der instrumentellen Drift treten zusätz-lich die durch die Atmosphäre und Hydrosphäre indu-zierten Schwereänderungen als Störsignale auf.

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Abb. 1.22: Ausgewählte Supraleitgravimeter (SG)-Stationen für den Vergleich von zeitlichen Variationen des Erd-schwerefeldes mit CHAMP

Selected Superconducting Gravimeter stations for comparison with CHAMP-observed temporal gravity field variation

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Die größte Störquelle in den gravimetrischen Daten sinddie durch die Atmosphäre induzierten zeitlichen Schwere-änderungen (Luftdruckeffekt), die bis zu 20 µgal betra-gen können. Sie liegen im Periodenbereich von Minutenbis zu Jahren. Die Ursache dieser Schwerevariationensind die kontinuierlichen Massenumverteilungen in derAtmosphäre. Eine präzise Modellierung und Korrekturdieses Effektes trägt wesentlich dazu bei, die einzelnengravimetrischen Effekte besser separieren und schwacheEffekte besser detektieren zu können.

Bisherige Modelle basieren auf der Berechnung desLuftdruckeffektes mit Bodenluftdruckdaten. DieseModelle berücksichtigen nur unzulänglich die unter-schiedliche Luftdichteverteilung bei der Modellierungdes Attraktionseffektes.

Deshalb wurde ein Modell auf der Basis von dreidimen-sionalen Luftfeuchte- und Luftdruckdaten sowie einem3D-Temperaturprofil entwickelt. Mit diesem Modell

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Abb. 1.23: Zeitliche Schwerevariationen an den SG-Stationen, gemessen mit CHAMP und Supraleitgravimetern.Obere Grafik je Station: SG Schwereänderungen(grün) und SG monatlicher Mittelwert der Schwereänderungen(rot); untere Grafik je Station: CHAMP monatliche Schwereänderungen (blau) und SG monatlicher Mittelwert derSchwereänderungen (rot)Temporal gravity variations at Superconducting Gravimeter sites. Upper panel per box: SG gravity variations(green) and SG monthly mean of gravity variations (red)¸lower panel per box: CHAMP monthly gravity field solu-tion (blue) and SG monthly mean of gravity variations (red)

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sind die Schwerevariationen (Attraktionsanteil) für dieSupraleitgravimeter-Station Wien berechnet worden(Abb.1.24). Ein Vergleich zur Berechnung mitBodenluftdruckdaten zeigt eine Differenz von maximalca. 2 µgal. Dieses ist der vom Bodenluftdruck unabhän-

gige Anteil, dessen Ursache die unterschiedlicheLuftdichteverteilung bei gleichem Bodenluftdruck ist.Er wurde in Abb. 1.25 für einen Bodenluftdruck von976+/- 0,2 hPa dargestellt. Neben dem deutlich sichtba-ren saisonalen Verhalten sind auch Anteile bei kürzerenPerioden zu erkennen. Die Korrektur der gravimetri-schen Messungen mit dem vom Bodenluftdruck unab-hängigen Schwereanteil wird die Analyse undInterpretation insbesondere der langperiodischenSchwerevariationen deutlich verbessern.

Messung der Polbewegung

Wegen ihrer Langzeitstabilität und geringen Drift sindSupraleitgravimeter geeignet die Polbewegung zu mes-sen, die eine Änderung der Zentrifugalbeschleunigungund eine Potentialänderung hervorruft. Die Hauptkom-ponente der Polbewegung ist eine freie Oszillation, der„Chandler Wobble“ mit einer Periode von ca. 14 Mona-ten sowie eine jährliche Oszillation, hauptsächlich ver-ursacht durch Massenumverteilungen in der Atmosphäreund im Ozean. In Abb. 1.26 ist die mit dem Supraleitg-ravimeter an der Station SAGOS in Südafrika gemesse-ne Polbewegung dargestellt und mit den kinematischenPolbewegungsdaten des „International Earth RotationService (IERS)“ verglichen. Es zeigt sich eine gute Übe-reinstimmung beider Messverfahren. Die Supraleitgra-vimeter-Messungen stellen somit eine sinnvolleErgänzung zu den kinematischen Verfahren dar.

Beiträge zu Modellierungen des Erdinnern undvon oberflächennahen Prozessen

Island: Natur der Krusten-Mantel-Übergangszone unddie Temperaturverteilung im oberen Mantel, abgeleitetaus Schwerefeldanomalien

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Abb. 1.26: Polbewegung, blau: SG-Daten, rot: IERS-Daten

Polar Motion, blue: SG-data, red: IERS-data

Abb. 1.27: Topographie/Bathymetrie von Island undumliegendem Ozean. Die weiße Linie markiert denVerlauf des in Abb.1.29 gezeigten Querschnitts.

Topography of Iceland and bathymetry of the surround-ing ocean. The white line marks the position of thecross-section shown in Fig 1.29.

Abb. 1.25: Bodenluftdruck unabhängiger Schwereanteilbei 976+/- 0,2 hPa

Surface pressure independent gravity variations at976+/- 0.2 hPa

Abb. 1.24: Luftdruck-induzierte Schwereänderungen(Attraktionsanteil) an der SG-Station Wien, rot: Boden-luftdruck Modell, blau: 3D-Modell, magenta: Schwere-differenz

Atmospheric pressure induced gravity variation (attrac-tion term) at SG-station Vienna, red: surface pressuremodel, blue: 3D-model, magenta: gravity difference

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Island ist wegen seiner gleichzeitigen Lage über demMittelatlantischem Rücken und über einem ‘Hot Spot’(Abb. 1.27) ein einzigartiges geologisches und geophy-sikalisches Objekt. Die tektonische und physikalischeStruktur der Kruste und des darunter liegenden Mantelswird deshalb bestimmt durch die Interaktion von zweiProzessen: Ozeanbodenspreizung und aufsteigenderMantelplume.

Zwei Modelle für Islands Kruste konkurrieren gegen-wärtig – dünne und heiße Kruste gegen mächtigere kon-tinentartige Kruste – in Abhängigkeit von der Interpre-tation der so genannten seismischen Schicht 4, dieunterhalb der drei Schichten, die typisch für normaleozeanische Kruste sind, liegt. Es sind deshalb Schwere-daten herangezogen worden, um über eine Modellierungder Dichte- und Temperaturverteilung in der unterenKruste und des oberen Mantels zwischen den beidenwidersprüchlichen Modellen zu entscheiden.

Seismische Daten, die die Moho-Tiefe (Unterseite derseismischen Schicht 4) auflösen, sind relativ dünn ver-teilt, so dass für eine vollständige Kartierung der Moho-Tiefe in diesem Gebiet großräumige Beziehungen zwi-schen Topographie, Bathymetrie und Moho-Tiefe imVergleich zu einem ‘normalen’ vom Alter des Ozean-bodens abhängigen Bathymetrie- und Krustenmodellherangezogen werden mussten (Abb. 1.28). Mit einerVariation der Dichte- und Temperaturverteilung in derseismischen Schicht 4 und des oberen Mantels (Kom-pensation) wird über einen Abgleich mit isostatischenSchwereanomalien ein bestangepasstes Dichte- undTemperaturmodell bestimmt, das auszugsweise imQuerschnitt in Abb. 1.29 gezeigt wird.

Die mittlere Dichte in der seismischen Schicht 4 steigtmit der Mächtigkeit der Schicht an. Nimmt man einenDichtegradient innerhalb dieser Schicht an, so erreichtdie Dichte im unteren Teil typische Manteldichtewerte.Daraus folgt, dass die seismische Schicht 4 als Ergebnisder Produktion aus Mantelplume und der relativ langsa-

men Spreizungszone die mächtige Übergangszone miteiner Mischung aus Krusten- und Mantelmaterial bildet(‘Underplating’).

Mit der Annahme, dass die die Krustendichte kompen-sierenden Dichtevariationen im oberen Mantel ther-misch bedingt sind, ergibt sich die Temperaturverteilungim oberen Mantel. Die Tiefe zu der 1200°C-Isothermeist in Abb. 1.30 dargestellt und beträgt unter Island 30bis 50 km. Unter der vulkanischen Zone Nordislandssteigt die Isotherme jedoch bis auf 20 km Tiefe. DieTemperatur in der seismischen Schicht 4 dürfte zwi-schen 600 °C an der Oberseite und 950 °C in Mohotiefeliegen, was die Anwesenheit einer ausgedehnten teilwei-se aufgeschmolzenen Subschicht unwahrscheinlich wer-den lässt. Die Position des oberen Teils des Mantel-plu-mes lässt sich an der fast kreisförmigen Temperatur-

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Abb. 1.28: Tiefenvariation der Moho-Diskontinuität.Die mit schwarzen Zahlen bezeichneten Werte stammenaus aktuellen seismischen Ergebnissen.

Depth variation of Moho discontinuity. The black valuesare from actual seismic results.

Abb. 1.29: Querschnitt durch Kruste und Mantel längsdes in Abb. 1.27 gezeigten Profils. Das Dichte- und Tem-peraturmodell resultiert aus der gemeinsamen Auswer-tung von Schwereanomalien und seismischen Daten.

The crust-mantle section along the line shown in Fig.1.27. Density and temperature models are obtained froma joint inversion of seismic and gravity data.

Abb. 1.30: Tiefenvariationen der 1200 °C-Isotherme.

Depths variation of 1200 °C isotherm.

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anomalie in Nordosten Islands erkennen (Abb. 1.30),ebenso wie in der geographischen Verteilung der isosta-tischen Schwereanomalien (Oberflächenschwere minusLithosphärenmodelleffekt) in Abb. 1.31.

Die isostatischen Schwereanomalien reflektieren Störungendes isostatischen Gleichgewichts und enthalten deshalbtektonische Information. Die Karte der isostatischenSchwereanomalien (Abb. 1.31) ist zweigeteilt: westlichdes mittelatlantischen Rückens herrschen Strukturen

parallel zum Rücken vor, während sich auf der östlichenSeite halbkreisförmige Schwereanomaliestrukturen alsAusdruck von tektonischen Faltungen zentrisch um denPlume gruppieren. Dieses Bild lässt auf eine ostwärtsgerichtete Bewegung des Plumes relativ zur Platten-bewegung schließen.

Die ungewöhnlich kalten Zonen östlich und südlichIslands mit Tiefen der 1200 °C-Isotherme von bis zu 90km können durch absinkendes kühles Plumematerialerklärt werden. Das relativ langsame Transportband derPlattentektonik ist nicht in der Lage, alles Material derreichen Plumeproduktion mitzunehmen. Das nach demAufstieg im Plume sich in horizontaler Richtung bewe-gende Plumematerial (halbkreisförmigen Anomalie-strukturen) wird dann zum Teil in der Lithosphäre akku-muliert bzw. fließt in den Mantel zurück.

‘Receiver Function’-Tomographie von Zentral-Tien-Shan

Das aktiv sich hebende Tien-Shan-Gebirge ist die längsteund höchste Gebirgskette Zentralasiens. Im Gegensatzzu vielen anderen tektonisch aktiven Gebirgen befindetes sich in beträchtlichem Abstand (ca. 2.000 km) von derPlattengrenze, hier der Grenze zwischen Indien und Eura-sien. Trotz dieser Entfernung zeigen GPS-Messungen(Abb. 1.32), dass sich das Gebiet mit Raten bis zu 23 mm/Jahr staucht. Damit absorbiert der Tien-Shan fast dieHälfte der Konvergenzbewegung zwischen Indien undSibirien.

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Abb. 1.31: Isostatische Schwereanomalien (mGal).

Isostatic gravity anomalies (mGal).

Abb. 1.32: Geographie der Region mit den seismischen Stationen. Die gerade Linie markiert das in Abb 1.35 gezeigteProfil. Die Pfeile sind die aus GPS-Messungen abgeleiteten Bewegungsraten relativ zur Eurasischen Platte.

Map of the region with seismographic stations. The straight line is the profile used in Fig.1.35. Arrows are GPS vec-tors with respect to the Eurasia plate.

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Die zugrunde liegenden physikalischen Strukturen unddynamischen Prozesse sind in diesem Gebiet weitge-hend unerforscht. Um ein Bild der Untergrundstruktu-ren Zentral-Tien-Shans zu erhalten, wurden erstmalsgemeinsam P- und S-Wellen-’Receiver Functions’ von39 Breitbandstationen (Abb. 1.32) invertiert. Die sowohlaus P- und S-Wellen nach der ‘Receiver Function’-Methode gewonnene Information ist komplementär undein Fortschritt gegenüber bisherigen Arbeiten. Die 1D-Geschwindigkeitsmodelle aus den Daten der 39 indivi-duellen Stationen wurden zu einem 3D-Modell seismi-scher Geschwindigkeiten für Zentral-Tien-Shan kombi-niert. Die Ergebnisse werden wie folgt interpretiert:

Unterhalb des Orogens variiert die Krustendicke zwi-schen 45 und 70 km (Abb. 1.33). Die geringstenMächtigkeiten werden in der Nähe der Talas-Fergana-Störung, dem Kazakh-Schild im Norden und demTarim-Becken im Süden gefunden und stammen wahr-scheinlich aus der präorogenen Zeit. Werte größer als 60km treten unter den Rücken im Süden und Nord-westender Region auf, wo auch eine verdickte basaltischeSchicht vorhanden ist. Das und die fehlende Korrelationmit der Topographie lassen den Schluss zu, dass nichtnur Stauchungen sondern auch magmatischeAnlagerungen von unten und vertikale Blockdefor-mationen einen signifikante Rolle bei der tektonischenEntwicklung des Zentral-Tien-Shan spielen. Unterhalbder Kruste befindet sich überall eine ca. 40 km dickeSchicht hoher seismischer Geschwindigkeit (Mantel-lithosphäre) gefolgt von einer Schicht niedriger seismi-scher Geschwindigkeit (Astenosphäre).

Der größte und am zuverlässigsten bestimmte Ge-schwindigkeitskontrast (4,3 gegen 4,7 km/s) im Mantel-geschwindigkeitsmodell befindet sich in einer Tiefezwischen 110 und 130 km im oberen Mantel (Abb.1.34). Die Region geringerer Geschwindigkeiten zwi-schen der Talas-Fergana-Störung und dem Issyk-Kul-See deutet auf eine mächtigere Astenosphäre und ver-dünnte Lithosphäre hin und ist eventuell das Ergebniseines kleinen Mantelplumes, der auch für den Korridorniedrigerer Geschwindigkeiten, der sich in RichtungSüdost fortsetzt, verantwortlich sein kann.

Die Hauptcharakteristika des abgeleiteten Krusten- undMantelmodells werden in Abb. 1.35 anhand eines 200km dicken vertikalen Schnitts vom Kazakh-Schild imNorden bis zu dem Tarim-Becken im Süden illustriert.Dieser Abschnitt ist wichtig für das Verständnis derMechanismen, die den aus GPS-Messungen nachgewie-senen Plattenkonvergenzprozess kontrollieren. Abb 1.35zeigt die Zunge hoher seismischer Geschwindigkeit imoberen Mantel, die wahrscheinlich als Ergebnis derPlattenkonvergenz bis weit in den Norden unter dasTien-Shan-Gebirge vordringt.

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Abb.1.33: Krustenmächtigkeit (km, schwarze Isolinien)und Topographie (km, weiße Isolinien).

Thickness of the crust (km, black contour lines) andtopography (km, white contour lines).

Abb. 1.34: Gemittelte S-Wellen-Geschwindigkeiten imoberen Mantel zwischen 110 km und 130 km Tiefe(schwarze Isolinien) und Topographie (km, weißeIsolinien).

Averaged S-wave velocity in the upper mantle between110 km to 130 km depths, smoothed topography isshown by white contour lines (km).

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Erdbebenhäufigkeit und lithosphärisches Spannungs-feld aufgrund von Dichteinhomogenitäten am Beispielder Baikal-Region

Das Spannungsfeld innerhalb der Lithosphäre setzt sichaus der großräumigen plattentekonischen Komponenteund der lokalen Spannungsverteilung aufgrund derLithosphärenheterogenität zusammen. Die lokalenSpannungen können abseits der Plattengrenzen in stabi-len intrakontinentalen Gebieten dominieren. Über eineintegrative Modellierung von seismischen Messungenund Schweredaten ist das lokale Spannungsfeld für dieBaikal-Region untersucht worden.

Das zugrunde liegende physikalische Box-Modellumfasst eine Anzahl isostroper elastischer Schichten,deren Dicke der Auflösung des 3D-Dichtemodells ent-spricht (Abb. 1.36). Die Randbedingungen werden ander Oberfläche durch die topographische Auflast, an derBodenfläche durch eine viskose Asthenosphäre(Mantelfluss) und an den Seiten durch vorgegebeneSpannungszustände definiert. Durch Variation der effek-tiven Elastizitätsparameter und der Dichteverteilung, dieüber eine isostatische Modellierung von Schwereano-malien ausgehend von einem A-priori-Modell gefundenwurde, ließ sich die Spannungsverteilung, ausgedrücktdurch die sechs unabhängigen Komponenten desSpannungstensors, von der Kruste bis in den oberenMantel für die in Abb. 1.37 gezeigte Region schätzen.

Die Baikal-Region wurde als Testgebiet ausgewählt, weildie tektonischen Strukturen von Kruste und oberemMantel dort gut untersucht sind und der Abstand zuPlattenrändern groß genug ist, so dass die Lithosphären-dichteinhomogenitäten die Spannungsverteilung ursäch-lich bestimmen. Außerdem ist die hohe Seismizität in

diesem Gebiet gut geeignet für den statistischen Ver-gleich zwischen der aus der Spannungsverteilung vor-hergesagten und der beobachteten Aktivität. Abb. 1.38zeigt das Ergebnis der Spannungsmodellierung in Formder Differenz zwischen der größten und kleinstenHauptspannung (nach Hauptachsentransformation desSpannungstensors) für eine Tiefe von 12 km. Die mitweißen Kreuzen dort markierte Epizentren von Erd-beben mit Magnituden größer als 5 und Herden inTiefen oberhalb von 20 km Tiefe liegen alle in Gebietenhoher Spannungsdifferenzen.

Diese Tendenz wird in Abb. 1.39 als Ergebnis einer sta-tistischen Analyse illustriert. Zwei Grenzwerte lassensich daraus ableiten: oberhalb einer Spannungsdifferenzvon etwa 7 Mpa setzt die seismische Aktivität ein undoberhalb etwa 30 Mpa steigt die Häufigkeit großerErdbeben (Magnitude > 5) stark an.

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Abb. 1.35:Vertikalprofil des S-Wellen-Geschwindig-keitsmodells längs der in Abb.1 32 gezeigten Linie:Kruste (oben), oberer Mantel (unten).

Cross-sections of the S-wave velocity model along theline in Fig. 1.32 for the crust (top) and for the crust andmantle (bottom).

Abb. 1.36: Box-Modell mit Randbedingungen für dieModellierung der Spannungsverteilung in der Lithos-phäre in Abhängigkeit von der Dichteverteilung. An deninneren Schnittstellen sind die Scherspannung und dieDeformation kontinuierlich, während die Normalspan-nung sich entsprechend den Dichtedifferenzen an denSchnittstellen sprunghaft ändert.

Box model, which is used to estimate lithosphere stress-es induced by density inhomogeneities, and boundaryconditions. At each internal boundary the shear stressand the displacement are continuous. The normal stressis discontinuous and the difference is equal to the load(density variation) applied to the interface.

Abb. 1.37: Baikal-Region (Topographie in Meter).

Baikal region of Eurasia (topography in m).

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Ein anderer wichtiger Parameter des Spannungstensorsist die Intensität der Scherspannung die in Abb. 1.40dargestellt ist und als Indikator für das Auftreten verti-kaler Deformationen angesehen werden kann. In der Tatkorrelieren große Amplituden der Schwerspannung gutmit dem Auftreten von Bruchzonen in dieser Region.

Mantelviskosität

Postglaziale Meeresspiegeländerung

Die Bestimmung des relativen Meeresspiegels währendder vergangenen 10.000 Jahre stellt ein wichtigesHilfsmittel dar, um die viskoelastische Antwort der Erdeauf die letzte pleistozäne Vereisung der nördlichenHemisphäre zu modellieren und somit Aussagen zurMantelviskosität machen zu können. Zur Rekonstruktiondienen nahe der ehemaligen Küstenlinie sedimentiertefossile Fundstücke (Abb. 1.41a). Nach Höhen- undAltersbestimmung bilden sie Meeresspiegel-Indikatoren(sea level indicators bzw. SLIs). Gewöhnlich werdenbenachbarte SLIs kombiniert und die regionale Ände-rung des Relativ-Meeresspiegels (relative sea level bzw.RSL) in Diagrammen dargestellt (Abb. 1.41b), die dannzur Inversion der postglazialen Deformation der Erdehinsichtlich der Mantelviskosität verwendet werdenkönnen.

Zur Archivierung der SLIs wurde eine vor mehrerenJahren begonnene Sammlung systematisch katalogisiertund in eine relationale Datenbank eingespeist. DurchWahl der Open-Source-Datenbank ‘postgres’ ist es ins-besondere möglich, Anfragen an die Datenbank inShell-Skripte einzubinden, wodur in den in Fennoskan-dien beobachteten ch die Bearbeitung weitgehend auto-matisiert werden konnte. Der Schwerpunkt derDatenanalyse liegt derzeit auf Fennoskandien, für dasaus der geologischen Literatur ca. 750 SLIs extrahiertworden sind (Abb. 1.42a). Darüber hinaus wurden in dieDatenbank Indikatoren von der Barentssee (ca. 400SLIs) sowie die Sammlungen von A. Dyke (GeologicalSurvey of Canada) für Nordamerika (ca. 9030 SLIs),von I. Shennan (University of Durham) für Britannien(ca. 1050 SLIs) und von K. Fleming (vormals AustralianNational University) für die Äquatorialregion (ca. 405SLIs) integriert (Abb. 1.42b).

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Abb. 1.39: Relative Häufigkeit von Erdbeben (Magni-tude M > 3 und > 5) mit Herden bis in 20 km Tiefe alsFunktion der geschätzten Hauptspannungsdifferenzenin der oberen Kruste (s. Abb. 1.38).

Relative frequency of earthquakes (magnitude M > 3, and> 5) at depths above 20 km as a function of the estimatedmain stress differences in the upper crust (cf. Fig. 1.38).

Abb. 1.38: Differenz der Hauptspannungen (nachHauptachsentransformation des Spannungstensors) in12 km Tiefe. Die weißen Kreuze markieren dieEpizentren von Erdbeben im oberen Mantel oberhalb 20km Tiefe mit Magnituden M > 5.

Difference of maximum and minimum principal stresses(obtained after conversion of the calculated stress ten-sor to a diagonal form) at 12 km depth. The white cross-es mark the positions of earthquakes with magnitudes M> 5 and foci at less than 20 km depth.

Abb. 1.40: Scherspannungsintensität .

Shear stress intensity .

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Lithosphärenwurzel unter Fennoskandien.

Anhand von SLIs für Finnland lässt sich ein Relaxa-tionszeiten-Spektrum bestimmen, das die glazial-isosta-tische Antwort des Erdmantels unter Fennoskandien inkomprimierter Form enthält. Bei der Inversion desSpektrums hinsichtlich der Mantelviskosität wurde eineaxialsymmetrische Konfiguration vorausgesetzt, wobeiim zentralen Bereich die Viskositätsverteilung durch eine Lithosphärenwurzel charakterisiert ist (Abb. 1.43).Unter Verwendung der auf der spektralen Finite-Elemente-Methode beruhenden, neuentwickelten Soft-ware konnte gezeigt werden, dass ein lateral homogenesViskositätsmodell mit einer Lithosphäre von 100 kmDicke jedoch ohne Asthenosphäre die Beobachtungs-daten ähnlich gut erfüllt wie ein lateral heterogenesViskositätsmodell mit einer im zentralen Bereich ver-dickten Lithosphärenwurzel von 200 km Dicke, umge-ben von einer Asthenosphäre (Abb. 1.44). Während daslateral homogene Modell mit früheren Interpretationenglazial-isostatischer Ausgleichsbewegungen in Fennos-kandien übereinstimmt, ist das lateral heterogeneModell auch mit den Ergebnissen seismischer, geomag-netischer oder thermischer Untersuchungen konsistent.

Abb. 1.42: (a) Verteilung der Meeresspiegel-Indikatoren (SLIs) in Fennoskandien und Position der zugehörigenRelativ-Meeresspiegel-Diagramme (RSL-Diagramme). (b) Verteilung der RSL-Kurven auf der Nordhalbkugel.

(a) Distribution of sea-level indicators (SLIs) in Fennoscandia and position of the associated relative sea-level dia-grams (RSL diagrams) (b) distribution of RSL diagrams on the northern hemisphere

Abb. 1.41: (a) Fossile Fundstücke nahe einer ehemali-gen Küstenlinie. (b) Nach Höhen- und Altersbestim-mung bilden sie Meeresspiegel-Indikatoren (SLIs) undkönnen regional in Relativ-Meeresspiegel-Diagrammen(RSL-Diagrammen) kombiniert werden.

(a) Fossil samples near a former coastline. (b) Afterdetermination of height and age they consitute sea-levelindicators (SLIs) and can be regionally combined in rel-ative sea-level diagrams (RSL diagrams).

a b

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Gegenwärtige Meeresspiegeländerung

Fennoskandien

In Kombination mit einem globalen Modell der pleisto-zänen Eisbedeckung kann das fennoskandischeViskositätsprofil dazu verwendet werden, den glazial-isostatisch induzierten Anteil der gegenwärtigenMeeresspiegeländerungen vorherzusagen, die inFennoskandien beobachtet werden. Dazu wurden fürausgewählte Pegelstationen lineare Trends bestimmt undmit den berechneten Änderungsraten verglichen (Abb.1.45a). Erwartungsgemäß ist die in Fennoskandien beob-

achtete Meeresspiegelabsenkung von bis zu 10 mm/ a fastvollständig auf die glazial-isostatische Landhebungzurückzuführen. Durch Differenzbildung ergibt sich derabsolute Meeresspiegelanstieg. Die Vorhersagen vari-ieren von Station zu Station, wobei der Mittelwert derabsoluten Änderungsrate ca. 0,6 mm/a beträgt. Dies istetwas geringer als der globale Durchschnittswert von ca.1,8 mm/a.

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Abb. 1.45: (a) Beobachteter gegen-wärtiger Meeresspiegelanstieg (grüneSäulen) und vorhergesagter glazial-isostatisch induzierter Beitrag (Kon-turlinien). (b) Vorhergesagter abso-luter Anteil (gelbe Säulen) und vor-hergesagter glazial-isostatisch indu-zierter Beitrag (Konturlinien).

(a) Observed present-day sea-levelrise (green columns) and predictedglacial-isostatically induced contribu-tion (contour lines). (b) Predictedabsolute contribution (yellow co-lumns) and predicted glacial-isostati-cally induced contribution (contourlines).

Abb. 1.43: Axialsymmetrische Konfiguration des fen-noskandischen Eismodells mit parabolischem Quer-schnitt und des Viskositätsmodells mit Lithosphären-wurzel.

Axisymmetric configuration of the Fennoscandian icemodel with parabolic cross section and of the viscositymodel with lithospheric root.

Abb. 1.44: Bestangepasste fennoskandische Viskositäts-profile für das lateral homogene Modell (unterbrocheneLinie) und das lateral heterogene Modell (ausgezogeneLinie).

Best fitting Fennoscandian viscosity profiles for the lat-erally homogeneous model (dashed line) and the later-ally heterogeneous model (solid line).

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Grönland

Als weiteres Beispiel für glazial-isostatischinduzierte Meeresspiegelschwankungen wurdeunter Verwendung eines Standard-Viskosität-modells die gegenwärtige Änderungsrate fürden grönländischen Raum vorhergesagt (Abb.1.46). Dabei können vier Komponenten unter-schieden werden. Der erste Beitrag resultiertaus dem glazial-isostatischen Ausgleich (GIA)als Folge des Abschmelzens der pleistozänenEisschilde außerhalb Grönlands nach dem gla-zialen Maximum vor 21.000 Jahren. Der inKombination mit einem globalen Eismodellvorhergesagte Meeresspiegelanstieg von meh-reren Millimetern pro Jahr (Abb. 1.46a) wirddominiert durch den kanadische Eisschild underklärt sich aus dem noch andauerndenZusammenfallen der peripheren Randaufwöl-bung, die auch Grönland überdeckt. DiesesSignal wird überlagert von dem Beitrag durchdie pleistozänen Änderungen des grönländi-schen Eisschildes, der sich seit dem glazialenMaximum bis vor 7.500 Jahren erheblichzurückgezogen hat. (Abb. 1.46b). Dabei ent-sprechen Gebiete mit fallendem Meeresspie-gel denen, wo der grönländische Eisschildwährend des Pleistozäns besonders weit vorge-stoßen war. Der dritte Beitrag resultiert aus der

holozänen Neuvereisung im SüdwestenGrönlands. Dort erfolgte nach einem Mini-mum vor 4.000 Jahren ein erneuter Vorstoßder Gletscher, was für dieses Gebiet bei denvorhergesagten Meeresspiegeländerungenzu einer Modifikation des Musters odersogar zu einem Vorzeichenwechsel führt(Abb. 1.46c). Eine weitere Komponente er-gibt sich aus der säkularen grönländischen150

Abb. 1.46: Vorhersagen des glazial-isosta-tisch induzierten gegenwärtigen Meeres-spiegelanstiegs für Grönland. (a) Beitragder pleistozänen Vereisung ausschließlichGrönlands, (b) Beitrag der pleistozänenVer-eisung einschließlich Grönlands, (c)Beitrag der totalen pleistozänen Vereisungund der Neuvereisung Grönlands und (d)Beitrag der säkularen Eismassenände-rungen in Grönland.

Predictions of the glacial-isostaticallyinduced present-day sea level rise forGreenland. (a) contribution from thePleistocene glaciation excluding Green-land, (b) contribution from the Pleisto-cene glaciation including Greenland, (c)contribution from the total Pleistoceneglaciation and the neoglaciation ofGreenland and (d) contribution from thesecular ice-mass changes in Greenland.

Abb. 1.47: (a) Vorhersage des totalen glazial-isostatischinduzierten gegenwärtigen Meeresspiegelanstiegs für Südwest-Grönland (nummerierte Kreise repräsentieren Pegelstationen). (b)Vergleich der Vorhersagen mit den aus den Pegeldaten berechnetenlinearen Trends (Nummern repräsentieren Pegelstationen).Pegelstationen ohne Trendwerte haben unzureichende Datenbasis.

(a) Prediction of the total glacial-isostatically induced present-daysea-level rise for Southwest Greenland (numbered circles representtide-gauge stations). (b) Comparison of the predictions with thelinear trends calculated from the tide-gauge data (numbers repre-sent tide-gauge stations). Tide-gauge stations without trend valueshave insufficient data basis.

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Eismassenbilanz, die anhand von Altimetrie-Datenabgeschätzt worden ist und in Küstennähe überwiegendnegativ ist. Die dadurch hervorgerufene Geoidabsen-kung führt zu entsprechenden Meeresspiegelabsenkungen,die regional begrenzt mehrere Millimeter pro Jahr betra-gen können (Abb. 1.46d).

Die vorhergesagte totale Meeresspiegeländerung wurdefür den Südwesten Grönlands mit Pegeldaten verglichen(Abb. 1.47). In diesem Gebiet befinden sich acht Sta-tionen, von denen jedoch nur die Station Nr. 4 (Nuuk,Abb. 1.47a) eine mehr als 10 Jahre umfassende Zeit-reihe aufweisen kann. Die übrigen Registrierungen er-strecken sich meist auf weniger als 5 Jahre oder weisenDatenlücken auf. Bei der Bestimmung der linearen Trendsaus den Pegeldaten wurde ein absoluter Meeresspiegel-anstieg von 1,8 mm/a zugrundegelegt, was einen globa-len Richtwert darstellt. Für die meisten Stationen stim-men die beobachteten und vorhergesagten Änderungsra-

ten noch nicht optimal überein (Abb. 1.47b). Dies kannzum einen als Hinweis auf die unzureichendeDatenbasis gewertet werden, zum anderen ist das ver-wendete grönländische Eismodell vermutlich noch zuvereinfacht.

Geoidänderung

Der antarktische Eisschild überdeckt eine Fläche von ca.14 Millionen km2 und hat mit ca. 28 Millionen Gt (ca. 61m äquivalenter Meeresspiegel) fast die zehnfache Massedes grönländischen Eisschildes. Der jährliche Schnee-fall über dem antarktischen Kontinent beträgt ca. 1800Gt, was einer jährlichen Meeresspiegelschwankung vonca. 5 mm entspricht. Damit kann ein mehrjähriges leich-tes Ungleichgewicht zwischen Akkumulation undAblation zum beobachteten globalen Meeresspiegelan-stieg von ca. 1,8 mm/a beitragen. Neuere Untersuchungenweisen darauf hin, dass die Antarktis jährlich ca. 30 GtEis an den Ozean verliert, hauptsächlich verursacht

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Abb. 1.48: (a) Säkulare Eisdickenänderung für die Antarktis in mm/a und ( b) hervorgerufene gegenwärtigeGeoidanhebung in mm/a. (c) Totale Eisdickenänderung seit dem glazialen Maximum in m und (d) hervorgerufenegegenwärtige Geoidanhebung in mm/a.

(a) Secular ice-thickness change for Antarctica in mm/a and (b) associated present-day geoid rise in mm/a. (c) Totalice thickness change since the glacial maximum in m and (d) associated present-day geoid rise in mm/a.

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durch das Zurückweichen kleinererGletscher (Abb. 1.48a). Damit ist siefür einen Meeresspiegelanstieg vonca. 0,1 mm/a verantwortlich. Nebender durch die säkulare Eismassen-bilanz hervorgerufenen Geoidände-rung - für die West-Antarktis wurdenlokal begrenzt Geoidabsenkungenvon maximal 4 mm/a berechnet(Abb. 1.48b) – spielt auch der nochandauernde glazial-isostatischeAusgleich als Antwort auf dasAbschmelzen der pleistozänen Eis-lasten eine Rolle. Unter Annahmeeiner plausiblen Enteisungsge-schichte (Abb. 1.48c) und einesStandard-Viskositätsmodells erga-ben sich für die West-Antarktisgroßräumig Geoidanhebungen vonmaximal 2 mm/a (Abb. 1.48d).Genauere Bestimmungen der säku-laren Eismassenbilanz sowie derglazial-isostatischen Ausgleichs-bewegungen werden von der Grace-Satellitenmission erwartet, welchedie zeitlichen Änderungen desGeoids und damit der Massenum-verteilung auf und in der Erde in fürdie Antarktis hinreichender Genau-igkeit und räumlicher Auflösungerfasst.

Inverse Bestimmung des Magnet-feldes in der Kern-Mantel-Über-gangszone

Mit Hilfe einer Methode der stren-gen Inversion globaler geomagneti-scher Daten („nicht-harmonischeFeldfort-setzung“) bei radial-abhän-giger Verteilung der elektrischenLeitfähigkeit wurden die Unter-suchungen des geomagnetischenFeldverhaltens im tiefen Erdinnerndetaillierter als bisher fortgesetzt.

Diente die Methode bisher derBerechnung der Magnetfeldkom-ponenten bis hin zur Kern-Mantel-Grenze, so ist es mit gezielten Er-weiterungen gelungen, das Feldauch in eine darunter liegende, dif-ferentiell rotierende Schicht desflüssigen Außenkerns fortzusetzen. Die dort herrschen-de extrem hohe Leitfähigkeit (2·105 S/m) machte es not-wendig, den Grenzbereich möglicher Fortsetzungstiefenin Abhängigkeit von der Periode und den geophysikali-schen Randbedingungen zu studieren. So bleibt dasVerfahren innerhalb vorgegebener Fehlergrenzen fürdekadische Variationen bis in eine maximale Eindring-tiefe von 75 km in den Kern stabil. Für kürzerperiodi-

sche Anteile ist die Tiefe erwartungsgemäß geringer.Insbesondere konnte aber auch der Einfluss des für diedifferentielle Rotation vorzugebenden Geschwindig-keitstyps auf die radiale Feldkomponente sichtbargemacht werden (Abb. 1.49).

Bedeutsam für grundlegende Modellierungen und dieAufklärung bestehender Diskrepanzen zu bisher ver-wendeten Modellansätzen ist die Möglichkeit, auf der

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Abb. 1.49: Radialkomponente des bis zu Grad und Ordnung 8 mit Hilfestrenger Inversion berechneten magnetischen Feldes in verschiedenen Tiefen(25 km, 50 km) unterhalb der Kern-Mantel-Grenze und für zwei Epochen(1930,1960): dargestellt ist der residuale Feldanteil aufgrund einer differen-tiellen Rotation.

Radial component of the magnetic field by rigorous inversion up to degreeand order 8 calculated for different depths (25 km, 50 km) beneath the core-mantle boundary and two epoches (1930, 1960): The residual field due to dif-ferential rotation is represented.

Abb. 1.50: Axialkomponente des poloidalen elektromagnetischen Dreh-moments, berechnet mit Gauss-Koeffizienten bis Grad und Ordnung 5, ver-schiedenen Methoden der Feldfortsetzung (Störungstheorie „Perturbation“,strenge Inversion „Regularization“) und unterschiedlichen Leitfähigkeitenfür eine Schicht direkt über der Kern-Mantel-Grenze (Modell 1: 200 km mit1,5·103 S/m, Modell 2: 20 km mit 1,5·104 S/m, Modell 3: 2 km mit 1,5·105 S/m)

Axial component of the poloidal electro-magnetic torque calculated withGauss coefficients up to degree and order 5, by different downward continua-tion methods (perturbation theory „Perturbation“, rigorous inversion„Regularization“) and with different conductivities for a layer directly on topof the core-mantle boundary (Model 1: 200 km with 1.5*103 S/m, Model 2: 20km with 1.5·104 S/m, Model 3: 2 km with 1.5·105 S/m)

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neuen methodischen Basis der Feldfortsetzung elektro-magnetische Kopplungsdrehmomente neu zu berech-nen, die bislang mit den Algorithmen der unschärferenStörungstheorie bereitgestellt wurden. (Abb. 1.50 zeigtdie Unterschiede zwischen beiden Methoden für dreiLeitfähigkeitsmodelle).

Als besonders wirkungsvoll erweist sich die Nutzungder strengen Inversion zur Fortsetzung von Feldän-derungen mit höherfrequenten periodischen und mitnichtperiodischen Anteilen, deren Berechnung für diebestmögliche Quellenmodellierung z.B. des geomagne-tischen „Jerks“ im tiefen Erdinnern erforderlich ist.Voraussetzung hierfür ist sowohl zeitlich als auch räum-lich hochaufgelöstes, globales Datenmaterial („Gauss-koeffizienten“). Für den Zeitraum 1980 bis 2000 konntedieses mit Hilfe eines methodischen Neuansatzes ausweltweit verteilten Daten gewonnen werden. Dabeiwurde die höhere Qualität der räumlichen Auflösungentscheidend durch Satellitendaten (MAGSAT,CHAMP/OERSTED) erreicht. Bisher nur mit Hilfe vonObservatoriumsdaten getrennt durchgeführte Untersu-chungen für den 1991-Jerk sind nun auf einer globalenDatenbasis möglich und können einer strengen Feld-inversion unterworfen werden.

Interessant ist bei diesem Phänomen insbesondere diedY/dt-Feldkomponente, die die Feldänderungen amdeutlichsten zeigt. Die zunächst nur für wenige weltweitverteilte Stationen berechnete Feldfortsetzung auf dieKern-Mantel-Grenze (Abb. 1.51) zeigt, dass dieseFeldkomponente wesentlich empfindlicher als die radia-le Feldkomponente von allen Input-Parametern abhängt.Insbesondere ergibt die Berücksichtigung eines Mantel-Leitfähigkeitsmodells Feldkomponenten, die sich an derKern-Mantel-Grenze um wenigstens eine Größenord-nung von den mit der bisher üblichen harmonischenFeldfortsetzung berechneten Komponenten unterschei-den. Für diese Magnetfeldkomponente an der Kern-Mantel-Grenze und ihre dynamischen Ursachen ergibtsich damit ein völlig neues Bild (hinsichtlich verschie-dener Parameter: Feldmodenanteile, Amplituden,Phasen), das einer vertieften Untersuchung der globalenVerteilung dieses Feldeffektes und seiner geophysikali-schen Modellierung bedarf. Für die physikalischeInterpretation ist nach bisherigen Rechnungen neu, dasssich die Zeitstruktur des Jerks beim Durchgang durchdünne Schichten des oberen Kerns wesentlich ändert,und Quellenmodelle, in denen die Zeitstruktur an derErdoberfläche unverändert auf die Kern-Mantel-Grenzeübertragen wurde, kritisch überdacht werden müssen.

Meeresspiegelüberwachung

Der Meeresspiegel und seine zeitlichen Veränderungensind, neben einer Erwärmung der Erdatmosphäre, dieam einfachsten zu erfassenden globalen Klimaindikato-ren. Seit 1973 werden Radaraltimeter zur Erfassung vonregionalen und globalen Meeresspiegelhöhen einge-setzt. Während anfangs die Untersuchung des Geoidsund der ozeanischen Variabilität auf Zeitskalen bis zu

einem Jahr im Vordergrund standen, werden heute ver-stärkt auch Meeresspiegeländerungen untersucht. Auf-grund der heute verfügbaren Datengrundlage und derauf ca. 3 cm angestiegenen Messgenauigkeit sind aufmittleren zeitlichen Skalen von 3 bis 5 Jahren Aussagenzu Meeresspiegeländerungen im Bereich von 1mm/Jahrmöglich.

Die Radaraltimetrie wird als Standardverfahren kontinu-ierlich seit 1985 (mit einer Unterbrechung von 1989 bis1991) eingesetzt. Allerdings sind die gefordertenGenauigkeiten in den letzten Jahren deutlich gestiegen,die technische Weiterentwicklung hat hier neueMöglichkeiten eröffnet. Jedoch ist weder eine Ver-knüpfung der aufeinanderfolgenden und parallelenMissionen noch die Ableitung homogener Zeitserieneinzelner Missionen auf einfache Weise möglich. EinHauptaugenmerk der Arbeiten am GFZ Potsdam richtetsich deshalb auf das Monitoring, die Harmonisierungund die Homogenisierung der Messungen aktiver undabgeschlossener Missionen. Die Verfahren reichen dabeivon der Verknüpfung der Altimetrie mit Pegelmes-sungen, über die Ableitung und Verbesserung geo-physikalischer Korrekturmodelle bis hin zur Analyse deraus unterschiedlichen Missionen abgeleiteten globalenMeeresspiegeländerungen. Die Verknüpfung dieserunterschiedlichen Verfahren führt zu einer deutlichenGenauigkeitssteigerung der aus der Altimetrie abgeleite-

153

Abb. 1.51: Feldkomponente dY/dt zwischen 1985 und1995 für die Station Niemegk. a) Observatoriumsdatenund Modelldaten, abgeleitet von Gauss-Koeffizientenbis Grad und Ordnung 5. b) Vergleich von nicht-har-monischer (streng invertierender) und harmonischerFeldfortsetzung auf die Kern-Mantel-Grenze

Field component dY/dt between 1985 and 1995 of theNiemegk observatory. a) Observatory data and modeldata derived from Gauss coefficients up to degree andorder 5. b) Non-harmonic (rigorous inversion) and har-monic downward continuation to the core-mantleboundary in comparison

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ten Parameter. Die Analyse globaler Meeresspiegelän-derungen zeigt ein sehr heterogenes Bild (Abb. 1.52).Mit einer hohen geographischen Variabilität sind (bezo-gen auf den analysieren Zeitraum 1992 bis 2002) An-stiege bis zu 2 cm/Jahr und ein Abfall bis zu 1,5 cm/Jahrmöglich.

Altimeter-SSH-Modelle

Die Altimetrie stellt wesentliche Eingangsgrößen fürOzean-Zirkulationsmodelle und für die Ableitung hoch-aufgelöster Schwerefeldmodelle zu Verfügung. Das sindinsbesondere zeitliche Variabilitäten (Abb. 1.53) und ein

Modell des mittleren Meeresspiegels (Abb. 1.54). AmGFZ Potsdam sind in den vergangenen zwei Jahren eineReihe von Arbeiten zur Homogenisierung von Alti-meterdaten durchgeführt worden. Dabei ist insbesonde-re die nachträgliche Neubestimmung der Bahnen derERS-1- und ERS-2-Missionen zu nennen, die dieseSatelliten an die Genauigkeiten anderer Missionenheranführt. Für weitere Missionen wurden zahlreicheUntersuchungen zur Bestimmung robuster geophysi-kalischer Korrekturmodelle durchgeführt. Diese sindnoch nicht abgeschlossen, als Zwischenergebnis liegtjedoch bereits ein umfangreicher Datensatz von

154

Abb. 1.52: Meeresspiegeländerungen überden Zeitraum 1992 bis 2002 aus Messungendes TOPEX/Poseidon. Deutlich sichtbarsind die großen regionalen Unterschiede,die von einem Fallen von 1,5 cm/Jahr biszu einem Anstieg von 2 cm/Jahr reichen.

Sea Level Change rates (SLR) for the peri-od 1992-2002 derived from TOPEX/Poseidon altimetry. Regional SLR usuallyranging between –1.5mm/a to + 2cm/a.

Abb. 1.53: (a) Meeresspiegelanomalien fürOktober 1997 gegen einen zeitlich gemit-telten Meeresspiegel. (b) Meeresspiegel-anomalien für März 2002 gegen einenzeitlich gemittelten Meeresspiegel. Imoberen Bild (a) ist deutlich die positiveAnomalie zu erkennen, die das Einsetzendes El Niño in 1997/1998 charakterisiert.Diese Anomalien sind in 2002 vollständigverschwunden, erkennbar sind jetzt kleine-re ozeanographische Phänomene, wie dieVariabilitäten im Bereich des Golfstromesoder des Kuroshio Stromes.

Sea Level Anomalies versus a long-termmean for (a) October 1997 and (b) March2002

Abb. 1.54: Karte des mittleren Meeres-spiegels (bezogen auf das Ellipsoid WGS84)aus Daten der Satelliten TOPEX/Poseidonund ERS-2 aus dem Zeitraum 1995 bis2000.

Mean Sea Surface Height Model derivedfrom a combination of ERS-2 and TOPEX/Poseidon altimetry for the period 1995 to2000.

a

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Meeresspiegelvariabilitäten vor, der im Rah-men der SEAL-Projekt-Kooperation an dasAlfred-Wegener-Institut in Bremerhaven zurAssimilation in ein globales Ozeanmodellabgegeben wurde.

Davon unabhängig wurde ein mittleres Meeres-spiegelhöhenmodell aus den Daten des ERS-2und TOPEX/Poseidon für die Verknüpfung mitSchwerefelddaten berechnet. Im Vergleich zuanderen veröffentlichten Modellen treten nursehr kleine mittlere Differenzen und kleinemittlere Fehler auf. Das Genauigkeitspotentialder Bestimmung des statischen und variablen Schwere- feldes aus CHAMP- und GRACE-Daten und deren

Kombination mit der Altimetrie erfordert einen, injedem Teilaspekt harmonisierten Eingangsdatensatz ein-schließlich der Modellfehler. Der Vorteil des am GFZPotsdam berechneten Modells liegt in der Nachvoll-ziehbarkeit der Modellie-rung und der Möglichkeit, dieModelle möglichst nahe am Messzeitraum von CHAMPund GRACE zu bestimmen. Dadurch wird die Mög-lichkeit eröffnet, zukünftig hochaufgelöste zeitlichvariable Schwerefelder zu berechnen.

155

Abb. 1.55: In der Nordsee verankerte Bojezur Kalibration und Monitoring aktiverAltimetersatellitenmissionen (Foto: T.Schöne,GFZ)

GPS-equipped buoy for the calibrationand monitoring of radar altimetry mis-sions

Abb. 1.56: Lage der GPS-Boje (1) und der Drucksen-soren (2,3,4) in der Nordsee. An der Position (1) schnei-den sich die Bahnspuren aller aktiven Altimetermissionen.Derartige Kreuzungspunkte sind relativ selten.

Location of the GPS buoy west off the island of Sylt (1)and additional tide gauges (2,3,4). At this almost uniqueposition all active altimetry missions are intersecting.

Abb. 1.57: Zeitreihe der instantanen Meeresoberfläche, wie siedurch die GPS-Boje am 27.05.2002 gemessen wurde. Die untereAbbildung zeigt einen 80-Sekunden-Ausschnitt der Zeitreihe, deut-lich sichtbar sind die einzelnen Wellen. Die Satellitenüberflüge vonTOPEX/Poseidon (TOPX) und JASON-1 (JAS1) erfolgten mit einerMinute Abstand.

Time series of the instantaneous sea surface of 27.05.2002 asmeasured by the GPS buoy. The lower pictures is a zoom of 80 sec-onds clearly showing the individual waves. Two missions passedthis location JASON-1 (JAS1) followed by TOPEX (TOPX) oneminute later.

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Kalibration mit GPS-Bojen

Zur Kalibration von Radaraltimetern wurde am GFZPotsdam eine Hochseeboje entwickelt, die mit GPS undverschiedenen Umweltsensoren ausgerüstet ist (Abb.1.55).

Die Boje wurde 2002 in der Nordsee, ca. 40 km westlichvon Sylt verankert. An dieser Stelle befindet sich einKreuzungspunkt von Bodenspuren aller derzeit im Allbefindlichen Altimetersatelliten (Abb. 1.56). Durch zeit-gleich gewonnene Messungen von Boje und Altimeter-satelliten können absolute Fehler und Driften derSatellitendaten über einen längeren Zeitraum bestimmtwerden.

Über das auf der Boje befindliche GPS wird die Höheder instantanen Meeresoberfläche in dem gleichen abso-luten terrestrischen Referenzsystem bestimmt, in demauch die Messungen der Altimetersatelliten erfolgen.Eine zeitgleich mit der Boje messende GPS-Referenzstation wurde in ca. 45 km Entfernung in Listauf Sylt eingerichtet. Dadurch ist ein annahmefreierVergleich beider Messgrößen möglich. Die 10-Hz-GPS-Messungen werden über Bojenneigung undEintauchtiefe auf die Wasseroberfläche reduziert. Dieauf diese Weise errechneten Daten repräsentieren denVerlauf der Wellen (Abb. 1.57, grüne Linie), aus demdurch geeignete Filterung die instantane Meeresspiegel-höhe und die signifikante Wellenhöhe abgeleitet werdenkönnen. Weiterhin wurden für die Auswertung wichtigemeteorologische Datenreihen gesammelt (Windge-schwindigkeit, Luftdruck, Luft- und Wassertemperatur,Salzgehalt etc.).

Auf dem Meeresboden unter der GPS-Boje und an dreiweiteren Stellen in der näheren Umgebung wurdenDruckpegel verankert, die zusätzliche Informationenüber die Meeresspiegeloberfläche liefern. Diese relati-ven Pegelmessungen ermöglichen eine Höhenkorrekturfür Satellitenüberflüge, die nicht exakt über derBojenposition erfolgen.

Von der Boje wurden im Zeitraum von Mai bis August2002 GPS-Vergleichsmessungen für insgesamt 28 Über-flüge aufgezeichnet. Zwei Druckpegel wurden imFrühjahr 2003 geborgen, die daraus gewonnenenlückenlosen Zeitreihen umspannen etwa 100Altimeterüberflüge für TOPEX/Poseidon, JASON-1,GFO-1, ERS-2 und ENVISAT. Die Differenzen derVergleichsmessungen Boje versus Altimetrie liegen der-zeit etwa im Rahmen der Genauigkeit der Altimetrie.Um zuverlässigere Aussagen bzgl. Kalibrierung undDriftkorrektion treffen zu können, müssen längereDatenreihen gesammelt werden. Eine Genauig-keitssteigerung der Pegelmessungen ist mit der Aus-wertung von zwei weiteren Druckpegeln zu erwarten,die in nächster Zeit geborgen werden sollen.

TIGA und Pegel

Fernerkundungsverfahren spielen bei der Umwelt-beobachtung, insbesondere zu den globalen Meeres-

spiegeländerungen, eine überragende Rolle. In den letz-ten Jahren hat sich allerdings gezeigt, dass auch die klas-sischen Verfahren mit Pegeln nicht an Bedeutung verlo-ren haben. Stand im letzten Jahrhundert die Bestim-mung von relativen Wasserstandsänderungen, z.B. anHafeneinfahrten oder Fahrwasserrinnen, im Mittel-punkt, werden Pegeldaten jetzt wieder verstärkt fürUntersuchungen klimabedingter Umweltveränderungengenutzt. Eine Voraussetzung dazu ist die Herstellung desHöhenbezuges der relativen Pegelmessungen zu einemglobalen terrestrischen Referenzsystem. Dazu eignetsich, neben dem klassischen Nivellement, besonders diekontinuierliche Höhenüberwachung mit GPS. Die Vor-teile von GPS sind eindeutig; es lassen sich kostengün-stig nicht nur langfristige Höhenänderungen bestimmen,sondern auch kurzskalige zeitliche Änderungen, wie siedurch wechselnde Auflastdeformationen hervorgerufenwerden.

Aus GPS abgeleitete Koordinaten werden heute in hoherQualität und Kontinuität vom Internationalen GPSService (IGS), zu dem auch das GeoForschungsZentrumumfangreich beiträgt, zur Verfügung gestellt. Wöchent-liche Lösungen mit bis zu 280 weltweit verteiltenStationen werden mit nur geringer zeitlicher Verzöge-rung aus den Teillösungen von Analysezentren kombi-niert. Untersuchungen am GFZ Potsdam und anderenForschungseinrichtungen haben aber gezeigt, dass dieseProdukte nur eingeschränkt für die Kombination mitPegelmessungen nutzbar sind. Das hat mehrereUrsachen: zum einen sind die aus GPS abgeleitetenHöhen etwa eine Größenordnung ungenauer als diehorizontalen Komponenten, zum zweiten tragen nichtalle GPS-Stationen an Gezeitenpegeln zur IGS-Lösungbei und drittens sind die abgeleiteten Zeitserien durchdie wissenschaftliche Weiterentwicklung inhomogengeworden.

Das GeoForschungsZentrum hatte im Rahmen des 2003abgeschlossenen Helmholtz-StrategiefondprojektesSEAL dem IGS die Einrichtung eines Pilotprojektes„Tide Gauge Benchmark Monitoring Pilot Project(TIGA)“ vorgeschlagen, das sich dieser Thematik wid-met. Dieses Pilotprojekt wurde 2001 implementiert undhat sich seit dieser Zeit außerordentlich erfolgreich ent-wickelt. Aktuell tragen über 40 Stationen, die GPS,Pegeldaten und die notwendigen Verbindungs-messungen zur Verfügung stellen, zu diesem Pilot-projekt (http://op.gfz-potsdam.de/tiga/) bei. DasHauptziel des Projektes ist die Prozessierung undNeuprozessierung von GPS-Daten an Pegelstationen,allerdings mit einer hohen zeitlichen Verzögerung. Dasstellt sicher, dass eine möglichst große Anzahl vonStationen ausgewertet werden kann und, im Rahmen derNeuprozessierung, auch Inhomogenitäten in denZeitserien vermieden werden. Insgesamt tragen zu demPilotprojekt sechs Analysezentren bei. Erste Vergleichezeigen die hohe Homogenität der Lösungen und lassendie verbesserte Bestimmung der Höhe einschließlichihrer zeitlichen Änderungen erwarten. Abbildung 1.58zeigt die Restklaffungen der Lösungen des GFZPotsdam und der Universität La Rochelle (Frankreich)

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gegen die finale IGS-Lösung und gegeneinander nacheiner affinen Transformation. Die Restklaffungen sind einMaß für die Genauigkeiten und Konsistenz der Lösungen.

Das Pilotprojekt endete im Dezember 2003, wird abervoraussichtlich wegen seiner hohen Relevanz weiterfortgeführt. Zukünftige Aufgaben sind die Analyse derLösungen der einzelnen Analysezentren sowie dieUntersuchung und Ableitung stationsspezifischer Bewe-gungen. Daraus resultierend wird ein hochgenauer

Datensatz vertikaler Bewegungen der GPS/Pegelstationenzur Verfügung stehen, dessen Bedeutung weit über dieAltimetrie hinausreicht.

Fernerkundung der Erde

Die Arbeiten in der Sektion Fernerkundung konzentrier-ten sich im Berichtszeitraum auf Themengebiete ausdem Bereich Umwelt, Geologie und Naturgefahren.Aufgrund der speziellen Anforderungen wurden neue

157

Abb. 1.58: (a) Vergleich der GFZ-Lösungfür TIGA gegen die IGS-Kombinati-onslösung. Ab GPS-Woche 1170 wurdedie TIGA-Lösung mit in die Auswertungdes IGS-Analysezentrums am GFZ Pots-dam einbezogen. Der Vergleich gibt nurein eingeschränktes Bild der Genauig-keiten, da das GFZ zu der finalen IGS-Lösung beiträgt. (b) Vergleich der TIGA-Lösung der Universität La Rochelle(Frankreich) gegen die IGS-Kombina-tionslösung. Die Lösung stimmt für dieHöhenkomponente auf ca. 7 mm mit derIGS-Lösung überein. (c) Vergleich derTIGA-Lösungen des GFZ Potsdam undder Universität La Rochelle. Die mittlerenRestklaffungen von ca. 7 mm zeigen dieKonsistenz der Lösungen.

(a) Comparison of the GFZ-TIGA solu-tion versus the IGS final solution. SinceGPS week 1170 the TIGA solution clusterand the IGS-AC cluster are combined. Thepicture, however, is positively biasedtowards the IGS solution, since GFZ con-tributes already to this combined solution.(b) Comparison of the University LaRochelle (ULR, France) solution versusthe IGS final solution. The residual biasfor the vertical component is about 7mm.(c) Intercomparison of the GFZ and ULRTIGA solutions. The residual bias for thevertical component of 7mm indicates thehomogeneity of the individual solutions.

a

b

c

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fernerkundliche Methoden zur Identifizie-rung und Quantifizierung von Objekten undOberflächenmaterialien sowie deren Stellungin räumlich zeitlichen Prozessabläufen ent-wickelt. Dazu wurden Bilddaten verschie-dener Sensoren vom sichtbaren Wellen-längenbereich bis hin zu den Mikrowellenanalysiert.

Umwelt

Im Bereich Umwelt wurden Untersuchungenim Bereich Landwirtschaft, Stadtökologieund –klima durchgeführt. Einen besonde-ren Schwerpunkt bildeten im Berichtszeit-raum Untersuchungen zur Wasserqualitätund damit verknüpften Fragestellungen.

Mit der EU-Wasserrahmenrichtlinie wurdenim Jahr 2000 grundlegende Festlegungen fürdie Bewirtschaftung der Fließ- und Stand-gewässer der Europäischen Union verab-schiedet, auf deren Basis in Zukunft Frageneines ausreichenden Wasserangebots undder Wasserqualität geregelt werden sollen.So hat auch das Land Brandenburg mit sei-ner großen Anzahl an Seen und Flüssen wieder Havel die Aufgabe zu klären, wie durcheine schonende Nutzung diesen Forderungennachgekommen werden kann. Nach einervorgeschalteten Bestandsaufnahme müssenMaßnahmen für die Landnutzung im ge-samten Einzugsgebiet ergriffen werden, dieeine Erhaltung bzw. eine Verbesserung desökologischen Zustands der Gewässer bewir-ken.

In einem vom BMBF geförderten Projekt mit dem Titel„Bewirtschaftungsmöglichkeiten im Einzugsgebiet derHavel“ beschäftigen sich deshalb verschiedene Wissen-schaftsinstitutionen und Landesbehörden, unter ihnendas GeoForschungsZentrum, die Universität Potsdam,das PIK Potsdam, das Landesamt für Verbraucherschutzund das Landesumweltamt, mit der Analyse des Sys-tems „Havel“. Dazu wird zunächst eine Gesamtbilanzder Wasser- und Nährstoffdurchsätze im Einzugsgebietdes Flusses durch die Analyse der Flächennutzung mitallen Ein- und Austrägen, der Bodenbedingungen,Niederschläge und Grundwasserreserven erstellt. Daeine solche nicht gemessen oder aus statistischenErhebungen errechnet werden kann, kommen hierModelle zum Einsatz, die die Wirklichkeit möglichstgenau nachzeichnen.

In diesem Kontext hat das GeoForschungsZentrum dieAufgabe übernommen, mit Hilfe von Satellitenaufnah-men die Landnutzung im Haveleinzugsgebiet genau zuerfassen und zu analysieren. Satellitendaten der letzten15 Jahre ermöglichen die Aufzeichnung von Flächen-nutzungsveränderungen seit dem Ende der 80er Jahre,die Ausweitung von Siedlungs-, Verkehrs- und Gewer-beflächen, die Beseitigung von Obstbauflächen, dieStilllegung von Ackerflächen und die Veränderung in

der Anbaustruktur und Flächengröße in der Landwirt-schaft. Von besonderem Interesse ist dabei das jährlichwechselnde Muster der Anbaukulturen auf denLandwirtschaftsflächen, mit dem ein räumlich und zeit-lich variierender Nährstoffeintrag einhergeht, der wie-derum Eingang in die Modellierung finden muss. Überden Zusammenhang zwischen dem phänologischenJahresgang einzelner Kulturen und den zugehörigenReflexionseigenschaften wird für die Ackerflächen imEinzugsgebiet die Verteilung der Anbaufrüchte in denbetrachteten Jahren abgeleitet.

Das Katastrophenhochwasser der Elbe im August 2002hatte auch Einfluss auf das Einzugsgebiet der Havel,einem wichtigen Nebenfluss der Elbe. Bereits im 20.Jahrhundert war für diesen Zweck ein System ausWehren und Poldern errichtet worden, das im letztenSommer erstmals zum Einsatz kam. Insofern besteht dieNotwendigkeit, im Nachgang die Effizienz derPolderöffnung hinsichtlich der Scheitelverringerung desHochwassers und der Vermeidung von Schäden zu prü-fen. Dazu wurde während der Flutungszeit ein Fundusan Satelliten- und Luftaufnahmen geschaffen, der dieFlächeninanspruchnahme durch die Polderöffnungdokumentiert. Das Projekt „Bewirtschaftungsmöglich-keiten im Einzugsgebiet der Havel“ wurde um einen

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Abb. 1.59: Der von Poldern umgebene Ort Vehlgast im Luft- undSatellitenbild (Landsat) vor (oben), während (Mitte) und nach (unten)der Flutung der Havelpolder (Fotos: S. Itzerott, GFZ)

Vehlgast, surrounded by Polders, seen in satellite and airbornedata(Landsat) before (top), during (middle) and after (bottom) theflooding of the Havel-Polder

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Schwerpunkt erweitert, der mit „Möglichkeiten zurMinderung des Hochwasserrisikos durch Nutzung vonFlutpoldern“ überschrieben ist. Zu den Schwerpunktendes neuen Teilprojektes gehören die Recherche undAufbereitung von Daten zum Ablauf des Elbe-hochwas-sers im August 2002 an der Unteren Havel, dieNeuberechnung von Speicherinhaltslinien der Polderauf Basis aktueller Höhendaten und die Modellierungder Flächenbetroffenheit für unterschiedliche Hoch-wasser-Szenarien und Flutungsoptionen. Im Auftrag desLandes werden die Schäden in den Bereichen Land-wirtschaft, Infrastruktur und Naturschutz für zukünftigeHochwasserfälle der betrachteten Flutungsszenarien er-mittelt. Daraus wird eine mögliche Schadensreduzie-rung für die Elbe-Unterlieger durch die Nutzung derHavelpolder abgeschätzt und ein Vergleich der Schädenin den Poldern mit den vermiedenen Schäden für dieUnterlieger angestellt. Zu klären ist auch, welche bauli-chen und nutzungsrechtlichen Veränderungen im Pol-dersystem vorgenommen werden müssen, um im erneu-ten Fall die finanziellen Schäden weiter zu reduzieren.

Ziel eines weiteren Projektes ist die Bestimmung limno-logisch und ökologisch relevanter Parameter aus Ge-wässern des Norddeutschen Tieflandes. Es handelt sichhierbei um die von der EU-Wasserrahmenrichtlinie 2000geforderten physiko-chemischen Parameter Sichttiefe,Chlorophyll-Konzentration, Gehalt an gelösten organi-schen Kohlenstoffen (DOC) sowie die biologischenParameter Algenbiomasse und Algenzusammensetzung.Die Gewässer werden dabei nicht isoliert, sondern syn-optisch mit ihrem gesamten Einzugsgebiet betrachtet. Indiesem Zusammenhang ermöglicht die Satellitenfern-

erkundung eine großräumige Erfassung wasserhaus-haltswirksamer Oberflächenparameter über einen länge-ren Zeitraum. Dabei gilt es, das Potenzial verschiedenerhyperspektraler und multispektraler Fernerkundungs-sensoren zu untersuchen und zu vergleichen. Aufbauendauf den am GFZ entwickelten Modellen für Binnen-gewässer zur Bestimmung von Sichttiefe, DOC, Chloro-phyll und Phycocyanin (Indikator-Pigment toxinhaltigerBlaualgen) werden diese nun erweitert und auf zusätzli-che Sensoren angewendet. Für oligotrophe Gewässermit geringen Chlorophyllkonzentrationen, die mit denherkömmlichen Binnengewässeralgorithmen nichterfasst werden können, sind neue Algorithmen in derEntwicklung.

Als Principal Investigator des ESA CHRIS-PROBA-Satellitenprojektes stehen der Fernerkundungsgruppedes GFZ Potsdam hyperspektrale Satellitenaufnahmenvon Inlandgewässern im Zeitraum von 2002 bis 2003zur Verfügung. In Zusammenarbeit mit dem Umwelt-bundesamt (UBA) und dem Institut für angewandteGewässerökologie Brandenburg (IaGB) erfolgten zeit-gleich zu den Satellitenüberflügen zahlreiche Gelände-kampagnen auf der Müritz und der „BrandenburgischenKleinseenplatte“. Dabei konnte, neben den Fernerkun-dungsdaten, eine umfangreiche Datenbasis aus in-situ-Wasseranalysen und spektrometrischen Referenz-messungen (ASD- und GER-Geländespektrometer) auf-gebaut werden, die für eine Gesamtanalysen erforderlichsind.

Abb. 1.60 zeigt exemplarisch ASD-Reflexionsspektrenvon vier Seen der „Brandenburgischen Kleinseenplatte“mit unterschiedlichen Trophiestadien. Der hypertrophe

Braminsee (blauer Graph) hat die höch-sten Konzentrationen an Algenbio-masse. Dagegen weist der oligotropheZootzensee (grüner Graph) entspre-chend sehr geringe Konzentrationen anWasserinhaltsstoffen auf.

Im Rahmen des EU-Projektes CONTI-NENT ‚High Resolution CONTINENTalPalaeoclimate Record from LakeBaikal, Siberia, Russia’ werden zumersten Mal die Methoden der Gewässer-fernerkundung im Bereich der Paläo-klimaforschung genutzt. Ocean Colour-Satellitendaten der NASA-InstrumenteSeaWIFS und MODIS bieten die Mög-lichkeiten, rezente terrigene Einträgeund die jahreszeitliche Entwicklung derAlgenbiomasse zeitlich und räumlichzu erfassen sowie zu quantifizieren.Damit wird der IST-Zustand einesWasserkörpers für Paläoklimatransfer-modelle festgelegt. Saisonal werden ausden Fernerkundungsdaten autochthoneversus allochthone Einflüsse an Bohr-lokationen und See-Sedimentfallenbeobachtet und quantifiziert.

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Abb. 1.60: ASD-Reflexionsspektren von Seen mit unterschiedlichenTrophiestadien

ASD-reflectance spectra acquired over lakes with different trophic states

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Bisher lag kein bio-optisches Modell für den komplexenWasserkörper des Baikalsees vor. Die vom SeaWiFSund MODIS-Projekt frei verfügbaren täglichen Konzen-trationskarten des Baikalsees zeigen Überschätzungenvon bis zu 5000 % der Chlorophyll-konzentration an (imVergleich mit Literatur- und in-situ Daten).

Die Ocean Colour Software SeaDAS (NASA 2003Software of the Year Awards) ist standardisiert für denpelagialen Wasserkörper in Meeresspiegelhöhe mitmarinen, bzw. Küstenaerosolmodellen. Das SEADAS-Zusatzmodul des MUMM (Management Unit of theNorth Sea Mathematical Models) für den turbidenWassertypus wurde in Absprache mit dem SeaDAS-Team für das nicht vorgesehene Fallbeispiel Baikalsee(topographisch hochgelegen, hochkontinentales Klima,terrigen beeinflusstes Gewässer) umprogrammiert. Diemit dem GFZ-Tool atmosphärisch korrigiertenSeaWiFS-Daten können jetzt zur Entwicklung vonAlgorithmen für spezifische Wasserinhaltsstoffe genutztwerden. Als Endergebnis wird der Überblick überSedimenteintrag und Algenbiomassendynamik imBaikalsee für den Zeitraum 2001-2003 zur Verfügunggestellt und als wichtiger Baustein in das CONTINENT-Wassertransfermodell eingebaut (Abb. 1.61).

Geologie

Im Rahmen eines GIF-Projekts wurden magmatischeGesteine des Mt. Timna in Israel zur Bestimmung ihrermineralogischen Zusammensetzung (Modalbestand)mittels thermaler Infrarotstrahlung (8 bis 14 µm) unter-sucht. Die Thermalstrahlung bietet die Möglichkeit, sili-katische Minerale und Gesteine anhand ihrer spektralenCharakteristiken zu identifizieren und zu quantifizieren.Dabei wird nicht die Oberflächentemperatur der Probenzur Analyse genutzt, sondern ihr spezifischer, wellen-längenabhängiger Emissionsgrad (Emissivität). DieseForschungsarbeit steht im Zusammenhang mit demneuen Fernerkundungssensor (ARES), den das GeoFor-schungZentrum in Kooperation mit dem DLR voraus-sichtlich ab 2005 betreiben wird. Dieser Sensor besitztneben Kanälen im reflektiven Spektralbereich (0,5 bis2,5 µm) als Neuheit weitere 32 Kanäle im Wellen-längenbereich des thermalen Infrarots (8 bis 14 µm). DieVerwendung hyperspektraler Thermalkanäle stellt somitNeuland in der operationellen Fernerkundung dar.Aufgrund noch fehlender Bilddaten werden derzeitLabormessungen durchgeführt und analysiert um einenpräzisen Einblick in das spektrale Verhalten vonMineralen und Gesteinen zu bekommen, das wiederumModellierungen zur späteren Datenextraktion ermög-licht.

160

Abb. 1.61: Farbkodierte Hauptkomponentenkarten PC1 & PC4 SeaWiFS atmosphärenkorrigierter DatensatzBaikalsee

PC-Maps PC1 & PC4 color-coded, Lake Baikal

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Ziel ist es, Minerale magmatischer Gesteine anhandihrer spektralen Charakteristika zu identifizieren und zuquantifizieren, sowie die Mineralzusammensetzungenvon Gesteinen zu bestimmen. Die ersten Analysen kon-zentrierten sich dabei auf die hauptgesteinsbildendenMinerale der Mt. Timna-Proben (z.B. Feldspäte,Pyroxene und Amphibole) hinsichtlich ihrer spektralenVariationen in Abhängigkeit der chemisch-mineralogi-schen Zusammensetzung. Als Grundlage dazu dientenProben, von denen für petrologische und mineralogischeAnalysen Gesteinsdünnschliffe hergestellt wurden.Zusätzlich wurden die Proben für weitere Analysen(RFA und RDA) aufbereitet. Auf der Grundlage dieseraufbereiteten Proben konnten alle notwendigen chemi-schen und mineralogischen Parameter der Minerale(Mischmineralanteile, Gewichts%-Anteile von Elemen-ten) und Gesteine (Mineralbestand und Gewichts%-Anteile von Elementen) erfasst werden.

Die Aufzeichnung der Mineralspektren erfolgte miteinem Perkin-Elmer-FTIR-Spektrometer, dem eineIntegrationskugel und ein Mikroskop angeschlossensind. Mit Hilfe eines integrierten Mikroskops wurdeneinzelne Kristalle der verschiedenen Minerale erfasst,wohingegen Gesteinsspektren von der Integrationskugelaufgezeichnet wurden. Alle Spektren wurden in einemWellenlängenbereich von 8 bis 14 µm mit einer spektra-len Auflösung von 4 cm-1 in Reflexion gemessen und mitHilfe des Kirchhoffschen Gesetzes in Emissivität umge-rechnet. Diese Umrechnung ist notwendig, damit dieLaborspektren mit fernerkundlich gemessenen Thermal-spektren oder mit Spektren bestehender Bibliothekenvergleichbar sind.

Für die Auswertung der Mineralspektren wurde eineneue kombinierte Merkmalsextraktions- und Korrela-tionsanalysetechnik entwickelt. Diese Technik extra-hiert ca. 87.000 mineralspezifischen Spektralmerk-malen bei 536 Kanälen und korreliert diese mit den zuuntersuchenden Parametern, wie beispielsweise denAnorthit Mol%-Anteil der Plagioklase oder Gewichts%-Anteil wichtiger am Aufbau der Minerale beteiligterElemente (z.B. Fe oder Mg). Als Ergebnis werden diebestmöglichen Spektralmerkmale mit den höchstenKorrelations-koeffizienten ausgegeben.

Abb. 1.62 präsentiert das spektrale Verhalten derPlagioklase in Abhängigkeit vom zunehmendenAnorthitgehalt. Das oberste Spektrum zeigt ein Albit-spektrum. Das unterste Spektrum ist das eines Labra-dorits. Das auffälligste Spektralmerkmal der Plagioklaseist das Emissionsminimum (Reststrahlenbande) imWellenlängenbereich zwischen 9 und 10,5 µm. DiesesMerkmal zeigt eine systematische Veränderung mitzunehmendem Anorthitgehalt. Die Charakteristik ändertsich von einem intensiven, kontrastreichen, scharfenDoppelmerkmal (Albit) zu einem breiten, flachen undeinfachen Merkmal (Labradorit). Zusätzlich ist einVersatz der Position des absoluten Emissionsminimumsvon 9,6 nach 10,5 µm zu erkennen.

Auf diese Plagioklasspektren wurde die neueAnalysemethode angewendet und erfolgreich derAnorthitgehalt bestimmt. Dabei war es möglich, minde-stens drei Merkmale zu extrahieren, die z.B. alsFlächenwert, Mittelwert oder Ratio erfasst wurden, unddie mit einem Koeffizienten von > 0,85 mit demAnorthitgehalt korrelieren. Abb. 1.63 präsentiert dieRegressionsgeraden mit den entsprechenden Korrela-tionskoeffizienten R2. Ähnlich gute Ergebnisse konntefür die Zusammensetzung von Pyroxenen und Olivinenerreicht werden.

161

Abb. 1.62: Emissionsspektren verschiedener Plagio-klase von Albit (oben) bis Labradorit (unten) in µm. Zurbesseren Übersicht sind die Spektren mit einem ver-tikalen Versatz dargestellt

Emissivity spectra of plagioclase feldspars from albite(top) to labradorite (bottom) in µm. Vertical offset forclarity

µm

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Diese Analysen zeigten deutlich das Potential spektralerThermaldaten zur Identifizierung und Quantifizierungsilikatischer Minerale. Sie dienen als Grundlage für zu-künftige Modalbestandsanalysen magmatischer Gesteinemittels thermaler Spektraldaten. Dazu werden neue, sogenannte Entmischungsmodelle entwickelt, die aufDatenbanken von Einzelmineralspektren basieren.Werden diese Methoden auf die Fernerkundung übertra-gen, bieten sie die Möglichkeit, mit dem thermalenWellenlängenbereich silikatische Gesteine flächenhaftzu quantifizieren. Dadurch wird der Geologie eineTechnik zur Verfügung gestellt, die zum Beispiel geolo-gische Kartierungen unterstützt und erleichtert. WeitereAnwendungen wären die Suche nach charakteristischen

Mineralparagenesen in Gesteinskörpern, die für weiter-führende genauere Untersuchungen (Explorationsvor-haben) detektiert werden.

Landdegradation

Die Arbeiten sind ein Beitrag zum geplanten Programm-thema des GeoForschungsZentrums „Klimavariationund menschlicher Lebensraum“, insbesondere zumThema Fernerkundungsverfahren und klimasensitiveRegionen. Die zunehmende Wüstenbildung in den ari-den Bereichen stellt ein ernstes Problem dar.Menschliches Missmanagement und klimatischeVeränderungen führen zu einer Schädigung vonBodenoberfläche und Vegetationsdecke, die fast 70%aller Trockengebiete weltweit betrifft. Zusätzlich zuVegetationsschwund, Erosionserscheinungen oderVersalzung kann dieser Prozess an Unfruchtbarkeit desBodens, Bodenverdichtung und Krustenbildung erkanntwerden. Die Bekämpfung der Wüstenbildung setztgenaue Kenntnisse über den aktuellen Stand derDegradationserscheinungen voraus. Mit Hilfe vonhyperspektralen Fernerkundungsdaten (Bildspektros-kopie) lässt sich die Genauigkeit in der Überwachungvon Trockengebieten signifikant steigern. VerschiedeneParameter wie z.B. chemische Eigenschaften, Gehalt anorganischem Material, Mineralen, Bodenkrusten,Oberflächenabfluss, Vegetationsanteil und –typ, die imdirekten Zusammenhang mit der Degradation stehen,können aus spektralen Daten (0,4 bis 2,4 µm) mit einerausreichenden Genauigkeit bestimmt werden. Zu dieserUntersuchung wurden verschiedene Testgebiete ausge-wählt, die von unterschiedlichen Umwelteinflüssengeprägt sind.

Innerhalb des Deutschen Forschungsnetzes Naturkatas-trophen (DFNK) wird anhand eines kleinen Einzugs-gebietes in NO-Deutschland der Zusammenhang zwi-schen spektralen Reflexionseigenschaften und Ober-flächenabflussmodellierung untersucht. Das Testgebietbesteht aus einem unter Beobachtung stehendenRekultivierungsgebiet aus dem Jahr 2002 innerhalb desNiederlausitzer Welzow-Braunkohlentagebaues (Abb.1.64a), außerdem wurde ein Teil des vor zehn Jahrengeschlossenen Schlabendorf-Reviers, genannt die„Dünen“ (Abb. 1.64b) als potentielles Testgebiet in dieBetrachtungen einbezogen. Das Ziel ist die Quanti-fizierung oberflächennaher Prozesse zur Charakterisie-rung und Bewertung von Bodendegradation undWasserhaushalt im Zusammenhang mit Trockenheit.Durch die Kombination von Feld- und Laborexperi-menten, Fernerkundungsmethoden und Modellierungs-arbeiten sollen das Prozessverständnis verbessert undPrognosemethoden weiterentwickelt werden. Der beson-dere Vorteil der Niederlausitzer Bergbaufolgelandschaftist, dass Entwicklungen vom Punkt Null an untersuchtwerden können, d.h. ohne den Einfluss zurückliegender,nicht nachvollziehbarer Randbedingungen. Zudem las-sen sich Standortbedingungen entsprechend denErfordernissen des jeweiligen Versuchsdesigns gezieltherstellen. Besonders günstig ist außerdem, dass in einer

162Abb. 1.63: Regressionsgeraden und Korrelations-koeffizienten für die Bestimmung des Anorthitanteils derPlagioklase anhand der spektralen Merkmale a) Ratio,b) Flächenanteil und c) Polynomanpassung

Regression lines and correlation coefficients of the resultsto determine the anorthite fractions of the plagioclasefeldspars using spectral features a) ratio, b) area fractionand c) polynom fit

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jederzeit mit geringem Aufwand erreichbaren LageBedingungen herrschen, die sonst nur aus weit entfern-ten Trockenregionen bekannt sind. Auf die Übertragbar-keit der Ergebnisse auf andere Gebiete wird geachtet.

Ein weiteres Testgebiet liegt in Cabo de Gata, SO-Spanien (Abb. 1.64c,d). Hier werden detaillierte Unter-suchungen zur Vegetationsdynamik und Krustenbildungsowie zum Wasserzyklus und zu Erosionsprozessendurchgeführt. Der Verzicht auf Landwirtschaft und diedamit einhergehende Verschlechterung des Bodens undder Verlust der Fähigkeit, Wasser zu speichern, verur-sacht in den mediterranen Ökosystemen ernsthafteErosionen an steilen Hängen mit leicht erodierbarenMaterialien. Trotz teilweise günstiger Voraussetzungenkommt es in den Gebieten nur zu einem vermindertenPflanzenwachstum.

Die ersten hyperspektralen Bilder von deutschen undspanischen Testgebieten wurden im Sommer 2003 auf-gezeichnet. Zur gleichen Zeit fand eine aufwändigeFeldkampagne statt, in der Bodenreflexionsspektrengemessen sowie die Eigenschaften der Vegetation unddes Bodens untersucht wurden. Die gegenwärtigenUntersuchungen konzentrieren sich auf Modellent-wicklungen und multitemporale Analysen.

Naturgefahren

Einen weiteren Schwerpunkt stellen Untersuchungenvon Naturgefahren im Hinblick auf Massenbewegungen,Erdbeben und Überschwemmungen dar. Neben demschon traditionellen Untersuchungsgebiet in Kirgistanund seiner Hangrutschungsproblematik wurden zweiweitere Forschungsarbeiten in diesem Bereich durchge-führt. Die erste Arbeit beschäftigte sich mit dem Nutzenund den Möglichkeiten zur Inventarisierung von

Vulnerabilitätsparametern für Gebäude mit Hilfe hoch-auflösender Fernerkundungssatelliten. Die zweite Arbeitbeschreibt einen neuen Ansatz zur Bestimmung vongroßflächigen Bodenabsenkungen mit Hilfe der diffe-rentiellen SAR-Interferometrie am Beispiel der StadtTianjin, China.

Das Projekt C1 „Satellitengestützte Charakterisierungund Inventarisierung von katastrophenrelevantenElementen der natürlichen und anthropogenen Land-schaftsausstattung“ ist Bestandteil des DeutschenForschungsnetzes Naturkatastrophen (DFNK). Ziel desTeilprojekts war die Analyse, inwieweit fernerkundlicheDaten und Methoden zur Unterstützung katastrophenre-levanter Fragestellungen beitragen können. Im Cluster„Risikoanalyse Hochwasser“ wurde die Einsatzmög-lichkeit eines automatischen Verfahrens zur Häuser-extraktion für ein kontinuierliches Siedlungsmonitoringin hochwassergefährdeten Gebieten untersucht.Außerdem wurden Verfahren zur Erstellung aktuellerLandnutzungskarten entwickelt, die den Ansprüchenhydrologischer Modellierung genügen. Im Cluster„Risikoanalyse Erdbeben“ wurde speziell das Potenzialräumlich sehr hochauflösender Satellitensensoren fürdie Abschätzung von Vulnerabilitätsparametern fürGebäude untersucht sowie Verfahren zu deren automati-schen Extraktion analysiert und weiterentwickelt.Beispielsweise erlauben die Verfahren, basierend aufmultispektraler (Abb. 1.65a) und zusätzlicher Höhen-information (Abb. 1.65b), einen überwiegenden Anteil(mehr als 80 %) an Hauspixeln korrekt zu klassifizieren(Abb. 1.65c) und damit den Prozess der Inventarisierungdes Gebäudebestandes weitestgehend zu automatisieren.Verbleibenden Unsicherheiten ergeben sich z.B. durchFehler des aus Stereodaten generierten Höhenmodellsoder durch begrünte Dächer sowie Schattenbereiche.

163

Abb. 1.64: Lage und Feldaufnahmen der Testgebiete zur Untersuchung der Landdegradation: a) Welzow:Rekultivierungsgebiet; b) Schlabendorf: Die Dünen und c), d) Cabo de Gata: unterschiedlicher Entwicklungsstand(Fotos: S. Itzerott, GFZ / M. Cebisch, TUB)

Location of land degradation sites and field view: a) Welzow bio-monitoring recultivation area; b) Schlabendorf:The Dunes, and c), d) Cabo de Gata: different development status.

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Die Absenkung der Bodenoberfläche in der chinesischenHuabei-Ebene stellt eine akute Problematik dar. Die Ur-sache liegt in der unmäßigen Entnahme von Grund-was-ser für die wachsende Nachfrage der Verbraucher ausLandwirtschaft, Industrie und Städten. Diese Boden-absenkungen verursachen vorwiegend folgende Schäden:

• Veränderungen der Höhe und Neigung von Flüssen,Kanälen und Drainagen

• Zerstörungen an Brücken, Straßen, Schienen,Kanalisation, Kanälen und Dämmen

• Schäden an privaten und öffentlichen Gebäuden

In einigen Küstengebieten verursachte die Senkung dieÜberflutung von tiefer gelegenen Gebieten, die bisherdavon nicht betroffen waren. An mehreren Orten in derHuabei-Ebene wird ein starkes Absinken der Oberflächevon mehreren Zentimetern pro Jahr beobachtet. DieseErgebnisse beruhen auf lokalen Messungen mit Hilfevon Nivellements und GPS. Dabei kann nur einebegrenzte Anzahl von diskreten Punkten hochgenau ver-messen werden. Dies hat zur Folge, dass die eigentlicheVerteilung und das Ausmaß der Absenkung für dasgesamte Gebiet weitgehend unbekannt sind.

Eine wichtige Methode zur großflächigen und hochge-nauen Bestimmung von Absenkungsraten bildet die dif-ferentielle SAR-Interferometrie (D-InSAR). Bislangwurden vier ERS-SAR-Bildszenen zur Ableitung dreierdifferentieller Interferogramme im Zeitraum von Juli1995 bis Juli 1998 ausgewählt. Die Karte (Abb. 1.66)entstand durch Überlagerung eines Interferogrammesmit dem mittleren Rückstreuungs- und Kohärenzbild.Ein vollständiger Farbzyklus (rot bis blau) entsprichteiner vertikalen Bewegung von 3 cm. Die Abbildungzeigt die Oberflächenabsenkung der Stadt Tianjin undihrer Umgebung im Zeitraum von Juli 1995 bis Januar1996. Dabei sind die Senkungsraten der ländlichenGebiete mit mehr als 6 cm/Jahr deutlich größer als diefür das Stadtgebiet (< 3 cm/Jahr). Die Untersuchungenwerden zukünftig auf Basis von Envisat-Daten fortge-führt.

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Abb. 1.65: (a) Ausschnitt einer Berlin-Szene des Sensors IKONOS, (b) erkannte Häuser aufgrund der spektralen,panchromatischen und zusätzlichen (c) Höheninformation, die in diesem Beispiel auf Daten des HRSC-A-Sensorsbasieren.

(a) Part of Berlin-Charlottenburg recorded by the sensor IKONOS, (b) identified house pixels based on spectral,panchromatic, and additional (c) height information (in this example, originating from the HRSC-A sensor).

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Abb. 1.66: Absenkungskarte (100 km x 100 km) für das Gebiet um die Stadt Tianjin, China in demZeitraum von Juli 1995 bis Januar 1996. Ein Farbzyklus entspricht einer Vertikalbewegung von 3 cm.

Subsidence map (100 km x 100 km) of the Tianjin city and it’s surrounding in China during the timeperiod 07.1995 to 01.1996. Each color cycle indicates a vertical movement of 3 cm.