Geophysikalische Sedimentologische und Mikrofaunistische ... · Geophysikalische, Sedimentologische...

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Geophysikalische Geophysikalische, Sedimentologische Sedimentologische und und Mikrofaunistische Methoden Mikrofaunistische Methoden zur zur Rekonstruktion Rekonstruktion der der Pal Palä ogeographie ogeographie einer einer mischen Hafensiedlung mischen Hafensiedlung: Die Landschaftsgenese der Lagune von Vilamoura (Portugal) während der letzten 6000 Jahre Christin HILBICH 1 , Ines MÜGLER 1 , Gerhard DAUT 1 , Peter FRENZEL 2 , Felix TEICHNER 3 & Roland MÄUSBACHER 1 Im Rahmen archäologischer Untersuchungen zur Erforschung der antiken Siedlungs- und Wirtschaftsverhältnisse in der römischen Provinz „Lusitania“ wurden paläogeographische Untersuchungen im Umfeld einer römischen Landvilla an der Algarve (Südportugal) durchgeführt. Ziel war die Rekonstruktion der Paläoumweltbedingungen einer heute verlandeten Küstenlagune im unmittelbaren Vorfeld der römischen Siedlung, die vermutlich als Ankerplatz für römische Handelsschiffe genutzt wurde. Refraktionsseismische Messungen und Rammkernsondierungen innerhalb dieser Lagune dienten der Erfassung der Struktur des Paläoreliefs sowie der Mächtigkeit und des stratigraphischen Aufbaus der Lagunensedimente. Sedimentologische und mikrofaunistische Analysen ließen eine genaue Charakterisierung verschiedener Ablagerungsmilieus von der Entstehung bis zur Verlandung der Lagune während der letzten 6000 Jahre zu, die sowohl durch den postglazialen Meersspiegelanstieg als auch durch die Sedimentzufuhr aus dem Einzugsgebiet gesteuert wurden. Im Rahmen archäologischer Untersuchungen zur Erforschung der antiken Siedlungs- und Wirtschaftsverhältnisse in der römischen Provinz „Lusitania“ wurden paläogeographische Untersuchungen im Umfeld einer römischen Landvilla an der Algarve (Südportugal) durchgeführt. Ziel war die Rekonstruktion der Paläoumweltbedingungen einer heute verlandeten Küstenlagune im unmittelbaren Vorfeld der römischen Siedlung, die vermutlich als Ankerplatz für römische Handelsschiffe genutzt wurde. Refraktionsseismische Messungen und Rammkernsondierungen innerhalb dieser Lagune dienten der Erfassung der Struktur des Paläoreliefs sowie der Mächtigkeit und des stratigraphischen Aufbaus der Lagunensedimente. Sedimentologische und mikrofaunistische Analysen ließen eine genaue Charakterisierung verschiedener Ablagerungsmilieus von der Entstehung bis zur Verlandung der Lagune während der letzten 6000 Jahre zu, die sowohl durch den postglazialen Meersspiegelanstieg als auch durch die Sedimentzufuhr aus dem Einzugsgebiet gesteuert wurden. 1) Friedrich-Schiller-Universität Jena, Institut für Geographie, Lehrstuhl für Physische Geographie Kontakt: [email protected] Ausblick Ausblick Portugal Die vor etwa 3000 BP einsetzende verstärkte Sedimentzufuhr (Bodenerosion?) führte zur Verlandung der Lagune, die bereits vor der römischen Besiedlung weitgehend abgeschlossen war. Die Übereinstimmung der Paläorinnen mit subrezenten Abflussbahnen zeigt, dass auch zu römischer Zeit schiffbare Rinnen existierten. Weitere Forschungen sind nötig, um das Einsetzen der Bodenerosion im Einzugsgebiet zeitlich zu fixieren sowie das Ausmaß anthropogener Beeinflussung während einzelner Besiedlungsphasen (Neolithikum bis zur Islamischen Besiedlung) zu differenzieren. Hierbei dienen Pollenanalysen zur Charakterisierung der Vegetationsgeschichte und Landnutzung sowie weitere detaillierte mikropaläontologische und sedimentologische Untersuchungen zur zeitlichen und räumlichen Differenzierung des Sedimenteintrags. Zur Präzisierung des bestehenden Zeitgerüstes soll zum einen die Zuordnung zu regionalen Pollenzonen zum anderen die Identifizierung von historischen Tsunamiablagerungen mit Hilfe mikrofaunistischer Analysen beitragen. Darüber hinaus sind archäologische Kartierungen im gesamten Einzugsgebiet geplant, die Auskunft über die räumliche Verteilung und Besiedlungsdichte in den einzelnen Kulturepochen geben. Refraktionsseismik Refraktionsseismik Bohrpunkt Bohrpunkt 19 Rammkernsondierungen (130m) 23 Einzelprofile (insg. 2138 Profilmeter) Mikrofaunistische Analysen an 2 Sediment- kernen (Ostracoden, Foraminiferen) refraktionsseismisches Profil Sedimentologische Analysen an 4 Sedimentkernen (KG, KG-Statistik, CNS, C org ,5 14 C-Datierungen) Sedimentologische & mikrofaunistische Analysen Sedimentologische & mikrofaunistische Analysen Ergebnisse Ergebnisse An der Schnittstelle zwischen dem terrestrischen und marinen System ist die Landschaftsgenese der Lagune von Vilamoura während der letzten 6000 Jahre ein Resultat aus dem Zusammenwirken fluvial gesteuerter Prozesse aus dem Einzugsgebiet und dem postglazialen Meeresspiegelanstieg als mariner Steuerfaktor. Mikrofaunistische Analysen Mikrofaunistische Analysen kennzeichnen durch charakteristische Arten- zusammensetzungen von Foraminiferen und Ostracoden den Beginn des marinen Einflusses und Variationen der Wassertiefe, Salinität, aquatischen Vegetation, etc., die u.a. auf das Wachstum einer Nehrung zurückgeführt werden, welche das Ästuar vom offenen Meer abriegelt und zur Entstehung und letztlich Verlandung der Lagune führten. Obwohl die Mikrofauna Poten- zial zur Detektion von Extremereignissen (Tsunamis, Hochwasser,...) bietet, konnten die für diese Region bekannten historischen Tsunamis (ca. 2300 BP, 1755 AD) bisher nicht identifiziert werden. fluviale Dynamik Bodenerosion Sedimenteintrag aus EZG 14 14 C-Datierungen Datierungen ergaben ein Mindestalter der ästuarinen Sedimente von 4716±72 cal. BP. Durch sedimentologische Analysen sedimentologische Analysen (Korngrößen- statistik) wurden verschiedene Ablagerungsmilieus differenziert und zusammen mit den geochemischen Parametern CNS und Sedimentationsraten der fluviale Sedimenteintrag zeitlich und räumlich charakterisiert. Starke Bodenerosion in vorrömischer Zeit führte dazu, dass die Lagune 2895±48 cal. BP bereits weit- gehend verlandet war. Meeres- spiegelschwankungen Süßwasser- eintrag ökologische Ansprüche Salinität Tidenhub, Tsunamis, etc. Lebensraum Refraktionsseismische Profile Refraktionsseismische Profile zeigen, dass das Paläorelief vor der Ingression des Meeres etwa 4m unter der heutigen Oberfläche lag. In diese pleistozäne Taloberfläche sind mindestens 3 Paläofließrinnen bis zu 5m tief eingeschnitten. Die Position der Paläofließrinnen stimmt mit subrezenten Rinnenstrukturen überein, so dass daraus die Position schiffbarer Rinnen zu römischer Zeit abgeleitet werden konnte. 2) Friedrich-Schiller-Universität Jena, Institut für Geowissenschaften, Lehrstuhl für Historische Geologie Kontakt: [email protected] 3) Johann-Wolfgang-Goethe Universität Frankfurt, Abt. Archäologie und Geschichte der römischen Provinzen Kontakt: [email protected] Einführung Einführung Fließrinnen Paläorelief & Sedimentmächtigkeit

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Geophysikalische, Sedimentologische und Mikrofaunistische Methodenzur Rekonstruktion der Paläogeographie einer Römischen Hafensiedlung:

Die Landschaftsgenese der Lagune von Vilamoura (Portugal) während der letzten 6000 Jahre

Christin HILBICH1, Ines MÜGLER1, Gerhard DAUT1, Peter FRENZEL2, Felix TEICHNER3 & Roland MÄUSBACHER1

GeophysikalischeGeophysikalische,, SedimentologischeSedimentologische undund Mikrofaunistische MethodenMikrofaunistische Methodenzurzur RekonstruktionRekonstruktion derder PalPalääogeographieogeographie einereiner RRöömischen Hafensiedlungmischen Hafensiedlung::

Die Landschaftsgenese der Lagune von Vilamoura (Portugal) während der letzten 6000 Jahre

Christin HILBICH1, Ines MÜGLER1, Gerhard DAUT1, Peter FRENZEL2, Felix TEICHNER3 & Roland MÄUSBACHER1

Im Rahmen archäologischer Untersuchungen zur Erforschung der antiken Siedlungs- und Wirtschaftsverhältnisse in der römischen Provinz „Lusitania“ wurden paläogeographische Untersuchungen im Umfeld einer römischen Landvilla an der Algarve (Südportugal) durchgeführt. Ziel war die Rekonstruktion der Paläoumweltbedingungen einer heute verlandeten Küstenlagune im unmittelbaren Vorfeld der römischen Siedlung, die vermutlich als Ankerplatz für römische Handelsschiffe genutzt wurde. Refraktionsseismische Messungen und Rammkernsondierungen innerhalb dieser Lagune dienten der Erfassung der Struktur des Paläoreliefs sowie der Mächtigkeit und des stratigraphischen Aufbaus der Lagunensedimente. Sedimentologische und mikrofaunistische Analysen ließen eine genaue Charakterisierung verschiedener Ablagerungsmilieus von der Entstehung bis zur Verlandung der Lagune während der letzten 6000 Jahre zu, die sowohl durch den postglazialen Meersspiegelanstieg als auch durch die Sedimentzufuhr aus dem Einzugsgebiet gesteuert wurden.

Im Rahmen archäologischer Untersuchungen zur Erforschung der antiken Siedlungs- und Wirtschaftsverhältnisse in der römischen Provinz „Lusitania“ wurden paläogeographische Untersuchungen im Umfeld einer römischen Landvilla an der Algarve (Südportugal) durchgeführt. Ziel war die Rekonstruktion der Paläoumweltbedingungen einer heute verlandeten Küstenlagune im unmittelbaren Vorfeld der römischen Siedlung, die vermutlich als Ankerplatz für römische Handelsschiffe genutzt wurde. Refraktionsseismische Messungen und Rammkernsondierungen innerhalb dieser Lagune dienten der Erfassung der Struktur des Paläoreliefs sowie der Mächtigkeit und des stratigraphischen Aufbaus der Lagunensedimente. Sedimentologische und mikrofaunistische Analysen ließen eine genaue Charakterisierung verschiedener Ablagerungsmilieus von der Entstehung bis zur Verlandung der Lagune während der letzten 6000 Jahre zu, die sowohl durch den postglazialen Meersspiegelanstieg als auch durch die Sedimentzufuhr aus dem Einzugsgebiet gesteuert wurden.

1) Friedrich-Schiller-Universität Jena, Institut für Geographie, Lehrstuhl für Physische Geographie

Kontakt: [email protected]

AusblickAusblick

Portugal

Die vor etwa 3000 BP einsetzende verstärkte Sedimentzufuhr (Bodenerosion?) führte zur Verlandung der Lagune, die bereits vor der römischen Besiedlung weitgehend abgeschlossen war. Die Übereinstimmung der Paläorinnen mit subrezenten Abflussbahnen zeigt, dass auch zu römischer

Zeit schiffbare Rinnen existierten. Weitere Forschungen sind nötig, um das Einsetzen der Bodenerosion im Einzugsgebiet zeitlich zu fixieren sowie das Ausmaß anthropogener Beeinflussung während einzelner Besiedlungsphasen (Neolithikum bis zur Islamischen Besiedlung) zu differenzieren. Hierbei dienen Pollenanalysen zur Charakterisierung der Vegetationsgeschichte und Landnutzung sowie weitere detaillierte mikropaläontologische und sedimentologische Untersuchungen zur zeitlichen und räumlichen Differenzierung des Sedimenteintrags. Zur Präzisierung des bestehenden Zeitgerüstes soll zum einen die Zuordnung zu regionalen Pollenzonen zum anderen die Identifizierung von historischen Tsunamiablagerungen mit Hilfe mikrofaunistischer Analysen beitragen. Darüber hinaus sind archäologische Kartierungen im gesamten Einzugsgebiet geplant, die Auskunft über die räumliche Verteilung und Besiedlungsdichte in den einzelnen Kulturepochen geben.

RefraktionsseismikRefraktionsseismik

Bohrpunkt

Bohrpunkt

19 Rammkernsondierungen (130m)

23 Einzelprofile (insg. 2138 Profilmeter)

Mikrofaunistische Analysen an 2 Sediment-kernen (Ostracoden, Foraminiferen)

refraktionsseismisches Profil

Sedimentologische Analysen an 4 Sedimentkernen(KG, KG-Statistik, CNS, Corg, 5 14C-Datierungen)

Sedimentologische & mikrofaunistische Analysen Sedimentologische & mikrofaunistische Analysen

ErgebnisseErgebnisse An der Schnittstelle zwischen dem terrestrischen und marinen System ist die Landschaftsgenese der Lagune von Vilamoura

während der letzten 6000 Jahre ein Resultat aus dem Zusammenwirken fluvial gesteuerter Prozesse aus dem Einzugsgebiet und dem postglazialen Meeresspiegelanstieg als mariner Steuerfaktor.

Mikrofaunistische AnalysenMikrofaunistische Analysen kennzeichnen durch charakteristische Arten-zusammensetzungen von Foraminiferen und Ostracoden den Beginn des marinen Einflusses und Variationen der Wassertiefe, Salinität, aquatischenVegetation, etc., die u.a. auf das Wachstum einer Nehrung zurückgeführt werden, welche das Ästuar vom offenen Meer abriegelt und zur Entstehung und letztlich Verlandung der Lagune führten. Obwohl die Mikrofauna Poten-zial zur Detektion von Extremereignissen (Tsunamis, Hochwasser,...) bietet, konnten die für diese Region bekannten historischen Tsunamis (ca. 2300 BP, 1755 AD) bisher nicht identifiziert werden.

fluviale Dynamik

Bodenerosion

Sedimenteintrag aus EZG

1414CC--DatierungenDatierungen ergaben ein Mindestalter der ästuarinen Sedimente von 4716±72 cal. BP. Durch sedimentologische Analysensedimentologische Analysen (Korngrößen-statistik) wurden verschiedene Ablagerungsmilieus differenziert und zusammen mit den geochemischen Parametern CNS und Sedimentationsraten der fluviale Sedimenteintrag zeitlich und räumlich charakterisiert. Starke Bodenerosion in vorrömischer Zeit führte dazu, dass die Lagune 2895±48 cal. BP bereits weit-gehend verlandet war.

Meeres-spiegelschwankungen

Süßwasser-eintrag

ökologische Ansprüche

Salinität

Tidenhub, Tsunamis, etc.

Lebensraum

Refraktionsseismische ProfileRefraktionsseismische Profile zeigen, dass das Paläorelief vor der Ingression des Meeres etwa 4m unter der heutigen Oberfläche lag. In diese pleistozäne Taloberfläche sind mindestens 3 Paläofließrinnen bis zu 5m tief eingeschnitten. Die Position der Paläofließrinnen stimmt mit subrezenten Rinnenstrukturen überein, so dass daraus die Position schiffbarer Rinnen zu römischer Zeit abgeleitet werden konnte.

2) Friedrich-Schiller-Universität Jena, Institut für Geowissenschaften, Lehrstuhl für Historische Geologie

Kontakt: [email protected]

3) Johann-Wolfgang-Goethe Universität Frankfurt, Abt. Archäologie und Geschichte der römischen Provinzen

Kontakt: [email protected]

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Paläorelief & Sedimentmächtigkeit