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Nr. 3 | März 2007 | Schiff & Hafen 1 Spezial Germanischer Lloyd 140 Jahre Klasse „Made in Germany“

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Nr. 3 | März 2007 | Schiff & Hafen 1 Spezial

Germanischer Lloyd140 Jahre Klasse „Made in Germany“

140 JAHRE GERMANISCHER LLOYD Am 16. März 2007 jährt sich die Gründung des Germanischen Lloyd zum 140. Mal. Ein Anlass, an die wichtigsten Ereignisse seiner Geschichte zu erinnern und nachzuzeichnen, wie sich seine Entwicklung zur viertgrößten Klassifi kationsgesellschaft der Welt (nach Anzahl der klassifi zierten Schiffe) mit einem breiten Angebot an technischen Dienstleistungen vollzog.

Am 15. Dezember 2006 endete ein Übernah-mepoker um den

Ger manischen Lloyd, der mehrere Wochen lang in den Medien und Börsennachrich-ten zu verfolgen war. „Der Germanische Lloyd bleibt in Hamburg”; „Die Unabhän-gigkeit des GL ist gewahrt”; „Hamburg bleibt eine mariti-me Perle erhalten”, titelte die Presse, als die Entscheidung gefallen war.

Worum ging es? Die franzö-sische Klassifi kationsgesell-schaft Bureau Veritas hatte im November den Versuch einer feindlichen Übernahme des Germanischen Lloyd gestar-tet. Nachfolgend hatten sich auch andere Interessenten in den Bieterkampf eingeschal-tet. Den Zuschlag erhielt aber schließlich der Hamburger Kaufmann Günter Herz. Das bedeutet: Der Germanische Lloyd wird weiter an seinem

Standort Hamburg seine Auf-gaben als Klassifi kationsge-sellschaft und technischer Dienst leister wahrnehmen – wie bisher.Spannende Wochen bis zur Entscheidung – und doch nur der jüngste einer langen Reihe von ebenso spannenden Eck-punkten in der Geschichte des traditionsreichen Germani-schen Lloyds. Sie begann schon lange vor der eigentlichen Gründung:

Klasse„Made in Germany“

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Lloyd’s Register in London...Den Zustand und die Qualität eines Schiffes nach bloßem Au-genschein zu beurteilen, ist für Laien schwierig bis unmöglich. Wer Güter über See versenden möchte, ist aber auf dieses Wis-sen angewiesen, wenn er Risi-ken möglichst begrenzen will. Bis weit in die Neuzeit mussten Handelstreibende und Schiffs-versicherer sich entweder auf die Angaben der Schiffseigner

verlassen oder versuchen, sich selbst Informationen zu be-schaffen. Vielerorts etablierte sich in Gaststätten eine Art ma-ritimer Stammtisch, der genutzt wurde, um sich auszutauschen und Geschäftsbeziehungen zu pfl egen. In London gründete Edward Lloyd 1688 ein Kaffee-haus, das bald zum festen Treff-punkt von Reedern, Kapitänen, Investoren und Schiffsversiche-rern wurde. Ab 1696 erschien mit den „Lloyd´s News” eine

eigene Zeitung mit Schifffahrts-nachrichten. Sie enthielt aller-dings noch keine objektiven Kriterien, nach denen die See-fähigkeit eines Schiffes beur-teilt werden konnte.Ende des 18. Jahrhunderts kam Bewegung in die Angele-genheit: In London gründeten Schiffsversicherer ein Register of Shipping, auch „Underwri-ters´ Book” oder – wegen seines grünen Einbandes – „Green Book” genannt, in dem auf ihre

Ein historischer Moment: Gründungsversammlung des Germanischen Lloyd am 16.03.1867 im großen Saal der Börsenhalle zu Hamburg (oben) – August Behn, Gründungspräsident des Germanischen Lloyd (links)

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Güte untersuchte Schiffe ver-zeichnet waren. Beurteilungs-kriterien waren unter anderem die Festigkeit des Rumpfs sowie der Zustand von Baumaterial (damals Holz) und Takelage, die Reisedauer und die Ladung (verderbliche Güter oder nicht). Aus den so gewonnenen Daten wurde eine Klasse des Schiffes errechnet – die erste Klassifi -zierungsgesellschaft hatte ihre Arbeit aufgenommen.Über die Frage, ob in London gebaute Schiffe ihre Klasse länger behalten sollten als anderswo gebaute, kam es zu Spannungen mit den Schiffs-reedern, die daraufhin mit dem „Owners´ Book” oder „Red Book” – es war rot einge-bunden – ein eigenes Register eröffneten. Erst 1834 bereinig-te man die Unstimmigkeiten und schloss beide Register zum „Lloyd‘s Register of British and Foreign Shipping” zusammen. Grund dafür war ein Konkur-rent aus Frankreich: Charles Bal hatte 1828 die Gesellschaft „Bureau Veritas”, die ebenfalls

derartige Leistungen anbot, gegründet. Schifffahrt ist ihrer Natur nach international und macht nicht an Landesgrenzen halt. So ist es wenig erstaunlich, dass auch deutsche Schiffsversi-cherer, Reeder und Kaufl eute mit dem Problem kämpften, wie die Güte eines Schiffes zu erkennen sei. In den größe-ren Hafenstädten hatten sich Ende des 18. Jahrhunderts die Schiffsversicherer zusammen-geschlossen; die ersten waren 1797 die Hamburger mit ih-rem Verein „Hamburger Asse-curadeure”, deren Experten die Schiffe vor der Versiche-rung besichtigten. Die Schiffs-versicherer verfügten damit über die Informationen, die sie zur Einschätzung eines Schiffes und zur Festsetzung der Versicherungskonditionen benötigten. Kaufl eute und Reeder konnten allerdings nicht auf diese Erkenntnis-se zugreifen. Sie traten zwar an die Schiffsversicherer mit der Bitte heran, ihr Wissen

zu teilen; besonderer Erfolg war diesen Bemühungen aber nicht beschieden. Auch zu den Daten, die die beiden bereits bestehenden Klassifi kations-gesellschaften – Lloyd´s und

das Bureau Veritas – im Zuge ihrer Tätigkeit erhoben, hat-ten die deutschen Schifffahrts-kreise keinen Zugang. Was fehlte, war also eine deutsche Klassifi kationsgesellschaft.

Das 1909 gebaute Fahrgastschiff „Georg e Washington“ fuhr für den Nord-deutschen Lloyd im Nordatlantik-Dienst

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...und das deutsche PendantIn den beiden bedeutendsten deutschen Hafenstädten, Ham-burg und Bremen, ergriff man die Initiative. 1850 fanden in

Bremen die ersten Beratungen über die Gründung einer eige-nen, deutschen Klassifi kations-gesellschaft statt. In Hamburg nahm am 23. Juni 1862 ein Komitee die Arbeit auf, das sich

mit dieser Frage befasste. Seine Mitglieder waren Vertreter der Reedereien Godeffroy, Schön, Hertz und Sloman, die sich auf Betreiben des Hamburger Kauf-manns und Reeders August Behn zusammengefunden hat-ten. Sie einigten sich auf den Namen “Germanischer Lloyd” für die neu zu gründende In-stitution; die Gründung selbst ließ allerdings noch vier Jahre auf sich warten. Unterstützung erfuhr man in der Zwischenzeit aus Rostock, wo sich besonders der Vizekonsul Franz Paetow für eine deutsche Klassifi kati-onsgesellschaft einsetzte. Nach einer Reihe von Verhand-lungen, die durch den deutsch-dänischen Krieg und politische Ereignisse wie die Schaffung des Norddeutschen Bundes ins Stocken geraten waren, traten am 16. März 1867 um 14 Uhr im Großen Saal der Börsenhalle Hamburg fast 600 Interessierte zur Gründungsversammlung des Germanischen Lloyds zu-sammen. Der wohl wichtigste Tagesordnungspunkt war die

Unterzeichnung des Statuts durch August Behn, stellvertre-tend für das Gründungskomi-tee. Diesem Statut zufolge war die neue Gesellschaft als Genos-senschaft organisiert, die aus ei-nem Zentralbüro und zunächst neun selbstverwalteten Dis-triktvereinen in Hafenstädten an Nord- und Ostsee bestand. Ihnen kam innerhalb des Ger-manischen Lloyds eine wichti-ge Rolle zu: Sie banden Reeder und Einzelmitglieder vor Ort ein und hatten die Aufgabe, ei-nen Nachrichtendienst und ein Vertreternetz zu organisieren. Aus ihren Delegierten setzte sich die Generalversammlung, das übergeordnete Organ des Germanischen Lloyds, zusam-men. Im Statut festgelegt war ferner der gemeinnützige Charak-ter des Germanischen Lloyds. Ausdrückliches Ziel der neuen Gesellschaft war es, die Schiffs-sicherheit zu fördern: Zwar war kein Eigner gezwungen, sein Schiff klassifi zieren zu

Herzlichen Glückwunsch

Wir gratulieren dem Germanischen Lloyd

und seinen Mitarbeitern zu 140 Jahren erst-

klassiger Dienste in der maritimen Branche

und Industrie.

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Qualität seit 1893 und in Zukunftd e c k s m a s c h i n e n

lassen. Ohne Klasse aber fand er schwerlich einen Schiffsver-sicherer, der im Schadensfalle haften würde.Als Hauptort des Germani-schen Lloyd wurde Hamburg bestimmt, das Präsidium hatte August Behn. Bereits zum 15. Mai 1868 gab er sein Amt an den Rostocker Franz Paetow ab, der seinerzeit das Gründungs-statut entworfen hatte; damit befand sich das Zentralbüro des Germanischen Lloyd nun-mehr in Rostock.

Von den Anfängen bis zur KonsolidierungNachdem die organisatori-schen Fragen geklärt waren, verloren die Mitglieder der neuen Klassifi kationsgesell-schaft keine Zeit. Zügig gingen Distriktvereine und Zentralbü-ro an den Ausbau des Besichti-gernetzes; diese konnten, falls erforderlich, als Vertreter des Germanischen Lloyds in Häfen fern des Heimathafens Repara-turen abnehmen, die für den Erhalt der Klasse notwendig waren. Nach nicht einmal zwei

Jahren seines Bestehens ver-fügte der Germanische Lloyd über Besichtiger in Lübeck, Rostock, Wismar, Damgarten, Stralsund, Greifswald, Stettin, Danzig, St. Petersburg, Kopen-hagen; in Emden, Papenburg, Altona, London und Liverpool und Amsterdam, sogar in – von Norddeutschland aus gesehen – entlegenen Gegenden wie Konstantinopel, Swatow, St. Thomas, Amoy, Penang und Singapur. In den folgenden Jahren wurde das weltweite Netz von Besichtigern immer weiter ausgebaut. Bereits einige Monate zuvor, im Oktober 1868, war das erste Internationale Register des Ger-manischen Lloyds herausgege-ben worden. Es erschien zwei-sprachig, auf deutsch und auf englisch, und trug damit einem wichtigen Prinzip in der Ar-beit des Germanischen Lloyds Rechnung: der internationalen Ausrichtung. Verzeichnet waren 272 hölzerne und ein eiserner Segler. Die weitaus meisten von ihnen segelten unter norddeut-scher Flagge, gefolgt von däni-

schen, holländischen, norwegi-schen, spanischen, russischen sowie einem italienischen und einem englischen Schiff. Drei Klassen wurden vergeben: „A” bezeichnete neue beziehungs-weise neuwertige Schiffe ohne Beschränkung der Reisedauer, „B” Schiffe, die für den Trans-port durch Seewasser leicht ver-derblicher Ladung auf längeren Reisen geeignet waren; mit „C” wurden Schiffe gekennzeich-net, die nicht durch Seewasser verderbliche Ladungen trans-portierten, aber nicht unter die Klasse „A” fi elen. Um die Klasse zu erhalten, waren regelmäßige Besichtigungen durchzufüh-ren. Entsprechend der damals gängigen Vermessungsmethode war die Tragfähigkeit der Schif-fe in Tonnen a 1000 Kilogramm angegeben. Sehr zufrieden war man beim Germanischen Lloyd mit dieser Methode allerdings nicht. Damit die deutschen Reeder im internationalen Wettbewerb bestehen könn-ten, so argumentierte ein Mit-glied des Verwaltungsrates des Germanischen Lloyds in einer

Eingabe ans Parlament, müs-se man die Vermessung nach den – für die Reeder wesentlich günstigeren – englischen Vor-schriften vornehmen. Eine ers-te Angleichung erfolgte 1872, eine Nachbesserung 1888. Bis zur endgültigen Übernahme dauerte es aber noch weitere sieben Jahre.Schon 1867 hatte der Schiff-baumeister Friedrich Schüler, Mitbegründer und Vorstands-mitglied des Germanischen Lloyds, die ersten Bauvorschrif-ten für hölzerne Schiffe heraus-gegeben. Sie dienten als Grund-lage für die Klassifi zierung von Schiffen durch die Besichtiger und unterschieden sich in ei-nem zentralen Punkt von den bisherigen Vorschriften: Erst-mals waren die Hauptabmes-sungen des Schiffes, Länge, Breite und Höhe, für die Be-messung der Hauptverbands-teile entscheidend. Diese Da-ten erlaubten es, die Festigkeit eines Schiffes zu beurteilen, indem man das Verhältnis die-ser Werte zueinander zugrunde legte. Eine Methode, die Schule

Der Schnelldampfer „Kaiser Wilhelm II“ errang 1906 mit 23,58 kn Durchschnittsgeschwindigkeit das „Blaue Band“

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Herzlichen Glückwunsch zum 140-jährigen Jubiläum wünscht dem

Germanischen LloydNorthrop Grumman Sperry Marine in Hamburg

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machte: Bereits 1869 schlug der Principal Surveyor von Lloyd´s Register in London vor, die von Friedrich Schüler ver-fassten Grundsätze beim Bau eiserner Schiffe zu berücksich-tigen. Lloyd´s Committee än-derte seine Vorschriften 1870 entsprechend.1870 war auch das Jahr, in dem das Register des Germanischen Lloyds eine erste wichtige Er-gänzung erfuhr: Die Klassi-fi zierung wurde auf eiserne Schiffe ausgedehnt. Damit trug man der schnell fortschreiten-den technischen Entwicklung Rechnung, war doch die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts ge-prägt durch den Übergang vom Holz- zum Eisenschiff und vom Segel- zum Dampfschiff.Im Register von 1875 wird erstmals das heute noch ge-bräuchliche Klassifi kationszei-chen „MC” (für Maschinenbe-trieb) verwendet. Aber nicht nur Dampfschiffe wurden aus Eisen und Stahl gebaut – zu-nehmend fand das neuartige Material auch beim Bau von Segelschiffen Verwendung.

In den folgenden Jahren gewann der Strukturwandel an Dyna-mik. Die Antriebsmaschinen wurden mit dem Übergang von der einfachen zur Compound-, später zur Dreifach- und Vierfa-chexpansionsmaschine immer leistungsfähiger und waren in der Lage, immer größere Schiffe mit immer größerer Ge-schwindigkeit anzutreiben. Die Vierfachexpansionsmaschinen des Doppelschraubendampfers „Kaiser Wilhelm II” hatten eine Gesamtlänge von 22 Metern, wurden mit 15 bar Dampfdruck betrieben und erzeugten über 15 000 Kilowatt Energie. Ähn-liche Dimensionen erreichten erst wieder die Dieselmotoren, die Anfang des 20. Jahrhun-derts gebaut wurden.Auch Maschinen zum Löschen und Laden kamen inzwischen zum Einsatz, um lange, un-rentable Hafenliegezeiten zu vermeiden. Elektrische Anla-gen fanden Verbreitung. Der Germanische Lloyd trug diesen Veränderungen Rechnung und veröffentlichte 1877 die ersten Bauvorschriften für eiserne,

1889 für stählerne Seeschiffe. 1890 folgten neue Vorschriften über Baumaterialien, Kessel- und Maschinenanlagen. 1891 gab man alle bisher erlassenen Bauvorschriften, Besichtigungs- und Klassifi kationsvorschriften für hölzerne, eiserne, stählerne sowie Schiffe in Kompositbau-weise zusammengefasst her-aus. Zwei Jahre später, 1893, erschien ein Register, das zwei Besonderheiten aufwies: Zum einen enthielt es ein Verzeich-nis aller bisherigen Veröffent-lichungen des Germanischen Lloyds. Zum anderen führt es das erste „Motorschiff” in der Flotte des Germanischen Lloyds auf: den Gaffelschoner „Frie-da“, der mit einem Hilfsmotor versehen war. Bis zur endgülti-gen Durchsetzung (echter) Mo-torschiffe sollte es aber noch geraume Zeit dauern.Unter einem weiteren Gesichts-punkt waren die 70er Jahre des 19. Jahrhunderts für den Ger-manischen Lloyd eine bewegte Zeit: 1870 hatte man noch beim Rat der Stadt Rostock den Sta-tus einer juristischen Person für

den Germanischen Lloyd bean-tragt. Dies wurde am 10. Febru-ar 1871 bewilligt – nur Monate vor der Gründung des Deut-schen Reichs, die dazu führte, dass die Generalversammlung im Juni 1872 beschloss, den Sitz der Gesellschaft nach Ber-lin zu verlegen. Das Register von 1873 erschien bereits in der preußischen Hauptstadt.

Eine neue Form...1887 konnte der Germanische Lloyd auf 20 Jahre erfolgreiche Tätigkeit in der Schiffsklassi-fi zierung zurückblicken. Al-lerdings hatte die Gesellschaft nach Jahren einer stetigen Zu-nahme der klassifi zierten Ton-nage ab 1877 einen Rückgang hinnehmen müssen, der im allmählichen Verschwinden der hölzernen Segler begründet lag. Auch die folgenden Jahre brachten noch wirtschaftliche Verluste. Im Juli 1885 zeichnete sich zwar eine Besserung ab, als zwischen dem Deutschen Reich und dem Norddeutschen Lloyd in Bremen ein Vertrag geschlos-sen wurde, der festschrieb, dass

Congratulation to Germanischer Lloyd on their anniversary

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die vom Reich subventionierten und vom Norddeutschen Lloyd bereederten Post-dampfer sämtlich zur höchsten Klasse beim Germanischen Lloyd zu klassifi zieren seien. Dennoch blieb die wirtschaftliche Situation angespannt. In dieser Lage bat man die Reichsregierung um Hilfe, die 1888 auf Veranlassung Bis-marcks eine Kommission einsetzte. Diese erkannte in ihrem abschließenden Bericht den gemeinnützigen Charakter des Ger-manischen Lloyds an und sprach sich ein-deutig gegen eine zu starke Einmischung durch den Staat oder gar eine staatliche Klassifi kation aus. Um den fi nanziellen

Schwierigkeiten zu begegnen, empfahl die Kommission, den bisher genossenschaft-lich verfassten Germanischen Lloyd in eine Aktiengesellschaft umzuwandeln. Dies ge-schah am 5. Oktober 1889 auf einer Gene-ralversammlung in Bremen. Großer Wert wurde darauf gelegt, den gemeinnützigen Charakter zu erhalten. Bis Ende 1889 war das Kapital voll gezeichnet, womit die Be-dingung der Reichsregierung für eine Sub-ventionierung des Germanischen Lloyds erfüllt war. Auf der Generalversammlung am 9. August 1890 konnte erstmals eine Dividende in Höhe von drei Prozent aus-geschüttet werden, im folgenden Jahr lag

sie schon bei fünf Prozent. Nicht nur das wirtschaftliche Überleben des Germani-schen Lloyds war damit gesichert – man hatte auch erfolgreich eine staatliche Kon-trolle über den Schiffbau verhindert und die Bedeutung der Gesellschaft für die Sicher heit auf See sowie für den Schiffbau in Deutschland gefestigt. Die Reeder, die bisher dem Germanischen Lloyd aufgrund der ständig drohenden staatlichen Ein-mischung abwartend bis skeptisch gegen-übergestanden hatten, fassten Vertrauen. So traten beispielsweise 1895 die bremi-schen Reeder geschlossen vom Bureau Ve-ritas zum Germanischen Lloyd über.

Der 1881 von John Elder & Co. gebaute Schnelldampfer „Elbe“ sank 1895 nach ein einer Kollision mit dem Dampfer „Crathie“

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... und eine neue AufgabeIn diese Zeit, in der der Germanische Lloyd seine Bedeutung weiter ausbaute, fällt ein weiteres für seine Entwicklung wichtiges Ereignis: 1887 wurde das Seeunfallversi-cherungsgesetz erlassen, das die Gründung der See-Berufsgenossenschaft vorschrieb. Sie sollte zukünftig Unfallverhütungsvor-schriften erlassen und deren Beachtung überwachen. Damit bestanden zwei Gesellschaften ne-beneinander, die die Schiffssicherheit in ihrem Programm führten. Eine Zusam-menarbeit bot sich an. Sie wurde 1894 in einem förmlichen Vertrag festgeschrieben. Er bestimmte, dass der Germanische Lloyd als Berater in allen technischen Fragen für die See-Berufsgenossenschaft tätig sein und seine Besichtiger insbesondere im Ausland der See-Berufsgenossenschaft zur Verfü-gung stellen sollte. Die Zusammenarbeit funktionierte – bis heute besteht sie fort; 1965 wurde sie im Seeaufgabengesetz ver-ankert, 1968 modifi ziert. Ihre erste Bewährungsprobe hatte sie schon nach einem Jahr zu bestehen, 1895, mit dem Untergang der „Elbe“:

Das „Elbe“-Unglück und seine Folgen: Schiffssicherheit im BlickpunktAm 30. Januar 1895 sank nach einer Kollisi-on mit dem englischen Dampfer „Crathie“ der deutsche Schnelldampfer „Elbe“, 336 Menschen fanden den Tod. Bald schon wurden Vorwürfe erhoben, man habe für die Sicherheit der an Bord Befi ndlichen nicht in ausreichendem Maß Sorge getra-gen. Auch der Reichstag beschäftigte sich mit dem Unglück. Forderungen nach einer stärkeren staatlichen Kontrolle der Schiff-fahrt wurden gestellt. Diese beschied der damalige Reichskanzler Fürst zu Hohen-lohe-Schillingfürst mit einem Verweis auf die gute Zusammenarbeit zwischen See-Berufsgenossenschaft und Germanischem Lloyd zwar grundsätzlich ablehnend – be-merkte allerdings auch: „Sollten sich dabei gleichwohl Mängel ergeben, so werden sich die Regierungen der Einführung einer staatlichen Überwachung des Schiffbaus nicht entziehen können.” Eine staatliche

Reglementierung hing also davon ab, ob sich die vertraglich festgelegte Zusammen-arbeit bewähren und wesentlich zu einer Verbesserung der Schiffssicherheit beitra-gen würde. Die Verbesserung trat ein. Unter dem Ein-druck des Unglücks – und der drohenden Staatsaufsicht über den deutschen Schiff-bau – wurden in den folgenden Jahren zwei Meilensteine im Bemühen um eine sicherere Schifffahrt gesetzt:Auf der Grundlage eines technischen Gut-achtens des Germanischen Lloyds über die Einteilung und Stärke von wasserdichten Schotten für Passagierdampfer konnte die See-Berufsgenossenschaft Vorschriften ausarbeiten, die bereits 1896 verbindlich wurden. Im selben Jahr verfasste der Germanische Lloyd ein Gutachten über den Sicherheits-gewinn, der durch eine für alle Schiffe ver-bindliche Freibordmarke erzielt werden könnte. Aus wirtschaftlichen Gründen stieß eine solche Markierung bei vielen Reedern auf wenig Gegenliebe – je mehr Ladung transportiert werden konnte, des-to höher der Gewinn. Schließlich kam die Freibordmarke doch: Die See-Berufsgenos-senschaft hatte nach den Erkenntnissen, die die Arbeit des Germanischen Lloyds erbracht hatte, Freibordvorschriften for-muliert. Sie galten seit 1903, behinderten allerdings deutsche Schiffe in englischen Häfen – in England galten strengere Vor-schriften; deutsche Schiffe mussten nach den Bestimmungen des Board of Trade auf-wändig nachvermessen werden. Um dieses Problem zu beheben, tagte 1906 in Lon-don die Internationale Freibordkonferenz, an der neben dem Germanischen Lloyd und Lloyd´s Register of Shipping auch Bureau Veritas teilnahm. Man einigte sich – 1908 traten in den beteiligten Ländern gegenseitig anerkannte Neuregelungen in Kraft. Die Arbeit des Germanischen Lloyd für die See-Berufsgenossenschaft beschränk-te sich nicht auf die Gutachtertätigkeit, so wichtig diese auch war. Eine weitere zen-trale Aufgabe stellte die Besichtigung von Schiffen dar. Schnell intensivierte sich die Zusammenarbeit beider Institutionen: 1895 waren erst 99 Besichtigungen für die See-Berufsgenossenschaft durchgeführt worden; bereits ein Jahr später hatte sich diese Zahl um ein Vielfaches auf 780 Be-sichtigungen gesteigert. Auch Schiffe ohne Klasse mussten nach einer Entscheidung der See-Berufsgenossenschaft besichtigt werden, sofern sie mehr als 50 Kubikme-ter Rauminhalt aufwiesen – ein Beschluss, der faktisch alle deutschen Schiffe ab die-ser Größe der Kontrolle des Germanischen Lloyds unterstellte.Nicht zuletzt durch die Arbeit des Germa-nischen Lloyds war die Schiffssicherheit in

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diesen Jahren verstärkt ins öf-fentliche Bewusstsein gerückt. Wieviel davon abhing, verdeut-lichte spätestens die Titanic-Katastrophe von 1912. Auf der Titanic-Konferenz im Januar 1914, an der auch der Direktor des Germanischen Lloyds als Vertreter der deutschen Regie-rung teilnahm, wurde der inter-nationale Vertrag zum Schutz menschlichen Lebens auf See (SOLAS – Safety of Life at Sea) paraphiert. Seine Ratifi zierung wurde durch den Ausbruch des Ersten Weltkriegs verhindert.

Auf Erfolgskurs: der Germanische Lloyd vor dem Ersten WeltkriegDas erklärte Ziel des Germa-nischen Lloyds, die Schifffahrt sicherer zu machen, erforderte es, mit der schnell fortschrei-tenden technischen Entwick-lung Schritt zu halten. Ständig neue Herausforderungen wa-ren zu bewältigen. Sie bestanden zum einen im Bau immer größerer und leis-tungsfähigerer Schiffe. Die bereits erwähnte, 1902 vom Stettiner Vulkan für den Nord-deutschen Lloyd gebaute „Kai-ser Wilhelm II“ gehörte mit ihren fast 20 000 BRT und 38 000 PS bereits zu den größ-ten Schiffen ihrer Zeit, wurde aber schon drei Jahre später von der „George Washing-ton“ mit knapp 26 000 BRT bei allerdings „nur” 20 000 PS übertroffen. Neue Maßstäbe setzten am Vorabend des Ers-ten Weltkriegs die Schiffe der IMPERATOR-Klasse: Die „Im-perator“, die „Vaterland“ und die Bismarck“ (gebaut beim Stettiner Vulkan beziehungs-weise bei Blohm & Voss) waren mit mehr als 50 000 BRT nicht nur die damals größten Schiffe der Welt, sondern gehörten mit 60 000 bis 90 000 PS auch zu den leistungsfähigsten. Das war ihrer Antriebsart mit den neu-artigen Turbinen geschuldet. Klassifi ziert wurden diese tech-nisch ausgereiften Schiffe beim Germanischen Lloyd. Zum anderen etablierte sich in dieser Zeit mit den Motorschif-fen ein neuer Schiffstyp: Die-selmotoren warfen neue tech-nische Fragen auf. Seit 1912 wurden diese Schiffe als eige-

ne Rubrik geführt. Als erstes in Deutschland gebautes Motorschiff wurde 1913 die „Monte Peccedo“ mit 3700 BRT und 1600 PS in Dienst gestellt. Für 1913 ver-bucht das Register des Germanischen Lloyd bereits 64 Motorschiffe, 1914 sogar schon 98.Eine Zwischenbilanz für das Jahr 1914 zeichnet das Bild einer gut auf-gestellten Gesellschaft, bei der beinahe zehn Prozent der Welthan-delsfl otte klassifi ziert sind. Die in langen Jah-ren aufgebauten und sorgfältig gepfl egten Verbindungen ins Ausland tra-gen zur gefestigten Position in der internationalen Schifffahrt bei, die fi nanzielle Lage hat sich seit der Umwandlung in eine Aktien gesellschaft nicht nur konsolidiert, sondern aus-gesprochen günstig entwickelt; so beträgt der für das Jahr 1914 ausgewiesene Reingewinn über 214 000 Mark, fast 50 000 mehr als im Vorjahr. Gründe genug, mit Zuversicht in die Zukunft zu blicken – eigentlich.

Der Erste WeltkriegMit Kriegsbeginn fanden keine Überholungen von Schiffen durch die See-Berufsgenossen-schaft mehr statt. Damit brach

ein wichtiges Arbeitsfeld auch des Germanischen Lloyds weg. Alle Verträge mit Staaten, die nun zu Kriegsgegnern gewor-den waren, waren auf einmal unwirksam. Ein Großteil der internationalen Verbindun-gen, auf die man immer gro-ßen Wert gelegt hatte, war zer-schnitten. Die überwiegende Zahl der ausländischen, beim Germanischen Lloyd klassifi -zierten Schiffe wechselte die Klasse, zahlreiche deutsche Schiffe lagen in den Häfen neutraler Staaten fest, wurden aufgebracht oder versenkt. Alle diese Schiffe konnten nicht mehr regelmäßig besichtigt werden. Bedeutende Einnahme-

verluste waren die Folge. Zwar übte der Germa-nische Lloyd für das Reichsmarineamt die Bauaufsicht bei zahlrei-chen Kriegsschiffen und die Besichtigung von Schiffen aus, die für die Dauer des Krieges in den Diensten des Reichsma-rineamtes standen; auch erschloss man sich mit der Klassifi zierung von 30 neu gebauten Binnen-schiffen für die Zentrale Einkaufsgesellschaft in Berlin (ZEG) eine neue Einnahmequelle und klassifi zierte 20 Donau-Schleppkähne für den Bayerischen Lloyd. Dar-

über hinaus wurden trotz des Krieges noch einige bedeuten-de Seeschiffs-Neubauten fertig-gestellt, die der Germanische Lloyd klassifi zierte, so die 1915 bei Blohm & Voss gebaute „Cap Polonio“ mit Kolbendampf-maschine und Abdampfturbi-ne, mit knapp 30 000 BRT und 16 000 PS. Für eine Gesellschaft aber, die vor dem Krieg fast zehn Pro-zent der internationalen Ton-nage in ihrem Register geführt hatte, konnte all dies bei wei-tem nicht ausreichen. Zudem stiegen bei gesunkenen Ein-nahmen die Kosten: Für ein-berufene Angestellte musste Kriegsunterstützung gezahlt

Die „Imperator“ lief als größtes Schiff der Welt am 23. Mai 1912 vom Stapel

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werden, die allgemeine Teue-rung machte Teuerungszula-gen notwendig. Der Personal-bestand schmolz zusammen. Zum Feiern war wohl nieman-dem so richtig zumute, als der Germanische Lloyd 1917 sein 50jähriges Bestehen erlebte. Dennoch blickte man mit Stolz auf das Erreichte zurück: „Seit der Neugestaltung des Germa-nischen Lloyd widmeten wir uns mit besonderem Eifer der Fortentwicklung unserer Bau-vorschriften, wobei wir uns u. a. auch von dem Gesichtspunkt leiten ließen, den Schiffen nicht nur den höchsten Grad an Seetüchtigkeit zu geben, sondern sie auch etwaigen be-sonderen Zwecken, denen sie dienen sollten, nach Möglich-keit anzupassen. Wir nahmen deshalb in unsere Bauvor-schriften Bestimmungen auf, die es uns ermöglichen, auch solchen Schiffen unsere Klas-se zu erteilen, die von der ge-wöhnlichen Form und Bauart abweichen.” „Schiffe, die von der gewöhn-lichen Form und Bauart ab-

weichen” – eine Formulierung, die sich schon bald als sehr zutreffend erweisen sollte: Mit zunehmender Dauer des Krie-ges verschärfte sich der Materi-almangel. Die Kriegswirtschaft zwang zum Experimentieren mit dem ungewöhnlichen Baumaterial Eisenbeton. Aus einem Buch über den Bau von Eisenbetonschiffen: “Nachdem durch die U-Boote der Mittel-mächte ein großer Teil der Han-delsfl otte [...] versenkt worden ist, hat sich ein empfi ndlicher Mangel an verfügbarem Schiffs-raum eingestellt, der eine au-ßerordentliche Erhöhung der Frachtpreise zur Folge gehabt hat. Es entsteht nun die Frage, auf welche Weise man jetzt und nach dem Kriege wohl den ver-lorengegangenen Schiffsraum wieder ergänzen könnte. [...] In der gegenwärtigen Zeit ist na-türlich an den Bau von stähler-nen Schiffen nicht zu denken. Es muß also ein Ersatzbaustoff gefunden werden, und da ist nun zu überlegen, ob etwa Ei-senbeton an Stelle des Stahls in Betracht kommt. In der Tat

liegt die Vermutung nahe, dass [...] jetzt wohl die Zeit gekom-men sein könnte, diese Bauwei-se im großen in Anwendung zu bringen.” Eine recht opti-mistische Einschätzung. Denn die Stahlknappheit infolge des Krieges verstärkte vielleicht das Interesse an Eisenbeton-schiffen; weithin durchsetzen konnten sie sich aber nicht, vor allem nicht, nachdem der Krieg vorbei war. Zwar schwammen diese Eisenbetonschiffe, sie wa-ren aber schwer und ihre See-Eigenschaften mit denen von stählernen Schiffen nicht zu vergleichen. Der Germanische Lloyd verweigerte ihnen Klas-se und Bauüberwachung, da ihre Festigkeit nicht in ausrei-chendem Maße gewährleistet war.Für die chaotischen letzten Kriegsmonate fehlen verläss-liche Nachrichten über den Germanischen Lloyd. 1916 war noch ein Register in einer Art Notausgabe veröffentlicht worden; hinsichtlich der Bau-vorschriften gibt eine Notiz in einem Aufsichtsratsprotokoll

Auskunft: „Die Bauvorschriften waren in der Arbeit. Wir wur-den durch den Ausbruch der Revolution an weiteren Sitzun-gen gehindert. Die Vorschriften konnten deshalb noch nicht gedruckt und veröffentlicht werden.”

Hauptverwaltung in Berlin

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Lloyd Werft Bremerhaven GmbHwww.lloydwerft.com

1857–2007150 Jahre Schiffbau.

Dem Germanischen Lloydherzlichen Glückwunsch zu 140 Jahren

Sicherheit auf See.

Wiederaufnahme der ArbeitDie Bilanz bei Kriegsende fi el wenig ermutigend aus. Der überwiegende Teil der bisher beim Germanischen Lloyd klassifi zierten Tonnage war weggefallen. Viele ausländische Schiffe waren zu einer Klassifi -kationsgesellschaft ihrer Natio-nalität oder eines befreundeten Staates gewechselt. Die deutsche Schifffahrt wür-de Jahre brauchen, um sich vom Krieg und seinen Folgen zu erholen: Nach Angaben der Statistik des Deutschen Reichs machten allein die Kriegsverlus-te etwa die Hälfte der deutschen Handelsfl otte vor dem Krieg aus. Zudem trafen die Auslieferungs-verpfl ichtungen, die im Versail-ler Vertrag festgeschrieben und auf Grundlage des „Gesetzes über die Enteignung der deut-schen Handelsfl otte“ vom Au-gust 1919 durchgesetzt wurden, die deutsche Schifffahrt hart, so dass schließlich der Bestand an Schiffen auf ein Volumen von nur noch knapp 650 000 BRT reduziert war. Für den Germanischen Lloyd bedeuteten die Auslieferungen zwar zunächst einmal eine bedeutende Einnahmequel-le – die Schiffe waren vor der Auslieferung zu besichtigen. Dieser Effekt war aber nicht nachhaltig, fi el damit doch die Geschäftsgrundlage für die weitere Arbeit weg. Die in den ersten beiden Nachkriegs-Geschäftsjahren erzielten Ge-winne waren also keineswegs Zeichen einer Konsolidierung. Die zahlreichen Schiffsneubau-ten, die die verlorene Tonnage

ersetzen sollten, konnten das Blatt auch nicht wenden, denn die einsetzende Infl ation fraß alle Gewinne schnell auf. Der Germanische Lloyd profi tierte in dieser Situation sehr davon, dass die Besichtigungen im Ausland in Devisen bezahlt wurden. Allen Schwierigkeiten zum Trotz bemühte man sich, die durch den Krieg unterbro-chene Arbeit möglichst schnell wieder aufzunehmen.

Konsolidierung in bewegten Zeiten: der Germanische Lloyd zwischen den KriegenDer Wiederaufbau gestaltete sich schwierig, wenn auch das „Gesetz zur Wiederherstellung der Handelsfl otte“ – 1917, noch mitten im Krieg, verab-schiedet – und der „Reederei-abfi ndungsvertrag“ von 1921 eine fi nanzielle Hilfestellung leisteten. Seit 1920 erschien erstmals wie-der das jährliche Register, das nun als weiteres Klassezeichen KAZ für Kühlschiffe auswies. Ab 1922 wurden auf Anregung der Seeversicherer die Schiffe in vier Kategorien – Dampfschiffe, Segelschiffe, Motorschiffe und Schleppschiffe – unterteilt. Seit 1922 wurden auch wieder Fahrgastschiffe klassifi ziert. Für dieses Jahr wies die Bilanz einen Gewinn von fast 18 Mio. Mark aus – eine Zahl, die allerdings vor dem Hintergrund der im-mer schneller fortschreitenden Infl ation zu bewerten ist. 1923 erreichte diese Entwicklung ih-ren Höhepunkt, als wegen der rasanten Geldentwertung und der absurd hohen Zahlen in

Bei der „Barbara“ kommen anstelle von Segeln Flettner- Rotoren zum Einsatz

Milliarden und Billionen, die keine wirtschaftlich verwertba-ren Angaben mehr darstellten, nicht einmal eine Schlussbilanz vor Einführung der Goldmark 1924 erstellt werden konnte.Ab 1924 besserte sich die Lage. Der Jahresabschluss des Ger-manischen Lloyds wies einen soliden Überschuss in Höhe von fast 280 000 Rentenmark aus. Die deutsche Seehandels-fl otte wuchs beständig und hat-te 1926 die Marke von 3,5 Mio. BRT überschritten. Das Register des Germanischen Lloyds aus diesem Jahr verzeichnet eine klassifi zierte Tonnage von 3,8 Mio. BRT, darunter schiffstech-nische Besonderheiten wie die mit Flettner-Rotoren ausgestat-teten Schiffe „Barbara“ und Buckau“, die in einer eigenen Abteilung „Rotorschiffe” aufge-führt waren.

Zahlreiche Schiffe, die in dieser Zeit gebaut wurden, erhielten statt der inzwischen veralteten Kolbendampfmaschine Turbi-nen als Antrieb. Seit Erfi ndung des nach seinem Erfi nder be-nannten Föttinger-Wandlers arbeiteten diese leistungsstark und wirtschaftlich – zunächst auch wirtschaftlicher als die Dieselmotoren dieser Zeit, zumindest für große, schnelle Schiffe. So verfügten die bei-den Schnelldampfer „Europa“ und „Bremen“, gebaut 1930 und1928 bei Blohm & Voss be-ziehungsweise der “AG Weser” für den Norddeutschen Lloyd, über je vier Getriebeturbinen-sätze mit zusammen 75 000 Kilowatt, die jeweils einen Pro-peller antrieben. Die „Bremen“ gewann mit dieser so ausgeleg-ten Maschinenanlage 1929 das Blaue Band für die schnellste

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Atlantiküberquerung. Beide Schiffe von etwa 50 000 BRT erreichten eine Durchschnitts-geschwindigkeit von 26,5 Kno-ten. Die 1925 bei Blohm & Voss für die Hamburg-Amerika-Li-nie gebaute „Hamburg“ mit gut 21 000 BRT und 14 000 PS wurde ebenfalls mittels einer Turbinenanlage angetrieben. Alle drei Schiffe waren beim Germanischen Lloyd klassifi -ziert. Aber auch die Dieselmotoren erfuhren eine stetige Weiter-entwicklung und eigneten sich bald für den Einsatz in größe-ren und schnelleren Schiffen, wie die1929 bei Blohm & Voss für die Hamburg-Amerika-Li-nie gebauten „ST. Louis“ und „Milwaukee“ zeigten, die im-merhin eine Geschwindigkeit von 16 Knoten erreichten.

In diese Jahre fi el auch das 60jährige Bestehen des Ger-manischen Lloyds, das 1927 festlich begangen wurde. Der weitere Weg des Germanischen Lloyd folgte der durch die Konsolidierung vorgegebenen Richtung: Ende der 20er Jahre hatte der Germanische Lloyd die durch den Krieg abgeris-senen internationalen Verbin-dungen erfolgreich wieder-aufgebaut – eine Tatsache, die sich auch in der Teilnahme an der „Konferenz zum Schutze menschlichen Lebens auf See” (SOLAS) 1929 und der inter-nationalen Freibord-Konferenz 1930 (beide in London) zeigte; für letztere hatte der Germani-sche Lloyd in Zusammenarbeit mit der See-Berufsgenossen-schaft wesentliche Vorarbeit geleistet. Seit 1932 war der dort

verabschiedete Internationa-le Freibordvertrag Bestandteil der deutschen Gesetzgebung, dessen Einhaltung von Ger-manischem Lloyd und See-Be-rufsgenossenschaft gemeinsam überwacht wurde. In diesem Zusammenhang wurden dem Germanischen Lloyd erstmals öffentlich-rechtliche Befugnisse übertragen. Im Mai 1939 nahm der Germanische Lloyd auf Ein-ladung des Regsitro Italiano Navale an der ersten Konferenz der Klassifi kationsgesellschaf-ten in Rom teil.Neben der Pfl ege der inter-nationalen Verbindungen

kenn zeich net eine rege For-schungstätigkeit diese Jahre. So beteiligte sich der Germanische Lloyd an zahlreichen Versuchen aus nahezu allen Bereichen der Schiffstechnik. Die Ergebnis-se fanden Eingang in die vom Germanischen Lloyd erlassenen Bauvorschriften und wurden so direkt in die Praxis umgesetzt. Auf diese Weise trug der Ger-manische Lloyd beispielsweise wesentlich zur raschen Verbrei-tung der damals neuartigen elektrischen Schweißung an Seeschiffen bei.In den frühen 30er Jahren er-reichte die Weltwirtschaftskrise

Die 1930 gebaute „Europa“ war ein bliebtes Motiv für Maler...

...und Fotografen

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auch die deutsche Schifffahrt: Schlechte Frachtraten und ein Überangebot an Tonnage standen miteinander in einer Wechselwirkung. Viele Reeder mussten ihre Schiffe bis zu ei-ner Besserung der Lage aufl e-gen – Schiffe, die folglich nicht mehr besichtigt wurden und als Einnahmequelle auch für den Germanischen Lloyd weg-fi elen. Eine Besserung zeichne-te sich erst 1935 ab, als endlich wieder große Passagierschiffe gebaut wurden, wie die „Pots-dam“ bei Blohm & Voss für den Norddeutschen Lloyd. Als weiteres Zeugnis für die Auf-geschlossenheit des Germani-schen Lloyd gegenüber Neuent-wicklungen wurde die 1938 bei der Deutschen Werft gebaute „Patria“, die einen neuartigen dieselektrischen Antrieb hatte, klassifi ziert. Sie erhielt ein eige-nes Klassezeichen: das übliche Kürzel MC (für „Maschinenan-lage”) wurde mit dem Zusatz „exp.” für Experiment ergänzt.1939 konnte der Germanische Lloyd 4,7 Millionen BRT klassi-fi zierte Tonnage vorweisen, was etwa sieben Prozent der Welt-handelsfl otte entsprach. Bevor jedoch der Vorkriegsstand wie-der erreicht wurde, brach ein zweiter Krieg aus.

Der Zweite WeltkriegDer Ausbruch des Zweiten Weltkrieges unterbrach die hoffnungsvolle Entwicklung, die der Germanische Lloyd nach Überwindung der Welt-wirtschaftskrise genommen hat te. Das mühsam aufgebaute Vertrauen, das die fruchtbare internationale Zusammenar-beit der letzten Zwischenkriegs-jahre erst ermöglicht hatte, war zerstört. Auch die Veröffent-lichungstätigkeit des Germa-ni schen Lloyds ruhte seit Kriegs ausbruch. Wie schon im Ersten Weltkrieg, so wechsel-ten auch diesmal die meisten

der ausländischen Schiffe die Klassifi kationsgesellschaft. An deutschen Werften wurden mit fortschreitendem Kriegsverlauf immer weniger Schiffe gebaut, die zivilen Zwecken dienten. Diese Einnahmequelle ging also verloren, wurde aber zum Teil durch Neubauten kom-pensiert, die der Germanische Lloyd im europäischen Aus-land noch überwachte. 1942, als der Handelsschiffbau an deutschen Werften praktisch zum Erliegen kam, waren dies immerhin 464 000 BRT an Tonnage. Schiffe gingen durch Kriegseinwirkung verloren, la-gen – wie 1914 – in ausländi-schen Häfen fest oder wurden für Kriegszwecke wie zum Bei-spiel Geleitzugsfahrten requi-riert. Prisenschiffe übernahm ebenfalls zum größten Teil die Reichsmarine, nur ein kleiner Teil wurde den Reedern zur Verfügung gestellt. Die Versorgungslage verschlech-terte sich spürbar. Dieselöl wurde knapp, was dazu führte, dass Bauaufträge für Schiffe mit

Dieselmotor zunächst nicht weiterbearbeitet wurden. In der Zwischenkriegszeit war ein Übergang vom Dampfschiff auf das modernere Motorschiff zu beobachten gewesen. Nun machte man, gezwungen durch die Treibstoffknappheit, einen Schritt zurück und entwickel-te im „Hansa-Bauprogramm” drei Schiffstypen von 2000, 2800 und 5300 BRT, die sämt-lich durch Dampfmaschinen mit Kohlefeuerung angetrieben wurden. Über 200 Schiffe die-ses Programms wurden gebaut, zum überwiegenden Teil im Ausland mit Klasse des Germa-nischen Lloyds.Aber nicht nur Treibstoff, auch Baumaterial wurde zu-nehmend knapper. Material-engpässe beim normalerweise verwendeten Siemens-Martin-Stahl machten es erforderlich, auf den weniger hochwerti-gen, spröderen Thomas-Stahl zurückzugreifen. Der Not der Stunde gehorchend, hatte der Germanische Lloyd 1941 Richt-linien herausgebracht, die die

Verwendung von Sonder-Tho-mas-Stahl auch für wichtige Teile des Schiffes erlaubten. Die Herstellung dieses Stahls war optimiert worden, so dass er in seinen Eigenschaften (nach An-gaben der deutschen Industrie) dem Siemens-Martin-Stahl zu-mindest nahe kam. Bald reichte auch das nicht mehr aus. Die ständige weite-re Verschärfung der Material-knappheit führte dazu, dass man sich auf einen Schiffstyp besann, mit dem man in der ähnlich verzweifelten Lage im Ersten Weltkrieg bereits expe-rimentiert hatte: Das Beton-schiff erlebte eine Renaissance. Schon damals war man sich der Nachteile dieser Schiffe – ihrer mangelnden Festigkeit bei-spielsweise – nur allzu bewusst gewesen. Auch diesmal vergab der Germanische Lloyd an Schiffe dieses Typs keine Klas-se, sondern stellte ihnen nur einen „Bauschein” aus, der auf den „Vorläufi gen Bestimmun-gen für Stahlbetonschiffe” des Germanischen Lloyd von 1943

Die Schiffe des „Hansa-Bauprogramms“ wurden wegen der Treibstoffknappheit mit kohle-befeuerten Dampfmaschinen angetrieben

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beruhte. Einige dieser Fahrzeu-ge wiesen eine erstaunlich lan-ge Lebensdauer auf. Das letzte dieser Schiffe war immerhin bis 1991 in Fahrt. Am 8. Mai 1945 endete der Krieg mit der Kapitulation Deutschlands.

Alles in Schutt und Asche: Der Germanische Lloyd am Ende?Schon die Bilanz am Ende des Ersten Weltkriegs war entmuti-gend genug ausgefallen. Nun aber stand man – im Sinne des Wortes – vor einem Trümmer-haufen:Luftangriffe und Kampfhand-lungen in Berlin, das in der letzten Phase des Krieges Front-stadt geworden war, hatten die Infrastruktur der Hauptverwal-tung des Germanischen Lloyds zerstört. Das Büro Unter den Linden war ausgebrannt, Ak-ten, Bibliothek und der Groß-teil der Zeichnungen verloren gegangen. Das Personal war zum Teil im Krieg ums Leben gekommen. Das Bankkonto war gesperrt. Die Inspektio-nen in Bremen, Bremerhaven-

Wesermünde, Düsseldorf und Warnemünde waren ebenso vollständig zerstört wie die Hauptverwaltung, die Vertre-tungen in Stettin, Danzig, Kö-nigsberg und Memel existierten nicht einmal mehr. Das Gebäu-de des Germanischen Lloyds in Hamburg war ebenfalls dem Erdboden gleichgemacht. Die Akten der Inspektion Kiel sowie das gesamte Büro Brunsbüttel waren beschlagnahmt worden. Die einzige Verdienstmöglich-

keit dieser Zeit bestand in der auf Anordnung der Militärre-gierung fortgesetzten Zusam-menarbeit mit der See-Berufs-genossenschaft in Flensburg – es sah aus, als sei der Germa-nische Lloyd diesmal am Ende.Diese Befürchtung schien Ge-wissheit zu werden, als die Be-satzungsbehörden ihre Absicht erkennen ließen, den Germa-nischen Lloyd aufzulösen; das 75jährige Jubiläum, das man 1942 hatte begehen können,

schien der letzte große Geburts-tag des Germanischen Lloyds gewesen zu sein – der zweite übrigens, der in einen Welt-krieg fi el. Die Geschichte lehrt: Es kam anders. Heute, mehr als 60 Jahre nach diesen Ereignis-sen, klassifi ziert der Germani-sche Lloyd immer noch und in stetig wachsendem Umfang Schiffe – und deckt ein weites Tätigkeitsfeld darüber hinaus ab. Es ging also weiter.

Aus Trümmern wiederaufgebautFürsprecher aus Schifffahrt, Schiff bau und Schiffsversiche-rung setzten sich beim Alliier-ten Kontrollrat für den Germa-nischen Lloyd ein und erreich-ten, dass der Gesellschaft im November 1945 eine vorläufi ge Erlaubnis erteilt wurde, ein pro-visorisches Zentralbüro in Ham-burg einzurichten. Die Klas ifi -kationstätigkeit wurde wieder aufgenommen. Das erste nach dem Krieg klassifi zierte Schiff war der kleine, für die Ber-gungsarbeiten im Hamburger Hafen noch 1945 in Dienst

1950 wurde mit dem Dampfer „Brook“ der erste deutsche Nachkriegs-Neubau in Dienst gestellt

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gestellte Dampfer „Adolf“. Seine Zweifach-Expansionsdampfmaschine ziert lange Zeit das Foyer des Germanischen Lloyds in Hamburg. Das erste Nachkriegsregister zu erstellen, gestaltete sich erheblich schwieriger. Das letzte reguläre Register war 1939 erschie-nen, der Druck der Ausgabe von 1940 war auf Betreiben der Marine eingestellt wor-den. Mangels an zentraler Stelle vorliegen-der Quellen versuchte man in mühsamer Kleinarbeit, Informationen über Verbleib und Schicksal der Schiffe zu beschaffen. Erst

1948 konnte wieder ein erstes, noch provi-sorisches Register herausgegeben werden.Es illustriert die Folgen des Krieges für die deutsche Schifffahrt: Gemäß den Be-schlüssen von Jalta und Potsdam musste Deutschland den Großteil der Schiffe, die nicht im Krieg verloren gegangen waren, als Reparationsleistung an die Alliierten abgeben. Das Register von 1948 weist nur etwa 400 000 BRT klassifi zierte Ton-nage auf, weniger noch als nach den Aus-lieferungen, die seinerzeit im Versailler Vertrag festgeschrieben worden waren.

Der Germanische Lloyd stand also, was das Volumen der klassifi zierten Tonnage anging, nicht viel besser da als unmittel-bar nach seiner Gründung – nur weniger hoffnungsvoll.Langsam besserte sich die Lage. Am 4. Fe-bruar 1948 wurde dem Germanischen Lloyd von den alliierten Behörden die endgültige Zulassung erteilt. Das generel-le Schiffbauverbot war schon 1946 gelo-ckert worden, als der Alliierte Kontrollrat Direktiven für den Neubau von Schiffen erlassen hatte. Das Bauprogramm für diese so genannten „Potsdam-Schiffe” beschränkte allerdings die Größe der Neubauten auf 1500 BRT, ihre Geschwin-digkeit auf 12 Knoten und ihren Aktions-radius auf 2000 Seemeilen. Wirtschaftlich Schifffahrt betreiben ließ sich unter die-sen Bedingungen kaum. Eine Lockerung der Vorschriften 1949 brachte eine gerin-ge Erleichterung. Wenigstens hatte die Währungsreform vom 20. Juni 1948 in den drei westlichen Besatzungszonen die Infl ation beendet. Allerdings war Deutschland nun faktisch zweigeteilt in die „Trizone” und die sow-jetische Besatzungszone, die auf die neue westdeutsche Währung mit Einführung der Ostmark nur wenige Tage später reagierte. Die Hauptverwaltung des Germanischen Lloyd blieb bis auf weiteres in Hamburg angesiedelt, während die sowjetische Zone von der ehemaligen Berliner Hauptverwal-tung betreut wurde.1950 erschien das erste vollständige Nachkriegsregister. Es verzeichnete knapp 470 000 BRT Tonnage, wovon nur 18 Schiffe mit insgesamt gut 30 000 BRT un-ter ausländischer Flagge fuhren. Immerhin konnte in diesem Jahr zum ersten Mal seit sieben Jahren eine Dividende ausgeschüt-tet werden. Sie lag, den Statuten entspre-chend, bei fünf Prozent. Ebenfalls 1950, im Februar, wurde mit dem Dampfer „Brook“ der erste deutsche Nachkriegs-Neubau in Dienst gestellt – klassifi ziert beim Germa-nischen Lloyd.1950 wuchs dem Germanischen Lloyd zudem ein weiteres Arbeitsfeld zu: Der Deutsche Transport-Versicherungsverband (DTV) hatte bis zum Krieg in Berlin ein Büro zur Überwachung von Binnenschiffen unterhalten. Nach dem Krieg wurde es auf-grund der ungewissen Situation in Berlin in Hamburg wiedereröffnet und – wegen der Ähnlichkeit seiner Aufgaben mit denen des Germanischen Lloyds – unter dessen Verwaltung gestellt. Die deutsche Handelsfl otte, und mit ihr der Germanische Lloyd, erholte sich rascher als erwartet von den Kriegsfolgen. Die zahlrei-chen Schiffsneubauten, die der Germani-sche Lloyd überwachte, vermehrten nach ihrer Fertigstellung die klassifi zierte Flotte, was weitere Arbeits- und damit Einnahme-

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quellen schuf. Entsprechend nahmen auch die für die See-Berufsgenossenschaft ausge-führten Tätigkeiten zu.Das Register von 1952, das dritte reguläre nach dem Krieg, wies bereits 1,6 Mio. BRT deutsche Tonnage auf. Drei weitere Jahre später, 1955, hatte man fast die Drei-Mil-lionen-Marke an klassifi zierter Tonnage erreicht. Bei der überwiegenden Zahl der verzeichneten Schiffe handelte es sich um Neubauten. In den nächsten Jahren, die geprägt waren vom so genannten Wirt-

schaftswunder, setzte sich das Wachstum ungebremst fort. 1960 hatte der Germani-sche Lloyd nach Anzahl und Tonnage der klassifi zierten Schiffe den Vorkriegsstand von 1939 überschritten. Dabei ist aller-dings zu berücksichtigen, dass sich die Welthandelsfl otte inzwischen stark ver-größert hatte, der prozentuale Anteil des Germanischen Lloyds also kleiner ausfi el als 1939; auch der Anteil der ausländi-schen Tonnage war mit zehn Prozent noch nicht sehr bedeutend. Sollte man eine Bi-

lanz ziehen, fi ele diese dennoch positiv aus: Innerhalb recht kurzer Zeit hatte der Germanische Lloyd aus seiner aussichtslos scheinenden Nachkriegssituation heraus gegen eine ganze Reihe von Widerständen eine wirtschaftlich arbeitende Klassifi ka-tionsgesellschaft aufgebaut, die über eine solide Grundlage für die künftige Entwick-lung verfügte.Auch an die so wichtigen internationalen Verbindungen konnte man wieder an-knüpfen. Von den meisten Staaten war der Germanische Lloyd zehn Jahre nach Kriegs-ende entweder neu oder wieder anerkannt worden. So nahm er auch an der ersten Konferenz der Klassifi kationsgesellschaften nach dem Krieg teil, die 1955 in Paris statt-fand und genutzt wurde, um die Beziehung zu anderen Klassifi kationsgesellschaften zu pfl egen; vier Jahre später folgte eine weitere Konferenz, die zur Vorbereitung einer für 1961 angesetzten Freibordkonferenz dien-te. Auch mit der 1948 gegründeten Interna-tional Maritime Consultative Organization (IMCO) arbeitete die Gesellschaft zusam-men. In das Jahr 1955 fi el ein weiteres, in-tern wichtiges Ereignis: Der Germani-sche Lloyd zog – wieder einmal – um. Die Hauptverwaltung residierte nun im Görtz-Palais am Neuen Wall 86. Klassi-zistisch war nur die Fassade. Dahinter

Hauptverwaltung von 1955 bis 1977 in Hamburg am Neuen Wall

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verbarg sich ein moderner, neu errichte-ter Verwaltungsbau, der für die nächsten Jahrzehnte den Germanischen Lloyd be-herbergen und ihm Raum für seine in-zwischen breiter gefächerten Tätigkeiten geben sollte. Diese bestanden nicht mehr nur in der Bauüberwachung und Klassifi -zierung von Schiffen, sondern umfassten auch Forschungsaufgaben in beträchtli-chem Umfang, deren Ergebnisse direkt in die Praxis einfl ossen, wie zum Beispiel im Fall des Fachnormenausschusses Schiff-bau, in dem Vertreter des Germanischen Lloyds bereits seit dem Ersten Weltkrieg mitarbeiteten.

Zwei deutsche Staaten – zwei deut-sche Klassifi kationsgesellschaften? Schon die Währungsreform von 1948 hatte die drei unter Verwaltung der Westmächte stehenden Zonen von der Sowjetischen Besatzungszone getrennt. Der monetä-ren Zweiteilung, die durch D-Mark und Ostmark symbolisiert wurde, folgte 1949 die Gründung der Bundesrepublik bezie-hungsweise, wenig später, der DDR. Bisher hatte das Personal des ehemaligen Berliner Hauptsitzes die Arbeit des Germa-nischen Lloyd in der sowjetischen Zone fortgeführt. Nun wurde der Hauptsitz der Gesellschaft, der zunächst ja nur proviso-

risch in Hamburg ansässig gewesen war, dauerhaft dorthin verlegt, da man beim Germanischen Lloyd in richtiger Einschät-zung der Lage auf absehbare Zeit nicht mehr mit einem einheitlichen deutschen Staat rechnete.Die DDR gründete im April 1950 eine ei-gene Klassifi kationsgesellschaft, die Deut-sche Schiffs-Revision und Klassifi kation (DSRK). Sie war – anders als der Germani-sche Lloyd, der eine allzu große Nähe zum Staat stets vermieden hatte – eine staatliche Institution und unterstand direkt dem Mi-nisterium für Verkehr der DDR. Sie über-nahm mit sofortiger Wirkung alle Tätig-keiten des Germanischen Lloyds, wofür sie sich zunächst noch auf dessen Vorschriften stützte. Ihre Hauptarbeit bestand darin, den Neubau der Schiffe zu überwachen, die als Reparationen an die Sowjetunion abzuliefern waren. Der große Umfang der Reparationsleistungen machte dies zu einer Aufgabe, die die Aktivitäten der DSRK für die folgenden Jahren bestimmte: Das letzte Schiff, das als Reparationsleistung für die Sowjetunion gebaut worden war, wurde erst Ende 1953 übergeben, zu einer Zeit also, als man in der Bundesrepublik dabei war, die Kriegsverluste wieder aufzuholen. Auch nachdem die Reparationsverpfl ichtungen abgearbeitet waren, bauten die Werften der DDR in Warnemünde, Rostock, Wismar, Stralsund und Wolgast überwiegend Schif-fe, die in die Sowjet union gingen. Die Tätigkeit des Germanischen Lloyds in der DDR kam, wenn auch nur vorüber-gehend, zum Erliegen. 1951 machten die Einnahmen aus der Arbeit in der DDR nur noch zehn Prozent der Gesamteinnahmen aus und nahmen weiter ab, so dass man sich schließlich 1952 zur Aufl ösung des Standortes Berlin entschloss. Im Verlauf ihres Bestehens wurde die DSRK der 1968 gegründeten IACS (International Association of Classifi cation Societies) als assoziiertes Mitglied angeschlossen. Mit dem Germanischen Lloyd, der seit 1960 auch wieder in der DDR tätig war, pfl egte sie eine konstruktive Zusammenarbeit, die 1974 in einem Gegenseitigkeitsvertrag fest-geschrieben wurde.

Elektronische Datenverarbeitung: Berechnung statt EmpirieIn den zehn Jahren zwischen 1960 und 1970 nahm die Welthandelsfl otte rasch zu – eine Entwicklung, von der auch der Germanische Lloyd profi tieren konnte, dem es gelang, seinen Tonnagebestand nahezu zu verdoppeln. Immer größere Schiffe mit Längen über 200 Meter wur-den gebaut. Sie fuhren zwar wirtschaft-licher als kleinere, stellten aber auch höhere Anforderungen an die Bauteile. Aus diesem Grund kürzte man 1962 die Überholungszeiten ab, die nötig waren,

Spezial 18 Schiff & Hafen | März 2007 | Nr. 3

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um die Klasse zu erhalten, und ging zu laufenden Besichtigungen über; so wollte man dem individuellen Betriebsablauf je-des Schiffes gerecht werden.Ermöglicht wurde diese Entwicklung hin zu immer größeren Schiffen erst durch eine zentrale Neuerung, die sich Anfang der 60er Jahre etablierte: Elektronische Großrechengeräte – die Vorläufer heutiger Computer – setzten sich auch für schiffs-technische Berechnungen durch. Beim Germanischen Lloyd erkannte man früh die Möglichkeiten, die diese neue Technik bot. Zusammen mit dem Rechenmaschi-nenhersteller und der Technischen Hoch-schule Hannover wurden Programme er-stellt und eingesetzt, um unter anderem Leckstabilität, Schottkurven, Kurvenblät-ter, Trimmkurven und Tankinhaltskurven zu berechnen. Diese Großrechenanlagen begründeten eine völlig neue Herangehensweise: Wa-ren bisher die Bauvorschriften aufgrund empirischer Daten erstellt worden, so war es nun möglich, diese Daten durch wis-senschaftlich fundierte Rechenverfahren zu ersetzen. Bahnbrechend war in dieser Hinsicht die später entwickelte Finite-Element-Methode, die es erlaubt, jedes Bauteil virtuell auf seine Festigkeit hin zu überprüfen, bevor man es verbaut. Dies hilft, Probleme in der Konstruktion früh-zeitig zu erkennen und kostenintensive

spätere Nachbesserungen zu vermeiden. Neuartige Schiffe wie die Containerschiffe oder Großtanker wären ohne diese Metho-de nicht denkbar gewesen.

Revolution im Schiffbau: Die Containerschiffe kommenNachdem der Krieg überstanden war, stieg die Nachfrage nach Konsumgütern in al-len Industrieländern. Das Containerschiff machte es möglich, sie wesentlich rationel-ler zu bedienen als Schiffe herkömmlichen Typs.Angefangen hatte alles in den 50er Jahren in den USA, als der Fuhrunternehmer Mal-colm McLean einen wirtschaftlichen Weg suchte, Waren zu verschiffen, ohne sie im Hafen umständlich umladen zu müssen. Seine Idee: Die Aufl iegergehäuse von Sat-telschleppern ohne das Fahrgestell direkt auf das Schiff zu verladen und so über See zu befördern. Lange und teure Liegezeiten im Hafen und ein personalintensiver Um-schlag durch Hafenarbeiter würden so ein-gespart werden können. Das erste „Con-tainerschiff” war der umgebaute Frachter „Ideal X“, der 1956 in Fahrt gesetzt wurde. 1960 gründete Mc Lean mit der Sea-Land Corporation die erste Containerschiff-Reederei. Seine Idee machte Schule, lagen doch die wirtschaftlichen Vorteile für jeden Reeder auf der Hand. Trotzdem dauerte es noch weitere sechs Jahre, bis 1966 das erste

Containerschiff – die „Fairland“ der Sea-Land-Reederei – mit Bremen einen deut-schen Hafen anlief. Zu dieser Zeit war die Umstellung der Schifffahrt auf den Contai-ner schon in vollem Gange. 1968 übernah-men die wichtigsten Liniendienste als erste die neue Transporttechnik. Der Schiffbau reagierte schnell: Bereits Ende 1968 baute der Bremer Vulkan für den Norddeutschen Lloyd die „Weser Ex-press“, Blohm & Voss für die Hapag die „Elbe Express“. Diese beiden ersten in Deutschland gebauten Containerschiffe hatten eine Frachtkapazität von jeweils 750 TEU (twenty-foot equivalent units). Später folgten Schwesterschiffe sowie eine Reihe größerer Einheiten.Containerschiffe unterscheiden sich in ih-rer Bauart wesentlich von herkömmlichen Handelsschiffen: Damit der Stauraum noch bis in den letzten Winkel ausgenutzt werden kann, müssen die Öffnungen im Deck möglichst groß sein und über sta-bile Lukendeckel verfügen, um weitere Container an Deck zurren zu können. Bei Containerschiffen sind mehr als drei Vier-tel der Decksfl äche durch Lukenöffnungen unterbrochen – das Schiff verfügt also über kein geschlossenes Deck mehr, sondern ist offen. Seine Festigkeit ist damit nicht mehr im gleichen Maße gegeben wie bei geschlos-senen Schiffen. Offene Schiffe sind wesent-lich anfälliger für Tordierung und stellen hohe Anforderungen an ihre Konstrukteure und damit auch an die Klassifi kation.

Die „Weser Express“ mit einer Frachtkapazität von 750 TEU gehörte zu den ersten, in Deutschland gebauten Containerschiffen

Nr. 3 | März 2007 | Schiff & Hafen 19 Spezial

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Der Germanische Lloyd hatte schon Anfang der 60er Jahre die ersten Erfahrungen mit rechnergestützer Konstrukti-on gesammelt. Für die Ent-wicklung der Containerschiffe wurden seine Bauvorschriften wegweisend. Ein umfangrei-ches Forschungsprogramm vor

allem zu Fragen der Torsions-steifi gkeit lag ihnen zugrunde, in dem man sich dem neu-artigen Schiffstyp sozusagen von zwei Seiten näherte: Mit Computerhilfe ermittelte Be-rechnungsergebnisse wurden in der Praxis an einem Plexi-glasmodell überprüft. Auf die

so gewonnenen Erkenntnisse war man angewiesen, da noch keine Messwerte von bereits fahrenden Schiffen vorlagen, die man hätte verwenden kön-nen. Die Lösungen, die der Germa-nische Lloyd für diese Schiffe mit offenem Querschnitt er-arbeitete, überzeugten. Seine Spezialisten wurden auch zur Beratung und zu Torsionsstei-fi gkeitsberechnungen beim Bau von Schiffen hinzugezo-gen, die nicht vom Germani-schen Lloyd klassifi ziert wur-den. Auch die Bedeutung der richtigen Zurrung von Con-tainern wurde erkannt. Nach eingehender Forschungsarbeit auch auf diesem Gebiet gab der Germanische Lloyd 1973 erst-mals „Richtlinien zur Stauung und Zurrung von Containern an Bord von Schiffen“ heraus (ab 1979 „Vorschriften”).Die Erkenntnisse des Germani-schen Lloyds fanden weltweit Anerkennung und sicherten den deutschen Werften einen Vorteil im internationalen Wettbewerb: Seit Anfang der 70er Jahre bauten sie einen bedeutenden Teil der weltwei-ten Containerschifftonnage. Der Germanische Lloyd hat dank seines Spezialwissens von den Anfängen der Contai-nerschifffahrt an durchgängig immer mindestens 25 Prozent der Welt-Containerschiffston-nage klassifi ziert – Tendenz steigend. Heute, 50 Jahre nach-

dem Malcolm McLean seine Idee in die Tat umsetzte, sind die Container aus dem inter-nationalen Güterverkehr nicht mehr wegzudenken. In ihnen kann nahezu jedes Transport-gut kostengünstig und schnell transportiert werden, egal ob Motorräder, Kleidung, Nah-rungsmittel oder jede belie-bige sonstige Ware. In einem Zeitschriftenartikel wurden sie unlängst als „Turbolader der globalen Wirtschaft” be-zeichnet.Die großen Containerschiffe der heutigen Zeit verfügen über weitaus mehr Raum als ihre Vorgänger: Hatten die Contai-nerschiffe der so genannten ersten und der zweiten Gene-ration (von 1968 beziehungs-weise ab 1969) noch eine Brei-te von maximal 30,50 Meter, die es erlaubte, an Deck zwölf Container nebeneinander zu stapeln, so sind die Schiffe der dritten Generation bereits bis zu 32,30 Meter breit, bei einer Länge von 294 Metern (Pan-Max-Klasse). Heute sind Containerschiffe mit einer Stellplatzkapazität von mehr als 10 000 TEU im Einsatz. Seit 1991 werden auch Open-Top-Schiffe gebaut, die hinsichtlich der Torsionsfes-tigkeit noch problematischer sind als die herkömmlichen Containerschiffe. Auch hier leistete der Germanische Lloyd grundlegende Forschungs- und Entwicklungsarbeit.

Anfang der 90er Jahre gehörten Schiffe wie die „Hannover Express“ mit über 4000 TEU zu den größten Containerschiffen

Spezial 20 Schiff & Hafen | März 2007 | Nr. 3

SPEZIAL | GERMANISCHER LLOYD

Seit der Anfangszeit der Con-tainerschiffe hat der Germa-nische Lloyd die technische Weiterentwicklung nicht nur begleitet, sondern wesentlich mitgeprägt. Das jüngste Projekt ist ein Mega-Container-Carrier, dessen Konstruktionszeich-nungen der Germanische Lloyd in Zusammenarbeit mit der Werft Hyundai Heavy Indus-tries erstellt hat. Das Schiff soll 382 Meter lang und 54,20 Me-tern breit werden und mehr als 13 000 Container mit einer Ge-schwindigkeit von 25,5 Knoten befördern.

Anfänge der AutomationIn die Anfangszeit der Con-tainerschiffe fällt eine weitere bahnbrechende Neuerung, die ebenfalls erst durch die elek-tronische Datenverarbeitung möglich wurde: 1964 wurde mit dem Kühlschiff „Minden“ das erste Schiff mit einem teil-weise automatisierten Antrieb in Dienst gestellt. Auch hier hatte der Germanische Lloyd Pionierarbeit geleistet und Bau-vorschriften und Prüfmetho-den für die neue Technologie entwickelt. Als erste Klassifi ka-tionsgesellschaft vergab er ein Klassenzusatzzeichen „AUT“ – für Schiffe dieser Art, deren Maschine anfänglich 16 Stun-den und heute sogar 24 Stun-den lang ohne menschliche Aufsicht betrieben werden darf. Sie erfuhren seit Indienststel-lung der „Minden“ eine rasche Verbreitung: Führte 1970 be-reits ein Drittel aller Neubau-ten das Klassezeichen AUT, so stellen sie heute die überwie-gende Mehrheit.

100 Jahre im Dienst der Schiffssicherheit – 100 Jahre Germanischer LloydWährend sich die Entwicklun-gen anbahnten, die die Schiff-fahrt der folgenden Jahrzehnte nachhaltig prägen sollten und noch heute bestimmen, jährte sich das Bestehen des Germa-nischen Lloyds zum hunderts-ten Mal. Es wurde am 16. März 1967 in der Hamburger Bör-senhalle, dem Gründungs ort des Germanischen Lloyds, fei-erlich begangen. In der Fest-schrift zu diesem Anlass wurde den am Erfolg Beteiligten für

ihre Zusammenarbeit gedankt. Besondere Erwähnung fand nicht zuletzt die Aufgabe, die den gemeinnützigen Charak-ter der Gesellschaft bis heute defi niert. In den Worten des Autors: „Der Fortschritt in der Technik ist mit der schärfsten Ausnutzung des Möglichen verbunden. Diesem die Grenze der Sicherheit vorzuschreiben, ist Aufgabe der Klassifi kations-gesellschaft.”

Das Atomzeitalter beginnt – nicht nur an LandLange vor der Ölkrise expe-rimentierte man in den 50er Jahren mit einer bisher nur militärisch genutzten Energie-quelle: der Kernenergie. Auch in der Schifffahrt ließ sie sich einsetzen. Die weltweite Euphorie über die neue, vermeintlich so sau-bere Technologie ließ Zweifel (zunächst) nicht aufkommen. Der russische Eisbrecher „Le-nin“ und das amerikanische

Fracht- und Fahrgastschiff „Sa-vannah“ waren bereits einige Zeit erfolgreich in Fahrt und schienen allen Befürwortern des neuen Antriebs Recht zu geben. Auch in Deutschland bestand Interesse an einem Kernenergieschiff, war es doch in seinem Betrieb unabhängig von der Preisentwicklung fossi-ler Treibstoffe. Sobald sein Re-

aktor einmal lief, lieferte er die für den Antrieb nötige Energie völlig autark. 1962 wurde ein Frachtschiff von 14 000 Ton-nen Tragfähigkeit bei den Ho-waldtswerken in Kiel in Auftrag gegeben, das mit einem Reak-tor ausgestattet werden sollte. 1964 wurde es auf den Namen „Otto Hahn“ getauft, allerdings vergingen noch vier Jahre, bis es 1968 in Dienst gestellt wurde. Sein Betrieb gab keinen Grund zu Beanstandungen. Alle Si-cherheitsstandards, die der Germanische Lloyd, diesmal in Zusammenarbeit mit dem Bureau Veritas und dem TÜV, festgelegt hatte, waren beachtet worden. Die „Otto Hahn“ legte in elf Jahren – bis 1979 – fast 650 000 Seemeilen ohne Zwi-schenfall zurück und verbrach-te dabei insgesamt 2134 Tage auf See.Dennoch: Obwohl inzwischen die Ölkrise die Begrenztheit der Erdölreserven und die Ab-hängigkeit von der OPEC klar vor Augen geführt hatte, regten sich Zweifel. Die hohen Si-cherheitsrisiken rückten in den Blickpunkt, die Unbeherrsch-barkeit des nuklearen Brenn-stoffs, sollte es doch einmal zu einem Zwischenfall kommen, das Risiko, das die radioakti-ve Strahlung darstellte, nicht zuletzt die Frage nach der Ent-sorgung des Antriebsreaktors, nachdem das Schiff einmal außer Fahrt gesetzt sein wür-de. Dies alles verhinderte, dass sich der Reaktorantrieb in der zivilen Schifffahrt durchsetz-te. Das Atomschiff Otto Hahn wurde 1979 außer Dienst gestellt.

Festakt zum 100-jährigen Bestehen des Germanischen Lloyd am 16. März 1967 in der Hamburger Börsenhalle

Nr. 3 | März 2007 | Schiff & Hafen 21 Spezial

140 Jahre

Germanischer Lloyd

- wir gratulieren!

Der Germanische Lloyd setzt Maßstäbe im TankerbauDie steigende Nachfrage nach Öl, Ölprodukten und Gas führ-te zum Bau immer größerer Tankschiffe. Mitte der 50er Jah-re galt ein Tanker mit 20 000 tdw als groß, in den 60er Jahren waren Tanker um 100 000 tdw keine Ausnahme mehr. Die Zu-nahme ihrer Tragfähigkeit lässt sich an einigen in den 70er Jah-ren beim Germanischen Lloyd klassifi zierten Tankschiffen ver-folgen: Die „Clavigo“ von 1970 verfügte über eine Tonnage von 120 000 tdw, die „Lagena“ von 1974 über 317 200 tdw, die „Esso Deutschland“ D gar über 421 680 tdw. 1973 brach die Ölkrise über die industrialisierte Welt herein und führte zu einem vorläufi -gen Ende des Tankerbooms, der die Reeder wie auch die Schiff-bauindustrie empfi ndlich traf. In einer globalisierten Welt, die vom Öl abhängig ist, wer-den aber nach wie vor und in jüngster Vergangenheit wieder verstärkt Tankschiffe gebaut.

Tankschiffe stellen aufgrund ihrer Fracht eine große Her-ausforderung dar: Schlägt ein Tanker leck, ist nicht nur das Schiff selbst, die Menschen an Bord und seine Ladung in Ge-fahr; darüber hinaus droht die Verseuchung einer großen Flä-che Wassers beziehungsweise Küste mit dem auslaufenden Öl. Tankerunglücke wie das der „ Amoco Cadiz“ und der „Eri-

ka“ 1978 und 1999 vor der bre-tonischen Küste sowie der „Ex-xon Valdez“ 1989 vor Alaska sind trauriger Beleg für dieses besondere Gefahrenpotential. Der Germanische Lloyd erließ auch für diesen Schiffstyp Bau- und Klassifi kationsvorschrif-ten, denen ein umfangreiches Forschungsprogramm zugrun-de lag. So erarbeitete man eine neue Berechnungsmethode,

die Aufschluss darüber gibt, ab welcher Kollisionsgeschwin-digkeit die Außenhaut eines Tank- oder Chemikalienschiffs aufreißt. Kollisionssimulatio-nen wurden durchgeführt, um Informationen darüber zu er-halten, wie sich verschiedene Schiffsformen und Unfallgeg-ner auswirken. Auf Grundlage dieser Erkenntnisse vergab der Germanische Lloyd – als erste

Die „Esso Deutschland“ mit einer Tragfähigkeit von über 421 680 tdw

Spezial 22 Schiff & Hafen | März 2007 | Nr. 3

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Gesellschaft überhaupt – einen Klassenzusatz, der darüber Aus-kunft gibt, wie widerstandsfä-hig ein Schiff gegen Kollisionen ist. Das Zeichen COLL ist seit 1984 in Verwendung. Um den Kollisionswiderstand zu verbessern, forderte die MARPOL-Konvention der IMO bereits 1973 eine Doppelhülle für alle neu gebauten Tank-schiffe. Nach der „Exxon Val-dez“-Katastrophe beschloss die IMO, dass alle ab 1996 gebau-ten Tanker mit mehr als 5000 Tonnen Transportgewicht über eine Doppelhülle verfügen müssen, und verschärfte diese Vorschrift nach dem Unglück der „Erika“: Ab 2015 sollen überhaupt nur noch Doppel-hüllentanker fahren dürfen.

Plattformen, Pipelines und künstliche Inseln: Meeres-technik...Seit seiner Gründung war der Germanische Lloyd klar auf die schiffstechnische Entwicklung fokussiert gewesen. In den 60er Jahren begann sich die Gesell-schaft auch anderen techni-

schen Bereichen zu öffnen. Die Einrichtung der „Industrieab-teilung” weist bereits in diese Richtung, auch wenn sich ihr Erfolg zunächst in Grenzen hielt. Seit Anfang der 70er Jahre jedoch wurden die technischen Dienstleistungen des Germa-nischen Lloyds, die über den Bereich Schiffstechnik hinaus-

gingen, stärker nachgefragt. In den folgenden Jahren sollte die Diversifi kation zunehmend an Bedeutung gewinnen. Den Anfang machte die Offshore-Technik. 1973 wurde der Germanische Lloyd vom Bundesministerium für Forschung und Technologie damit beauftragt, die Konstruk-

tion der Forschungsplattform „Nordsee” zu prüfen, ihren Bau und ihre Stationierung nordwestlich von Helgoland zu überwachen. Die Verantwor-tung war groß, stellten doch die Rechenergebnisse des Ger-manischen Lloyd die einzige verlässliche Konstruktions-grundlage dar. Auf gesicherte

Die Begleitung von Offshore-Projekten wie die Errichtung der ersten deutschen Ölförderplatt-formen „Schwedeneck” (rechts) und der künstlichen Insel „Mittelplate” (links) war eine interes-sante neue Herausforderung für den Germanischen Lloyd

Nr. 3 | März 2007 | Schiff & Hafen 23 Spezial

Das German Lashing Team wünscht dem

Germanischen Lloydalles Gute zum 140jährigen Bestehen

und bedankt sich anlässlich dieses stolzen Jubiläums

GERMAN LASHING Robert Böck GmbHMarcusallee 928359 BremenTel. +49 421 17361-0Fax +49 421 17361-99e-mail: [email protected]: www.germanlashing.de

für die gute und auch freundschaftliche

Zusammenarbeit.

Erkennt nisse aus der Praxis konnte man damals noch nicht zurückgreifen. Ein weiteres Großprojekt folgte noch vor Fertigstellung der „Nordsee”: Von 1974 an arbeitete der Germanische Lloyd zusam-men mit der norwegischen Klassifi kati-onsgesellschaft Det Norske Veritas am Bau einer 450 Kilometer langen Ölpipeline von Norwegen bis nach Emden mit. Beide Pro-jekte, die „Nordsee” wie die Pipeline mit ihren beiden Plattformen, wurden 1976 erfolgreich abgeschlossen. Weitere anspruchsvolle meerestechnische Projekte folgten. So war der Germanische Lloyd an der Errichtung der ersten deut-schen Ölförderplattformen, „Schwedeneck” in der Kieler Bucht und der künstlichen In-sel „Mittelplate” im Wattenmeer, beteiligt und übernahm die Überwachung ganzer Plattformkomplexe wie beim Prinos-Pro-jekt im ägäischen Meer. 1987 arbeitete der Germanische Lloyd bei der Errichtung des weltweit ersten Äthylen- Offshore-Termi-nals mit, 1988 wurden die Förderanlagen und Plattformen zur Erschließung eines riesigen Ölfelds vor Qatar beaufsichtigt. In jüngerer Zeit wurden Projekte im Golf von Mexiko, vor Ägypten und in der Nordsee durchgeführt.

...Windenergie, Wasserbau und Anla-genbau: erweitertes Tätigkeitsfeld Angefangen hatte alles mit der Klassifi ka-tion von Schiffen für die Fahrt auf dem offenen Meer. Mit den Offshore-Anlagen war der Germanische Lloyd bereits näher ans Ufer herangerückt. Der Schritt an Land hatte mit der Einrichtung der Industrieab-teilung und vor allem in den 70er Jahren

mit der Ausweitung der nichtmaritimen Aktivitäten stattgefunden: Inzwischen überwachte man auch Industrieanlagen und ihre Bestandteile. 1977 dehnte der Germanische Lloyd sei-nen Tätigkeitsbereich ein weiteres Mal aus – auf die Windenergie und den Wasserbau. Eines der ersten Wasserbau-Projekte war die Beratung der Wasser- und Schifffahrts-verwaltung bei einem Schiffshebewerk; ein Aufgabenfeld, das nach wie vor aktuell ist. Aus der Zeitschrift “nonstop” des Germa-nischen Lloyds, 2006: „Erdbebensicher-heit: Die ist gerade bei Großprojekten wie Staudämmen von großer Bedeutung. Der Germanische Lloyd hat das Fluidverhal-

ten sowie die daraus resultierenden Kräf-te bei Längs- und Querbewegungen des Schiffstrogs des Hebewerks berechnet, das im Rahmen des chinesischen Drei-Schluch-ten-Projekts entsteht. “ Dabei bedient man sich eines modernen numerischen Ver-fahrens, “um verläßliche Vorhersagen zu treffen, welche Fluidbewegungen auftreten und wie sie sich auswirken.” Im Bereich Windenergie ist der Germani-sche Lloyd inzwischen Marktführer.

Wachstum braucht Raum: ein neues Haus für den Germanischen LloydDer Wasserbau und die Windenergie waren nicht die einzigen neuen Tätigkeitsfelder. Über die Jahre waren einige Fachbereiche hinzugekommen. Sie auszulagern, war allenfalls eine vorübergehende Lösung. Langfristig half nur der Umzug in ein grö-ßeres Gebäude. Daher verließ die Gesell-schaft 1977 das Görtz-Palais und bezog mit dem Haus Vorsetzen 32 einen Neubau, der neben allen Abteilungen auch noch genug Raum für ein modernes Rechenzen-trum und Kapazität für eventuelle spätere Erweiterungen bot.

Fortschritt durch Forschung Von Anfang an war die schiffstechnische Forschung ein wesentlicher Bestandteil der Arbeit des Germanischen Lloyds; oft – wie bei der Entwicklung der Containerschiffe – erwies er sich als Schrittmacher. Mit der Ausweitung des Tätigkeitsbereichs wurden auch die Forschungsaufgaben vielfältiger. Sie betrafen alle Bereiche, in denen der Germanische Lloyd technische Dienstleis-tungen anbot.Schon 1976, nach dem Bau der For-schungsplattform „Nordsee”, hatte das Bundesministerium für Forschung und Technologie dem Germanischen Lloyd die Begleitung aller Projekte im Bereich Schiffs- und Meerestechnik übertragen, die von ihm gefördert wurden. In der Fol-gezeit intensivierte sich diese Kooperati-on. Für das Forschungsprojekt “Schiff der Zukunft” arbeiteten Werften, Zulieferer, Reeder und Wissenschaft zusammen, der Germanische Lloyd begleitete das Projekt im Auftrag des Ministeriums. Ziel war es, die Wirtschaftlichkeit zu steigern, aber vor allem auch, die Sicherheit zu erhö-hen und Arbeitsplätze an Bord optimal zu konzipieren. Bis heute nimmt die Forschungstätigkeit einen bedeutenden Teil im Aufgabenspekt-rum des Germanischen Lloyds ein. So ent-wickelte man 1996 das CAD-Programm POSEIDON. Es beruht auf den Bauvor-schriften des Germanischen Lloyds, kommt – ständig aktualisiert – bei der Konstrukti-on und Beurteilung von Schiffen zur An-wendung und erlaubt eine Erhöhung der strukturellen Schiffssicherheit, der Quali-

Im Bereich Windenergie ist der Germani-sche Lloyd inzwischen Marktführer

Spezial 24 Schiff & Hafen | März 2007 | Nr. 3

SPEZIAL | GERMANISCHER LLOYD

tät und der Produktivität. Internetportale wie „globe” ermöglichen inzwischen sogar eine Projektabwicklung ohne Papier: Alle Projektbeteiligten haben via Internet Zu-griff auf alle Unterlagen – ob Zeichnungen, Zertifi kate oder Berichte. Seit dem Frühjahr 2005 beteiligt sich der Germanische Lloyd zusammen mit Partnern aus Unternehmen, Wissenschaft und Behörden am europäi-schen Forschungsprojekt SAFEDOR, das den methodischen Ansatz eines risikoba-sierten Schiffsdesigns verfolgt. Ziel ist „eine neue Sicherheitsphilosophie bei Schiffbau und Schifffahrt”.

Am Vorabend der Schiffbaukrise: eine ZwischenbilanzSchon 1971 hatte die beim Germanischen Lloyd klassifi zierte Tonnage mehr als zehn Millionen BRT betragen. Ende der 70er Jahre erreichte sie knapp 17 Mio. BRT. Der Anteil der ausländischen Schiffe machte 50 Prozent aus, in die allerdings auch ausge-fl aggte deutsche Schiffe einzurechnen sind. Die durch den Zweiten Weltkrieg zerstörten internationalen Beziehungen waren wieder aufgebaut worden: Der Germanische Lloyd hatte den ersten Zweijahresvorsitz der 1968 gegründeten IACS übernommen, arbeitete mit der International Maritime Organizati-on (IMO) zusammen, war von zahlreichen ausländischen Staaten anerkannt worden und genoss international einen guten Ruf. Er verfügte über ausgezeichnete Ingenieure. Das breite Aufgabenspektrum bot gute Zu-kunftsperspektiven.Allerdings warf die wenig später einset-zende Schiffbaukrise bereits ihre Schatten voraus: In den 70er Jahren hatte sich der Schiffbau nach Ostasien verlagert, da dort Schiffe billiger gefertigt wurden als in den „klassischen” Schiffbauländern; allein Ja-pan wurden zwischen 1975 und 1978 30 Schiffe nach Vorschriften des Germani-

schen Lloyds neu gebaut. Der Wettbewerb verschärfte sich, die Preise für Neubauten fi elen, die Produktion ging zurück. Dem Tonnagezuwachs der 70er Jahre folgte die Stagnation.Dabei blieb es jedoch nicht.

Die Krise1982 setzte ein Rückgang ein, der sich bis Mitte der 80er Jahre verschärfte. 1987 schließlich war der Tiefpunkt erreicht. Ab 1988 besserte sich die Lage wieder. Auch der Germanische Lloyd wurde von der

MIt dem CAD-Programm „POSEIDON“ optimierte Schiffskonstruktionen

Nr. 3 | März 2007 | Schiff & Hafen 25 Spezial

Schiffbaukrise erfasst. Er war jedoch weniger schlimm ge-troffen, da man sich in dieser Krisensituation neuen schiffs-technischen Entwicklungen öffnete, auf die das Wort von den „Schiffen [...], die von der gewöhnlichen Form und Bau-

art abweichen” ebenfalls an-wendbar ist: Der Germanische Lloyd entwickelte mit, über-wachte und klassifi zierte Fast Ferries, die so genannten High Speed Crafts sowie Schiffe aus Marine-Aluminium, die auf Werften in Europa, Asien und

Australien gefertigt wurden. Katamarane und SWATH-Schif-fe wurden unter seiner Aufsicht gebaut. Außerdem beschäftigte sich der Germanische Lloyd mit der Konstruktion von Booten, Schiffen und Großbauteilen – wie 60 Meter langen Blättern

für Windenergie-Anlagen – aus Faserverbundstoffen. Zudem wurden die Auswirkun-gen der Krise durch die in den 60er Jahren begonnene und in den 70er Jahren weitergeführte Diversifi kation abgefedert. Der Bereich Meerestechnik mit dem Schwedeneck- und dem Mittel-plate-Projekt und den anderen Projekten vom Mittelmeer bis zum Golf sowie die nichtma-ritimen Tätigkeiten sorgten dafür, dass zusätzlich Geld in die Kasse des Germanischen Lloyd fl oss. So musste – anders als bei anderen Gesellschaften – kein Personal aufgrund der Krise entlassen werden. Als das Schlimmste überstanden war und wieder Klassifi kations- und Überwachungsdienstleistun-gen nachgefragt wurden, erwies sich dies als großer Vorteil.

Auf ErfolgskursNach der Schifffahrtskrise dau-erte es folgerichtig auch nicht lange, bis der Germanische Lloyd sich wieder auf Erfolgs-kurs befand. Es wurden immer

Moderne Hochgeschwindigkeitskaramarane verkehren zwischen den Kanarischen Inseln

Spezial 26 Schiff & Hafen | März 2007 | Nr. 3

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mehr Schiffe klassifi ziert. Be-reits 1991 konnte die Gesell-schaft mit 18,5 Mio. BRT den höchsten Tonnagebestand seit ihrer Gründung verzeichnen; 70 Prozent davon entfi elen auf ausländische Schiffe. Die

ausländischen Vertretungen und das Besichtigernetz wur-den entsprechend ausgebaut. In 115 Ländern war der Ger-manische Lloyd präsent. 85 eigene Inspektionen standen in Deutschland und im Ausland

zu Diensten, die restlichen Ver-tretungen wurden von anderen Klassifi kationsgesellschaften übernommen, mit denen man Gegenseitigkeitsvereinbarun-gen getroffen hatte. Die Windenergie erlebte An-fang der 90er Jahre einen spür-baren Aufschwung. Sie sollte in den kommenden Jahren zu-nehmend Bedeutung erlangen. Ein eigenes Testfeld lieferte wichtige Forschungsergebnisse. Auch in anderer Hinsicht zeitig-te die Forschung ein Ergebnis: Schon viele Jahre hatte der Ger-manische Lloyd für das Bundes-ministerium für Forschung und Technologie Projekte begleitet. Nun, 1991, wurde ihm statt der Projektbegleitung die Projekt-trägerschaft übertragen. Dies beinhaltete die Administration der Mittel für die Forschung.Der Germanische Lloyd befand sich also offensichtlich auf ei-nem guten Weg und hatte das neue Jahrtausend schon im Blick, als ziemlich unvermutet eine neue Herausforderung auf die Gesellschaft zukam.

Für den 1991 gebauten Chemikalientanker „Conger“ vergab der GL erstmals sein höchstes Kollisionsschutzzeichen Coll 5

Mit gut ausgebildeten Mit arbeitern vor Ort

Nr. 3 | März 2007 | Schiff & Hafen 27 Spezial

Innovation in der Schiffstechnik

Klassifiziert vom Germanischen Lloyd

Germanischer Lloyd – Deutsche Schiffs-Revision und Klassifikation (DSRK)Am 9. November 1989 wurde die Berliner Mauer geöffnet. Die Wiedervereinigung stand bevor, und damit stellte sich auch die Frage, wie es mit der Schiffs-klassifi kation weitergehen soll-te. Die DSRK unterstand direkt dem Verkehrsministerium der ehemaligen DDR, das mit sei-nem bundesdeutschen Pendant die Verhandlungen führte. Beide Klassifi kationsgesellschaften, die schon zu DDR-Zeiten konstruk-tiv zusammengearbeitet hatten, nahmen an diesen Gesprächen teil und verhandelten auch di-rekt miteinander. Schließlich ei-nigte man sich darauf, die DSRK aus dem DDR-Verkehrsministe-rium herauszulösen und dem Germanischen Lloyd einzuglie-dern. Am 14. September 1990 wurde der Beitritt des DSRK zum Germanischen Lloyd voll-zogen und die Inspektionen, die beide Gesellschaften in Ber-lin-West beziehungsweise -Ost unterhielten, zusammengefasst.

125 Jahre alt und sehr lebendigAm 16. März 1992 gab es wie-der ein Jubiläum zu feiern. 125 Jahre Schiffstechnik, in jüngerer Zeit auch die Ent-wicklung anderer Bereiche, hatte der Germanische Lloyd mitgeprägt, zwei Weltkriege überdauert und sich interna-tional einen Namen gemacht. Begangen wurde das Jubiläum, wie inzwischen schon üblich, in der Hamburger Börsenhal-le. Ein anschließender Senats-empfang im Rathaus bildete einen der Höhepunkte der Fei-erlichkeiten.

Gleichzeitig war 1992 eines der erfolgreichsten Jahre in der Geschichte des Germanischen Lloyds: Ende 1992 lag die klassifi zier-te Tonnage bei 18 Millionen BRT für die Seeschiffe und 1,14 Mio. tdw für Binnenschiffe, noch nicht eingerechnet 3057 Binnenschiffe aus dem Bestand der DSRK.

... und noch ein Jubiläum: 100 Jahre Vertrag mit der See-BerufsgenossenschaftAm 27. November 1994 konn-te der Germanische Lloyd auf hundert Jahre Zusammen-

arbeit mit der See-Berufsge-nossenschaft zurückblicken – eine Zusammenarbeit, die sich bewährt hatte. Der da-mals geschlossene Vertrag, so ist im Tätigkeitsbericht von 1994 zu lesen, sei „bis auf den heutigen Tag unverändert, das heißt tatsächlich in demselben Wortlaut, gültig.” Gelobt wird auch die gute Kooperation des Bundesministeriums für Ver-kehr mit den beiden Institu-tionen. Das Ergebnis sei „ein im internationalen Vergleich hoher Stand der Sicherheit auf deutschen Schiffen; dies macht unter anderem einen Teil der Reputation aus, die die Flotte unter deutscher Flagge genießt. Kritische Beobachter und Ken-ner des metiers haben immer wieder [...] bescheinigt, dass dieses deutsche System der Durchführung der Schiffssi-cherheitsaufgaben sehr effi zi-ent ist.” Wenn sich auch in dieser Zeit viel gewandelt habe – eines sei gleich geblieben: „Dem über 100 Jahre erstaunlich

Wieder eine Jubiläumsfeier in der Hamburger Börsenhalle: Das 125-jährige Bestehen des Germanischen Lloyd

Spezial 28 Schiff & Hafen | März 2007 | Nr. 3

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Wir gratulieren dem Germanischen Lloydzum Jubiläum

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konstant gebliebenen Phä-nomen schneller technischer Entwicklung hat in dieser Zu-sammenarbeit immer eine allen Anforderungen gewach-sene Organisation gegenüber-gestanden.”

RoRo-Fähren, Massengut- und Substandard-SchiffeAm 28. September 1994 sank die RoRo-Fähre „Estonia“ auf ihrer Fahrt von Tallin nach Stockholm. 852 Menschen ka-men ums Leben, als auf nicht geklärte Weise Wasser eindrang, das Schiff eine starke Schlagsei-te bekam und innerhalb kurzer Zeit sank. Um den Untergang ranken sich bis heute verschie-dene Theorien.Bei der „Estonia“ handelte es sich um ein modernes Schiff, das erst 1980 gebaut worden war und sich in einem guten Zustand befand. Noch Ende 2006 befasste sich ein Unter-

suchungsausschuss des schwe-dischen Parlaments mit dem Unglück, das als schwerstes eu-ropäisches Schiffsunglück seit der „Titanic“-Katastrophe gilt. Nicht einmal sieben Jahre zuvor hatte der Untergang der „Herald of Free Enterprise“, einer ebenfalls erst 1980 gebauten RoRo-Fäh-re, die Öffentlichkeit erschüttert. Damals waren knapp 200 Menschen ums Le-ben gekommen. Die Unfallursache war in diesem Fall jedoch eindeutig auf menschliches Versagen zurückzu-führen.Beim Germanischen Lloyd reagierte man unmittelbar auf die Tragödie der „Esto-nia”. Bei allen RoRo-

Schiffen mit Klasse des Germa-nischen Lloyds wurden sofort die Pforten in der Außenhaut überprüft. Auch die Evakuie-rungsmöglichkeiten im Falle eines Schiffsunglücks wurden

untersucht, ebenso wie die Fluchtwege an Bord, die Ret-tungsmittel und die Aufgaben der Besatzung. Grundsätzlicheren Charakter hatten die Überlegungen, die

Sechs Schnellfähren, die bis zu 31,6 kn erreichen, verkehren für Minoan Lines in Griechenland

Nr. 3 | März 2007 | Schiff & Hafen 29 Spezial

man über das Problem „Wasser an Deck” anstellte. Die Ingeni-eure des Germanischen Lloyds kamen zu dem Ergebnis, dass die bisher bestehenden Si-cherheitsvorschriften auf der Annahme beruht hatten, das Fahrzeugdeck oberhalb der Wasserlinie sei gegen die Au-ßenwelt, das heißt also: gegen Meerwasser, hermetisch ab-geschlossen, solange es nicht eintauche. Diese Annahme, so ist im Jahresrückblick für 1994

zu lesen, habe sich als falsch erwiesen. Existierende RoRo-Schiffe können aber kentern, wenn Wasser auf ihr Fahrzeug-deck gelangt. Als Ziel wurde daher defi niert, die RoRo-Schif-fe künftig so zu konstruieren, dass sie mit einer realitätsna-hen Wassermenge auf dem Fahrzeugdeck schwimmfähig blieben. Allerdings machten die Ingenieure des Germani-schen Lloyds einen auch bei Beachtung aller Sicherheitsvor-

schriften verbleibenden Risi-kofaktor aus – den Menschen. Nicht zuletzt der Untergang der „Herald of Free Enterpri-se“ hatte die Bedeutung des so genannten „human factor” auf tragische Weise vor Augen geführt. Er müsse Grundlage aller Überlegungen sein: „Si-cherlich kann eine technische Überwachungsorganisation, wie wir es sind, nicht viel hin-sichtlich Ausbildung und Trai-ning erreichen, sie hat aber die

Aufgabe, durch entsprechende Ausführung des Systems zu verhindern, dass ein einziges menschliches Fehlverhalten die Sicherheit des Gesamtsystems Schiff zusammenbrechen läßt [...].” Schon 1992 hatte sich die IMO der Sicherheit von RoRo-Fähren angenommen. Unter anderem war es um die Frage gegangen, ob man Sicherheits-vorschriften retro-aktiv anwen-den könne, auf Schiffe also, die vor dem Inkrafttreten der neuen Bestimmungen gebaut worden waren. Im konkreten Fall handelte es sich um Leck-stabilitätsvorschriften (SOLAS 90). Der Germanische Lloyd war bereits aktiv geworden und hatte Nachrechnungen für eine Anzahl vorhandener Schiffe angestellt, damit man den Aufwand abschätzen kön-ne. Das „Estonia“-Unglück entschied die Frage: Die IMO berief ein „Panel of experts”, in dem der Germanische Lloyd mitarbeitete. Von der SOLAS-Konferenz wurde nach den Empfehlungen des Panels ein Maßnahmenpaket beschlos-sen, das für alle Schiffe zum 1. Juli 1997 verbindlich wurde. Seine Vorschriften entsprachen im Wesentlichen den Emp-fehlungen des Germanischen Lloyds von 1994 für Schiffe mit seiner Klasse. Allerdings blieb die SOLAS-Konferenz in der wichtigen Frage der Leck-stabilität hinter den Empfeh-lungen des Panels zurück; re-gional, so wurde argumentiert, könne man bei Bedarf höhere Standards beschließen. Eine Möglichkeit, die von mehreren nordwesteuropäischen Staaten, dem Germanischen Lloyd und zwei weiteren Klassifi kations-gesellschaften genutzt wurde. 1996 wurde deren Projekt zur Verbesserung der Leckstabilität erfolgreich abgeschlossen. Dar-über hinaus befasste man sich

EIn Kreuzfahrtschiff nimmt Gestalt an: die „AIDAdiva“ im Baudock der Meyer Werft

Spezial 30 Schiff & Hafen | März 2007 | Nr. 3

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mit der Optimierung der Kolli-sionssicherheit.Aber auch für Massengutschiffe ergingen 1995 neue Sicherheits-vorschriften, die von der IACS erarbeitet worden waren und 1997 in Kraft traten. Ebenfalls 1995 wurde der Germanische Lloyd vom Bundesverkehrsmi-nisterium damit betraut, For-schungen für die Entwicklung neuer Freibordregeln durchzu-führen. Die Ergebnisse fl ossen als deutscher Beitrag in die neue Freibord-Konvention der IMO aus dem Jahr 2000 ein. Auch setzte sich der Germani-sche Lloyd dafür ein, der zu-nehmenden Verbreitung von so genannten Substandard-Schif-fen entgegenzuwirken.

Auf dem Weg ins 21. Jahr-hundert: der Germanische Lloyd in den Zeiten der GlobalisierungDie 90er Jahre waren nicht nur geprägt durch neue Herausfor-derungen im Bereich Schiffssi-cherheit und durch neue techni-sche Entwicklungen. Die letzte

Dekade des 20. Jahrhunderts stand im Zeichen des Wachs-tums: Seit Gründung der Indus-trieabteilung Anfang der 60er Jahre waren zahlreiche neue Fachbereiche – Meerestechnik, Windenergie, Wasserbau, Zerti-fi zierung von Industrieanlagen,

Prüfl abors und einige mehr – hinzugekommen, deren Dienstleistungen immer stärker nachgefragt wurden und die teilweise in Form von Tochter-gesellschaften geführt wurden. Gleichzeitig wuchs auch das traditionelle Kerngeschäft, die Klassifi zierung und Bauüber-wachung von Schiffen. Im Jahr 2000 konnte der Germanische Lloyd mit über 33 Mio. BRZ einen Flottenbestand verzeich-nen, der sich seit 1990 mehr als verdoppelt hatte. Jedes zweite neue Containerschiff wurde mit Klasse des Germanischen Lloyds gebaut. Das neue Jahrtausend begann mit einer umfassenden inter-nen Neustrukturierung und der stärkeren Ausrichtung der Ge-sellschaft am Markt. Aus dem Tätigkeitsbericht 2001: „Zwei Ergebnisse sind für uns von besonderer Bedeutung: zum einen die aktive Neupositionie-rung des GL sowohl intern im Sinne eines Selbstverständnis-ses, als auch extern gegenüber unseren Kunden. Stärker als

bisher werden wir den Aspekt der Dienstleistung und die Fle-xibilität und Agilität des Unter-nehmens herausarbeiten. [...] Zum zweiten sind es vor allem die Veränderungen der Orga-nisationsstruktur, die schnell

Das weltweite Besichtiger-netz garantiert die Einhaltung der hohen Qualitätsstandards

»Die Zeichen stehen klar auf Wachstum und den weiteren Ausbau unserer Dienst-leistungen«

Rainer Schöndube, Vorstands-mitglied Germanischer Lloyd

Nr. 3 | März 2007 | Schiff & Hafen 31 Spezial

zum Tragen kommen und für nachhaltigen Schub sorgen werden. So werden durch den Einsatz von Sales-Managern im Vertriebsbereich der Maritimen Dienste und die Erarbeitung von Marketing-Kampagnen neue wesentliche Impulse ge-setzt.” Seit Anfang 2002 besteht der Germanische Lloyd aus den Maritimen Diensten und den Industriediensten. Beide entwi-ckelten sich wie geplant, der ma-ritime Bereich sogar darüber: In der Bilanz von 2002 konnte der Germanische Lloyd vermelden, dass die Maritimen Dienste die eigentlich erst für 2003 anvi-sierte Marke von „40 Millionen BRZ mit Klasse GL” bereits er-reicht hatten. Seit 1994 hatte sich die Tonnage damit verdop-

pelt. Auch die Industriedienste verzeichneten Gewinne. In diesen ersten Jahren des neuen Jahrtausends wurde au-ßerdem das erste Brennstoffzel-len-Boot beim Germanischen Lloyd klassifi ziert, das neues Zeichen RCP (Refrigerated Container Stowage Position) für Containerschiffe mit Kühl-containern an Bord eingeführt, ein 8000 TEU-Containerschiff mitentwickelt sowie erstmals komplette Bauvorschriften ei-gens für Marineschiffe veröf-fentlicht. Mit dem Shipboard Routing Assistance System von 2004 leistete die Gesellschaft einen wichtigen Beitrag zur Sicherheit von Containerschif-fen in schwerem Wetter. 2006 waren rund 6000 Schiffe mit

insgesamt 64,4 Mio. BRZ beim Germanischen Lloyd klassifi -ziert – ein historischer Höchst-stand. 44,7 Mio. BRZ davon entfi elen auf Containerschiffe. 3200 Menschen sind derzeit bei der GL-Gruppe beschäftigt.Seit seiner Gründung 1867 ist der Germanische Lloyd einen weiten Weg gegangen, von der anfangs genossenschaftlich verfassten Klassifi kationsge-sellschaft zu einem der füh-renden Anbieter für technische Dienstleistungen weltweit. Ein wesentlicher Impuls für seine Gründung war es, die techni-sche Zuverlässigkeit und die Wirtschaftlichkeit von Schiffen zu gewährleisten – ein Ziel, das auch heute noch sein Selbstver-ständnis bestimmt.

„COSCO Ningbo“ der griechischen Reederei Costamare ist mit einer Stell-platzkapazität von 9500 TEU eines der größten Containerschiffe der Welt

»Wir sind welt-weit präsent und stehen rund um die Uhr zur Verfügung«Dr. Hermann J. Klein,VorstandsmitgliedGermanischer Lloyd

Spezial 32 Schiff & Hafen | März 2007 | Nr. 3

SPEZIAL | GERMANISCHER LLOYD

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Wir gratulieren dem

Germanischen Lloyd

ganz herzlich zu 140

erfolgreichen Jahren!