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VERKEHR BERATENDE INGENIEURE 11/12 2009 16 U4 Hafencity Hamburg Gesamtplanung einer komplexen Baumaßnahme am und im Wasser von Jens Lang, Erhard Lederhofer, Nils Gessner, Michael Kuhn und Stephan Nemeth Die Hafencity Hamburg ist eines der größten städtebaulichen Entwicklungsvorhaben in Europa. Unmittelbar südlich der Hamburger Innenstadt werden ehemalige Hafenflächen umgenutzt. Dabei entstehen auf ca. 100 ha Fläche Gebäude für ca. 12.000 Einwohner und mehr als 40.000 Arbeitsplätze. Zur leistungsfähigen Anbindung des neuen Quartiers dient eine ca. 4 km lange U-Bahn-Linie (U4). Deren Bau im Auftrag der Hamburger Hochbahn AG ist über die komplexen verkehrlichen, genehmigungsrechtli- chen und logistischen Anforderungen hinaus vor allem wegen des Bauens am und im Wasser bei schwierigen geologischen und hydrogeologischen Verhältnissen eine besondere Herausforderung. Gesamtüberblick über das Vorhaben Obermeyer Planen + Beraten wurde von der Hamburger Hochbahn AG im Dezember 2003 mit der Generalplanung einschließlich der er- forderlichen Fachgutachterleistungen und dem Planfeststellungsmanagement für den Neubau der U4 beauftragt. Aufbauend auf ei- ner stufenweisen Variantenuntersuchung und Abwägung zur bedarfsgerechten Erschließung der HafenCity mit einer U-Bahn wurde im De- zember 2004 entschieden, die Ausfädelung der U4 aus der Haltestelle Jungfernstieg so- wie die Errichtung von zwei Haltestellen in der Hafencity weiter zu verfolgen. Diese Vor- zugslösung bietet einerseits eine optimale Ver- knüpfung der Innenstadt mit dem neuen Quartier, andererseits lassen sich dabei die bauzeitlichen Beeinträchtigungen in der Ham- burger Innenstadt auf ein Mindestmaß be- grenzen. Das Gesamtprojekt ist hinsichtlich der örtlichen, technischen und baulogisti- schen Randbedingungen in drei Abschnitte untergliedert: Abschnitt 1: Anbindung an den Bestand am Jungfernstieg Der ca. 300 m lange Abschnitt 1 umfasst den Anschluss des neuen Tunnelbauwerks der U4 an die bestehende, viergleisige U2-Haltestel- le Jungfernstieg. Die Tunnelröhren der U4 wer- den über in offener Bauweise hergestellte Ziel- schächte am westlichen Ende der Haltestelle Jungfernstieg an bereits im Bestand vorberei- tete Anschlüsse angedockt. Abschnitt 2: Tunnelstrecke im Schildvortrieb Der Abschnitt 2 umfasst auf ca. 2,8 km Länge die Unterfahrung der Innenstadt im Schild- vortriebsverfahren. Mit einer Tunnelbohrma- schine werden nacheinander zwei eingleisi- ge Tunnelröhren von jeweils 6,6 m Außen- durchmesser aufgefahren. Die Trasse verläuft von der Haltestelle Jungfernstieg zunächst in Richtung Nord-Westen und schwenkt dann nach Süden in die Hafencity. Die Trasse liegt in großer Tiefe unterhalb der vorhandenen Innenstadtbebauung sowie unter den geplan- ten Bauten des neuen Quartiers. Nach der Un- terquerung des Sandtor- und des Kaiserkais (ehemals Dalmannkai) folgt eine Steigungs- strecke, um die Haltestelle Überseequartier möglichst oberflächennah anzuschließen. Abschnitt 3: Offene Bauweisen und Haltestel- len in der Hafencity Zum Abschnitt 3 gehören der Startschacht für den Schildvortrieb, die beiden Haltestellen Überseequartier und Hafencity-Universität (ehemals Lohsepark) sowie der Tunnel im Magdeburger Hafen bis zur Haltestelle Hafen- city-Universität, wo auch eine spätere Weiter-

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VERKEHR

BERATENDE INGENIEURE 11/12 ■ 200916

U4 Hafencity Hamburg

Gesamtplanung einer komplexen Baumaßnahme amund im Wasservon Jens Lang, Erhard Lederhofer, Nils Gessner, Michael Kuhn und Stephan Nemeth

Die Hafencity Hamburg ist eines der größten städtebaulichen

Entwicklungsvorhaben in Europa. Unmittelbar südlich der Hamburger

Innenstadt werden ehemalige Hafenflächen umgenutzt. Dabei entstehen auf

ca. 100 ha Fläche Gebäude für ca. 12.000 Einwohner und mehr als 40.000

Arbeitsplätze. Zur leistungsfähigen Anbindung des neuen Quartiers dient eine

ca. 4 km lange U-Bahn-Linie (U4). Deren Bau im Auftrag der Hamburger

Hochbahn AG ist über die komplexen verkehrlichen, genehmigungsrechtli-

chen und logistischen Anforderungen hinaus vor allem wegen des Bauens am

und im Wasser bei schwierigen geologischen und hydrogeologischen

Verhältnissen eine besondere Herausforderung.

Gesamtüberblick über das Vorhaben

Obermeyer Planen + Beraten wurde von der

Hamburger Hochbahn AG im Dezember 2003

mit der Generalplanung einschließlich der er-

forderlichen Fachgutachterleistungen und

dem Planfeststellungsmanagement für den

Neubau der U4 beauftragt. Aufbauend auf ei-

ner stufenweisen Variantenuntersuchung und

Abwägung zur bedarfsgerechten Erschließung

der HafenCity mit einer U-Bahn wurde im De-

zember 2004 entschieden, die Ausfädelung

der U4 aus der Haltestelle Jungfernstieg so-

wie die Errichtung von zwei Haltestellen in

der Hafencity weiter zu verfolgen. Diese Vor-

zugslösung bietet einerseits eine optimale Ver-

knüpfung der Innenstadt mit dem neuen

Quartier, andererseits lassen sich dabei die

bauzeitlichen Beeinträchtigungen in der Ham-

burger Innenstadt auf ein Mindestmaß be-

grenzen. Das Gesamtprojekt ist hinsichtlich

der örtlichen, technischen und baulogisti-

schen Randbedingungen in drei Abschnitte

untergliedert:

Abschnitt 1: Anbindung an den Bestand amJungfernstiegDer ca. 300 m lange Abschnitt 1 umfasst den

Anschluss des neuen Tunnelbauwerks der U4

an die bestehende, viergleisige U2-Haltestel-

le Jungfernstieg. Die Tunnelröhren der U4 wer-

den über in offener Bauweise hergestellte Ziel-

schächte am westlichen Ende der Haltestelle

Jungfernstieg an bereits im Bestand vorberei-

tete Anschlüsse angedockt.

Abschnitt 2: Tunnelstrecke im SchildvortriebDer Abschnitt 2 umfasst auf ca. 2,8 km Länge

die Unterfahrung der Innenstadt im Schild-

vortriebsverfahren. Mit einer Tunnelbohrma-

schine werden nacheinander zwei eingleisi-

ge Tunnelröhren von jeweils 6,6 m Außen-

durchmesser aufgefahren. Die Trasse verläuft

von der Haltestelle Jungfernstieg zunächst in

Richtung Nord-Westen und schwenkt dann

nach Süden in die Hafencity. Die Trasse liegt

in großer Tiefe unterhalb der vorhandenen

Innenstadtbebauung sowie unter den geplan-

ten Bauten des neuen Quartiers. Nach der Un-

terquerung des Sandtor- und des Kaiserkais

(ehemals Dalmannkai) folgt eine Steigungs-

strecke, um die Haltestelle Überseequartier

möglichst oberflächennah anzuschließen.

Abschnitt 3: Offene Bauweisen und Haltestel-len in der HafencityZum Abschnitt 3 gehören der Startschacht für

den Schildvortrieb, die beiden Haltestellen

Überseequartier und Hafencity-Universität

(ehemals Lohsepark) sowie der Tunnel im

Magdeburger Hafen bis zur Haltestelle Hafen-

city-Universität, wo auch eine spätere Weiter-

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BERATENDE INGENIEURE 11/12 ■ 2009 17

führung der Trasse in Richtung Süden nach

Wilhelmsburg und Harburg konstruktiv zu be-

rücksichtigen ist. Die gesamte Baumaßnah-

me wird in Offener Bauweise hergestellt.

Baugrundverhältnisse

Die Baugrundverhältnisse im Trassenbereich

sind je nach Örtlichkeit durch unterschiedlich

mächtige Auffüllungen und Weichböden (Klei,

Schlick, Mudde, Torf) gekennzeichnet, die von

quartären Sanden und Kiesen sowie in der

weiteren Abfolge von den dichten Schichten

der Grundmoräne (Geschiebelehm, Geschie-

bemergel) und tertiärem Glimmerschluff und

Glimmerton unterlagert werden. Die Schicht-

verläufe sind in weiten Bereichen nicht hori-

zontbeständig, teilweise liegen Einlagerun-

gen von Weichschichten in Sanden vor.

Die Sande und Kiese stellen den großräumi-

gen Aquifer dar, in dem das Grundwasser un-

ter Weichböden gespannt ansteht und die

Wasserdruckhöhen durch die Tidebewegun-

gen der Elbe beeinflusst werden. Im Bereich

Jungfernstieg kommuniziert der Grundwas-

serstand mit dem Wasserstand der Binnen-

alster. Im gesamten Planungsbereich sind

Hochwasserstände von +4 m NN (Abschnitt 1)

bis +8,3 m NN (Abschnitt 3) als außergewöhn-

licher Bemessungslastfall für den Bau- und

Endzustand zu berücksichtigen.

Baukonzepte

Die Baukonzepte mussten in allen drei Ab-

schnitten den heterogenen geotechnischen

Bedingungen Rechnung tragen. Insbesonde-

re die Baugrubentiefen bis zu 25 m und Was-

serdruckhöhen von bis zu 30 m Wassersäule,

aber auch die unregelmäßige Baugrund-

schichtung sowie die bereichsweise vorhan-

dene starke Betonaggressivität des Grundwas-

sers waren für die konstruktive Ausführung

der Baugruben und Bauwerke bestimmend.

Im Bereich der offenen Bauweisen wurden

rahmenartige Stahlbetonbauwerke als WU-

Konstruktionen vorgesehen, deren Gründung

� Baustelle HafenCity aus der

Vogelperspektive

Abbildung:

Hamburger Hochbahn AG

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� Lageplan der Gesamtmaßnahme

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flach in den anstehenden tragfähigen Sanden

erfolgen konnte. Die Auftriebssicherheit wur-

de ausschließlich durch Konstruktionseigen-

gewicht und Erdauflasten sichergestellt. Rück-

verankerungen zur Auftriebssicherung im End-

zustand waren unter anderem wegen der

Schwellbelastung aus stark schwankenden

Wasserständen nicht zielführend.

Für die Baugruben wurden wasserdichte, aus-

gesteifte Verbauwände vorgesehen. Eine Rück-

verankerung der Verbauwände im anstehen-

den Boden war aufgrund der großen Anker-

kräfte nicht möglich. Die horizontale Baugru-

benabdichtung erfolgt entweder durch Ein-

binden der Verbauwände in die tiefliegende

dichte Schicht oder durch rückverankerte Un-

terwasserbetonsohlen.

Die sehr starke Betonaggressivität des Grund-

wassers im Bereich der Haltestelle Übersee-

quartier erforderte eine gutachterliche Be-

wertung zur Ausführung der geplanten WU-

Konstruktionen ohne Außenabdichtung. Im

Ergebnis konnte durch entsprechende kon-

struktive Vorgaben (Fugenausbildung, Tren-

nung Baubehelf/Bauwerk, Betondeckung, be-

tontechnologische Maßnahmen) auf zusätz-

liche Abdichtungsmaßnahmen verzichtet wer-

den. Die Baukonstruktion der Haltestelle

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Überseequartier resultiert neben den genann-

ten Anforderungen u. a. aus der zu berück-

sichtigenden Überbaubarkeit des geplanten

Überseequartiers.

Anschluss an die Haltestelle

Jungfernstieg

In der im Jahre 1973 errichteten Haltestelle

Jungfernstieg waren in Höhe der Bahnsteig-

ebene der U 2 (-4, ca. 15 m unter NN) bereits

Vorkehrungen für einen künftigen Anschluss

einer weiteren U-Bahnlinie mit Außenbahn-

steigen getroffen worden. Die von der Hafen-

city her aufzufahrenden Tunnelröhren unter-

fahren den Hamburger Hof und die östliche

Röhre der U2, bevor sie in den ca. 11 m x

12 m und bis zu 22 m tiefen Zielschächten zu

beiden Seiten des bestehenden Bauwerkes

einbinden. Aus der Bauphase der Haltestelle

existieren im Untergrund noch umfangreiche

Verbauten und Anker, die durch Räumungs-

bohrungen vorab zu beseitigen waren. Der

Durchbruch zum Bestandsbauwerk erfolgt im

Schutz einer Baugrundvereisung. Für die Maß-

nahmen am Jungfernstieg wurde eine Bau-

stelleneinrichtungsfläche von ca. 1.400 m2 mit

einem Fangedamm in der Binnenalster her-

gestellt.

Schildvortrieb und Notausgänge in der

Innenstadt

Der Startschacht für den Schildvortrieb wur-

de in der Hafencity angeordnet, da dort ge-

nügend Fläche für die Separationsanlage und

den Materialtransport zur Verfügung stand

und dadurch die Eingriffe in der Innenstadt

minimiert werden konnten. Der Vortrieb der

2.811 m langen Tunnelstrecke erfolgt in zwei

eingleisigen Röhren, die nacheinander auf-

gefahren werden. Die Röhren beginnen in

der Startbaugrube an der Westseite der ge-

planten Haltestelle Überseequartier und en-

den unmittelbar westlich der bestehenden

Haltestelle Jungfernstieg.

Die Trasse reicht bis ca. 40 m Tiefe unter Ge-

lände und definiert sich über den Anschluss

an die bestehende Haltestelle Jungfernstieg

sowie die im Trassenverlauf zu unterfahren-

de Bebauung. Im Bestand waren dabei ins-

besondere die Absetztiefen von Bauwerken

und Kaianlagen mit Tiefgründung zu berück-

sichtigen.

Der Tunnel liegt vollständig im Grundwasser

und verläuft überwiegend in halbfesten bin-

digen Glimmerschluffen und -tonen sowie

im Geschiebemergel. In Teilbereichen wer-

den grundwasserführende Sande angeschnit-

� Längsschnitt im Trassenverlauf der U 4

Abbildungen (2): Obermeyer

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BERATENDE INGENIEURE 11/12 ■ 200920

ten. In Anbetracht der zum einen standfes-

ten bindigen Böden, zum anderen rolligen

Böden bzw. grundwasserführenden Sande

wurde die Herstellung mit einer Mixschild-

Tunnelvortriebsmaschine und einschaligem,

druckwasserdichtem Tübbingausbau geplant.

Mit diesem bewährten und setzungsarmen

Bauverfahren konnte auf zusätzliche Siche-

rungsmaßnahmen verzichtet werden.

Das Ausfahren bzw. Einfahren der Schildma-

schine im Lockergestein unterhalb des Grund-

wasserspiegels erfordert Zusatzmaßnahmen

in Form von erdseitig hergestellten Dichtblö-

cken. Bei den am Startschacht überwiegend

anstehenden gleichförmigen Sanden bietet

sich für die Herstellung dieser Dichtblöcke

das Düsenstrahlverfahren an. Bei den Ziel-

schächten wurde aufgrund des Anschlusses

an die bestehende, in Betrieb befindliche U-

Bahn-Linie 2 aus Sicherheitsgründen eben-

falls die Herstellung eines Dichtblockes

(Kunstbodenblock) vorgesehen. Der Kunst-

bodenblock wurde durch Verfüllen der Räu-

mungsbohrungen (überschnittene Bohrpfäh-

le) vor den Zielschächten, die dem Beseitigen

der im Boden vorhandenen Verbaureste ge-

dient hatten, mit unbewehrtem Beton C20/25

als wasserdichter homogener Körper herge-

stellt.

Die Bohrungen wurden jeweils bis in die bin-

digen Schichten abgeteuft. In Verbindung mit

einer GFK-bewehrten Bohrpfahlwand kann

die Tunnelbohrmaschine in die geflutete Ziel-

baugrube ausfahren. Der maschinelle Vor-

trieb bedingt einen kreisförmigen Querschnitt

mit einem Außen-/Innendurchmesser von ca.

6,6 m/5,6 m. Der Regelquerschnitt wurde für

eine maximale Überhöhung von u = 150 mm,

einen minimalen Kurvenradius von 300 m

und einen einseitigen Flucht- und Rettungs-

weg entwickelt. Die Tunnelschale besteht aus

einschaligen, wasserundurchlässigen Tübbin-

gen mit wasserdruckhaltenden Abdichtungs-

rahmen. Die bewehrten Stahlbeton-Tübbin-

ge werden in WU-Beton C35/45 mit einer Min-

destdicke d = 35 cm ausgeführt.

Im Verlauf der Schildvortriebsstrecke sind

vier, bis zu 35 m tiefe Notausstiege mit einem

Innendurchmesser von ca. 7,10 m geplant.

Die Notausstiegsschächte werden im Grund-

riss mittig zwischen den Einzelröhren ange-

ordnet und von der Geländeoberfläche bis

zur Endteufe je nach Baugrundverhältnissen

� Baugrube am

Jungfernstieg im Schutz

von Fangedämmen

� Baugrube

Überseequartier mit

Hochwasserschutzwand

� Auflagerknoten der

Aussteifung in der

Baugrube Übersee-

quartier

Abbildungen (3):

Obermeyer

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BERATENDE INGENIEURE 11/12 ■ 2009 21

� Bestandsanschluss am Jungfernstieg

Abbildung: Obermeyer

entweder im Schutz überschnittener Bohr-

pfähle bzw. Schlitzwände oder in bergmän-

nischer Bauweise erstellt. Die Anbindung der

Notausstiege an die beiden Tunnelröhren er-

folgt mittels Querschlägen und Stollen in

bergmännischer Bauweise, soweit erforder-

lich, im Schutz einer Vereisung.

Die Austrittsbauwerke an der Oberfläche der

Notausstiege mit Abmessungen von jeweils

4,7 m x 2,6 m sind entweder durch Ihre Hö-

henlage oder durch Zusatzmaßnahmen

(Schotttor) hochwassersicher ausgebildet.

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Besonderheiten der Offenen Bauweisen

in der Hafencity

Im Abschnitt 3 finden auf einer Länge von

ca. 940 m umfangreiche Tunnelbaumaßnah-

men mit zwei Haltestellen in Offener Bauwei-

se statt. Da der Streckenabschnitt außerhalb

der Hauptdeichlinie liegt, waren die Baugru-

benverbauten auf ein hochwassersicheres Ni-

veau auszulegen. Die Auftriebssicherheit der

Bauwerke im Endzustand ist für den maßge-

benden Hochwasserfall zu gewährleisten.

Wesentliche Planungsparameter waren die

Einhaltung einer Leckagerate der Baugruben

von 2 l/s und 1.000 m2 Verbaufläche, die kon-

struktive Trennung von Baubehelfen und Bau-

werken, die Aufnahme der Auftriebslasten im

Endzustand ohne zusätzliche Rückveranke-

rungen sowie die Aufrechterhaltung der

Grundwasserströmung. Darüber hinaus erga-

ben sich aus den belasteten Böden und kon-

taminierten Wässern am Standort des ehema-

ligen Gaswerkes Grasbrook besondere Anfor-

derungen an Bauablauf, Arbeitsschutz und

die bauzeitliche Wasserhaltung.

Dies führte unter anderem zu der umfangrei-

chen Vorabmaßnahme „Baufeldfreimachung

Grasbrook“ zur Bodensanierung im Bereich

der Baugrube Überseequartier mit einer kom-

plexen Baulogistik mit „Schwarz-Weiß-Berei-

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GFK-Bewehrung vor dem

Einbau in die Brillenwand

des Startschachtes

Abbildung: Obermeyer

Schildvortriebs und Haltestellenrohbaus durch

ein Querschott vom übrigen Baugrubenbe-

reich abgetrennt. Gleichzeitig wurde dadurch

den erhöhten Sicherheitsanforderungen des

Startschachtes hinsichtlich Wassereinbruch

während der Bauzeit Rechnung getragen.

Die westliche Baugrubenwand ist die Brillen-

wand des Startschachtes. Die Bewehrung der

Brillenwand wurde im Bereich der Durchör-

terung als gegenüber Betonstahl leicht zer-

spanbare GFK-Bewehrung ausgeführt. In en-

ger Abstimmung mit dem Bauherrn und dem

Prüfingenieur konnte für dieses innovative

Konzept die Zustimmung im Einzelfall erreicht

werden. Da die anschließenden Tunnelröh-

ren die Hauptdeichlinie Hamburgs unterque-

ren, werden zum Schutz der Innenstadt Flut-

schutztore an der Brillenwand angebracht.

Die Flutschutztore werden als Drehsegment-

tore ausgebildet, die sich in geöffneter Stel-

lung oberhalb der Gleise befinden.

Für die Querung des Magdeburger Hafens

mussten die bestehenden Kaimauern auf Tun-

nelbreite abgebrochen und mit einer Flach-

gründung auf dem Neubau wieder hergestellt

werden. Für die ca. 100 m lange Baugrube

durch das offene Hafenbecken wurde ein ge-

mischter Spundwandverbau mit Trag- und

Füllbohlen gewählt. Die ca. 41 m langen Trag-

chen“ und aufwändigen baubegleitenden

Wasseraufbereitungsmaßnahmen. Die Vor-

abmaßnahme umfasste den Rohbau und Aus-

hub der ca. 260 m langen, bis zu 32 m brei-

ten und 24 m tiefen Baugrube für die Halte-

stelle Überseequartier in Schlitzwandbauwei-

se. Zur Gewährleistung einer wasserdichten

Baugrube bindet die Schlitzwand ca. 3 m in

die bindige Glimmerton- bzw. Glimmerschluff-

schicht ein, die ca. 10 m unterhalb der Bau-

grubensohle ansteht. Für die Standsicherheit

der Baugrubenwände wurden insgesamt drei

massive Aussteifungslagen mittels Steifen-

und Gurtungskonstruktionen aus Stahlbeton

bzw. Stahl hergestellt. Zur Aufnahme von bau-

zeitlichen Geländeanschüttungen sowie als

Hochwasserschutz wurde am Schlitzwandkopf

umlaufend ein ca. 5 m hoher Steckträgerver-

bau mit Ausfachung aus Stahlbetonfertigtei-

len angeordnet. Aufgrund der Länge der

Schlitzwandelemente (Bewehrungsstöße) und

der hohen Wandbeanspruchungen aus Erd-

und Wasserdruck wurden bei einer Wand-

dicke von 1,20 m die statisch-konstruktiven

Grenzen erreicht.

Der westliche, ca. 50 m lange Teil der Baugru-

be Überseequartier bildet den Startschacht

für den Schildvortrieb. Dieser wurde zur Ent-

kopplung des Bauablaufes während des

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BERATENDE INGENIEURE 11/12 ■ 2009 23

Zusammenfassung und Ausblick

Die umfangreichen Ingenieurbaumaßnah-

men am und im Wasser erforderten neben ei-

ner technisch und wirtschaftlich optimierten

Planung eine intensive Abstimmung mit der

Öffentlichkeit, den Genehmigungsbehörden,

den Trägern öffentlicher Belange sowie der

Hafencity Hamburg GmbH. Dies war Grund-

lage für die hohe Akzeptanz des Projektes und

die Erteilung des Planfeststellungsbeschlus-

ses im September 2006. Durch das konstruk-

tive Zusammenwirken aller Beteiligten konn-

ten in der Planung und Bauausführung so-

wohl bewährte als auch innovative Lösungen

und Verfahren erfolgreich umgesetzt werden.

Die Rohbauarbeiten zur U4 erreichten mit dem

Durchschlag der Schildmaschine für die erste

Projektbeteiligte

Bauherr/Maßnahmenträger:

Hamburger Hochbahn AG

Bauherr/Maßnahmenträger

Baufeldfreimachung Grasbrook:

Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt,

Hamburg

Generalplanung:

Obermeyer Planen + Beraten GmbH

Bauausführung:

Baufeldfreimachung Grasbrook:

Bauer Spezialtiefbau GmbH,

Bauer und Mourik Umwelttechnik

Gesamtmaßnahme:

ARGE U 4 mit Hochtief Construction AG,

Aug. Prien, HC Hagemann construction group

GmhH & Co. KG, Ed. Züblin AG

Hauptmengen Abschnitt 2

Ausbruchvolumen 190.000 m3

Tübbingausbau 90.000 m2

Spritzbetonsicherung 2.800 m2

Bohrpfahl-/Schlitzwand 2.900 m2

Beton 3.500 m3

Betonstahl 600 t

Hauptmengen Abschnitt 3

Schlitzwand 59.200 m2

Spundwand 6.100 m2

Stahlsteifen/-gurtung 5.800 t

Stahlbetonsteifen/-gurtung 6.300 m3

Betonstahl Verbau 16.500 t

Aushub 388.300 m3

Beton 91.000 m3

Betonstahl 13.200 t

Unterwasserbetonsohle 13.500 m3

Rückverankerungen GEWI 87.000 m

� Montage des

Schneidrades in der

Startbaugrube am

Überseequartier

� Ausfahrt der TVM in die

geflutete Zielbaugrube

Abbildungen:

Hamburger

Hochbahn AG

bohlen binden in den Geschiebemergel ein,

die Füllbohlen enden bereits in den anste-

henden Sanden, um eine dauerhafte Grund-

wasserströmung aufrecht zu erhalten. Als ho-

rizontale Baugrubenabdichtung ist eine rück-

verankerte, unbewehrte Unterwasserbetons-

ohle mit einer Dicke von ca. 1,5 m vorgese-

hen. Zur Rückverankerung wurden Gewi-Pfäh-

le mit einem Durchmesser von 50–63,5 mm

mit Ankerlängen von ca. 30 m hergestellt.

Nördlich und südlich des Baugrubenverbaus

wurden Schwimmbalkensperren als mecha-

nisches Schutzelement gegen unplanmäßige

Annäherung von Wasserfahrzeugen angeord-

net.

� Wasserbaustelle

zur Querung

des Magdeburger

Hafens

Abbildungen:

Obermeyer (2)

Tunnelröhre Mitte Oktober 2009 einen wichti-

gen Meilenstein. Die Fertigstellung der Gesamt-

maßnahme ist für September 2012 geplant.

AAuuttoorreenn::

DDiippll..--IInngg.. JJeennss LLaanngg,,

Bereichsleiter Infrastruktur,

Hamburger Hochbahn AG

DDiippll..--IInngg.. EErrhhaarrdd LLeeddeerrhhooffeerr,,

Bereichsleiter Ingenieurbau,

DDiippll..--IInngg.. NNiillss GGeessssnneerr,,

Gesamtprojektleiter,

DDiippll..--IInngg.. MMiicchhaaeell KKuuhhnn,,

Teilprojektleiter Tunnelbau,

DDiippll..--IInngg.. SStteepphhaann NNeemmeetthh,,

Tragwerksplanung,

OBERMEYER Planen + Beraten GmbH