Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

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Alexander Graf Geschäftsmodelle im europäischen Automobilvertrieb

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Alexander Graf

Geschäftsmodelle im europäischen Automobilvertrieb

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GABLER EDITION WISSENSCHAFT

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Alexander Graf

Geschäftsmodelle im europäischen AutomobilvertriebHerausforderung Multikanalmanagement

Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. W. Fritz

GABLER EDITION WISSENSCHAFT

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Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über<http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

1. Auflage 2008

Alle Rechte vorbehalten© Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2008

Lektorat: Frauke Schindler / Viktoria Steiner

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Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/MainGedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem PapierPrinted in Germany

ISBN 978-3-8349-1081-3

Dissertation Carl-Friedrich-Gauß-Fakultät der Technischen Universität Braunschweig, 2007

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Geleitwort V

Geleitwort Bis zum Ende des 20. Jahrhunderts galt der Automobilvertrieb in Europa als ein Musterbeispiel für herstellergesteuerte Vertikale Marketing-Systeme. Er war traditionell durch indirekten Absatz auf der Basis langfristig angelegter enger vertraglicher Bindungen zwischen Hersteller und Absatzmittler charakterisiert.

Veränderte rechtliche Rahmenbedingungen, geprägt z.B. durch die 2002 in Kraft getretene Gruppenfreistellungsverordnung (GVO) 1400, steigender Wettbewerb und insbesondere ein verändertes, zunehmend markenilloyales Verhalten der Kunden, bewirken jedoch seit einiger Zeit einen grundlegenden Strukturwandel im europäischen Automobilvertrieb. Es entwickeln sich neue Absatzkanäle und -formen, zugleich nutzen Automobilhersteller das Marketing und den Vertrieb immer stärker zur Wettbewerbsdifferenzierung. In zunehmendem Maße sehen sie sich auch der neuen Herausforderung des Multikanal-Managements gegenüber.

Vor diesem Hintergrund verfolgt Alexander Graf in seiner Untersuchung das Ziel, jene neuen Geschäftsmodelle im Vertrieb zu identifizieren, die sich im Strukturwandel bereits herausgebildet haben, sowie jene zu charakterisieren, die für die Distribution zukünftig von größerer Bedeutung sein werden. Mit Hilfe einer zweistufigen, europaweit angelegten Expertenbefragung nach dem Muster der Delphi-Methode untersucht er die zu erwartenden Rahmenbedingungen der Automobildistribution und die künftige Bedeutung der einzelnen Geschäftsmodelle im Vertrieb. Ein zentrales Ergebnis bildet die nach Expertenurteil wachsende Relevanz des Multikanal-Managements im europäischen Automobilvertrieb. Darüber hinaus wird die künftige Automobildistribution voraussichtlich durch 24 verschiedene Geschäftsmodelle oder Typen von Distributionsorganen geprägt sein, wenn auch in unterschiedlichem Maße. Dabei zeigt sich insbesondere, dass das aktuell bedeutende Geschäftsmodell des vertragsgebundenen Autohauses in der kommenden Dekade an Bedeutung verlieren wird. Dagegen werden innovative Geschäftsmodelle, deren Positionierung beispielsweise auf Mobilitätsbereitstellung, ganzheitlichem Kundenerlebnis oder Dienstleistungen auf nationaler Großhandelsebene beruhen, deutlicher hervortreten.

Die Untersuchungsergebnisse belegen, dass sich der Automobilvertrieb schon mitten in einem Umbruch befindet, dessen Kraft der Umgestaltung aber noch erheblich wachsen wird. Darauf sind die meisten Automobilhersteller jedoch nur unzureichend vorbereitet. Die Automobildistribution der kommenden Dekade wird sich von der gegenwärtig gegebenen signifikant unterscheiden.

Univ.-Prof. Dr. W. Fritz

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Vorwort VII

VorwortWelche Bedürfnisse haben Autokäufer im Kaufprozess und wie möchten sie angesprochen werden? Inwieweit sollten unterschiedliches Kundenverhalten und divergierende Bedürfnisse in einer differenzierten Gestaltung von Distributionsorganen münden? Wie können die beteiligten Institutionen und Akteure des Vertriebsnetzwerks über alle Absatzkanäle effizient zusammenarbeiten? Welche Auswirkungen haben rechtliche Rahmenbedingungen, insbesondere die GVO? Wie kann ein Automobilhersteller ein Multikanalvertriebssystem effektiv steuern? Diese und ähnliche Fragen haben mich erstmals im Rahmen eines studienbegleitenden Praktikums bei der Volkswagen AG beschäftigt. Nach und nach ist daraus die Idee für diese Arbeit gewachsen.

Eine Dissertation ist auch ein Diskussions- und Navigationsprozess, in dessen Verlauf immerwährend Richtungskorrekturen und Entscheidungen vorzunehmen sind. Für ihren Beitrag als Unterstützer, Ratgeber, Gesprächspartner, Zuhörer, Motivator oder Kritiker in diesem Prozess möchte ich folgenden Personen herzlich danken: meinem Doktorvater Prof. Dr. Fritz und den Mitgliedern des Lehrstuhls Marketing an der TU Braunschweig – insbesondere Ingrid Birker und Hilke Schulenburg, Koreferent Prof. Dr. Spengler sowie Freunden und Kollegen, darunter Björn Thies, Kathrin Heintsch, Mathias Lorek, Dr. Karina Marschner, Alexander Nolte, Prof. Dr. Gordon Eckardt, Jesko Schröder, Coen Droog, Maik Stephan, Michael Perschke, Frank Wittemann, Jens Silligmüller, Jan Heipke und Kim Knop.

Diese Arbeit basiert nicht zuletzt auch auf den Ergebnissen der Delphi-Studie. Daher möchte ich meinen besonderen Dank den zahlreichen Teilnehmern für ihre geduldige und ausdauernde Arbeit mit den Fragebögen sowie Vermittlung weiterer Experten aussprechen. Hervorheben möchte ich dabei den Beitrag von Peter Bosch und des icdp-Teams.

Mein größter Dank gilt jedoch meiner Familie, meinen Eltern für ihre fortwährende Unterstützung und meinem Großvater Dr. Günter Wendt für seine Inspiration. Allen voran danke ich meiner Frau Christina für ihren Zuspruch, ihr Verständnis und ihre Diskussionsbereitschaft in allen Höhen und Tiefen der vergangenen Jahre.

Ich hoffe, dass dieses Buch Ausgangspunkt für weitere Diskussionen zu den Heraus-forderungen des Multikanalmanagements im Automobilvertrieb wird.

Alexander Graf

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Inhaltsverzeichnis IX

Inhaltsverzeichnis Geleitwort.................................................................................................................................. VVorwort ...................................................................................................................................VIIInhaltsverzeichnis..................................................................................................................... IXAbkürzungsverzeichnis ......................................................................................................... XIIIAbbildungsverzeichnis ........................................................................................................... XVTabellenverzeichnis............................................................................................................... XIX1 Einleitung und Problemstellung .............................................................................................. 12 Grundlagen und konzeptioneller Rahmen............................................................................... 5

2.1 Inhaltliche und begriffliche Abgrenzungen...................................................................... 52.2 Konzeptionelle Basis...................................................................................................... 10

2.2.1 Vertikale Marketing Systeme.................................................................................. 102.2.2 Multikanalmanagement ........................................................................................... 122.2.3 Kritische Würdigung ............................................................................................... 16

2.3 Stand der Forschung....................................................................................................... 172.3.1 Gestaltung des Distributionssystems....................................................................... 182.3.2 Hersteller-Absatzmittler-Beziehung........................................................................ 192.3.3 Kontakt zum Endkunden......................................................................................... 202.3.4 E-Commerce und neue Distributionsorgane ........................................................... 212.3.5 Defizite bisheriger Forschung ................................................................................. 22

2.4 Forschungsfragen und Gang der Untersuchung ............................................................. 233 Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren der Gestaltung des Automobilvertriebs .............. 25

3.1 Perspektive Distributionsobjekt ..................................................................................... 273.1.1 Automobil als Distributionsobjekt .......................................................................... 273.1.2 Distributionsobjektbezogene Trends....................................................................... 293.1.3 Zusammenfassende Thesen..................................................................................... 32

3.2 Perspektive Marktstruktur .............................................................................................. 323.2.1 Kunden im europäischen Automobilmarkt ............................................................. 323.2.2 Trends im Automobilmarkt..................................................................................... 36

3.2.2.1 Kundenstruktur................................................................................................. 373.2.2.2 Kundenverhalten und Kundenbedürfnisse ....................................................... 38

3.2.3 Zusammenfassende Thesen..................................................................................... 413.3 Perspektive Distributionssystem .................................................................................... 42

3.3.1 Distributionssysteme im Automobilvertrieb ........................................................... 433.3.2 Trends im Distributionssystem................................................................................ 44

3.3.2.1 Strukturwandel ................................................................................................. 453.3.2.2 Professionalisierung ......................................................................................... 54

3.3.3 Zusammenfassende Thesen..................................................................................... 563.4 Perspektive Unternehmen .............................................................................................. 57

3.4.1 Automobilhersteller im europäischen Markt........................................................... 573.4.2 Herstellerbezogene Trends bis 2015 ....................................................................... 573.4.3 Zusammenfassende Thesen..................................................................................... 59

3.5 Weitere Umweltfaktoren ................................................................................................ 593.5.1 Politisch-Rechtliche Situation des europäischen Automobilvertriebs .................... 59

3.5.1.1 Gruppenfreistellungsverordnungen der EU-Kommission vor 2002 ................ 603.5.1.4 Die aktuelle GVO 1400/02............................................................................... 61

3.5.2 Trends im politisch-rechtlichen Umfeld ................................................................. 653.5.2.1 Abbau von Handelshemmnissen und Deregulierung ....................................... 653.5.2.2 Veränderungen durch die GVO 1400/02 ......................................................... 66

3.5.3 Einfluss des technologischen Umfelds.................................................................... 68

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X Inhaltsverzeichnis

3.5.4 Zusammenfassende Thesen..................................................................................... 693.6 Zwischenfazit: Forschungsfragen F-I und F-II .............................................................. 70

4 Analyse von Distributionsorganen ........................................................................................ 714.1 Kategorisierung von Distributionsorganen .................................................................... 714.2 Analysekonstrukte zur Differenzierung von Distributionsorganen ............................... 74

4.2.1 Ansatz „Betriebsformen“ ........................................................................................ 784.2.2 Ansatz „Distributionsformen“................................................................................. 814.2.3 Ansatz „Absatzkanal“ ............................................................................................. 824.2.4 Ansatz „Geschäftsmodell“ ...................................................................................... 834.2.5 Diskussion der Ansätze ........................................................................................... 90

4.3 Geschäftsmodell als Analysekonstrukt .......................................................................... 924.3.1 Differenzierungsansätze des Geschäftsmodellbegriffs ........................................... 934.3.2 Theoretischer Rahmen der Operationalisierung des Analysekonstrukts................. 96

4.3.2.1 MBV: market-based view of the firm .............................................................. 974.3.2.2 RBV: resource-based view of the firm........................................................... 1014.3.2.3 Transaktionskostenansatz als Teil der Neuen Institutionenökonomik........... 1054.3.2.4 Verhaltenstheoretischer Ansatz...................................................................... 1124.3.2.5 Consumer-based view der Unternehmung ..................................................... 1134.3.2.6 Theoretische Ansätze als Basis der Ausgestaltung des Analysekonstrukts ... 118

4.4 Operationalisierung des Analysekonstrukts für den Untersuchungsgegenstand.......... 1204.4.1 Leistungskonzept................................................................................................... 120

4.4.1.1 Kundengruppen .............................................................................................. 1214.4.1.2 Kundennutzen im Kaufprozess ...................................................................... 1224.4.1.3 Value Add des Geschäftsmodells im Distributionssystem ............................ 123

4.4.2 Kommunikationskonzept ...................................................................................... 1254.4.3 Ertragskonzept....................................................................................................... 1294.4.4 Wachstumskonzept................................................................................................ 1304.4.5 Kompetenzkonfiguration....................................................................................... 1314.4.6 Organisationsform................................................................................................. 1324.4.7 Kooperationskonzept............................................................................................. 1344.4.8 Koordinationskonzept ........................................................................................... 135

4.5 Zwischenfazit: Hauptthese H-II und Forschungsfrage F-III ........................................ 1355 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie.................... 139

5.1 Ziel der Untersuchung.................................................................................................. 1395.2 Methodik ...................................................................................................................... 139

5.2.1 Auswahl der Methode ........................................................................................... 1405.2.2 Grundzüge der Delphi-Methode............................................................................ 1405.2.3 Kritik der Delphi-Methode.................................................................................... 1465.2.4 Zwischenfazit zur Methodik.................................................................................. 149

5.3 Durchführung der empirischen Untersuchung ............................................................. 1495.3.1 Pretest .................................................................................................................... 1505.3.2 Expertenauswahl ................................................................................................... 1525.3.3 Fragebogen-Design ............................................................................................... 1545.3.4 Abbruchkriterien ................................................................................................... 155

5.4 Ergebnisse zu allgemeinen Trends............................................................................... 1585.5 Geschäftsmodelle im europäischen Automobilvertrieb ............................................... 162

5.5.1 Geschäftsmodell Autohaus.................................................................................... 1645.5.1.1 Geschäftsmodellvariante Autohaus (Hierarchie) ........................................... 1705.5.1.2 Geschäftsmodellvariante Autohaus (Vertrag) ................................................ 1745.5.1.3 Geschäftsmodellvariante Autohaus (Markt) .................................................. 179

5.5.2 Geschäftsmodell Automall .................................................................................... 182

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Inhaltsverzeichnis XI

5.5.3 Geschäftsmodell Downtownshop.......................................................................... 1885.5.4 Geschäftsmodell Factory Outlet............................................................................ 1915.5.5 Geschäftsmodell Vermittlung (branchennah) ....................................................... 1975.5.6 Geschäftsmodell Vermittlung (branchenfremd).................................................... 1995.5.7 Geschäftsmodell Mobility ..................................................................................... 202

5.5.7.1 Geschäftsmodellvariante Mobility (Geschäftskunden).................................. 2075.5.7.2 Geschäftsmodellvariante Mobility (Privatkunden) ........................................ 209

5.5.8 Geschäftsmodell E-Commerce.............................................................................. 2105.5.8.1 Geschäftsmodellvariante E-Commerce (Quoting) ......................................... 2165.5.8.2 Geschäftsmodellvariante E-Commerce (Transaktion mit Endkunden) ......... 2195.5.8.3 Geschäftsmodellvariante E-Commerce (Transaktion mit Wiederverkäufern).......................................................................... 221

5.5.9 Geschäftsmodell Einzelhandelskooperation ......................................................... 2225.5.10 Geschäftsmodell Nationale Vertriebsgesellschaft............................................... 226

5.5.10.1 Geschäftsmodellvariante Nationale Vertriebsgesellschaft (Hierarchie) ...... 2305.5.10.2 Geschäftsmodellvariante Nationale Vertriebsgesellschaft (Vertrag) ........... 231

5.5.11 Geschäftsmodell Dienstleister für nationale Distributionsfunktionen ................ 2325.5.12 Geschäftsmodell Franchising im freien Autohandel........................................... 2335.5.13 Weitere Geschäftsmodell-Ansätze ...................................................................... 237

5.5.13.1 Geschäftsmodell Auktion............................................................................. 2375.5.13.2 Geschäftsmodell Versandhandel (offline).................................................... 2385.5.13.3 Geschäftsmodell Eventvertrieb .................................................................... 2385.5.13.4 Geschäftsmodell Network-Marketing – Kunde wirbt Kunde ...................... 2395.5.13.5 Geschäftsmodell Hard Selling...................................................................... 239

5.6 Güte der empirischen Ergebnisse................................................................................. 2395.6.1 Objektivität............................................................................................................ 2395.6.2 Reliabilität ............................................................................................................. 2405.6.3 Validität ................................................................................................................. 2465.6.4 Nebengütekriterien nach LIENERT/RAATZ............................................................. 2485.6.5 Zusammenfassung................................................................................................. 248

5.7 Zwischenfazit Forschungsfragen I bis IV und H-I....................................................... 2495.7.1 Forschungsfragen F-I und F-II und Hauptthese H-I.............................................. 2495.7.2 Forschungsfragen III und IV ................................................................................. 250

6 Implikationen auf die Distributionssystemgestaltung ......................................................... 2516.1 Geschäftsmodelle im Distributionsplanungsprozess.................................................... 2516.2 Allgemeine Implikationen für die Distributionsplanung ............................................. 254

6.2.1 Perspektive Distributionsobjekt ............................................................................ 2546.2.2 Perspektive Marktstruktur ..................................................................................... 2546.2.3 Perspektive Distributionssystem ........................................................................... 255

6.2.3.1 Integration des MKV...................................................................................... 2566.2.3.2 Steuerung und Führung des MKV ................................................................. 258

6.2.4 Perspektive Unternehmen ..................................................................................... 2606.2.5 Weitere Umweltfaktoren ....................................................................................... 2646.2.6 Zusammenfassung................................................................................................. 265

6.3 Geschäftsmodelle des Automobilvertriebs und Distributionssystemgestaltung .......... 2656.3.1 Leistungskonzept................................................................................................... 2666.3.2 Kommunikationskonzept ...................................................................................... 2706.3.3 Ertragskonzept....................................................................................................... 2726.3.4 Wachstumskonzept................................................................................................ 2726.3.5 Kompetenzkonfiguration....................................................................................... 2746.3.6 Organisationskonzept ............................................................................................ 274

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XII Inhaltsverzeichnis

6.3.7 Kooperations- und Koordinationskonzept ............................................................ 2757 Kritische Würdigung der Ergebnisse und Ausblick............................................................ 277

7.1 Ziel, Ergebnis und Güte der Arbeit .............................................................................. 2777.2 Ausblick ....................................................................................................................... 279

Anhang 1: Fragebogen Pretest ............................................................................................... 281Anhang 2: Vorbereitung empirische Untersuchung............................................................... 284Anhang 3: Fragebogen 1. Delphi-Runde................................................................................ 289Anhang 4: Fragebogen 2. Delphi-Runde................................................................................ 303Anhang 5: Auswertung freier Antworten aus Befragungsrunde I.......................................... 318

Anhang 5.1 Statements aus Teil I des Fragebogens........................................................... 318Anhang 5.2 Statements aus Teil II des Fragebogens ......................................................... 321Anhang 5.3 Statements aus Teil III des Fragebogens ........................................................ 324

Anhang 6: Anwendung der Abbruchkriterien auf Geschäftsmodell-spezifische Items......... 327Anhang 7: Teilnehmer der Runden I und II ........................................................................... 331Literaturverzeichnis................................................................................................................ 333

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Abkürzungsverzeichnis XIII

Abkürzungsverzeichnis A.d.V. Anmerkung des Verfassers BtO Build-to-Order BtS Build-to-Stock DSG Distributionssystemgestaltung EU Europäische Union Fzg. Fahrzeug GM Geschäftsmodell GMV Geschäftsmodellvariante GVO Gruppenfreistellungsverordnung IT Informationstechnologie IuK Informations- und Kommunikation LCV Leichte Nutzfahrzeuge bzw. Light Commercial Vehicles MBV Market-based View NVG Nationale Vertriebsgesellschaft eines Herstellers OEM Original Equipment Manufacturer bzw. Automobilhersteller PoS Point-of-Sale RBV Resource-based View SCP Structure-Conduct-Performance-Paradigm Stabw Standardabweichung TAK Transaktionskosten VMS Vertikales Marketing System

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Abbildungsverzeichnis XV

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Traditionelle Automobilvertriebsstrukturen ........................................................ 2Abbildung 2: Formen der Koordination im Absatzweg............................................................. 7Abbildung 3: Wertschöpfungskette der Automobilwirtschaft ................................................... 9Abbildung 4: Dreistufige Konzeption von Multikanalsystemen.............................................. 16Abbildung 5: Terminologische Abgrenzung innerhalb des Distributionsmanagements ......... 17Abbildung 6: Beeinflussbarkeit der Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren ....................... 26Abbildung 7: Ziele der BtS- bzw. BtO-Strategien im Automobilvertrieb ............................... 31Abbildung 8: SIGMA-Milieus Europa 2005............................................................................ 36Abbildung 9: Wandel im Konsumentenverhalten.................................................................... 38Abbildung 10: Konsumentenklassifikation nach MEER 1995.................................................. 39Abbildung 11: Umsatz- und Renditepotenzial in Europa ........................................................ 43Abbildung 12: Systemprofit in Deutschland 2004................................................................... 44Abbildung 13: Quersubvention vor der GVO 1400/02............................................................ 46Abbildung 14: Konsolidierung europäischer Vertragshandelsnetze........................................ 47Abbildung 15: Entwicklung 50 größten herstellerunabhängigen Handelsgruppen ................. 48Abbildung 16: Für 2015 prognostizierte Renditeverteilung in Deutschland ........................... 50Abbildung 17: Differenzierung nach Aktivität und Medieneinsatz ......................................... 51Abbildung 18: Differenzierung nach Anzahl der Absatzkanäle .............................................. 51Abbildung 19: Differenzierung nach Überlappung der Absatzkanäle ..................................... 52Abbildung 20: Differenzierung nach Konsumorientierung und Koordination ........................ 53Abbildung 21: Distributionsorgane aufgrund divergierender Kundenbedürfnisse .................. 54Abbildung 22: Großhandelsstufe in EU in Anteil des Absatzvolumens.................................. 58Abbildung 23: Marktanteilsbeschränkungen der GVO 1400/02.............................................. 63Abbildung 24: Fall der Niederlassungsklausel durch GVO 1400/02....................................... 64Abbildung 25: Entwicklung der Preisunterschiede (vor Steuern) in der Euro-Zone ............... 66Abbildung 26: Wirkungsbereiche von IuK-Technologien....................................................... 68Abbildung 27: Distributionsorgane als Elemente des Distributionssystems ........................... 73Abbildung 28: Bezugsrahmen der Geschäftsmodellierung nach SCHÖGEL ............................. 86Abbildung 29: Synoptischer Geschäftsmodellbegriff .............................................................. 88Abbildung 30: Structure-Performance-Conduct-Paradigma.................................................... 97Abbildung 31: Modell der Wertkette ....................................................................................... 99Abbildung 32: Argumentationslogik des Kompetenzansatzes............................................... 102Abbildung 33: Komponenten der Neuen Institutionenökonomik .......................................... 106Abbildung 34: Organisational Faliure Framework ................................................................ 107Abbildung 35: Koordinationsformen und Spezifität .............................................................. 108Abbildung 36: Koordinationsformen zwischen Markt und Hierarchie.................................. 110Abbildung 37: Kausalzusammenhang der Customer-based view der Unternehmung........... 114Abbildung 38: Zusammenhang zwischen Kundenzufriedenheit und Unternehmenswert ..... 115Abbildung 39: Wettbewerb um Customer Value................................................................... 116Abbildung 40: Entwicklungen der Strategie- und Unternehmensforschung ......................... 118Abbildung 41: Kundensegmentierung der vorliegenden Arbeit ............................................ 121Abbildung 42: Idealtypischer Automobil-Kaufprozess ......................................................... 123Abbildung 43: Distributionsprozesse im Neuwagenvertrieb ................................................. 125Abbildung 44: Markensegmentierungsmatrix........................................................................ 127Abbildung 45: Differenzierung der Kommunikationskonzepte............................................. 129Abbildung 46: Basisstrategien nach PORTER ......................................................................... 131Abbildung 47: Wachstumsstrategien – geographische Perspektive....................................... 131Abbildung 48: Organisationsformen unterschiedlicher Wertkettenkonfiguration................. 133Abbildung 49: Ablauf der empirischen Untersuchung .......................................................... 150

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XVI Abbildungsverzeichnis

Abbildung 50: Berufliche Zuordnung der Teilnehmer .......................................................... 153Abbildung 51: Arbeits- und Wirkungsgebiet der Teilnehmer ............................................... 153Abbildung 52: Verwendung von Abbruchkriterien im Delphi .............................................. 157Abbildung 53: Angebotsspektrum des GM Autohaus ........................................................... 165Abbildung 54: Neuwagen-Distributionsprozesse des GM Autohaus .................................... 166Abbildung 55: Multi-Franchise-Konzepte im Automobilhandel ........................................... 168Abbildung 56: Prognose der Marktbedeutung für fahrzeugsegmentspezifisches Autohaus.. 169Abbildung 57: Delphi-Ergebnisse GMV Autohaus (Hierarchie)........................................... 172Abbildung 58: Delphi-Ergebnisse GMV Autohaus (Vertrag) ............................................... 175Abbildung 59: Delphi-Ergebnisse GMV Autohaus (Markt).................................................. 180Abbildung 60: Delphi-Ergebnisse zum GM Automall, Teil 1 von 2 ..................................... 183Abbildung 61: Delphi-Ergebnisse zum GM Automall, Teil 2 von 2 ..................................... 184Abbildung 62: Zusätzliches Angebot des GM Automall ggü. GM Autohaus ....................... 185Abbildung 63: Delphi-Ergebnisse zum GM Downtownshop ................................................ 189Abbildung 64: Delphi-Ergebnisse zum GM Factory Outlet .................................................. 194Abbildung 65: Distributionsprozesse des GM Factory Outlet ............................................... 196Abbildung 66: Delphi-Ergebnisse zum GM Vermittlung (branchennah).............................. 198Abbildung 67: Delphi-Ergebnisse zum GM Vermittlung (branchenfremd) .......................... 200Abbildung 68: Funktionsweise GM Mobility ........................................................................ 203Abbildung 69: Delphi-Ergebnisse zum GM Mobility............................................................ 204Abbildung 70: Kunden des GM Mobility .............................................................................. 205Abbildung 71: Delphi-Ergebnisse der GMV Mobility (Geschäftskunden) ........................... 208Abbildung 72: Potenzielle Aufgabenumfänge der GMV Mobility (Geschäftskunden) ........ 208Abbildung 73: Delphi-Ergebnisse zum Flottenmanagement ................................................. 209Abbildung 74: Delphi-Ergebnisse zur GMV Mobility (Privatkunden) ................................. 210Abbildung 75: Integration der BETZ-Typologie in die Geschäftsmodellsystematik.............. 211Abbildung 76: Distributionsprozesse des GM E-Commerce................................................. 214Abbildung 77: Delphi-Ergebnisse der GMV E-Commerce (Quoting) .................................. 217Abbildung 78: Delphi-Ergebnisse der GMV E-Commerce (Transaktion mit Endkunden)... 219Abbildung 79: Delphi-Ergebnis zur GMV Tele-Shopping .................................................... 220Abbildung 80: Delphi-Ergebnisse zur GMV E-Commerce (Transaktion mit

Wiederverkäufern) ......................................................................................................... 221Abbildung 81: Delphi-Ergebnisse des GM Einzelhandelskooperation.................................. 223Abbildung 82: Potenzielle Distributionsprozesse des GM Einzelhandelskooperation.......... 224Abbildung 83: Delphi-Ergebnis zu Händlergruppen ............................................................. 226Abbildung 84: Distributionsprozesse des GM Nationale Vertriebsgesellschaft .................... 228Abbildung 85: Delphi-Ergebnisse zum GM Nationale Vertriebsgesellschaft ....................... 229Abbildung 86: Delphi-Ergebnisse zur GMV NVG (Hierarchie) ........................................... 231Abbildung 87: Delphi-Ergebnisse zur GMV NVG (Vertrag)................................................ 232Abbildung 88: Delphi-Ergebnis zum GM Dienstleister für nationale

Distributionsfunktionen.................................................................................................. 233Abbildung 89: Delphi-Ergebnisse zum GM Franchisegeber im freien Autohandel.............. 234Abbildung 90: Distributionsprozesse des GM Franchising im freien Autohandel ................ 235Abbildung 91: Alternative Geschäftsmodelle im Einzelhandel ............................................. 237Abbildung 92: Hilfsmodell zur Stützung der Konstruktvaliditätshypothese ......................... 247Abbildung 93: Multikanalmanagement-Prozess .................................................................... 252Abbildung 94: Entscheidungsdimensionen zur Steuerung eines MKV................................. 252Abbildung 95: Gestaltungs- und Managementprozess für Multikanalvertriebssysteme ....... 253Abbildung 96: Geschäftsmodelle im Spiegel der Herstellerziele .......................................... 263Abbildung 97: Zielkonformität der Geschäftsmodelle mit Herstellerzielen.......................... 263Abbildung 98: Prognose der Marktbedeutung der Geschäftsmodelle ................................... 266

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Abbildungsverzeichnis XVII

Abbildung 99: Relevante Kundengruppen der Geschäftsmodelle ......................................... 267Abbildung 100: Privatkundensegmente der Geschäftsmodelle ............................................. 268Abbildung 101: Geschäftskundencharakterisierung der Geschäftsmodelle........................... 269Abbildung 102: Idealtypischer Kundennutzen der Geschäftsmodelle ................................... 270Abbildung 103: Markenexklusivität der Geschäftsmodelle................................................... 271Abbildung 104: Empfohlene Wettbewerbsstrategie der Geschäftsmodelle........................... 273Abbildung 105: Wettbewerbsstrategie von Geschäftsmodellen innerhalb der Absatzkette .. 274Abbildung 106: Organisationskonzepte der Geschäftsmodelle ............................................. 275Abbildung 107: Weiterführende Konzeption des Multikanalmanagements .......................... 280Abbildung 108: Feedback von Globalthesen im Feedback zu Runde I ................................. 320

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Tabellenverzeichnis XIX

Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Ausgewählte Monographien und Aufsätze zum Automobilvertrieb ...................... 18Tabelle 2: Ansätze der Distributionssituationsanalyse............................................................. 25Tabelle 3: Beispiele kundenbezogener Segmentierungskriterien ............................................ 33Tabelle 4: Differenzierungskriterien für Geschäftskunden...................................................... 33Tabelle 5: Veränderungen im Distributionssystem.................................................................. 45Tabelle 6: Auswahl institutioneller Typologien des Automobilvertriebs ................................ 77Tabelle 7: Betriebsformenkatalog nach SPECHT/FRITZ ............................................................ 80Tabelle 8: Ausgewählte Definitionen des Geschäftsmodell-Begriffs ...................................... 84Tabelle 9: Vergleich von möglichen Analysekonstrukten, Teil 1 von 2.................................. 91Tabelle 10: Vergleich von möglichen Analysekonstrukten, Teil 2 von 2................................ 92Tabelle 11: Differenzierungskriterien von Geschäftsmodellen verschiedener Autoren .......... 93Tabelle 12: Beispiele für Erlösmechaniken ........................................................................... 130Tabelle 13 : Aspekte der Differenzierungskriterien............................................................... 136Tabelle 14: Geschäftsmodelle des Automobilvertriebs ......................................................... 137Tabelle 15: Ausprägungen der Delphi-Methode bzgl. des Untersuchungsdesigns................ 142Tabelle 16: Allgemeine Trends im Automobilvertrieb (bestätigt nach Runde I) .................. 158Tabelle 17: Allgemeine Trends im Automobilvertrieb (bestätigt nach Runde II) ................. 159Tabelle 18: Allgemeine Trends im Automobilvertrieb (ohne einheitliches Meinungsbild) .. 160Tabelle 19: Weitere Trends im Automobilvertrieb (durch Experten eingebracht) ................ 161Tabelle 20: Weitere Trends im Automobilvertrieb (durch Experten neu eingebracht) ......... 162Tabelle 21: Redefinition der Geschäftsmodelle auf Basis der empirischen Untersuchung ... 163Tabelle 22: Geschäftsmodelle des Automobilvertriebs der vorliegenden Untersuchung ...... 164Tabelle 23: Beispiele für horizontale Closing Gap-Kooperationen des GM Autohaus......... 170Tabelle 24: Nutzenpotenziale des E-Commerce im Automobilvertrieb ................................ 213Tabelle 25: Vor- und Nachteile eines Franchise-Systems im freien Autohandel .................. 235Tabelle 26: Korrelationskoeffizienten im Test-Retest-Design der Reliabilitätsprüfung ....... 241Tabelle 27: Abhängigkeit von Fragebogensprache und -mode.............................................. 242Tabelle 28: Selbsteinschätzung der Teilnehmer bzgl. ihrer themenspezifischen Expertise .. 244Tabelle 29: Beruflicher Herkunft in Abhängigkeit vom Arbeitsgebiet................................. 244Tabelle 30: Einfluss Panelmortalität ...................................................................................... 245Tabelle 31: Strategische Zielgrößen der Absatzkanalpolitik ................................................. 261Tabelle 32: Thesen zur Diskussion der Distributionssituation............................................... 285Tabelle 33: Thesen zu Zielen eines Nachfolgeregime der GVO 1400/02 ............................. 318Tabelle 34: Thesen zu weiteren Trends mit Auswirkung auf Automobilvertrieb.................. 319Tabelle 35: Bereits in Runde I berücksichtigte Statements.................................................... 320Tabelle 36: Im Kontext der Geschäftsmodelle rückgekoppelte Statements .......................... 321Tabelle 37: Statements zum GM Autohaus............................................................................ 321Tabelle 38: Statements zum GM Downtownshop.................................................................. 321Tabelle 39: Statement zum GM Automall ............................................................................. 321Tabelle 40: Statements zum GM Vermittlung (branchenfremd) ........................................... 322Tabelle 41: Statement zum GM Mobility .............................................................................. 322Tabelle 42: Statements zum GM Einzelhandelskooperation ................................................. 322Tabelle 43: Statements zum GM Nationale Vertriebsgesellschaft, Teil 1 von 2 ................... 323Tabelle 44: Statements zum GM Nationale Vertriebsgesellschaft, Teil 2 von 2 ................... 324Tabelle 45: Vorschläge der Experten für weitere GM ........................................................... 325Tabelle 46: Ziele des Einsatzes von Geschäftsmodellen ....................................................... 326Tabelle 47: Items zu GM-Charakteristiken (bestätigt in Runde I), Teil 1 von 2 ................... 327Tabelle 48: Items zu GM-Charakteristiken (bestätigt in Runde I), Teil 2 von 2 ................... 328Tabelle 49: Items zu GM-Charakteristiken (ohne stabiles Antwortverhalten), Teil 1 von 3. 328

Page 16: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

XX Tabellenverzeichnis

Tabelle 50: Items zu GM-Charakteristiken (ohne stabiles Antwortverhalten), Teil 2 von 3. 329Tabelle 51: Items zu GM-Charakteristiken (ohne stabiles Antwortverhalten), Teil 3 von 3. 330Tabelle 52: Liste der Delphi-Teilnehmer beider Runden, Teil 1 von 2 ................................. 331Tabelle 53: Liste der Delphi-Teilnehmer beider Runden, Teil 2 von 2 ................................. 332

Page 17: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

1 Einleitung und Problemstellung 1

1 Einleitung und Problemstellung In einem der wettbewerbsintensivsten Automobilmärkte der Welt, der Europäischen Union, werden jährlich rund 15 Mio. Pkw abgesetzt. Zirka 80.000 Händler konkurrieren mit über 50 verschiedenen Automobilmarken um die Gunst von 490 Millionen potenziellen Käufern.1 Die Fahrzeuge sind auf dem weltweit höchsten technischen Niveau, denn über Jahrzehnte haben die Hersteller ihre Fahrzeuge und Produktion ständig verbessert. Die Automobilindustrie ist Motor technologischen Fortschritts. Ganz anders verhält es sich hingegen bei den Absatz-systemen – diese haben sich jahrzehntelang kaum verändert: „Perhaps the most striking characteristic of automotive retailing is its homogeneity; all around the world, cars are sold and serviced through the same mono channel, one-stop shopping format of independently owned franchised dealers, who combine several very different businesses – new and used car sales, lease-finance, after-market parts and service – under one roof.“2

Traditionell existierte bis zum Ende des 20. Jahrhunderts folgende Vertriebsstruktur: Schwer-punkt bildete der indirekte Vertrieb von Automobilen über den Vertragshandel im Rahmen langfristig angelegter vertikaler Bindungen zwischen Hersteller und Absatzmittler. Mit Aus-nahme weniger Hersteller war der Direktvertrieb über Niederlassungen nur schwach aus-geprägt.3 Lediglich Groß- und Sonderkunden wurden im Direktvertrieb bedient – siehe Abbildung 1.

Automobilhersteller besaßen in diesem indirekten (qualitativ und quantitativ selektiven) Vertriebssystem großen Einfluss auf die Gestaltung und Steuerung der Distributionsorgane:Sie setzten ihre Marketingpolitik auf allen Distributionsstufen in allen Absatzkanälen weit-gehend durch.4 Der traditionelle Automobilvertrieb ist insofern ein Beispiel für hersteller-gesteuerte Vertikale Marketing Systeme (VMS).5 Über die Gestaltung der Handelsverträge sowie damit verbundener Standards und Richtlinien konnten OEM Hersteller die Gestaltung wichtiger Elemente des Groß- und Einzelhandels bestimmen:

• Auf Einzelhandelsebene dominierte der Vertragshändler:6 Der Hersteller schrieb die Verbindung von Neuwagenverkauf und Service in einem Betrieb vor und definierte detaillierte Anforderungen bzgl. Qualifikation der Mitarbeiter, Geschäfts- und Betriebs-ausstattung in Verkauf und Service sowie Gestaltung des Point-of-Sale (PoS).7 Zudem durfte der Hersteller selektiv in der Auswahl seiner Absatzmittler vorgehen, im Gegenzug wurde dem Vertragshändler zum Ausgleich ein exklusives geografisches Gebiet für den Verkauf der Fahrzeuge zugesprochen. Niederlassungen und Vertragshändler bzw. andere

1 Vgl. Wade/Brown 2006, S. 5. 2 Jullens/Smend 2003, S. 96. 3 DIEZ/BRACHAT schätzen 1994 den maximalen Direktvertriebsanteil enzelner Marken in Deutschland auf 30%.

Vgl. Diez/Brachat 1994, S. 106. 4 Vgl. Hoffmeister 1998, S. 42-51; Meffert 2000a, S. 350; Decker 2000, S. 31 und 58 oder Brockmeier 2000, S.

70ff.5 Vgl. Florenz 1992, S. 4-5; Kotler/Walther 1999, S. 820; Meffert 2000a, S. 588; Jullens/Smend 2003, S. 95. 6 Vgl. Meinig 1995, S. 447. 7 Herausragende Elemente sind dabei z.B. die Verwendung von Markenzeichen und Corporate Identity, die

Anzahl der Ausstellungs- und Testfahrzeuge sowie die Markenexklusivität.

Page 18: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

2 1 Einleitung und Problemstellung

Vertragskonstrukte – wie z.B. Handelsvertreter oder Kommissionsagent – unterschieden sich in der Erscheinung vor Kunde kaum. Es dominierte der Betriebstyp des marken-exklusiven Autohauses, welches neben dem Verkauf von Neuwagen in einem separaten Verkaufsraum, auch durch eine Werkstatt, den Handel mit Gebrauchtwagen und den Verkauf von Ersatz- und Zubehörteilen charakterisiert ist.8

• Auf Großhandelsebene setzten Hersteller selbständige Importeure oder eigene Nationale Vertriebsgesellschaften (NVG) ein. Beiden wurde im Rahmen eines Handelsvertrags ein exklusives geografisches Absatzgebiet zugeordnet – i.d.R. Nationalstaaten – in dem sie Vertragshändler einsetzten und den Vertrieb eigenständig führten. Die beiden Varianten unterschieden sich lediglich in der unterschiedlichen Steuerungsmöglichkeit des Herstellers.9

Herstellereigene (nationale) Vertriebsgesellschaften

Leasing- / Mietwagenflotten

Unternehmensflotten

Fahrschulen / Taxi

Öffentliche Institutionen

Mitarbeiter

V.I.P.

Indirekter VertriebDirektvertrieb

Hersteller

VertragsgebundeneImporteure*

Vertragshandel**Niederlassungen Vertragshandel**

* Vertragsgebundene Importeure besitzen z.T. einen großen Anteil an Absatzmittlern auf Einzelhandelsebene

** Einstufig oder zweistufig

PrivatkundenGroßkunden / Sonderkunden Kleine Unternehmen

Abbildung 1: Traditionelle Automobilvertriebsstrukturen10

Diese Struktur des Automobilvertriebs hat sich seit Mitte des 20. Jahrhunderts nur langsam verändert und wurde in ihren Grundzügen durch die Gruppenfreistellungsverordnungen (GVO) 123/85 und 1475/95 der Europäischen Kommission festgeschrieben. Aktuell befindet sich der europäische Automobilvertrieb jedoch in einem beschleunigten Restrukturierungs-prozess, um auf sich wandelnde Wettbewerbsbedingungen zu reagieren. Es sind folgende Trends sichtbar:11

• Politisch-rechtliches Umfeld: Insbesondere mit Inkrafttreten der GVO 1400 in 2002 änderten sich die rechtlichen Rahmenbedingungen europaweit und führten zur Stärkung des Wettbewerbs auf allen Ebenen des Vertriebssystems: Die Konsolidierung der Vertriebsnetze wurde beschleunigt, Konzentration führt zu Machtverschiebung zu Gunsten

8 Vgl. Diez 2001a, S. 314-330. 9 Vgl. Brockmeier 2000, S. 15-21. Die Heimatmärkte der Hersteller werden z.T. direkt aus der Hersteller-

organisation gesteuert. 10 Eigene Darstellung in Anlehnung an Diez 1994, S. 106. 11 Vgl. Kapitel 2.

Page 19: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

1 Einleitung und Problemstellung 3

der Absatzmittler, Preisunterschiede innerhalb der EU werden von verschiedenen Markt-teilnehmern systematisch ausgenutzt.

• Wirtschaftliches Umfeld: Der Markt ist weitgehend gesättigt, zugleich steigt der Wettbe-werbsdruck stetig durch den Eintritt neuer Wettbewerber und die beschleunigte Einführung neuer Produkte. Die hohen Vertriebskosten von bis zu 30% des Fahrzeug-listenpreises und die niedrige Umsatzrendite der Automobilhändler von durchschnittlich unter 1% erhöhen den Druck zu strukturellen Änderungen im Vertriebssystem.

• Soziokulturelles Umfeld: Der europäische Automobilmarkt ist ein Käufermarkt. Die Loyalität der Kunden nimmt ab, stattdessen steigen Diversität und Instabilität von Kundensegmenten, -bedürfnissen und -verhalten.

• Technologisches Umfeld: Die technische Fahrzeugkomplexität nimmt zu, während die Automobilhersteller ihre Produktportfolios um immer mehr Fahrzeugvarianten anreichern. Die Erklärungsbedürftigkeit der Produkte ggü. Endkunden und Absatzmittlern wächst und stellt erhöhte Anforderungen an die Informationsflussgestaltung im Vertriebssystem.

• Vertriebsstrukturen: „In den vergangenen Jahren stand in vielen Unternehmen mit der Distribution ein bisher eher beständiger und strukturkonservativer Funktionalbereich im Mittelpunkt tief greifender Transformationsprozesse.“12 Diese Entwicklung bildet sich jetzt auch im Automobilvertrieb ab. Vor dem Hintergrund des skizzierten Marktumfeldes gewinnen bisher vernachlässigte Vertriebswege zunehmend an Bedeutung, neue Markt-teilnehmer nutzen Liberalisierungstendenzen.13 Aus dem vormals Quasi-Monokanal-vertrieb über vertragsgebundene Absatzmittler mit einheitlicher Gestaltung des Point-of-Sale entwickelt sich ein echter Multikanalvertrieb. Horizontal und vertikal sind Spezialisierungs- und Konzentrationstendenzen gleichzeitig sichtbar.14

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass Automobilhersteller vor dem Hintergrund ihrer individuellen Marktpositionierung mit der neuen Herausforderung des Multikanal-managements konfrontiert sind, da:

• die Pluralität, zeitliche Instabilität und Differenzierung der Kundenwünsche und -bedürfnisse zunimmt

• die Anzahl der zu koordinierenden Absatzkanäle (horizontal) und Distributionsorgane(vertikal) zunehmen und sich das Absatzvolumen unter diesen neu verteilt,

• die vertragsbasierte Steuerungsmöglichkeit traditioneller Absatzkanäle und somit das Machtpotenzial der Hersteller abnimmt

• sowie die geografische und kundenspezifische Zuordnung der Absatzkanäle (und somit deren separate Steuerung) durch Channel Hopping nur noch eingeschränkt möglich sind.

Folglich ist die Entwicklung eines Multikanal-Vertriebskonzeptes für den Automobilvertrieb notwendig: D.h. es sollte erstens eine Bewertung bestehender und potenzieller neuer Absatz-kanäle, zweitens die Konfiguration des Multikanalsystems sowie drittens die Koordination und Weiterentwicklung des Multikanalsystems erfolgen.15

Wie in Kapitel 2.2 noch weiter auszuführen ist, eignet sich der Multikanalmanagement-Ansatz als konzeptionelle Basis der vorliegenden Arbeit. Allerdings liegt bisher kein

12 Sauer 2005, S. 1. 13 Vgl. Schögel/Tomczak 1999, S. 12; Schögel/Sauer 2002, S. 91-92. 14 Vgl. Fritz/Graf 2006, S. 22-23. 15 Vgl. Schögel/Sauer/Schmidt 2004, S. 10; Specht/Fritz 2005, S. 171.

Page 20: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

4 1 Einleitung und Problemstellung

ausreichendes Anaysekonstrukt vor, um Distributionsorgane als Teil der Absatzkanäle im (Multikanal-) Vertiebssystem beschreiben zu können. In Kapitel 4 zeigt eine Gegenüberstellung potenzieller Modelle die Überlegenheit des Geschäftsmodell-Ansatzes für die Zwecke des Multikanalmanagements.

Zusammenfassend ergibt sich folgendes Ziel der Arbeit: Vor dem Hintergrund der veränderten Wettbewerbsbedingungen soll nach der systematischen Erfassung und Beschreibung des europäischen Automobilvertriebs – unter Verwendung eines geeigneten Analysekonstrukts – die Vielfalt aktueller und zukünftiger Distributionsorgane erfasst werden, um schließlich strategische Implikationen für Automobilhersteller zur marktorientierten Gestaltung ihrer Vertriebssysteme abzuleiten. Damit soll gleichzeitig ein Beitrag zur weiteren Ausarbeitung des Multikanalmanagement-Ansatzes bzw. -Prozesses geleistet werden.

Page 21: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

2 Grundlagen und konzeptioneller Rahmen 5

2 Grundlagen und konzeptioneller Rahmen Basierend auf Problemstellung und Ziel werden im vorliegenden Kapitel zunächst inhaltliche und begriffliche Abgrenzungen vorgenommen. Danach werden die konzeptionelle Basis ausgewählt und der Stand der Forschung dargestellt, bevor die Forschungsfragen und Haupt-thesen sowie das Vorgehen konkretisiert werden.

2.1 Inhaltliche und begriffliche Abgrenzungen Die vorliegende Arbeit ist der Distributionsforschung zuzuordnen, Untersuchungsobjekt ist die Distribution von Automobilen in Europa16. Gesamtwirtschaftlich gesehen, kann zwischen Produktion, Konsumtion und Distribution unterschieden werden. Distribution stellt die Schnittstelle zwischen Produktion und Konsumtion dar. Wenngleich eine klare Abgrenzung zwischen diesen drei Funktionen in der Literatur bisher nicht gelang,17 soll in Anlehnung an AHLERT unter dem Begriff der Distribution „sämtliche Maßnahmen, die zur Erzeugung des Distributionssubjektes hinzutreten (müssen), um den Umsatz mit dem Verbraucher zu bewirken, [...] subsumiert werden“18. Dabei bezieht sich der Distributionsbegriff auf Aktivitäten der eingeschalteten Institutionen, welche dazu beitragen, die körperliche und/oder wirtschaftliche Verfügungsmacht über materielle oder immaterielle Güter von einem Wirtschaftssubjekt auf ein anderes übergehen zu lassen.

Einzelwirtschaftlich gesehen ist die Distribution Teil des Marketingmix, bestehend aus Produktions-, Preis-, Kommunikations- und Distributionspolitik. Der Begriff Distributions-politik bezieht sich auf ein bestimmtes Wirtschaftssubjekt, denn als Teil des Marketings umfasst die Distributionspolitik „Entscheidungen und Handlungen, welche die Übermittlung von materiellen und/oder immateriellen Leistungen vom Hersteller zum Endkäufer19 und damit von der Produktion zur Konsumtion beziehungsweise gewerblichen Verwendung betreffen“20. Ein Distributionssystem ist die Zusammenfassung der Wirtschaftseinheiten, die an den Real-, Nominal- und Informationsströmen, ausgehend von einer bestimmten Absatz-leistung eines bestimmten Produzenten, teilnehmen. Das Distributionssystem besteht aus Distributionsorganen, darunter fallen Absatzorgane der Hersteller, Absatz- und Beschaf-fungsmittler bzw. -helfer sowie Beschaffungsorgane der Konsumenten.21

16 Wegen des einheitlichen vorherrschenden Rechtsrahmens ist es zweckmäßig den Untersuchungsgegenstand auf

Europa einzuschränken. 17 Vgl. Ahlert 1996, S. 9. 18 ebenda, S. 10. 19 Als Endkäufer ist der Transaktionspartner definiert, der ein Gut erwirbt, um es produktiv oder konsumtiv zu

nutzen. Vgl. Arnold 1995, S. 29 20 Vgl. Meffert 2000a, S. 600. 21 Vgl. Ahlert 1996, S. 11 und 34; Specht/Fritz 2005, S. 36-37 und 47-49. In der wissenschaftlichen Literatur

werden Distributionspolitik, Absatzpolitik und Vertriebspolitik oftmals synonym verwendet, obwohl von einigen Autoren definitorische Unterschiede herausgearbeitet wurden. Im Rahmen dieser Arbeit soll sich der weitgehend synonymen Begriffsauffassung angeschlossen werden. Unterschiede stellt zum Beispiel AHLERTheraus, vgl. Ahlert 1996, S. 18ff. Eine synonyme Begriffsauffassung findet sich u.a. bei: Müller-Hagedorn et al. 1999, S. 61; Decker 2000, S. 57; Busch/Dögl/Unger 2001, S. 286.

Page 22: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

6 2 Grundlagen und konzeptioneller Rahmen

Im Rahmen der Distributionspolitik kann zwischen der physischen und der akquisitorischen Distribution unterschieden werden.22 Erstere betrachtet logistische Aufgaben der Überführung des Distributionssubjektes vom Anbieter zum Nachfrager. Die akquisitorische Distribution betrachtet verkaufsorientierte Aufgaben, wie Kundenkontakt, Abschluss des Kaufvertrages und Kundenbindung. Im weiteren Verlauf dieser Arbeit steht die Betrachtung der akquisitorischen Distribution im Vordergrund, deren vordringlichste Aufgabe die Wahl, Gestaltung und das Management des Absatzweges ist. Der Absatzweg – auch als Distributionsweg, Distributionskanal, Distributionskette, Handelskette, Vertriebsweg, Markt-kanal, Marketing Channel oder Absatzkanal bezeichnet23 – ist die „Art und Weise, wie das Gut aufgrund der Arbeitsteilung zwischen den beteiligten Distributionssubjekten vom Hersteller zum Verbraucher gelangt“24.

Die Wahl des Absatzweges – als strategische distributionspolitische Entscheidung, ist durch folgende charakteristische Merkmale gekennzeichnet:25

• Es wird der Güteraustausch zwischen dem ersten Anbieter und dem letzten Nachfrager bzw. Endkäufer in vertikaler Sicht betrachtet.

• Die Übertragung von Verfügungsrechten bzw. property rights und der damit einher-gehende Handel stehen im Vordergrund der Betrachtung, während Aspekte der physischen Distribution nachgeordnet behandelt werden.

• Der Absatzweg wird durch Distributionsorgane, also Personen oder Institutionen konstituiert, welche am Distributionsprozess beteiligt sind und in rechtlicher, ökonomischer und kommunikativ-sozialer Beziehung zueinander stehen.

• Die Distributionsorgane stehen in vielfältigen horizontalen und (entlang des Absatzweges) vertikalen Beziehungen zueinander, sie bilden das Distributionsnetzwerk bzw. -system.

• Die Auswahl und zweckgerechte Gestaltung der Distributionswege kann auch als Make-or-Buy-Entscheidung aufgefasst werden, bei der die Frage im Mittelpunkt steht, wie viel Kontrolle ein Hersteller über den Distributionsweg benötigt, um seine absatzmarkt-spezifischen Ziele bestmöglich zu erreichen. Diese Frage spiegelt sich in der Koordinations- bzw. Organisationsform der ökonomischen Austauschbeziehung wider und ist gleichbedeutend mit dem Grad der vertikalen Integration der Distributionsleistung.

Distribution im Allgemeinen und Handel im Speziellen können im funktionalen Sinn – Betrachtung der Transpositions- und Transformationsprozesse – oder im institutionalen Sinn – Abgrenzung der Distributionsorgane und ihr Beitrag zur Überbrückungsfunktion – auf-gefasst werden.26 „Handel im funktionellen Sinn liegt vor, wenn Marktteilnehmer Güter, die sie i.d.R. nicht selbst be- oder verarbeiten (Handelswaren), von anderen Marktteilnehmern beschaffen und an Dritte absetzen.“27 Handel im institutionellen Sinn umfasst jene

22 Vgl. Nieschlag/Dichtl/Hörschgen 2002, S. 883; Busch/Dögl/Unger 2001, S. 286; Specht/Fritz 2005, S. 48. 23 Der synonymen Verwendung der Begriffe durch METHNER soll sich im Rahmen dieser Arbeit angeschlossen

werden. Vgl. Methner 2002, S. 12; Ahlert 1996, S. 11; Müller-Hagedorn et al. 1999, S. 61. 24 Ahlert 1996, S. 11. Vgl. Kotler/Walther 1999, S. 807. 25 Vgl. Arnold 1995, S. 29; Meffert 2000a, S. 600-601. 26 Vgl. u.a. Ahlert 1996, S. 8ff.; Müller-Hagedorn 1998, S. 19; Jaspert/Klein-Blenkers/Müller-Hagedorn 1995, S.

28; Meffert 2000a, S. 1178; Kaapke 2003, S. 155; Falk/Wolf 1991, S. 17-18. 27 Jaspert/Klein-Blenkers/Müller-Hagedorn 1995, S. 28.

Page 23: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

2 Grundlagen und konzeptioneller Rahmen 7

Institutionen, deren wirtschaftliche Tätigkeit ausschließlich oder überwiegend dem Handel im funktionellen Sinne zuzurechnen ist.28 Davon ist die Handelsvermittlung abzugrenzen, welche die Anbahnung, Pflege und Verbindung zwischen Handelspartnern zum Zwecke der Förderung von Absatz und/oder Beschaffung zum Inhalt hat.

Folgende Entscheidungsfelder sind bei der Distributionssystemgestaltung (DSG) von heraus-ragender Bedeutung:

• Absatzkanallänge und Koordination: Nach der Anzahl der eingeschalteten Handelsstufen sind die beiden Grundtypen, direkter und indirekter Vertrieb zu unterscheiden. Der direkte Vertrieb wird durch einen Eigentumsübergang des Wirtschaftssubjektes vom ersten Anbieter direkt zum letzten Nachfrager gekennzeichnet, die Distributionsfunktionen werden zwischen beiden aufgeteilt. Im indirekten Vertrieb übernehmen ein oder mehrere selbständige Absatzmittler und/oder Absatzhelfer einen Teil der Distributionsfunktionen und Absatzrisiken. Dabei entsteht ein Trade-Off zwischen der Kontroll- und Gestaltungs-möglichkeit des jeweiligen Koordinationsmechanismus und den eingesetzten Ressourcen. Abbildung 2 gibt einen Überblick über mögliche Koordinationsformen im Absatzweg. Im Automobilvertrieb liegen Direktvertrieb und vor allem vertragliche Vertriebssysteme vor – vgl. Kapitel 3.3.

VertraglicheVertriebssysteme

LoseKoopera-

tions-formen

Hersteller-eigene

Vertriebs-organe

Über reine Markt-

prozessekoordinierte

Absatz-kanal-systeme

Hersteller-gebundeneVerkaufs-

organe

Markt-Lösung

Hierarchie-Lösung

DirekterVertrieb/

geschlossenerMarkt

IndirekterVertrieb

hybride Formen

Vertraglich begründete

„Quasi-Filialisierung“

Vertrag-liche

Einzel-bindungen

Strate-gische

Partner-schaften

Abbildung 2: Formen der Koordination im Absatzweg29

• Tiefe des Absatzkanals: Die Tiefe beschreibt die Art der eingeschalteten Absatzmittler. Der Hersteller wählt zwischen den beiden Grundtypen Universal- und Selektivvertrieb. Beim Universalvertrieb vertreibt der Hersteller seine Ware ohne Einschränkungen an alle kommerziellen und nicht-kommerziellen Nachfrager. Demgegenüber werden beim Selektivvertrieb Absatzmittler nach qualitativen und/oder quantitativen Kriterien ausgewählt. Eine besondere Ausprägung des Selektivvertriebs ist der Exklusivvertrieb. Dabei werden die Vertriebsrechte für ein bestimmtes Marktgebiet einem einzigen Absatzmittler übertragen, so dass dieser in diesem geografischen Gebiet als Quasi-Monopolist auftritt. Im europäischen Automobilvertrieb herrschte bis zur Einführung der GVO 1400/02 eine Mischung aus selektivem und exklusivem Vertrieb vor. Seit 2002 muss der OEM (Original Equipment Manufacturer) zwischen beiden Formen wählen – vgl. Kapitel 3.5.2.

28 Für Handel im institutionellen Sinn werden auch die Begriffe Handelsunternehmung, Handelsbetrieb oder

Handlung verwendet. 29 Vgl. Specht/Fritz 2005, S. 295.

Page 24: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

8 2 Grundlagen und konzeptioneller Rahmen

• Breite des Absatzkanals: Die Breite des Distributionssystems beschreibt die Anzahl artgleicher Absatzmittler auf einer Distributionsstufe und unterscheidet weiterhin nach der Anzahl der von einem Produzenten für eine Produktgruppe gleichzeitig benutzten Absatz-kanäle zwischen Einweg- und Mehrwegabsatz – in Kapitel 3.3 wird auf diesen Aspekt besonders eingegangen.30

• Auswahl der Partner im Distributionssystem: Die Auswahl der Mitglieder und Kooperationspartner sowie Helfer des Distributionssystems stellt eine der wichtigsten strategischen Entscheidungen der Distributionspolitik dar. Diese Entscheidung ist durch ihre langfristige Tragweite und hohen Lock-in-Kosten gekennzeichnet.31 Da im Automobilvertrieb traditionell mit einem großen Anteil selbständiger Absatzmittler gearbeitet wird, spielen Auswahl und Steuerung der Absatzmittler eine besondere Rolle.

• Prozessbeziehungen im Absatzkanal: In der Literatur werden zur systematischen Analyse der Distributionsfunktionen – Überbrückung räumlicher, zeitlicher, qualitativer und quantitativer Diskrepanz zwischen Produktion und Konsumtion32 – das Marketingflow-Konzept33 und die deskriptive Funktionenanalyse34 angeboten.

• Typen von Distributionsorganen im Distributionssystem: Betriebsformen sind standardisierte Typen möglicher Waren-Dienstleistungs-Kombinationen für Distributions-organe.35 Im Automobilvertrieb herrscht traditionell der vertraglich gebundene Fach-händler vor. Der Begriff Betriebsform, wird im Kapitel 4.1 und 4.2 auf seine Anwend-barkeit für die vorliegende Problemstellung näher untersucht.

Die dargestellten Entscheidungsfelder sind Teil der Absatzkanalpolitik des Herstellers. An dieser Stelle soll sich der Definition von HOFFMEISTER angeschlossen werden, der den Gegenstand der Absatzkanalpolitik im Automobilvertrieb als „die Gesamtheit aller Entscheidungen des Automobilherstellers zur Gestaltung und Betreuung des Absatzkanal-systems beim Vertrieb von Neuwagen [definiert.] Sie berücksichtigt in funktioneller Hinsicht Verkaufsanbahnung, -unterstützung, -abschluss, -nachbetreuung sowie Reparatur- und Kundendienstservice. In institutionenorientierter Betrachtungsweise schließt die Absatzkanal-politik alle [...] Institutionen des Absatzkanalsystems mit Verkaufs- und Servicefunktion ein.“36

In der Literatur hat sich keine allgemeingültige Definition des Begriffs Automobilwirtschaft herausgebildet. Vielmehr wurde je nach Forschungsziel oder Betrachtungsfokus die Begriffs-definition angepasst. Es lassen sich zwei grundsätzliche Fassungen unterscheiden: Als Auto- 30 Vgl. ebenda, S. 165; Pepels 2001, S. 6-12. Als Differenzierungskriterien werden insb. Produkte oder Zielmärkte

herangezogen. Vgl. Günter 1995, S. 2642. 31 Vgl. Jullens/Smend 2003, S. 95. 32 Vgl. Ahlert 1996, S. 11. 33 Vgl. u.a. Rosenbloom 1999, S. 16. 34 Vgl. u.a. Ahlert 1995, S. 501-506; Thies 1976, S. 24. 35 Vgl. Specht/Fritz 2005, S. 81-89. 36 Hoffmeister 1998, S. 38. Automobile sind technisch komplexe und wartungsbedürftige Produkte, insofern

müssen den Kunden regelmäßig adäquate Service- und Beratungsdienstleistungen zugänglich gemacht werden. Die vorliegende Arbeit stellt zwar den Neuwagenvertrieb in den Vordergrund, dennoch müssen Service-Aspekte mit berücksichtigt werden. Als Neuwagen sind Fahrzeuge definiert, die vor dem Verkauf nicht für den Straßenverkehr zugelassen waren. Der Bundesgerichtshof schränkt den Neuwagen-Begriff weiter ein und nennt Fahrzeuge „fabrikneu“, wenn erstens zwischen dem Kaufvertrag und der Auslieferung des Fahrzeugs weniger als 12 Monate liegen, wenn zweitens das Modell zum Zeitpunkt des Verkaufs in unveränderter Spezifikation vom Hersteller gefertigt wird und wenn drittens keine Lagermängel oder Beschädigungen am Fahrzeug vorhanden sind. Vgl. Sattler 2004, S. 50.

Page 25: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

2 Grundlagen und konzeptioneller Rahmen 9

mobilwirtschaft i.e.S. wird die Gesamtheit aller Automobilhersteller, -importeure und -händler in einem Markt verstanden.37 DIEZ/BRACHAT und MEINIG prägen dagegen eine erweiterte Begriffsfassung, wonach unter Automobilwirtschaft die Gesamtheit aller „Unter-nehmen, die überwiegend mit der Herstellung, der Vermarktung, der Instandhaltung sowie der Entsorgung von Automobilen und Automobilteilen beschäftigt sind“38, verstanden wird. Dieser erweiterte Begriff trägt der Tatsache Rechnung, dass entlang der Wertschöpfungskette viele Marktteilnehmer auftreten und sich Teilmärkte überlappen, die selten scharf gegeneinander abgegrenzt werden können – vgl. Abbildung 3.

Produkt-ent-

wicklung

Be-schaffung

UpstreamUpstream DownstreamDownstream

Pro-duktion

NW-Verkauf

Finanz-dienst-

leistungen

Service& Teile

GW-Handel

Kraft-/Ver-brauchs-

stoffe

EntsorgungRecycling

After-SalesService,

Wartung, Reparatur, Zubehör

Physische Distribution

Logistik, Aufbereitung,Auslieferung

DienstleistungFinanzdienst-

leistungs-angebote,

GW-Inzahlungnahme

TransaktionVerhandlung,

Vertrag, Bestellvorgang

Verkaufs-anbahnungInformation,Ausstellung, Probefahrt, Beratung

Abbildung 3: Wertschöpfungskette der Automobilwirtschaft39

Bei Automobilherstellern zeichnet sich eine Verringerung der Fertigungs- und Entwicklungs-tiefe (Upstream-Märkte) bei gleichzeitiger Erhöhung der Vertriebs- und Servicetiefe (Downstream-Märkte) ab.40 Teilnehmer des Downstream-Marktes sollen unter dem Begriff Automobilmarkt zusammengefasst werden, während die Marktteilnehmer der Upstream-Märkte unter dem Begriff Automobilindustrie subsumiert werden sollen.41

In der Literatur zur Automobilwirtschaft werden häufig die Begriffe Automobilhersteller und -importeur in Kombination verwendet und zum Begriff Automobilhersteller i.w.S. zusammengefasst.42 Hersteller i.e.S. sind dagegen solche Unternehmen, deren primärer Geschäftszweck die Herstellung und der Vertrieb von Kraftfahrzeugen darstellt. In dieser Arbeit soll lediglich der enger gefasste Begriff verwendet werden, um klar Importeure als Distributionsorgane bzw. Absatzmittler abgrenzen zu können. Der Begriff Automobilhandel lässt sich – analog zur oben eingeführten Definition – zum einen funktional i.S. der Tätigkeit des Handelns mit Automobilen, zum anderen institutional auffassen. In der institutionalen Sichtweise können i.e.S. Wirtschaftssubjekte, die sich gewerblich mit dem An- und Verkauf von Automobilen (Neu- und Gebrauchtwagen) befassen, zusammengefasst werden. Auto-

37 Vgl. Florenz 1992, S. 6. 38 Diez/Reindl 2005c, S. 59. Vgl. Meinig 1995, S. 59; Decker 2000, S. 52; Diez 2001a, S. 26; Schögel/Sauer 2002,

S. 89; o.V. 2003a, S. 5; Smend 2004, S. 8. 39 Eigene Darstellung in Anlehnung an Diez 2001a, S. 26. 40 Vgl. ebenda, S. 29; Liske/Bernhart 2003, S. 3; Wrona 1999, S. 8. 41 Vgl. u.a. Meinig 1995, S. 59; Florenz 1992, S. 7; Diez/Reindl 2005c, S. 59-60. 42 Vgl. Florenz 1992, S. 8; Meinig 1995, S. 58; Decker 2000, S. 53f.; Jensen 2001, S. 4.

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10 2 Grundlagen und konzeptioneller Rahmen

mobilhandel i.w.S. schließt auch herstellereigene Distributionsorgane (Niederlassungen und Direktvertrieb) sowie Handelsvertreter mit ein.43 Der Begriff Automobilhändler kann i.w.S. auch auf Niederlassungen, Handelsvertreter und Kommissionsagenten ausgedehnt werden, da häufig für den Endkunden eine Unterscheidung kaum sichtbar wird.44 Davon abzugrenzen sind so genannte EU-Vermittler, die im Auftrag eines Kunden in dessen Namen ein Fahrzeug aussuchen und kaufen.45

Eine Sonderstellung nimmt der (virtuelle) Direktvertrieb durch den Hersteller ein, der End- oder Großkunden direkt ab Werk beliefert. Bisher werden i.d.R. lediglich Sonderfahrzeuge (Einsatzfahrzeuge, Fahrschulwagen) oder spezielle Kundengruppen (Mietwagenfirmen, Journalisten, staatliche Institutionen) im Direktvertrieb ab Werk verkauft bzw. bedient – oft spielen dabei E-Commerce und Direkt Marketing für die Kommunikation und die Waren-präsentation eine wichtige Rolle, während Absatzmittler Betreuungsfunktionen vor Ort wahrnehmen.46

2.2 Konzeptionelle Basis Die in Kapitel 2.3 im Überblick dargestellte Forschung zur automobilspezifischen Gestaltung von Distributionssystemen kann im Wesentlichen zwei Ansätzen zugeordnet werden. Auf der einen Seite sind solche anzusiedeln, die im Kontext des kooperativen, kontraktbasierten Vertikalen Marketing stehen. Dabei steht meist der Vertrieb über das traditionelle Autohaus im Vordergrund. Ziel ist die Optimierung der Beziehung zwischen Absatzmittlern und Hersteller. Auf der anderen Seite sind in jüngster Zeit Arbeiten veröffentlicht worden, die den Automobilvertrieb aus der Perspektive des Multikanalmanagements betrachten. Beide Ansätze werden im Folgenden auf ihre Tauglichkeit als konzeptionelle Basis der vorliegenden Arbeit geprüft.

2.2.1 Vertikale Marketing Systeme Von den Begriffen Distribution und Distributionspolitik ist das Vertikale Marketing zu differenzieren. OLBRICH identifiziert zwei gängige Begriffsauffassungen des Vertikalen Marketing:47 Vertikales Marketing i.w.S. stellt die handelsgerichtete Absatzpolitik dar, setzt jedoch Kooperation zwischen Hersteller und Absatzmittlern nicht zwingend voraus.48 Es

43 Vgl. Meinig 1995, S. 57. 44 Vgl. u.a. ebenda, S. 57f.; Florenz 1992, S. 8. Handelsvertreter nach §§84ff. HGB bzw. Kommissionsagenten

nach §§ 383ff. HGB. Handelsvertreter werden in der Literatur auch als „ständige Vermittler“ bezeichnet, die für ein Mitglied der Vertriebsorganisation Fahrzeuge vertreiben. Vgl. Genzow 2003, S. 33.

45 Vgl. o.V. 2002a, S. 50. 46 Vgl. Busch/Dögl/Unger 2001, S. 329; Dallmer 1995, S. 480. 47 Vgl. Olbrich 1995, S. 2615. DECKER weist darauf hin, dass eine große Anzahl an Definitionsvorschlägen in der

Literatur existiert, die sich im Spannungsfeld der beiden zitierten Begriffsauffassungen bewegen. Vgl. Irrgang 1989, S. 64-65; Müller-Hagedorn et al. 1999, S. 61; Decker 2000, S. 31.

48 Vgl. u.a. Irrgang 1989, S. 2ff.; ebenso: Meffert 2000a, S. 360. Bei sehr weiter Auslegung des Begriffs Vertikales Marketing wird er zuweilen auch synonym mit Distributionspolitik gesehen, dieser Ansicht soll hier nicht gefolgt werden. Der begriff Trade Marketing wird ähnlich wie vertikales Marketing i.w.S. verstanden. Vgl. Böhlke 1995, S. 2483; ebenso: Olbrich 1995, S. 2615.

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2 Grundlagen und konzeptioneller Rahmen 11

umfasst die systematische Planung, Durchführung und Kontrolle von Marketingmaßnahmen, die sich auf alle in den Marketing- bzw. Absatzweg eingeschalteten Akteure richten. Vertikales Marketing hat insofern das Ziel, die Akteure zu abgestimmtem Verhalten zu be-wegen, um den Markt optimal bearbeiten zu können. Vertikales Marketing i.e.S. umfasst einen spezifischen Ausschnitt des Marketings von Hersteller und Handel, dessen „Absicht in der Schaffung eines Systems zur effizienten und effektiven Zielerreichung im Marketing von Hersteller und Handel liegt“49. Dabei wird von einer Kooperation zwischen Hersteller und Handel ausgegangen, die auch als Vertikales Marketing-System (VMS) beschrieben wird.50

Der Automobilabsatz über den Vertragshandel nach traditioneller Prägung kann als VMS angesehen werden und wurde von FLORENZ begrifflich und inhaltlich ausgearbeitet und spezifiziert. Dabei stellt er folgende Begriffsinhalte von VMS heraus:51

• Begriffsimmanent: Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Handel, Mehrstufigkeit sowie endverbraucherorientierte Planung, Durchführung und Kontrolle marktlicher Unter-nehmensaktivitäten

• Begriffszugeordnet: Rechtlich und wirtschaftliche Unabhängigkeit bzw. Selbständigkeit und Eigenverantwortlichkeit, zentrale Koordination, Dauerhaftigkeit in der Zusammen-arbeit, In- bzw. Extensität der Zusammenarbeit sowie wertorientierte, partnerschaftliche Vertrauensbasis.

Ziel ist es, die Vorteile integrativer Ausgestaltung von Distributionsaufgaben zu realisieren, ohne auf Vorteile eigenverantwortlich wirtschaftender Vertiebsorgane zu verzichten. Er stellt heraus, dass zu diesem Zweck prinzipiell vier unterschiedliche Typen der VMS-Gestaltung zur Verfügung stehen: der marktgesteuerte, administered, contractual und corporate Typ. Wettbewerbspolitische Relevanz schreibt er jedoch lediglich den beiden letztgenannten Typen zu, die ein auf Vertragsbeziehungen bzw. ein auf Direktvertrieb beruhendes VMS darstellen.52

FLORENZ bezeichnet das Vertragshandelssystem in der Automobilwirtschaft als ein Beispiel für kontraktbasiertes VMS mit kooperativer Orientierung, dessen Grundgedanke die „zentrale Verhaltensabstimmung […] vom Point of Production bis hin zum Point of Purchase“53 ist.

Es wurde bereits herausgestellt, dass sich der Automobilvertrieb in einem Veränderungs-prozess befindet. Dieser Prozess hat auch Auswirkungen auf die Anwendbarkeit des auf FLORENZ zurückgehenden VMS-Begriffs in der automobilspezifischen Distributions-forschung:54

49 Vgl. Florenz 1992, S. 9. 50 Vgl. u.a. Thies 1976, S. 17; Florenz 1992, S. 19ff.; Irrgang 1989, S. 64ff.; Kotler/Walther 1999, S. 820-825. 51 Vgl. Florenz 1992, S. 22-36. 52 Vgl. ebenda, S. 103-104. Unter ähnlichen Prämissen untersucht Wöllenstein die Betriebstypen des Automobil-

vertriebs als Elemente eines Systems mit „langfristigen, umfassend konzipierten vertraglichen Regelungen“, vgl. Wöllenstein 1996, S. 57. Die Arbeiten von JENSEN und DECKER sind ebenfalls Beispiele für Distributions-forschung, die kooperative und kontraktbasierte VMS als Grundlage des Automobilvertriebs setzen. Vgl. Jensen 2001, S. 36-37; Decker 2000, S. 38 und 70ff.

53 Florenz 1992, S. 328. 54 Vgl. Böhme 2006; Olbrich 1995, S. 2614; Florenz 1992, S. 22 und 44.

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12 2 Grundlagen und konzeptioneller Rahmen

• „Durchführung und Kontrolle marktlicher Unternehmensaktivitäten“: Liberalisierung im Rahmen der GVO 1400/02 hat unter anderem dazu geführt, dass die Aktivitäten des Händlers in bestimmten Bereichen nicht mehr durch den OEM bestimmt werden dürfen.55

Die Hersteller haben zwar i.d.R. versucht über höhere Vertragsstandards diese Freiheit zu kompensieren, jedoch sind die Handlungsspielräume durch den Wettbewerbsdruck begrenzt.56

• „Zentrale Koordination“: Die Regelungen der GVO 1400/02 zielten vielfach darauf ab, die rechtlich und wirtschaftliche Selbständigkeit der Händler zu stärken. Sie schwächen somit die „zentrale Koordination“ des Herstellers auf Basis der Regelungen im Handelsvertrag.57 Daneben findet horizontale und vertikale Konzentration statt – es bilden sich im Einzelhandel Ketten, die mehr vertriebspolitische Macht auf sich vereinigen. Die Durchsetzung zentraler Koordination – über vertragliche Regelungen und/oder Marktmacht – wird erschwert.58

• „Zusammenarbeit“: Wie u.a. noch in Kapitel 5.5 zu zeigen sein wird, agiert eine Reihe nicht-autorisierter Distributionsorgane im Markt. Dazu zählen insbesondere Autohäuser ohne Vertrag zum Hersteller oder verschiedene Arten von Vermittlern. Darüber hinaus ist eine horizontale und vertikale Desintegration zu beobachten. Es bilden sich Spezialisten heraus, die einzelne (neue) Funktionen im Vertriebssystem wahrnehmen. Es entstehen neue Absatzkanäle und Distributionsorgane, Wechselwirkungen und (notwendige) Transaktionen zwischen den unterschiedlichen Absatzkanälen sind jedoch kaum Gegenstand der Forschung des VMS-Ansatzes.59

Ein VMS-fokussierter Ansatz könnte folglich nur einen Teil des aktuellen Vertriebs be-schreiben, FLORENZ schreibt dem Begriff jedoch lückenlose Zusammenarbeit in einem festen, langfristig angelegten Rahmen zu.60 Zusammenfassend wird bereits an dieser Stelle deutlich, dass der Begriff nur auf Teile aktueller Absatzsysteme vollständig anwendbar ist.

2.2.2 Multikanalmanagement „Klassische Distributionsansätze, [wie der VMS-Ansatz,] die sich in ihren Empfehlungen zumeist auf den einzelnen Absatzkanal beschränken, werden der mit Multikanalsystemen verbundenen Komplexitätszunahme nicht mehr gerecht.“61 Ausgehend von dieser These versucht der Multikanal-Ansatz im Unterschied zum VMS-Ansatz die Konkurrenzsituation der einzelnen Absatzkanäle untereinander stärker zu berücksichtigen. Es wird eine breitere Perspektive eingenommen, dabei werden folgende Fragen stärker berücksichtigt:62

• Welche Absatzkanäle sollten ausgewählt werden?

55 Vgl. Kapitel 3 und insbesondere folgende dort erarbeitete Thesen zur Entwicklung des Automobilvertriebs:

T-3.3 (Quersubvention), T-5.1 (Reduktion Systemführerschaft) und T-5.5 (Mehrmarkenvertrieb). 56 Vgl. ebenda Thesen: T-3.6 (Franchise Attractiveness) und T-5.4 (Eintritt neuer Wettbewerber). 57 Vgl. ebenda Thesen: T-3.2 (Machtverschiebung) und T-5.1 (Reduktion Systemführerschaft). 58 Vgl. ebenda These: T-3.1 (Konsolidierung). 59 Vgl. ebenda Thesen: T-3-7 (Multikanalstruktur), T-3.8 (Zielkundenportfolios), T-5.3 (Neue Geschäftsmodelle)

und T-5.4 (Neue Wettbewerber). 60 Vgl. Florenz 1992, S. 30. 61 Bauer/Smend 2005, S. 338; vgl. Schögel 1997, S. 23. Beispiele für die Anwendung des Multikanal-Ansatzes im

Automobilvertrieb sind Dreier 1999; Schögel/Sauer 2002; Methner 2002; Smend 2004; Splett-Henning 2004; Markmann/Benze 2004; Bauer/Smend 2005.

62 Vgl. Specht/Fritz 2005, S. 171-175.

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2 Grundlagen und konzeptioneller Rahmen 13

• Wie sollten die Absatzkanäle im Gesamtkontext des Distributionssystems konfiguriert werden?

• Wie ist die Koordination des Vertriebssystems zu gestalten? „The use of multiple channels is probably the most common distribution strategy nowadays.“63 Dennoch liegt bisher keine einheitliche Begriffsauffassung der Multikanal-distribution vor. I.d.R. werden ihr jedoch folgende Attribute zugeschrieben:64

• Die Distribution erfolgt unter kombiniertem Einsatz von mindestens zwei institutionell unterschiedlichen, stationären oder nicht-stationären Absatzkanälen.

• Die Absatzkanäle führen vertriebliche Aktivitäten – insb. Kaufanbahnung, -aushandlung und -abschluss – selbständig aus.

• Die Kanäle haben ein ähnliches Sortiment und/oder treten unter einem einheitlichen Namen auf – sie sind insofern von der Diversifikation abzugrenzen.

Ziel der Multikanaldistribution ist die Ausschöpfung des gesamten Marktpotenzials, indem entsprechend den Bedürfnissen unterschiedlicher Kundengruppen und unterschiedlicher Phasen des Kaufprozesses angepasste Absatzkanäle angeboten werden. „Today’s consumers are not one dimensional in their shopping behavior. They want options that fit their particular needs, circumstances, and situations.”65 Daher halten WIRTZ/KROL fest: „Nur wenn es Unternehmen gelingt, ihre Absatzkanäle kunden- und produktspezifisch zu optimieren und daher i.S. einer Multi-Channel-Strategie zu agieren, kann die Wettbewerbsfähigkeit sicher-gestellt werden.“66

Kern der Multikanaldistribution ist das Management der verschiedenen Absatzkanäle: „Multikanal-Management ist das ganzheitlich betrachtete und aufeinander abgestimmte Entwickeln, Gestalten und Steuern von Produkt- und Informationsflüssen über verschiedene Vertriebskanäle.“67 Insofern stehen Steigerung von Umsatz und Gewinn, Risikoausgleich zwischen den Absatzkanälen, Verbreiterung der Kundenbasis bzw. Marktabdeckung sowie Vertiefung der Geschäftsbeziehung im Fokus eines Multikanalmanagements.68 Es findet demzufolge eine Integration von horizontaler und vertikaler Sichtweise statt:

• Vertikale Sicht: In einem Absatzkanal greifen verschiedene Aufgaben und Aktivitäten von Hersteller, Absatzmittlern und Absatzhelfern zusammen. Dabei wird die distributive Gesamtaufgabe als Werte- bzw. Wertschöpfungskette aufgefasst.69 Die vertikale Sichtweise erlaubt, Phänomene der (Dis-) Intermediation zu beschreiben und in der Distributionssystemgestaltung zu berücksichtigen.

63 Coelho/Easingwood 2003, S. 22. 64 Vgl. Schögel 1997, S. 22-25; Hurth 2001, S. 463-464; Schramm-Klein 2003, S. 16-23; Scholl 2003, S. 9-11;

Passenheim 2003, S. 121-130; Schögel/Sauer/Schmidt 2004, S. 7; Bauer/Smend 2005, S. 338-339. Alternative Begriffe für Multikanaldistribution sind: Multi-Channel-Distribution, Multi-Channel-Marketing, multiple Distribution, differenzierte Distribution, Polidistribution, Mehrwegsystem oder Mehrkanalsystem.

65 Rosenbloom 2003, S. 23. 66 Wirtz/Krol 2002, S. 92. 67 Specht/Fritz 2005, S. 166. Vgl. Hurth 2001, S. 463-465. 68 Vgl. Schögel 1997, S. 26-27; Wirtz 2002a, S. 677; Wirtz/Schilke/Büttner 2004, S. 48-49;

Schögel/Sauer/Schmidt 2004, S. 7-8. 69 Vgl. unteren Teil in Abbildung 3 in Kapitel 2.1; Schögel 1997, S. 21-22.

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14 2 Grundlagen und konzeptioneller Rahmen

• Horizontale Sicht: Im Multikanalsystem werden mehrere Absatzkanäle respektive Wert-schöpfungsketten parallel betrieben. Diese sind abhängig vom Integrationsgrad des Multikanal-Systems miteinander verknüpft, so dass die Institutionen aller Absatzkanäle ein Netzwerk bilden, welches Hersteller und Endkunde auf verschiedenartige Weise verbinden kann.

SMEND stellt die historische Entwicklung der Multikanal-Forschung dar: Auf die Entwicklung von Begriff und Konstrukt in den 1970er bis 1990er Jahren erlangte das Konzept mit der Integration des E-Commerce große Popularität. Derzeit findet eine Konsolidierung der Forschung statt, die sich mit neuen „Spielarten der marktseitigen Integration […] sowie mit der betrieblichen Integration von Systemen und Prozessen, die auf die Realisierung von Synergiepotenzialen abzielt“70 beschäftigt. Viele Untersuchungen behandeln die Frage, wie die oben genannten Vorteile bzw. Ziele des Multikanalvertriebs erreicht werden können, ohne durch die potenziellen Risiken Nachteile zu erlangen:71

• Marktsegmentierung und Multikanal-Konflikte: Ansatz für erfolgreiches Multikanal-management ist die Segmentierung des Absatzmarktes in mehr oder weniger homogene Kundengruppen. Die Marktsegmentierung orientiert sich i.d.R. an Kunden-segmentierungskriterien und an den Kundenbedürfnissen entlang des Kaufprozesses. Entsprechend dieser Segmentierung sollte die Differenzierung der Distributionsleistungen im Absatzkanalsystem erfolgen, um eine möglichst große Übereinstimmung von Kunden-bedürfnissen und kanalspezifischem Angebot zu erreichen. Es entsteht die Gefahr ungenauer Abgrenzung der Marktsegmente, in der Folge können Konflikte zwischen den Absatzkanälen auftreten.

• Verwirrung der Kunden: Konkurrieren mehrere Absatzkanäle um den gleichen Kunden sollte eine Verwirrung des Kunden beim Kanalwechsel ausgeschlossen werden. Es müssen insofern Marktstrategien der Absatzkanäle koordiniert und die Übergabe von Kunden (-daten) sichergestellt werden: Es ergeben sich diesbezüglich Herausforderungen in der Gestaltung, Integration und Koordination der Absatzkanäle.

• Steuerungskomplexität: Mit der Anzahl der eingesetzten Absatzkanäle steigt die Komplexität des Multikanalmanagements. Der Hersteller muss zwischen starker Angleichung und Vernetzung der Absatzkanäle i.S. einer Vermeidung von Absatz-kanalkonflikten und der Erhaltung der Diversizität der Absatzkanäle i.S. der Erhaltung individueller Vorteile wählen.

• Kontrollverlust: Der Hersteller könnte durch den Einsatz von bestimmten Kanälen, auf die er geringen Einfluss ausüben kann, insgesamt die Kontrolle bzw. die Möglichkeit des aktiven Vertriebs-Managements verlieren.

SCHOLL differenziert drei wesentliche Forschungsfelder des Multikanalmanagements:72

1. Identifikation von Determinanten der Vertriebswegewahl: Dieses Forschungsfeld beschäftigt sich vornehmlich mit der Identifikation von unabhängigen Variablen, die den Grad der vertikalen Integration (eines Vertriebskanals) bestimmen.

70 Bauer/Smend 2005, S. 340. 71 Vgl. Schögel 1997, S. 28-30; Webb 2002, S. 97-101; Specht/Fritz 2005, S. 168-170; Wirtz 2002a, S. 681;

Wiedmann et al. 2003; Schögel/Sauer/Schmidt 2004, S. 8-9; Wirtz/Defren 2007, S. 9-31; von der Oelsnitz 2007, S. 323-351; Göttgens/Smend 2007, S. 653-668.

72 Vgl. Scholl 2003, S. 13-41, daneben: Schögel/Tomczak 1999; Oggenfuss/Peter 2001; Schögel/Sauer 2002; Wirtz/Büttner/Schwarz 2003; Smend 2004; Sauer 2005.

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2 Grundlagen und konzeptioneller Rahmen 15

2. Gestaltung des Vertriebssystems bzw. einzelner Absatzkanäle: In diesem Forschungs-feld werden Fragen zur strukturellen Gestaltung einzelner Vertriebskanäle – also z.B. Länge, Tiefe und Breite des Absatzkanals – sowie zu Gestaltungsdimensionen des gesamten Vertriebssystems behandelt. Diesem Forschungsfeld ordnet SCHOLL auch Arbeiten zur Typologie von Multikanalsystemen zu. Bei der Durchdringung von Distributionssystemen in konzeptioneller, empirischer und theoretischer Sicht sind in den letzten Jahren Erkenntnisfortschritte erzielt worden.73

3. Steuerung und Koordination des Vertriebssystems: Die Forschung konzentriert sich hier auf verhaltensorientierte Steuerungsaspeke – ähnlich der VMS-Forschung, wobei die Konstrukte Macht, Konflikt und Kommunikationsbeziehungen das Forschungsfeld dominieren. Für das Feld der Steuerung von Multikanalsystemen konstatiert SCHOLL einen eher unterentwickelten Forschungsstand.74

An der Schnittstelle der Felder 2 und 3 ist das sog. Multi-Channel-Retailing einzuordnen, welches sich auf die Konfiguration der Einzelhandelsebene fokussiert und den parallelen Einsatz mehrerer Betriebstypen untersucht.75

Die Gestaltung von Multikanalsystemen ist stark von der individuellen Ausgangssituation des jeweiligen Unternehmens abhängig. Wirtz/Lütje haben ein generisches „Multi-Channel-Design“ konzipiert, welches den drei Phasen „Zieldefinition des Channel-Design“, Struktur-bestimmung des Channel-Systems“ und „Channel-Relationship-Management“ folgt.76 Wie in Abbildung 4 dargestellt, schlagen BAUER/SMEND ein ähnliches Vorgehen für den Automobil-vertrieb vor: 77

• Phase 1 des Multikanalmanagements ist die Analyse der bestehenden Vertriebssituation. Die Distributionssystemanalyse unter Multikanalsystem-Gesichtspunkten unterscheidet sich nicht wesentlich von der allgemeinen Analyse der Distributionssituation.78

• Phase 2 ist die Entwicklung des Soll-Multikanalsystems unter Berücksichtigung bestehender sowie potenziell zusätzlicher Absatzkanäle vor dem Hintergrund der Ziele des Unternehmens. Absatzkanäle bestehen aus einem oder mehreren Distributionsorganen,außerdem arbeiten sie häufig interdependent anstatt autark – sie bilden also ein Distributionsnetzwerk.79 Es ist daher zweckmäßig den von BAUER/SMEND vorge-schlagenen Prozessschritt um die Analyse der Distributionsorgane zu konkretisieren.

• Phase 3 ist die Festlegung der Multikanalmanagement-Strategie. Dabei werden nicht nur Schnittstellen und Koordinationsmechanismen definiert, sondern auch Konfliktszenarien aufgestellt.

73 Vgl. u.a. Schmidt/Schögel/Tomczak 2003; Easingwood/Coelho 2003; Wiedmann et al. 2003; Smend 2004;

Bauer/Smend 2005; Billen/Weiber 2007; Schröder/Bohlmann 2007; Wirtz/Defren 2007; Wirtz/Lütje 2007. 74 In der Zwischenzeit sind jedoch einige Arbeiten erschienen, vgl. u.a. Böing/Huber/Schotte 2002; Dahmen 2004;

Plé 2006; Sauer 2005; Gadde/Hulthén 2007; von der Oelsnitz 2007. 75 Vgl. Schramm-Klein 2003, S. 21; Passenheim 2003, S. 122; Ahlert/Hesse 2003, S. 13-14; Ambros 2001. 76 Vgl. Wirtz/Lütje 2007, S. 175-191. 77 Vgl. Bauer/Smend 2005, S. 350-352. 78 Vgl. z.B. Ahlert 1996 S. 40; Specht/Fritz 2005 S. 219-236; Rosenbloom 1999 S. 199-200 und 212-219. 79 Vgl. Cespedes/Corey 1990, S. 72; Schögel 1997, S. 141-146.

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16 2 Grundlagen und konzeptioneller Rahmen

• Analyse heutiger Marktabdeckung• Analyse der heutigen Zielgruppen• Analyse der Ist-Zuordnung der

Produkte/ Leistungen zu den Kanälen• Analyse aktueller und potenzieller

Wechselwirkungen• Identifikation zusätzlicher erreichbarer

Kundenpotenziale und Märkte• Analyse vertriebs- und

kanalspezifischerKundenbedürfnisse

• Analyse der Machtverhältnisse im Distributionssystem

• Ableitung von Zielen und Leitlinienfür die Multikanalstrategie

• Identifikation potenzieller Absatzkanäle

• Bewertung aktueller und potenzieller Kanäle hinsichtlich:

- Potenzial zur Erfüllung segmentspezifischer Anforderungen

- Potenzial zur Unterstützung der Multikanal-Ziele

- Markenadäquanz• Durchführung von Kosten-Nutzen-

Analyse• Identifikation notwendiger

Managementanforderungen undKompetenzen

• Erstellung Business Cases• Ableitung des idealen Soll-Kanal-

Portfolios

• Definition Multikanal-adäquater Kunden-Leistungs-Kombinationen (externer Channel-Fit)

• Festlegung der zentralen Aktionsparameter des Multikanalsystems

• Festlegung von Aufgaben undSchnittstellen der Kanäle

• Systemspezifische Anpassung von Vertriebsorganisation und IT-Systemen (interner Channel-Fit)

• Identifikation von Konfliktszenarienund Ableitung verhaltens-beeinflussender Maßnahmen

• Ausarbeitung des Umsetzungsplans

Analyse der Ist-Situation

Entwicklung des Soll-Multikanalsystems

Festlegung der Multikanalstrategie

Phase 1 Phase 2 Phase 3

Abbildung 4: Dreistufige Konzeption von Multikanalsystemen80

2.2.3 Kritische Würdigung Der VMS-Ansatz ist aus zwei Gründen als alleinige Basis für die vorliegende Arbeit wenig zweckdienlich: Zum einen betrachtet er primär einen Absatzkanal isoliert. Zum anderen führen die Veränderungen im Automobilvertrieb dazu, dass die Voraussetzungen eines vollständig kooperativen, kontraktbasierten und herstellergeführten VMS nur noch bedingt vorliegen.81 Demgegenüber wendet der Ansatz des Multikanalmanagements eine breitere Betrachtung an und kann dadurch den Anforderungen der vorliegenden Arbeit eher gerecht werden. Horizontale und vertikale Sichtweise werden integriert und die Gestaltung des gesamten Distributionssystems steht im Vordergrund. Ähnlich des VMS-Ansatzes fordert auch der Multikanal-Ansatz systematische und kontinuierliche Abstimmung im Distributions-system, diese Perspektive ist jedoch auf alle Akteure des Distributionssystems anzuwenden.82

Die Forschungsfragen der vorliegenden Arbeit sollen daher im Kontext der Multikanal-management-Forschung beantwortet werden.

Die drei Begriffe Multikanal-Vertriebssystem, Absatzkanal und Distributionsorgan sind zusammenfassend wie folgt gegeneinander abzugrenzen. Absatzkanäle sind Bestandteile des Distributionssystems, sie bestehen ihrerseits aus Distributionsorganen, welche vertikal inner-halb des Absatzkanals und i.S. eines vernetzten Distributionssystems Austauschbeziehungen

80 Vgl. Bauer/Smend 2005, S. 351. 81 In Bezug auf die mit der GVO 1400/02 veränderte Beziehung zwischen Vertragshandel und Hersteller deutet

sich Forschungsbedarf an, welcher jedoch nicht Gegenstand dieser Arbeit ist. 82 Vgl. Wirtz/Schilke/Büttner 2004, S. 49; Wirtz/Büttner/Schwarz 2003, S. 80. Die Aussagen des VMS- und des

Multikanal-Ansatzes schließen sich daher nicht aus. Vielmehr können Überlegungen des VMS-Ansatzes in der vertikalen Sicht des Multikanalmanagements integriert werden.

Page 33: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

2 Grundlagen und konzeptioneller Rahmen 17

zu Distributionsorganen anderer Absatzkanäle haben. Abbildung 5 verdeutlicht diesen terminologischen Zusammenhang.

Multikanal-Vertriebssystem, Fragestellungen z.B.:

Absatzkanäle, Fragestellungen z.B.:

Distributionsorgane, Fragestellungen z.B.:

Steuerung und FührungVertikale und horizontale Kooperation der Absatzkanäle und Distributionsorgane

Einsatz von/Besetzung mit Distributionsorganen (Vertikale) Austauschbeziehungen, Führung und KoordinationIntegration von Absatzfunktionen und Kooperation entlang des Absatzkanals

Gestaltung der (Kern-) Leistungen und OrganisationGestaltung der USP ggü. Kunden und des Marketing-MixKooperation und Kommunikation mit Kunden und anderen Organen

Abbildung 5: Terminologische Abgrenzung innerhalb des Distributionsmanagements

Themen entlang eines Absatzkanals haben die Distributionsforschung lange Zeit beherrscht.83

Herausforderungen, denen im Rahmen eines Multikanalmanagements zu begegnen ist, richten sich stärker auf das Netzwerk der Distributionsorgane bzw. das Nebeneinander der Absatz-kanäle. Es wird bereits an dieser Stelle deutlich, dass Multikanalmanagement – bzw. Fragestellungen, die das gesamte Distributionssystem im Fokus haben – die systematische und konsistente Erfassung der Distributionsorgane respektive Absatzkanäle voraussetzt. In Kapitel 3.3 wird der Charakter des Multikanalsystems des Automobilvertriebs weiter konkretisiert.

2.3 Stand der Forschung Kapitel 1 deutet bereits an, dass zum einen das Thema Multikanalmanagement und zum anderen das Thema Differenzierung von Distributionsorganen eine wesentliche Rolle in der vorliegenden Arbeit spielen werden. Der Forschungsstand zum ersten Thema wurde in Kapitel 2.2 bereits weitgehend erfasst und wird in Kapitel 3.3 in Bezug zum Automobil-vertrieb wieder aufgegriffen. Kapitel 4 wird einen Überblick zu Ansätzen der Differenzierung von Distributionsorganen leisten.

Im vorangegangenen Kapitel wurde bereits auf den Unterschied VMS- und Multikanal-basierter Forschungsansätze bzgl. des Automobilvertriebs verwiesen. Die Literatur zum Automobilvertrieb innerhalb der Distributions- und Marketingforschung kann überdies mehreren inhaltlichen Forschungsschwerpunkten mit Relevanz für die Problemstellung zugeordnet werden – vgl. Tabelle 1.

83 Hier ordnet sich auch ein Großteil der VMS-Literatur ein. Es wurde explizit oder implizit unterstellt, dass ein

Monokanal-Absatzsystem vorliegt.

Page 34: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

18 2 Grundlagen und konzeptioneller Rahmen

Schwerpunkt Monographien und Aufsätze Gestaltung des Distributionssystems

Florenz 1992; Kröger 1995; Kollenbach 1995; Ahlert/Kollenbach/Korte 1996; Diez 1999; Stautner 2001; Methner 2002; Schögel/Sauer 2002; Niemand/Zyder/Kralj 2002; Geiseler 2002; Beutin/Fürst/Finkel 2003; Smend 2004; Holweg/Pil 2004; Markmann/Benze 2004; Bauer/Görtz/Exler 2005; Bauer/Smend 2005; Breitkopf/Schögel 2007

Optimierung und Management der Hersteller-Absatz-mittler-Beziehung

Florenz 1992; Hartermann 1994; Meffert/Wöllenstein/Burmann 1996a; Brockmeier 2000; Dietz/Klink/Laib 2000; Diez 2000a; Decker 2000; Jensen 2001; Meinig 2004a; Böhme 2006; Göttgens/Smend 2007

Optimierung des Kontakts zum End-kunden

Heise 1997; Unger 1998; Krüger 1999; Diez 2000b; Gaus 2000; Dittmar 2000; Jensen 2001; Heider 2001; Wehr 2001; Lorenz 2001; Bartholatus 2002; Wecker 2004; Splett-Henning 2004; Röttig 2004; Diez 2005; Holland 2006; Pietsch/Strunkmann-Meister 2005; Josko/Dietz 2006; Brandt 2006

E-Commerce und neue Distributionsorgane

Rennert 1994; Wöllenstein 1996; Hoffmeister 1998; Rennert 1998; Dreier 1999; Strauß 1999; Diez/Schwarz 2000; Bauer/Grether/Brüsewitz 2000; Klink/Heiss/Feldmann 2002; Betz 2003; Regelmann 2004; Ebel/Hofer/Al-Sibai 2004; Thiemer 2004

Tabelle 1: Ausgewählte Monographien und Aufsätze zum Automobilvertrieb

Dabei werden sowohl aktuelle Trends, wie etwa im Sammelband von EBEL/HOFER/AL-SIBAI

oder im Beitrag von LANDMANN,84 als auch in zahlreichen Zeitschriften und Monographien praktische Handlungsempfehlungen und wissenschaftliche Modelle entwickelt und geprüft. Der Arbeitsstand stellt sich wie folgt dar.

2.3.1 Gestaltung des DistributionssystemsKRÖGER und GEISELER beleuchten die Gestaltungsmöglichkeiten von Distributionssystemen des Automobilvertriebs aus rechtlicher und systematischer Sicht, wobei GEISELER ein System von Einflussfaktoren der Vertriebssystemgestaltung entwirft.85 METHNER untersucht die Kontaktkette vom OEM zum Endkunden und leitet empirisch aus dem angebotenen Leistungsportfolio Handlungsempfehlungen für die Gestaltung eines Distributionsformen-portfolios ab.86

DIEZ spiegelt die Möglichkeiten der Prozessoptimierung an den unterschiedlichen Schnitt-stellen zwischen OEM und Handel an verschiedenen theoretischen Ansätzen, währendAHLERT/KOLLENBACH/KORTE auf die Gestaltung des Distributionssystems in Bezug auf die Ziele des OEM und des Handels abheben.87 KOLLENBACH untersucht Möglichkeiten des Positionierungsmanagements von Vertragshandelsbetrieben.88 BEUTIN/FÜRST/FINKEL

analysieren empirisch Erfolgsfaktoren der Kundenorientierung des Distributionssystems.89

Zwei Beispiele für die praktische Steuerung im Vertriebssystem sind der Beitrag von

84 Vgl. Ebel/Hofer/Al-Sibai 2004; Landmann 1999. 85 Vgl. Kröger 1995; Geiseler 2002. 86 Vgl. Methner 2002. Der zugrunde liegende Typologieansatz wird in Kapitel 4.2 diskutiert. 87 Vgl. Diez 1999; Ahlert/Kollenbach/Korte 1996. 88 Vgl. Kollenbach 1995. 89 Vgl. Beutin/Fürst/Finkel 2003.

Page 35: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

2 Grundlagen und konzeptioneller Rahmen 19

NIEMAND/ZYDER/KRALJ zur Sales Scorecard und die Arbeit von BAUER/GÖRTZ/EXLER zur Preispolitik im Distributionssystem.90

STAUTNER und HOLWEG/PIL beschäftigen sich mit der Optimierung des Distributionssystems mit Blick auf Logistik und Auftragsmanagement, beide stellen die Wechselwirkungen von Fahrzeugfertigung beim OEM und der daran anschließenden physischen Distributionspolitikin den Mittelpunkt.91

Alle zitierten Arbeiten fokussieren sich meist auf die Untersuchung eines Absatzkanals, die Existenz mehrerer Absatzkanäle wird implizit oder explizit aus der Untersuchung ausge-schlossen. Ausgehend von den in Kapitel 1 aufgezeigten Veränderungen im Automobil-vertrieb, wird die Gestaltung des Distributionssystems von SCHÖGEL/SAUER, BAUER/SMEND

und MARKMANN/BENZE aus der Perspektive des Multikanalmanagements betrachtet, wobei SMEND erstmals empirisch gesicherte umfassende Gestaltungsoptionen für verschiedene Gruppen von OEM vorschlägt.92 Die Arbeit von BREITKOPF/SCHÖGEL ordnet sich zwar in den Kontext des Multikanalvertriebs ein, fokussiert indes die Entwicklung des „Stammkanals“ des vertragsgebundenen Autohandels.93

2.3.2 Hersteller-Absatzmittler-Beziehung Die meisten Arbeiten gehen explizit oder implizit von der Prämisse des Vertikalen Marketing-Systems aus: hohe vertikale Einflussmöglichkeit des Herstellers auf seine Absatzmittler wird vorausgesetzt. Das Konzept des VMS wurde von FLORENZ erstmals umfassend analysiert und auf den Automobilvertrieb übertragen.94 Darauf haben die meisten nachfolgenden Arbeiten aufgebaut. Ein Beispiel ist die von DECKER, DIEZ und MEINIG analysierte Händler-zufriedenheit als Zielgröße der Distributionssystemgestaltung.95 JENSEN untersucht hingegen die Zusammenhänge von Kundenzufriedenheit und der Beziehungsgestaltung zwischen OEM und Händler.96 MEFFERT/WÖLLENSTEIN/BURMANN fokussieren das Konfliktverhalten in der Hersteller-Absatzmittler-Dyade.97 Daneben finden sich Überlegungen zur Ausnutzung unternehmerischen Engagements bei HARTERMANN.98 Ein darüber hinaus wenig beachtetes Gebiet wird von BROCKMEIER wissenschaftlich analysiert, nämlich die Beziehung zwischen Herstellern und Importeuren respektive deren Steuerung.99

Neben zunehmender Pluralität der Distributionsorgane, haben sich – wie in Kapitel 2.2 ausgeführt – aus Herstellersicht die VMS-Gestaltungsmöglichkeiten und die Machtgrundlage

90 Vgl. Niemand/Zyder/Kralj 2002; Bauer/Görtz/Exler 2005. 91 Vgl. Stautner 2001; Holweg/Pil 2004. 92 Vgl. Schögel/Sauer 2002; Smend 2004; Bauer/Smend 2005; Markmann/Benze 2004. 93 Vgl. Breitkopf/Schögel 2007, S. 4. 94 Vgl. Florenz 1992; Irrgang 1989. 95 Vgl. Decker 2000; Diez 2000a; Meinig 2004a. 96 Vgl. Jensen 2001. 97 Vgl. Meffert/Wöllenstein/Burmann 1996a. 98 Vgl. Hartermann 1994. 99 Vgl. Brockmeier 2000.

Page 36: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

20 2 Grundlagen und konzeptioneller Rahmen

verändert. Dessen ungeachtet behalten die VMS-orientierten Arbeiten im Grundsatz ihre Gültigkeit, sie müssen jedoch heute vor dem Hintergrund fortgeschrittener Liberalisierung betrachtet werden. Es ist die Validität für andere Varianten von Distributionsorganen zu prüfen und ggf. zu adaptieren. Weiterhin sind sie in den Kontext des Multikanalmanagementszu stellen, GÖTTGENS/SMEND betrachten das Konfliktmanagement als Teilaspekt der Hersteller-Absatzmittler-Beziehung erstmals in diesem Zusammenhang.100

BÖHME bringt das Konstrukt Franchise Attractiveness in die Diskussionen ein und liefert damit ein der aktuellen Situation angepasstes Modell. Das Modell stellt die Zufriedenheit des Absatzmittlers in den Vordergrund, es berücksichtigt indes stärker den gewachsenen Handlungsspielraum des Händlers.101

Zusammenfassend kann konstatiert werden, dass bisher wenige Arbeiten existieren, welche die durch Liberalisierung entstandenen neuen Freiheitsgrade der verschiedenen Player in der Automobildistribution ausloten. Entsprechend wird kaum auf die Möglichkeiten herstellerseitiger Koordination von Distributionsorganen eingegangen, die sich außerhalb der traditionellen hierarchischen oder vertraglichen Beziehung befinden.

2.3.3 Kontakt zum Endkunden Kundensegmentierung, -bindung und Markenpolitik sind in zahlreichen wissenschaftlichen Arbeiten behandeltb worden. Beiträge zur Differenzierung von Kundengruppen als Grundlage der zielgerichteten Gestaltung von Kundenbeziehungen haben bspw. HEISE, GAUS und WIEDMANN/JUNG geliefert.102

Die Arbeiten von KRÜGER, HEIDER, WEHR, WECKER und BRANDT berühren die Themen Image, Marke und Markenmanagement:103 Während WEHR einen kausalanalytischen Ansatz zur Imagegestaltung entwickelt, konzentriert sich HEIDER auf die Problematik der Marken-bewertung. WECKER untersucht das Zusammenspiel von OEM-Markenportfolios und dem Ziel der Kundenbindung.

Eine grundlegende Arbeit zur systematischen und empirisch fundierten Abbildung des Automobil-Kaufprozesses hat UNGER verfasst.104 Das Thema Kundenbindungsmanagement wird von BARTOLAUS und DIEZ mit besonderem Fokus auf die Möglichkeiten des Internet behandelt, während HOLLAND den Kaufentscheidungsprozess und die Arten der Kunden-bindung stärker in den Fokus rückt.105 Die Themen Kundentreue und CRM für Privatkunden werden von RÖTTIG und DITTMAR aus wissenschaftlicher Perspektive beleuchtet.106

100 Vgl. Göttgens/Smend 2007. 101 Vgl. Böhme 2006. 102 Vgl. Heise 1997; Gaus 2000; Wiedmann/Jung 2001. 103 Vgl. Krüger 1999; Heider 2001; Wehr 2001; Wecker 2004; Brandt 2006. 104 Vgl. Unger 1998. 105 Vgl. Bartholatus 2002; Diez 2000b; Diez 2005; Holland 2006. 106 Vgl. Dittmar 2000; Röttig 2004.

Page 37: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

2 Grundlagen und konzeptioneller Rahmen 21

Entgegen der hohen absatz- und unternehmenspolitischen Bedeutung werden Geschäfts- bzw. Großkunden und das Downstreambusiness kaum wissenschaftlich behandelt: PIETSCH setzt sich allgemein mit Geschäftskundenbedürfnissen auseinander, während SPLETT-HENNING

speziell das Key-Account Management aufgreift.107 LORENZ und JOSKO/DIEZ behandeln die Profitgenerierung im Downstreambusiness über Finanzdienstleister oder Value-Added-Services.108

2.3.4 E-Commerce und neue Distributionsorgane Innovative Ausgestaltungsformen von Distributionsorganen sowie deren Abgrenzung wurden vor dem Hintergrund der neuen Möglichkeiten des Internet und der Liberalisierung rechtlicher Rahmenbedingungen behandelt, insbesondere DREIER und BETZ haben hier einen wissenschaftlichen Beitrag geleistet.109 DREIER untersucht die Einsatzmöglichkeiten und potenziellen Vorteile des E-Commerce für OEM und Absatzmittler in Kombination mit sowie als Alternative zu traditionellen Distributionsorganen. Er nimmt dabei insbesondere die Perspektive der Transaktionskostenökonomie ein. BETZ untersucht die Akzeptanz von E-Commerce primär aus Sicht von Privatkunden.

BAUER/GRETHER/BÜSEWITZ geben einen Überblick der Einsatzmöglichkeiten des E-Commerce im Automobilvertrieb. STRAUß, KLINK/HEISS/FELDMANN und REGELMANN

nehmen indessen eher praxisorientierte Perspektiven ein und identifizieren insbesondere Kundenwünsche und Wettbewerb als dominierende Marktkräfte zur Durchsetzung von Internettechnologie in allen Bereichen des Distributionssystems.110

Die folgenden Arbeiten legen den Schwerpunkt nicht auf den E-Commerce: WÖLLENSTEIN

geht unter Anwendung des Betriebstypenansatzes erstmals umfassend auf den Themen-komplex Systematisierung, Differenzierung, Erfolgswirkungen und strategische Entwicklungsrichtungen von Distributionsorganen ein. Dabei wird das Autohaus in den Mittelpunkt der Betrachtung gerückt. Eine ähnliche Schwerpunktsetzung hat RENNERT, der alternative Betreibungskonzepte für Autohäuser systematisiert.111 HOFFMEISTER fokussiert sich ebenfalls auf das Distributionsorgan vertragsgebundenes Autohaus und betrachtet dabei die Multi-Franchise- respektive Mehrmarken-Konzepte.112 DIEZ/SCHWARZ und THIEMER

untersuchen neue Formen der Gestaltung von Distributionsorganen, wie Brandlands und erlebnisorientierte Kommunikationsplattformen.113

107 Vgl. Pietsch/Strunkmann-Meister 2005; Splett-Henning 2004. 108 Vgl. Lorenz 2001; Josko/Dietz 2006. 109 Vgl. Dreier 1999; Betz 2003. 110 Vgl. Bauer/Grether/Brüsewitz 2000; Strauß 1999; Klink/Heiss/Feldmann 2002; Regelmann 2004. 111 Vgl. Rennert 1994; Rennert 1998; Wöllenstein 1996. 112 Vgl. Hoffmeister 1998. 113 Vgl. Diez/Schwarz 2000; Thiemer 2004.

Page 38: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

22 2 Grundlagen und konzeptioneller Rahmen

2.3.5 Defizite bisheriger Forschung In Kapitel 1 wurden die vielfältigen Veränderungen und daraus resultierenden Heraus-forderungen des Automobilvertriebs angedeutet. Nicht zuletzt die Untersuchung von SMEND

zeigt, dass die Veränderungen der Distributionssituation zukünftig die Anwendung von Multikanalmanagementstrategien im Automobilvertrieb erfordern.114 Daraus leitet sich die erste der beiden grundlegenden Hauptthesen der vorliegenden Arbeit ab:

• H-I: Der europäische Automobilvertrieb muss aktives Multikanalmanagement betreiben, um den Herausforderungen und Veränderungen im Markt zu begegnen.

Wie bereits in Kapitel 2.1 und 2.2 und insbesondere im Ansatz von BAUER/SMED dargestellt, ist die Kenntnis der aktuell eingesetzten bzw. potenziell einsetzbaren Distributionsorgane Voraussetzung für ein Distributionsmanagement im Allgemeinen bzw. Multikanal-management im Speziellen. Aus Sicht des Herstellers müssen also die Absatzkanäle bzw. die sie konstituierenden Distributionsorgane identifiziert werden.

In der Fachliteratur zum Automobilvertrieb werden vorwiegend gängige Analysekonstrukte der Handelslehre – wie z.B. der Betriebstypen-Ansatz – eingesetzt. Wie in Kapitel 4.2 noch im Detail zu zeigen sein wird, sind die Typologien von Distributionsorganen, wie sie etwa von WÖLLENSTEIN oder METHNER entwickelt wurden, für diesen Zweck unzureichend.115

Überdies sind die in 2.3.4 zitierten Erkenntnisse zunächst in eine einheitliche Typologie zu überführen, um als Basis eines konsistenten Multikanalmanagement-Ansatzes in Anlehnung an Abbildung 4 auf Seite 9 fungieren zu können. Die zweite grundlegende Hauptthese der Arbeit ist daher wie folgt zu formulieren:

• H-II: Weder Literatur noch Praxis bieten bisher adäquate theoretische Konstrukte als Grundlage des Multikanalmanagements an, um die institutionellen Strukturen im europäischen Automobilvertrieb auf Groß- und Einzelhandelsebene sowie deren Veränderung konsistent und umfassend beschreiben und analysieren zu können.

Mit wenigen Ausnahmen ist den zitierten Arbeiten die explizite oder implizite Fokussierung auf das Privatkundengeschäft gemein. Diese Fokussierung findet ihren Ursprung darin, dass im traditionellen Automobilvertrieb die vertragsgebundenen Absatzmittler mit ihren Auto-häusern sowohl Privat- als auch Geschäftskunden gleichermaßen bedient haben. Erst mit zunehmender Bedeutung überregional oder international agierender Abnehmer sowie der massiven Bedeutungszunahme geschäftskundenspezifisch ausgerichteter Distributionsorgane– allen voran Leasinggesellschaften, verändert sich dieses Bild. Die in Kapitel 3.2 genauer beschriebenen Veränderungen haben indessen kaum Berücksichtigung in der Forschung zum Automobilvertrieb gefunden. Es ist somit Anliegen der vorliegenden Arbeit eine stärker gleichberechtigte Sichtweise einzuführen.

Es beschäftigen sich nur wenige Arbeiten mit den Auswirkungen des europäischen Binnen-marktes und den europaweit einheitlichen rechtlichen Rahmenbedingungen im Spannungsfeld 114 Vgl. Smend 2004. 115 Vgl. Wöllenstein 1996; Methner 2002.

Page 39: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

2 Grundlagen und konzeptioneller Rahmen 23

sozio-kultureller und z.T. struktureller Unterschiede in den Ländern der Europäischen Union. Die vorliegende Arbeit soll daher bewusst eine europaweite Perspektive einnehmen.

2.4 Forschungsfragen und Gang der Untersuchung Ausgehend vom erläuterten Stand der Forschung gilt es – unter Berücksichtigung von Hauptthese H-I – strategische Implikationen für die Gestaltung von Multikanalsystemen im Automobilvertrieb abzuleiten. Gängige Ansätze des Distributionsmanagements116 im Allgemeinen, sowie die von BAUER/SMEND vorgeschlagene idealtypische Konzeption von Multikanalsystemen117 im Speziellen setzen die Kenntnis bzw. Analyse der aktuellen respektive zukünftigen Distributionssituation voraus. Daraus ergeben sich zwei Forschungs-fragen, die im Rahmen der vorliegenden Arbeit zu behandeln sind:

• F-I: Welche endogenen/exogenen Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren spielen bei der Vertriebssystemgestaltung durch den Hersteller eine Rolle?

• F-II: Welche Trends sind heute erkennbar, die Einfluss auf die Vertriebsstrukturen haben? Daneben ist die in Kapitel 2.3.5 entwickelte Hauptthese H-II anhand von Anforderungen an eine Typologie bzw. ein Analysekonstrukt von Distributionsorganen zu prüfen. Aus ihr ergeben sich zwei weitere Forschungsfragen:

• F-III: Welches theoretische Analysekonstrukt kann die sich verändernden Distributions-organe auf den verschiedenen Ebenen der Vertriebssysteme konsistent und umfassend beschreiben?

• F-IV: Welche typischen Varianten von Distributionsorganen liegen heute im Vertriebs-system vor und welche zukünftigen Formen sind denkbar?

Bei der Beantwortung der Forschungsfragen F-I bis F-IV kommt folgenden Parametern besondere Bedeutung zu:

• Kunden: Wichtigster Treiber des Multikanalmanagements ist der verbesserte Zugang zu definierten Kundengruppen. Es muss insofern geklärt werden, welche Kundengruppen durch welche Kanäle respektive Distributionsorgane erreicht werden. Dementsprechend muss neben der Auswahl des passenden Dienstleistungsangebots die zielgruppengerechte Kommunikations- und Anreizstrategie des jeweiligen Kanals gestaltet werden.

• Marke: Die Marke ist elementarer Differenzierungsfaktor im Automobilvertrieb. Dementsprechend müssen die Kanäle auf ihren jeweiligen „Marken-Fit“ bzw. „Channel-Fit“118 untersucht werden. Welcher Kanal eignet sich besonders, um das jeweilige Markenversprechen einlösen zu können? Der Absatzkanal muss Teil einer ganzheitlichen identitätsorientierten Markenführung sein.119

• Steuerung: Aufgrund limitierter finanzieller Ressourcen der Hersteller ist es für die Mehrheit auf absehbare Zeit nicht möglich, einen flächendeckenden Direktvertrieb zu errichten. Deshalb wird der Vertrieb auch zukünftig selbständige Absatzmittler einschließen, die sinnvoll in ein Koordinations- und Kooperationskonzept eingebunden werden müssen.

116 Vgl. Kapitel 2.1 und spezieller Kapitel 3. 117 Vgl. Abbildung 4, Seite 9. 118 Vgl. Wirtz 2002b, S. 50. 119 Vgl. Meffert/Burmann 2002a, S. 40-41; Böing/Huber/Schotte 2002, S. 29-30.

Page 40: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

24 2 Grundlagen und konzeptioneller Rahmen

Eine Antwort auf die Forschungsfragen F-I bis F-IV vorausgesetzt, ergibt sich unter Berücksichtigung von H-I die letzte Fragestellung:

• F-V: Welche institutionellen Strukturen sollte der Hersteller vor dem Hintergrund seiner individuellen Marktpositionierung wählen, um erfolgreich am Markt agieren zu können?120

Mit Hilfe der fünf Forschungsfragen und zwei Hauptthesen soll das formulierte Ziel der vorliegenden Arbeit erreicht werden: Vor dem Hintergrund der veränderten Wettbewerbs-bedingungen soll nach der systematischen Erfassung und Beschreibung des europäischen Automobilvertriebs – unter Verwendung eines geeigneten Analysekonstrukts – strategische Implikationen für Automobilhersteller zur Gestaltung ihrer Vertriebssysteme abgeleitet werden. Damit soll gleichzeitig ein Beitrag zur weiteren Ausarbeitung des Multikanal-management-Ansatzes bzw. -Prozesses geleistet werden.

Gang der Untersuchung Die Gliederung ist entlang der Forschungsfragen angelegt. Kapitel 3 widmet sich F-I und F-II. Ziel ist es, auf Basis von Literaturrecherche Thesen abzuleiten, welche für die Zwecke des Multikanalmanagements die aktuelle respektive zukünftige Distributionssituation zu erfassen. Die wichtigsten Thesen sollen im Verlauf der Untersuchung einer empirischen Untersuchung zugänglich gemacht werden. Kapitel 4 widmet sich F-III. Dazu wird in 4.1 zunächst die Kategorisierung von Distributionsorganen betrachtet, um in Kapitel 4.2 H-II zu belegen. Kapitel 4.2 liefert zugleich die Entscheidungsgrundlage für ein Analysekonstrukt, mit dem Distributionsorgane im Automobilvertrieb für die Zwecke des MKM typologisiert werden können. Kapitel 4.3 bis 4.4 operationalisieren das ausgewählte Analysekonstrukt, um schließlich in Kapitel 4.5 eine theoretisch abgeleitete Typologie der Distributionsorgane des Automobilvertriebs vorzuschlagen. Letztere wurde zusammen mit den Thesen zur Distributionssituation einer empirischen Analyse zugeführt, die in Kapitel 5 beschrieben ist. Die empirische Untersuchung verfolgt zwei Ziele: Zum einen sollen die Aussagen zur Distributionssituation bestätigt, konkretisiert und erweitert werden. Zum anderen soll die Typologie der Distributionsorgane konkretisiert und ggf. adaptiert sowie erweitert werden, um schließlich F-IV beantworten zu können. Kapitel 6 greift alle Ergebnisse auf und fügt diese im Sinne von F-V zusammen. Den Abschluss der Arbeit bildet ein Ausblick in Kapitel 7.

120 Insbesondere mit Forschungsfrage F-V wird für die gesamte Arbeit primär die Sicht des Automobilherstellers

eingenommen, welcher vor den genannten Herausforderungen der Multikanal-Vertriebssystemgestaltung steht.

Page 41: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

3 Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren der Gestaltung des Automobilvertriebs 25

3 Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren der Gestaltung des Automobil-vertriebsDas vorliegende Kapitel soll einen Beitrag zur Beantwortung der Forschungsfragen F-I und F-II liefern: Welche Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren spielen bei der Vertriebs-systemgestaltung eine Rolle? Und, welche Trends sind heute erkennbar, die Einfluss auf diese Gestaltung haben? Die Antworten auf diese Fragen bilden den Rahmen, in dem die Distributionsorgane des Automobilvertriebs aktiv sind und welcher im Distributionssystem-gestaltungsprozess (DSG-Prozess) zu berücksichtigen ist. Dieser Rahmen stellt gleichzeitig den Hintergrund dar, vor dem die Distributionsorgane differenziert und hinsichtlich ihrer Entwicklung und Interdependenz analysiert werden. Nachdem zunächst ein Ansatz zur Systematisierung der Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren ausgewählt wird, erfolgt dessen Anwendung auf den europäischen Automobilvertrieb.

Ansatz zur Systematischen Erfassung der Distributionssituation „Da für sozioökonomische Systeme keine generell gültigen optimalen Handlungsalternativenbestimmt werden können, kommt es darauf an, Handlungsalternativen zu finden, die einer spezifischen Situation angemessen sind.“121

Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren

distributionspolitischer Entscheidungen

(Ahlert 1996)

Situationsanalyse des Distributionssystems

(Specht/Fritz 2005)

Evaluating the Variables Affecting Channel Structure

(Rosenbloom 1999)

WeitereBetrach-

tung

Produktbezogene Faktoren

Leistungspaket/Objekte der Distribution Product Variables Kap. 3.1

Kundenbezogene Faktoren

Zielgruppen/Adressaten der Distributionskanäle Kap. 3.2

Konkurrenzbezogene Faktoren Wettbewerber

Market Variables

Distributionskanäle Intermediary Variables Absatzmittlerbezogene Faktoren Eigene/Fremde Distributions-

organe Behavioral Variables

Kap. 3.3

Unternehmensbezogene Faktoren

Unternehmen/internes Umfeld der Distribution Company Variables Kap. 3.4

Sonstige Umweltfaktoren Externes Umfeld der Distribution

Environmental Variables Kap. 3.5

Tabelle 2: Ansätze der Distributionssituationsanalyse122

Bei der Gestaltung des Distributionssystems wirken eine Reihe von endogenen und exogenen Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren, die unterschiedlichen Perspektiven der Distributionssituationsanalyse zugeordnet werden können. Tabelle 2 stellt exemplarisch drei Ansätze nebeneinander.123 Die Übersicht macht leichte Unterschiede in Benennung und Abgrenzung der Kategorien sichtbar, inhaltlich ergibt sich indes große Ähnlichkeit.

121 Specht/Fritz 2005, S. 217. 122 Vgl. Ahlert 1996, S. 40 und S. 175; Specht/Fritz 2005, S. 219-236; Rosenbloom 1999, S. 212-219. 123 Ähnliche Systematiken finden sich bei Eichmann 1993, S. 28-30 oder Kotler/Walther 1999, S. 830-832. BARTH

weist darauf hin, dass der funktionenorientierte Forschungsansatz in allen sechs Faktorengruppen einen

Page 42: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

26 3 Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren der Gestaltung des Automobilvertriebs

Abbildung 6 visualisiert, dass nicht alle Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren in gleicher Weise durch den Hersteller beeinflussbar sind. Desgleichen können die Faktoren nicht überschneidungsfrei voneinander abgegrenzt werden, weil zahlreiche Interdependenzen vorliegen.

Exogene FaktorenEndogene Faktoren

Unternehmens-bezogeneFaktoren

(Kap. 3.4)

Objektder

Distribution(Kap. 3.1)

Distributions-system

(Kap. 3.3)

Politisch-rechtliches und technologisches

Umfeld der Distribution(Kap. 3.5)

Zielmärkte der Distribution

(Kap. 3.2)

Exogene FaktorenEndogene Faktoren

Unternehmens-bezogeneFaktoren

(Kap. 3.4)

Objektder

Distribution(Kap. 3.1)

Distributions-system

(Kap. 3.3)

Politisch-rechtliches und technologisches

Umfeld der Distribution(Kap. 3.5)

Zielmärkte der Distribution

(Kap. 3.2)

Abbildung 6: Beeinflussbarkeit der Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren

Aktuelle und zukünftige Distributionssituation Eine Analyse endogener und exogener Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren des Distributionssystems muss auch zukünftige Entwicklungen berücksichtigen. Veränderungen bzw. Wandel soll dabei so verstanden werden, dass es sich nicht nur um „Störungen und Widersprüche [handelt], welche in einer oder mehreren Alltagsarenen den alltäglichen (oder zukünftig antizipierten) Vollzug der Wirklichkeitskonstruktion erschweren und in Frage stellen“124. Vielmehr können aus Wandel unausgeschöpfte Optimierungs- oder Erneuerungs-potenziale entstehen, die letztlich die Bildung innovativer Distributionssysteme gestatten.

Beispielsweise in der Konsumforschung wird vor dem Hintergrund eines stetigen Normen- und Wertewandels in der Gesellschaft regelmäßig eine Vielzahl von Trends identifiziert, die z.B. mit Hilfe der Szenariotechnik zusammengefasst und strukturiert werden.125 Trends werden hier als gesellschaftliches Wandelphänomen verstanden, welches in der Gegenwart auszumachen ist und unter anderem Auswirkungen auf unternehmerisches Handeln hat. Trends sind insofern von Innovationen – z.B. innovativen Geschäftsmodellen – abzugrenzen, die eine vom Unternehmen initiierte und vermarktete Antwort auf einen Trend darstellen und ggf. ihrerseits neue Trends auslösen können.126 Trends sollten in der DSG Berücksichtigung finden. Kapitel 3 greift folglich die Bestimmung von Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren analog der Gliederung in Tabelle 2 auf und identifiziert jeweils relevante Trends.

Die Spiegelung der allgemeinen Faktoren an aktuellen Trends geht auf den situativen Ansatz zurück: Dem könnte entgegengehalten werden, dass die gewonnenen Erkenntnisse nur zum Zeitpunkt der Studie Gültigkeit hätten. Jedoch muss die Gestaltung eines Vertriebssystems als

wichtigen Beitrag liefert. Aufgrund der übergreifenden Bedeutung ist er demzufolge keiner Gruppe direkt zuzuordnen. Vgl. Barth 1982, S. 108-110 oder Müller-Hagedorn/Spork 2000a, S. 67.

124 Vgl. Rüegg-Stürm 2001, S. 269. 125 Eine stringente Ableitung dieser allgemeinen Konsumtrends bzw. Szenarien im Hinblick auf die Auswirkungen

auf Automobilvertriebsstrukturen findet bisher nur ansatzweise statt. Aus Gründen der Forschungsökonomik soll in der vorliegenden Arbeit keine neue explorative Konsumtrendforschung erfolgen. Es sollen demgegenüber lediglich solche Kundentrends berücksichtigt werden, die in Literatur und Praxis bereits eindeutig ausgemacht wurden.

126 Vgl. Hamm 2003, S. 19.

Page 43: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

3 Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren der Gestaltung des Automobilvertriebs 27

Managemententscheidung immer auf eine situative und zugleich prognostische Berücksichtigung der Umweltsituation aufbauen. Die vorliegende Arbeit zeigt diese Herangehensweise daher allgemein und verbindet die wichtigsten Thesen mit der Prognose im Rahmen einer Delphi-Untersuchung.127 Hersteller- bzw. markenspezifisch werden sich dabei unterschiedliche Schwerpunktsetzungen und etwaige zusätzliche Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren des DSG zeigen.

3.1 Perspektive Distributionsobjekt Bei der zweckgerechten Gestaltung des Absatzweges muss das zu vertreibende Produkt berücksichtigt werden. Diese Perspektive ist stark vom warenorientierten Ansatz (commodity approach) der Distributionsforschung beeinflusst. Automobile sind technisch komplexe und wartungsbedürftige Produkte, nicht zuletzt deswegen ist diese Perspektive besonders wichtig.

3.1.1 Automobil als Distributionsobjekt Insbesondere für den Konsumgüterbereich werden die drei Warentypen Convenience Goods,Shopping Goods und Specialty Goods des Commodity Approach differenziert.128 Automobile können als Specialty Goods129 aufgefasst werden und erforderten demzufolge tendenziell eher einen exklusiven oder direkten Vertrieb. Bis zur Einführung der GVO 1400/02 herrschte im Automobilvertrieb eine Kombination aus selektivem und exklusivem Vertrieb vor – aktuell haben sich fast alle Hersteller für das selektive System entschieden.130

Die Nachfrage nach einem Automobil stellt oft eine abgeleitete Nachfrage dar und die Kauf-entscheidung erfolgt durch das Buying Center eines gewerblichen Kunden. Es werden dann wichtige Charakteristika des Investitionsgütermarktes erfüllt, so dass der Commodity Approach ohne weiteres nicht anwendbar ist.131 Es wird deutlich, dass die Komplexität der Distributionsentscheidung hier größer ist, als dass sie mit dem warenorientierten Ansatz vollständig erfassbar wäre. Folgende automobilspezifische Bestimmungs- und Begrenzungs-faktoren sind demzufolge genauer zu untersuchen: gebrauchstechnische, kulturelle und soziale Eigenschaften des Produkts.132

Gebrauchstechnische EigenschaftenZu den gebrauchstechnischen Eigenschaften gehören die technisch-funktionalen Merkmale, die sich im Automobilvertrieb besonders ausprägen: Automobile haben eine hohe Erklärungs,

127 Der Prognosezeitraum der in Kapitel 5 dargestellten Delphi-Untersuchung ist für die Jahre 2005 bis 2015

festgelegt. Aus forschungs-ökonomischen Gründen werden nicht alle Thesen aus Kapitel 3 im Delphi-Frage-bogen zur Beurteilung gestellt, da einige durch bereits vorhandene und ausreichend abgesicherte Studien belegt sind.

128 Vgl. Ruhfus 1976, S. 23 und Cremer 1983, S. 79. 129 Vgl. Hoffmeister 1998, S. 84. 130 Vgl. Kapitel 3.5. 131 Das trifft besonders auf gewerblich genutzte Automobile und leichte Nutzfahrzeuge (LCV) zu. Einen Grenzfall

stellen die so genannten Flottenverkäufe dar, weil sich in diesem Fall Charakteristika des Konsum- und Investitionsgütermarktes überschneiden. Vgl. Kapitel 3.2.

132 Vgl. Ahlert 1996, S. 40-41.

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28 3 Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren der Gestaltung des Automobilvertriebs

Montage- und Wartungsbedürftigkeit, die aus ihrer technischen Komplexität und Beanspruchung resultieren.133 Außerdem führt der Wert der Fahrzeuge dazu, dass gerade Privatkunden ein relativ hohes Kaufrisiko wahrnehmen. Automobile sind für Privatkunden High-Involvement-Güter.134 Fahrzeugfunktionen sollten dem Kunden vor und nach dem Kauf erklärt werden können, die vielfältigen Zusatz- und Sonderausstattungen müssen bei der Distribution berücksichtigt werden und eine flächendeckende Wartungs- bzw. Reparatur-möglichkeit wird angestrebt. Diese Aspekte erfordern fahrzeugmodellspezifisch geschultes Verkaufs- und Servicepersonal. Die technisch-funktionale Komplexität der Fahrzeuge legt somit eine enge Abstimmung zwischen Hersteller und Distributionsorganen nahe.

Bezüglich der chemisch-physikalischen Merkmale von Automobilen sind weniger die Lebensdauer oder Haltbarkeit relevant, als vielmehr die Nutzungsdauer bevor das Fahrzeug auf dem Gebrauchtwagenmarkt erscheint. Die Kaufentscheidung für einen Neuwagen fällt sowohl zeitlich, als auch finanziell i.d.R. mit dem Verkauf eines Gebrauchtwagens zusammen. Bei Flottenkunden hat der möglichst garantierte Rückkauf zum festen Wieder-verkaufswert eine hohe Bedeutung. Die gegenseitige Abhängigkeit von Neu- und Gebraucht-wagenmarkt sollte daher bei der Planung des Distributionssystems berücksichtigt werden.

Hinsichtlich Transport und Logistik ergeben sich folgende Charakteristika: Erstens sind Automobile sperrig, schwer und kostenaufwendig zu transportieren bzw. zu lagern. Zweitens bieten Automobilhersteller i.d.R. umfangreiche Spezifikationsmöglichkeiten, welche nach dem Produktionsprozess meist nicht mehr verändert werden können. Daher müssen die Produkte individuell dem Point-of-Sale zugeliefert werden. Diese beiden Aspekte legen eine Prädisposition für möglichst kurze, flexible Absatzwege nahe, um dem Kunden in kurzer Zeit das gewünschte Fahrzeug anbieten zu können. Ferner führen Fahrzeuge mit wenig nachgefragten Spezifikationen regelmäßig zu erheblich niedrigeren erzielbaren Marktpreisen, sofern der spezifische Abnehmer nicht (schnell) gefunden werden kann. Diese Herausforderung spricht für eine enge Kooperation zwischen Hersteller und Absatzmittler in Bereichen des Auftragsmanagements, der Logistik und Disposition von Fahrzeugen.

Kulturelle und soziale Eigenschaften Qualitative und technologische Unterschiede zwischen Automobilen eines Preissegments werden zunehmend geringer. Aus Sicht der Nachfrager gewinnen indessen Images an Bedeutung. Sie dienen der Marktorientierung und Selbstbestätigung sowie dem Ausdruck und der Inszenierung der eigenen Persönlichkeit. Aus Anbietersicht hat das Image daher einen hohen Stellenwert für die Differenzierung und Absatzstimulierung im Markt.135

Bei der Gestaltung des Distributionssystems ist folglich nicht nur die Entwicklung von Markenimages durch Werbe- und Kommunikationsmaßnahmen der Absatzmittler zu

133 Vgl. Diez 2001a, S. 308. 134 Vgl. Smend 2004, S. 63. 135 Vgl. Wehr 2001, S. 1-2; Brandt 2006, S. 17.

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3 Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren der Gestaltung des Automobilvertriebs 29

beachten, auch die Irradiation des Einkaufsstättenimages auf das Qualitäts- und Markenimage ist relevant. Automobile werden bisher vornehmlich in spezialisierten Einkaufsstätten verkauft. Weil der Aufbau eines bestimmten Markenimages neben Produktqualität und -technologie als wesentlicher Hebel zur Generierung von Wettbewerbsvorteilen angesehen wird, versuchen Automobilhersteller über die Setzung von Standards für eine bestimmte Automobilmarke eine einheitliche Anmutung am Point-of-Sale durchzusetzen.136 Je höher der am Markt angestrebte Markenwert ist, desto größeren Einfluss wird die Markenpolitik auf die Gestaltung des Vertriebssystems haben müssen.

Ein weiterer Aspekt ist das preispolitische Verhalten gegenüber den Kunden. Im heute vornehmlich indirekt selektiven Vertriebssystem nehmen Automobilhersteller über Rabatt-aktionen, subventionierte Inzahlungnahmen, Direkt-Rabatte, Sondermodelle, Ausstattungs-pakete, Tageszulassungen, Sonderkonditionen für Versicherungen, Eroberungsprämien oder Leasing- und Sonderzinsen wesentlichen Einfluss auf die Preisgestaltung.137 Ein System aus Margen- und Bonuszahlungen mit der (noch) geringen Einkaufsmacht der Händler begrenzt die Möglichkeiten einer wesentlichen Abweichung von der herstellereigenen Preisstrategie. Insofern müssen Hersteller entscheiden, ob bei der Gestaltung des Distributionssystems die aktuell vergleichsweise hohe preispolitische Einflussmöglichkeit erhalten – respektive ausgebaut – werden soll.

3.1.2 Distributionsobjektbezogene Trends

Technisch-funktionale Komplexität Kaum eine andere Branche wendet so viele Ressourcen für die Weiterentwicklung ihrer Produkte auf, wie die Automobilindustrie.138 Der technologische Fortschritt findet derzeit vor allem in der Entwicklung neuer elektronischer Bauteile im Automobil statt, welche Sicherheit und Fahrkomfort erhöhen. Damit geht die ständige Zunahme technischer Komplexität des Produktes einher, die bei der Gestaltung des Vertriebssystems berücksichtigt werden muss: neue Funktionalitäten müssen dem Kunden vor und nach dem Kauf vermittelt sowie bei der Wartung der Fahrzeuge berücksichtigt werden.

Bedeutungszunahme GW-Geschäft Das Neuwagengeschäft besitzt eine zunehmend engere Verbindung zum Gebrauchtwagen-geschäft. Während die technische Komplexität der Fahrzeuge zunimmt, verlängern sich seit Jahren die Wartungsintervalle der Fahrzeuge. Zugleich erfahren Fahrzeugflotten ein professionelleres Management, welches an der Optimierung der Differenz zwischen Volumeneinkaufsrabatt und möglichst hohen Restwerten nach kurzer Nutzungszeit, orientiert ist. In der Folge kommen regelmäßig große Mengen junger Gebrauchtwagen in den Markt. 136 Vgl. Krüger 1999, S. 100-102 und 114; Jensen 2001, S. 56; Lademann/Gutknecht 2004, S. 55-56; Plate 2004e,

S. 12. 137 Vgl. Mallad/Brauchle 2004, S. 1. 138 Die europäische Automobilindustrie gab 2002 ca. €19 Mrd. für Forschung und Entwicklung aus, das entspricht

5% des Umsatzes. Vgl. o.V. 2004a, S. 30.

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30 3 Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren der Gestaltung des Automobilvertriebs

Diese werden von Privatkunden immer häufiger als mögliches Substitutionsprodukt für einen Neuwagen angesehen.

In der Konsequenz muss bei der Gestaltung des Neuwagen-Vertriebssystems nicht nur die Inzahlungnahme von Gebrauchtwagen ermöglicht, sondern auch deren Wieder-Vermarktung berücksichtigt werden. Aufgrund des im Vergleich zum Neuwagengeschäft nach wie vor hohen Renditepotenzials des Gebrauchtwagengeschäfts, ist dieses Geschäftsfeld auch als strategische Komponente der Distributionsorgane in Betracht zu ziehen.139

Logistische Anforderungen Hersteller können bei der strategischen Ausrichtung ihrer Vertriebssysteme theoretisch zwischen zwei alternativen Ausprägungen wählen:

• Build-to-Stock-Ansatz (BtS): In der Ausrichtung als Stock-Push-System beruhen der Modellmix und die Auswahl der unterschiedlichen Spezifikationen für die Fahrzeug-produktion im Wesentlichen auf Absatzprognosen und Marktforschung. Diese System-gestaltung ermöglicht eine sehr effiziente und langfristige Planung der Upstream-Wert-schöpfungskette sowie der Verteilung der Fahrzeuge auf die Distributionsorgane. Nachteilig am reinen BtS-System ist, dass mitunter spezielle Wünsche des Kunden nicht berücksichtigt oder zu spät erkannt werden. Die Differenz zwischen Kundenwunsch und am Point-of-Sale verfügbarem Sortiment muss dann durch Preisnachlässe kompensiert werden. Insbesondere vor dem Hintergrund immer differenzierterer Modellpaletten und Ausstattungsoptionen stößt die rein prognostische Absatzplanung an ihre Grenzen. HOLWEG/PIL verbinden daher mit dem Stock-Push-Ansatz generell eine Entfernung des Herstellers von den wahren Kundenwünschen.140

• Build-to-Order-Ansatz (BtO): Im reinen Customer-Pull-System beruht die Produktion jedes Fahrzeugs auf einer zuvor erfassten Kundenbestellung, an dessen Ende das Fahrzeug individuell zum Kunden bzw. Auslieferungsort transportiert werden muss. Diese Konzeption fördert den Werterhalt von Fahrzeugen und Marken, indem es seltener zu Preisnachlässen oder anderen Kompensationen zwingt. Überdies kann die durch den Kunden gewünschte Individualität in der Fahrzeuggestaltung wesentlich leichter realisiert werden. Demgegenüber sind Produktions- und Logistikplanung oft aufwendiger und kostenintensiver. Produkt respektive Marke müssen daher ausreichend attraktiv sein, so dass der Kunde höhere Preise und ggf. längere Lieferzeiten toleriert.

139 Vgl. Abbildung 3 und Bräutigam/Schulz 2004, S. 96-98; Purohit/Staelin 1994 sowie Kapitel 3.2.2.2. 140 Vgl. Holweg/Pil 2001, S. 74-75 und S. 81; Kreutzer/Schindler/De La Bedoyere 2002, S. 18.

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3 Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren der Gestaltung des Automobilvertriebs 31

Build-to-Stock (BtS)

• Fertigung und Gestaltung des Modellmix auf Basis von langfristigen Absatzprognosen(auch: Make-to-Forecast)

• Reaktive Lageroptimierung zur Produktions-optimierung

Push-Ansatz Pull-AnsatzBuild-to-Order

(BtO)• Fertigung und

Gestaltung des Modellmix auf Basis von realen Bestellungen von Kunden

• Kundenwünsche sind für die gesamte Wertschöpfungs-kette transparent

Hybride StrategienLocate-to-Order

(LtO)• BtS mit erhöhter

Transparenz und Zugriffsmöglichkeit über/auf Lagerbestände

• (ggf. regionales) Pooling von Lagerkapazitäten

Amend-to-Order(AtO)

• Unspezifizierte Produktions-aufträge können im Produktions-prozess in Kundenaufträgegewandelt werden

Hybrid BtO• Fahrzeuge mit

hohem Marktanteil werden weiterhin nach BtS-Ansatzproduziert

• Wenig nachgefragte Fahrzeugeausschließlich nach dem BtO-Ansatz

Abbildung 7: Ziele der BtS- bzw. BtO-Strategien im Automobilvertrieb141

DIEZ stellt in Zusammenhang mit der Fragmentierung von Kundenbedürfnissen den sich verstärkenden Wunsch nach individualisierten Fahrzeugbestellungen heraus. Diese Entwicklung werde derzeit durch den teilweise sehr hohen Anteil an Fahrzeugen, die nicht auf Kundenwunsch hin produziert werden, konterkariert. Lange Lieferzeiten stellten eine Akzeptanzschwelle für die individuelle Fahrzeugbestellung dar, so dass im Automobil-vertrieb, einhergehend mit potenzieller „resignativer Kundenunzufriedenheit“, unnötige Rabatte für den Verkauf von BtS-Fahrzeugen gezahlt würden. Die rasante Zunahme an Fahrzeugmodellvielfalt sowie die verstärkte Nutzung alternativer Vertriebskanäle – ohne Anbindung an BtO-Systeme – führten zu einer geringeren Realisierungsquote von BtO. 142

Eine Evolution vom Push- zum Pull-Ansatz wird von diversen Autoren empfohlen und müsste folglich mit der Ausnutzung alternativer Absatzkanäle harmonieren.143 STAUDNER

betont, dass sich diese Notwendigkeit nicht nur die Vernetzung und (zentrale) Koordination der Elemente des Vertriebssystems untereinander nahe lege, sondern auch erfordere, dass jedes Element des Vertriebssystems selbst geeignete Koordinations- und Kooperations-mechanismen sowie Ansätze zur Antizipation des Fahrzeugbedarfs einsetze.144 Es kann zusammenfassend konstatiert werden, dass Vertriebssysteme der Zukunft auf eine transparente, enge und zugleich flexible Vernetzung zwischen dem Kunden bzw. dem regionalen Marktgeschehen am Point-of-Sale, dem Absatzmittler und einer zentralen Absatz-planung angewiesen sind, um eine möglichst effiziente und kostenoptimale Produktions- und

141 Vgl. Holweg/Pil 2001, S. 81. 142 Lediglich Hersteller von Luxusfahrzeugen fertigen ausschließlich auf Kundenwunsch. Demgegenüber setzen

Hersteller ohne Produktionskapazitäten in Europa aufgrund etwaiger langer Wartezeiten für Kunden-bestellungen eher auf Build-to-Stock-Strategien. Grundsätzlich verfolgen die meisten Volumenhersteller push-orientierte Absatzstrategien. Vgl. Diez 1999, S. 27-29; Brown 2001, S. 28; Pietsch 2002, S. 46; Geiseler 2002, S. 14-15; Williams 2003, S. 26; Plate 2005d, S. 10; Williams/Bozon 2006.

143 Vgl. Landmann 1999, S. 79 und 93; Diez 1999, S. 110-120; Holweg/Pil 2001, S. 76; Brown 2001, S. 22-29; Stautner 2001, S. 186-189; Kreutzer/Schindler/De La Bedoyere 2002, S. 20; Pietsch 2002, S. 48-49; Williams 2003, S. 10-12 und 26; Holweg/Pil 2004, S. 209-214.

144 Vgl. Stautner 2001, S. 190-191.

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32 3 Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren der Gestaltung des Automobilvertriebs

Logistikplanung realisieren zu können. Sie werden dazu auf hybride Systeme, wie in Abbildung 7 dargestellt, zurückgreifen müssen.

3.1.3 Zusammenfassende Thesen Die Ausführungen machen deutlich, dass produktspezifische Aspekte des Automobilvertriebs bei der Gestaltung des Vertriebssystems berücksichtigt werden müssen. Folgende Thesen können zusammengefasst werden:

• T-1.1: Die technische Komplexität und die Erklärungsbedürftigkeit von Automobilen nehmen zu und erfordern somit eine enge Abstimmung zwischen, dem Hersteller und den übrigen Elementen des Vertriebssystems.

• T-1.2: Die Marke ist elementarer Bestandteil der Automobilkaufentscheidung; demzufolge werden Hersteller der markenspezifischen Gestaltung des Distributionssystems weiterhin besondere Bedeutung beimessen.

• T-1.3: Je höher der am Markt angestrebte Markenwert ist, desto größeren Einfluss wird die Markenpolitik des Herstellers auf die Gestaltung des Point-of-Sale (PoS) auszuüben versuchen.

• T-1.4: Die Aufnahme und Wieder-Vermarktung von Gebrauchtwagen ist bei der Gestaltung eines Vertriebssystems bzw. eines Geschäftsmodells im Vertriebssystem zu berücksichtigen und ggf. als strategisches Element einzusetzen.

• T-1.5: Bei der Distributionssystemgestaltung muss die Orientierung an BtO- respektive BtS-Strategien berücksichtigt werden.

• T-1.6: BtO-orientierte Vertriebssysteme sollten eine enge Vernetzung zwischen den Distributionsorganen und der herstellereigenen Absatz- und Distributionsplanung ermöglichen.

3.2 Perspektive Marktstruktur Das Absatzsystem muss sich an die Marktstruktur und dabei insb. an die Kunden anpassen.145

Neben dem unmittelbaren und kurzfristigen Einfluss, den das Verbraucherverhalten auf die Distributionspolitik hat, gibt es demographische und psychographische Marktcharakteristika, die mittel- bis langfristig die Entscheidung im Hinblick auf die Wahl und die Gestaltung des Vertriebssystems beeinflussen.

3.2.1 Kunden im europäischen Automobilmarkt In Europa konkurrieren derzeit weit über 50 Marken um Kunden, allerdings gehören 99% der verkauften Fahrzeuge zu 35 Marken von 16 Konzernen.146 In Abhängigkeit von Kunden-gruppe, Preissegment, Modell und Marke überwiegt stärker der Preis- oder Leistungs-wettbewerb.147 Mit dem Ziel einer systematischen segmentspezifischen Marktbearbeitung werden in der Automobilwirtschaft Kundensegmentierungen verwendet. In erster Linie werden damit Entscheidungen bezüglich Produktdesign und Auswahl der Kommunikations-instrumente getroffen. Im europäischen Automobilvertrieb wird indes weder funktions- noch

145 Vgl. auch die Überlegungen zur Customer-based view der Unternehmung in Kapitel 4.3.2.5. 146 Quelle: Polk Marketing Systems im Juli 2006 bzgl. Länder der EU. 147 Vgl. u.a. Heß 1997, S. 28; Hilzenbecher 2004, S. 26-27.

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3 Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren der Gestaltung des Automobilvertriebs 33

herstellerbezogen ein einheitliches Segmentierungskonzept verwendet. Vielmehr werden je nach Aufgabenstellung kunden-, produkt- (z.B. Preisklassen oder technische Merkmale) oder nutzenbezogene (z.B. Fahrverhalten, Nutzungszeiten) Kriterien der Segmentierung verwendet. Tabelle 3 zeigt eine Auswahl möglicher kundenbezogener Segmentierungs-kriterien, die in der Automobilwirtschaft Bedeutung haben.148

Institutionell Soziodemographisch Kauf-/Informationsverhalten Psychographisch

− Privatkunden − Geschäfts-

kunden

− Demographie − Sozioökonomie − Geodemographie

− Markenwahl & -treue − Produktartenwahl − Preisverhalten − Mediennutzung − Wahl der Einkaufsstätte

− Wahrnehmungen − Kundennutzen − Lifestyle (z.B.

Aktivitäten, Interessen, Meinungen)

− Persönlichkeit (z.B. Motive, Einstellungen, Wertvorstellungen)

Tabelle 3: Beispiele kundenbezogener Segmentierungskriterien149

Dementsprechend ist auch die Begriffsverwendung bei der Kennzeichnung der Kunden-gruppen heterogen, Beispiele sind End-, Privat-, Flotten-, Groß- und Geschäftskunden sowie gewerbliche Kunden und Konsumenten.150 Daneben existiert die aus der angloamerikanischen Literatur stammende Unterscheidung in Business-to-Business-Geschäft (B2B)151 und Business-to-Consumer-Geschäft (B2C). Letztere erfasst den z.T. erheblichen Unterschied im Vertrieb an Geschäfts- und Privatkunden.

Geschäftskunden Die in Tabelle 4 dargestellten Differenzierungskriterien werden bei der Differenzierung von Geschäftskunden in Literatur und Praxis häufig verwendet und sollen in der vorliegenden Arbeit Anwendung finden.

InstitutionelleAbgrenzung Kaufentscheidung Flottengröße

(Einkaufvolumen p.a.) − Privatwirtschaftliche

Unternehmen − Öffentliche Institutionen

− Stark rational und kostenorientiert

− Wie Privatkunden

− Kleine Flotte (1-10 Fzg. p.a.) − Mittlere Flotte (11-100 Fzg. p.a.) − Große Flotte (>100 Fzg. p.a.)

Tabelle 4: Differenzierungskriterien für Geschäftskunden

Es sind privatwirtschaftliche Unternehmen und öffentliche Institutionen zu unterscheiden, letztere charakterisieren sich durch stärker formalisierte Kaufentscheidungsprozesse. Weiterhin werden Geschäftskunden bezüglich ihres jährlichen Einkaufvolumens

148 Vgl. Heise 1997, S. 7; Freter/Obermeier 2000, S. 741-742; Beutin/Fürst/Finkel 2003, S. 24-26. Zu allgemeinen

Zielen und Nutzen von Marktsegmentierung vgl. z.B. Freter 1983, S. 16ff.; Holland 1999, S. 477-487; Krafft/Albers 2000, S. 515ff.; Wiedmann/Jung 2001, S. 220-227; Specht/Fritz 2005, S. 247-248.

149 Vgl. Heise 1997, S. 193 und Diez 2001a, S. 35ff. 150 Vgl. Kapitel 3.1.6 und Diez 2001a, S. 38; Gutknecht/Lademann/Zenner 2004, S. 51; Splett-Henning 2004, S.

20.151 Die gelegentlich differenzierte Gruppe Administration soll hier mit der Gruppe Business zusammengefasst

werden, weil sich keine relevanten Unterschiede bei dem hier zu Grunde gelegten Forschungsdesign ergeben. Zur Unterscheidung B2A vgl. zu Knyphausen-Aufseß/Meinhardt 2002, S. 29.

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unterschieden. Mit dem Einkaufvolumen steigen i.d.R. die Professionalität der Einkaufs-prozesse und die Möglichkeiten der Ausnutzung von Skalenvorteilen.152 Überdies sind Kaufabwicklung und Fahrzeugmanagement während der Nutzungszeit – deutlich stärker als bei Privatkunden – rational, kostenorientiert sowie durch institutionalisierte,professionalisierte Prozesse charakterisiert. Aspekte wie Preis, Reparaturhäufigkeit, Service-verfügbarkeit, Wertstabilität oder Benzinverbrauch haben tendenziell höhere Bedeutung, als beim Privatkundenkauf. Das Differenzierungsmerkmal „Kaufentscheidung“ ist schwierig zu erfassen und abzugrenzen, aber dennoch von hoher Bedeutung. Geschäftskunden werden von einem Buying-Center153 repräsentiert, deren Ausprägung respektive Kaufentscheidung höchst unterschiedlich ausfallen kann und hier durch zwei Extrema charakterisiert werden soll:

• Kaufentscheidung wie Privatkunden: In vielen Fällen sind Fahrzeugnutzer fester Bestandteil des Buying-Centers. Bei sog. User Chooser-Kunden154 wird die Kauf-entscheidung im Hinblick auf die Produktwahl stark vom Nutzer des Fahrzeugs getroffen, wie z.B. bei bestimmten Dienstwagen und Leasingfahrzeugen. Die Kaufentscheidung ist in Bezug auf die Bedeutung von Markenimage und -prestige sowie Beratung und Anmutung am PoS ähnlich der Kaufentscheidung von Privatkunden.

• Kaufentscheidung stark rational und kostenorientiert: Geschäftskunden, bei denen sich neben Kaufabwicklung und Fahrzeugmanagement auch die Produktwahl durch eine stark rationale und z.T. habitualisierte Kaufentscheidung charakterisieren lässt, sind dem anderen Extremum zuzuordnen. Wie bspw. bei Lieferwagen-, Montage- oder Außen-dienstflotten, ist der Fahrzeugnutzer selten Teil des Buying-Centers.

Zwischen diesen beiden Extrema existieren Geschäftskunden, bei denen die Produkt- und Markenwahl zwar nach stark rationalen Gesichtspunkten verläuft und durch den Nutzer nicht/kaum beeinflussbar ist, jedoch Markenimage und -prestige gezielt zur Motivierung der Fahrzeugnutzer oder zur öffentlichen Präsentation des Unternehmens genutzt werden. Das trifft beispielsweise für Dienstwagenflotten für Außendienstmitarbeiter zu. Zusammenfassend können für das Distributionssystem folgende Charakteristika von Geschäftskunden konstatiert werden:155

• Die Kostenbeurteilung unter Berücksichtigung des gesamten angestrebten Nutzungs-zeitraums eines Fahrzeugs156 ist deutlicher ausgeprägt, als bei Privatkunden.

• Die Nachfrage nach integrierten Dienstleistungsangeboten über das reine Fahrzeug hinaus (z.B. Finanzierung, Versicherung, Wartung, Flottenmanagement etc.) hat sich etabliert.

• Geschäftskunden nutzen oftmals die großen Abnahmevolumen, resultierende Einkaufs-macht und pan-europäische Preisunterschiede systematisch aus.157

152 Zu Skalenvorteilen respektive Economies of Scale, vgl. Christensen 2001, S. 106-107. 153 Vgl. Backhaus 1999, S. 65ff. 154 Vgl. Splett-Henning 2004, S. 79. 155 Vgl. Kiff 2005b, S. 28-32. 156 Total Cost of Ownership. 157 Im Fall von Leasingunternehmen wird diese Einkaufsmacht durch die GVO 1400/02 unterstützt, weil darin die

Berücksichtigung als Endkunde – analog Vermietflotten – festgeschrieben ist. Dennoch werden Leasing-unternehmen bisher nur vereinzelt hohe Rabatte gewährt, weil Hersteller und Leasingunternehmen um die Preisstabilität im Markt fürchten.

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3 Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren der Gestaltung des Automobilvertriebs 35

• Geschäftskunden können bestimmte Elemente des Kaufprozesses gepoolt und professionalisiert abwickeln.

• Professionelle Flottenbetreiber treten immer häufiger als Händler für junge Gebraucht-wagen auf und bieten Fahrzeuge gezielt als Substitutionsprodukt für Neuwagen an.

Eine Geschäftskunden-spezifische Anpassung der Geschäftsprozesse auf Anbieterseite liegt nahe, jedoch ist die Gestaltung des Distributionssystems traditionell stark von Privatkunden-Bedürfnissen beeinflusst. Es bleibt zu klären, in welchem Umfang zukünftig Geschäfts-kunden-spezifische Distributionsorgane entstehen, welche einerseits spezifische Bedürfnisse von User Choosern und andererseits Anforderungen von prozess- und kostenoptimiert arbeitenden Buying-Centern befriedigen können.

PrivatkundenPrivatkunden unterscheiden sich von Geschäftskunden durch die eher konsumtive Fahrzeug-nutzung und die stärkere Berücksichtigung nicht-rationaler Entscheidungsparameter beim Automobilkauf. UNGER ermittelte empirisch, dass beim privaten Erstkauf eine stark extensive Kaufentscheidung vorliegt, die sich geringfügig in Richtung einer limitierten Kaufent-scheidung beim wiederholten Kauf entwickeln kann.158

In der Praxis hat die von UELZHÖFFER/FLAIG entwickelte Milieu-Segmentierung besondere Bedeutung erlangt. Unter der Annahme, dass besonders in reifen, postmodernen Konsum-gesellschaften die sozialkulturelle Identität des Verbrauchers bei der Wahl von Marken, Produkten oder Dienstleistungen hohen Einfluss hat, werden unter folgenden Prämissen mit Hilfe psychographischer Kriterien sozialästhetische Segmente identifiziert. Die soziale Gesellschaftsstruktur lässt sich nicht mehr in erster Linie über schichtbezogene Variablen beschreiben, vielmehr haben „alltagsästhetische Beziehungswahlen“ der Menschen sowie deren Wertorientierungen hohe Aussagekraft über die Gesellschaftsstruktur. Es lässt sich eine „sozialästhetische Segmentierung“ durch soziale Milieus ableiten. Die Milieus bilden charakteristische Lebensorientierungen, Lebensziele, Wertorientierungen und Einstellungen durch den integrierten Einsatz subjektiver und objektiver Merkmale ab. Soziale Milieus sind in ihrer Abgrenzung unscharf, zugleich jedoch zeitlich stabil. Dabei wird unterstellt, dass Individuen im Rahmen „subjektiver alltagsästhetischer Beziehungswahlen“ u.E. Einfluss auf die Zugehörigkeit zu sozialen Milieus nehmen können.159 Die Operationalisierung dieses Ansatzes i.S. eines gesellschaftlichen Strukturmusters, erfolgt über die Abbildung der sozialen Milieus in einem zweidimensionalen Raum. Wie in Abbildung 8 werden bzgl. des Automobilvertriebs die soziale Lage (i.S.v. Preis-Premium-Bereitschaft bzw. Zahlungs-bereitschaft für ein Fahrzeug) und die subjektive Wertorientierung (i.S.v. Einstellungen, Werten, Lifestyle und Geschmack, die sich im Automobilkauf niederschlagen) abgebildet.

158 Vgl. Unger 1998, S. 59ff. 159 Vgl. Flaig/Meyer/Ueltzhöffer 1997, S. 11-32, 44-50; Heise 1997, S. 251ff.; Ueltzhöffer 1999, S. 4-7; Pepels

1999, S. 488-524; Diez 2001a, S. 45-48; Hoyer/MacInnis 2001, S. 331-342; Wecker 2004, S. 132ff. und S. 168; Ascheberg/Arnold 2005, S. 19-23; Rickens 2006, S. 84-91. Einen alternativen, konzeptionell ähnlichen, jedoch weniger populären Ansatz bieten ZANGER/BAIER/GAUS an. Vgl. Zanger/Baier/Gaus 2004, S. 208ff.

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36 3 Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren der Gestaltung des Automobilvertriebs

Insofern wird „der in der Alltagswirklichkeit multidimensionale Raum […] auf die beiden modellkonstitutiven Dimensionen […] reduziert“160.

Aesthetics Divider (Automobil-bezogene Wertorientierung)

Social Status /

Price Premium

Divider(Preis-

Premium-Bereit-schaft)

UpperClassUpperMiddleClass

MiddleClass

Lower MiddleClass

Lower Class

Underprivilidged (10,7%)

Counter Culture(7,4%)

Traditional Blue Collar

(9,2%)

Progressive Modern

Mainstream (9,3%)

Conventional Modern

Mainstream(10,9%)

Traditional Mainstream

(14,4%)

SocialClimber(10,9%)

Upper Conservative (7,6%)

Upper Liberal(9,4%) Post-

modern (7,1%)

Socio-Critical(3,3%)

Traditional Modern Postmodern

Abbildung 8: SIGMA-Milieus Europa 2005161

3.2.2 Trends im Automobilmarkt Ähnlich wie in anderen Branchen ist der Wandel vom Verkäufer- zum Käufermarkt im europäischen Automobilvertrieb bereits vollzogen. Die Frage nach den „wahren“ Kunden-wünschen wird kontrovers diskutiert.162 Indessen wird nahezu einhellig die Meinung vertreten, dass die Veränderung des Kundenverhaltens bzw. der Kundenbedürfnisse einen wichtigen Treiber für die Entstehung und Durchsetzung neuer Absatzkanäle bzw. neuer Distributionsorgane im Automobilvertrieb darstellt.163 Zunächst sollen relevante Entwicklungen in der Kundenstruktur aufgezeigt werden, bevor das Kundenverhalten und Kundenbedürfnisse behandelt werden.

160 Ueltzhöffer 1999, S. 9. Die Gesellschaften in den Mitgliedsländern der EU unterscheiden sich z.T. deutlich,

folglich liegt auch für jedes Land eine andere Milieuverteilung der Privatkunden vor. Trotz unterschiedlicher sozialästhetischer Fragmentierung der einzelnen Länder lassen sich für den europäischen Automobilvertrieb transnationale Milieusegmente identifizieren. Vgl. Ueltzhöffer 1999, S. 8.

161 Vgl. Ascheberg/Arnold 2005, S. 21. 162 Vgl. u.a. Diez 1999, S. 32ff.; Betz 2003, S. 4; Jullens/Smend 2003, S. 98; Beutin/Finkel/Fürst 2003, S. 66-67;

Wecker 2004, S. 7; Splett-Henning 2004, S. 62-72. Bei der Erfassung des Wandels im Konsumentenverhalten können zwei Strömungen identifiziert werden: Zum einen wird die Analyse, Auswertung und Extrapolation aktueller Kundendaten aus allen Distributionsstufen verfolgt. Zum anderen wird dieses Vorgehen um prognostische Verfahren der Trendforschung ergänzt, was u.E. die Antizipation des Kundenverhaltens in der Zukunft zulässt. Vgl. Meffert 2000b, S. 151.

163 Vgl. Schögel/Tomczak 1999, S. 12; Schögel/Birkhofer/Tomczak 1999, S. 288; Meffert 2000b, S. 151; Betz 2003, S. 2; Smend 2004, S. 173.

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3 Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren der Gestaltung des Automobilvertriebs 37

3.2.2.1 Kundenstruktur Bedingt durch rückläufige Geburtenraten und medizinischen Fortschritt steigt das Durchschnittsalter europäischer Fahrzeugnutzer, somit gewinnen ältere Kunden eine höhere Bedeutung als relevante Zielgruppe – ein Trend, der auch als Altersbeben bezeichnet wird.164

Neben einem angepassten Produkt- und Dienstleistungsangebot, müssen auch Absatzsysteme dieser Entwicklung Rechnung tragen und die Ansprüche der „Jungen Alten“ bedienen. Durch den demographischen Wandel werden die Gesellschaften große Anstrengungen bezüglich des Umbaus der Sozialsysteme unternehmen müssen. Der finanzielle Spielraum der jüngeren Bevölkerung wird dadurch sinken.165 Gleichzeitig ist eine Polarisierung der Einkommen sowie Verlust mittlerer Einkommensgruppen festzustellen.166

Ein weiterer Trend zeigt sich in sinkenden Haushaltsgrößen: Der steigende Anteil an Single-Haushalten und die damit verbundene Individualisierung und Flexibilisierung der Lebens-modelle spiegelt sich in veränderten Bedürfnissen wider. Beispiele sind das Bedürfnis nach längeren Öffnungszeiten, die flexibilisierte Fahrzeugnutzung, ständige Kostentransparenz oder der häufigere Fahrzeugwechsel. Das Bedürfnis nach schnellem Fahrzeugwechsel zeigt sich in der Suche nach Mobilitätskonzepten ohne langfristige monetäre Bindung und flexibler Fahrzeugwahl, was für die Bildung adaptierter Vertriebskonzepte spricht.167

Neben Veränderungen im Privatkundengeschäft ist seit einiger Zeit eine Verschiebung des Absatzschwerpunktes von Privatkunden zu Geschäftskunden sichtbar. Der Anteil an Geschäftskunden am Neuwagenverkaufsvolumen steigt in den letzten Jahren stetig.168 Die Ursachen dieser Entwicklung sind vielfältig: Privatkunden decken ihre Mobilitätsbedarfe vermehrt durch Fahrzeuge des Arbeitgebers bzw. Dienstwagen, Privatkunden substituieren stärker als früher den Kauf eines Neuwagens durch einen jungen Gebrauchtwagen, Privat-kunden setzen vermehrt auf nutzungs- anstatt besitzorientierter Mobilität z.B. durch Leasing oder andere Finanzierungsformen, so dass der Finanzdienstleister Erstbesitzer des Fahrzeugs wird. Darüber hinaus betreiben Geschäftskunden professionelleres Fahrzeugmanagement. Fahrzeuge werden nach spätestens vier Jahren durch neue ersetzt.169 Mit der Verschiebung des Schwerpunktes gewinnen Geschäftskunden stärker an Bedeutung und bewirken einen intensiveren Wettbewerb um diese Kundengruppe.

164 Vgl. u.a. Meffert 2000b, S. 152; Roloff 2005, S. 13-16. 165 Vgl. o.V. 2003b, S. 45; Dietz 2004, S. 193ff. 166 Vgl. u.a. Mattes et al. 2004, S. 18. 167 Vgl. Dreier 1999, S. 24. 168 Vgl. Splett-Henning 2004, S. 13ff. In Deutschland wurden bspw. 2004 46% der Fahrzeuge an Privat- und 54%

an Geschäftskunden vertrieben. Vgl. John 2005e, S. 12. Der Vertrieb an Geschäftskunden macht in Frankreich derzeit ca. 41% in Italien 26% in Spanien 24% und im UK 51% des Gesamtmarktvolumens aus. Vgl. Bozon/Kiff 2004, S. 6.

169 Vgl. Bozon/Kiff 2004, S. 6; John 2005e, S. 12; Kiff 2005b, S. 12-16. Dieser Trend hat für die weit entwickelten, westeuropäischen Märkte der EU besondere Bedeutung.

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38 3 Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren der Gestaltung des Automobilvertriebs

3.2.2.2 Kundenverhalten und Kundenbedürfnisse „Während in der Automobilindustrie bisher von einem eher rationalen Informations- und Kaufentscheidungsprozess ausgegangen wurde, zeichnen sich in den letzten Jahren […] kundenseitig zahlreiche Veränderungen ab: hoher Informationsgrad über das Angebot am Markt und über die Produkte, breiter Erfahrungsschatz, ausgeprägtes Preisbewusstsein, impulsives Kaufverhalten, Erlebnisorientierung sowie großes Bedürfnis nach individuellem und für Dritte erkennbarem Lebensstil.“170 Zum einen können diese und andere Trends i.S. einer Fragmentierung bzw. Individualisierung der Bedürfnisse unterschiedlichen Kunden-gruppen zugeordnet werden. Zum anderen kann zugleich hybrides und zum Teil sogar multioptionales Kundenverhalten beobachtet werden.171 MEFFERT/GILOTH visualisieren diese branchenübergreifend sichtbare Entwicklung mit Abbildung 9 und weisen dabei besonders auf die abnehmende Prognosesicherheit des Konsumentenverhaltens hin.172

Han

dlun

gspr

inzi

p

Auswahlverhalten

Prognosesicherheit

gering

?

mehr-dimensional

bi-polar

ein-dimensional konsistenterKonsument

hybriderKonsument

multioptionalerKonsument

paradoxerKonsument

?

hoch

mittel

einheitlich differenziert divergierend ?

Abbildung 9: Wandel im Konsumentenverhalten173

Damit ergeben sich nicht nur mehrere Kundensegmente, welche stärker als früher voneinander abgegrenzt, erforscht und bedient werden müssen. Der individuelle Kunde ist zudem weniger zeitstabil einem bestimmten Segment und somit einer Bedürfniskonstellation zuzuordnen.

Individuelle Ansprüche, Suche nach Orientierung und Selbstverwirklichung Fahrzeuge und die von ihnen repräsentierten Marken werden zur Darstellung individueller Persönlichkeit genutzt und tragen gleichsam zur Orientierung der Konsumenten bei. Ausgangspunkt ist die Abkehr von Pflicht- und Akzeptanzwerten hin zu Selbstentfaltungs-werten, die sich in idealistischer Gesellschaftskritik, Hedonismus und Individualismus zeigen.174 Diesen Wertewandel versuchen Hersteller mit der Bildung von Marken und der Erzeugung von Markenerlebnissen aufzugreifen. Die Kommunikation von Marken wird daher 170 Schögel/Sauer 2002, S. 93. 171 Vgl. Schüpperhauer 1996, S. 6ff.; Wiedmann/Jung 2001, S. 211-212; Nieschlag/Dichtl/Hörschgen 2002, S. 925;

Mattes et al. 2004, S. 18-20; Schögel/Sauer/Schmidt 2004, S. 3-4; Otto 2006, S. 489. 172 Vgl. Meffert/Giloth 2002, S. 120f. 173 Vgl. ebenda, S. 120. 174 Vgl. Klages 1985, S. 18; Meffert 2000b, S. 155; Gräßler 2000, S. 5-8; Mattes et al. 2004, S. 18.

Page 55: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

3 Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren der Gestaltung des Automobilvertriebs 39

auch in Zukunft ein wichtiger Teil des Automobilvertriebs sein. Die Abbildung und Inszenierung von identitätsstiftenden Produkt- und Markenwelten kann sich in Zukunft auch in der Gestaltung der Distributionsorgane stärker herausbilden. Die stärkere Individualisierung des Produkt- und Dienstleistungsangebots stellt insofern ein wichtiges Differenzierungsmerkmal für zukünftige Vermarktungskonzepte an Privatkunden dar.

Stärkere Preisorientierung Die Penetration moderner IuK-Technologie führt zu einem höheren Informationsstand der Kunden. Eine hohe Preis- und Markttransparenz der Kunden führt zu Verbesserung ihrer Verhandlungsposition, so dass die Anbahnungskosten preisorientierter Kunden bei der Suche nach dem günstigsten Angebot sinken.175 Diese Entwicklung trifft auf eine generell stärkere Preisorientierung von Privatkunden.

• Arten von Preisorientierung: Ein Grund ist die stagnierende oder nur schwach ansteigende Entwicklung realer Einkommen breiter Bevölkerungsschichten in Verbindung mit dem Wunsch bestehende Konsumstandards zu halten. Dies führt bei Privatkunden zu Preis-orientierung, die unterschiedlich ausgeprägt sein kann.176 Die von PABST/BRAMBACH für die Modebranche genutzte Matrix in Abbildung 10, ist auch für den Automobilvertrieb anwendbar.177 Im Sinne einer Individualisierung und Fragmentierung des Kunden-verhaltens im Zusammenhang mit weiterer Polarisierung der Einkommen ist zukünftig verstärktes Smart-Shopping-Verhalten einiger Kundensegmente zu erwarten, während andere Segmente weiterhin als klassische Markenkäufer einzuordnen sind.

Smartshopper Schnäppchenjäger

„klasssicherMarkenkäufer“

„desorientierterBedarfskäufer“

stark schwach

star

ksc

hwac

h

Markenorientierung

Preis-orientierung

Smartshopper Schnäppchenjäger

„klasssicherMarkenkäufer“

„desorientierterBedarfskäufer“

stark schwach

star

ksc

hwac

h

Markenorientierung

Preis-orientierung

Abbildung 10: Konsumentenklassifikation nach MEER 1995178

• Global Cheap: Ein weiterer Erklärungsansatz für eine verstärkte Preisorientierung berücksichtigt zwei alternative Handlungsmotive von Privatkunden: Zum einen resultiert die Reduzierung der Konsummitte, in preissensibleren Verhalten der Mehrheit der Bevölkerung. Zum anderen zeigen Konsumenten, die sich mehr leisten könnten, als Reaktion auf den Kaufkraftverlust der Bevölkerungsmehrheit gezielt Understatement bzw. „selektive Bescheidenheit“ als Teil ihrer Persönlichkeitsdarstellung.179

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass nicht nur im B2B-Geschäft sondern auch im klassischen B2C-Geschäft Entscheidungsfaktoren wie günstige Preise, Cost-of-Ownership, 175 Vgl. Dreier 1999, S. 122; Bünger et al. 2004, S. 2-3. Allgemeine Kritik dieser These bei Rese/Gräfe 2002, S.

351-352. 176 In diesem Zusammenhang wird auch von Anspruchsinflation bei gleichzeitig sinkender Preisbereitschaft der

Kunden gesprochen. Vgl. Diez, W. (1999), S. 42; Mattes, B. et al. (2004), S. 14 und, S. 18-20. 177 Vgl. Pabst/Brambach 1999, S. 166; Diez 1999, S. 42-45; Meffert 2000b, S. 153; Meckes 2004, S. 516.

Desorientierte Bedarfskäufer existieren im Automobilvertrieb kaum, das Schnäppchenjäger-Verhalten ist indes zu beobachten.

178 Vgl. Pabst/Brambach 1999, S. 166. 179 Vgl. Dreier 1999, S. 24.

Page 56: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

40 3 Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren der Gestaltung des Automobilvertriebs

kalkulierbare Dienstleistungsangebote und Mobilitätsgarantien an Bedeutung gewinnen werden. Die unterschiedlichen Ausprägungen von Preisorientierung werden daher eine entsprechende Differenzierung von Distributionsorganen weiter fördern.

Variety Seeking und abnehmende Loyalität Automobile sind für Privatkunden High-Involvement-Güter. Durch den Rückgriff auf vertraute Absatzkanäle wird versucht, das wahrgenommene Kaufrisiko zu kompensieren. Aufgrund erhöhter Informationstransparenz bei steigender „Kauf- und Gebrauchserfahrung“ sinkt jedoch das wahrgenommene Risiko und der Wechsel des Vertriebskanals wird erleichtert. Im Automobilvertrieb wird abnehmende Loyalität gegenüber Marken und Einkaufsstätten bei Privatkunden und Geschäftskunden beobachtet.180 PETER weist gleichsam für den Automobilvertrieb eine stärkere Ausprägung des sog. Variety-Seeking-Verhaltens bei Privatkunden nach. Variety Seeking bezeichnet das Wechseln von Marken und/oder Einkaufsstätten – trotz Zufriedenheit – aufgrund von Neugier oder Langeweile.181 D.h. der Kunde verhält sich über die Zeit instabil und unvorhersehbar, wobei das Angebot nur eingeschränkt auf diese Verhaltensänderung Einfluss hat.

Die Abnahme der Kundenloyalität gegenüber Marken und Einkaufsstätten sowie das Variety-Seeking-Verhalten unterstützen die Bildung neuer Distributionsorgane. In Verbindung mit Trends wie Preisorientierung, Variety Seeking, Individualisierung und Dienstleistungs-orientierung kann abnehmende Loyalität zu sog. Channel Hopping-Verhalten182 führen – also die bewusste Ausnutzung des Multikanal-Angebots über den gesamten Kaufprozess. Dementsprechend leitet sich die Herausforderung für Hersteller ab, die Vorteile spezifisch gestalteter Absatzkanäle gegenüber dem Kunden herauszustellen und zugleich eine kanal-übergreifende Steuerung und Kundenbindung i.S. eines kombinierten oder integrierten Multikanalansatzes zu erreichen.183

Convenience-Orientierung Mit dem Begriff Convenience Shopping wird meist die steigende Nutzung von bequemen und ständig verfügbaren Distributionsorganen wie z.B. Tankstellen, Kiosken oder E-Commerce beschrieben. Dieses Verhalten wird mit der Zunahme von Einpersonenhaushalten sowie der von Kunden wahrgenommenen Zeitverknappung erklärt. An Convenience-orientierten Einkaufsstätten können verhältnismäßig hohe Preisbereitschaften ausgeschöpft werden.184 Der Trend des „Kaufens-im-Vorbeigehen“ hat sich im Automobilkauf bisher nicht durchgesetzt, weil es sich um ein typisches High-Involvement-Gut handelt. Für die Entwicklung

180 Vgl. Landmann 1999, S. 78; Diez 1999, S. 41; Smend 2004, S. 173; Landmann 2004, S. 27; Böhme 2006, S.

47.181 Vgl. Peter 2001, S. 99ff.; Bänsch 1995, S. 344; Brandt/Heise 2002, S. 38; Mattes et al. 2004, S. 14 und 18-20;

Schögel/Tomczak 1999, S. 15; Meffert 2000a, S. 852; Dreier 1999, S. 25. 182 Vgl. Nunes/Cespedes 2003, S. 96ff.; Smend 2004, S. 61 und, S. 208; Wirtz/Schilke/Büttner 2004, S. 48;

Kracklauer/Wagemann 2004, S. 133. 183 Vgl. Wirtz/Büttner/Schwarz 2003, S. 70. 184 Vgl. Schögel/Tomczak 1999, S. 15; Meffert/Giloth 2002, S. 114f.; Swoboda/Schwarz 2006, S. 399.

Page 57: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

3 Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren der Gestaltung des Automobilvertriebs 41

innovativer Distributionsorgane sind im Automobilvertrieb indes ähnliche Entwicklungen für ausgewählte Teile des Kaufprozesses denkbar: So hat sich bereits heute das Internet in der Vorkaufphase z.B. zur Sammlung von Vergleichsinformationen etabliert.185 Außerdem kann bspw. die Zunahme sog. Fast-Fit-Angebote im Servicegeschäft mit diesem Konsumtrend erklärt werden. Es bleibt abzuwarten, inwieweit zukünftig ebenfalls flexible Mobilitäts-angebote i.S.v. Verfügungsrechten über Fahrzeuge, innovativen Leasingangeboten oder den Automobilkauf flankierende (Finanz-) Dienstleistungen über Convenience-Geschäftsmodelle vertrieben werden, die Annehmlichkeit, Bequemlichkeit und Verfügbarkeit als unique selling proposition (USP) definieren.186

Emotionalisierung und Erlebnisorientierung Für einige Privatkundengruppen wird eine Veränderung des Konsums von reiner Versorgung zu einem Element der Freizeitgestaltung konstatiert.187 Der Automobilkauf ist für Privat-kunden i.d.R. weit mehr als nur die Abholung eines Guts zur Befriedigung von Mobilitäts-bedürfnissen. So wird ein Trend zu stärkerer Nachfrage nach Erlebnismarketing-Angeboten188

sowie Lifestyle- und Markeninszenierung prognostiziert. Einige Schritte des Kaufprozesses werden durch die Kunden bewusst zelebriert. Beispiele sind die Informationssuche im Rahmen von Events der Absatzorganisation oder die inszenierte Fahrzeugabholung am Produktionsstandort.189

Eng mit der Erlebnisorientierung ist auch die Emotionalisierung von Marken verbunden. BRANDT/HEISE konstatieren erhebliche Schwächen an der unmittelbaren Schnittstelle zum Nachfrager, da beim Absatzmittler vielfach ein diffuses Markenbild vorherrscht.190

Insbesondere für Automobilmarken mit Premiumanspruch ist daher die Gestaltung der Distributionsorgane auf Einzelhandelsebene im Hinblick auf Emotionalität und Erlebnis-orientierung von hoher Bedeutung. Dabei ist auf die Kongruenz zwischen inszenierter Marken- bzw. Erlebniswelt und Kunden-Lifestyle zu achten. Aufgrund zunehmender Fragmentierung der Kundensegmente ist dies kaum mit Hilfe eines einzigen Geschäfts-modells für alle Distributionsorgane auf Einzelhandelsebene zu bewältigen.

3.2.3 Zusammenfassende Thesen Folgende Thesen können bzgl. Privat- und Geschäftskunden abgeleitet werden: 185 Vgl. Kapitel 5.2.9; Diez 2000b, S. 22f.; Meinig/Mallad 2001, S. 161ff.; Bartholatus 2002, S. 60; Betz 2003, S.

282; Reindl 2004a, S. 12. 186 Vgl. u.a. Seidel/Richter 1999, S. 202ff.;Betz 2003, S. 283; Reiner 2004, S. 66f. 187 Vgl. Meffert/Giloth 2002, S. 115; Meckes 2004, S. 516; Otto 2006, S. 490. 188 Unter Erlebniswert wird der durch die Kommunikation oder Einkaufsstätte vermittelte, subjektiv erlebte Beitrag

zur Lebensqualität des Konsumenten verstanden. Vgl. Weinberg 1995, S. 607; Meffert/Wöllenstein/Burmann 1996b, S. 189; Dreier 1999, S. 24.

189 Veranstaltungen in Autohäusern oder an öffentlichen Orten werden gezielt genutzt, um Kunden (nebenbei) über das Produkt- und Dienstleistungsangebot zu informieren. Vgl. Thiemer 2004, S. 104-120; Mehl/Hans 2003, S. 60. Die Marken Mercedes Benz, BMW, Audi, Volkswagen bieten die inszenierte Übergabe der Fahrzeuge in sog. Brandlands. Viele Autohäuser zelebrieren die Fahrzeugübergabe in spezifischen Räumen mit einem festgelegten (Show-)Programm.

190 Vgl. Brandt/Heise 2002, S. 39.

Page 58: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

42 3 Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren der Gestaltung des Automobilvertriebs

• T-2.1: Die Bedürfnisse unterschiedlicher Kundengruppen – insb. Privat- und Geschäfts-kunden – müssen differenziert betrachtet werden.

• T-2.2: Sowohl bei Privat-, als auch bei Geschäftskunden findet eine stärkere Preis-orientierung statt. Dabei spielen unterschiedliche Ausprägungen und Motive eine Rolle.

• T-2.3: Kunden verfügen über eine verbesserte Verhandlungsposition aufgrund von erhöhter Preis- und Markttransparenz, wodurch der durchschnittliche erzielbare Verkaufs-preis sinken wird.

• T-2.4: Die Loyalität von Privat- und Geschäftskunden gegenüber Marken und Einkaufs-stätten nimmt ab.

• T-2.5: Es findet eine Individualisierung und Fragmentierung von Privat- und Geschäfts-kunden-Bedürfnissen statt.

Nachfolgend sind Thesen zusammengestellt, die Privatkunden gelten:

• T-2.6: Das durchschnittliche Alter der Kunden steigt und damit die Nachfrage nach altersspezifischen Produkt- und Dienstleistungsangeboten.

• T-2.7: Die Polarisierung des Kaufverhaltens bzw. die Trennung von Premium- und Niedrigpreiskäufern führt zur Etablierung spezialisierter Distributionsorgane.

• T-2.8: Die Nachfrage nach Mobilitätskonzepten ohne langfristige finanzielle Bindung mit ständiger Kostentransparenz und flexibilisierter Fahrzeugnutzung steigt.

• T-2.9: Die Markeninszenierung gewinnt an Bedeutung. • T-2.10: Die Nachfrage nach Inszenierung und Zelebrierung bestimmter Abschnitte des

Kaufprozesses hält an. • T-2.11: Channel Hopping nimmt über den gesamten Kaufprozess zu. • T-2.12: Smart-Shopping-Verhalten nimmt zu.• T-2.13: Variety-Seeking-Verhalten gewinnt an Bedeutung. • T-2.14: Convenience-Orientierung gewinnt an Bedeutung. • T-2.15: Prestige-Shopping-Verhalten von Privatkunden nimmt zu. Im Folgenden sind Thesen zum Vertrieb an Geschäftskunden zusammengestellt:

• T-2.16: Einige Geschäftskunden nutzen Skaleneffekte aus, indem bestimmte Elemente des Kaufprozesses zusammengefasst und professionalisiert abgewickelt werden.

• T-2.17: Das Buying-Center einiger Geschäftskunden wird bzgl. Produkt-, Service und Dienstleistungsbedürfnissen stark durch den Fahrzeugnutzer (User-Chooser) beeinflusst.

• T-2.18: Geschäftskunden mit großen Abnahmevolumen verfügen potenziell über größere Einkaufsmacht und können diese im pan-europäischen Sourcing ausnutzen.

3.3 Perspektive Distributionssystem Im vorliegenden Kapitel werden allgemeine Charakteristika von Markt, Vertriebssystem und Wettbewerb thematisiert. Als Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren der DSG sind besonders absatzmittlerbezogene Aspekte zu berücksichtigen. Indes werden nur marktüber-greifende Entwicklungen aufgezeigt – spezifische Aussagen zu den Distributionsorganen folgen in Kapitel 5.

Page 59: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

3 Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren der Gestaltung des Automobilvertriebs 43

3.3.1 Distributionssysteme im Automobilvertrieb Trotz des wirtschaftlichen Aufschwungs in den osteuropäischen Ländern der EU, stagniert das Gesamtmarktvolumen. Unterdessen wächst die Anzahl der im Markt verkauften unterschiedlichen Marken, Modelle und Fahrzeugvarianten.

Das Umsatzvolumen der Branche wurde im Jahr 2000 auf ca. €1.300 Mrd. geschätzt. Abbildung 11 zeigt, dass sich das größte Renditepotenzial im Downstream-Geschäft befindet.191

0%

2%

4%

6%

8%

0 200 400 600 800 1.000 1.200 1.400

Zuliefer-geschäft

HerstellerNeuwagen

Gebraucht-wagen

Finanzierung

Leasing

VermietungTeilemarkt

Service Flotten-Management

Umsatz

Rendite1 Upstream-WertschöpfungDownstream-Wertschöpfung

1: in % vom Umsatz

Versicherung

Abbildung 11: Umsatz- und Renditepotenzial in Europa192

Abbildung 12 zeichnet für den deutschen Automobilvertrieb im Jahr 2004 ein ähnliches Bild: In Europas umsatzstärkstem Markt liegt der größte Profitanteil in Geschäftsfeldern, die dem Neuwagenkauf nachgelagert sind. Mit abnehmender Tendenz entfallen drei Viertel des Profits auf von Herstellern kontrollierte bzw. stark beeinflusste Marktsegmente.193

Unterdessen stehen die Hersteller trotz vielfältiger Kooperationen und Konzentrations-bewegungen relativ hohen Vermarktungskosten gegenüber. Derzeit fällt rund ein Drittel der Kosten eines Fahrzeuges für Vertrieb und Marketing an: 13% entfallen auf die Handelsmarge, 4% auf die Logistik, 3% auf Betreuung der Distributionsorgane und 9% auf allgemeine Werbemaßnahmen.194

191 Vgl. o.V. 2003a, S. 5; Diez 2004b, S. 674; Joas/Bosch/Bentenrieder 2005, S. 4-5. 192 Vgl. o.V. 2003a, S. 5. 193 Vgl. Joas/Bosch/Bentenrieder 2004, S. 4-5; Diez 2004b, S. 674. 194 Vgl. Jullens/Smend 2003, S. 97; Lademann/Gutknecht 2004, S. 54; o.V. 2003c, S. 10. Angesichts der hohen

Vertriebskosten können Automobilhersteller zwischen einer aktiven Vertriebsstrategie, mit gleichzeitiger Erschließung größtmöglicher Renditepotenziale entlang der gesamten Wertschöpfungskette, und einer Strategie des Rückzugs auf Entwicklung und Produktion von Fahrzeugen wählen. Ein Beispiel für eine Rückzugsstrategie gibt es indes bisher nicht, lediglich einige Zulieferer (z.B. Karmann oder Valmet) verfolgen seit Jahrzehnten eine Strategie der reinen Entwicklung und Produktion von Fahrzeugen für andere Automobilhersteller. Im Folgenden wird eine Strategie der aktiven Vertriebsoptimierung unterstellt.

Page 60: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

44 3 Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren der Gestaltung des Automobilvertriebs

Profit des freien Wettbewerbs

0,9 Mrd. € (22%)

Profit des von OEMsdominierten Marktes

3,2 Mrd. € (78%)

Legende:1) Anteil am Gesamtprofit2) Marktanteil in Deutschland 20043) Leasingraten und Zinserträge aus Neu- und Bestandsgeschäft 4) inkl. Lacke und Autoglas, ohne Schmierstoffe, Reifen und Löhne5) ohne Tuning und Löhne6) inkl. Händlergeschäft

Finanzdienstleistungen3) (36%1))

Gebraucht-wagen6) (1%1))

Neuwagen (5%1))

Teile4) und Zubehör5) (58%1))M

arkt

ante

il

Anteil am Gesamtprofit ( €4,1 Mrd.)

59%2)

100%

41%2)

88%2)

12%2)

59%2)

41%2)

0% 100%

100%

2)

Abbildung 12: Systemprofit in Deutschland 2004195

Die Mehrheit der in Europa vertriebenen Neuwagen wird über selbständige Absatzmittler – i.d.R. Vertragshändler – angeboten. Automobilhersteller haben in der EU rund 44.000 Verträge mit Absatzmittlern, die ca. 73.000 Verkaufsstellen betreiben.196 Der daraus resultierende theoretische Machtüberhang weniger Hersteller gegenüber vielen Absatz-mittlern, wird durch Konzentrations- und Konsolidierungsentwicklungen197, die GVO 1400/02 und andere rechtliche Bestimmungen relativiert. Die zu Grunde liegenden vertraglichen Bindungen sind sehr unterschiedlich, sichern dem Hersteller dennoch vergleichsweise hohe Einflussmöglichkeit auf den Absatzmittler. Herausragende Merkmale sind die regelmäßige Verpflichtung auf jährliche Absatzvolumina, die Vorschrift diverser Gestaltungsmerkmale des Handelsbetriebs, wie bspw. Investitionsstandards sowie die Verpflichtung zum Bezug bestimmter Anzahlen an Lager- und Vorführfahrzeuge.198

Demgegenüber erwächst aus der hohen Kundennähe und des nur eingeschränkten Austauschs von Kundendaten mit dem Hersteller – ein wichtiges Machtpotenzial für den Vertragshandel.

3.3.2 Trends im Distributionssystem Als stärkste Treiber struktureller Veränderungen im Automobilvertrieb bestimmt eine Expertenbefragung aus dem Jahr 2003 den Wettbewerbs- und Kostendruck der Hersteller

195 Vgl. Joas/Bosch/Bentenrieder 2004, S. 5. 196 Vgl. Wade/Brown 2005, S. 16. 197 Einem großen Anteil kleiner, mittelständischer und eher finanzschwacher Vertragshändler mit einem

durchschnittlichen Absatzvolumen von unter 200 Fahrzeugen p.a. steht ein ständig wachsender Anteil Handels-gruppen gegenüber, die relativ große Absatzvolumen auf sich vereinigen können und somit ein wesentlich größeres Machtpotenzial gegenüber den Herstellern besitzen. Vgl. Kapitel 3.3.2.

198 Dadurch sind Hersteller bisher in der Lage Stock-Push-Strategien zu verfolgen. Vgl. Kapitel 3.2.2.

Page 61: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

3 Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren der Gestaltung des Automobilvertriebs 45

sowie den Umsatzdruck im Automobileinzelhandel.199 Darüber hinaus sehen sich die Akteure auf Einzelhandelsebene einem starken Intra- und Interbrandwettbewerb ausgesetzt, welcher auch in Zukunft zu ertrag- und potenziell imageschädigendem Preiswettbewerb führen wird. Demzufolge ergibt sich angesichts eines weitgehend gesättigten Marktumfeldes Handlungs-druck für die Hersteller, ihre Profitbasis weiter zu verbreitern sowie i.S.v. „Lean Distribution“200 den Neuwagenvertrieb profitabler und attraktiver zu gestalten. Hersteller versuchen, das gewachsene dreistufige Distributionssystem zu verändern, um den Kontakt zum Kunden besser kontrollieren, die systemimmanenten Kosten senken und Marktanteile ausbauen zu können.201 Währenddessen suchen Vertragshändler vor dem Hintergrund sinkender Profitabilität des klassischen Vertragshandels nach alternativen Umsatzquellen und (Synergie-) Potenzialen zur nachhaltigen Kostensenkung. Tabelle 5 zeigt zu diskutierende Trends in der Übersicht.

Strukturwandel Professionalisierung − Konsolidierung − Konzentration − Preisdruck− Downstreambusiness und neue Wettbewerber − Franchise Attractiveness − Mehrere Absatzkanäle − Neue Geschäftsmodelle

− Ausnutzung von Synergiepotenzialen − Markenmanagement − Customer Relationship Management

Tabelle 5: Veränderungen im Distributionssystem

3.3.2.1 Strukturwandel

Konsolidierung Seit den 1990er Jahren findet ein stetiger Konsolidierungsprozess der Vertragshandelsnetzestatt, der seitens der Hersteller über „quantitative Ausdünnung und qualitative Straffung“202

beeinflusst wird. Unterstützt wird diese Entwicklung durch die GVO 1400/02, die obligatorische Verbindung von Neuwagenverkauf und Service in einem Handelsvertrag verbietet, gerät das dahinter liegende traditionelle Quersubventionssystem unter Druck – Abbildung 13 stellt diesen Zusammenhang in Anlehnung an TONGUE/WHITEMAN dar.203

In den saturierten europäischen Märkten wurden vor der GVO 1400/02 mit dem Neuwagen-vertrieb meist geringere Profite erwirtschaftet als mit Werkstattservice und Ersatzteil-handel.204 Demgegenüber ermöglichten die Bereiche Service und Ersatzteile eine Quersubvention des Neuwagenvertriebs. Die obligatorische Bindung von Vertrieb und Service sowie die Kontrolle der Servicenetze durch den Hersteller unterstützten gleichsam die Kundenbindung zum Vertragshändler und zur jeweiligen Marke. Daraus konnte sich ein 199 Vgl. Smend 2004, S. 173. 200 Jensen 2001, S. 60. 201 Vgl. Jullens/Smend 2003, S. 96-97; Landmann 1999, S. 78; Tongue/Whiteman 2003a, S. 13-19. 202 Meinig 2004a, S. 438. Vgl. Schögel/Sauer 2002, S. 95f. 203 Vgl. Tongue/Whiteman 2003a, S. 19-23; Kapitel 3.5.1.4. 204 In Deutschland trug der Service 2003 nur ein Fünftel zum Umsatz, jedoch zwei Drittel zum Gewinn bei. Vgl.

John 2004b, S. 31; John 2004a, S. 18; Abbildung 12.

Page 62: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

46 3 Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren der Gestaltung des Automobilvertriebs

robustes Quersubventionssystem etablieren, welches trotz geringer Profite des Absatzmittlers im Neuwagengeschäft, hohe Kundenbindung und Stock-Push-Strategien der Hersteller ermöglichte.

Quersubvention

Neuwagenvertrieb

Service und Ersatzteile

Kunde

Geringe Profite

Hohe Margen-relevanz

„VolumePush“

Kunden-bindung

Bindung zum Handel

Hohe Profite

Quer-subvention

Kontrolle der Anzahlen

Folge

Abbildung 13: Quersubvention vor der GVO 1400/02205

Mit der GVO 1400/02 hat der Hersteller keinen Einfluss mehr auf Anzahl und Verteilung von Servicebetrieben. Durch Wettbewerb provozierte Preissenkungen im Service-Bereich erlauben seltener die Quersubvention206, wodurch ein für sich tragfähiger Neuwagenvertrieb aufgebaut werden muss. Die vormals sichere Ertragssäule vieler Autohäuser erodiert ferner wegen geringerer Reparaturanfälligkeit der Fahrzeuge. Der Ausleseprozess im Vertragshandel wird verstärkt.

Abbildung 14 zeigt, dass der seit Ende der 1990er Jahre sichtbare Trend der Vertriebsnetz-reorganisation durch den Erlass der neuen GVO beschleunigt wurde.207

205 Vgl. Tongue/Whiteman 2003b, S. 20. 206 Vgl. John 2005c, S. 10. 207 Vgl. Wade/Brown 2004, S. 6 und Wade/Brown 2005, S. 97-98.

Page 63: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

3 Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren der Gestaltung des Automobilvertriebs 47

Anzahl Handelsverträge Anzahl ServiceverträgeAnzahl ServicestützpunkteAnzahl Verkaufsstützpunkte

Start GVO 1400/02

30.000

45.000

60.000

75.000

90.000

105.000

120.000

1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006

Abbildung 14: Konsolidierung europäischer Vertragshandelsnetze208

KonzentrationTeil bzw. Folge des Konsolidierungsprozesses ist die Konzentration auf Einzelhandelsebene. Händler fusionieren oder kooperieren, so dass professionell geführte Gruppen entstehen.209 In Großbritannien lag 2003 der Marktanteil der 50 größten Handelsgruppen bei 37% der Neuwagenzulassungen, in Kontinentaleuropa ist der Konzentrationsgrad geringer, jedoch verzeichnen die Gruppen dort steigende Marktanteile – vgl. Abbildung 15.210 Hohe Absatz-volumen der Handelsgruppen ermöglichen die Ausnutzung von Skalenvorteilen.Untersuchungen zu Handelsgruppen zeigen, dass das Gruppenkonzept betriebswirtschaftlich nicht zwingend gegenüber einem kleineren Betrieb überlegen ist, dennoch werden kleine bis mittelgroße Händler weiter Anteile des Geschäftsvolumens zugunsten finanzstarker Handels-gruppen verlieren.211 Die Konzentration geht dabei zunehmend mit dem Vertrieb mehrerer Marken verschiedener Hersteller einher.212 Konzentration im Automobileinzelhandel reduziert das Machtpotenzial des Herstellers.

208 Vgl. Wade/Brown 2006, S. 5. 209 Vgl. Buzzavo 2003, S. 7; John 2003, S. 35. 210 Vgl. Bozon/Navarro/Thomas 2005, S. 7ff.; Wade/Brown 2004, S. 43ff. 211 Vgl. Plate 2004a, S. 14; Ura 2002, S. 7-8; Buzzavo 2003, S. 64-66; Wimmer/Bauer 2004, S. 34; Diez/Reindl

2005b, S. 100. Fusionen von Handelsgruppen folgen unterschiedlichen Zielen: Einige suchen die regionale ggf. markenübergreifende Marktführerschaft, andere bauen international tätige Gruppen auf. Konzentration findet indes nicht nur über den gesellschaftsrechtlichen Zusammenschluss zu Handelsgruppen statt, sondern ebenfalls über Kooperationen in Teilbereichen, wie bspw. die Bildung von Einkaufsgemeinschaften oder den Bau gemeinsamer Autohausstandorte mit besonderer Größe und Markenauswahl. Einzelne Unternehmen werden in der Literatur mit dem Begriff „Megadealer“ belegt, alternativ ist die Kooperation über das Geschäftsmodell Automall zu nennen. Vgl. Kapitel 3.4.7 und Kapitel 5.2.3; Schögel/Sauer 2002, S. 94; Tietz 1999, S. 586-593; Diez 2001b, S. 83-85.

212 Vgl. Bozon 2005, S. 11-12.

Page 64: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

48 3 Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren der Gestaltung des Automobilvertriebs

37

22

14 15

21

108

6

33

1921

11

0

5

10

15

20

25

30

35

40

UK Frankreich Deutschland Italien

Anzahl VerkaufsstättenNeuwagen-Absatzvolumen p.a. (in 1.000 Einheiten)Marktanteil (in %)

Abbildung 15: Entwicklung 50 größten herstellerunabhängigen Handelsgruppen213

PreisdruckPreis- und Rabattdruck werden im europäischen Neuwagenvertrieb weiter zunehmen und zu den wichtigsten Herausforderungen der Branche zählen.214 MEINIG führt folgende Gründe selbstverstärkender Preiserosion an:215

• Überkapazitäten und neue Wettbewerber: Ein Grund für Preiswettbewerb ist die Über-produktion seitens der Hersteller im gesättigten Marktumfeld.216 Es treten neue preisgünstige Wettbewerber aus Asien in den Markt, während etablierte Hersteller z.T. erhebliche Überkapazitäten besitzen. Der Käufermarkt ist durch erhöhte Markt- und Preistransparenz gekennzeichnet (vgl. T-2.3 Verhandlungsposition). Dementsprechend sind Inter- und Intrabrandwettbewerb so hoch, dass regionale inoffizielle Preisabsprachen regelmäßig scheitern.217

• Verkaufsförderungsmaßnahmen: Es kann gezeigt werden, dass vor dem Hintergrund langfristiger Modellzyklen und steigenden Wettbewerbsdrucks immer häufiger kurzfristig wirkende Verkaufsförderungsmaßnahmen zur Glättung von Nachfrageschwankungen flexibel eingesetzt werden. Das führt zur Senkung des durchschnittlichen Preisniveaus.

• Anreizsysteme: Nach wie vor wird ein Großteil der Fahrzeuge im indirekten Vertrieb über Vertragshändler abgesetzt. Die zugrunde liegenden Verträge sind mit Anreizmechanismen ausgestattet, die auf die Einhaltung von Jahresabsatzzielvereinbarungen, weniger jedoch auf Preis- oder Renditezielen aufbauen. In ähnlicher Weise wirken branchenübliche, provisionsbasierte Anreizsysteme des Verkaufspersonals. Dadurch entsteht z.T. ein größerer Anreiz für die reine Steigerung von Absatzzahlen als für die Erreichung von Renditezielen.218

213 Vgl. ebenda, S. 8-9. 214 Vgl. Wimmer/Bauer 2004, S. 34. 215 Vgl. Meinig 2004b, S. 77. 216 Vgl. ebenda, S. 75. 217 Vgl. Wimmer/Bauer 2004, S. 34. 218 Vgl. Al-Sibai/Hofer 2004, S. 478-485.

Page 65: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

3 Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren der Gestaltung des Automobilvertriebs 49

• Arbitrage: Die Ausnutzung von Arbitrageeffekten beim Verkauf sog. EU-Fahrzeuge führt zu einer Senkung des durchschnittlichen Preisniveaus in einem Markt, in den EU-Fahrzeuge eingeführt werden.219

• Preissensibilität: Der steigende Anteil preissensibler Kunden zeigt eine größere Bereitschaft intensive Preisverhandlungen zu führen und senkt das durchschnittliche Preisniveau (vgl. T-2.2 Preisorientierung).

• Absatz an Geschäftskunden und junge Gebrauchtwagen: Das wachsende Direktgeschäft mit Geschäftskunden schließt oft größere Preisnachlässe ein, als es im indirekten Vertrieb mit Privatkunden üblich ist (vgl. T-2.16 Skaleneffekte und T-2.18 Einkaufsmacht). Diese Fahrzeuge gelangen nach kurzer Nutzung zu sehr günstigen Konditionen als Substitutionsgüter für preissensible Kunden in den Markt.220 Dadurch sinkt das Neuwagenpreisniveau. Darüber hinaus reduziert sich das Fahrzeugabsatzvolumen des indirekten Vertriebs an Privatkunden, was die Nutzung von Verkaufsförderungsmaß-nahmen kurzfristig provoziert und somit ebenfalls Druck auf das Preisniveau ausübt.

Auch für das Servicegeschäft wird weiter steigender Preis- und Rabattdruck erwartet. Eine herstellerseitige Steuerung und Führung der Preispolitik im gesamten Vertriebssystem sollte bei der Gestaltung des Distributionssystems angestrebt werden. Desgleichen muss preispolitischer Handlungsspielraum der Absatzmittler gewahrt werden.221

Profit im Downstreambusiness Eine Studie von JOAS/BOSCH/BENTENRIEDER für den deutschen Markt zeigt, dass ein erheblicher Teil des in Abbildung 16 dargestellten potenziellen Renditevolumens zwischen Hersteller-dominierten und freien Marktteilnehmern stark umkämpft ist und auch zukünftig die Profitpotenziale eher im Downstreambusiness liegen.222 Das heute für die Hersteller hoch profitable Geschäft mit Finanzdienstleistungen sowie Ersatzteilen und Zubehör könnte durch attraktive Angebote freier Anbieter reduziert werden.

Vor dem Hintergrund der zuvor dargestellten Kostensituation223 müssen Automobilhersteller sowohl an der Optimierung der Kostenstruktur, als auch an der Erschließung von Rendite-potenzialen i.S.v. Cross Selling224 entlang der gesamten Wertschöpfungskette im Vertrieb arbeiten. Das Automobil oder die Mobilitätsdienstleistung selbst wird zum Kernprodukt, um das eine Reihe renditestarker Zusatzprodukte angeboten werden. Beide Aspekte haben gleichsam Einfluss auf die DSG.

219 Vgl. Kapitel 5.5.1.3. 220 Vgl. John 2005e, S. 12; Niemand/Eirich 2006, S. 54. 221 Vgl. Ebel/Hofer 2004, S. 27. 222 Vgl. Joas/Bosch/Bentenrieder 2005, S. 4-5 und 10-11. 223 Vgl. Fußnote 194, S. 43. 224 Vgl. Homburg/Schäfer 2004, Homburg/Schäfer/Scholl 2002, S. 313ff.; Mattes et al. 2004, S. 34-35.

Page 66: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

50 3 Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren der Gestaltung des Automobilvertriebs

Legende:1) Anteil am Gesamtprofit2) Prognostizierter Marktanteil in Deutschland 2015 (Minimum)3) Leasingraten und Zinserträge aus Neu- und Bestandsgeschäft 4) inkl. Lacke und Autoglas, ohne Schmierstoffe, Reifen und Löhne5) ohne Tuning und Löhne6) inkl. Händlergeschäft

Finanzdienstleistungen3) (41%1))Gebraucht-

wagen6) (5%1))

Profit des freien Wettbewerbs 28%-61%

Profit des von OEMsdominierten Marktes 39%-72%

Neuwagen (11%1))Teile4) und Zubehör5) (43%1))

Umkämpfter Profitca. 33%

45%2)

Mar

ktan

teil

Anteil am Gesamtprofit

32%2)

100%

40%2)

46%2)

13%2)

30%2)

57%2)

0% 100%

27%2)

Abbildung 16: Für 2015 prognostizierte Renditeverteilung in Deutschland225

Franchise Attractiveness Die o.g. Konzentration und Konsolidierung auf Einzelhandelsebene hat Absatzmittler mit umfangreichen Markenportfolios geschaffen.226 Mit Einführung der GVO 1400/02 wurde die Aufnahme zusätzlicher Automobilmarken für Vertragshändler erleichtert. Die Abhängigkeit des Vertragshändlers vom herstellerspezifischen Vertriebssystem sinkt und stärkt somit dessen Machtpotenzial. Bei der DSG muss demzufolge die Substitutionalität der angebotenen Marke aus Sicht des Absatzmittlers berücksichtigt werden. Der Wettbewerb um den Kunden entwickelt sich insofern in Teilen zu einem Wettbewerb um die höchste Franchise Attractiveness, also um leistungsfähige und loyale Absatzmittler.227 Dadurch steigt das Machtpotenzial leistungsstarker Absatzmittler.

Mehrere Absatzkanäle Unter dem Einfluss steigenden Wettbewerbs, Marktliberalisierung und fragmentierter Kundenbedürfnisse entwickelt sich der europäische Automobilvertrieb langsam zu einem Multikanalvertrieb. Die Komplexität der Gestaltung und Steuerung des Vertriebssystems wird für den Hersteller dadurch zunehmen.228 Im Folgenden wird der Automobilvertrieb in bereits vorhandene Multikanal-Vertriebssystem-Typologien (MKV-Typologien) eingeordnet:

225 Vgl. Joas/Bosch/Bentenrieder 2005, S. 11. 226 Vgl. u.a. Diez/Reindl 2005b, S. 100. 227 Franchise Attractiveness ist der vom Absatzmittler wahrgenommene Wert der Geschäftsbeziehung mit dem

Hersteller und bildet sich aus der wahrgenommenen Unterstützung durch den Hersteller, dessen Netzstrategie sowie des erwarteten Ertragspotenzials. Vgl. Böhme 2006, S. 49.

228 Vgl. Kapitel 1; Jullens/Smend 2003, S. 105; Mattes et al. 2004, S. 30-31; Smend 2004, S. 208-217. Zum Begriff Multikanalvertrieb vgl. Kapitel 2.2.

Page 67: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

3 Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren der Gestaltung des Automobilvertriebs 51

• Differenzierung der verwendeten Absatzkanäle: Neben den klassischen Abgrenzungs-kriterien der Distributionsforschung erfolgt die Differenzierung der Absatzkanäle über eine aktivitätsorientierte und eine institutionelle Perspektive. In der ersten Dimension wird nach der Initiative des Anbieters unterschieden: aktiver Vertrieb setzt die Initiative des Vertriebskanals voraus, während sich der passive Vertrieb auf das Engagement der Kunden verlässt. In der zweiten Dimension wird nach der Einschaltung von Medien, zwischen persönlichem und medialem Vertrieb unterschieden.229 Im Automobilvertrieb kommen primär die drei in Abbildung 17 markierten Absatzkanaltypen vor.

Einsatz von MedienPersönlicherVertrieb

Medialer Vertrieb

Initiative des Anbieters

Bsp.Telesales,

Telefonagenturen

aktiv

passiv

Bsp. Bestell-

Homepages

Bsp.Autohäuser

Bsp.Fahrzeugvertrieb

überAußendienste

Einsatz von MedienPersönlicherVertrieb

Medialer Vertrieb

Initiative des Anbieters

Bsp.Telesales,

Telefonagenturen

aktiv

passiv

Bsp. Bestell-

Homepages

Bsp.Autohäuser

Bsp.Fahrzeugvertrieb

überAußendienste

relevant imAutomobilvertrieb

Abbildung 17: Differenzierung nach Aktivität und Medieneinsatz230

• Verwendung direkter und indirekter Absatzkanäle: Es kann zwischen direkten und indirekten Absatzkanälen unterschieden werden, vgl. Abbildung 18. Im Automobilvertrieb findet eine Ausdifferenzierung mehrerer unterschiedlicher Absatzkanäle statt (Typ 6). Einige Hersteller betreiben indessen ein sehr stark Händler-geprägtes MKV-System (Typ 5).

Anzahl der direkten

Vertriebs-kanäle

Anzahl der indirekten Vertriebskanäle>110

0

MultiplerDirektvertrieb

(Typ 2)

Anbieter-geprägtesMultikanalsystem

(Typ 3)

DifferenziertesMultikanalsystem

(Typ 6)

ReinerDirektvertrieb

Duo-Channel(Typ 1)

Händler-geprägtes

Multikanalsystem(Typ 5)

Reiner indirekter Vertrieb

Multiplerindirekter Vertrieb(Typ 4)

1

>1

Anzahl der direkten

Vertriebs-kanäle

Anzahl der indirekten Vertriebskanäle>110

0

MultiplerDirektvertrieb

(Typ 2)

Anbieter-geprägtesMultikanalsystem

(Typ 3)

DifferenziertesMultikanalsystem

(Typ 6)

ReinerDirektvertrieb

Duo-Channel(Typ 1)

Händler-geprägtes

Multikanalsystem(Typ 5)

Reiner indirekter Vertrieb

Multiplerindirekter Vertrieb(Typ 4)

1

>1

relevant imAutomobilvertrieb

Abbildung 18: Differenzierung nach Anzahl der Absatzkanäle231

• Überlappung der Vertriebskanäle: Im MKV ist die Überlappung der Absatzkanäle von Bedeutung, denn dem Multikanal-Konzept ist die differenzierte Kundenansprache inhärent. Es wird unterstellt, dass dadurch eine höhere Gesamtmarktabdeckung sowie eine größere individuelle Kundenzufriedenheit bei segmentspezifischer Kundenansprache erreicht werden können. Vor dem Hintergrund der hohen Bedeutung des Downstream-business, ist eine differenziertere Abbildung der Leistung sinnvoll – bspw. in Fahrzeug,

229 Vgl. Scholl 2003, S. 9-10. 230 Vgl. ebenda, S. 10. 231 Vgl. ebenda, S. 62.

Page 68: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

52 3 Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren der Gestaltung des Automobilvertriebs

Mobilitätsdienstleistungen, Finanzdienstleistungen, Service, Zubehör etc. Der Automobil-vertrieb ist demzufolge als Typ 4 in Abbildung 19 zu charakterisieren.

Kunden-überlappung

Leistungsüberlappunghoch

niedrighoch

niedrig

Typ 4

Typ 1 Typ 3

Typ 2

Leistung

Kan

al 1

Kan

al 2

Kunden-gruppe 1

Kunden-gruppe 2

Leistung 1 Leistung 2

Kan

al 1

Kan

al 2

Kunden-gruppe 1

Kunden-gruppe 2

LeistungK

anal

1

Kan

al 2

Kundengruppe

Leistung 1 Leistung 2

Kan

al 1

Kan

al 2

Kundengruppe

Typ 4

Typ 1 Typ 3

Typ 2

Leistung

Kan

al 1

Kan

al 2

Kunden-gruppe 1

Kunden-gruppe 2

Leistung

Kan

al 1

Kan

al 2

Kunden-gruppe 1

Kunden-gruppe 2

Kan

al 1

Kan

al 2

Kunden-gruppe 1

Kunden-gruppe 2

Leistung 1 Leistung 2

Kan

al 1

Kan

al 2

Kunden-gruppe 1

Kunden-gruppe 2

Leistung 1 Leistung 2

Kan

al 1

Kan

al 2

Kunden-gruppe 1

Kunden-gruppe 2

LeistungK

anal

1

Kan

al 2

Kundengruppe

LeistungK

anal

1

Kan

al 2

Kundengruppe

Leistung 1 Leistung 2

Kan

al 1

Kan

al 2

Kundengruppe

Leistung 1 Leistung 2

Kan

al 1

Kan

al 2

Kundengruppe

relevant imAutomobilvertrieb

Abbildung 19: Differenzierung nach Überlappung der Absatzkanäle232

• Multi-Composition-Marketing: Neben der Differenzierung von Kundengruppen und Leistungen können auch die Befriedigung komplexer Konsumprobleme sowie die Koordination und Integration der Absatzkanäle betrachtet werden. Sind beide Parameter erfüllt, so spricht man vom Multi-Composition-Marketing. Ein Beispiel für die Berücksichtigung komplexer Konsumprobleme der Konsumenten ist die Berücksichtigung der gesamten Mobilitätsbedürfnisse des Kunden unter Einbeziehung seiner individuellen finanziellen Möglichkeiten. Koordiniert der Hersteller das gesamte Distributionssystem als Systemkopf, so kann darüber eine abgestimmte Koordination der Absatzkanäle in Abhängigkeit ihrer Leistungen erfolgen.233 Die Vertriebssysteme der Automobilhersteller entwickeln sich langsam vom Multiple-Channel-Retailing hin zum Multi-Composition-Marketing. Diese von AHLERT/HESSE in die Diskussion eingebrachte Kategorisierung erscheint im Hinblick auf These T-2.5 (Individualisierung und Fragmentierung) derzeit eher den Charakter einer Zieldefinition, denn einer typologischen Einordnung zu haben.234

232 Vgl. ebenda, S. 66. 233 Diesen Parameter nutzt auch SCHÖGEL, indem er Multikanalsysteme mit autarker (unkoordiniert, jeder Kanal

erbringt selbständig alle Aufgaben) und interdependenter (koordiniert, Kanäle nehmen bestimmte Aufgaben als integriertes System wahr) Aufgabenverteilung differenziert. Vgl. Schögel 1997, S. 140ff.

234 Vgl. Ahlert/Hesse 2003, S. 11 und 25-29; Ahlert/Blut/Michaelis 2007, S. 280-286. Zur Komplexität von Konsumentenverhalten vgl. Kapitel 3.2.2.2.

Page 69: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

3 Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren der Gestaltung des Automobilvertriebs 53

Koordination

Problemorientierung

Kaum Orientierung an komplexen

Konsumproblemen

Multi-Composition-

Marketing

Orientierung an komplexen

Konsumproblemen der Konsumenten

Integrierter und koordinierter

Einsatz verschiedener Absatzkanäle

Multiple-Channel-Retailing

Multi-Channel-Retailng

Betrieb der Absatzkanäle nur

schwach integriert und /

oder koordiniert

Kaum Orientierung an komplexen

Konsumproblemen

Multi-Composition-

Marketing

Orientierung an komplexen

Konsumproblemen der Konsumenten

Integrierter und koordinierter

Einsatz verschiedener Absatzkanäle

Multiple-Channel-Retailing

Multi-Channel-Retailng

Betrieb der Absatzkanäle nur

schwach integriert und /

oder koordiniert

Entwicklungs-richtung im Automobilvertrieb

relevant imAutomobilvertrieb

Abbildung 20: Differenzierung nach Konsumorientierung und Koordination235

Im Automobilvertrieb liegt ein differenziertes MKV vor, welches ferner durch relativ hohe Heterogenität und geringe Integration der Absatzkanäle charakterisiert ist – Kapitel 6.2 nimmt diese Aspekte wieder auf.

Neue Geschäftsmodelle Neben horizontaler und vertikaler Konzentration, d.h. der Vorwärtsintegration236 durch die Hersteller einerseits und Konsolidierung im Einzelhandel andererseits, finden auch Spezialisierungen statt:237

• Horizontale Spezialisierung: Getrieben durch die Fragmentierung der Kundenbedürfnisse (T-2.5 Individualisierung) findet nicht zuletzt im Zeichen des steigenden Wettbewerbs-drucks horizontale Spezialisierungen i.S. der Bildung spezialisierter Distributionsorgane statt. Deren Geschäftsmodelle richten sich an einzelnen Kundengruppen respektive Marktnischen aus.238

• Vertikale Spezialisierung – Desintegration: Die Entwicklungen in der IuK-Technologie haben auch zu Veränderungen innerhalb der Wertschöpfungs- und Vertriebskette geführt. Neue Wettbewerber spezialisieren sich im Rahmen neuer Geschäftsmodelle bspw. auf die Vermittlung von EU-Fahrzeugen und ermöglichen die effiziente Ausnutzung von Preis-differenzen innerhalb Europas.

„Alternative Absatzkanäle [bzw. Distributionsorgane] bieten aufgrund ihrer unterschiedlichen Charakteristika auch unterschiedliche Ansatzpunkte für die Erzeugung von kundenseitigem Mehrwert.“239 Abbildung 21 zeigt schematisch die Ausbildung unterschiedlicher Distributionsorgane auf Groß- und Einzelhandelsebene i.S.v. horizontaler Spezialisierung aufgrund der in Kapitel 3.2 dargestellten Kundentrends. 235 Vgl. Ahlert/Hesse 2003, S. 11. 236 „Die Übernahme von Aktivitäten der Vertriebspartner oder Kunden wird als Vorwärtsintegration […]

bezeichnet. Entsprechend versteht man unter Rückwärtsintegration […] die Übernahme von Lieferanten-aktivitäten.“ Picot 1991, S. 337.

237 Zur Vorwärtsintegration vgl. Kapitel 3.4. Allgemein zu neuen Angebotsbündelungen und -formen bspw. Zentes/Swoboda 1999a, S. 76-78; Bauer 2000, S. 19-22.

238 Vgl. u.a. Lademann/Gutknecht 2004, S. 51-52; Mattes et al. 2004, S. 135; Göttgens/Smend 2007, S. 657-659. 239 Billen/Weiber 2007, S. 48.

Page 70: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

54 3 Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren der Gestaltung des Automobilvertriebs

Provokation der individuelleren Befriedigung von Kundenbedürfnissen mit unterschiedlichen Distributionsorganen / Geschäftsmodellen

Höhere Preissensibilität und sinkende Preisbereitschaft

Hoher Informationsstand

Smart-Shopping versus Prestige-Shopping

Abnehmende Loyalität ggü.

Marken und Einkaufstätten

Variety-Seeking

Channel Hopping

Convenience-Orientierung

Erlebnisorientierung und Markeninszenierung

Emotionalität

multioptionales Kundenverhalten

Prestige/Image

Erlebnis

BequemlichkeitZeitersparnis

Preis-orientierung

individualisiertes Angebotsbündel

Spezialisierung auf best.Produkte/Dienstleistungen

Markeninszenierung

BeratungInformation

Ausprägung 2

Ausprägung 1

Fragmentierung / Individualisierung der Kundenbedürfnisse

Abbildung 21: Distributionsorgane aufgrund divergierender Kundenbedürfnisse

Die in Kapitel 5 und 6 genauer untersuchte Vielfalt von Geschäftsmodellen im Automobil-vertrieb kann durch Hersteller und Absatzmittler ausgenutzt werden, um Zielkundenportfolios gezielt anzusprechen. Sie ist gleichsam Kern des Multikanalmanagements. Die Ergebnisse deuten bereits an dieser Stelle darauf hin, dass H-I begründet ist. Mit Hilfe der empirischen Untersuchung und den Überlegungen in Kapitel 5 wird die These weiter untermauert.

3.3.2.2 Professionalisierung

Markenmanagement In Kapitel 3.1 und 3.2 wurde bereits auf die besondere Bedeutung der Kommunikation von Fahrzeugmarken am PoS eingegangen (vgl. T-1.3 Point-of-Sale und T-2.9 Marken-inszenierung). Hersteller versuchen, Vertriebskanäle als Kernbestandteil ihres Markenauftritts zu begreifen und das Distributionssystem getreu ihrer strategischen Grundkonzeption auszugestalten. Insbesondere Hersteller von Marken mit hohem Markenwert versuchen, markenbildende Prozesse vor Kunde markenexklusiv auszugestalten.240

Mit dem Trend zum Mehrmarkenhandel, steigendem Wettbewerb im Automobileinzelhandel, sinkender Fahrzeugmarkenloyalität der Privatkunden und gleichzeitigem Bedürfnis nach wertorientierter Kundenbetreuung im Autohaus, rückt die Kommunikation von Eigenmarken der Absatzmittler stärker in den Fokus ihrer Unternehmensstrategie. Absatzmittler mit stark regionalem Kundenstamm und strategischer Ausrichtung auf Dienstleistungs- und Service-qualität versuchen, mit der Bildung eigener Kommunikations- und Markenkonzeptionen eine

240 Vgl. Strehlau/Heider 2000, S. 154-162; Smend 2004, S. 215.

Page 71: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

3 Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren der Gestaltung des Automobilvertriebs 55

stärkere Kundenbindung unabhängig von der Fahrzeugmarke herzustellen – nicht zuletzt um ihr jeweiliges Fahrzeugmarken-Portfolio kommunikativ zu umklammern.241

Ausnutzung von Synergiepotenzialen

Vor dem Hintergrund einer schlechten Renditesituation242 im Vertragshandel, relativ hoher Kosten des Automobilvertriebs, Konzentration und Konsolidierung sowie größeren Marken-portfolios der Absatzmittler, steigt das Bestreben markenübergreifend Skaleneffekte durch die gezielte Kombination von Funktionen auszunutzen. Insbesondere Prozesse, die der Kunde nicht direkt sehen bzw. erleben kann, werden gebündelt, um Synergien bspw. in Kunden-management, IT-Infrastruktur, Buchungs- und Abrechnungsprozessen oder Logistik zu heben.243 Sowohl Hersteller als auch Absatzmittler haben Anreize derartiger Prozessoptimierungen durchzusetzen:

• Absatzmittler können Kosten verringern und somit ihre Ertragslage verbessern sowie Wettbewerbsvorteile erreichen. Konzentration hat regelmäßig die Ausnutzung von Skaleneffekten zum Ziel.244

• Hersteller können durch die Verringerung von Kosten im Distributionssystem ihre Franchise Attractiveness steigern und somit Wettbewerbsvorteile generieren. Voraus-setzung für die Ausnutzung der Prozesszusammenlegung ist Prozessähnlichkeit. Daher sind Skalenvorteile innerhalb von Markenportfolios eines Herstellers häufig leichter auszunutzen.245 Für Hersteller mit mehreren im Markt angebotenen Fahrzeugmarken steigt daher der Anreiz nicht-markenbildende Prozesse zu vereinheitlichen, um die Franchise Attractiveness zu steigern.

Customer Relationship Management Customer Relationship Management (CRM) verfolgt primär zwei Ziele: Zum einen versuchen Anbieter durch CRM ihre Kunden besser zu verstehen, um das Angebot und dessen Präsentation zu optimieren. Zum anderen soll eine engere, langfristigere Kundenbindung den Wechsel zum Wettbewerb für den Kunden unattraktiver machen.246

Im Automobilvertrieb spielt CRM eine wichtige Rolle. Selbständige Absatzmittler hatten bisher geringen Anreiz zur Übergabe ihrer Kundendaten an den Hersteller, so dass CRM bisher primär durch das jeweilige Distributionsorgan individuell und kaum vernetzt betrieben wird.247 Die herstellerseitig angestrebte kundesegmentspezifischere Anpassung des

241 Vgl. Wastl/Osegowitsch 2005, S. 12; Radl 2006, S. 16-17. No-Name-Automobile oder Automobile mit einer

ausschließlichen Markierung durch den Handel kommen bisher nicht vor. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass in Zukunft Handelsmarken entstehen. Der Einkauf komplett entwickelter Fahrzeuge inklusive Produktion wird in der Automobilindustrie in Form von Kooperationen zwischen den Herstellern bereits praktiziert. DIEZschließt jedoch einen derartigen Paradigmenwechsel in „absehbarer Zukunft“ aus. Vgl. Diez 2001a, S. 611-612.

242 Vgl. Kapitel 3.3.1 243 Vgl. Kapitel 3.4.2; Reindl 2004a, S. 14. 244 Vgl. Kapitel 5.2.3; Meunzel 2004, S. 12-14; Fußnote 152, S. 34. 245 Vgl. Kapitel 3.4.2. 246 Vgl. Sexauer 2002, S. 218ff.; Becker 2002, S. 628-635; Hippner 2001, S. 6-12; Jensen 2001, S. 66-72;

Homburg 2004, S. 289-292. 247 Selbst im Autohaus werden Kundendaten zwischen Vertrieb und Service oft nur sehr eingeschränkt ausge-

tauscht. Vgl. Lademann/Gutknecht/Cornelius 2004, S. 53.

Page 72: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

56 3 Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren der Gestaltung des Automobilvertriebs

Marketing-Mix (T-2.1 Kundenbedürfnisse und T-2.5 Individualisierung), das häufigere Auftreten von Channel Hopping-Verhalten (T-2.11 Channel Hopping), die Notwendigkeit zur Erschließung des Downstreambusiness über Cross Selling sowie der hohe Wettbewerbsdruck legen indes eine Distributionssystem-übergreifende Gestaltung des CRM unter Einbeziehung aller relevanten Distributionsorgane nahe.248

3.3.3 Zusammenfassende Thesen „Es wird angenommen, dass die Reaktion auf den strukturellen Wandel in eine Heterogenität der Vertriebssysteme mündet, da die Unternehmen die ihnen zur Verfügung stehenden Spielräume verschiedenartig nutzen. Grund für diese Annahme sind Unterschiede in der Ausgangssituation (Marktposition, Marktmacht, Marktabdeckung) und in der Bedeutung zentraler marketingpolitischer Determinanten auf das Kaufverhalten (Preis, Marke, Service) zwischen den Herstellern.“249 Im Folgenden sind die entwickelten Thesen zur DSG zusammengestellt.

Strukturwandel• T-3.1: Im Automobilhandel werden Konzentration und Konsolidierung anhalten. • T-3.2: Das Machtgleichgewicht verändert sich, die Marktmacht des Herstellers sinkt. • T-3.3: Die bisher im Autohaus übliche Quersubvention zwischen Verkauf und Service

wird zukünftig nicht mehr Grundlage des Vertriebssystems sein können, indessen müssen beide Geschäftsbereiche profitabel geführt werden können.

• T-3.4: Preis- und Rabattdruck halten im Fahrzeugverkauf (Neuwagen, Gebrauchtwagen) weiter an und weiten sich auf After Sales und Finanzdienstleistungen aus.

• T-3.5: Ertragspotenziale befinden sich derzeit vor allem im Downstreambusiness. Die Hersteller erfahren dort hohen Wettbewerbsdruck bei der Ausnutzung ihrer Cross Selling Potenziale.

• T-3.6: Der Wettbewerb um leistungsfähige, loyale Absatzmittler steigt – es entsteht ein Kampf um Franchise Attractiveness.

• T-3.7: Der Europäische Automobilvertrieb wird eine Multikanal-Struktur ausbilden.• T-3.8: Die Vielfalt von Geschäftsmodellen im Automobilvertrieb kann durch Hersteller

und Absatzmittler ausgenutzt werden, um Zielkundenportfolios gezielt anzusprechen.

Professionalisierung• T-3.9: Insbesondere Hersteller von Marken mit hohem Markenwert versuchen den PoS

markenexklusiv auszugestalten. • T-3.10: Der Aufbau von Eigenmarken rückt stärker in den Fokus der Unternehmens-

strategie der Absatzmittler. • T-3.11: Für Hersteller und Distributionsorgane steigt gleichermaßen der Anreiz nicht-

markenbildende Prozesse markenübergreifend zu vereinheitlichen, um Skalenvorteileauszunutzen.

248 Vgl. Diez 2001a, S. 459-464; Hippner 2001, S. 12-13; Schneider 2002, S. 42-43; Ahlert/Wunderlich 2002, S.

45; Beutin/Finkel/Fürst 2003, S. 66ff.; Mehl/Hans 2003, S. 60ff.; Diez 2004b, S. 687-690; Lademann/Gutknecht 2004, S. 55; Röttig 2004, S. 498ff.; Mattes et al. 2004, S. 34; Diez/Reindl 2005b, S. 100.

249 Smend 2004, S. 140-141.

Page 73: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

3 Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren der Gestaltung des Automobilvertriebs 57

• T-3.12: Die Bedeutung von Customer Relationship Management wird zunehmen und erfordert eine Vernetzung des Distributionssystems.

3.4 Perspektive Unternehmen Das absatzkanalpolitische Entscheidungsfeld wird immer auch durch die Ressourcen und Ziele des Herstellers selbst bestimmt. Bei den unternehmensbezogenen Faktoren handelt es sich um endogene Faktoren, wenngleich einige Parameter kurzfristig nicht veränderbar sind. Wesentliche Merkmale unternehmensbezogener Faktoren leiten sich aus Aspekten, wie Finanzkraft, Standort, Distributionserfahrung, Management, Machtpotenzial, Beziehung zum Absatzmittler etc. ab. Im Folgenden werden unternehmensübergreifend geltende Aussagen zusammengefasst.

3.4.1 Automobilhersteller im europäischen Markt Ein Charakteristikum der Automobilindustrie ist die fortschreitende Konzentration auf Herstellerebene. Einzelne Hersteller vertreiben häufig mehrere Marken und sind überdies mit anderen OEM durch vielfältige Kooperationen verbunden.250 In Kapitel 3.3.2.2 wurde bereits auf Synergiepotenziale zwischen Konzernmarken bei der im Grundsatz markenexklusiven DSG hingewiesen. Ein Hersteller muss demzufolge gegensätzliche Ziele verbinden: Einerseits sollte die DSG Markenexklusivität fördern, um über die Gestaltung und Steuerung der Distributionsorgane – insb. die markenspezifische Inszenierung am PoS – Wettbewerbs-vorteile zu erreichen.251 Andererseits sind Synergien zwischen den Distributionssystemen der Marken eines Konzerns zu heben, um über Kosteneinsparungen respektive Skaleneffekte und dadurch Wettbewerbsvorteile zu erlangen.252

3.4.2 Herstellerbezogene Trends bis 2015 Derzeit kann in Europa eine leichte Zunahme der Vorwärtsintegration auf Groß- und Einzelhandelsebene beobachtet werden, obwohl dies mit hohem finanziellem Aufwand verbunden ist.

Mit der Errichtung des europäischen Binnenmarktes sinkt die Notwendigkeit für den Einsatz selbständiger nationaler Importeure. Die hohe Integration europäischer Märkte, als auch die vertriebspolitische Relevanz größerer EU-Märkte, haben dort zu einer Vorwärtsintegration auf Großhandelsstufe geführt.

250 Vgl. Diez/Reindl 2005a, S. 125-126. 251 Vgl. T-1.2 (Markenspezifische Gestaltung); T-1.3 (Gestaltung des PoS); T-3.9 (Markenwert). 252 Vgl. T-3.11 (Skalenvorteile).

Page 74: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

58 3 Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren der Gestaltung des Automobilvertriebs

Absatzanteil über herstellereigene Vertriebsgesellschaften in der EU (Mitgliedstaaten von 2005)

Absatzanteil über Joint Ventures in der EU (Mitgliedstaaten von 2005)

Absatzanteil über selbständige Importeure in der EU (Mitgliedstaaten von 2005)

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

1998 2005 1998 2005 1998 2005 1998 2005 1998 2005 1998 2005 1998 2005 1998 2005 1998 2005

GM Konzern Toyoza /Lexus

FordKonzern

Reanaut /Nissan

VolkswagenKonzern

DaimlerChrysler

FiatKonzern

PSAKonzern

Andere

Abbildung 22: Großhandelsstufe in EU in Anteil des Absatzvolumens

Abbildung 22 zeigt, dass der größte Teil der in der EU abgesetzten Fahrzeuge über nationale Vertriebsgesellschaften der Hersteller vertrieben werden – lediglich wenige Marken mit geringem Marktanteil nutzen primär selbständige Importeure.253

Die Vorwärtsintegration der Großhandelsstufe hat verschiedene Motive: Es sollen (1.) Vertriebskosten gesenkt sowie (2.) der direktere Durchgriff auf den Einzelhandel gesichert werden.254 Zudem kann (3.) mit Hilfe eigener Gesellschaften leichter eine Optimierung der Großhandelsprozesse (z.B. Logistik, Disposition oder Ordermanagement) über nationale Grenzen hinweg erfolgen. Aus der GVO ergeben sich zwei weitere Gründe für Vorwärts-integration: Zum einen darf (4.) dem Importvertragsinhaber der Verkauf der Fahrzeuge im Geltungsbereich der GVO nicht eingeschränkt werden. Das läuft der traditionellen Markt-bearbeitung auf Basis nationaler Marktgebiete jedoch zuwider. Zum anderen gelten (5.) auf Großhandelsebene ähnliche Selektionskriterien wie im Einzelhandel. Diese Macht-verschiebung zugunsten der Absatzmittler kann durch Vorwärtsintegration entgegengewirkt werden (siehe auch Kapitel 3.5.2.2). Dem stehen Argumente für den Einsatz selbständiger

253 Die Daten entsprechen dem Stand von 1.1.2005 bzw. 1.1.1998, vgl. Wade/Brown 2005; Harbour/Wade/Brown

1998.254 Vgl. Kapitel 5.2.1; Landmann 1999, S. 78; Bauer 2000, S. 23-24; Dietz/Klink/Laib 2000, S. 57-59; Diez/Reindl

2005b, S. 100.

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3 Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren der Gestaltung des Automobilvertriebs 59

Importeure entgegen, welche im Kern auf der potenziell größeren Marktkenntnis, dem Einsatz eines selbständigen Unternehmers und dem geringeren finanziellen Risiko basieren.255

Auf Einzelhandelsebene zeigt sich ein wesentlich differenzierteres Bild. Obwohl nur ein geringer Anteil des Fahrzeugabsatzes über Niederlassungen abgewickelt wird, kann auf Einzelhandelsebene eine Tendenz hin zur Vorwärtsintegration ausgemacht werden:256 Zum einen versuchen viele Hersteller das Geschäft mit Geschäftskunden stärker in die eigene Organisation zu integrieren, was z.T. durch die Integration der Großhandelsstufe automatisch erfolgt. Zum anderen werden Niederlassungen an strategisch wichtigen Plätzen etabliert. Hersteller versuchen also, den direkten Kontakt zum Endkunden – durch den Direktvertrieb an Geschäftskunden und bei höherwertigen Marken durch Niederlassungen auch an Privatkunden – auszubauen.257

3.4.3 Zusammenfassende Thesen • T-4.1: Auf Großhandelsebene findet Vorwärtsintegration statt.• T-4.2: Hersteller versuchen, den direkten Kontakt zum Endkunden durch den Direkt-

vertrieb an Geschäftskunden und durch Niederlassungen auszubauen. • T-4.3: Es findet Konzentration der Hersteller (Konzerne) statt, während die Vielfalt der

Marken bestehen bleibt.

3.5 Weitere Umweltfaktoren Nachfolgend sind die politisch-rechtlichen und technologischen Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren der DSG zusammengestellt.

3.5.1 Politisch-Rechtliche Situation des europäischen Automobilvertriebs Die DSG wird durch den EG-Vertrag (EGV), die Verordnungen der EU-Kommission und durch nationale Gesetzte beeinflusst. Artikel 81 des EGV schließt die Vereinbarung von Verträgen aus, welche die „Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbe-werbs innerhalb des gemeinsamen Marktes bezwecken oder bewirken“258, weil diese geeignet sind den innereuropäischen Handel zu beeinträchtigen. Qualitativ und quantitativ selektive Vertriebssysteme sowie vertraglich festgeschriebene Absatzgebiete u.ä., wie sie im europäischen Automobilvertrieb bis 2003 üblich waren, stellen Wettbewerbsbeschränkungen dar, da sie Artikel 81 EGV zuwiderlaufen. Der EGV ermächtigt jedoch die Europäische Kommission, einzelne Verträge oder ganze Branchen mittels Verordnungen von bestimmten Regelungen des europäischen Kartellrechts freizustellen.259 Die Gruppenfreistellungs-verordnung (GVO) für den Automobilvertrieb ist eine solche Freistellung und stellt neben 255 Vgl. die weitere Diskussion in Kapitel 5.2. 256 Der Anteil herstellereigener Vertriebsstützpunkte differiert markenspezifisch zwischen 0% bis 16%. Vgl.

Wade/Brown 2005, S. 16. 257 Vgl. Dietz/Klink/Laib 2000, S. 57-59; Lademann/Gutknecht 2004, S. 54-55; Mattes et al. 2004, S. 33-34;

Smend 2004, S. 216. 258 Vgl. Artikel 81(1) o.V. 2002b. 259 Dem liegt wirtschaftstheoretisch die Annahme zugrunde, dass in einigen Fällen die gesamtwirtschaftliche

Wohlfahrt per Saldo durch eine derartige Freistellung vergrößert wird. Vgl. o.V. 2000a, S. 9.

Page 76: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

60 3 Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren der Gestaltung des Automobilvertriebs

nationaler Gesetzgebung den wesentlichen rechtlichen Rahmen für die institutionelle Gestaltung der Distributionssysteme in der EU dar.

3.5.1.1 Gruppenfreistellungsverordnungen der EU-Kommission vor 2002 Basierend auf der Einzelfreistellung des BMW-Händlervertrages von 1974 veröffentlichte die Europäische Kommission am 12. Dezember 1984 die erste GVO (Nr. 123/85) für den Kraft-fahrzeugsektor. In der GVO 123/85, als auch im Nachfolgewerk 1475/95, wurde eine Reihe von erlaubten („weißen“) sowie verbotenen („schwarzen“) Klauseln für Automobilhandels-verträge definiert.260

Motivation für den Erlass der GVO 123/85 war erstens die Schaffung einer Rechtsgrundlage für die zu dieser Zeit üblichen Händlerverträge und zweitens „to monitor the sector so as to ensure that manufacturers were not abusing their privileged position of dominance over their appointed [distribution] networks“261. Die Europäische Kommission folgte der Argumentation der Automobilindustrie, welche den gesamtwirtschaftlichen Vorteil der formal wettbewerbs-feindlichen Verträge begründen soll: Automobile stellten ein wichtiges, zugleich kapitalintensives und komplexes Gut für den Verbraucher dar, welches darüber hinaus regelmäßig professionelle Wartung erfordere sowie dessen Gebrauch die Einhaltung nicht unerheblicher Sicherheits- und Umweltschutzanforderungen bedürfe. Automobilhändler müssten daher flächendeckend und einheitlich einen großen Katalog an Dienstleistungen aus einer Hand anbieten, der von professionellem Verkauf über die sachgemäße Wartung bis hin zur Inzahlungnahme und Bewertung gebrauchter Fahrzeuge reicht. Daher müssten Auto-mobilhersteller über geeignete Verträge die Einhaltung von qualitativen Standards bei der Erfüllung dieser Aufgaben sicherstellen, während im Gegenzug für die nicht unerheblichen finanziellen Investitionen des Absatzmittlers exklusive Vertriebsrechte in einem geographischen Gebiet gewährt werden müssten.262 Dementsprechend waren Vertriebs-systeme bis vor Ablauf der GVO 1475/95 sowohl selektiv, als auch exklusiv:

• Selektivität: Die Vertriebssysteme waren selektiv, weil der Hersteller den Handelspartner nach qualitativen und quantitativen Kriterien aussuchen konnte und zudem in der Lage war, den Weiterverkauf von Fahrzeugen an andere Händler durch den Vertragshändler zu unterbinden.

• Exklusivität: Die Systeme waren zugleich exklusiv, weil Handelspartnern das exklusive Vertriebsrecht für einen geographisch bestimmten Teilmarkt zugesichert wurde und weil sie auf den exklusiven Vertrieb einer bestimmten Marke verpflichtet wurden.

Die Hersteller konnten durch diese Kombination maximalen Einfluss auf die Ausgestaltung des Vertriebssystems – insb. des PoS – erlangen. Gleiches galt auch für Verträge zwischen Importeuren und ihren Vertragshändlern sowie zwischen Herstellern und ihren Importeuren.

260 Vgl. die Verordnungen o.V. 1984 und o.V. 1995a. 261 Vgl. Tongue/Whiteman 2003b, S. 8. 262 Vgl. o.V. 2000b, S. 2; Tongue/Whiteman 2003b, S. 8; Erwägungsgründe 5 und 6 in o.V. 2002c.

Page 77: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

3 Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren der Gestaltung des Automobilvertriebs 61

3.5.1.4 Die aktuelle GVO 1400/02 Motiv und Begründung der Gruppenfreistellungsverordnungen induzieren bereits, dass die Tragweite der Verordnungen über rein rechtliche Gesichtspunkte hinausgeht und der GVO eine gesamtwirtschaftliche Regulierungswirkung zukommt. So bemerkte die EU-Kommission bereits im Leitfaden zur GVO 1475/95: „Mit den in der Verordnung enthaltenen Änderungen sollen der Wettbewerb im Kfz-Sektor angeregt, die Funktionsweise des Binnenmarktes verbessert und die unterschiedlichen Interessen der Beteiligten neu gewichtet werden.“263 Die GVO 1400/02 soll von der EU-Kommission identifizierte Schwächen der Marktsituation vor 2003 beseitigen – dazu gehören: 264

• Neue bzw. alternative Geschäftsformen konnten im Automobilvertrieb bis 2002 kaum entstehen, da die Automobilhersteller selektive und gleichzeitig exklusive Vertriebsnetze unterhielten, deren Struktur zudem in bestimmten Teilen durch die sog. Weißen Klauseln determiniert waren.

• Die wirtschaftliche Unabhängigkeit der Händler (z.B. im Bezug auf die Möglichkeit frei zu expandieren oder andere Marken ins Programm zu nehmen) war aufgrund der Kombination von Selektion und Exklusivität sowie aufgrund der in der Praxis weit reichenden Verpflichtungen der Händler stark eingeschränkt.

• Der Zugang für neue Marktteilnehmer war durch die vorherrschenden Vereinbarungen, bspw. für freie Werkstätten (z.B. Zugang zu elektronischen Diagnosegeräten) oder unabhängige Ersatzteilhersteller (z.B. überlegene Anreize für Vertragswerkstätten lediglich Originalersatzteile vom Automobilhersteller zu verwenden), stark eingeschränkt.

• Die EU-Kommission nahm die zum Teil starken Preisunterschiede265 gleicher Pkw im EU-Binnenmarkt zum Anlass, ein Versagen des europäischen Marktes zu vermuten, so dass durch die GVO 1400/02 unter anderem ein stärkerer, grenzüberschreitender Preis-wettbewerb hervorgerufen werden soll.266

Am 1. Oktober 2002 trat die GVO 1400/02 nach einem intensiven „lobbying and drafting process“267 in Kraft. Hauptcharakteristikum ist, dass Auswirkungen vertikaler Wettbewerbs-beschränkungen am Markt stärker fokussiert werden, als die zu Grunde liegenden

263 o.V. 1995b, S. 6. Vgl. o.V. 2002d, S. 1. Die weit reichende Regulierungskompetenz der EU Kommission wird

auch kritisch gesehen (Vgl. z.B. Gottschalk 2002, S. 115). Denn die aktuelle GVO 1400/02 hat einen so stark regulierenden Einfluss, dass eher von einer Marktordnung, denn von einer reinen Kartellverordnung für die Branche gesprochen werden kann. Denn sie beinhaltet ein – gegenüber der GVO 1475/95 – wesentlich umfang-reicheres System von Maßnahmen, durch die Angebot und Nachfrage sowie Preisentwicklungen in bestimmter Weise gelenkt werden sollen. Überdies werden nicht allein vertikale Vertragsbeziehungen reglementiert, sondern auch horizontale Beziehungen der Marktteilnehmer außerhalb des vertraglichen Vertriebssystems festgelegt. Letztere sind z.B. freie Werkstätten, Automobilclubs, Zulieferer, der freie Ersatzteilehandel und Leasingunternehmen. Vgl. Gottschalk 2002, S. 118; Lademann/Gutknecht 2004, S. 50. Obwohl in der Literatur in Bezug auf die GVO 1400/02 regelmäßig von Deregulierung gesprochen wird, muss dem entgegengehalten werden, dass die weit reichende Verordnung eher eine Ausweitung der Regulierung darstellt. Wie bereits in Teilen erörtert und noch zu zeigen sein wird, entfaltet die GVO 1400/02 liberalisierende Wirkung, indem der Wettbewerb unter den Marktteilnehmern sowohl horizontal, als auch vertikal gestärkt wird.

264 Vgl. u.a. Erwägungsgründe in o.V. 2002c, o.V. 2002a, S. 11-15 und ergänzend o.V. 2000a, S. 9ff.; Cesarini 2005, S. 2-4.

265 Vgl. u.a. o.V. 2003d, S. 1; Kapitel 3.3.2. 266 Kritiker sehen als Hauptursache der Preisunterschiede vor Kunde die fehlende Harmonisierung nationaler

(Steuer-) Gesetzgebung und unterstellen der EU-Kommission hier die bewusste Nutzung der GVO als Hebel für Harmonisierungsinitiativen für Steuern in Europa.

267 Tongue/Whiteman 2003b, S. 8.

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62 3 Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren der Gestaltung des Automobilvertriebs

Vereinbarungen selbst. Die GVO 1400/02 muss im Kontext mit der so genannten Schirm-GVO 2790/99 gesehen werden, die für übrige Branchen mit selektiven Vertriebssystemen gilt. In der Schirm-GVO werden keine weißen, sondern lediglich schwarze Vereinbarungen aufgezählt. Daneben werden den Marktteilnehmern allgemeine Vertriebssystemvarianten zur Auswahl gestellt sowie ein System von Tests eingeführt, welches relevante Marktanteile messen und beurteilen kann.268

Entsprechend wählt der Automobilhersteller in Abhängigkeit der Marktanteile seiner Marken eines von drei Vertriebssystemen. Für die Bereiche Neuwagenverkauf und Service muss jeweils getrennt entschieden werden269, ob das Vertriebssystem qualitativ selektiv, qualitativ und quantitativ selektiv oder exklusiv sein soll bzw. darf. Abbildung 23 zeigt, bei welchen Marktanteilen welche Vertriebssysteme erlaubt sind. Bei der Bestimmung der Marktanteile gelten ähnliche Bestimmungen, wie in der Schirm-GVO 2790/99: „Die Anwendung der Verordnung auf Vertriebsvereinbarungen [...] erfordert daher erstens die Abgrenzung der von ihnen betroffenen relevanten Märkte und zweitens die Bestimmung der Marktanteile.“270 Es sollen die Stückzahlen der verkauften Automobile (bzw. Geldwerte der verkauften Ersatzteile oder Servicedienstleistungen) aller Marken eines Konzerns zu Grunde gelegt werden, wenngleich die produktbezogene und geographische Abgrenzung des „relevanten Marktes“ in der Verordnung nicht eindeutig geklärt werden.271

268 Vgl. Artikel 9 und 10 in o.V. 1999. 269 Vgl. Überlegungen zur Aufgabe der Quersubvention in Kapitel 3.3.2. Die traditionelle Verbindung von

Neuwagenverkauf und Service wird somit formal aufgehoben – der Handelspartner des Herstellers muss reiner Automobilverkäufer, reiner Servicestützpunkt oder reiner Ersatzteilehändler respektive eine Kombination daraus sein dürfen. Die Verträge bleiben getrennt und der Hersteller darf auf die Wahl des Handelspartners keinen Einfluss nehmen.

270 Vgl. o.V. 2002a, S. 24. 271 Vgl. ebenda Punkte 7-8; o.V. 2002a, S. 77 und Artikel 8; o.V. 2002c. Gerichtsurteile werden diese Frage

endgültig klären. Prinzipiell gilt das Prinzip der Nachfragesubstituierbarkeit: Es sollen für den Verbraucher verfügbare Produkte, die von ihnen als substituierbar angesehen werden, zur gleichen Produktkategorie gehören. Dazu wird die Bildung von Marktsegmenten als ein geeignetes Mittel angesehen, obwohl weder die Segmentabgrenzungen noch die Behandlung sog. Cross-over-Fahrzeuge geklärt ist. Geographische Märkte können der EU-Markt, nationale oder u.U. regionale Märkte sein, wenngleich in der bisherigen Praxis jeweils nationale Märkte zu Grunde gelegt wurden. Bspw. ist der Marktanteil der Marke Skoda am Neuwagenabsatz in Tschechien höher als 40%, so dass Skoda in Tschechien lediglich qualitative Merkmale zur Selektion seiner Vertragshändler einsetzen darf.

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3 Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren der Gestaltung des Automobilvertriebs 63

Sonderregeln für „Vereinbarungen

von geringer Bedeutung“(de minimis)

Exklusiver Vertrieb

Qualitativ undQuantitativ Selektiver Vertrieb

Qualitativ Selektive

Distribution

Nationaler Marktanteil

der jeweiligenMarke

0%5%

30%

40%

Neuwagen-geschäftService-geschäft

Einzel-Freistellungen

möglich

Abbildung 23: Marktanteilsbeschränkungen der GVO 1400/02

Im Folgenden werden kurz die Optionen des Automobilherstellers bei der Wahl des Vertriebssystems dargestellt:272

• Qualitativ selektiver Vertrieb: Diese Option ist für den Neuwagenverkauf und den Servicebetrieb immer möglich.273 Der Hersteller bzw. Importeur kann qualitative Standards für die Ausgestaltung vertraglich gebundener Distributionsorgane festlegen, die „wegen der Beschaffenheit der Vertragswaren oder -dienstleistungen erforderlich sind, für alle sich um die Aufnahme in das Vertriebssystem bewerbenden Händler oder Werkstätten einheitlich gelten, in nicht diskriminierender Weise angewandt werden und nicht unmittelbar die Zahl der Händler oder Werkstätten begrenzen“274. Es können unterschiedliche Standards für verschiedene Gebiete definiert werden: z.B. niedrigere für den ländlichen Raum.275 Überdies kann vom Hersteller der Weiterverkauf der Produkte an nicht-autorisierter Händler verboten werden. Allerdings können weder die Anzahl der Vertriebspartner limitiert, noch Absatzgebiete vergeben werden.

• Qualitativ und quantitativ selektiver Vertrieb: Diese Option ist für den Neuwagenverkauf bis zu einem Marktanteil von 40% und für Servicebetriebe bis zu 30% Marktanteil erlaubt.276 Zu den Bestimmungen des qualitativ selektiven Vertriebs kommt hinzu, dass quantitative Standards durch den Hersteller oder Importeur gesetzt werden dürfen, durch welche die Zahl der Händler im Markt bestimmt werden kann. Das können zum Beispiel

272 Obwohl die GVO 1400/02 die Anwendung unterschiedlicher Vertriebssystemoptionen in den unterschiedlichen

nationalen Märkten der EU nicht verbietet, legt sie jedoch fest, dass kein Vertragsinhaber in seinen Rechten eingeschränkt werden darf, so dass diese Möglichkeit aufgrund der jeweiligen Gültigkeit für den gesamten Geltungsbereich der GVO eher von theoretischer Natur ist.

Die GVO 1400/02 bezieht sich ausdrücklich auch auf die Beziehung zwischen Hersteller und Importeuren (Vgl. Artikel 1-1(c), 2-2 und 2-3 o.V. 2002c), wenngleich diese Beziehung in den Dokumenten kaum genauer beschrieben wird. Es sollen dieselben Grundsätze gelten wie auch auf Einzelhandelsebene. Die Verwendung selbständiger Importeure zum Vertrieb in bestimmten Ländermärkten, wird durch die GVO nicht grundsätzlich in Frage gestellt. Jedoch stellt Artikel 1-1(c) klar, dass die Wahl der Vertriebssystemsoption (qualitativ selektiv, qualitativ und quantitativ selektiv oder exklusiv) für das gesamte Vertriebssystem, also auch für die Groß-handelsstufe gilt und somit der vertraglich gebundene freie Importeur die Vertragsgestaltung mit der an ihn gebundenen Einzelhandelsebene dieser Wahl anpassen muss. Vgl. Tongue/Whiteman 2003b, S. 35.

273 Vgl. Abbildung 23. 274 Vgl. Artikel 1-1(h) o.V. 2002c. 275 Voraussetzung sind fest definierte Abgrenzungskriterien, die im gesamten Geltungsbereich der GVO in gleicher

Weise angewendet werden. 276 Vgl. Artikel 1-1(g) o.V. 2002c und Abbildung 23.

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Mindestabsatzzahlen sein, die ein Händler erreichen muss, um Mitglied im Vertriebs-system zu bleiben. Zudem darf der Hersteller die maximale Anzahl der vergebenen Verträge bestimmen und zudem „places of establishment“ – also die geographische Lage des Hauptstützpunktes des Vertragsinhabers vorgeben.277 Indessen ist es dem Hersteller nicht erlaubt, exklusive Absatzgebiete zu definieren. Der Inhaber eines solchen Vertrages darf allerdings seit dem 1. Oktober 2005 seine Waren nicht nur in der gesamten EU absetzen, sondern auch zusätzliche Nebenstützpunkte (sog. Verkaufs- und Auslieferungs-stellen) aufbauen, ohne dafür eines neuen Vertrages zu bedürfen solange diese den qualitativen Standards des jeweiligen Teilmarktes genügen.278 Daher kann mit dieser Vertriebsoption seit Oktober 2005 die Anzahl der Stützpunkte durch den Automobil-hersteller nicht mehr exakt gesteuert werden.279

• Exklusiver Vertrieb: Bis zu einem Marktanteil von 30% ist diese Option zulässig.280 Es ist dem Automobilhersteller bzw. Importeur möglich, exklusive Absatzgebiete zu definieren und diese einem Vertragshändler zuzuordnen. Dem Vertragshändler kann jedoch nicht vorgegeben werden, an wen er die Produkte innerhalb seines Absatzgebietes vertreibt. Daher kann die Einhaltung von Qualitätsstandards am PoS durch den Hersteller nicht sanktioniert werden.

Aufgrund der Entkopplung von Händler- und Werkstattverträgen, muss der Hersteller Verfahren entwickeln, welche die Kommunikation bzw. Datenübergabe bei Rückrufaktionen, Garantiefällen oder Ähnlichem zwischen Händlern ohne Werkstatt sowie Werkstätten ohne Verkauf und dem Hersteller bzw. dem Importeur regeln.281 Der Europäische Verband des Kraftfahrzeuggewerbes (CECRA) schätzt den Anteil ausreichend finanzstarker Händler, die von dieser Möglichkeit Gebrauch machen und gegebenenfalls ortsansässige schwache Händler verdrängen könnten, auf maximal 20%.282 In Abbildung 24 ist überdies dargestellt, dass seit dem Fall der Niederlassungsklausel im Oktober 2005 die GVO 1400/02 die Eröffnung von Verkaufs- und/oder Auslieferungsstellen ermöglicht.

GVO 1475/951995 bis 2003

GVO 1400/02Wirkung seit Oktober 2003

GVO 1400/02Wirkung seit Oktober 2005

Aufs

plitt

ung

Erm

öglic

hung

Vertrags-händler-vertrag

Verkaufs-vertrag

Service-vertrag

Ersatzteil-handels--vertrag

Abbildung 24: Fall der Niederlassungsklausel durch GVO 1400/02

277 Vgl. Artikel 4-1(e) ebenda. 278 Vgl. Artikel 5-2(b) ebenda. 279 Vgl. o.V. 2002d, S. 5. 280 Vgl. Abbildung 23. 281 Vgl. Tongue/Whiteman 2003b, S. 30. 282 Vgl. Creutzig 2002, S. 42.

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3 Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren der Gestaltung des Automobilvertriebs 65

Der Mehrmarkenvertrieb ist durch die Regelungen der GVO 1400/02 wahrscheinlichergeworden, da qualitative Standards für markenspezifische Verkaufsbereiche aufgestellt werden können, Räume oder Gebäude allerdings nicht durch Vertragsklauseln auf eine Marke beschränkt sein dürfen. Etwaige Extrakosten für „markenspezifisches“ Verkaufspersonal in einem Mehrmarkenvertrieb muss vom Hersteller getragen werden. Generell dürfen keine qualitativen Vertragsklauseln den Mehrmarkenvertrieb bzw. -service behindern.283

3.5.2 Trends im politisch-rechtlichen Umfeld Deregulierung wird als eine der derzeit wichtigsten Determinanten des Wandels interpretiert.284 Sie findet in Europa insb. durch den Abbau innereuropäischer Handels-barrieren statt, die nicht nur durch Zölle, sondern auch durch nationale Produktvorschriften, Subventionen u.ä. dargestellt werden.285 Veränderungen im europäischen Umweltrecht, Verbraucherschutz oder Produkthaftungsrecht spielen bei der Gestaltung des Vertriebs-systems nur indirekt eine Rolle und sollen folglich nicht weiter berücksichtigt werden. Demgegenüber zählen Umfang und Ausmaß der Liberalisierung durch die GVO zu den wichtigsten Treibern des Strukturwandels im Automobilvertrieb.286

3.5.2.1 Abbau von Handelshemmnissen und Deregulierung Der Umfang mit dem Handelshemmnisse und steuerliche Unterschiede im europäischen Binnenmarkt abgebaut werden hat Einfluss auf die Strukturveränderungen des Automobil-vertriebs. Preisdifferenzen haben ihre Ursache in landesindividueller Steuergesetzgebung, unterschiedlicher Kaufkraft, differierenden Verbraucherpräferenzen und technischen Vorschriften sowie abweichenden Vermarktungsstrategien und Transportkosten in den Ländern der EU.287

283 Ausnahme: Die GVO 1400/02 verwendet in diesem Zusammenhang den Begriff Lieferant und meint dabei den

Konzern, so dass de facto ein Konzern den Mehrmarkenvertrieb seiner eigenen Marken einschränken und reglementieren kann. Darüber hinaus kann ein Automobilhersteller seinen Vertragspartner verpflichten, bis zu 30% seines jährlichen Einkaufs dem jeweiligen Konzern/Lieferanten zu widmen.

284 Vgl. Bieger 2002, S. 15; Wirtz 2007, S. 5. 285 Vgl. Dudenhöffer 1999, S. 93. 286 Vgl. Smend 2004, S. 173. 287 Vgl. Becker 1998, S. 8.

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euer

n)

Durchschnitt über alle Klassen (Jeweils 5 absatzstärkste Modelle in EU)Große Pkw, Segmente D,E,FMittelgroße Pkw, Segment CKleine Pkw, Segmente A&B

10%

15%

20%

25%

30%

35%

40%

1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006

Abbildung 25: Entwicklung der Preisunterschiede (vor Steuern) in der Euro-Zone288

In Kapitel 5.5.5 wird am Beispiel des Handels mit EU-Fahrzeugen gezeigt, wie sich neue Geschäftsmodelle aufgrund des Abbaus von Handelshemmnissen bei gleichzeitig unter-schiedlichen Fahrzeugpreisen etablieren. Abbildung 25 lässt zwar auf eine langsame Angleichung der Preise vor Steuern schließen, jedoch zeigen WOLTERMANN et al., dass wegen der schon heute verhältnismäßig niedrigen Handelsbarrieren, die Preispolitik der Hersteller nur sekundär durch weitere Liberalisierung beeinflusst werden dürfte. Vielmehr werden Hersteller Preisdifferenzen aufgrund sozioökonomischer Marktunterschiede mittelfristig erhalten.289 Die gezielte Ausnutzung von Arbitrageeffekten durch einige Marktteilnehmer wird daher auch in Zukunft ein Phänomen des europäischen Automobilvertriebs bleiben.

3.5.2.2 Veränderungen durch die GVO 1400/02 Mit der Umstellung zur neuen GVO 1400/02 wurden weitgehend vollständig neu entwickelte Handelsverträge vergeben. Oftmals ging diese Veränderung auch mit einer Restrukturierung des Händlernetzwerkes einher.290 Im Neuwagenverkauf sind die nationalen Marktanteile der Konzerne höchst unterschiedlich, aber selten über 40%. Dementsprechend hat die Mehrheit der Hersteller für den gesamten europäischen Markt das qualitativ und quantitativ selektive System gewählt.291 Der Hauptgrund für die Ablehnung der exklusiven Vertragsoption liegt im

288 Eigene Darstellung basierend auf halbjährlichen Preisberichten der EU-Kommission. 289 Vgl. Woltermann/Weller/Breyer 2005, S. 77; Lademann 2002, S. 53-54. 290 Vgl. Tongue/Whiteman 2003b, S. 50 und Überlegungen zur Konsolidierung der Handelsnetze in Kapitel 3.3.2. 291 Ausnahme ist die Marke Suzuki, die das exklusive Vertriebssystem gewählt hat. Für die Vertragsgestaltung mit

Servicebetrieben gelten die gleichen Regeln: qualitativ und quantitativ selektive und exklusive Verträge sind nur bis zu einem Marktanteil von 30% erlaubt. Entsprechend der Nachfragesubstituierbarkeit wird bei der

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Bestreben der Hersteller begründet, den Markenwert zu sichern. Das exklusive Vertriebs-system lässt kein Verbot des Verkaufs der Automobile an Wiederverkäufer durch den Vertragshändler zu, so dass Automobilhersteller wesentlichen Einfluss auf das Absatzsystem verlieren.

Die GVO 1400/02 schafft einen rechtlichen Rahmen, in dem sich schon existierende Veränderungstendenzen weiter ausprägen – sie ist nicht nur Ursache, sondern auch Treiber des Wandels.292 Grundsätzlich werden folgende Entwicklungen erwartet:293

• Durch das Verbot der Verbindung von exklusivem und selektivem Vertrieb sowie die Erleichterung des Mehrmarkenhandels, haben Hersteller heute weniger Kontrolle über das angeschlossene Vertragshändlersystem. Nahezu alle Hersteller versuchen dieses mit hohen Standards im selektiven Vertrieb zu kompensieren. Das erfordert eine komplexere und somit potenziell kostenintensivere Steuerung und Kontrolle der Vertriebs- und Servicenetze.294

• Der Wegfall der Niederlassungsklausel im Oktober 2005 fördert die Angleichung paneuropäischer Preise sowie die weitere Konsolidierung hin zu größeren finanzkräftigeren Unternehmen im Automobilvertrieb.295 Auf Groß- und Einzelhandels-ebene werden insb. finanzkräftige Unternehmen europaweit Marktchancen ausnutzenkönnen.

• Die GVO schafft Raum für die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle und/oder Wettbewerber, die sich auf bestimmte Teilmärkte spezialisieren können.296 Die Bildung paralleler oder zusätzlicher Absatzkanäle wird wahrscheinlicher.

• Inter- und Intrabrandwettbewerb wurden durch die GVO 1400/02 stimuliert.297

Die GVO hat sich in ihren Grundzügen verändert und eine Verschiebung der Handlungs-spielräume der ihr untergeordneten Marktteilnehmer induziert. Das vorliegende Kapitel hat gezeigt, dass der rechtlich gegebene Spielraum der Hersteller geringer, jener der Händler und sonstigen freien Marktteilnehmer eher erweitert worden ist. Obwohl die GVO quasi eine Marktordnung darstellt, kann von einer Liberalisierung des europäischen Automobilvertriebs gesprochen werden.

Die weitere Entwicklung insb. nach dem 31.05.2010 wird im Wesentlichen vom Erfolg der GVO 1400/02 aus Sicht der EU-Kommission298 bzgl. erzielter Liberalisierungseffekte sowie von der zukünftigen wirtschaftspolitischen Ausrichtung der EU-Kommission abhängen. Derzeit erwarten Experten prinzipiell eine Fortschreibung der Liberalisierungspolitik. Unter

Marktanteilsbestimmung das gesamte Serviceangebot der Werkstätten betrachtet. In der Praxis fallen marken-spezifische Werkstätten meist lediglich im Dienstleistungssegment der Fast-Fit-Werkstätten unter einen Markt-anteil von 30% der Serviceleistungen an Fahrzeugen einer Marke. Daher ist die Verwendung qualitativ und quantitativ selektiver Verträge unmöglich – das rein qualitativ selektive System dominiert.

292 Vgl. Lademann 2002, S. 52. 293 Vgl. u.A. Genzow 2002, S. 88ff.; Gottschalk 2002, S. 114ff.; Tongue/Whiteman 2003a, S. 8; Berg/Welzel 2004,

S. 419ff.; Genzow 2004a, S. 405ff. 294 Vgl. Diez 2002a, S. 68; Genzow 2004b, S. 26. 295 Vgl. Kapitel 3.3 sowie Diez 2002a, S. 71; Diez 2004a, S. 12; Lademann/Gutknecht 2004, S. 51.; Cesarini 2005,

S. 2; Woltermann 2005, S. 14-15 und 27; o.V. 2006, S. xviii. 296 Vgl. Zielke/Preißner/Wierich 2002, S. 134; Cesarini 2005, S. 2; o.V. 2006, S. xvi und xix. 297 Vgl. o.V. 2006, S. xx-xxi. 298 Vgl. Erwägungsgründe in Kapitel 5.2.2.1; Cesarini 2005, S. 10-11, 16-17.

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sonst gleichen Bedingungen würde ein ersatzloser Wegfall der GVO kaum zur Liberalisierung beitragen, weil der Automobilvertrieb dann in den Anwendungsbereich der Schirm-GVO fallen würde. Das würde Herstellern wieder mehr Marktmacht verleihen und somit den marktregulierenden Intentionen der EU-Kommission zuwiderlaufen, so dass die GVO im Kern bestehen bleibt oder weiter ausgebaut werden dürfte.299 Aus Sicht der EU-Kommission wird die rein qualitative Selektion im Servicemarkt als Erfolg gesehen, so dass eine Senkung der Marktanteilsschwellen für den Neuwagenverkauf oder der gänzliche Wegfall der quantitativen Selektion als möglich erscheinen. Es bleibt zu klären, ob das Nach-folgeregime (a) die vollständige Abschaffung quantitativer Selektion (der Vertragshändler durch Hersteller), (b) die Einschränkung qualitativer Selektion (der Vertragshändler durch Hersteller), (c) weitere Forcierung der Trennung von Neuwagenverkauf, Service- und Ersatz-teilgeschäft, (d) einheitliche Werksabgabepreise innerhalb der Europäischen Union und/oder andere Ziele hat.

3.5.3 Einfluss des technologischen Umfelds „The Internet has created some new industries, such as online auctions and digital marketplaces. However, its greatest impact has been to enable reconfiguration of existing industries that has been constrained by high costs for communication, gathering information, or accomplishing transactions.”300 Technologisierung – insb. in Form globaler Verbreitung von Informations- und Kommunikations-Technologie (IuK-Technologie) – wird als einer der wesentlichen Treiber von Wandel identifiziert.301 Auch für den Strukturwandel im Automobilvertrieb trifft diese Feststellung zu. Dabei muss zwischen zwei Entwicklungen unterschieden werden – vgl. Abbildung 26:302

E-Commerce Geschäftsmodelle bis hin zu Direktvertrieb über das Internet

Prozessoptimierung, Verbesserung von Kooperation und Koordination

Ziel:

Interaktions-partner

Nutzung eher…informations-orientiert

z.B. E-Commerce

transaktions-orientiert

Distributions-organe des

Kunden

Innerhalb des Distributions-

systems

z.B. Transparenz über

NW-Lagerbestände

z.B. Übersicht der

Verkaufs-förderungen des

Herstellers

z.B. Modellübersicht

im Internet

Abbildung 26: Wirkungsbereiche von IuK-Technologien

299 Vgl. Plate 2005b, S. 60. Es ist ebenso denkbar, dass die Regelungen der GVO 1400 mit unter das Dach einer

branchenübergreifenden „Schirm-GVO“ integriert werden. 300 Porter 2001, S. 66. 301 Vgl. Bieger 2002, S. 15; Bauer 2000, S. 1; 302 Die Expertenbefragung von Smed bezieht sich auf den B2C-Bereich und stellt die informationsorientierte

Nutzung von IuK-Technologien als wesentlich wichtigeren Treiber des Strukturwandel heraus, als die transaktionsorientierte Nutzung. Vgl. Smend 2004, S. 174.

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3 Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren der Gestaltung des Automobilvertriebs 69

• Einige Innovationen richten sich eher auf die Kommunikation mit dem Kunden. Internet-technologien eröffnen neue Chancen in der direkten Kommunikation mit dem Kunden, Beispiele sind elektronisch unterstütztes CRM oder der E-Commerce von eSEAT.303 DieKommunikation mit dem Kunden kann sowohl einseitig, als auch zweiseitig erfolgen. Letzteres bildet die Basis für transaktionsorientierte Nutzung von IuK in der Kommunikation mit dem Kunden.

• Daneben werden IuK-Technologien zur Kostensenkung und Prozessoptimierung im Distributionssystem genutzt. Funktionen, deren abgestimmtes Zusammenspiel früher nur über zentralisierte und stark integrierte Absatzkanalstrukturen möglich war, können potenziell dezentral ausgeführt werden, solange der zweiseitige Informationsfluss im Netzwerk des Vertriebssystems gesichert ist. DREIER weist mit Hilfe der Transaktions-kostentheorie nach, dass der Einsatz von IuK-Technologien marktliche oder marktnahe Koordinationsmechanismen zu geringeren Kosten ermöglicht, so dass einige Probleme, die vormals effektiver mit hierarchienahen Koordinationskonzepten gelöst wurden, heute mit marktnahen Konzepten effizienter funktionieren.304 Die Vernetzung mit IuK-Technologie ist gleichsam Voraussetzung für die absatzkanalübergreifende Steuerung logistischer Prozesse.305

3.5.4 Zusammenfassende Thesen Es können zusammenfassend folgende Thesen bzgl. der Auswirkungen von Liberalisierung im europäischen Automobilvertrieb aufgestellt werden:

• T-5.1: Die GVO 1400/02 führt zur Reduktion der vertragsbasierten Marketing- und Systemführerschaft der Hersteller auf Großhandels- und Einzelhandelsebene.

• T-5.2: Der Kosten- und Wettbewerbsdruck auf alle Mitglieder des Automobilvertriebs wird weiter hoch bleiben.

• T-5.3: Politisch-rechtliche Rahmenbedingungen werden die Entstehung und Etablierung neuer Geschäftsmodelle im Automobilvertrieb weiter begünstigen.

• T-5.4: Politisch-rechtliche Rahmenbedingungen werden den Eintritt neuer Wettbewerberin den Automobilvertrieb weiter begünstigen.

• T-5.5: Die Etablierung von Formen des Mehrmarkenvertriebs auf Einzelhandelsebene ist wahrscheinlicher geworden und für den Hersteller aufwendiger zu unterbinden.

• T-5.6: Die nur moderat fortschreitende Preis- und Steuerharmonisierung innerhalb der EU wird mittelfristig weiterhin Geschäftsmodelle ermöglichen, die auf der Ausnutzung von Arbitrageeffekten aufbauen.

• T-5.7: Anstatt des Wegfalls der GVO 1400/02 wird eine neue GVO bzw. ein ähnliches Regime für die Zeit nach dem 1.10.2010 entwickelt werden.306

Folgenden Thesen ergeben sich aus der Analyse des technologischen Umfelds:

• T-5.8: IuK-Technologien bietet neue Möglichkeiten der Koordination und Kooperation im Vertriebssystem – auch unter Verzicht auf zentralisierte Strukturen mit Hilfe von Netz-werkarrangements.

303 Vgl. Schögel/Sauer 2002, S. 93; Dammenhain/Amann 2001, S. 343-344, 350-352; Regelmann 2004, S. 531;

Schiemer 2004, S. 539ff. 304 Vgl. Dreier 1999, S. 88-90; Hummel 2002, S. 727; Solf 2004, S. 165. 305 Vgl. T-1.1 (Abstimmung); T-1.6 (Vernetzung); Dammenhain/Amann 2001, S. 352-355; Zadek 2002, S. 14ff. 306 Die Ausgestaltung eines etwaigen Nachfolgeregimes ist nicht sicher abzuleiten, indes soll die Prognose im

Delphi hier Aufschluss bringen – vgl. Kapitel 4.

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70 3 Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren der Gestaltung des Automobilvertriebs

• T-5.9: IuK-Technologien können zur Prozessoptimierung und somit zur Kostensenkung im Vertriebssystem eingesetzt werden.

• T-5.10: IuK-Technologien ermöglichen neue Modelle in der Gestaltung der Kundenbeziehung, so dass die Wertschöpfung erhöht oder auf neue Bereiche ausgedehnt werden kann.

3.6 Zwischenfazit: Forschungsfragen F-I und F-II Im Kapitel 3 wurden Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren zur Gestaltung von Vertriebs-systemen des europäischen Automobilvertriebs im Kontext aktueller Trends herausgearbeitet. Das Ergebnis stellt den ersten Schritt zur Beantwortung der Forschungsfragen F-I und F-II dar. Auf die theoretische Ableitung der Thesen folgt eine empirische Überprüfung in Kapitel 5.

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4 Analyse von Distributionsorganen 71

4 Analyse von Distributionsorganen Ausgangspunkt von Kapitel 4 stellt die Notwendigkeit der Kenntnis potenzieller Distributionsorgane für erfolgreiches Multikanalmanagement in Verbindung mit Hauptthese H-II dar. Das vorliegende Kapitel wird H-II belegen und zugleich Forschungsfrage F-III beantworten: „Welches theoretische Analysekonstrukt kann die sich verändernden Distributionsorgane auf den verschiedenen Ebenen der Vertriebssysteme konsistent und umfassend beschreiben?“ In Kapitel 4.1 wird zunächst auf die allgemeine Kategorisierung von Distributionsorganen eingegangen, bevor im weiteren Verlauf von Kapitel 4 ein geeignetes Analysekonstrukt für Distributionsorgane ausgewählt und für die Problemstellung operationalisiert wird.

4.1 Kategorisierung von Distributionsorganen Wie in Kapitel 2.1 bereits beschrieben, besteht das Distributionssystem aus Distributions-organen, welche am Distributionsprozess beteiligt sind und in vielfältigen horizontalen und vertikalen Beziehungen rechtlicher, ökonomischer und kommunikativ-sozialer Art zueinander stehen. Sie bilden das Distributionsnetzwerk und überbrücken die Spannung zwischen Hersteller und Endkunde. Sie können in fünf Gruppen kategorisiert werden:307

1. Absatzorgane der Hersteller bzw. Produzenten: Dazu zählen (1.) Verkaufsabteilungen, in denen Distributionsaktivitäten geplant, entschieden bzw. deren Durchführung angeordnet und kontrolliert wird. Automobilhersteller unterhalten große Verkaufs-abteilungen aus denen oft auch Sonderkunden, wie etwa berühmte Persönlichkeiten (V.I.P.), Journalisten, staatliche und soziale Institutionen, direkt betreut werden. (2.) Verkaufsstellen werden werkseigen, -gebunden oder rechtlich und wirtschaftlich ausgegliedert betrieben. Sie nehmen die Gestalt eines Groß- oder Einzelhandelsbetriebsein, verfügen indes nicht über die wirtschaftliche und rechtliche Selbständigkeit von Absatzmittlern im indirekten Vertrieb. Im Automobilvertrieb haben ausgegliederte Verkaufsstellen als Groß- und Einzelhandelsbetriebe Bedeutung, es kommen sowohl werkseigene Niederlassungen als auch rechtlich selbständige Vertriebsgesellschaften im Eigentum der Hersteller vor, die in Betriebsformen des Groß- oder Einzelhandels auftreten.308 Franchisesysteme mit enger Bindung an den Franchisegeber309 oder Factory Outlets existieren im Automobilvertrieb derzeit nicht. (3.) Verkaufspersonen als angestellte Reisende oder selbständige Handelsvertreter spielen im Automobilvertrieb eine untergeordnete Rolle.

Distributions- bzw. Absatzmittler „sind wirtschaftlich und rechtlich selbständige Betriebe, deren Hauptzweck die Übertragung wirtschaftlicher Verfügungsmacht über Güter gegen Entgelt ist.“310 Dem Handelsbetrieb können vier zentrale Merkmale zugeschrieben werden:

307 Vgl. Specht/Fritz 2005, S. 66-111; Rosenbloom 1999, S. 34-73; ähnlich Wirtz/Defren 2007, S. 14-17. Organe

der Distributionslogistik spielen im Kontext dieser Arbeit keine Rolle und sind daher nicht berücksichtigt. 308 Vgl. T-4.1 (Vorwärtsintegration) und T-4.2 (Direktvertrieb). Einige Vertriebsgesellschaften weden derart

eigenständig geführt, dass sie wesentliche Charakteristika der Distributionsmittler auf Groß- bzw. Einzel-handelsebene erfüllen.

309 Hier findet die GVO 1400/02 Anwendung, so dass kein Unterschied zum Vertragshandelssystem besteht. Vgl. Kapitel 5.5.13.

310 Specht/Fritz 2005, S. 71; vgl. Kapitel 2.1.

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72 4 Analyse von Distributionsorganen

Erstens das Herbeiführen von Austauschprozessen, also Handel im funktionalen Sinn, zweitens der Handel mit Sachgütern und/oder Dienstleistungen, drittens der Handel mit privaten, öffentlichen oder gewerblichen Nachfragern als Kunden und viertens die Tatsache, dass die Handelsware selbst nur im beschränkten Maß durch den Handelsbetrieb verändert wird.311 Anknüpfend an das dritte Merkmal kann weiter gehend zwischen Einzelhandels- und Großhandelsbetrieben unterschieden werden, während letztere ihre Ware ausschließlich an Wiederverarbeiter und -verkäufer sowie Großabnehmer absetzen.312

2. Distributionsmittler auf Großhandelsebene: Im Großhandel werden verschiedene Betriebsformen unterschieden, dabei stellen Umfang übernommener Distributions-funktionen, Sortimentspolitik, Belieferungspolitik und Marktgebiet (Binnen- und Außengroßhandel) wichtige Abgrenzungskriterien dar. Mit Abbildung 22, Seite 58 wurde bereits auf die Bedeutung von Importeuren im europäischen Automobilvertrieb eingegangen. Im Einzelhandel haben Konzentrationen zur Übernahme einzelner Auf-gaben des Großhandels – wie Lagerhaltung und Marktpflege – durch Handelsgruppen o.ä. Kooperationsformen geführt.313

3. Distributionsmittler auf Einzelhandelsebene: Im Einzelhandel kann allgemein eine große Vielfalt an jeweils verwendeten Marketing-Konzeptionen und Betriebsformen festgestellt werden. Dominierende Betriebsform auf Einzelhandelsebene ist das im Vertragshandel gebundene Fachgeschäft.314 Kooperationsformen mit und ohne räumliche Konzentration von Verkaufsstätten gewinnen an Bedeutung.

Im Gegensatz zu Distributionsmittlern, übernehmen Distributionshelfer kein wirtschaftliches Risiko am Distributionsobjekt, d.h. sie betreiben keinen Eigenhandel i.S. der Übernahme von Absatzrisiko bzw. sie verkaufen Fahrzeuge nicht im eigenen Namen und auf eigene Rechnung.315

4. Distributionshelfer: Aufgrund der großen Dominanz und Homogenität des Vertrags-handels im Automobilvertrieb haben sich Spezialisten bzw. alternative Distributions-organe meist als Absatzhelfer gebildet, indem sie für andere Distributionsorgane vermittelnd tätig sind.

5. Beschaffungsorgane der Endkunden: Die in einigen Branchen zu beobachtende Verlagerung von Distributionsfunktionen zum Konsumenten316 hat im Automobil-vertrieb kaum Einzug gehalten. Lediglich die Ausnutzung verschiedener elektronischer Medien zur Sammlung von Information und Vergleich von Angeboten hat an Bedeutung gewonnen.317

Wie bereits in Kapitel 2.2 respektive Abbildung 5 dargestellt, besteht ein Distributionssystem aus 1 bis n Absatzkanälen, die ihrerseits aus 1 bis n Distributionsorganen konstituiert sind. Die im vorliegenden Kapitel dargestellte Kategorisierung von Distributionsorganen 311 Insbesondere der vierte Punkt erzeugt Abgrenzungsprobleme, MÜLLER-HAGEDORN spricht von „branchen-

üblicher Manipulation“, was jedoch problematisch wird, sobald eine Branche starken Veränderungen ausgesetzt ist. Vgl. Mattmüller 1993, S. 84.

312 Vgl. Müller-Hagedorn/Toporowski 2006, S. 8; Müller-Hagedorn 1998, S. 31ff.; Täger 1995, S. 257; Mattmüller 1993, S. 86; Wirtz/Defren 2007, S. 15.

313 Vgl. Kapitel 3.3.2, T-3.1 (Konsolidierung) und Kapitel 5.5.12. 314 Vgl. Kapitel 3.3.1. 315 Vgl. Müller-Hagedorn/Toporowski 2006, S. 5. 316 Vgl. Specht/Fritz 2005, S. 110. 317 Vgl. T-2.3 (Verhandlungsposition).

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4 Analyse von Distributionsorganen 73

verwendet drei Differenzierungsparameter: erstens die Frage nach dem Eigentümer des Distributionsorgans (also Hersteller bzw. Produzent, Endkunden oder ein Dritter) und zweitens die Frage, ob das Distributionsorgan Absatzrisiko übernimmt, das heißt ob ein doppelter Eigentumsübergang am Distributionsobjekt – also Handel im funktionalen Sinne – stattfindet. Distributionsorgane, die als Distributionsmittler identifiziert sind, werden drittens im Hinblick auf die Kundenstruktur und übernommenen Distributionsfunktionen in Distributionsmittler auf Einzel- bzw. Großhandelsebene differenziert.

Zusammenfassend stellt Abbildung 27 die Kategorisierung von Distributionsorganen im Kontext der Distributionssysteme dar.

Distributionssystem

1 2 n...Absatzkanäle

1 2 n...

Distributionsorgane

HerstellerProduzent

Distributionsmittler (Großhandel)

End-kunde

Distributionsmittler (Einzelhandel)

Distributions-helfer

Kategorisierung*

*: Differenzierungsparameter:1.) Eigentümer des Distributionsorgans

Hersteller, Endkunde oder Dritter 2.) Übernahme Absatzrisiko

Distributionsmittler oder -helfer3.) Groß- oder Einzelhandelsebene

Abbildung 27: Distributionsorgane als Elemente des Distributionssystems

Kritische Würdigung Zur weiter gehenden Differenzierung von Distributionsorganen innerhalb der fünf Gruppen wird in der Literatur u.a. der Begriff Betriebsform bzw. -typ verwendet. Die Ausweisung eines allgemeingültigen Betriebsformenkatalogs für die genannten fünf Gruppen bereitet aus zwei Gründen Probleme: zum einen ist die uneinheitliche Differenzierung von Betriebs-formen und zum anderen ist der unterschiedliche Fokus der Untersuchungen zu nennen.

• Betriebsformendifferenzierung: Wie in Kapitel 4.2.1 noch weiter ausgeführt wird, besteht in der Literatur Uneinigkeit bzgl. der Abgrenzung der Begriffe Betriebsform und -typ, über die Auswahl der Differenzierungskriterien sowie deren Ausprägungen.

• Fokus der Untersuchungen: Insbesondere Literatur in der Tradition der Handelslehre legt den Schwerpunkt auf die Beschreibung und Analyse selbständiger Absatzmittler – also Handelsbetriebe. Distributionshelfer werden dabei als Handelsvermittler berücksichtigt.318

Herstellergebundene bzw. -eigene Distributionsorgane und Distributionsorgane der Endkunden werden nicht immer separiert betrachtet.319

Ferner treten bei Anwendung der Differenzierungssystematik auf den Automobilvertrieb spezifische (Abgrenzungs-) Probleme auf. Etwa bereitet die Abgrenzung zwischen Absatz-mittlern und -helfern Schwierigkeiten, denn im Automobilmarkt existieren beispielsweise

318 Vgl. z.B. Müller-Hagedorn/Toporowski 2006, S. 4ff.; Müller-Hagedorn 1998, S. 31ff. 319 Bspw. führen MÜLLER-HAGEDORN/TOPOROWSKI Factory Outlets oder Fabrikladen in der Liste der Betriebs-

formen des Einzelhandels. Vgl. Müller-Hagedorn/Toporowski 2006, S. 9.

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74 4 Analyse von Distributionsorganen

Autohäuser, also Fachgeschäfte, die sich ggü. der gängigen Ausprägung als Vertragshändler (Distributionsmittler auf Einzelhandelsebene) lediglich darin unterscheiden, dass sie auf fremde Rechnung und z.T. auf fremden Namen Fahrzeuge verkaufen oder im Eigentum des Herstellers befinden.320 Die Betriebsform Fachgeschäft tritt insofern in den Kategorien Distributionsorgan des Herstellers, Distributionsmittler Einzelhandel und Distributionshelfer(auf Einzelhandelsebene) auf. Ein anderes Beispiel stellen Absatzmittler dar, die einen wesentlichen Umsatzanteil mit dem Vertrieb von Fahrzeugen an Großabnehmer erwirtschaften und bzgl. ihrer Erscheinung vor Kunde, Übernahme von Distributions-funktionen und sonstigen Marketing-Mix wie ein Einzelhandelsfachgeschäft auftreten. Letztere übernehmen überdies häufig für einige Fahrzeugverkäufe das wirtschaftliche Risiko und für andere nicht, eine klare Zuordnung fällt daher schwer.

Wie im folgenden Kapitel u.a. anhand Tabelle 6 noch zu zeigen sein wird, werden in der Literatur zum Automobilvertrieb unterschiedlichste Typologien zur Differenzierung von Distributionsorganen angewendet.

4.2 Analysekonstrukte zur Differenzierung von Distributionsorganen Im Folgenden sollen Analysekonstrukte diskutiert werden, die potenziell für die Beantwortung von Forschungsfrage F-III zur Verfügung stehen und die sich verändernden Distributionsorgane auf den verschiedenen Ebenen der Vertriebssysteme konsistent und umfassend beschreiben können. Zunächst werden die Anforderungen an das Analysekonstrukt aus zwei Perspektiven spezifiziert: zum einen allgemeine Anforderungen und zum anderen spezielle Anforderungen i.S.d. Problemstellung bzw. im Kontext des Multikanal-managements.

Allgemeine Anforderungen an Typologien Das Analysekonstrukt übernimmt in der DSG die Aufgabe der Erfassung, Ordnung und typologischen Darstellung zur Verfügung stehender Distributionsorgane. Das Analyse-konstrukt sollte demzufolge prinzipiellen Anforderungen an eine Typologie genügen. Typologien und Morphologien sind wissenschaftliche Erkenntnismethoden, die funktional sowohl als heuristische Methode Zusammenhänge entdecken helfen, als auch Beiträge zur Erklärung der Wirklichkeit liefern sollen. Als meist zeitbezogenes Abbild der Realität321

bilden sie das Charakteristische einer Gruppierung ab und dienen mit Hilfe einer mehrdimensionalen Merkmalskombination der Komplexitätsreduktion. Der Prozess der Typologisierung umfasst zwei Schritte: erstens Definition der Merkmale (Kapitel 4.4) und zweitens Typenbildung durch sinnvolle Kombination der Merkmalsausprägungen (Kapitel 4.5 und 5.5). Es existiert in der Literatur keine einheitliche Auffassung über die allgemeinen

320 Vgl. Kap. 5.5.1. 321 Vgl. Leitherer 1965, S. 653

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4 Analyse von Distributionsorganen 75

Anforderungen an Typologien, folgende Kriterien erscheinen jedoch für die vorliegende Arbeit als zweckmäßig:322

• Typologien werden zur Komplexitätsreduktion eingesetzt, sie sollten daher möglichst wenige, aber mindestens eine finite Anzahl an Typen aufweisen. Vorteilhaft sind offene Merkmalssysteme, denen leicht weitere, im Zeitablauf wichtiger werdende, Merkmale hinzugefügt werden können.

• TIMMERS konstatiert bezüglich der Typologie von E-Commerce Geschäftsmodellen: “While this systematic approach leads to a large number of potential business models, in practice only a small number of these can be observed being implemented.”323 Für Typologien wird daher regelmäßig das Dominanzprinzip angewendet, zweckmäßige bzw. tatsächlich beobachtbare Typen werden dann aus der Menge der theoretisch möglichen Merkmalskombinationen herausgegriffen und weiter verfolgt.

• Eine Typologie wird zweckbezogen zur Erkenntnisgewinnung genutzt, in der vorliegenden Arbeit sollte sie daher die Distributionsorgane des europäischen Automobilvertriebs abbilden können. Für diesen Zweck sollte sie eine möglichst erschöpfende Erfassungdarstellen, also alle wesentlichen Distributionsorgane einordnen. Das Kriterium der Zweckbezogenheit bildet sich hier in den spezifischen Anforderungen des Multikanal-managements ab.

• Im Gegensatz zur Klassifikation werden Typen aus der sinnvollen Kombination mehrerer Merkmale gebildet, ohne ein Subordinationsverhältnis der Merkmale festzulegen.324 Die beschreibenden Merkmale bzw. Dimensionen sollten auf alle erfassten Typen anwendbarsein, obwohl sie nicht für alle Typen gleiche Wichtigkeit haben werden.

• Die Typen sollten sich durch eine möglichst hohe interne Homogenität und hohe externe Heterogenität charakterisieren. WIRTZ stellt für die Abgrenzung von Geschäftsmodellen heraus, dass die Abgrenzung nicht ohne Überlappungen in einzelnen Bereichen auskommen wird. „Die Geschäftsmodelle sollten jedoch innerhalb eines Typus relativ homogen und zwischen den Typen möglichst heterogen sein, damit die Typologie eine ausreichende Orientierungs-, Differenzierungs- und Klassifizierungsmöglichkeit bietet.“325

• Typologien nutzen die Abstraktion praktischer Erfahrung und die gezielte Deduktion theoretischer Konzepte.326 Folglich sollte die Anwendung theoretischer Ansätze begründetsein.

• Typologien sollten konsistent und logisch aufgebaut sein.

Spezifische Anforderungen an eine Typologie für das Multikanalmanagement Ein Grund für die Vielfalt an Systematisierungsansätzen in der Literatur ist der jeweils unterschiedliche Zweck. Aus den Überlegungen zum Multikanalmanagement in Kapitel 2.2 ergeben sich folgende Anforderungen:

• Differenzierung der Distributionsorgane: MKM erfordert die Kenntnis über die Vielfalt der unterschiedlichen Distributionsorgane erstens in der gesamten Branche und zweitens auf allen Ebenen des Distributionssystems mit einer konsistenten Systematik. Drittens ist

322 Zur Kriteriendiskussion vgl. Knoblich 1972, S. 142-145; Carper/Snizek 1980, S. 66-70; Lehmann 1984, S.

3941-3948; Knoblich/Beßler 1985, S. 562-563; Doty/Glick 1994, S. 146-247; Kluge 1999, S. 23ff. 323 Timmers 2000, S. 32 324 Vgl. Barth/Hartmann/Schröder 2002, S. 83. 325 Wirtz 2001, S. 217. 326 In Anlehnung an KNOBLICH wird der Unterschied von Real- und Idealtypen hier als eher graduell verstanden

und keiner Grundsatzdiskussion zugeführt. Vgl. Knoblich 1972, S. 145.

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76 4 Analyse von Distributionsorganen

es zweckmäßig wenn mit dem Analysekonstrukt auch potenziell einsetzbare Distributionsorgane erfasst werden können, die entweder von anderen Branchen über-tragen oder neu kreiert werden.

• Management der Distributionsorgane: Das Analysekonstrukt sollte das strategische und operative Management der Distributionsorgane unterstützen: zum einen übergreifend im Distributionsnetzwerk (z.B. Schnittstellen bei der Zusammenarbeit der Distributions-organe oder Koordinationsmechanismen) und zum anderen bezogen auf das einzelne Distributionsorgan (z.B. Kunden und Leistungsspektrum eines Distributionsorgans). Das Management schließt die Beschreibung, Bewertung i.S. der Distributionsziele und Identifikation von Entwicklungspotenzialen mit ein.

In wissenschaftlichen Beiträgen zum Automobilvertrieb wurden je nach Fragestellung unterschiedliche Ansätze respektive Analysekonstrukte zur Typologisierung und Beschreibung der unterschiedlichen Distributionsorgane verwendet. Zugleich erschweren die Vielzahl der Erscheinungsformen und die z.T. geringe zeitliche Stabilität der Differenzierungsmerkmale die Systematisierung. Tabelle 6 zeigt die Vielfalt verwendeter Analysekonstrukte und Typologien.

Analysekonstrukt TypenBetriebsform (Wöllenstein 1996)

− Handelsspezialist − Automobil-Center − Klassisches Autohaus

− Ambitionierter Händler − Kundendienstfokussierter

Händler − Markenstützpunkt

Betriebstyp und Absatzkanal (Jensen 2001)

− Betriebstypen (i.S.v. Automobilfachgeschäften):

− Herstellereigene Niederlassung − Haupt-/Direkthändler − Nebenhändler/Vertragswerkstatt − (Handelsvertreter)

− Absatzkanäle: − Niederlassungssystem − Einstufiges Händlersystem − Zweistufiges Händlersystem − Gemischtes Vertriebssystem − Handelsvertretersystem

Distributionssystem/ Absatzweg (Lademann/Seidel/Petersen 2001)

− Vertragshändler − Niederlassung (Direktvertrieb) − Reimporteur (Parallelhandel) − Branchenfremder Händler

− Leasinganbieter − Mehrmarkenhändler (Marken

konkurrierender Hersteller) − Unabhängiger Internethändler

Distributionsform (Methner 2002)

− NW-Zentrum − GW-Zentrum − Werkstatt − Internet − Finanz-Outlet − Komplettbetrieb

− Brand Park, Firmenmuseum − Autofachmarkt − Repräsentanz, Info-Outlet − Merchandising Shop − Fast-Fit- Betrieb, Reifen-

fachhändler − Tuner

Absatzkanal (Schögel/Sauer 2002)

− E-Commerce (Internet-Direktverkauf)

− Außendienst Großkunden-geschäft

− Werksniederlassungen − Franchise-System − Car-Broker/Online-Agenten

− Supermärkte, Intermediäre, Vermieter

− Mega-Dealer/Internationale Groß-Distributoren

− Vertragshändler − Unterhändler

Betriebsform (Zielke/Preißner/Wierich 2002)

− Branchenfremde Händler − Pkw-Discounter − Pkw-Fachmarkt − Pkw-Fabrikverkauf

− Einmarken-Pkw-Fachhändler − Mehrmarken-Pkw-Fachhändler − Pkw-Vollsortimenter

Page 93: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

4 Analyse von Distributionsorganen 77

Analysekonstrukt TypenBetriebsform (Betz 2003)

− Online-Information-Sites − Online-Quoting-Sites

− Online-Transaction-Sites

Absatzweg/ Vertriebsweg (Diez 2003b)

− Vertragshändler exklusiv − Vertragshändler Mehrmarken − Großkundenzentren − NW-Auslieferungslager − Vertragswerkstätten − Autorisierte

Werkstätten − Autorisierte Ersatzteil-

stützpunkte − Unabhängige Leasing-

gesellschaften − Niederlassungen − Flagshipstores − Brand Lands

− Brand Locations/Spots − Kundencenter − Speditionelle Auslieferungs-

zentren − Vermittler − Re-Importeure − Internet-Broker − Internetbörsen − Freie Werkstätten − Werkstattkonzepte − Werkstattketten − Teile- und Zubehörfachmärkte − Originalteilespezialisten

Betriebsform und Absatzkanal (Smend 2004)

− Niederlassung − Vertragshandel − Markenerlebniszentrum − Factory Outlet Center − Mehrmarkenhandel − Mega Dealer/Category Killer − Branchenfremder

− Einzelhandel − Online-Direktvertrieb − Online-Angebot des Händlers − Online-Broker − Online-Mehrmarkenhandel − (Reimporthändler)

Tabelle 6: Auswahl institutioneller Typologien des Automobilvertriebs327

Die exemplarische Auswahl in Tabelle 6 macht deutlich, dass selbst unter den Autoren, die das gleiche Analysekonstrukt gewählt haben, keine Einigkeit über die Bezeichnung und Abgrenzung der Distributionsorgane herrscht. Die Anforderung der Konsistenz ist also nicht erfüllt. Außerdem kann festgestellt werden, dass ein klarer Schwerpunkt auf der Betrachtung der Einzelhandelsebene liegt. Die Auswirkungen vertikaler Desintegration und Spezialisierung werden daher kaum berücksichtigt. Zusammen mit der Argumentation in Kapitel 4.1 kann H-II somit als weitgehend bestätigt angesehen werden: Weder Literatur noch Praxis bieten bisher adäquate theoretische Konstrukte als Grundlage des Multikanal-managements an, um die institutionellen Strukturen im europäischen Automobilvertrieb auf Groß- und Einzelhandelsebene sowie deren Veränderung konsistent und umfassend beschreiben und analysieren zu können.

Im Folgenden werden vier alternative Analysekonstrukte auf ihre Anwendbarkeit in der vorliegenden Arbeit untersucht, um dann bezüglich der weiteren Verwendung gegeneinander abgewogen zu werden.

327 Vgl. Wöllenstein 1996, S. 284; Lademann/Seidel/Petersen 2001; Jensen 2001, S. 48; Zielke/Preißner/Wierich

2002, S. 138; Methner 2002, S. 58; Schögel/Sauer 2002, S. 91; Betz 2003, S. 35; Diez 2003b, S. 25; Smend 2004, S. 91-99.

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78 4 Analyse von Distributionsorganen

4.2.1 Ansatz „Betriebsformen“ Tabelle 6 zeigt, dass der Begriff Betriebstyp bzw. Betriebsform in der Literatur zum Automobilvertrieb häufig verwendet wurde. „Die wissenschaftliche Diskussion leidet [allerdings] an einer uneinheitlichen Verwendung der zentralen Begriffe Betriebsform, Betriebstyp und Vertriebsform. Teilweise werden die Begriffe synonym verwandt oder gar mit entgegengesetzten Inhalten belegt.“328 WÖLLENSTEIN identifiziert die historische Entwicklung der Handelsforschung bzw. des Handelsmarketings als wesentliche Ursache dieser Bedeutungsunschärfe. BURKHARDT diskutiert sehr umfassend die unterschiedlichen Begriffsauffassungen von Betriebsform bzw. -typ. Er differenziert dabei funktionale,institutionale sowie funktionale/institutionale Ansätze:329 Die funktionale Sichtweise fasst Elemente zusammen, die einen gleichen oder ähnlichen Einsatz von Marketinginstrumenten oder Handelsfunktionen verfolgen. Die institutionale Sichtweise differenziert nicht streng klassifikatorisch, sondern fasst Elemente unter Bezug auf wechselnde Merkmale wie Standort, Größe, Sortiment, Preisniveau u.a. zusammen.

Die eher institutionale Begriffsauffassung von MÜLLER-HAGEDORN und des Ausschuss für Begriffsdefinitionen aus der Handels- und Absatzwirtschaft hat sich weitestgehend etabliert:330 Eine Betriebsform ist danach die „mehrdimensionale Kennzeichnung der Unter-nehmenspolitik“ zur Beschreibung und Typologisierung von Handelsbetrieben, deren gleiche oder ähnliche Kombination von konstitutiven Merkmalen hinsichtlich Struktur, Leistungs-spektrum und Marktauftritt „über einen längeren Zeitraum“ beibehalten wird.331 Betriebs-typen werden dabei z.T. als Varianten von Betriebsformen aufgefasst, um die Variation innerhalb der konstitutiven Merkmale erfassen zu können.332 Insofern stellt dann die Wahl der Betriebsform zum einen die Umsetzung einer strategischen Grundkonzeption und zum anderen den Rahmen für die Gestaltung einer Betriebstypenstrategie sowie der Marketing-instrumente dar. WÖLLENSTEIN schlägt eine Brücke zwischen Betriebstypenmarketing und strategischem Management, indem Betriebstypen „ex post [...] als Ergebnis und ex ante als Basis von Profilierungsstrategien verstanden werden“333 können. Handelsbetriebe profilieren sich über ihren Betriebstyp gegenüber dem Wettbewerb im Rahmen einer Differenzierungs-, Anpassungs-, Umarmungs-, Imitations-, Marktausschöpfungs- oder Innovationsstrategie. Zur

328 Wöllenstein 1996, S. 14. Vgl. Woratschek 1992, S. 5. 329 Vgl. Burkhardt 1997, S. 14-20. 330 Vgl. Wöllenstein 1996, S. 15; Müller-Hagedorn/Toporowski 2006, S. 5. 331 Vgl. Müller-Hagedorn 1998, S. 31; Jaspert/Klein-Blenkers/Müller-Hagedorn 1995, S. 29; Wöllenstein 1996, S.

15; Geßner 1992, S. 109-110. 332 Vgl. Mathieu 1980, S. 116; Drexel 1981, S. 57-58; Rudolph/Dautzenberg 1996, S. 111; Burkhardt 1997, S. 20-

21; Hoffmeister 1998, S. 58-59; Meffert 2000a, S. 1193; Weinberg/Purper 2004, S. 44; Barth/Hartmann/Schröder 2002, S. 45. Bspw. unterscheiden OLBRICH und MÜLLER-HAGEDORN zwischen Betriebsform und -typ nicht explizit und fassen ähnliche Betriebstypen zu Gruppen zusammen. Vgl. u.a. { Olbrich 1996, S. 90; Jaspert/Klein-Blenkers/Müller-Hagedorn 1995, S. 29-30; Müller-Hagedorn, 2006 #2833}, S. 7.

333 Wöllenstein 1996, S. 24.

Page 95: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

4 Analyse von Distributionsorganen 79

Abgrenzung von Betriebsformen/-typen können verschiedene Merkmale zugrunde gelegt werden:334

• Merkmale gesamtwirtschaftlicher Einordnung, z.B. ökonomische Position der Abnehmer, Stufigkeit im Absatzweg, Stellung im Wirtschaftsablauf oder räumliches Betätigungsfeld

• Merkmale der Unternehmens- bzw. Betriebsstruktur, z.B. Betriebsgröße, Rechtsform, Kostenstruktur, Abhängigkeit von außer- bzw. innerbetrieblichen Entscheidungszentren oder Zusammenschlussform

• Merkmale der absatzwirtschaftlichen Funktionen• Merkmale des absatzpolitischen Instrumentariums, z.B. Größe der Verkaufsfläche,

Sortimentspolitik, Preispolitik, Bedienungsprinzip, Inkassoverfahren, Standort, Distanz-überwindung, Integration in eine Agglomeration

MÜLLER-HAGEDORN weist darauf hin, dass Merkmalskataloge zur Abgrenzung von Betriebstypen unterschiedlich fein angewendet werden können, so dass sich keine allein-gültige Abgrenzung finden lässt. Vielmehr wird branchenabhängig unterschiedlich differenziert und ein unterschiedlicher Sprachgebrauch angewendet.335 BARTH stellt heraus, dass die Wahl der Abgrenzungskriterien i.d.R. dem jeweiligen Zweck der Systematik gefolgt sind, wodurch auch die Vielfalt erklärt werden kann.336 Beispielhaft sei ein Systematisierungsansatz von DIEZ mit folgenden Abgrenzungskriterien zitiert:337

• Grad der Herstellerbindung (stark versus schwach) • Betriebsgröße (klein versus groß) • Art der Leistungserbringung (Bündelung versus Spezialisierung) • Räumliche Gestaltung (zentral versus dezentral) • Anzahl vertretener Marken (Exklusivität versus Mehrmarkenhandel) • Ausprägung einer Profilierungsstrategie (Handelsspezialist, Automobil-Center, klassisches

Autohaus, ambitionierter Händler, kundendienstfokussierter Händler, Marken-stützpunkt)338

In der Literatur werden Kataloge von Betriebsformen, die jeweils ihren Schwerpunkt im Einzel- bzw. Großhandel haben, verwendet. Dennoch werden mit dem Betriebsformenbegriff auch Distributionsorgane des Herstellers sowie der Distributionshelfer beschrieben.339

Basierend auf der Abgrenzung von SPECHT/FRITZ können die in Tabelle 7 dargestellten Betriebsformen von Distributionsorganen abgegrenzt werden.

334 Vgl. Algermissen 1976, S. 108ff.; Mathieu 1980, S. 116 und S. 125; WEINBERG weist nach, dass die

verwendeten Differenzierungsmerkmale aus Konsumentensicht nicht immer Bedeutung haben, vielmehr sogar andere Merkmale wichtiger sind. Vgl. Weinberg/Purper 2004, S. 46-47 und 57-58.

335 Vgl. u.a. Müller-Hagedorn 1995, S. 240-241; ein Beispiel für einen Katalog findet sich bei Pepels 2001, S. 153-155 und Müller-Hagedorn 2002, S. 69.

336 Vgl. Barth/Hartmann/Schröder 2002, S. 81 und S. 92. 337 Vgl. Diez 2001a, S. 356-359. 338 Vgl. Wöllenstein 1996, S. 191ff. 339 Vgl. Kapitel 4.1.

Page 96: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

80 4 Analyse von Distributionsorganen

Großhandel Einzelhandel − Zustellgroßhandel − Cash- and Carry-

Großhandel − Rack Jobber − Streckengroßhandel − Sortimentsgroßhandel − Spezialgroßhandel

− Fachgeschäft − Spezialgeschäft − Waren- und Kaufhäuser − Traditionelle Versandhäuser − Supermärkte − Verbrauchermärkte, SB-Warenhäuser − Discounter − Verkaufsautomaten − Fachmärkte − Convenience Stores − Internet Shops − Teleshops− Kooperationsformen mit (Shopping-Center, Gemeinschaftswarenhäuser, Laden-

gemeinschaften, Verbrauchermärkte mit Konzessionären, Bahnhofseinkaufs-zentren, Warenhaus-Mitgliederklubs, Electronic Malls) und ohne (Einkaufs-vereinigungen, Freiwillige Ketten, Konsumgenossenschaften) räumlicher Konzentration von Verkaufsstätten

Tabelle 7: Betriebsformenkatalog nach SPECHT/FRITZ340

Die angesprochene Vielfalt in der begrifflichen Abgrenzung von Betriebsformen hat ihren Ursprung u.a. in zeitlicher Instabilität der Erscheinungsformen. Daher haben sich auch dynamisch orientierte Betriebsformentheorien – z.B. der Lebenszyklusansatz oder das sog. Wheel of Retailing – gebildet, welche Veränderungen ex post erklären und zukünftige Entwicklungen prognostizieren helfen.341

Kritische Würdigung Vorteil des Ansatzes Betriebsform/-typ ist, dass es sich um ein in der Literatur etabliertes, theoretisch begründetes, komplexitätreduzierendes, offenes Merkmalssystem handelt, welches zweckmäßigerweise das Dominanzprinzip anwendet, um Abgrenzungsproblemen zu begegnen.

Die Anforderung an Konsistenz ist indes nur dann gegeben, wenn der Differenzierung eines einzelnen Autors gefolgt wird, da die jeweils unterschiedliche Anwendung der Merkmale unterschiedlicher Autoren zwangsläufig zu Inkonsistenz führt.

Das bereits in Kapitel 4.1 angesprochene Problem, dass insbesondere die bedeutendste Betriebsform des Automobilvertriebs – das vertragsgebundene Fachgeschäft (Autohaus) – auch als Distributionsmittler und als Distributionsorgan des Herstellers auftritt, führt zu einer erheblichen Einschränkung des Anspruchs an externe Heterogenität der Typen.

Ein grundsätzliches Problem bei der Verwendung des Begriffs Betriebsform zur Typologisierung des Automobilvertriebs besteht darin, dass die Begriffsdefinition ursprünglich zur Beschreibung von Handelsbetrieben geschaffen wurde. Handelsbetriebe sind jedoch nur solche, welche Handel im funktionalen Sinne durchführen, nämlich Beschaffung

340 Vgl. Specht/Fritz 2005, S. 74-75 und S. 83ff. 341 Vgl. Woratschek 1992, S. 18ff.; Müller-Hagedorn 1998, S. 226-229; Müller-Hagedorn 1995, S. 251-253.

Page 97: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

4 Analyse von Distributionsorganen 81

von Handelswaren (auf eigene Rechnung) und Absatz an Dritte.342 Diese Einschränkung kann auch damit begründet werden, dass die Distributionsforschung zunächst als Teil der Handels-forschung aufgetreten ist. Insofern liegt eine „terminologische Dominanz“ des Handels vor, obwohl von einigen Autoren ausdrücklich anerkannt wird, dass Handelsfunktionen auch durch andere – nicht im funktionalen Sinne Handel treibende – Wirtschaftssubjekte übernommen werden.343 Letztere werden als Absatzhelfer abgegrenzt, für diese Gruppe wird die Typologie selten angewendet. Überdies dominiert dabei die ex post-Betrachtung, es müsste deswegen sichergestellt werden, dass eine zukunftsgerichtete Anwendung im Multikanalmanagement ebenfalls möglich ist.

Im traditionellen Automobilvertrieb vor Einführung der GVO 1400/02 gab es kaum Alternativen zur Automobildistribution über Vertragshändler. Daher eignete sich der Betriebsformenbegriff mit seiner terminologischen Nähe zum Handelsbegriff als Analyse-konstrukt. Folgerichtig schränkt DIEZ seine Aussagen zu den unterschiedlichen Abgrenzungen von Betriebsformen auf sog. Automobilfachgeschäfte, also Vertragshändler – als spezielle Form von Fachhandelsbetrieben – ein.344 In jüngster Zeit gewinnen Wirtschaftssubjekte, die keinen Handel im funktionalen Sinne betreiben, im Automobilvertrieb eine immer größere Bedeutung – Beispiele sind Vermittler im Internet oder der Direktvertrieb der Hersteller.345

Die Beantwortung von F-III erfordert eine möglichst umfassende Abbildung des Automobil-vertriebs und lässt daher eine Einschränkung auf Handel treibende Wirtschaftssubjekte nicht zu. Nicht zuletzt sollte die Typologie auf alle fünf in Kapitel 4.1 genannten Gruppen anwendbar sein, um seinen Zweck zu erfüllen. Die Übernahme des Begriffs Betriebstyp bzw. Betriebsform erscheint daher ungeeignet, um eine konsistente, zweckbezogene und umfassende Typologie aufzubauen. Er müsste zunächst eine Präzisierung erfahren.

4.2.2 Ansatz „Distributionsformen“ METHNER untersucht die Beziehungen zwischen den einzelnen Akteuren im Automobil-vertrieb und differenziert zunächst drei Beziehungsverhältnistypen: Niederlassungen,Handelsmittler und Vertragshändler.346 Als Distributionsform fasst er „alle Betriebe [zusammen], welche durch die Übernahme von Handelsfunktionen innerhalb des Vertriebs-systems eines Automobilherstellers in den direkten Kontakt mit dem Endkunden eingebunden sind und sich in Bezug auf die Ausgestaltung der konstitutiven Leistungsmerkmale gleichen“.347 Die Leistungsmerkmale beziehen sich auf die Art der Dienstleistung gegenüber dem Endkunden in den automobilspezifischen Geschäftsbereichen Neu- und Gebraucht- 342 In der Literatur spricht man auch vom sog. konstitutiven Merkmal des zweifachen Eigentumsübergangs. Vgl.

z.B. Mattmüller 1993, S. 83. 343 Vgl. dazu bspw. Oberparleiter 1955, S. 5ff.; Schenk 1970, S. 13; Kaapke 2003, S. 157. 344 Vgl. Diez 2001a, S. 354. 345 Vgl. Kapitel 5. Daher ist bspw. die Differenzierung von Automobil-Vertriebsstrukturen im E-Commerce von

Betz aufgrund der weit gedehnten Verwendung des Begriffs Betriebsform sehr kritisch zu sehen. Vgl. Betz 2003, S. 34ff. Ein anderes Beispiel stellt die Analyse von Meffert/Wöllenstein/Burmann 1996b dar.

346 Vgl. Methner 2002, S. 19-22. 347 Vgl. ebenda, S. 12.

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82 4 Analyse von Distributionsorganen

wagen, Werkstatt und Service, Ersatzteile und Zubehör, Finanzdienstleistungen sowie Sonstige. Daraus leitet er analog zur Betriebsformentypologie eine Distributionsformen-typologie ab.348

METHNER führt den Begriff der Distributionsform ein, um auch solche Betriebe erfassen zu können, die Teil des Automobilvertriebs sind, jedoch keine Handelsfunktion i.S. des charakteristischen Eigentumsübergangs übernehmen. Er nutzt den Begriff quasi synonym mit dem Begriff Betriebsform.

Kritische Würdigung Die Begriffsauffassung von METHNER ist der Versuch, den Begriff Betriebsform/-typ weiter zu entwickeln, um neue Elemente der Automobildistribution zu erfassen. Das Konstrukt hat jedoch keinen festen Platz in der allgemeinen Distributionsforschung bzw. der spezifischen Forschung zum Automobilvertrieb gefunden. Begreift man Distribution im akquisitorischen Sinne, also bzgl. verkaufsorientierter Aufgaben, scheint die Begriffswahl gerechtfertigt zu sein, da in der Tat unterschiedliche Formen akquisitorischer Distribution beschrieben werden.

Bzgl. der Anwendung des Begriffs Distributionsform in der vorliegenden Arbeit sind jedoch zwei Dinge problematisch: Zum einen ist der Begriff auf den Verkauf an Privatkunden ausgerichtet, was angesichts der Tatsache, dass ein Großteil der Fahrzeuge an Groß- und Sonderkunden abgesetzt wird, nur ein unvollständiges Abbild des europäischen Automobil-vertriebs erzeugt.349 Zum anderen kann die Großhandelsebene bzw. jedes Distributionsorgan innerhalb der Vertriebskette, ohne Endkundenkontakt durch diesen Begriff nicht erfasst werden. Die vorliegende Arbeit soll sowohl das Geschäft mit Groß- und Sonderkunden, als auch die Großhandelsebene einschließen. Die Verwendung dieses Begriffs würde also keine zweckmäßige und erschöpfende Erfassung der Distributionsorgane liefern. Überdies wäre zu prüfen, ob das Konstrukt eine ausreichende theoretische Begründung erfahren kann.

4.2.3 Ansatz „Absatzkanal“ In der Literatur zum Automobilvertrieb wird häufig zwischen unterschiedlichen Absatz-kanälen unterschieden, wenngleich inhaltlich meist nur auf einzelne Distributionsorgane abgehoben wird.350 Somit wird ein Kernelement des Begriffs Absatzkanal, nämlich die Beteiligung mehrerer Akteure, nicht berücksichtigt.

Der Begriff wird also vielfach unscharf genutzt, obwohl er in der Literatur relativ unumstritten ist. Der Absatzweg351 ist die Art und Weise, wie Güter aufgrund der Arbeits-teilung zwischen den beteiligten Distributionsorganen vom Hersteller zum Endkunden gelangen. Der Absatzkanal umfasst insofern die rechtlichen, ökonomischen und

348 Vgl. ebenda, S. 46-70. 349 Vgl. Kapitel 3.2.1 und T-2.1 (Kundengruppen). 350 Vgl. u.a. Kaapke 2003, S. 160. 351 In Kapitel 1.4 wurde bereits auf die synonyme Verwendung der Begriffe Distributionsweg, Distributionskanal,

Distributionskette, Handelskette, Vertriebsweg, Marktkanal, Marketing Channel bzw. Absatzkanal hingewiesen.

Page 99: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

4 Analyse von Distributionsorganen 83

kommunikativ-sozialen Beziehungen aller am Distributionsprozess beteiligten Institutionen, während besonders die Aufteilung der Distributionsfunktionen zwischen Hersteller, Endkunde, Absatzmittlern und Absatzhelfern interessiert.352

Kritische Würdigung Die Wahl des Multikanal-Ansatzes als konzeptionelle Basis für die Beantwortung von F-III legt die Verwendung des Begriffs Absatzkanal nahe. Insbesondere in Bezug auf Multikanal-Strategien und bei der Untersuchung von Multikanalsystemen eignet sich der Begriff Absatz-kanal vortrefflich. Bezogen auf die Anwendbarkeit für F-III, werden aus der Begriffs-definition jedoch zwei Aspekte deutlich, die eine Anwendung ungeeignet erscheinen lassen:

• Zweckbezogenheit: Der Begriff umfasst immer mehrere Akteure respektive Institutionen entlang des Absatzkanals und betont deren Zusammenspiel.353 F-III zielt jedoch auf die Analyse und mithin das Management einzelner Distributionsorgane ab.

• Theorieanwendung: Der Begriff dient als Konstrukt bei der Formulierung von Strategien zur Überbrückung der Spannung zwischen Hersteller und Endkunde. In den Kapiteln 2.2.2 und 3.3 wurden bereits wichtige Entscheidungsfelder der Konstitution des Absatzkanal-systems beschrieben: Absatzkanallänge, -breite, -tiefe, -Koordination sowie institutionelle Ausgestaltung. Die Typologisierung von Distributionsorganen ist mit dem Begriff indes nicht intendiert.

Der Begriff Absatzkanal eignet sich deshalb nicht als Analysekonstrukt und beantwortet somit nicht F-III. Er besitzt jedoch Bedeutung für die Beantwortung der Fragen F-IV und F-V.

4.2.4 Ansatz „Geschäftsmodell“ „Der Begriff 'Geschäftsmodell' bzw. ‚business model’ wurde vor allem in der Zeit von 1996 bis 2000 parallel zum Aufstieg des Electronic Commerce zunehmend in den Medien und in wissenschaftlichen Veröffentlichungen verwendet, ohne dass der Begriff ausreichend präzise bestimmt oder einheitlich verwendet worden wäre.“354 Den Ursprung hat der Begriff in der Wirtschaftsinformatik der 1970er Jahre. Seitdem wird unter Business Modelling das Abbilden von Informationsströmen im Unternehmen, die für die Modellierung von Informations-systemen relevant sind, bezeichnet. In der jüngeren Vergangenheit wird mit dem Begriff die grobe Beschreibung einer Geschäftstätigkeit insgesamt verstanden, zum Beispiel im Zusammenhang mit den Schlagworten E-Commerce, Start-up oder Existenzgründung. Der Begriff wird teilweise auch synonym mit dem Begriff Business Plan verwendet. SCHÖGEL

stellt heraus, dass der Begriff Geschäftsmodell zum einen oft im Zusammenhang mit dem Themenkomplex Wert, Wertschöpfung und Wertschöpfungsprozess sowie zum anderen mit dem Themenkomplex Dekonstruktion von (traditionellen) Wertschöpfungsketten verwendet

352 Vgl. Meffert 2000a, S. 600. 353 Vgl. Nieschlag/Dichtl/Hörschgen 1997, S. 11 und, S. 466. 354 Rentmeister/Klein 2003, S. 18. Vgl. Wirtz 2001, S. 210; Wirtz/Loscher 2001, S. 451; Stähler 2001, S. 36-40;

Schögel 2002, S. 374; Hedman/Kalling 2003, S. 49.

Page 100: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

84 4 Analyse von Distributionsorganen

wird.355 Im Folgenden werden diverse Interpretationen des Geschäftsmodell-Begriffs kurz dargestellt, Tabelle 8 stellt die relevanten Autoren zusammen.356

Autoren Inhaltlicher Schwerpunkt Branchenfokus Boulton/Libert/Samek 2001 Gordijn/Akkermans/Vliet 2000

Wertorientierte Auffassung: Geschäftsmodelle als individuelle Kombination materieller und finanzieller Vermögenswerte (alternativ: Value Model)

übergreifend, Schwerpunkt

Electronic Business

Timmers 2000 Stähler 2001 Rentmeister/Klein 2003

Geschäftsmodell als Analysekonstrukt der Strategieforschung: Geschäftstätigkeit und Rollen der Beteiligten Akteure, Nutzen und Einnahmequellen im Fokus. Geschäftsmodell und Unternehmen sind nicht gleichgesetzt, ein Unternehmen kann mehrere Geschäftsmodelle betreiben. Operationalisierung in Value Proposition, Leistungserstellung und Ertragsmodell.

Electronic Business

Schögel 2001 Hedman/Kalling 2003

Geschäftsmodell als Analysekonstrukt der Strategieforschung in Verbindung von market und resource based view. Bei SCHÖGEL ist zentrale Fragestellung auf das Management von Geschäftsmodellen unter dynamischen Umweltbedingungen gerichtet. HEDMAN/KALLING operationalisieren das Konstrukt über sieben Kategorien.

übergreifend

Wirtz 2001 Ähnliche Begriffsauffassung wie bei TIMMERS und STÄHLER,jedoch z.T. Gleichsetzung von Unternehmen und Geschäfts-modell. Operationalisierung des Begriffs über die Partial-modelle: Kapital-, Beschaffungs-, Leistungserstellungs-, Distributions-, Markt- und Leistungsangebotsmodell

Electronic Business

Ahlert/Backhaus/Meffert 2001

Übertragung der Definition von WIRTZ auf alle Branchen. Operationalisierung erfolgt über die Kategorien Nutzenstiftung, Erlösmodell und Architektur

übergreifend

zu Knyphausen-Aufseß/Meinhardt 2002 Meinhardt 2002

Geschäftsmodelle als Weiterentwicklung des Strategiekonzepts, indem die Kategorien Produkt-/Markt-Kombination, Wert-schöpfungskettenkonfiguration und Ertragsmechanik zur Beschreibung von Unternehmen herangezogen werden

übergreifend

Bieger/Rüegg-Stürm/von Rohr 2002

Geschäftsmodell-Definition ähnlich SCHÖGEL und TIMMERS,STÄHLER, RENTMEISTER/KLEIN. Synoptischer Ansatz zur Operationalisierung und Differenzierung von Geschäfts-modellen über acht Dimensionen

übergreifend

Betz 2002 Geschäftsmodell als Analysekonstrukt der Strategieforschung: Prozessorientierte Input-Output-Betrachtung basierend auf den Faktoren resources, sales, profits, und capital, die zur Wert-generierung kombiniert werden.

übergreifend

Tabelle 8: Ausgewählte Definitionen des Geschäftsmodell-Begriffs

BOULTON/LIBERT/SAMEK präsentieren eine stark wertorientierte Auffassung von Geschäfts-modellen. Geschäftsmodelle werden als „einzigartige Kombination von materiellen und finanziellen Vermögenswerten, welche die Fähigkeit einer Organisation bestimmt, Wert zu schaffen oder zu zerstören“357 definiert. Sie differenzieren dabei unter Nutzung des so genannten Value Imaging zwischen physischen und finanziellen Vermögenswerten, Mitarbeitern und Lieferanten, Kunden sowie der Organisation. Eine ähnliche Ausrichtung besitzt der Ansatz von GORDIJIN, welcher stark auf die Anforderungen des E-Business ausgerichtet ist. Das Geschäftsmodell (auch: Value Model) wird als konzeptionelles Modell 355 Vgl. Schögel 2002, S. 375-377. Weitere Beispiele sind die Arbeiten von Kandampully 2003, S. 443 oder

Blake/Cucuzza/Rishi 2003, S. 9. 356 Weitere Geschäftsmodell-Ansätze finden sich z.B. bei Hedman/Kalling 2003 und Schögel 2001. 357 Boulton/Libert/Samek 2001, S. 49-68 und 287.

Page 101: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

4 Analyse von Distributionsorganen 85

verstanden, welches aufzeigt, wie ein Netzwerk von Akteuren wertbehaftete Objekte erstellt, austauscht und konsumiert.358

RENTMEISTER/KLEIN bezeichnen ihre auf STÄHLER und TIMMERS zurückgehende Begriffs-definition als am weitesten verbreitet: Ein Geschäftsmodell bezieht sich danach auf genau ein Unternehmen, während ein Unternehmen mehrere Geschäftstätigkeiten respektive Geschäftsmodelle gleichzeitig verfolgen kann. „Es ist ein Modell, das bezogen auf die Geschäftstätigkeit [erstens] die beteiligten Akteure, ihre Rollen und ihren Beitrag zur Wert-schöpfung, [zweitens] den Nutzen, den Kunden oder andere Akteure aus der Geschäfts-tätigkeit ziehen können, und [drittens] die Einnahmequellen, die die Geschäftstätigkeit eröffnet, abbildet.“359 Es ist ein Instrument der strategischen Planung und der Kommunikation zwischen den Stakeholdern, jedoch nicht mit Strategie gleichzusetzen. RENTMEISER/KLEIN

stellen heraus, dass die Beurteilung von Unternehmen allein über das Geschäftsmodell verkürzt sei. Dennoch eigne sich der eigenständige Geschäftsmodell-Begriff, um eine Analyseeinheit für neue Wertschöpfungsarchitekturen als Basis von Unternehmensstrategien benutzen zu können, die besonders in Unternehmensnetzwerken (ohne klassische Kunden-Lieferanten-Beziehung) nützlich ist. Sie schlagen daher den Begriff Geschäftsmodelltyp als Abstraktionsebene unter dem Begriff Geschäftsmodell vor. TIMMERS nutzt das Geschäfts-modell-Konstrukt, um systematisch Geschäftsmodell-Architekturen und die speziell im Electronic Commerce sichtbare „deconstruction and reconstruction“ der Wertschöpfungskette abzubilden. Darüber hinaus führt er den Begriff des Marketing Model ein, welches das Geschäftsmodell und dessen individuelle Marketingstrategie zusammenfasst. STÄHLER nutzt für die Operationalisierung drei Kategorien:

• Value Proposition, welche Nutzen und Wert des Geschäftsmodells für die Stakeholder abbildet

• Architektur der Leistungserstellung, welche das Produkt-/Leistungsbündel sowie die interne und externe Leistungserstellungsarchitektur analysiert

• Ertragsmodell, welches die Quellen des Einkommens betrachtet SCHÖGEL geht ebenfalls auf den Unterschied zwischen Strategie und Geschäftsmodell ein, betont jedoch stärker die Interdependenz beider Konstrukte. „Unter einem Geschäftsmodell ist die typische oder charakteristische Realisierung der Wettbewerbsvorteile eines Unternehmens zu verstehen, die sich aus der unternehmensspezifischen Konstellation von Unternehmenskontext (d.h. insb. Ressourcen und Fähigkeiten) und Unternehmensumfeld ergibt.“360 Es wird der Versuch unternommen, Erkenntnisse aus der 'Market-based View' (MBV) und der 'Resource-based View' (RBV) des strategischen Managements bei der Beschreibung des Geschäftsmodells in einem Bezugsrahmen aus Strategie, Unternehmens-

358 Vgl. Gordijn/Akkermans/Vliet 2000, S. 257ff. 359 Rentmeister/Klein 2003, S. 19-20. Vgl. Timmers 2000, S. 31-35; Stähler 2001, S. 36-52. 360 Vgl. Schögel 2002, S. 393.

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86 4 Analyse von Distributionsorganen

kontext, unternehmerischem Umfeld und Wettbewerbsvorteilen zusammen zu bringen.361

SCHÖGEL macht deutlich, dass der Erfolg eines Geschäftsmodells durch den „harmonischen“ Abgleich der in Abbildung 28 dargestellten Bezugspunkte bestimmt wird.

Strategie

UnternehmerischesUmfeld

Unternehmens-kontext

Wettbewerbs-vorteil

Strategie

UnternehmerischesUmfeld

Unternehmens-kontext

Wettbewerbs-vorteil

Abbildung 28: Bezugsrahmen der Geschäftsmodellierung nach SCHÖGEL362

Die vier Bezugspunkte erweitern zugleich die Vielfalt möglicher Geschäftsmodelle erheblich und lassen eine einfache Imitation aller Aspekte eines Geschäftsmodells unmöglich erscheinen. HEDMAN/KALLING stellen wie SCHÖGEL die Integration von market- und resource-based view in den Vordergrund und entwickeln ein Analysekonstrukt mit sieben interdependenten Kategorien: (1) customers, (2) competitors, (3) offerings, (4) activities and organisation, (5) resources, (6) supply of factor and production inputs, (7) scope of management. Mit der letztgenannten Kategorie versuchen die Autoren eine zeitbezogene dynamische Betrachtung zu integrieren.363

Die von WIRTZ verwendete Begriffsdefinition ist ähnlich der von SCHÖGEL, wenngleich WIRTZ den Begriff ausschließlich für das Electronic Business nutzt und den Wertschöpfungs-aspekt stärker herausstellt: Er bezeichnet das Geschäftsmodell als „Abbildung des betrieblichen Produktions- und Leistungssystems einer Unternehmung“, das in aggregierter Form die Transformation von Ressourcen im innerbetrieblichen Leistungserstellungsprozess zu vermarktungsfähigen Informationen, Produkten und/oder Dienstleistungen darstellt. Es zeigt, „durch welche Kombination von Produktionsfaktoren die Geschäftsstrategie eines Unternehmens umgesetzt werden soll und welche Funktionen den involvierten Akteuren dabei zukommt“364. Zur Differenzierung und Beschreibung von Geschäftsmodellen werden folgende Partialmodelle herangezogen: (1) Kapital-, (2) Beschaffungs-, (3) Leistungs-erstellungs-, (4) Distributions-, (5) Markt- und (6) Leistungsangebotsmodell. In den Beiträgen von WIRTZ bezeichnet das Geschäftsmodell eher eine individuelle Ausprägung des betrieblichen Leistungs- und Produktionssystems, während der Begriff (Basis-) Geschäfts-modelltyp bei der Typologisierung von Geschäftsmodellen herangezogen wird. Zudem nutzt

361 Ein Weg, der quasi bei STÄHLER bereits vorgezeichnet, aber noch nicht umfassend umgesetzt ist. Vgl. Stähler

2001, S. 31ff. 362 Vgl. Schögel 2001, S. 35. 363 Vgl. Hedman/Kalling 2003, S. 52-54. 364 Vgl. Wirtz 2001, S. 210-216; Wirtz/Kleineicken 2000, S. 629; Wirtz/Loscher 2001, S. 451; Wirtz 2003, S. 104.

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4 Analyse von Distributionsorganen 87

er den Begriff Geschäftsmodellvariante, um unterschiedliche Ausprägungen eines Geschäftsmodelltypus zu differenzieren.365

AHLERT/BACKHAUS/MEFFERT nutzen die gleiche Geschäftsmodelldefinition wie WIRTZ,schränken ihre Gültigkeit jedoch nicht auf das Electronic Business ein, sondern weisen darauf hin, dass die Bildung neuer Geschäftsmodelle „seit jeher integrativer Bestandteil dynamischer Wettbewerbswirtschaften“366 ist. Sie gestehen indes ein, dass neue Geschäftsmodelle häufig durch die Nutzung von IuK-Technologie i.S. einer Virtualisierung von Leistungen und Organisationsstrukturen entstehen. Die IuK-Technologie führt ihrer Ansicht nach regelmäßig zum Ausgliedern und Aufkommen neuer Intermediäre im Absatzkanal, was eine Erosion des traditionellen Machtgefüges im Absatzkanal auslöst und somit neue Geschäftsmodelle entstehen lässt. Sie nutzen die Dimensionen Nutzenstiftung, Erlösmodell und Architektur zur Beschreibung von Geschäftsmodellen und unterstellen, dass sich neue Geschäftsmodelle durch die Veränderung von mindestens zwei der drei Dimensionen auszeichnen.

ZU KNYPHAUSEN-AUFSEß/MEINHADT sehen das Geschäftsmodell-Konzept als Weiter-entwicklung des Strategiekonzepts, welches sie stärker auf einzelne Unternehmen, anstatt auf Netzwerke beziehen. Sie folgen einer Begriffsdefinition von SLYWOTZKY: „A business design is the totality of how a company selects its customers, defines and differentiates its offerings, defines the tasks it will perform itself and those it will outsource, configures its resources, goes to market, creates utility for customers, and captures profit.“367 Demnach bestehen Geschäftsmodelle aus den folgenden drei Elementen, die zusammen Kundennutzen generieren und Wettbewerbsvorteile erhalten: (1) Produkt-/Markt-Kombination, (2) Wert-schöpfungskettenkonfiguration und (3) Ertragsmechanik. Der Ansatz beinhaltet den Versuch Geschäftsmodelle anhand dieser drei Dimensionen zu systematisieren.368 YIP sieht das Geschäftsmodell-Konzept ebenfalls im engen Zusammenhang mit dem Strategiekonzept bzw. als Abbild von Strategie, jedoch nicht mit dieser gleichzusetzen. Für ihn fassen Geschäftsmodelle „target customers, the nature of the business and how revenues (and hopefully profits) are generated“369 zusammen. Er hebt dabei stark auf dynamische Umweltbedingungen ab. Ohne die Unterscheidung zwischen „routine“ und „radical“ bzw. „transformational strategy“ ausführlich zu definieren, weist er Geschäftsmodellen die Eigenschaft zu, sich unter der Anwendung von Routinestrategien nicht zu verändern – womit er gleichzeitig den wesentlichen Unterschied zwischen beiden Konstrukten herausstellt: „We can conclude […] that the distinction between ‘business model’ and ‘strategy’ is more than one of semantics.”370

365 Vgl. Wirtz 2003, S. 107-108; Wirtz 2001, S. 217. Wirtz geht also mit der Hierarchisierung von zwei Begriffen

ähnlich wie RENTMEISTER/KLEIN vor. 366 Ahlert/Backhaus/Meffert 2001, S. 33. 367 Vgl. zu Knyphausen-Aufseß/Meinhardt 2002, S. 65. 368 Vgl. Meinhardt 2002, S. 29ff. 369 Yip 2004, S. 19. 370 ebenda, S. 24.

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88 4 Analyse von Distributionsorganen

Ähnlich wie RENTMEISTER/KLEIN und SCHÖGEL haben sich BIEGER/RÜEGG-STÜRM/VON

ROHR mit bestehenden Begriffsdefinitionen auseinandergesetzt. Sie bieten schließlich einen synoptischen Strukturierungsansatz mit strategisch-systemischem Charakter an, welcher der Definition von SCHÖGEL sehr nahe kommt. „Ein Geschäftsmodell ist [danach] die Darstellung der Art und Weise, wie ein Unternehmen, ein Unternehmenssystem oder eine Branche am Markt Werte schafft.“371 Die Darstellung erfolgt über acht Gestaltungsdimensionen: (1) Leistungskonzept, (2) Kommunikationskonzept, (3) Ertragskonzept, (4) Wachstumskonzept, (5) Kompetenzkonfiguration, (6) Organisationsform, (7) Kooperationskonzept und (8) Koordinationskonzept (vgl. Abbildung 29).

Beziehungs-konfiguration

Kompetenz-konfiguration

Ressourcen-konfiguration

Anspruchs-gruppen

Leistungs-angebot

Wertschöpfungs-fokus

Kern-kompetenzen

Kooperations-felder

Organisationsform Kooperationskonzept

Kompetenz-konfiguration

Koordinations-konzept

Wachstums-konzept

Ertragskonzept

Leistungs-system

Kommunikations-konzept

SyntheseRüeggStürm 2001Bieger/RüeggStürm 2001

Abbildung 29: Synoptischer Geschäftsmodellbegriff372

Zuletzt sei die Systematik generischer Geschäftsmodelle als alternative Analyseperspektiven von Organisationen von BETZ erwähnt, der folgende Prämisse aufstellt: „Business models are abstracts about how inputs to an organization are transformed to value-adding outputs.“373 Er identifiziert die Faktoren resources, sales, profits und capital, die er zu sechs generischen „strategic business models“ kombiniert, wobei jede dieser sechs Analyseperspektiven alternativ zu verwenden ist, um bestimmte Aspekte der Strategie einer Organisation analysieren zu können: „The appropriate model to be used depends upon the strategic policy one wants to emphasize in strategic thinking: financial, production, market, information, innovation, or diversification strategic policy.“374 Entsprechend der sechs Betrachtungs-perspektiven fungieren jeweils zwei der vier Faktoren als Input- bzw. Output-Faktor.

371 Vgl. Bieger/Rüegg-Stürm/von Rohr 2002, S. 50. 372 Vgl. Bieger et al. 2002. 373 Betz 2002, S. 21. 374 ebenda, S. 27.

Page 105: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

4 Analyse von Distributionsorganen 89

Kritische Würdigung Zusammenfassend muss festgestellt werden, dass der Begriff Geschäftsmodell fast inflationär verwendet wird, aber nicht im gleichen Maße Präzisierung oder Definition erfahren hat. Viele Autoren nutzen den Begriff ohne oder nur mit diffuser Begriffsklärung375 – gleichfalls lässt sich in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur keine anerkannte Definition erkennen. Trotz der unterschiedlichen inhaltlichen Ausgestaltung nutzen fast alle Autoren das Konstrukt, um das Ergebnis (neuer) Marktstrategien von Unternehmen zu beschreiben. Die Schwäche des Konstrukts im Hinblick auf seine vermeintlich beliebige Anwendung ist gleichzeitig seine Stärke. Denn es ermöglicht die Integration unterschiedlichster Sichtweisen verschiedener Forschungsrichtungen i.S. eines offenen Merkmalsystems. Entsprechend betonen diverse Autoren den Vorteil gegenüber traditionellen Analysekonstrukten – insb. im Hinblick auf die Berücksichtigung dynamischer Umweltsituationen und der Verbindung von resource- und market-based-view.376 Zugleich wird auch auf die prinzipielle Schwierigkeit hingewiesen, „einerseits das Geschäftssystem ganzheitlich zu erfassen und andererseits zugleich die Komplexität der Geschäftstätigkeiten auf die essenziellen Aspekte [zu] reduzieren“377. Dieser Schwierigkeit sind Typologien indes immer ausgesetzt. Der Begriff besitzt insofern Potenzial einer gezielt theoretischen Ableitung und zweckbezogenen sowie konsistenten Operationalisierung.

Obgleich der Begriff Geschäftsmodell nicht in der Distributionsforschung entwickelt wurde, haben die beschriebenen „neuen“ Geschäftsmodelle im Zuge der Internet-Revolution sehr häufig eine enge Verbindung zum Handel oder sind durch die Reorganisation traditioneller Handelsfunktionen gekennzeichnet.378 Der Ursprung steht somit der hier verfolgten zweck-bezogenen Ausgestaltung und Nutzung nicht entgegen.

Die Anwendung des Begriffs erfolgt nach wie vor schwerpunktmäßig im Electronic Business: Neben den bereits zitierten Autoren, ist HUMMEL als Beispiel zu nennen, der verschiedene transaktionsorientierte Geschäftsmodelle des Internets charakterisiert und auf Erfolgsfaktoren untersucht.379 Die Abgrenzung der Geschäftsmodelle – Marktplatz, Shop, Auktion und Tauschbörse – erfolgt dabei eher intuitiv-deskriptiv anhand der Aspekte Gegenstand des Geschäftsmodells, Nutzen für Anbieter, Nutzen für Nachfrager sowie Wertschöpfungsquellenfür den Betreiber. WIRTZ et al. nutzen den Begriff Geschäftsmodell, um Basisgeschäfts-modelle des Electronic Business zu differenzieren.380 KOLLMANN nutzt es zur Beurteilung von jungen Unternehmen des E-Business.381 DEINLEIN bewertet damit elektronische B2B-

375 Vgl. u.a. Diez 2001a; Barabba et al. 2002; Deinlein 2003; Chahabaghi/Fendt/Willis 2003; Meier/Schramm

2004.376 Vgl. u.a. Schögel 2001, S. 33-35; Caspers 2002, S. 260-263; Hedman/Kalling 2003, S. 51. 377 Jonda 2004, S. 104. 378 Vgl. Müller-Hagedorn/Spork 2000b, S. 253. 379 Vgl. Hummel 2002, S. 714-718. 380 Vgl. u.a. Wirtz/Kleineicken 2000, S. 628ff.; Wirtz 2001, S. 217ff.; Wirtz/Becker 2002, S. 142ff. 381 Vgl. Kollmann 2003, S. 59ff.

Page 106: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

90 4 Analyse von Distributionsorganen

Märkte.382 SCHNEIDER und KOSCHATE untersuchen in ihren Beiträgen Geschäftsmodelle der Internet-Ökonomie.383

Es lassen sich neben diesen Beispielen auch Anwendungen außerhalb des Electronic Business finden: RUDOLPH verwendet beispielsweise das Analysekonstrukt Geschäftsmodell zur Kategorisierung von international tätigen Handelsunternehmen der Lebensmittelbranche. Dabei steht die Markt-Strategieanalyse im Vordergrund der Untersuchung, so dass Strategie-Cluster identifiziert werden, welche die Grundlage für eine Typologie darstellen.384

HAGENHOFF untersucht mit dem Konstrukt Geschäftsmodell Kooperationen von Universitäten.385 MEINHARD nutzt das Konstrukt, um dynamische Industrien wie die Biotech- und Pharmaindustrie zu analysieren.386 Relativ unspezifisch wird der Begriff im Herausgeber-band von MEIER zu dienstleistungsorientierten Geschäftsmodellen des Maschinen- und Anlagenbaus verwendet.387 Bezüglich des Automobilvertriebs kann keine konsistente Verwendung des Begriffs identifiziert werden. Lediglich DIEZ nutzt den Begriff Geschäfts-modell zur Beschreibung des Vertriebs über das Internet.388

Aufgrund dieser Vielfalt erscheint es gerechtfertigt, der Forderung von RENTMEISTER/KLEIN

nachzukommen, den Begriff als Analysekonstrukt anzuerkennen.389 Trotz z.T. widersprüchlicher Operationalisierungen hat das Konstrukt – weitere Ausgestaltung voraus-gesetzt – das Potenzial einer konsistenten, zweckbezogenen und erschöpfenden Erfassung von Distributionsorganen.

4.2.5 Diskussion der Ansätze Zusammenfassend ist festzuhalten: Der Begriff Betriebstyp bzw. -form ist stark auf die Beschreibung von Handelsbetrieben ausgerichtet, was angesichts der Entwicklungen im Automobilvertrieb der letzten Jahre und dem Anliegen der Arbeit zu kurz greift. Der Begriff Distributionsform hebt die Einschränkung auf Handelsbetriebe auf, wird jedoch in der Literatur fast nicht verwendet und hat in der einschlägigen Arbeit von METHNER keine eindeutige Definition erfahren. Vor einer Verwendung in dieser Arbeit müsste eine Neu-definition stehen, weil der quasi-synonyme Gebrauch mit dem Begriff Betriebsform zu Abgrenzungsproblemen führen dürfte. Zudem beschränkt METHNER seine Aussagen auf Institutionen der Einzelhandelsebene – eine Einschränkung, die in der vorliegenden Arbeit nicht erfolgen soll und auch für weiter gehende Studien hinderlich erscheint. Tabelle 9 fasst die Überlegungen zu den beiden Ansätzen zusammen.

382 Vgl. Deinlein 2003, S. 39ff. 383 Vgl. Schneider 2001, S. 125; Koschate 2002, S. 119 ähnlich auch Klein 2001, S. 111ff. 384 Vgl. Rudolph 2000, S. 17. 385 Vgl. Hagenhoff 2002, S. 76ff. 386 Vgl. Meinhardt 2002, S. 42-130. 387 Vgl. Meier/Schramm 2004, S. 7-9. 388 Vgl. Diez 2001a, S. 333-339; Ansätze finden sich auch bei Ebel/Hofer/Al-Sibai 2004, S. 11. 389 Vgl. Rentmeister/Klein 2003, S. 23.

Page 107: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

4 Analyse von Distributionsorganen 91

Betriebsform/-typ DistributionsformTheoretische Einordnung

Begriff der klassischen Handelsforschung Begriffsschöpfung als Erweiterung des Bergriffs Betriebsform/-typ

Einsatz und Verwendung

Typologisierung und Charakterisierung der Handels-betriebe nach unterschiedlichen Merkmalen

Untersuchung der Einzel-handelsebene bzgl. der Optimierung des Kunden-kontaktes entlang des Kauf-prozesses

Vertreter in der Literatur zum Auto-mobilvertrieb

u.a. Wöllenstein 1996, Hoffmeister 1998, Diez 2002b, Betz 2003

Methner 2002

Kritik bzgl. Befriedigung der allgemeinen und spezifischen Anforderungen an Typologien

− Einschränkung auf (Fach-) Handelsbetriebe erzeugt nur unzureichendes Abbild der Realität (zweckbezogen, aber nicht erschöpfend)

− Übertragung auf Distributionsorgane ohne Handel im funktionalen Sinn kann zu Inkonsistenz und Inkompatibilität mit der Theorie führen. Das Konstrukt steht in der Tradition der Handelslehre, eine Anwendung auf gesamtes Distributionssystem ist u.E. möglich

− Das Konstrukt diente selten im Kontext des Management von Distributionssystemen, etwa die Betrachtung von Schnittstellen zwischen den Distributionsorganen müsste ergänzt werden

− Problematische Begriffs-abgrenzung (begründete Anwendung der Theorien bisher nicht erfolgt)

− Einschränkung auf den Einzelhandel (zweckbezogen, aber nicht erschöpfend)

Bewertung nur unter starken Einschränkungen geeignet ungeeignet

Tabelle 9: Vergleich von möglichen Analysekonstrukten, Teil 1 von 2

Der Begriff Absatzkanal kommt ebenfalls nicht als Analysekonstrukt in Frage, da im Vordergrund der Forschungsfrage F-III die Abgrenzung und Beschreibung der Distributions-organe des Automobilvertriebs selbst und nicht deren vertikales Zusammenspiel steht.

Der Begriff Geschäftsmodell wurde für den Automobilvertrieb bisher nicht einheitlich verwendet. Kapitel 4.2.4 zeigt, dass der Begriff Geschäftsmodell in anderen Forschungs-bereichen eine umfassende Bestimmung und sogar eine Operationalisierung im Hinblick auf die Abgrenzung unterschiedlicher Typen erfahren hat. Somit erscheint er für die Fragestellungen der vorliegenden Arbeit am geeignetsten. Besonderer Vorteil des Konstrukts ist, dass es eine Brücke zwischen der Distributions- und der Strategieforschung schlägt und zudem unterschiedliche Forschungsansätze zu integrieren vermag, was im Hinblick auf die Verwendung im Multikanalmanagement zweckmäßig ist. Tabelle 10 zeigt die Unterschiede der beiden Ansätze im Überblick.

Page 108: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

92 4 Analyse von Distributionsorganen

Absatzkanal Geschäftsmodell Theoretische Einordnung

Begriff der klassischen Distributions-/ Handelsforschung

Begriff findet u.a. Anwendung in Marketing, Organisationsforschung und strategischem Management390

Einsatz und Verwendung

U.a. Untersuchung von Fragen der Verknüpfung von Distributionsfunktions-trägern

U.a. Beschreibung von (oftmals neuartigen) Geschäftstätigkeiten und -formen

Vertreter in der Literatur zum Auto-mobilvertrieb

u.a. Lademann/Seidel/Petersen 2001, Jensen 2001, Dammenhain/Amann 2001, Schögel/Sauer 2002

Diez 2001a, Ebel/Hofer/Al-Sibai 2004

Kritik bzgl. Befriedigung der allgemeinen und spezifischen Anforderungen an Typologien

− Betont Zusammenspiel mehrerer Akteure und eignet sich somit nicht als Analysekonstrukt für die Teilfrage F-III (nicht zweckbezogen)

− Begriff wurde für anderen Zweck geschaffen und ist kaum übertragbar (Theoriebezug)

− Keine Beispiele für die Verwendung bezüglich des Automobilvertriebs, weitere Ausgestaltung in Anlehnung an bestehende Definitionen erforderlich

− Erfüllung der formalen Kriterien für Typologien möglich

− Bei der Erfüllung der spezifischen Anforderungen an die Typologie kann die enge Verbindung zur Strategie-forschung helfen

Bewertung ungeeignet geeignet, Operationalisierung notwendig

Tabelle 10: Vergleich von möglichen Analysekonstrukten, Teil 2 von 2

Das Analysekonstrukt Geschäftsmodell soll zur Beantwortung von Teilfrage F-III im Folgenden weiter spezifiziert werden. Aufbauend auf den Definitionen von RENTMEISTER/KLEIN, SCHÖGEL, HEDMAN/KALLING, WIRTZ, AHLERT/BACKHAUS/MEFFERT

und BIEGER/RÜEGG-STÜRM/VON ROHR in Kapitel 4.2.4 soll ein Geschäftsmodell als Darstellung einer typischen oder charakteristischen Realisierung von Wettbewerbsvorteilen eines Unternehmens oder eines Unternehmenssystems391 definiert sein, welche sich aus der unternehmensspezifischen Konstellation von Unternehmenskontext (d.h. insb. Ressourcen und Fähigkeiten) und Unternehmensumfeld ergibt.

Das Geschäftsmodell beschreibt also Wertschöpfungsarchitekturen i.S. der vier von SCHÖGEL

dargestellten Bezugspunkte – Strategie, Unternehmensumfeld und -kontext sowie Wett-bewerbsvorteil – es ist nicht mit dem Begriff Strategie gleichzusetzen. Der Begriff Geschäftsmodelltyp soll alternativ zum Begriff Geschäftsmodell (GM) genutzt werden. Unter Geschäftsmodellvarianten (GMV) werden unterschiedliche Ausprägungen eines Geschäfts-modells verstanden.

4.3 Geschäftsmodell als Analysekonstrukt In dem vorliegenden Kapitel wird der als Analysekonstrukt von Distributionsorganenausgewählte Ansatz bezüglich der zu verwendenden Differenzierungskriterien weiter ausgearbeitet.

390 Vgl. Schögel 2002, S. 374. 391 Alle zitierten Arbeiten zum Thema Geschäftsmodell unterstellen, dass Unternehmen respektive Unternehmens-

gruppen mehrere Geschäftsmodelle gleichzeitig betreiben können bzw. die Grenzen des Geschäftsmodells nicht den Grenzen eines Unternehmens entsprechen.

Page 109: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

4 Analyse von Distributionsorganen 93

4.3.1 Differenzierungsansätze des Geschäftsmodellbegriffs Die in Tabelle 11 dargestellten Differenzierungsansätze des Geschäftsmodellbegriffs werden auf ihre Anwendbarkeit für eine Typologisierung der Distributionsorgane des europäischen Automobilvertriebs geprüft.

Autoren Differenzierungskategorien Timmers 2000 − Business activities

− Potential benefits − Sources of revenues

− Marketing strategy − Marketing mix

Wirtz/Loscher 2001 − Leistungsangebot Wirtz/Kleineicken 2000, Wirtz 2001, Wirtz 2003

− Marktmodell (Nachfrager- und Wettbewerbsmodell)

− Beschaffungsmodell − Leistungserstellungsmodell

− Leistungsangebotsmodell − Distributionsmodell − Kapitalmodell (Finanzierungs- und

Erlösmodell) Ahlert/Backhaus/Meffert 2001 − Nutzenstiftung

− Erlösmodell − Architektur

Bieger/Rüegg-Stürm/von Rohr 2002, Deinlein 2003, Jonda 2004

− Leistungskonzept − Kommunikationskonzept − Ertragskonzept − Wachstumskonzept

− Kompetenzkonfiguration − Organisationsform − Kooperationskonzept − Koordinationskonzept

Stähler 2001 − Value Proposition (Wert für Kunden und Wertschöpfungspartner) − Architektur der Leistungserstellung (Produkt-/Marktentwurf, interne und

externe Architektur, Stabilität der Architektur) − Ertragsmodell (Quelle der Erträge)

zu Knyphausen-Aufseß/Meinhardt 2002

− Produkt/Marktkombination − Erlösmechanik

− Wertekettenkonfiguration

Hedman/Kalling 2003 − Customers − Competitors − Offerings − Activities and organisation

− Resources− Supply of factor and production

inputs − Scope of management

Bach/Buchholz/Eichler 2003 − Prozessmodell − Teilnehmermodell

− Transaktionsmodell − Erlösmodell

Yip 2004 − Value proposition − Nature of inputs − How to transform inputs (including

technology)− Nature of outputs

− How to organise − Vertical scope − Horizontal scope − Geographic scope − Nature of customers

Tabelle 11: Differenzierungskriterien von Geschäftsmodellen verschiedener Autoren

In der Übersicht wird schon deutlich, dass die hier vorgestellten Ansätze insb. im Differenzierungsgrad variieren, wenngleich deutliche Überschneidungen der Kriterien auftreten. RÜEGG-STÜRM/ACHTENHAGEN weisen darauf hin, dass Kriterien bzw. Kategorien zur Beschreibung von Geschäftsmodellen grundsätzlich stark interdependent sind und insofern – dem Ziel der Geschäftsmodellanalyse entsprechend – immer das gesamte Bild herangezogen werden muss, um ein Geschäftsmodell zu beschreiben.392 Die Unterschiedlich-keit der Ansätze spiegelt auch die Anwendungen auf verschiedene Untersuchungsobjekte und

392 Vgl. Rüegg-Stürm/Achtenhagen 2000, S. 10. Ähnlich auch Ahlert/Backhaus/Meffert 2001, S. 32.

Page 110: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

94 4 Analyse von Distributionsorganen

Branchen wider. Die wichtigsten Ansätze werden im Folgenden auf ihre Anwendbarkeit in der vorliegenden Arbeit hin untersucht.

TIMMERS nutzt die in Tabelle 11 dargestellten Differenzierungskriterien nicht konsistent, vielmehr werden sie lediglich als Überschriften verwendet, um die Einzigartigkeit der von ihm identifizierten Geschäftsmodelle zu beschreiben. Sie bilden kein konsistentes Konstrukt, überdies sind die Merkmale nicht auf alle Typen anwendbar. Das Konstrukt ist daher kaum für die vorliegende Arbeit geeignet.393

WIRTZ verwendet meist sechs Partialmodelle zur aggregierten Darstellung und Konzeption von Geschäftsmodellen des Electronic Business:394

• Marktmodell: Das Marktmodell definiert, welchen Akteuren das Unternehmen in welchen Märkten gegenübersteht und welche Struktur diese aufweisen. Es ist in zwei Aspekte gegliedert: Zum einen zeigt das Nachfragermodell, wer welche Leistung in welcher Menge vom Geschäftsmodell nachfragt und welche Preisbereitschaft dieser aufweist. Zum anderen erörtert das Wettbewerbsmodell Marktstruktur und -verhalten im Wettbewerbs-umfeld jeweils für jeden Absatzmarkt des Geschäftsmodells.

• Beschaffungsmodell: Das Beschaffungsmodell definiert, welche Produktionsfaktoren in welcher Menge von welchen Lieferanten beschafft werden. Es charakterisiert zudem Marktstruktur und -verhalten auf dem Beschaffungsmarkt.

• Leistungserstellungsmodell: Es bildet die Kombination von Gütern und Dienstleistungen sowie deren Transformation in Angebotsleistungen ab, indem die ökonomischen Beziehungen zwischen den Produktionsfaktoren und der erzielbaren Ausbringungsmenge aufgezeigt werden.

• Leistungsangebotsmodell: Zeigt welches Leistungsspektrum welchen Nachfrager- bzw. Kundengruppen angeboten werden soll. Demzufolge wird unterstellt, dass ein Geschäfts-modell seine Leistungen im Markt i.d.R. unterschiedlichen Kundengruppen anpasst.

• Distributionsmodell: Es definiert, welche Produkte und Dienstleistungen in welcher Weise in welcher Zeit zu welchem Preis vom Anbieter zum Nachfrager transportiert werden.

• Kapitalmodell: Das Kapitalmodell bildet ab, welche finanziellen Ressourcen der Unternehmung zugeführt werden und welche Formen der Refinanzierung zur Verfügung stehen. Insofern werden zwei Bereiche untersucht: Erstens gibt das FinanzierungsmodellAuskunft darüber, aus welchen Quellen das eingesetzte Kapital stammt. Zweitens zeigt das Erlösmodell, welche Erlösformen im Unternehmen angewendet werden (direkte versus indirekte bzw. transaktionsabhängige versus -unabhängige Erlösgenerierung).

Anhand dieser sechs Partialmodelle unterscheidet WIRTZ vier Basisgeschäftsmodelle des Electronic Business: Content, E-Commerce, Context und Connection. Derzeit liegt keine Veröffentlichung mit einer Anwendung für eine andere Branche vor. Das Konstrukt ist sehr umfassend und bildet weite Teile dessen ab, was auch für die Differenzierung von Geschäftsmodellen im Automobilvertrieb von Bedeutung ist. Insofern kann DEINLEIN

zugestimmt werden, der konstatiert: „Die Geschäftsmodell-Konzeption von WIRTZ ist gegenüber der von TIMMERS […] deutlich erweitert. Durch zusätzliche Elemente, die als

393 Vgl. Timmers 2000, S. 47-114. 394 Vgl. Wirtz 2001, S. 210-216; Wirtz/Kleineicken 2000; Wirtz 2003; Wirtz/Lihotzky 2003.

Page 111: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

4 Analyse von Distributionsorganen 95

Partialmodelle eingeführt werden, wird insb. der Ganzheitlichkeitsanspruch adäquater erfüllt.“395 Er kritisiert das Konstrukt allerdings als wenig nützlich für Geschäftsmodelle, welche einen kritischen Teil der Wertschöpfung über Unternehmensgrenzen hinweg betreiben.396 Diesem Argument muss auch für die Automobilindustrie Rechnung getragen werden, da Netzwerkaspekte in die Geschäftsmodell-Analyse Eingang finden sollten. Für die vorliegende Arbeit tritt dieser Aspekt vor allem beim Automobilvertrieb über das Internet, aber auch im klassischen „Brick-and-Mortar-Business“ auf: Das angebotene Dienstleistungs-bündel wird zu einem Teil über Kooperationen mit anderen Marktteilnehmern abgewickelt. Der Merkmalskanon von WIRTZ müsste daher erweitert werden. Der Ansatz von AHLERT/BACKHAUS/MEFFERT nutzt die gleiche Geschäftsmodelldefinition wie WIRTZ und stellt die drei interdependenten Dimensionen Nutzenstiftung, Erlösmodell und Architektur in den Vordergrund.397 Als aggregierte Darstellungsform eignet sich diese Dreiteilung gut, allerdings soll im Rahmen dieser Arbeit ein differenzierterer Analyserahmen genutzt werden, um die einzelnen Geschäftsmodelle schärfer gegeneinander abgrenzen zu können.

ZU KNYPHAUSEN-AUFSEß/MEINHADT sehen das Geschäftsmodell-Konzept als Weiter-entwicklung des Strategiekonzepts, welches sie stärker auf einzelne Unternehmen, anstatt auf Netzwerke beziehen. Dennoch räumen sie der Betrachtung von Wertschöpfung über Unternehmensgrenzen hinweg einen separaten Punkt ein. Dabei nutzen sie zur Beschreibung und Differenzierung von Geschäftsmodellen folgende drei Dimensionen:398

• Produkt-/Markt-Kombination: Diese Dimension zeigt auf, in welchen (Teil-) Märkten die Geschäftsmodelle mit welchen Produkten/Dienstleistungen konkurrieren wollen und wie die Transaktionsbeziehungen zum Kunden idealer Weise gestaltet werden sollen. Dabei wird auf die Kundengruppen Business, Customer und Administration abgehoben.

• Durchführung und Konfiguration der Wertschöpfungsaktivitäten: Es wird bestimmt, wie Werte geschaffen werden, ob in vertikal integrierten Unternehmen, Unternehmens-netzwerken oder in Unternehmen, die auf Bereiche der Wertschöpfungskette spezialisiert sind.

• Ertragsmechanik: Die Ertragsmechanik charakterisiert, wie und wo im Unternehmen nutzungsabhängige und -unabhängige Erträge generiert werden. Diese Dimension erstreckt sich auf Teilbereich des Kapitalmodells von WIRTZ.

Dieser Ansatz ist vorteilhaft, weil zur einfachen Gegenüberstellung unterschiedlicher Geschäftsmodelle ein Raum mit lediglich drei Kategorien aufgespannt wird. Allerdings ist das nur dann sinnvoll, wenn genau diese drei Dimensionen im Fokus der Betrachtung stehen. Für die vorliegende Arbeit werden diese Dimensionen eine Rolle spielen, jedoch müssen auch andere Aspekte zur Gegenüberstellung herangezogen werden. Die Unterscheidung der drei

395 Deinlein 2003, S. 40. 396 Vgl. ebenda, S. 40-41. 397 Vgl. Ahlert/Backhaus/Meffert 2001, S. 36. 398 Vgl. zu Knyphausen-Aufseß/Meinhardt 2002, S. 82; Meinhardt 2002, S. 29.

Page 112: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

96 4 Analyse von Distributionsorganen

Kundengruppen ist hier weder ausreichend differenziert, noch trifft es den Kern der Problematik im Automobilvertrieb.399

Der synoptische Ansatz von BIEGER/RÜEGG-STÜRM/VON ROHR nutzt acht Differenzierungs-kriterien zur Darstellung und Analyse von Geschäftsmodellen:400

1. Leistungskonzept: Betrachtet werden das Leistungssystem und der Funktionsumfang, die den unterschiedlichen Kundengruppen angeboten werden.

2. Kommunikationskonzept: Stellt dar, wie die Leistung im relevanten Markt kommunikativ verankert wird.

3. Ertragskonzept: Zeigt auf, wie Einnahmen erzielt werden und Verrechnungssysteme bezüglich Haupt- und Nebenleistungen aufgebaut sind.

4. Wachstumskonzept: Betrachtet, wie Wachstumsziele erreicht werden sollen und welche Mechanismen dabei wirken.

5. Kompetenzkonfiguration: Stellt dar, welche (Kern-) Kompetenzen zur Verfügung stehen und wie sie eingesetzt werden sollen.

6. Organisationsform: Zeigt auf, wie die Kompetenzen organisiert sind, um das Leistungs-system anbieten zu können, aber auch wo Unternehmensgrenzen und Schnittstellen liegen.

7. Kooperationskonzept: Stellt dar, welche Kooperationspartner mit dem Unternehmen im Hinblick auf das Leistungssystem zusammenarbeiten und wie die Kooperationen inhaltlich ausgestaltet sind.

8. Koordinationskonzept: Stellt dar, wie unternehmensinterne und -externe Transaktionen zwischen den Kooperationspartnern im klassischen Aktionsfeld zwischen Markt und Hierarchie koordiniert werden.

Diese Differenzierung in acht Merkmale ist am ehesten als Analysekonstrukt operationalisierbar, weil auch die im vernetzten Automobilvertrieb bedeutenden Kooperationen über die Dimensionen 7 und 8 abzubilden sind. Desgleichen werden die schon von WIRTZ vorgeschlagenen Dimensionen in ähnlicher Weise abgebildet. Der Ansatz von HEDMAN/KALLING sieht sieben Dimensionen vor und unterscheidet sich inhaltlich jedoch kaum vom synoptischen Ansatz von BIEGER/RÜEGG-STÜRM/VON ROHR. HEDMAN/KALLING

stellen deutlich heraus, dass eine derart holistische Sichtweise unterschiedliche Theorieansätze berührt – darauf ist im folgenden Kapitel näher einzugehen. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass sich der Ansatz von BIEGER/RÜEGG-STÜRM/VON ROHR am besten für das vorliegende Forschungsvorhaben eignet und daher zugrunde gelegt werden soll.

4.3.2 Theoretischer Rahmen der Operationalisierung des AnalysekonstruktsWie bereits erläutert, soll das Geschäftsmodell als Darstellung einer typischen oder charakteristischen Realisierung von Wettbewerbsvorteilen eines Unternehmens oder eines Unternehmenssystems definiert sein, welche sich aus der unternehmensspezifischen Konstellation von Unternehmenskontext (d.h. insb. Ressourcen und Fähigkeiten) und Unter-

399 Vgl. T-2.1 (Kundengruppen) und insb. die Kundensegmentierung in Kapitel 3.2. 400 Vgl. Bieger/Rüegg-Stürm/von Rohr 2002, S. 50ff.und Abbildung 29.

Page 113: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

4 Analyse von Distributionsorganen 97

nehmensumfeld ergibt. Diese Definition verweist bereits auf zwei Ansätze der Strategie- und Unternehmensforschung, der sog. market-based view (MBV) und resource-based view (RBV) of the firm. Sie finden sich auch in den skizzierten acht Dimensionen des Analysekonstrukts wieder. Beide Ansätze werden im Folgenden kurz erläutert, um den theoretischen Hintergrund der Ausdifferenzierung und Anwendung des Analysekonstrukts abzustecken. Darüber hinaus deuten die Dimensionen auf weitere theoretische Ansätze hin, nämlich die Neue Institutionenökonomik im Allgemeinen bzw. den Transaktionskostenansatz im Speziellen sowie Verhaltenstheoretische Ansätze und die sog. Customer-based view der Unternehmung.

4.3.2.1 MBV: market-based view of the firm Der Theorieansatz der market-based view of the firm (MBV) rückt die Bedingungen im Umfeld von Unternehmen in den Mittelpunkt der Betrachtung. Die MBV wurde stark durch die Veröffentlichungen von PORTER in den 1970er und 1980er Jahren geprägt, der Erkenntnisse der Industrial Organization-Theorie (I/O) von BAIN und MASON mit Überlegungen zur Business Policy-Theorie kombinierte. Unter Rückgriff auf das Structure-Conduct-Performance-Paradigm (SCP) der Industrieökonomik401 wird gezeigt, dass die Branchenstruktur402 das Verhalten eines Unternehmens beeinflusst, woraus letztlich das Unternehmensergebnis resultiert. Der MBV liegen folgende zentrale Annahmen zugrunde: Zum einen beeinflussen die Eigenschaften der Branche und mithin die Wettbewerbskräfte maßgeblich die Wahl der Wettbewerbsstrategie. Zum anderen sind Unternehmen in ihren strategisch relevanten Inputfaktoren identisch, brancheninterne Unterschiede in der Ausstattung mit Inputfaktoren verschwinden nach kurzer Zeit aufgrund hoher Mobilität der Inputfaktoren.403

structure

Struktur der Branche

conduct

Verhalten des Unternehmens

performance

Ergebnis des Unternehmens

Feedback Wirkung

structure

Struktur der Branche

conduct

Verhalten des Unternehmens

performance

Ergebnis des Unternehmens

Feedback Wirkung

Abbildung 30: Structure-Performance-Conduct-Paradigma404

Der Wettbewerb wird in der MBV als Positionierungswettbewerb interpretiert, ein Unternehmen versucht sich bestmöglich gegen die Wettbewerbskräfte (5-forces, s.u.) zu schützen. Entsprechend der grundsätzlichen SCP-Logik der MBV wird ein Unternehmen zunächst die Branche bzw. den Markt untersuchen, daraufhin eine (generische) Strategie

401 Vgl. Mason 1939, S. 69-70; Bain 1968; Porter 1981, S. 610-616. 402 Unter dem Begriff Branche werden Unternehmen zusammengefasst, die Produkte am Markt anbieten, welche

vom Kunden als substituierbar angesehen werden. 403 Vgl. Porter 1999a, S. 64ff.; Wiedenhofer 2003, S. 12-13. 404 Vgl. Porter 1981, S. 611 und 616.

Page 114: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

98 4 Analyse von Distributionsorganen

wählen und entsprechend das Verhalten und die Struktur des Unternehmens anpassen. Die Struktur des Marktes bestimmt die durchschnittliche Rentabilität der Branche. Erfolgs-potenziale für Unternehmen ergeben sich aus der Wahl attraktiver Branchen, die gegen neue Wettbewerber durch Markteintrittsbarrieren – wie z.B. Produktdifferenzierungsvorteile – Kostenvorteile, Skaleneffekte oder Kapitalanforderungen, geschützt sind. Zentraler Bestandteil der MBV ist insofern die Analyse des Wettbewerbs – das 5-forces-Modell405 von PORTER ist besonders prominent. Diese Überlegungen wurden von CAVES/PORTER

weiterentwickelt, indem auch die Wahl einer adäquaten Wettbewerbsstrategie innerhalb einer Branche zu Unterschieden im Markterfolg führen. Sie führen das Konzept der StrategischenGruppen ein, wonach einzelne Unternehmen oder Gruppen von Unternehmen Wettbewerbs-strategien wählen können, die ihnen nachhaltig höheren Unternehmenserfolg sichern, als anderen Unternehmen der Branche. Strategische Gruppen errichten somit ihrerseits Eintritts-barrieren gegenüber anderen Marktteilnehmern und erschweren somit die Imitation ihrer Wettbewerbsvorteile.406

In einem gegebenen Markt verfolgen Strategische Gruppen vergleichbare Wettbewerbs-strategien, ihr Erfolg basiert auf ähnlichen Unternehmensstrukturen und ähnlichem -verhalten. PORTER identifiziert drei generische Wettbewerbsstrategien:407

• Differenzierungsstrategie: Es ist strategisches Ziel, dass der Kunde ein Angebot gegenüber dem Wettbewerb vorzieht, weil die Wünsche des Kunden stärker befriedigt werden, als durch Wettbewerbsangebote. Idealerweise akzeptiert der Kunde überdies eine höhere Preisstellung. Dabei ist sekundär, ob die Produkteigenschaften, das angebotene Dienstleistungsbündel, das Image, die Markierung o.ä. vom Kunden als überlegen angesehen werden.

• Kostenführerschaft: Ziel des Unternehmens ist es, ein Angebot am Markt zu den niedrigsten Kosten anzubieten. Daraus ergibt sich ein Wettbewerbsvorteil, weil die erzielbare Marge höher ist als beim Wettbewerber.

• Konzentration auf Schwerpunkte innerhalb eines Marktes (Nischen408): Beide genannten Strategien können jeweils auch auf bestimmte Marktsegmente angewendet werden. Durch die Konzentration auf eine Nische können Vorteile über Lerneffekte ausgenutzt werden.

Die Unternehmensstruktur ist das Ergebnis der Wahl einer Wettbewerbsstrategie und wird auf diese hin optimiert. PORTER bildet das Unternehmen als ein System von Wertaktivitäten ab und schafft so die Grundlage einer ganzheitlichen Unternehmensanalyse. Bezogen auf die interne Unternehmensstruktur schlägt PORTER das value chain-Modell vor, welches die grundlegenden Aktivitäten identifiziert und in einem Prozess darstellt – siehe Abbildung 31.

405 Vgl. Porter 1999a, S. 33-69. 406 Vgl. Caves/Porter 1977, S. 250; Porter 1999a, S. 183ff.; Homburg/Sütterlin 1992, S. 637-638; Bartölke 2000, S.

18ff.; von der Oelsnitz 2000, S. 1314-1316; Raisch 2004, S. 30. 407 Vgl. Porter 1999a, S. 70-85. Vgl. beispielhaft für die umfangreiche Forschung zu generischen Strategien, die

größtenteils aus der PORTER’schen Typologie entwickelt wurden Fleck 1995, Weishäupl 2003, Powers/Hahn 2004 und die dort zitierte Literatur.

408 Zum Nischenbegriff vgl. Porter 1999a, S. 342-343; Spiegel 1999.

Page 115: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

4 Analyse von Distributionsorganen 99

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Primäre Aktivitäten

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BeschaffungTechnologieentwicklung

Personalwirtschaft

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Personalwirtschaft

Abbildung 31: Modell der Wertkette409

Mit diesem Modell sollen Unternehmensaktivitäten entsprechend der Unternehmensstrategie ausgerichtet werden – die Differenz aus Kosten und Wert bzw. Erträgen aller Aktivitäten ergibt das Unternehmensergebnis. Das Modell ist auch geeignet, um bspw. die Auslagerung einzelner Aktivitäten an Dritte oder die Fokussierung eines Unternehmens auf bestimmte Aktivitäten zu diskutieren.410

PORTER/FULLER erörtern im Rahmen der Branchenstrukturanalyse auch Kooperationen eines Unternehmens mit Konkurrenten (horizontal) bzw. mit Lieferanten und Abnehmern (vertikal). Sie identifizieren vier Gründe für Kooperationsstrategien:411

• Skalenvorteile: Die gemeinsame Koordination und Konzentration von Aktivitäten führt zu Kosteneinsparungen und Erfahrungskurveneffekten.

• Absolute Kostenvorteile: Die Kostenvorteile eines Unternehmens werden anderen zugänglich gemacht.

• Kapitalbedarf: Der individuelle Kapitalbedarf bzw. das jeweilige finanzielle Risiko der Kooperationspartner wird gesenkt.

• Beeinflussung der Marktstruktur: Die Kooperation ist dazu angelegt, die Wettbewerbs-position der anderen Marktteilnehmer aktiv zu beeinträchtigen.

Daneben wird der zu erwartende Zeitvorteil durch den gemeinsamen Aufbau von Wettbewerbsvorteilen hervorgehoben.412 Eine Kooperation ist immer dann vorteilhaft, wenn die Koordinationskosten niedriger sind als die erreichten Erträge der Kooperation und die Wettbewerbsposition nachhaltig gestärkt wird.

Das Konzept von PORTER wurde vielfach aufgegriffen und modifiziert. PORTER selbst hat sein Modell auf die Herausforderungen des globalen Wettbewerbs erweitert.413 Darüber hinaus hat er das Modell auf Konzerne übertragen, die im Rahmen eines Portfoliomanagements unterschiedliche Branchen und Märkte bedienen.414 Dabei werden zwei Quellen von Verbundvorteilen identifiziert: solche, die auf der Nutzung gemeinsamer Produktionsfaktoren 409 Vgl. Porter 1999b, S. 66. 410 Vgl. ebenda, S. 63-96. 411 Vgl. Porter/Fuller 1989, S. 375 und Porter 1999a, S. 379ff. 412 Vgl. Porter/Fuller 1989, S. 381. 413 Vgl. Porter 1989. 414 Vgl. Porter 1987.

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100 4 Analyse von Distributionsorganen

beruhen und solche, die durch die unternehmensinterne Diffusion von Erfahrungswissen entstehen.

KritikWichtige Kritikpunkte an der MBV sind:

• Insbesondere das SCP-Paradigma hat Anlass zur Kritik gegeben: Eine Untersuchung des Wettbewerbs kann nie vollständig sein, weil sie in der Praxis auf unvollständiger Information beruht und/oder mit eingeschränkter Informationsverarbeitungsmöglichkeit zusammentrifft. Insofern ist die Wahl der Strategie eine Entscheidung unter hoher Unsicherheit.

• Darüber hinaus werden organisationale und verhaltenswissenschaftliche Erklärungs-ansätze zwar nicht ausgeschlossen, zumindest aber durch die Dominanz ökonomischer Marktbeurteilung unterrepräsentiert.

• Gerade die Wahl der Unternehmensstrategie i.S.d. drei generischen Wettbewerbs-strategien basiert primär auf der Marktanalyse, nicht jedoch auf der Analyse unter-nehmensinterner Stärken und Schwächen – an dieser Stelle setzt die RBV an. Denn es kann gezeigt werden, dass nicht nur Brancheneffekte, sondern auch unternehmens-spezifische Effekte eine Rolle bei der Erklärung von Marktperformanceunterschieden spielen.415

• Die MBV sieht die strategisch relevanten Ressourcen der Unternehmen als mobil an, so dass Heterogenität im Unternehmenserfolg innerhalb einer Branche oder Strategischen Gruppe langfristig nicht existiert. Empirische Untersuchungen zeigen jedoch Unterschiede auf, deren Ursache u.a. in unterschiedlicher Ressourcenallokation begründet sein dürfte. Zudem drängen nicht alle Unternehmen ständig in die Eroberung attraktiver Märkte.416

• Der Branchenbegriff ist auf die Substituierbarkeit von Produkten fokussiert. Komplementäre Produkte werden nicht berücksichtigt. Desgleichen spielen Innovationen in der Modellierung von PORTER keine Rolle.417

Bedeutung für den Untersuchungsgegenstand Die MBV im Allgemeinen, die Logik der Wertkette sowie die Theorie der generischen Wettbewerbsstrategien im Speziellen können eine theoretische Basis bei der Geschäfts-modell-Differenzierung bilden. Die Geschäftsmodell-Analyse zielt auf die Identifizierung typischer oder charakteristischer Realisierung von Wettbewerbsvorteilen ab. Das Konzept der Strategischen Gruppen in der MBV stellt, als „eine Analyseperspektive zwischen der gesamten Branche und den einzelnen Unternehmen“418, eine vergleichbare Herangehensweise dar. Die Abgrenzung der Geschäftsmodell-Typen ist indes nicht auf die Identifikation der generischen Wettbewerbsstrategie beschränkt. Das Konzept der Wertkette hat bereits Eingang in die Distributionsforschung gefunden und dient bspw. bei der Zuordnung von Distributions-funktionen auf Distributionsorgane.419

415 Vgl. u.a. Rumelt 1991; Riess 1998, S. 90. 416 Vgl. Rumelt 1991, S. 167ff.; Riess 1998, S. 103-105; Wiedenhofer 2003, S. 13. 417 Vgl. Stieglitz 2004, S. 55. 418 Bartölke 2000, S. 60. 419 Vgl. bspw. Schögel/Sauer/Schmidt 2004, S. 13; Specht/Fritz 2005, S. 178.

Page 117: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

4 Analyse von Distributionsorganen 101

4.3.2.2 RBV: resource-based view of the firm Nicht zuletzt die Kritik an der MBV im Hinblick auf vermeintlich unzureichende Berücksichtigung unternehmensinterner Aspekte bzw. des idiosynkratischen Charakters von Unternehmen bei der Erklärung von Markterfolgen, hat zur Ausprägung der RBV geführt. Sie hat besonders ab den 1990er Jahren in der Wissenschaft Bedeutung erlangt.420

Im Mittelpunkt des RBV-Ansatzes stehen die Ressourcen und Kompetenzen von Unternehmen.421 Ansatzpunkt der RBV ist die Beobachtung, dass:422

• bestimmte Unternehmen am Markt bzw. in einer Branche erfolgreicher agieren als andere, • diese Unternehmen i.d.R. über spezifische Wettbewerbsvorteile und -nachteile verfügen

sowie• Unternehmen in Bezug auf ihre zur Verfügung stehenden Inputgüter, angewendeten

Prozesse und erstellten Marktleistungen unikal und beschränkt mobil sind. Es wird insofern als Prämisse gesehen, dass Unsicherheit im wirtschaftlichen Handeln auf unvollkommenen Märkten vorliegt sowie dass Information, Wissen und Fähigkeiten zwischen den Wirtschaftssubjekten ungleich verteilt sind.423 In der Literatur zur RBV werden unterschiedlichste Begriffsabgrenzungen vorgenommen. Im Folgenden soll sich weitgehend FREILING angeschlossen werden:424

• Inputgüter: Inputgüter werden als Güter verstanden, die einem Unternehmen zum Einsatz in Prozessen und zur Erstellung interner und externer Leistungen dienen. Inputgüter sind auf Märkten beschaffbar und Voraussetzung für Ressourcen-Bildung.

• Ressourcen: Ressourcen sind solche Inputgüter, die eingeschränkt mobil, rar, wertvoll, schwer imitier- oder substituierbar sind. Sie dienen zur Erklärung von Wettbewerbs-vorteilen und der spezifischen Rentabilitätssituation eines Unternehmens. Ressourcen sind Inputgüter, die durch unternehmensinterne Veredelung425 entstanden sind.

• Kompetenzen: „Kompetenzen kennzeichnen die wiederholbare, nicht auf Zufälligkeiten basierende Möglichkeit zum kollektiven Handeln in einer Unternehmung, welches darauf beruht, verfügbare Inputgüter in auf Marktanforderungen ausgerichteten Prozessen so zu kombinieren, dass dadurch ein Sich-bewähren-können gegenüber der Marktseite gewährleistet wird.“426 Kompetenzen fassen insofern individuelle Fähigkeiten von Mitarbeitern im organisationalen Kontext zusammen.

• Kernkompetenzen: Kernkompetenzen stellen eine spezielle Form von Kompetenzen dar, die der Unternehmung zu einer Behauptung gegenüber der Konkurrenz durch die Herbeiführung nachhaltiger, dauerhafter Wettbewerbsvorteile verhelfen.

420 Vgl. Wernerfelt 1984, S. 171; Barney 1991; Priem/Butler 2001b, S. 22; 421 Vgl. Kapitel 3.3.2.4. 422 Vgl. Freiling 2001, S. 5-6; Hoopes/Madsen/Walker 2003, S. 889; Barney 1991, S. 101. 423 Vgl. Freiling 2000, S. 15; Freiling 2001, S. 85. 424 Vgl. Freiling 2001, S. 11-27; Rasche 1994, S. 91ff.; Hammann/Freiling 2000, S. 3-5; Freiling 2002. FREILING

fasst die Diskussion um die unterschiedliche Begriffsabgrenzung von Ressourcen zusammen. WERNERFELT und BARNEY sind zwei prominente Vertreter derer, die Kernkompetenzen unter dem Ressourcenbegriff subsummieren, eine Differenzierung hat sich jedoch mittlerweile als zweckmäßig erwiesen. Vgl. Wernerfelt 1984; Barney 1991.

425 Vgl. Proff 2000. 426 Freiling 2002, S. 27. Die Begriffe Kompetenzen und Fähigkeiten sollen synonym verwendet werden. Vgl.

Freiling 2002, S. 24.

Page 118: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

102 4 Analyse von Distributionsorganen

Kernkompetenzen verhelfen den Leistungen eines Unternehmens, die am Markt angeboten werden, zu einem wahrnehmbaren Kundennutzen und mittelbar zu langfristiger Kundenbindung.427

Beeinflussung Wirkung

Input Ressourcen Kompetenzen Prozesse Performance

Zukunftsmärkte und deren Anforderungen

Veredelungs-prozess

Aktivierungs-möglichkeiten

Aktivierungs-prozesse

Wirkung imMarkt

Abbildung 32: Argumentationslogik des Kompetenzansatzes428

Aus Abbildung 32 wird deutlich, dass – im Gegensatz zum SCP-Paradigma der MBV – Ressourcen und Kompetenzen einen unternehmensinternen Aspekt darstellen, jedoch die endgültige Bewertung dieses Wertbündels erst im Markt stattfindet, wo die angebotene Leistung zu einer höheren Rente als beim Wettbewerb führen soll. D.h., die spezifische Ressourcenallokation führt zu niedrigeren Kosten oder zu der Möglichkeit einen höheren Preis durchzusetzen – Wettbewerb wird daher in der RBV primär als Ressourcenwettbewerb verstanden.

In Abgrenzung zur MBV werden Diversifikationsentscheidungen unter einer anderen Perspektive gesehen: Während bei der MBV die Attraktivität des Marktes und der passenden Positionierung im Zentrum steht, liefert die RBV eine Begründung für den Eintritt in weniger attraktive (Teil-) Märkte. Dieser ist nämlich dann vorzunehmen, wenn die vorhandenen Ressourcen bzw. Kompetenzen nicht vollständig genutzt sind und durch deren Nutzung bei Markteintritt ein nachhaltiger Wettbewerbsvorteil entsteht. Ebenso ist ein Markteintritt attraktiv, wenn dadurch neue Ressourcen akkumuliert oder kreiert werden. In der Logik der RBV nutzen Unternehmen die unterstellte Ressourcenheterogenität im Markt aus und versuchen diese zu erhalten oder auszuweiten.429

Ressourcen sind potenziell dann besonders wertvoll für ein Unternehmen, wenn sie nicht imitierbar sind, also auf historisch einmaligen Bedingungen basieren oder sozial komplex sind, wie bspw. Humanressourcen, interpersonale Beziehungen oder Organisationskultur.430

Das bekannteste Konzept zur Abgrenzung erfolgskritischer Kompetenzen – also Kern-kompetenzen – und Ressourcen stammt von BARNEY:431

• Value: Ressourcen bzw. Kernkompetenzen müssen für den Kunden wertstiftend wirken. • Rareness: Sie sind nicht auf Beschaffungsmärkten erhältlich, sondern ergeben sich aus der

unternehmensspezifischen Kombination oder Veredelung von Inputgütern.

427 Vgl. Homp 2000, S. 169. 428 Vgl. Freiling 2004, S. 62. 429 Vgl. Hamel/Prahalad 1995, S. 231ff.; Ensign 2004, S. 125ff.; Proff 2000, S. 143. 430 Vgl. Barney 1991, S. 107-112. 431 Vgl. ebenda, S. 106ff.; Burr 2004, S. 453. Man spricht auch von VRIO-Konzept.

Page 119: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

4 Analyse von Distributionsorganen 103

• Imitability: Konkurrenten können sie nicht imitieren oder substituieren. • Organizational Specifity: Sie sind an das Unternehmen in der Weise gebunden, als dass

sie in einem anderen Kontext nicht den gleichen Ertrag liefern. Die RBV ist indes kein geschlossenes Theoriegebäude, sondern wurde über die Jahre immer weiter ausgebaut. Waren zunächst lediglich Ressourcen im Fokus der Betrachtungen, so entwickelte sich später die competence-based view (CBV), mit der Kompetenzen – insb. Kernkompetenzen – sowie das Kompetenz-Management fokussiert wurden.432 Zu der CBV trat im Zeitverlauf auch die sog. knowledge-based view (KBV), welche das Konzept der RBV um Elemente wie Organisationsstruktur, Rolle der Unternehmensleitung, Allokation von Entscheidungsbefugnissen, Innovation und Lernen erweitert hat.433 „Unternehmen können gemäß dieser Sichtweise als Institutionen begriffen werden, in denen Wissen (im Rahmen von Lernprozessen) produziert und (von außen) akquiriert, getestet und (in Produkten und Prozessen) angewendet und (nach außen) transferiert wird.“434 Der Ressourcen-Begriff wird also in CBV und KBV weiter gefasst respektive differenziert.

Ein Vorteil der CBV liegt in der Robustheit unter dynamischen Wettbewerbsbedingungen, während die klassische MBV und RBV eher auf die Analyse dauerhafter Wettbewerbsvorteile fokussiert ist. Das Management von Ressourcen und (Kern-) Kompetenzen wird als entscheidender Wettbewerbsfaktor begriffen, denn Lernprozesse müssen die im Zeitverlauf unvermeidliche innovations- oder immitationsinduzierte Degeneration von Ressourcen und Kernkompetenzen vermeiden bzw. zum Aufbau neuer Ressourcen und wettbewerbsrelevanterKompetenzen beitragen. Dennoch können nicht alle Ressourcen respektive Kernkompetenzen selbst aufgebaut werden, daher sind Unternehmen regelmäßig gezwungen, Zugang zu neuen Inputgütern zu bekommen. Dazu kann sich ein Unternehmen über Märkte, Hierarchie oder Netzwerke Zugang zu potenziellen Ressourcen bzw. Kernkompetenzen verschaffen oder diese gemeinsam mit anderen Unternehmen aufbauen. Insbesondere die Bildung von Kooperationen ist vor diesem Hintergrund zu betrachten.435 Kollektiven Strategien – also der gemeinsame Aufbau von Ressourcen bzw. Kernkompetenzen oder deren Nutzung im Netzwerk – haben aufgrund der höheren Entwicklungsgeschwindigkeit und flexibleren Nutzung Vorteile im dynamischen Wettbewerbsumfeld.436

KritikFolgende zentrale Kritikpunkte werden in der Literatur angeführt:

• Die Unschärfe der Begriffsverwendung in den Arbeiten zur RBV führt regelmäßig zu Unschärfe in der Ableitung von Erkenntnissen.

432 Vgl. Prahalad/Hamel 1990; Hamel/Prahalad 1995; Teece/Pisano/Shuen 1997;433 Vgl. Zahn/Foschiani/Tilebein 2000, S. 51-53; Freiling 2001, S. 34-39. 434 Zahn/Foschiani/Tilebein 2000, S. 52. Zur Abgrenzung von CBV und KBV vgl. Mildenberger 2002, S. 301ff. 435 Vgl. Duschek/Sydow 2002, S. 427-428; Ensign 2004; von der Oelsnitz 2005. 436 Weitere Entwicklungen bzgl. dynamischer Fähigkeiten finden sich bei Eisenhardt/Martin 2000; Rasche 2000;

Burr 2003; Forcadell 2004; Schreyögg/Kliesch 2004; Rasche 2004.

Page 120: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

104 4 Analyse von Distributionsorganen

• Es fehlt bisher an einem geschlossenen Rahmenwerk der RBV, dennoch attestiert FREILINGeinen breiten Grundkonsens in der Literatur über zentrale Fragen, so dass dieses Defizit weniger schwer wiegt. Er zeigt weiterhin, dass der Vorwurf unzureichenden analytischen Tiefgangs in vielen Teilen zurückzuweisen ist.437

• Die RBV befindet sich in einem frühen Forschungsstadium, so dass einige Autoren einen Mangel an Messmethoden, qualitativen und quantitativen Analyseinstrumenten und normativen Konzepten konstatieren.438

• Quasi spiegelbildlich zur Kritik an der MBV, wird die starke Fokussierung auf den unternehmensinternen Kontext bemängelt. Dieser Vorwurf ist dann zurückzuweisen, wenn beide Ansätze als komplementär gesehen und perspektivisch ggf. integriert werden.439

• Der Vorwurf mangelnder empirischer Bestätigung gilt als weitgehend widerlegt.440

• Aus der RBV wurden Fokussierungsstrategien für Unternehmen entwickelt, die – mittlerweile teilweise als „Management Mode“ verschrien – nicht immer den erhofften Erfolg gebracht haben. Die Kritik an den im Einzelfall nicht immer erfolgreichen Strategien wird mitunter auf die RBV als theoretischen Ansatz zur Erklärung von Wett-bewerbsvorteilen übertragen. Die Beurteilung des Theorieansatzes ist jedoch von der verkürzten Beurteilung im Markt beobachteter Unternehmensentwicklungen zu trennen.

Bedeutung für den Untersuchungsgegenstand Im Rahmen der vorliegenden Arbeit bietet es sich an, die RBV bei der Operationalisierung des Geschäftsmodell-Konstrukts im Hinterkopf zu behalten. Eine einseitige Sicht i.S. der MBV würde unternehmensspezifische Aspekte, wie Wissen, Kompetenz und Ressourcen unzureichend berücksichtigen. Zudem sind Mehrkanalsysteme und Absatzkanalbeziehungen nach der RBV-Logik dazu geeignet, Wettbewerbsvorteile zu begründen.441 Ferner lässt sich mit der RBV leichter erklären, warum im Automobilvertrieb viele verschiedene Distributionsorgane respektive Geschäftsmodelle koexistieren können. Die RBV ist in dieser Hinsicht wichtig zur Begründung des Multikanalvertriebs.442

Grundgedanke der RBV ist die Identifikation von unternehmensspezifischen Gütern, Eigenschaften oder Fähigkeiten – Ressourcen und Kernkompetenzen –, die einen Wettbewerbsvorteil begründen. Die Analyse von Inputgütern, Fähigkeiten und Kompetenzen potenzieller Geschäftsmodelle von Distributionsorganen kann einen Beitrag zur Typologisierung des europäischen Automobilvertriebs leisten. Denn die Unternehmens-spezifität kann auch als Spezifität einer Gruppe von Unternehmen bzw. von Distributions-organen aufgefasst werden, die gemeinsam einen Geschäftsmodelltyp begründen.443 Von besonderer Bedeutung in der DSG sind Ressourcen und Kernkompetenzen, weil sie die Einzigartigkeit im Wettbewerb der Geschäftsmodelle definieren helfen. Die RBV kann insofern – bezüglich der fünften Analysedimension – als theoretisches Grundgerüst dienen, 437 Vgl. Freiling 2001, S. 42-44; Priem/Butler 2001b, S. 36; Priem/Butler 2001a. 438 Vgl. Haertsch 2000, S. 107; Freiling 2001, S. 45; Priem/Butler 2001b, S. 34; Hoopes/Madsen/Walker 2003, S.

889 und 897; Stieglitz 2004, S. 126-127; Raisch 2004, S: 73. 439 Vgl. Kapitel 3.3.2.4; Porter 1991, S. 108; Freiling 2001, S. 49. 440 Vgl. Rasche 2000, S. 71; Raisch 2004, S. 67. 441 Vgl. Wirtz/Lütje 2007, S. 175. 442 Vgl. Überlegungen zum Eintritt in Teilmärte und T-3.7 (Multikanalvertrieb). 443 Zur Diskussion um die Identifikation von Gruppen aus dem Blickwinkel der RBV vgl. Rese 2002, S. 265ff.

Page 121: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

4 Analyse von Distributionsorganen 105

wenn Unterschiede in der Inputgüter- und Kompetenzausstattung der Geschäftsmodelle aufzeigt werden.

4.3.2.3 Transaktionskostenansatz als Teil der Neuen Institutionenökonomik Wie bereits erläutert, sehen PORTER/FULLER im Rahmen der klassischen MBV Kooperationen zwischen Unternehmen unter den Gesichtspunkten Erlangung von Skalenvorteilen und Kostenvorsprüngen, Beeinflussung der Marktstruktur sowie Senkung des Kapitalbedarfs. Im Rahmen der RBV wird die kooperative Nutzung von Kompetenz und Wissen sowie Inputgütern thematisiert. Die Neue Institutionenökonomik (NIÖ) stellt einen Theorieansatz dar, womit u.a. erarbeitet werden kann, wann kooperatives und wann individuelles Agieren vorteilhaft ist.444 Die NIÖ entstammt wie die Neoklassik der mikroökonomischen Theorie und nimmt den methodischen Individualismus als Ausgangspunkt. Sie geht im Gegensatz zur Neoklassik von begrenzter Rationalität bei Entscheidungen sowie von Informations-asymmetrie der Marktteilnehmer aus. Allen Ansätzen der NIÖ ist die Behandlung von Organisationsfragen – also die Bestimmung und Koordination arbeitsteiliger Aufgaben – und das „Denken in Verträgen“445 gemeinsam. Einer Transaktion muss nicht immer ein Vertrag im juristischen Sinne zu Grunde liegen. Der Transaktionskostenansatz (TAK-Ansatz) wird neben dem Principal-Agent-Ansatz, dem Property-Rights-Ansatz und dem Konzept relationaler Verträge der NIÖ zugeordnet:446

• Unter der Annahme asymmetrischer Informationsverteilung und Unsicherheit ist es das Ziel der Principal-Agent-Theorie, aus Sicht eines Auftraggebers (Prinzipal) die optimale Ausgestaltung von Kooperations- und Delegationsbeziehungen zum Auftragnehmer (Agent) zu entwickeln.447

• Der Transaktionskostenansatz (TAK-Ansatz) untersucht die Effizienz von Koordinations-mechanismen institutioneller Arrangements wirtschaftlicher Leistungsbeziehungen. Der TAK-Ansatz hat seinen Ursprung in den Arbeiten von COASE und wurde von WILLIAMSON in den 1970er und 1980er Jahren stark geprägt.448 Er kann einen Beitrag zur Erklärung des Übergangs von „eher marktlichen zu eher hierarchischen“ Kooperations-formen liefern. Grundlegende Hypothese des TAK-Ansatzes ist, dass die Höhe der Transaktionskosten von individuellen (bestimmt durch die involvierten Transaktions-parteien) und von transaktionsspezifischen (charakteristisch für die betrachtete Austauschbeziehung) Faktoren abhängig ist.449 „Die Transaktionskostentheorie [stellt damit] ein mikroanalytisches Instrumentarium zur Verfügung, das die Entwicklung

444 Vgl. Woratschek/Roth 2005, S. 143. 445 Fischer 1993, S. 40. 446 Vgl. Coase 1937; Williamson 2000; Richter/Furubotn 2003; Göbel 2002, S. 60ff. 447 Vgl. Meinhövel 2004, S. 471; Göbel 2002, S. 62. 448 Vgl. Göbel 2002, S. 63. 449 Vgl. Williamson 1996, S. 1; Picot/Schneider/Laub 1989, S. 361 und 364; Picot/Reichwald/Wigand 2001, S. 41;

Coase 1960, S. 1-44; Picot/Schneider/Laub 1989, S. 360; Picot/Dietl 1990, S. 178; Fischer 1993, S. 82ff.; Gümbel/Woratschek 1995, S. 1013; Bogaschewsky 1995, S. 159ff.; Gerhardt 1995, S. 83-126; Williamson 1996, S. 11ff.; Jung 1999, S. 25ff.; Jacob 2002; Durth 2000, S. 637; Tunder 2000; Erlei/Jost 2001; Hummel 2002, S. 714. Speziell bezüglich des Automobilvertriebs vgl. Diez 2001b, S. 54.

Page 122: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

106 4 Analyse von Distributionsorganen

institutioneller Ordnungsmuster erklärt und als Grundlage zwischenmenschlicher Leistungsbeziehungen dient.“450

• Der Property-Rights-Ansatz soll den Einfluss von Verfügungsrechten451 auf wirtschaftliche Phänomene wie der Organisation oder Vertragsgestaltung klären. Er basiert auf dem methodologischen Individualismus, der Verhaltensannahme individueller Nutzenmaximierung, der Einbeziehung von Transaktionskosten und externen Effekten. Dabei ist diejenige Allokation von Property-Rights am effizientesten, welche die Summe aus TAK und durch externe Effekte hervorgerufenen Wohlfahrtsverlust minimiert.

• Relationale Verträge treten insb. dann auf, wenn Transaktionen mit hohem Spezifitätsgrad vorliegen. Dabei lassen die Vertragspartner vor Vertragsschluss (ex ante) bewusst Lücken im Vertrag, da nicht alle zukünftigen Ereignisse antizipiert werden können. Daraufhin kann es ex post zu Nachverhandlungen kommen, bei denen eine Partei von den schon getätigten spezifischen Investitionen der anderen profitiert.

In Abbildung 33 sind die Komponenten der Neuen Institutionenökonomik im Überblick dargestellt.

NeueInstitutionenökonomik Informationsökonomik

Neoklassik

Property Rights

Spezialfall: Principal-Agent-Ansatz

Rechtskomponente Bewertungskomponente

Vertragliche Konzepte: relationale Verträge Mess-theoretische Konzepte

Transaktionskostenansatz

Abbildung 33: Komponenten der Neuen Institutionenökonomik452

Wegen seiner Aussagekraft bzgl. Kooperationen ist der TAK-Ansatz hier von herausge-hobener Bedeutung. Bei der Entscheidung über den Kooperationsmechanismus bzw. den Transaktionspartner müssen sowohl Leistungskosten als auch Transaktionskosten berücksichtigt werden. Transaktionen werden als die Übertragung von Verfügungsrechten definiert, bei der sowohl im Vorfeld der Vertragsschließung (ex ante), als auch nach bzw. während der Transaktion (ex post) Transaktionskosten anfallen. Transaktionskosten hängen von den Eigenschaften der zu Grunde liegenden Leistung und von der gewählten Koordinationsform ab. In der Literatur ist eine Vielzahl von Vorschlägen zur Differenzierung und Operationalisierung von Transaktionskosten zu finden. I.d.R. werden diese in ex ante und ex post Transaktionskosten kategorisiert, in Abhängigkeit davon, ob sie vor oder nach Vertragsschluss anfallen.453

450 Picot/Dietl 1990, S. 178. Vgl. auch bspw. Picot/Schneider/Laub 1989, S. 361 451 Property-Rights können als Handlungs- und Verfügungsrechte über Ressourcen übersetzt werden. Zentrale

Annahme des Property-Rights-Ansatzes ist, dass die Ausgestaltung der Handlungsrechte die Allokation und Nutzung von Gütern beeinflusst – der Gütertausch wird insofern als Tausch von Handlungsrechten beschrieben.

452 Vgl. Gümbel/Woratschek 1995, S. 1008. 453 Unter Leistungskosten fallen Entwicklungs-, Produktions- und Vertriebskosten, die mit dem klassischen

Rechnungswesen erfasst werden. In der Literatur werden Schätzungen zitiert, die den Anteil der Transaktions-

Page 123: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

4 Analyse von Distributionsorganen 107

Zur Auswahl des geeigneten Koordinationsmechanismusses wurde von WILLIAMSON das in Abbildung 34 dargestellte Organisational faliure framework entwickelt, welches die Einflussgrößen des TAK-Ansatzes zusammenfasst.

Verhaltens-annahmen

Umwelt-faktoren

Transaktionsatmosphäre/ Verfügbarkeit von Kapital und Know-how/

Transaktionshäufigkeit

(2)Opportunismus

Informations-verkeilung

(2)Spezifität

(1)Unsicherheit/ Komplexität

(1)beschränkte Rationalität

Verhaltens-annahmen

Umwelt-faktoren

Transaktionsatmosphäre/ Verfügbarkeit von Kapital und Know-how/

Transaktionshäufigkeit

(2)Opportunismus

Informations-verkeilung

(2)Spezifität

(1)Unsicherheit/ Komplexität

(1)beschränkte Rationalität

Abbildung 34: Organisational Faliure Framework454

Die erste Verhaltensannahme des TAK-Ansatzes stützt sich auf die Erkenntnis, dass Menschen mit beschränkter Rationalität handeln. Der erste Umweltfaktor erfasst die Unsicherheit, Komplexität und Unvorhersehbarkeit der Umwelt – d.h., die Umwelt ist durch Menschen nicht vollständig erfassbar und durchschaubar. Entscheidungssituationen sind insofern immer dann kritisch, wenn die beschränkte Rationalität des Menschen aufgrund einer unsicheren und komplexen Umwelt an ihre Grenzen stößt. Die zweite Verhaltensannahme unterstellt dem Menschen opportunistisches Verhalten: Wirtschaftssubjekte verhalten sich dementsprechend nicht ausschließlich verständigungsorientiert, sondern handeln häufig strategisch und opportunistisch, um den eigenen Nutzen zu maximieren – ggf. auch zum Nachteil anderer, unter Missachtung sozialer Normen.455 Opportunismus führt zu kritischen Situationen, wenn er auf den zweiten Umweltfaktor trifft: Spezifität idiosynkratischer Investitionen.456 Der Spezifitätsgrad einer Transaktion ist umso höher, je größer der entstehende Wertverlust ist, wenn die zur Aufgabenerfüllung erforderlichen Ressourcen nicht in der angestrebten Verbindung eingesetzt, sondern einer anderen Verbindung zugeführt werden. „Von den genannten Einflussgrößen wird übereinstimmend die Spezifität als Haupt-einflussgröße bezeichnet.“457 Das parallele Auftreten der Verhaltens- und Umweltfaktoren führt regelmäßig zum Versagen klassischer marktlicher Koordinationsmechanismen – andere Koordinationsmechanismen werden dann attraktiv.

kosten mit bis zu 50% beziffern. Vgl. Literatur bei Osterheld 2001, S. 101 und Jung 1999, S. 32. Zur Diskussion um die Abgrenzung und Definition der TAK-Arten vgl. z.B. Osterheld 2001, S. 101-111; Picot/Dietl/Franck 1997, S. 66; Picot 1991, S. 334.

454 Vgl. Picot et al 2001, S. 42. 455 Vgl. Williamson 1999, S. 1099. 456 Vgl. Picot/Dietl 1990, S. 179. WILLIAMSON weist auf die besondere Bedeutung der sog. fundamentalen Trans-

formation, also der Entwicklung einer spezifischen Transaktionsbeziehung aus einer ex ante unspezifischen Ausgangslage, hin. Vgl. Williamson 1996, S. 16 sowie Kapitel 3.4.8.

457 Fischer 1993, S. 93. Vgl. zudem u.a. Picot/Reichwald/Wigand 2001, S. 43. Es können verschiedene Arten der Spezifität unterschieden werden. Vgl. Williamson 1991, S. 281; Williamson 1996, S. 14. Neben den sechs „klassischen“ TAK-Arten wurden immer wieder weitere Versuche der Abgrenzung vorgenommen. Vgl. bspw. Fein/Anderson 1997, S. 30ff.

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108 4 Analyse von Distributionsorganen

Basierend auf dem Principal-Agent-Ansatz führen, neben den genannten vier Faktoren, Situationen asymmetrischer Informationsverteilung zur sog. Informationsverkeilung. D.h., es besteht die Gefahr, dass ein Transaktionspartner seinen Informationsvorsprung opportunistisch ausnutzt und somit marktliche Koordinationsmechanismen gefährdet. Darüber hinaus sind drei weitere Einflussgrößen zu berücksichtigen:

• Die Transaktionsatmosphäre umfasst alle für den Koordinationsmechanismus relevanten sozialen, rechtlichen und technologischen Rahmenbedingungen. Dazu können z.B. auch technische Infrastrukturen gehören, die Transaktionskosten senken.

• Eine hohe Transaktionshäufigkeit reduziert die Amortisationszeit und erhöht damit die ökonomische Vorteilhaftigkeit hierarchischer Kooperationsmechanismen. Für gelegentliche oder einmalige Transaktionen bieten sich tendenziell einfachere institutionelle Lösungen an.

• Besitzt ein Unternehmen das erforderliche Kapital und Know-how zur Eigenerstellung spezifischer und unsicherer Leistungen nicht selbst, wird es zur Reduktion seiner Transaktionskosten Kooperationen eingehen.

Mit zunehmender Spezifität erhöhen sich die TAK bzw. steigt das Bedürfnis nach Absicherung des gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnisses. Dieser „Lock-in-Effekt“ ist nach der fundamentalen Transformation relevant, wenn also die transaktionspezifischenInvestitionen zu einer dem Monopol ähnlichen Beziehung geführt haben. Diese Beziehung ist kritisch, wenn sie auf asymmetrisch spezifischen Transaktionen beruht und sich der Partner mit dem geringeren Investitionsvolumen opportunistisch verhält. In diesem Fall neigt der abhängigere Partner zu stärker hierarchischen Kooperationsmechanismen und es besteht die Gefahr der Nachverhandlung durch den weniger abhängigen Partner.458 Es lässt sich der in Abbildung 35 dargestellte allgemeine Zusammenhang zwischen Spezifität, Transaktions-kosten und Kooperationsmechanismus ableiten.

Trans-aktions-kosten

Spezifität

Marktliche Koordination

Koordinationsformen mittleren Grades

Hierarchische Koordination

Trans-aktions-kosten

Spezifität

Marktliche Koordination

Koordinationsformen mittleren Grades

Hierarchische Koordination

Abbildung 35: Koordinationsformen und Spezifität459

Kooperationen basieren auf der freiwilligen und zumeist vertraglich gefassten Zusammen-legung von Ressourcen unabhängiger Unternehmen mit dem gemeinsamen Ziel der Transaktionskostenreduktion. Kooperationen sind durch rechtliche und z.T. wirtschaftliche Selbständigkeit der beteiligten Partner, Freiwilligkeit, Koordination des Verhaltens der

458 Williamson spricht von „hold up“; vgl. Jung 1999, S. 42-43 und 46ff. 459 Vgl. Picot et al. 2001, S. 45.

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4 Analyse von Distributionsorganen 109

Partner sowie durch Motivation einer besseren Zielerreichung anstelle individuellen Vorgehens charakterisiert.460 Die Koordination zwischen den Partnern bedient sich typischer Weise sowohl marktlicher, als auch hierarchischer Elemente sowie Institutionen, die das ökonomische Handeln der Partner kanalisieren.461 Die Motive für Kooperationen sind vielfältig, darunter finden sich:462

• Schaffung des Zugangs zu Märkten und Ressourcen • Erzielung von Spezialisierungs- und Skalenvorteilen sowie Lernkurveneffekten • Zugang zu notwendigen Fähigkeiten und Fachkenntnissen • Verringerung von Risiken durch Teilung von Kosten • Einflussnahme auf den Wettbewerb • Umgehung von Handelshemmnissen • Komplementärer Technologieaustausch • Gewinnung von Zeitvorteilen Eine einheitliche Systematisierung der Kooperationsformen ist in der Literatur nicht etabliert, gleichwohl existieren diverse Systematisierungsansätze:463

1. Closing Gap versus Critical Mass: Die Closing-Gap-Allianz entsteht zwischen Kooperationspartnern, die sich auf unterschiedliche Ressourcen- und Kompetenz-portfolios spezialisieren und somit über die Kooperation gegenseitig Kompetenzdefizite ausgleichen. Demgegenüber werden Critical-Mass-Allianzen eingegangen, um neue Ressourcen und Kompetenzen durch gemeinsame Investitionen zu erhalten, gemeinsam die Time-to-Market zu reduzieren oder gemeinsam von Skalenvorteilen oder Lern-kurveneffekten zu profitieren.464

2. Formale versus informale Arrangements: Es kann allgemein zwischen informalen, vertrags-basierten und Kooperationen, die auf der Verflechtung von Kapital aufbauen, unterschieden werden.

3. Koordinationsformen oder Beziehungsintensität: Kooperative Engagements werden häufig auch unter Berücksichtigung des zugrunde liegenden Koordinations-mechanismusses unterschieden – sie werden insofern dem Kontinuum zwischen Markt und Hierarchie zugeordnet.465 Die Festlegung des Integrationsgrades eines Unternehmens wird dabei als strategische, kurzfristig irreversible Make-or-Buy-Entscheidung verstanden. „Ihre Komplexität liegt darin, dass sie in gleicher Weise von kostenbezogenen wie auch von absatzwirtschaftlichen Zielen bestimmt wird, zwischen denen wiederum Zielkonflikte angelegt sind.“466 Abbildung 36 zeigt die Differenzierung der Koordinationsformen nach MORSCHETT.467

460 Vgl. Morschett 2005, S. 379-380. Zur Diskussion des Begriffs sowie verwandter Begriffe, wie Allianz, Netz-

werk, Koalition etc., vgl. u.a. Meyer 1995, S. 157-170; Picot/Reichwald/Wigand 2001, S. 302ff.; Woratschek/Roth 2005, S. 144.

461 Sie wird insofern als hybride Organisationsform bezeichnet. Vgl. Williamson 1990. 462 Vgl. Morschett 2005, S. 382. 463 Vgl. ebenda, S. 382ff. 464 Vgl. Bolten 2000, S. 150-153; von der Oelsnitz 2005, S. 195. 465 Eine andere Bezeichnung ist Transaktionsform oder Grad (vertikaler) Integration. 466 Diez 2001b, S. 54. 467 Die Darstellung von MORSCHETT ist insofern vorteilhaft, weil sie der Tatsache Rechnung trägt, dass sich die

einzelnen Formen in der Praxis je nach Ausprägung z.T. deutlich überlappen. Vgl. Morschett 2005, S. 385-386.

Page 126: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

110 4 Analyse von Distributionsorganen

Spontaner Kauf (Markt)TauschgeschäftLieferkontrakt

PatentlizenzvertragKonsortium

Know-How-LizenzvertragVirtuelle Allianz und

Dynamische NetzwerkeVerbundgruppen

Franchise-SystemeManagement-Vertrag

Joint VentureKapitalbeteiligung100%-ige Tochter

Fusion (Hierarchie)

Markt-lösung

Hierarchie-lösung

Bindungsintensität /Grad der Integration

hybride / vertragliche Koordinantion

Spontaner Kauf (Markt)TauschgeschäftLieferkontrakt

PatentlizenzvertragKonsortium

Know-How-LizenzvertragVirtuelle Allianz und

Dynamische NetzwerkeVerbundgruppen

Franchise-SystemeManagement-Vertrag

Joint VentureKapitalbeteiligung100%-ige Tochter

Fusion (Hierarchie)

Markt-lösung

Hierarchie-lösung

Bindungsintensität /Grad der Integration

hybride / vertragliche Koordinantion

Abbildung 36: Koordinationsformen zwischen Markt und Hierarchie468

4. Bilaterale Bindungen versus komplexe Netzwerke: Über die Anzahl der Kooperations-partner kann der Komplexitätsgrad der Beziehung charakterisiert werden. Bi- oder Trilaterale Bindungen sind von niedrigerer Komplexität in der Koordination als einfache Netzwerke, bei denen ein Partner genau eine Beziehung zu allen anderen Netzwerk-teilnehmern hat. Komplexe Netzwerke bestehen aus Bindungen zwischen allen beteiligten Partnern.

5. Horizontale versus vertikale Kooperation: Stehen die Kooperationspartner in einer Branche auf derselben Wertschöpfungsstufe, so spricht man von horizontalen Kooperationen, die i.d.R. als Closing-Gap-Allianz ausgeführt sind. Vertikale Kooperationen – meist als Critical-Mass-Allianz ausgeführt – verbinden Partner auf aufeinander folgenden Wertschöpfungsstufen. Eine weitere Ausprägung ist die diagonale Kooperation, die Partner einer Branche unterschiedlicher Wertschöpfungs-stufen zusammenbringt.469

6. Langfristige versus temporäre Kooperation: Kooperationen können befristet oder unbefristet, lang- oder kurzfristig angelegt sein. Dynamische Netzwerke werden abgegrenzt als diskontinuierlich, flexibel und sich immer wieder neu konstituierend.

7. Regionale versus internationale Kooperation: Mit der geographischen Reichweite der Kooperation steigt – trotz Einsatzes von IuK-Technologie – i.d.R. der Koordinations-aufwand.

KritikEin wichtiger Verdienst der NIÖ ist die Relativierung der neoklassischen Annahme der Existenz des immer rational und allwissend handelnden Homo Oeconomicus. Zudem wurde das Verständnis von Märkten und Koordinationsstrukturen umfassend systematisiert und erweitert, ohne auf Interdisziplinarität (z.B. durch Öffnung ggü. den verhaltens-

Andere Abgrenzungen finden sich bei Picot 1982; Picot 1991, S. 340; Fischer 1993; Meyer 1995, S. 123ff.; Gerhardt 1995, S. 152-155; Picot/Reichwald/Wigand 2001; Osterheld 2001, S. 132; Göbel 2002, S. 195ff.

468 Vgl. Morschett 2005, S. 386. 469 Vgl. Benkenstein/Beyer 2005, S. 801-802.

Page 127: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

4 Analyse von Distributionsorganen 111

wissenschaftlichen Ansätzen) zu verzichten. Dennoch haben die NIÖ und darin der TAK-Ansatz Kritik hervorgerufen:

• Ein Hauptkritikpunkt des TAK-Ansatzes ist die scheinbar unmögliche Quantifizierungund (mathematisch saubere) Operationalisierung der TAK, insofern wird stattdessen häufig der (qualitative) Vergleich der TAK unterschiedlicher institutioneller Arrangements vorgeschlagen.470 Dem muss entgegengehalten werden, dass gerade die Öffnung gegenüber eher qualitativen Einflüssen auf TAK auch als Vorteil gedeutet werden kann. Außerdem geht es bei der Wahl der Beziehungsform selten um die Frage exakter TAK-Bestimmung, sondern eher um den Vergleich verschiedener institutioneller Arrangements.

• Es wird zudem die Frage aufgeworfen, ob ein Koordinationsmechanismus überhaupt rein durch Kosten zu erfassen ist, ob z.B. das Machtphänomen ausreichend reflektiert wird.471

• Mithin wird argumentiert, dass unter der Verhaltensannahme beschränkter Rationalität(interpretiert als quasi nicht vorhandene Rationalität) die Optimierung von Koordinationsmechanismen nicht möglich ist.472

• Weiterhin wird angeführt, dass die Erkenntnisse eher deskriptiven, statusbezogenen Charakter haben und überdies bspw. Erlöswirkungen alternativer Koordinationsdesignsvernachlässigt werden, so dass daraus nur eingeschränkt komplexere Handlungs-empfehlungen ableitbar sind.473 Dieser Nachteil kommt jedoch im Rahmen einer deskriptiv angelegten Geschäftsmodell-Analyse nicht zum Tragen.

Beachtet man, dass es sich um einen nicht vollständig geschlossenen, geradezu bewusst offenen, nicht omnipotenten Theorieansatz handelt und dieser nur in Kombination mit anderen Ansätzen betriebswirtschaftliche Probleme lösen hilft, so müssen die genannten Einwände stark relativiert werden.474 Die NIÖ kann die Existenz von Kooperationen nicht vollständig erklären475, liefert jedoch einen wichtigen Beitrag.

Bedeutung für den Untersuchungsgegenstand Die NIÖ im Allgemeinen und die Transaktionskostentheorie im Speziellen eignen sich um Kooperationsbeziehungen sowie Koordinationsmechanismen zu erfassen. Daher findet die Perspektive des TAK-Ansatzes – gerade wegen ihres eher deskriptiven Charakters – Eingang in die achte Analysedimension des Geschäftsmodellansatzes, um Antworten auf folgende Fragen zu liefern:

• Durch welche Koordinationsmechanismen ist das jeweilige Geschäftsmodell charakterisiert?

• Welche Koordinationsmechanismen wenden die Geschäftsmodelle typischer Weise in den unterschiedlichen Bereichen vertikal und horizontal an?

Aus der Beantwortung dieser Fragen ist ableitbar, warum ein Geschäftsmodell ggf. einen bestimmten Leistungsbereich effizienter abwickeln kann, als ein anderes. Darüber hinaus

470 Vgl. Picot/Dietl 1990, S. 183; Woratschek/Roth 2005, S. 161. 471 Vgl. Picot/Dietl 1990, S. 183; zitierte Literatur bei Fischer 1993, S. 124-125; Osterheld 2001, S. 134. 472 Vgl. Freiling 2004, S. 50. 473 Vgl. Williamson 1999, S. 1100-1101. 474 Vgl. Meyer 1995, S. 85; Gerhardt 1995, S. 125-126; Williamson 1999, S. 1106; Woratschek/Roth 2005, S. 160. 475 Vgl. Woratschek/Roth 2005, S. 160.

Page 128: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

112 4 Analyse von Distributionsorganen

kann gezeigt werden, wie sich die Ausdifferenzierung neuer Geschäftsmodelle i.S.v. Desintegration in der Bildung veränderter Transaktions-Designs darstellt.

4.3.2.4 Verhaltenstheoretischer Ansatz Ausgangspunkt dieses interdisziplinär und problemorientiert ausgerichteten Ansatzes ist das Wissen über Motive, Einstellungen und Verhaltensweisen der Marktteilnehmer. Im Marketing hat insb. die von DICHTL, KROEBER-RIEL, MEFFERT und RAFFÉE stark beeinflusste Konsumentenforschung einen besonderen Stellenwert erlangt. Das Konsumentenverhalten i.e.S. erfasst Verhalten von Menschen bei Kauf und Konsum, während die weitere Begriffs-auffassung allgemein das Verhalten von „Letztverbrauchern“ materieller und immaterieller Güter erfasst.476 Dem verhaltenstheoretischen Wissenschaftsprogramm bzw. neobehavioristischen Paradigma liegen nach SCHANZ fünf Leitideen zugrunde:477

• Gesetzesidee: Soziales Geschehen folgt Gesetzmäßigkeiten, welche ihr Abbild in beobachtbaren Verhalten finden. Über die Erfassung von Verhalten und Einstellungen können empirisch-positivistisch Hypothesen bzw. Theorien über die Gesetzmäßigkeiten abgeleitet werden.

• Methodologischer Individualismus: Individuen verhalten sich nach Gesetzmäßigkeiten, die erfasst und beschrieben werden können. Kollektive Verhaltensweisen oder soziale Systeme sind als Aggregation individuellen Verhaltens aufzufassen.

• Nutzenidee: Individuen orientieren ihr Verhalten an der Befriedigung von Bedürfnissen – insofern rücken Bedürfnis- und Motivationstheorien als zentrale Erklärungsmuster von individuellen Verhalten in das Zentrum des theoretischen Ansatzes.

• Steuerungsidee: Verhalten von Wirtschaftssubjekten kann zu einem gewissen Grad durch verschiedene institutionelle Arrangements – z.B. Anreizsysteme, Strukturen, Verordnungen – kanalisiert werden.

• Idee der Freiheitssicherung: Die Mitgliedschaft von Individuen in Institutionen ist i.d.R. mit partiellem Freiheitsverzicht verbunden. Die Eröffnung partieller Spielräume für selbstbestimmtes Verhalten kann für Institutionen vorteilhaft sein.

Die Verhaltenswissenschaft setzt Modelle und Erkenntnisse aus unterschiedlichen Disziplinen, wie bspw. Psychologie, Soziologie und Sozialpsychologie, vergleichende Verhaltensforschung oder physiologische Verhaltenswissenschaft ein.478 Weite Teile der Theorien über Kommunikations-, Marken- und Kundenbindungsstrategien basieren auf verhaltenswissenschaftlichen Hypothesen.479 Mit neobehavioristischen Ansätzen können u.a. Modelle des Kauf- und Kundenverhaltens aufgestellt werden, welche z.B. in der Markt-segmentierung von Bedeutung sind.480

476 Vgl. Meffert 1999, S. 15-17; Kubon-Gilke 2002; Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 3; Haase/Kleinaltenkamp

2004; Wiedmann 2004. 477 Vgl. Schanz 1990; Kaas 2000, S. 64. In der Konsumentenforschung existieren zwei Forschungsrichtungen: der

positivistische und der verstehende Ansatz. Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 14-15. 478 Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 8. 479 Vgl. z.B. Unger 1998, S. 47; Meffert/Burmann/Koers 2002b, S. 6; Meffert/Burmann 2002b, S. 24. 480 Vgl. Kapitel 3.2.1; Freter 1983, S. 17ff.; Bauer 1989, S. 28-30; Meffert 1999, S. 16.

Page 129: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

4 Analyse von Distributionsorganen 113

KritikSeit den 1960er und 1970er Jahren stellt die Entwicklung des verhaltenswissenschaftlichen Ansatzes „ein wichtiges Element im Kontext der kritischen Auseinandersetzung mit dem bis dato vorherrschenden ökonomischen Forschungsprogramm und speziell der Mikroökonomik sowie neoklassischer Markttheorie“481 dar. Mittlerweile sind Aussagen der verhaltenswissen-schaftlich fundierten BWL fester Bestandteil innerhalb der Marketingwissenschaft.

Als Kritik des verhaltenstheoretischen Programms wurden Probleme des Dilettantismus und der Integration interdisziplinärer Forschungsansätze sowie die Spezialisierung und Unter-schiedlichkeit verschiedener Forschungsansätze angeführt.482 Darüber hinaus kann auch mit sehr komplexen Modellen multioptionales und zuweilen paradoxes Konsumentenverhalten nur eingeschränkt erklärt werden.483

Bedeutung für den Untersuchungsgegenstand Die segmentspezifische Marktbearbeitung wird auch im Automobilvertrieb angewendet, es erscheint daher zweckmäßig die Differenzierung der Geschäftsmodelle auch im Hinblick auf das jeweils bearbeitete Marktsegment vorzunehmen. Dabei wird auf die in Kapitel 3.2.1 dargestellten Ansätze zurückgegriffen, welche zumindest in Teilen auf verhaltenswissen-schaftlich geprägter Logik und Erkenntnis basieren. Ein Beispiel ist die Privatkunden-segmentierung in soziale Milieus. Diese Perspektive ist für das Leistungskonzept der Geschäftsmodell-Differenzierung zweckmäßig: Geschäftsmodelle des Automobilvertriebs unterscheiden sich im Hinblick auf die Definition ihrer Zielkunden, indem Privat- oder Geschäftskunden bzw. der Gesamtmarkt oder Marktsegmente bearbeitet werden. Außerdem hat sich das Modell des Kaufprozesses als geeignetes Analyseinstrument im Automobil-vertrieb etabliert. Wie in Kapitel 4.4.1 zu zeigen sein wird, kann es auch für die Geschäfts-modell-Differenzierung eingesetzt werden. Weiterhin bietet es sich an, bei der Analyse des Kommunikationskonzepts von Geschäftsmodellen Aspekte aufzunehmen, welche sich des verhaltenswissenschaftlichen Ansatzes bedienen: In Kapitel 4.4 wird erörtert, warum es zweckmäßig ist, die Kommunikationsinstrumente, die das Geschäftsmodell in besonderer Weise nutzt sowie den Umgang mit Fahrzeugmarken und etwaigen Eigen- bzw. Handels-marken bei der Geschäftsmodellanalyse zu berücksichtigen. Diese Arbeit bedient sich dementsprechend nicht nur durch die in Kapitel 5 angewendete empirische Methode „verhaltenswissenschaftlich geprägter Forschungsprogrammatik“484.

4.3.2.5 Consumer-based view der Unternehmung Bei der Customer-based view der Unternehmung handelt es sich um eine Grundperspektive des Managements, welche die markt- bzw. kundenorientierte Sicht des Managements mit dem Ressourcenansatz der Strategielehre (RBV) und dem Ansatz der wertorientierten 481 Wiedmann 2004, S. 11. 482 Kaas 2000, S. 65; Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 7; Wiedmann 2004, S. 17 und 19. 483 Vgl. Schüpperhauer 1996, S. 67-71. 484 Vgl. Wiedmann 2004, S. 12-14.

Page 130: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

114 4 Analyse von Distributionsorganen

Unternehmensführung verknüpft. Dabei werden vier Annahmen in den in Abbildung 37 dargestellten kausalen Zusammenhang gebracht:485

• Kundenzufriedenheit beeinflusst den Unternehmenswert • Kundenzufriedenheit wird durch den vom Kunden wahrgenommenen Wert der vom

Unternehmen angebotenen Produkte und (Dienst-) Leistungen bestimmt. Die wahr-genommenen Produkte und Dienstleistungen werden in diesem Zusammenhang Customer Value genannt.

• Inwieweit Unternehmen in der Lage sind Customer Value zu schaffen, wird durch zwei Elemente bestimmt: Erstens muss die Ressourcenausstattung des Unternehmens die Schaffung von Customer Value ermöglichen. Zweitens werden sich Effizienz und Effektivität des Ressourceneinsatzes zur Schaffung von Customer Value in Abhängigkeit der vorhandenen Kernkompetenzen unternehmensindividuell unterscheiden.

• Die Entwicklung derartiger Kernkompetenzen setzt die Zufriedenstellung der finanziellen Ansprüche der Stakeholder und insbesondere der Kapitalgeber voraus, sodass das notwendige Kapital zur Verfügung gestellt werden kann.

Kundenzufriedenheit

Kernkompetenzen

CustomerValue Unternehmenswert

+

+

+

+

Abbildung 37: Kausalzusammenhang der Customer-based view der Unternehmung486

Zusammenhang Kundenzufriedenheit und Unternehmenswert MATZLER/STAHL487 stellen heraus, dass der Unternehmenswert in Abhängigkeit von vier Treibern gesteigert werden kann – nämlich Beschleunigung, Erhöhung und Verringerung der Volatilität des Cash-Flows sowie Erhöhung des Residualwertes. Es wird gezeigt, dass erhöhte Kundenzufriedenheit positiv auf den das Wiederkaufverhalten wirkt, die Empfänglichkeit für Cross-Selling Angebote erhöht, zu niedrigerer Preissensibilität führt und positive Mundwerbung hervorruft. MATZLER/STAHL zeigen, dass diese vier Wirkungsmechanismen sieben Einflussfaktoren – nämlich verringerte Akquisitionskosten, niedrigere Bezugskosten, stabile Kundenbasis, höhere Preise, höhere Verkaufszahlen, raschere Marktpenetration und positive Reputation – bestimmen, welche wiederum die vier genannten Treiber des Unternehmenswertes und somit den Unternehmenswert selbst positiv beeinflussen.

485 Vgl. Matzler/Stahl/Hinterhuber 2006, S. 6. 486 Vgl. ebenda, S. 7. 487 Vgl. Matzler/Stahl 2000, S. 636-638.

Page 131: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

4 Analyse von Distributionsorganen 115

hoch

HoheUnzufriedenheit

Indifferenz-zone

Zone derEnttäuschung

Zone der Übertreibung

„Overservicing“

Zone derBegeisterung

keineUnzufriedenheit

Abwesenheit vonZufriedenheit

HoheZufriedenheit

niedrig

Unt

erne

hmen

swer

t

Erwartungen enttäuscht

Erwartungen übertroffen

Abbildung 38: Zusammenhang zwischen Kundenzufriedenheit und Unternehmenswert488

Zusammenfassend vermuten sie einen nichtlinearen, sattelförmigen Zusammenhang zwischen Kundenzufriedenheit und Unternehmenswert, wie er in Abbildung 38 qualitativ dargestellt ist.

Zusammenhang Customer Value und Kundenzufriedenheit „Der vom Kunden […] einem Produkt oder einer Dienstleistung zugeschriebene Wert […] resultiert aus der Wahrnehmung zweier Faktoren: der wahrgenommenen Qualität und dem wahrgenommenen Preis.“489 Über beide Faktoren hat der Kunde eine Erwartung, werden Kundenerwartungen durch ein Unternehmen relativ besser/schlechter erfüllt, als durch ein anderes, ergibt sich unterschiedlicher Customer Value. Die Erwartung beeinflusst die Kundenzufriedenheit: Wird die Erwartung übererfüllt, steigt die Zufriedenheit. Wird die Erwartung getroffen ergibt sich Indifferenz, während bei Untererfüllung der Erwartung Unzufriedenheit entsteht. Dabei sind der wahrgenommener Preis und wahrgenommene Qualität mehrdimensional sowie der Zusammenhang zwischen Kundenzufriedenheit und Wichtigkeit des Kundenzufriedenheit-bestimmenden Attributes nichtlinear und asymmetrisch.

Das Konzept erlaubt nicht nur einzelne Produkte oder (Dienst-) Leistungen miteinander zu vergleichen, sondern auch das vom Kunden wahrgenommene Angebot eines gesamten Unternehmens. Ähnlich den Überlegungen der MBV können mehrere Unternehmen mit ähnlich strukturiertem Customer Value zu Strategischen Gruppen zusammengefasst werden. Wie in Abbildung 39 dargestellt, führt das Bestreben der Unternehmen sich im Wettbewerb zu differenzieren und zu profilieren langfristig zur Veränderung der Wettbewerbssituation über den Ausbruch aus einer Strategischen Gruppe, die Bildung neuer oder die Verschiebung Strategischer Gruppen. 488 Vgl. Matzler/Stahl/Hinterhuber 2006, S. 15. 489 Vgl. ebenda, S. 16.

Page 132: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

116 4 Analyse von Distributionsorganen

Strategische Gruppe C

Gleichgewichtslinie: wahr-genommener Customer Value gleich

HoherCustomer Value

NiedrigerCustomer Value

Strategische Gruppe B

1,0

1,0

Strategische Gruppe A

Mögliche Entwicklungsrichtungen eines Unternehmens

Mögliche neue Position der Strategischen Gruppe Aim Zeitverlauf

Relative Qualität

Relativer Preis

Strategische Gruppe C

Gleichgewichtslinie: wahr-genommener Customer Value gleich

HoherCustomer Value

NiedrigerCustomer Value

Strategische Gruppe B

1,0

1,0

Strategische Gruppe A

Mögliche Entwicklungsrichtungen eines Unternehmens

Mögliche neue Position der Strategischen Gruppe Aim Zeitverlauf

Relative Qualität

Relativer Preis

Abbildung 39: Wettbewerb um Customer Value490

Zusammenhang Kernkompetenzen und Customer Value Ausgangspunkt ist die RBV, d.h. der Unternehmenserfolg wird insbesondere durch die unternehmensindividuelle Verfügbarkeit von Ressourcen und Kompetenzen bestimmt. Herausforderung eines Unternehmens ist die Entwicklung oder Beschaffung von Kern-kompetenzen, die in ihrer Kombination die effiziente und effektive Schaffung von Customer Value ermöglichen. Ist die Ausstattung eines Unternehmens mit Ressourcen und Kompetenzen relativ zum Wettbewerb nicht dazu geeignet über Customer Value Kunden-zufriedenheit sicherzustellen, verfügt es entweder über zu wenige oder im relevanten Markt nicht nutzbare Ressourcen bzw. Kompetenzen. Desgleichen kann über die relativ zum Wett-bewerb bessere Ausstattung mit Ressourcen und Kompetenzen, welche den Customer Value im Branchenvergleich übermäßig erhöhen – also mit Kernkompetenzen, Differenzierung zum Wettbewerb erreicht werden.

Zusammenhang Unternehmenswert und Kernkompetenzen Der Aufbau von Kernkompetenzen erfordert langfristige Investitionen, welche im Unternehmen nur dann getätigt werden, wenn die Befriedigung von „normalen“ Rendite-erwartungen der Kapitalgeber kurz- bis mittelfristig befriedigt, der zumindest langfristige überdurchschnittliche ROI einer Investition in Kernkompetenzen ausreichend sicher erwartet werden kann. Letzteres erfordert letztlich die Anerkennung des in Abbildung 37 dargestelltenZusammenhangs durch die Kapitalgeber.

Kritische Würdigung Bei der Customer-based view der Unternehmung handelt es sich um ein relativ junges Modell, welches die Ansätze der RBV, der wertorientierten Unternehmensführung und der kundenorientierten Sicht der Unternehmung integriert. Die Stärke des Modells resultiert in der empirisch gesicherten Kombination der genannten Ansätze vor allem für wettbewerbs-

490 Vgl. ebenda, S. 17.

Page 133: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

4 Analyse von Distributionsorganen 117

intensive Branchen. Es ist jedoch zu früh, um von einem weitgehend ausgebauten und ausreichend empirisch geprüften Managementansatz zu sprechen.491

Das Modell kann empirisch zeigen, dass der Unternehmenswert durch die genannten vier Treiber des Unternehmenswertes beeinflusst wird. Letztere werden im Modell durch Einfluss-faktoren bestimmt, die insbesondere durch ihren Bezug zum Konstrukt Kundenzufriedenheit charakterisiert sind. Allerdings ist zu fragen, ob zusätzlich auf die Treiber des Unter-nehmenswertes respektive auf den Unternehmenswert selbst, noch andere Einflussfaktoren wirken, die im vorliegenden Modell (noch) nicht berücksichtigt sind. Die prinzipielle Aussagekraft würde dadurch indes kaum geschmälert.

Bedeutung für den Untersuchungsgegenstand Die Customer-based view der Unternehmung hat insbesondere als Argumentationslogik Bedeutung für die Operationalisierung des Geschäftsmodell-Konstrukts und das Multikanal-management. Es ergeben sich drei aufeinander aufbauende Überlegungen.

• Kundenzufriedenheit und Multikanalmanagement im Allgemeinen: Hersteller haben bei der Gestaltung des Distributionssystems u.a. die Kundenzufriedenheit im Auge, weil sie den in der Customer-based view formulierten positiven Effekt auf den Unternehmenswert unterstellen. Weiterhin wird angenommen, dass nicht nur die vertriebenen Produkte – also Fahrzeuge und Dienstleistungen, sondern auch deren „Art der Vermarktung“ auf den vom Kunden wahrgenommenen Customer Value Einfluss hat. Die „Art der Vermarktung“ resultiert aus der Gestaltung des Distributionssystems im Allgemeinen und der Gestaltung der Distributionsorgane im Speziellen. Die Auswahl der „richtigen“ Distributionsorgane ist in dieser Hinsicht mit der Auswahl des „richtigen“ Geschäftsmodell-Portfolios gleichzusetzen. Mithin wird die Zusammensetzung der Absatzkanäle bzw. des Multikanal-systems beeinflusst. Hersteller können folglich versuchen, sich über die in Abbildung 39 dargestellte Logik gegenüber Kunden zu profilieren, um Wettbewerbsvorteile zu erreichen.492

• Geschäftsmodelle zur Steigerung des Customer Value: Ähnlich der Darstellung in Abbildung 39 können relativ zum Wettbewerb unterschiedliche Ausgestaltungen der Distributionsorgane unterschiedlichen Customer Value beim Kunden begründen.493

Umgekehrt werden verschiedene Kundengruppen den individuellen Customer Value eines Distributionsorgans bzw. Geschäftsmodells unterschiedlich beurteilen. Ein Hersteller wird also zur Befriedigung unterschiedlicher Kundengruppen verschiedene Geschäftsmodelle parallel einsetzen, womit wiederum der Zweck von Multikanalmanagement begründet ist. Außerdem sind die Geschäftsmodelle selbst im Sinne der Steigerung des Customer Value zu optimieren, so dass positive Differenzierung vom Wettbewerb möglich wird.

• Geschäftsmodellvielfalt als Kernkompetenz: Ausgehend vom vorangegangenen Argument sollte ein Unternehmen seine Ressourcen- und Kompetenzausstattung u.a. dahingehend optimieren, die – für die jeweilig anzusprechenden Kundengruppen „richtigen“ – Geschäftsmodelle im Multikanalmanagement integrieren zu können. Mithin ist der

491 Vgl. Matzler/Stahl 2000, S. 637-638. 492 Danach würde ein Hersteller mit seinem individuellen Geschäftsmodell-Portfolio in Abbildung 39 einen Punkt

innerhalb einer Strategischen Gruppe repräsentieren. 493 Danach würde jedes Distributionsorgan einen Punkt innerhalb einer Strategischen Gruppe in Abbildung 39

repräsentieren. Die Strategische Gruppe selbst entspricht dabei jeweils einem Distributionsorgan-Typ respektive einem Geschäftsmodell.

Page 134: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

118 4 Analyse von Distributionsorganen

effiziente und effektive Einsatz des Multikanalmanagements im Allgemeinen und der Wahl des optimalen Geschäftsmodell-Portfolios im Speziellen Ausdruck von Kern-kompetenz. Bezogen auf die Kreislauflogik der Customer-based view in Abbildung 37, ist im Rahmen der wertorientierten Unternehmensführung in die notwendigen Kern-kompetenzen zur Bildung des im Wettbewerb superioren Geschäftsmodell-Portfolios bzw. Multikanalmanagements zu investieren.

4.3.2.6 Theoretische Ansätze als Basis der Ausgestaltung des Analysekonstrukts Sowohl MBV als auch RBV versuchen Wettbewerbsvorsprünge von Unternehmen zu erklären, um Wege zur Sicherung bzw. zum Aufbau von Wettbewerbsvorteilen beschreiben zu können. In diversen Aufsätzen wird die RBV als komplementäre Forschungsrichtung der MBV bezeichnet.494 „Birgt die anfängliche Euphorie die Gefahr, nur Einseitigkeit durch Einseitigkeit zu ersetzen, reift nach und nach die Erkenntnis, dass MBV und RBV weder konkurrierende, noch disjunkte, sondern komplementäre, stellenweise interdependente Erklärungsansätze darstellen.“495 Wie bereits erläutert, stehen bei der RBV unternehmens-interne Aspekte im Zentrum der Überlegungen, während die MBV i.S.d. SCP die Wahl der Strategie basierend auf einer Marktstrukturanalyse in das Zentrum rückt. Keiner der beiden Ansätze lässt die jeweils andere Perspektive vollständig unberücksichtigt: Die RBV betrachtet implizit auch die Unternehmensumwelt496, während die MBV bspw. mit dem Wertketten-ansatz auch unternehmensinterne Aspekte497 untersucht. Insofern kann allenfalls von einer unterschiedlichen Schwerpunktsetzung der Ansätze gesprochen werden. FRIDRICH/MATZLER/STAHL verdeutlichen die unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen in der Unternehmensforschung in Anlehnung an HOSKISSON et al. mit der Bewegung eines Pendels.498

Markt/Wettbewerbs-

umfeldUnternehmen

Markt/Wettbewerbs-

umfeldUnternehmen

Markt/Wettbewerbs-

umfeldUnternehmen

Markt/Wettbewerbs-

umfeldUnternehmen

Business Policy I/O bzw. MBV NIÖ RBVZeit

Abbildung 40: Entwicklungen der Strategie- und Unternehmensforschung499

Je nach Auslenkung des Pendels in Abbildung 40 konzentrieren sich die Erklärungsmuster für Übergewinne eher auf das Unternehmen selbst – wie bei der RBV – oder auf dessen Markt-

494 Vgl. u.a. Haertsch 2000, S. 147; Rasche 2000, S. 71; Schögel 2001, S. 33; Freiling 2001, S. 11; Spanos/Lioukas

2001; Friedrich/Matzler/Stahl 2002, S. 34; Rasche 2002, S. 34; Peteraf/Bergen 2003, S. 1027ff.; Slotegraaf/Moorman/Inman 2003, S. 307; Kalmlage/Seuring 2003, S. 12; Wiedenhofer 2003, S. 16; Leask 2004, S. 22.

495 Friedrich/Matzler/Stahl 2002, S. 34. 496 Vgl. Kapitel 3.3.2.2.; Freiling 2000, S. 18; Freiling 2001, S. 8; Priem/Butler 2001b, S. 34. 497 Vgl. Abbildung 31. 498 Vgl. Hoskisson et al. 1999; Friedrich/Matzler/Stahl 2002, S. 34-35. 499 Vgl. Hoskisson et al. 1999, S. 421.

Page 135: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

4 Analyse von Distributionsorganen 119

bzw. Wettbewerbsumfeld – wie bei der MBV. Die beiden Autorenteams argumentieren, dass jede Pendelbewegung die Forschung auf ein höheres Erkenntnisniveau bringt. Folgt man dieser Betrachtung, ist es einleuchtend, die MBV und die RBV, als komplementäre Sichtweisen verstanden, anzuwenden: „Attraktive Marktpositionen lassen sich nur mit überlegenen Fähigkeiten einnehmen und halten. Gleichzeitig sind die Stärken eines Unternehmens nutzlos, wenn sie sich nicht in der differenzierten Stiftung von Kundennutzen niederschlagen.“500

Der TAK-Ansatz bietet eine fokussierte Perspektive auf institutionelle Arrangements zwischen Markt und Hierarchie. Wie bereits erläutert, bietet diese Sichtweise einen tieferen Einblick in die Koordinationsmechanismen und bildet somit eine Basis der GM-Analyse. Gleichsam können stark vom verhaltenstheoretischen Ansatz beeinflusste Methoden und Modelle bei der Geschäftsmodellanalyse bzgl. Leistungs- und Kommunikationskonzept angewendet werden. Nicht zuletzt bietet die Customer-based view der Unternehmung eine wichtige Grundperspektive für das Multikanalmanagement im Allgemeinen und die Auswahl und Entwicklung der Distributionsorgane bzw. zugrundeliegenden Geschäftsmodelle im Speziellen.

Ziel des GM-Ansatzes ist die umfassende Darstellung einer Geschäftstätigkeit, folglich sollten sich ergänzende Sichtweisen, zugunsten der Fokussierung auf ein bestimmtes Forschungsprogramm, nicht unberücksichtigt bleiben. Vielmehr erscheint es zweckmäßig, sich derjenigen Forschungsansätze zu bedienen, die hohes Erklärungspotenzial für die Praxis haben.501 Für die vorliegende Arbeit sollen daher die unterschiedlichen Perspektiven im Geschäftsmodell-Ansatz verwendet werden und so das synoptische Vorgehen von BIEGER/RÜEGG-STÜRM/VON ROHR konsequent weiter verfolgt und ausgearbeitet werden.502

Das Analysekonstrukt Geschäftsmodell fungiert insofern als Klammer und soll die Betrachtung, Differenzierung und Beurteilung der Absatzkanal-konstituierenden Distributionsorgane aus verschiedenen (z.T. komplementären) Perspektiven zusammenhalten. Dabei wird es sich je nach Geschäftsmodell anbieten, die eine oder andere Perspektive stärker zu berücksichtigen.

An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass es nicht das Anliegen der vorliegenden Arbeit ist, die verschiedenen Ansätze503 in einem übergeordneten Theorieentwurf zu integrieren.

500 Zahn/Foschiani/Tilebein 2000, S. 51. 501 Vgl. Meffert 1999, S. 236. 502 HEDMANN/KALLING zeigen, dass den meisten Geschäftsmodell-Ansätzen letztlich mehrere Dimensionen zu

Grunde liegen. Darin sehen sie einen wesentlichen Vorteil der GM-Analyse. Vgl. Hedman/Kalling 2003, S. 49 und S. 51. Beispiele für die gleichzeitige Anwendung mehrerer Theorie-Ansätze sind Laurent 1996; Haertsch 2000, Pehrsson 2000, Mayer 2000, Fearns 2004, Proff 2004, Smend 2003, Smend 2004, Ossadnik/Dorenkamp/Wilmsmann 2005.

503 Der in der Literatur geführten Diskussion, ob es sich bei den dargestellten Ansätzen um geschlossene, offene oder überhaupt um Theorien handelt soll in dieser Arbeit nicht nachgegagen werden. Vgl. dazu bspw. Porter 1991; Freiling 2001; Priem/Butler 2001b; Priem/Butler 2001a; Barney 2001. Zur Bewertung von Theorien vgl. u.a. Heubes 1980; Kaas 2000.

Page 136: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

120 4 Analyse von Distributionsorganen

Vielmehr bilden die einzelnen Ansätze parallel und zielgerichtet im Rahmen ihrer jeweilig größten Erklärungskraft den Hintergrund des GM-Konstrukts.504

4.4 Operationalisierung des Analysekonstrukts für den Untersuchungsgegenstand Die Diskussion um die Anwendung des Analysekonstrukts Geschäftsmodell im Rahmen des Multikanalmanagements sowie dessen inhaltliche Präzisierung war zunächst theoriegeleitet angelegt. Dabei wurde der theoretische Rahmen für die in Kapitel 4.3 ausgewählten Unter-suchungskriterien nach BIEGER/RÜEGG-STÜRM/VON ROHR abgesteckt. Im folgenden Kapitel wird die Operationalisierung des Geschäftsmodell-Ansatzes auch unter Berücksichtigung der in Kapitel 3 erarbeiteten Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren vorgenommen.

4.4.1 Leistungskonzept Das Leistungskonzept betrachtet Leistungssystem und Funktionsumfang, die den unterschiedlichen Kundengruppen angeboten werden. Es ist das zentrale Differenzierungs-instrument des Geschäftsmodells gegenüber dem Wettbewerb, in dem die Zusicherung einer bestimmten Kombination dominanter Nutzenkriterien wie Preis, Qualität, Leistung, Auswahl, Bequemlichkeit etc. gegenüber den relevanten Kundengruppen erfolgt.505 Im Rahmen der Leistungskonzeptanalyse müssen demzufolge drei wesentliche Fragen beantwortet werden:

• Welches sind die relevanten Kundengruppen, gegenüber denen Leistungen erbracht werden?

• Welche Angebote werden direkt gegenüber den Kunden entlang des Kaufprozesses gemacht? Aus der Beantwortung dieser Frage ergibt sich die Beschreibung der unique selling proposition (USP)506 aus Kundensicht.

• Welcher Ausschnitt der Distributionsfunktionen entlang der Wertschöpfungskette wird erfüllt? Daraus ergibt sich der sog. Value Add des Geschäftsmodells im Distributions-system.507

In den folgenden drei Unterkapiteln werden diese Facetten des Leistungskonzeptes genauer ausgeführt.

504 Eine Integration der Ansätze wird vor allem durch die unterschiedlichen Prämissen der Ansätze erschwert. Eine

Reihe von Autoren argumentiert daher, dass eine Integration nicht bzw. allenfalls partiell oder auf einem höheren Abstraktionsniveau möglich ist. Vgl. Meffert 1999, S. 36; Freiling 2001, S. 62-81; Literatur bei Wiedmann 2004, S. 15-17. Andere warnen z.T. sehr deutlich vor „akademischem Silodenken“ und favorisieren den gezielt kombinatorischen Einsatz der Theorie-Ansätze. Vgl. Rasche 2002, S. 384-394; Filser/McLaughlin 1989, S. 197-199; Schanz 1990, S. 229; Lengnick-Hall/Wolff 1999; Hoskisson et al. 1999, S. 446; Spanos/Lioukas 2001; Leask 2004, S. 23; Haase/Kleinaltenkamp 2004; Raisch 2004.

505 Vgl. Treacy/Wiersema 1995, S. 10; Becker 2002, S. 248. 506 Der Begriff wurde in den 1940er Jahren von REEVES geprägt. Er meint ursprünglich das für eine bestimmte

Zielgruppe einzigartige Verkaufsversprechen im Rahmen einer Werbebotschaft, beschreibt heute jedoch i.d.R. allgemein das Leistungsversprechen mit Alleinstellungsanspruch. Vgl. Reeves 1969; Nieschlag/Dichtl/Hörschgen 1997, S. 90; Becker 2002, S. 207.

507 WIRTZ betrachtet diesen Aspekt im Leistungserstellungsmodell und definiert es als die ökonomische Beziehung zwischen Einsatzmengen der Produktionsfaktoren und der damit erzielbaren Ausbringungsmenge. Vgl. Wirtz 2001, S. 213.

Page 137: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

4 Analyse von Distributionsorganen 121

4.4.1.1 Kundengruppen Bisher spielte das Merkmal „Einkaufsstättenwahl“ aufgrund des vorherrschenden Mono-kanalvertriebs in Europa praktisch keine Rolle.508 In Kapitel 3.3 wird gezeigt, dass von einem Monokanalvertrieb nicht mehr gesprochen werden kann und es für Automobilhersteller daher in Zukunft sehr wichtig sein wird, über welche Absatzkanäle bzw. über welche Geschäfts-modelle sie ihre Zielgruppen am besten erreichen. Daher sollen in der empirischen Untersuchung die erarbeiteten Geschäftsmodelle den relevanten Kundengruppen zugeordnet werden.509 In Kapitel 3.2.1 wurden bereits die in der vorliegenden Arbeit verwendeten Segmentierungskriterien im Kontext aktueller Trends vorgestellt. Abbildung 41 fasst die drei Kriterien jeweils für Privat- bzw. Geschäftskunden zusammen.

Endkundendifferenzierung

Geschäftskunden(B2B-Geschäft)

Privatkunden(B2C-Geschäft)

Preis-Premiumbereitschaft

Automobilbezogene Wertorientierung

Markenorientierung

Flottengröße

Institution

Kaufentscheidung Davon abzugrenzen: Geschäftsmodelle, die primär innerhalb des Distributionssystems tätig sind und nicht an Endkunden absetzen

Abbildung 41: Kundensegmentierung der vorliegenden Arbeit

Nicht dargestellt sind Kunden innerhalb des Vertriebssystems, wie z.B. Wiederverkäufer oder Vermittler, die durch eigene Geschäftsmodelle repräsentiert werden, die hier vorgestellte Kundesegmentierung bezieht sich auf Endkunden. Endkunden kaufen Automobile, um sie selbst bzw. in der von ihnen repräsentierten Organisation zu nutzen.510 Die drei Merkmale zur Differenzierung von Geschäftskunden sind bereits in Kapitel 3.2.1 bzw. Tabelle 4 dargestellt. Für Privatkunden soll neben der Markenorientierung das SIGMA-Milieu-Modell basierend auf den Kriterien automobilbezogene Wertorientierung und Preis-Premium-Bereitschaft zur Differenzierung herangezogen werden.511 Die Segmentierung der Privatkunden bezüglich

508 Vgl. Heise 1997, S. 215. 509 Vgl. T-2.1 (Kundengruppen), T-2.5 (Individualisierung), T-3.7 (Multikanal-Strukturen), T-3.8 (Zielkunden-

portfolios). 510 Kunden werden demzufolge als Endverbraucher gesehen. Vgl. Ahlert 1995, S. 501; Ahlert 1996, S. 9-11;

Specht/Fritz 2005, S. 312. 511 Vgl. Ascheberg/Arnold 2005. Die Anwendung des Modells ist zweckmäßig, weil es in der Automobilindustrie

vielfach genutzt wird und den Teilnehmern der empirischen Untersuchung bekannt sein dürfte. Allerdings wird dabei die Logik umgekehrt. Das SIGMA-Modell geht davon aus, dass in der Gesellschaft unterschiedliche Milieus differenziert sind, denen zudem durch Kundenbefragungen unterschiedliches Verhalten beim Auto-mobilkauf zugeordnet werden kann. Mit der Erfassung diverser Einstellungs- und Verhaltensparameter, welche das SIGMA-Modell in Beziehung setzt, werden individuelle Personen Milieus zugeordnet bzw. Milieus gebildet. Die in Abbildung 8 abgebildete Milieudarstellung vereinfacht zwecks Visualisierung diese Zuordnung auf zwei Dimensionen. Der Untersuchung der vorliegenden Arbeit ist keine Kundenbefragung zu Grunde gelegt, dementsprechend kann das Aggregationsverfahren des SIGMA-Modells nicht angewendet werden. Es wird jedoch unterstellt, dass die befragten Experten aufgrund ihrer Markt- und Modellkenntnis Aussagen darüber machen können, wie die Kunden eines bestimmten Geschäftsmodells anhand der beiden genannten Segmentierungskriterien des SIGMA-Modells einzuordnen sind. Dabei handelt es sich um eine verhältnismäßig unscharfe Aussage, die lediglich einen ersten Anhaltspunkt über das Kundenprofil liefern kann, jedoch unbedingt einer Validierung über das klassische Vorgehen der Milieu-Zuordnung bedarf. Für nachfolgende Forschungen erscheint insofern eine Kunden-zentrierte Analyse sinnvoll.

Page 138: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

122 4 Analyse von Distributionsorganen

Markenorientierung soll in Anlehnung an das in Kapitel 4.4.2 dargestellte Konzept erfolgen: Privatkunden werden danach segmentiert, ob sie eher Luxus- respektive Premiummarken oder Marken geringeren Werts nachfragen. Die Geschäftsmodelle sollen nicht nur bezüglich der aktuell bedienten Kundengruppen eingeordnet werden. Es ist zudem zu klären, welche Kundengruppen für das Geschäftsmodell zukünftig unter Berücksichtigung der Markt-veränderungen relevant sein werden.

Verglichen mit der in Kapitel 4.1 eingeführte Unterscheidung in Distributionsmittler auf Einzelhandels- und Großhandelsebene, geht die Geschäftsmodelltypologie differenzierter vor. Es wird zwischen Geschäftsmodellen, die erstens primär Absatz an Endkunden i.S.v. Privat-kunden, die zweitens Absatz an Endkunden i.S.v. Geschäftskunden betreiben und Geschäfts-modellen, die drittens innerhalb des Distributionssystems tätig sind, also gar nicht oder kaum an Endkunden absetzen, unterschieden.

4.4.1.2 Kundennutzen im Kaufprozess Das Automobil kann zumindest im Vertrieb an Privatkunden als ein High-Envolvement-Produkt mit ausgeprägten Such- und Erfahrungseigenschaften charakterisiert werden.512

Abgesehen von Wiederholungskäufen von Flotten- oder Geschäftskunden kann der Auto-mobilprozess dem extensiven Kaufentscheidungstyp zugeordnet werden. Dabei richtet sich der Grad der kognitiven Informationsverarbeitung nach den situativen Rahmenbedingungen der Kaufentscheidung und den Präpositionen des Käufers im Hinblick auf das wahrge-nommene kaufspezifische Risiko und die damit verbundenen Informationsbedarfe.513 Im B2B-Bereich liegt dagegen eine quasi habitualisierte und stark kostenorientierte Kauf-entscheidung vor. UNGER weist darauf hin, dass aufgrund verschiedener Kaufentscheidungs-typen auch kein für alle Automobilkäufe gültiger Kaufprozess identifiziert werden kann. Vielmehr lässt sich lediglich ein siebenstufiger idealtypischer Kaufprozess charakterisieren, der von den unterschiedlichen Kundengruppen vollständig oder teilweise durchlaufen wird (vgl. Abbildung 42).514

In der GM-Analyse soll die USP aus Sicht des Kunden abgebildet werden. Dabei bietet es sich an, den USP in Bezug zur Phase des Kaufprozesses zu setzen, denn nicht alle GM bieten ihren Kunden Leistungen entlang des gesamten Kaufprozesses an.515 Es muss also einerseits festgestellt werden, in welchen Phasen das GM ggü. dem Kunden aktiv wird und andererseits

512 Vgl. Diez 2001a, S. 63. 513 Vgl. Unger 1998, S. 56-63. 514 Vgl. ebenda, S. 66-67; Diez 2001a, S. 66ff.; Methner 2002, S. 120 und 124; Diez 2004b, S. 682. Die

vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Neuwagenvertrieb, insofern sind bei der Geschäftsmodellanalyse die Phasen eins und sieben weniger stark zu berücksichtigen. Diez geht in einem erweiterten Konzept stärker auf den Übergang zwischen Phase sieben und eins ein. Er betont, dass bei Privatkunden zwischen Kauf und Wiederholungskauf bis zu 54 Monate liegen. Vgl. Diez 2004b, S. 681-682.

515 Durch Channel Hopping-Verhalten nutzen Privatkunden das Unbundling von Distributionsfunktionen aus. Vgl. T-2.11 (Channel Hopping); Schögel/Sauer 2002, S. 104; Schögel 1997, S. 141.

Page 139: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

4 Analyse von Distributionsorganen 123

welche USP jeweils aus Kundensicht vorliegt. Die Verknüpfung von Kaufprozessbetrachtung und Absatzkanalgestaltung ist ein gängiger Ansatz des Multikanalmanagements.516

Unstrukturierte passive Informationsaufnahme

- Kaufanregung, Bedürfnisweckung

- Anregungen durch Freunde, Bekannte und Familie sowie Medien

- Situativ, selektive Informations-aufnahme

Strukturierte, gezielte Informationssuche, Konkretisierung der Kaufabsicht

- Aktive Informations-beschaffung

- Bildung Kaufinteresse - Phase der Angebots-

differenzierung u.a. nach Nutzenerwartung, Preis und Servicenetz

- Erste Kontakte mit Absatzorganisation

- Gespräche mit Meinungsführern

Entscheidungsfindung, Alternativenbewertung

- Konsequentere Kontakte mit Absatzorganisation

- Informations-verdichtung

- Preisverhandlungen, Finanzierung, Versicherung etc.

- Gespräche mit Fachleuten

- Probefahrt

Nutzungsphase im Alltag- Erlebnis der

Alltagstauglichkeit- Service-Wartungs-

Erfahrungen- Stärken-/Schwächen-

Erlebnis (Total-Cost-of-Ownership)

- Weitergabe der Erfahrungen

- Ggf. Entwicklung Markenloyalität

Kaufvollzug, Übergabe, erste Produkterfahrung

- Übergabe, ggf. zusätzliche Kosten

- Erstes Fahr-, Produkterlebnis

- Suche nach Kaufbestätigung

- Erste Kontakte bzgl. Service, Zubehör, Tuning etc.

Warten auf Auslieferung - Suche nach

Kaufbestätigung (personale, mediale Kommunikation)

- Ggf. Anpassung der Bestellung

1. Phase 2. Phase 3. Phase

5. Phase

4.Ph

ase:

Kau

fabs

chlu

ss

bzw

. Tra

nsak

tion

6. Phase7. Phase

Abbildung 42: Idealtypischer Automobil-Kaufprozess517

4.4.1.3 Value Add des Geschäftsmodells im Distributionssystem Die Kaufprozesses-Perspektive gibt einen ersten Eindruck dessen, welche Distributions-funktionen das jeweilige GM übernimmt. Die Differenzierung der GM anhand des jeweiligen USP entlang des Kaufprozesses ist allerdings nur auf solche GM anwendbar, die Endkunden-kontakt haben. Zudem kann daraus nicht abgeleitet werden, welche Anteile des Distributions-prozesses zwischen Hersteller und Endkunde tatsächlich ausführt. Um ein besseres Verständnis vom Leistungskonzept des GM zu erhalten, ist daher neben der Kunden-perspektive auch die Geschäftsprozess- bzw. Wertschöpfungskettenperspektive erforderlich, welche auf den in Kapitel 4.3.2.1 dargestellten Wertkettenansatz von PORTER zurückgeht.

516 Vgl. u.a. Diez 2001a, S. 330348; Smend 2003, S. 96-99; Schögel/Sauer/Schmidt 2004, S. 4; Markmann/Benze

2004, S. 330. Beide Aspekte eignen sich nicht für die Berücksichtigung in der Expertenbefragung, vielmehr werden lediglich Teilaspekte in Form einzelner Fragen diskutiert. Der USP als zentrales Element der GM-Charakterisierung wird in der Geschäftsmodellbeschreibung der empirischen Untersuchung vorgegeben.

517 Vgl. Unger 1998, S. 66.

Page 140: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

124 4 Analyse von Distributionsorganen

Dieses Konzept wird von vielen Autoren zur Unternehmens- oder GM-Analyse verwendet.518

Es eignet sich zudem für die Beschreibung intermediärer Geschäftsmodelle, die nicht gegenüber Endkunden agieren. In Abbildung 43 sind die wichtigsten Aktivitäten idealtypisch dargestellt, welche in der Neuwagendistribution zwischen der Fertigung und der Auslieferung beim Kunden stehen. Zu den strategischen Produktmanagementaktivitäten zählen Modell-sortiments-, Volumen- und Preisplanung, während das strategische Netzmanagement insbesondere Vertriebsnetzadministration und -finanzierung sowie Rechtsberatung umfasst. Die operative Vertriebsnetzbetreuung steht an der Schnittstelle zwischen strategischem Vertriebsmanagement und kundenbezogenen Aktivitäten, dazu zählen etwa Personal-entwicklung, Bereitstellung von Produkt- und Preisinformationen ggü. Kunden, Sicherstellung notwendiger IT-Unterstützung im Kaufprozess. Unter den übergreifenden kundenbezogenen Prozessen werden Key Account Managementaktivitäten und das Management zusätzlicher Dienstleistungsangebote vor Kunde subsumiert. Demgegenüber werden unter übergreifenden produktbezogenen Prozessen vor allem Auftragsmanagement, Fahrzeugdisposition und Beschaffung verstanden. 519

Die Analyse der geschäftsmodellspezifischen Schwerpunktsetzung der Übernahme von Distributionsfunktionen erleichtert die Abgrenzung und Bewertung der Geschäftsmodelle in der DSG. In Kapitel 5 soll mit diesem Ansatz vor allem für Geschäftsmodelle ohne Kunden-kontakt aufgezeigt werden, welche Aktivitäten520 das jeweilige Geschäftsmodell in der Wertschöpfungskette bzw. im Distributionssystem übernimmt bzw. welche Distributions-funktionen dadurch übernommen werden. Für die zukünftige Entwicklung dieser GM ist überdies von Interesse, ob der Anteil des GM an der Wertschöpfungskette sinken oder steigen wird.

518 Vgl. u.a. Rayport/Sviokla 1996, S. 109; Albers/Peters 1997, S. 70; Timmers 2000, S. 39ff.; Evans/Berman

2001; Schögel 2001, S. 10-11; Diez/Reindl 2005b, S. 71ff.; Bieger/Rüegg-Stürm/von Rohr 2002, S. 56-57 sowie zitierte Literatur in Kapitel 3.2.4. In Kapitel 3.2.1 wurde bereits auf die Bedeutung dieses Ansatzes für das Multikanalmanagement eingegeangen.

519 Vgl. Schögel/Sauer 2002, S. 89. Die Darstellung ist auf den Neuwagenvertrieb bezogen und umfasst somit keine Dienstleistungen über den reinen Neuwagenvertrieb hinaus. Somit sind Standardprozesse eines Gescheschäftsmodells respektive einers Unternehmens, wie etwa Personalverwaltung, IT-Unterstützung, Buchhaltung und Organisation nicht ausgewiesen. Ebensowenig sind zusätzliche Dienstleistungen aus der Nachkaufphase dargestellt, da diese durch die kaufprozessbezogene Betrachtung erfasst werden.

520 PORTER spricht in seinen Veröffentlichungen von Aktivitäten in der Wertkette. Vgl. Porter 1999b, S. 63ff. Mit der vielfachen Übernahme dieses Konzeptes in der Literatur wurden die Aktivitäten auch als Aufgaben (vgl. z.B. Schögel/Sauer 2002, S. 89) oder (Wertschöpfungs-) Prozesse (vgl. z.B. Rayport/Sviokla 1996, S. 105) bezeichnet. In der vorliegenden Arbeit sollen die Termini Prozess und Aktivität in diesem Zusammenhang synonym gebraucht werden.

Page 141: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

4 Analyse von Distributionsorganen 125

Produktbezogene Prozesse:1. Transport ab Werk2. Eingangsprüfung, nat./regionale Lagerung3. Transport zum PoS 4. Eingangsprüfung, Aufbereitung,

Zwischenlagerung5. Ausstellung 6. Aufbereitung für Übergabe an bzw. Transport

zum Kunden

Vertriebscontrolling

Strategisches Produktmanagement

Strategisches Vertriebsnetzmanagement

Operative Vertriebsnetzbetreuung

Übergreifende kundenbezogene Prozesse (z.B. Kundendatenmanagement )

Übergreifende produktbezogene Prozesse (z.B. Ordertracking)

Kundenkontaktaufnahme Verkaufsprozess Nachkaufphase

1110987654321

654321

Kundenbezogene Prozesse:1. Presse und allg. PR2. Werbung und direktes Marketing 3. Außendienst 4. Eventmarketing 5. Messen und Ausstellungen 6. Kundenpflege, CRM7. Marktforschung 8. Produktberatung und -demonstration 9. Kaufberatung und Vertragsabschluss 10. Orderabwicklung 11. Übergabe an den Kunden & Nachkaufbetreuung

Back-Office-Prozesse

Kundenbezogene Prozesse

produktbezogene Prozesse

Abbildung 43: Distributionsprozesse im Neuwagenvertrieb521

4.4.2 Kommunikationskonzept Das Kommunikationskonzept stellt dar, wie die Leistung im relevanten Markt kommunikativ verankert wird. Die Kommunikationspolitik setzt das Kommunikationskonzept am Markt um. Sie erfasst die systematische Gestaltung der Übermittlung von Informationen und Bedeutungsinhalten zum Zweck der Steuerung von Einstellungen und Verhaltensweisen bestimmter Adressaten gemäß spezifischer Zielsetzungen.522 Es handelt sich also um einen Planungs- und Organisationsprozess, der den Adressaten ein konsistentes Erscheinungsbild des Geschäftsmodells bzw. seines Leistungskonzepts vermitteln soll. Folgende Kommunikationsinstrumente können in Anlehnung an BRUHN und MEFFERT abgegrenzt werden:523

• Mediawerbung ist eine Form der unpersönlichen, mehrstufigen und indirekten Kommunikation, welche sich öffentlich und ausschließlich über technische Verbreitungs-mittel (den Medien) einseitig, mittels Wort-, Schrift-, Bild und/oder Tonzeichen, an ein disperses Publikum richtet.

521 Eigene Darstellung in Anlehnung an Porter 1999b, S. 66. 522 Vgl. Bruhn 2003, S. 1. 523 Vgl. ebenda, S. 276-349; Diez 2001a, S. 487-568; Meffert 2000a, S. 684-685; Kotler/Walther 1999, S. 668.

Page 142: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

126 4 Analyse von Distributionsorganen

• Verkaufsförderung sind meist zeitlich begrenzte Aktionen mit dem Ziel, auf nachgelagerten Vertriebsstufen durch zusätzliche Anreize Kommunikations- und Vertriebsziele eines Unternehmens zu erreichen.

• Messen und Ausstellungen umfassen zeitlich und räumlich begrenzte Veranstaltungen mit Marktcharakter, auf denen dem Publikum ein umfassendes Angebot eines oder mehrerer Wirtschaftszweige dargeboten wird.

• Direct Marketing umfasst dialogische Kommunikationsmaßnahmen, die eine individuelle Ansprache des Adressaten initiieren oder ein Responseangebot in einer zweiten Stufe anbieten.

• Sponsoring beinhaltet die Förderung von Personen, Organisationen oder Veranstaltungen in den Bereichen Sport, Kultur, Soziales, Umwelt oder Medien durch die Bereitstellung von Geld, Sachmitteln, Know-how oder Dienstleistungen.

• Multimediakommunikation ist der Einsatz verschiedener elektronischer Medien, die integriert und z.T. interaktiv gestaltet sind, um Adressaten zu informieren oder mit ihnen in Kontakt zu treten.

• Event Marketing ist die erlebnis- und dialogorientierte Inszenierung von unternehmens- oder produktbezogenen Ereignissen oder Veranstaltungen, um durch emotionale und physische Stimulans Aktivierungsprozesse in Bezug auf das Leistungskonzept des Geschäftsmodells auszulösen.

• Persönliche Kommunikation bezeichnet hier die wechselseitige Kontaktaufnahme und -abwicklung in einer Face-to-Face-Situation, in der verbale und nonverbale Kommunikationshandlungen durchgeführt werden.

• Public Relations umfasst die planmäßig Gestaltung der Beziehung zu ausgewählten internen und externen Zielgruppen.

Aufgrund der Vielfalt der Kommunikationsinstrumente, soll die vorliegende Untersuchung in der GM-Darstellung lediglich auf solche Instrumente eingehen, die das GM in typischer Weise charakterisieren.

Im Automobilvertrieb ist die Markenpolitik von herausragender Bedeutung und stellt im Hinblick auf die Kommunikation von Image und Marken der Fahrzeuge einen heraus-ragenden Erfolgsfaktor dar. Automobilhersteller differenzieren sich stark über Aufbau, Pflege und strategische Positionierung von Marken bzw. Markenportfolios.524 Sie versuchen eine kontinuierliche Kundenbindung an die Fahrzeugmarke über den gesamten Kaufprozess aufrecht zu halten und zu verstärken. Wodurch nicht zuletzt die Preisbereitschaft gegenüber der jeweiligen Marke erhöht werden soll. Das Ziel ist es daher, eine möglichst marken-exklusive respektive markenzentrierte Ausrichtung des Kommunikationskonzeptes zu erreichen. Die Bemühungen zur nachhaltigen Kundenbindung unter dem Eindruck der Aus-differenzierung unterschiedlicher Kundengruppen mit Hilfe von Markenportfolios ist Kern-element der Herstellerstrategien.525 Dessen ungeachtet etablieren Absatzmittler als Ergänzung

524 Zur Bedeutung von Marken im Automobilvertrieb vgl. u.a. Diez 2001a, S. 489, 575-578 und 609; Wehr 2001,

S. 7ff.; Zielke/Preißner/Wierich 2002, S. 137; Meffert/Burmann/Koers 2002a, S. 203; Wecker 2004, S. 20ff.; Löffler 2005, S. 548. Zu den Zielen der Markenpolitik vgl. bspw. Meffert 2000a, S. 848-850; Becker 2002, S. 188ff.; Meffert/Burmann/Koers 2002a, S. 9-13.

525 Vgl. T-1.2 (Markenspezifische DSG), T-1.3 (Gestaltung am PoS); T-2.4 (Markenloyalität); T-2.9 (Marken-inszenierung bei Privatkunden); T-3.9 (Markenwert am PoS).

Page 143: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

4 Analyse von Distributionsorganen 127

zu den Fahrzeugmarken eigene Marken – bspw. Autohaus Müller –, um insb. im regionalen Umfeld Kunden zu binden.526 Insofern ist das Markenkonzept in der GM-Analyse von besonderem Interesse. Dabei soll einerseits die Integration der Fahrzeugmarken und andererseits die Integration einer Eigenmarke in das Kommunikationskonzept betrachtet werden.

Im Rahmen des Markenmanagements werden subjektive Merkmale, wie z.B. Emotionalität, Qualität, Sportlichkeit, Prestige, Informationsfunktion, Vertrauen, und objektive Merkmale, wie bspw. Marktanteil, Preispositionierung zur Markendifferenzierung herangezogen. In der Praxis werden häufig Kombinationen aus subjektiven – auf Kundenbefragungen basierenden – und objektiven Merkmalen verwendet. Ein Beispiel stellt die in Abbildung 44 dargestellte Segmentierung in Anlehnung an DIEZ und DIETZ/KLINK/LAIB dar, welche bewusst mehrere Segmentierungskriterien integriert, um die Marken in einer zweidimensionalen Matrix abbilden zu können:527

Volumen-marken

Luxus-marken

Markenwert aus

Kundensicht

Marktanteil

Emerging-Brands

Qualitäts-marken

Rand-marken

Premium-marken

Abbildung 44: Markensegmentierungsmatrix528

• Randmarken und „Emerging Brands“: Randmarken sind im Markt weniger bekannt oder verfügen über ein schlechtes Image. Sortimentsbreite und Produktqualität dieser Marken sind eher unterdurchschnittlich, während Wettbewerbsvorteile i.d.R. über eine günstige Preispositionierung angestrebt werden. Ein flächendeckendes Verkaufs- und Servicenetz liegt nicht immer vor. Eine besondere Stellung nehmen die sog. Emerging Brands529 ein, welche neu in den Markt eintreten und über eine günstige Preispositionierung zu Volumenmarken aufsteigen wollen.

• Volumenmarken und Qualitätsmarken: Der Unterschied zwischen Volumen- und Qualitätsmarken ist fließend. Beide verfügen über hohe Marktanteile; Volumenmarken verfügen über einen geringeren, vom Kunden wahrgenommenen, Markenwert und werden daher eher mit einer niedrigeren Preispositionierung vermarktet.

• Premiummarken und Luxusmarken: Premiummarken verfügen aus Kundensicht über einen sehr hohen Markenwert. Die Produkte werden i.d.R. mit überdurchschnittlichem Angebot hinsichtlich Ausstattung, Qualität und Technologie sowie hoher Preis-

526 Vgl. Wastl/Osegowitsch 2005; Diez/Eickmeier/Meunzel 2004, S. 47; T-3.10 (Eigenmarken). 527 Vgl. Diez 2001a, S. 605; Dietz/Klink/Laib 2000, S. 57-58 und ähnlich Smend 2004, S. 141-143. 528 Vgl. Dietz/Klink/Laib 2000. 529 Dazu zählen derzeit besonders ausländische Marken, wie KIA oder Cadillac sowie chinesische Marken, die ein

volles Produktsortiment anbieten können und in ihren Heimatmärkten ein gutes Image genießen.

Page 144: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

128 4 Analyse von Distributionsorganen

positionierung vermarktet, weshalb der erreichte Anteil am Gesamtmarkt entsprechend geringer ausfällt. Luxusmarken sind durch sehr geringe Absatzzahlen und hohe Preis-positionierung gekennzeichnet.

Der vom Kunden zugeordnete Markenwert basiert auf einer Reihe von Faktoren, die dem gesamten Marketing-Mix zuzuordnen sind. Im Rahmen der Distributionsstrategie ist insb. von Bedeutung, wie die Fahrzeugmarke vom Kunden beim Kontakt mit den Distributionsorganen erlebt wird. Der betriebene Aufwand am PoS ist bei hochwertigen Marken i.d.R. höher als bei geringerwertigen Marken.530

Mehrmarkenstrategien erlauben es Herstellern bspw. regionalen Unterschieden gerecht zu werden oder mehrere Kundengruppen individueller ansprechen zu können. Dem stehen die Risiken der Mehrmarkenstrategie gegenüber, welche sich nicht zuletzt in der Kannibalisierung durch gegenseitige Marktanteilssubstitution oder in negativen Imagetransfers zeigen. Fast alle Automobilhersteller versuchen die Vorteile von Mehrmarkenstrategien zu nutzen, ohne auf Synergien und Skaleneffekte vollständig zu verzichten. Sie stehen dabei folgendem Zielkonflikt gegenüber:531

• Kostenreduzierung durch Skaleneffekte und Synergieausschöpfung: Durch die marken-übergreifend einheitliche und vernetzte Gestaltung des Vertriebssystems respektive der gesamten Produkt-, Preis-, Distributions- und Kommunikationspolitik können Skalenef-fekte generiert werden. Demgegenüber können nicht nur vor dem Hintergrund zunehmender Produktkonvergenz gleichzeitig die Probleme der Markenspreizung532 und mangelnder Markendifferenzierung aus Kundensicht auftreten. Der Positionierungs-wettbewerb über Marken wird somit erschwert.

• Exklusive Markenpositionierung: Eine gezielte, exklusive Markenführung erfordert die konsistente und weitgehend markenindividuelle Gestaltung des Marketing-Mix, um eine optimale Differenzierung gegenüber dem Wettbewerb zu erreichen.533 Insofern wird für das Vertriebssystem ein Höchstmaß an Markenexklusivität vor Kunde gefordert, was teilweise der Nutzung von Skaleneffekten bzw. Synergiepotenzialen zuwider läuft.534

WECKER konstatiert, dass „Automobilhersteller […] nur mit Unterstützung der Händler sowie durch den Einsatz einer Mehrmarkenstrategie und der damit verbundenen Führung eines Markenportfolios in der Lage sein werden, die unterschiedlichen und individuellen Ansprüche der Nachfrager zu befriedigen und diese langfristig zu binden“535. Die Herausforderung des Herstellers in der Distributionspolitik ist daher auf der einen Seite die optimale Inszenierung der individuellen Marke vor Kunde unter dem Eindruck von Kostenrestriktionen und auf der

530 Vgl. T-1.2 (Markenspezifität) und T-3.9 (Markenwert). 531 Zu den Chancen und Risiken von Mehrmarkenstrategien vgl. Diez 2001a, S. 581-582; Meffert/Burmann/Koers

2002a, S. 208-214; T-1.2 (Markenspezifische DSG); T-3.11 (Skalenvorteile). 532 Vgl. Diez 2001a, S. 600; Meffert/Burmann/Koers 2002a, S. 208-214. 533 Vgl. Mayer-Johanssen 2006, S. 7-8; Brandt 2006, S. 19; Böing/Huber/Schotte 2002, S. 29-30. 534 Relevant ist hier insb. die Exklusivität aus Kundensicht – Synergieeffekte können u.E. in Bereichen, die für den

Kunden unsichtbar sind, ausgenutzt werden. Ein besonderes Konzept ist die sog. Herstellerexklusivität: Für einen Hersteller mehrerer Marken sind Wanderungen der Kunden zwischen seinen Marken weniger problematisch als die Abwanderung zum Wettbewerb. Auf die Gestaltung der Geschäftsmodelle hat diese Differenzierung allerdings nur bei der Detailplanung Bedeutung und soll daher nicht weiter berücksichtigt werden. Vgl. Wecker 2004, S. 175.

535 ebenda, S. 121.

Page 145: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

4 Analyse von Distributionsorganen 129

anderen Seite die Integration individueller Markenstrategien in eine Markenportfoliostrategie, wenn mehr als eine Marke eines Herstellers auftreten.

Kommunikationspolitik des Geschäftsmodells

Konzentration auf Fahrzeug-

marke(n)

ParalleleStrategie

Konzentration auf Eigenmarke des Geschäftsmodells

keine

Vom Kunden erlebte

Fahrzeugmarken-exklusivität

voll-ständig

Abbildung 45: Differenzierung der Kommunikationskonzepte

Die Geschäftsmodelle sind folglich auf die vom Kunden erlebte Markenexklusivität und die Bedeutung der Eigenmarke hin zu beurteilen – vgl. Abbildung 45.

4.4.3 Ertragskonzept Das Ertragskonzept zeigt auf, wie Einnahmen erzielt werden und wie Verrechnungssysteme bezüglich Haupt- und Nebenleistungen536 aufgebaut sind. MEINHARDT weist darauf hin, dass GM selten eine einzelne Ertragsquelle nutzen, vielmehr gibt es ein Geflecht an Ertrags-mechaniken.537 Die Erträge können dabei nutzungsabhängig oder -unabhängig sein: Im Auto-mobilvertrieb spielen nutzungsabhängige Erträge – bspw. gekoppelt an den Grad der Fahr-zeugnutzung bzw. -abnutzung – lediglich dann eine Rolle, wenn das Fahrzeug nicht in das Eigentum des Nutzers übergeht oder wenn bestimmte fahrzeugbezogene Dienstleistungen – z.B. Versicherungen – nutzungsabhängig gestaltet sind. I.d.R. fallen jedoch nutzen-unabhängige Erträge an.

Es kann zudem grundsätzlich in direkte und indirekte sowie in transaktionsabhängige und transaktionsunabhängige Erlösgenerierung unterschieden werden.538 Direkte Erlöse werden direkt vom Nutzer bzw. Endkunden bezogen, indirekte Erlöse werden über Dritte generiert. Transaktionsabhängige Erlöse basieren auf einer einzelnen, vermarktungsfähigen Transaktion zwischen dem Nutzer einer Leistung und dem Geschäftsmodell. Transaktionsunabhängige Erlöse sind i.d.R. Leistungsangebote im Rahmen von Dienstleistungs- oder Kooperations-verträgen, diese spielen vor allem dann eine Rolle, wenn das GM z.B. zur Optimierung seines

536 Vgl. u.a. Nieschlag/Dichtl/Hörschgen 2002, S. 580; Hummel 2002, S. 715; Wirtz/Lihotzky 2003, S. 37. 537 Vgl. Meinhardt 2002, S. 21-24. 538 Vgl. Wirtz 2001, S. 214; Meinhardt 2002, S. 30.

Page 146: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

130 4 Analyse von Distributionsorganen

Angebotes sog. Downstreambusiness integriert.539 Tabelle 12 ordnet Beispiele aus dem Auto-mobilvertrieb dieser zweidimensionalen Matrix zu.

direkt indirekt

transaktions- abhängig

− Handel im funktionalen Sinne: Neufahrzeuge werden gekauft und wieder verkauft.

− Verkauf einer Dienstleistung: Gegen eine Gebühr wird z.B. eine Vermittlungs- oder Informationsdienstleistung erbracht.

− Provision für die Vermittlung eines Fahrzeugs

− Vermittlung einer Dienstleistung (z.B. Versicherungsvertrag)

transaktions-unabhängig

− Nutzungsunabhängige Leasingrate − Zugangsgebühr zu Dienstleistungsportalen im

Internet, z.B. B2B-Onlinemarktplatz

− Festes Entgelt bzw. Entschädigung für Verkaufsförderungsmaßnahmen o.ä.

Tabelle 12: Beispiele für Erlösmechaniken

Bezogen auf die in Kapitel 4.1 eingeführte Unterscheidung in Distributionsmittler und -helfer, ist es zweckmäßig die Übernahme wirtschaftlichen Risiko am Distributionsgut bzw. damit einhergehend den typischen doppelten Eigentumsübergang von Handel im funktionalen Sinne zu berücksichtigen. Geschäftsmodelle, die auf direkten Erlösmodellen basieren, können daher Distributionsmittler oder Distributionsorgane des Herstellers sein. Entsprechend gilt für Distributionshelfer, dass ihnen keine direkte Erlösgenerierung am Distributionssubjekt Auto-mobil möglich ist.

4.4.4 Wachstumskonzept Das Wachstumskonzept betrachtet, wie Wachstumsziele erreicht werden sollen und welche Mechanismen dabei wirken. Das Wachstumskonzept ist eng mit der strategischen Ausrichtung bzw. der Wettbewerbsstrategie verbunden. Das Wachstumskonzept soll in diesem Zusammenhang auf zwei Aspekte fokussiert werden – siehe Abbildung 46 und Abbildung 47:

• Welche Basisstrategie verfolgt das Geschäftsmodell? Dieser Aspekt ist für den Automobilvertrieb von Bedeutung, weil selbständige Absatzmittler ihre GM u.U. mit Wettbewerbsstrategien betreiben, welche der Distributions- und Marketingstrategie des Herstellers zuwider laufen. Dazu eignet sich im ersten Schritt die Unterteilung in Kosten- und Differenzierungsstrategie bzgl. Gesamtmarkt oder Nische nach PORTER.540

539 Vgl. Josko/Dietz 2006, S. 59-61; T-3.5 (Downstreambusiness). 540 Vgl. Porter 1999a, S. 70-78 bzw. Kapitel 3.3.2.1. Die klassische Wettbewerbsstrategie von PORTER eignet sich

aufgrund ihrer Bekanntheit, denn daher ist sie auch in der empirischen Untersuchung leicht operationalisierbar. Neben diesem Ansatz wurden noch diverse andere Wettbewerbsstrategien entwickelt, die Gegenstand einer differenzierteren GM-Analyse sein könnten. Vgl. Überblick z.B. bei Weishäupl 2003, S. 21-57. FILSER/MCLAUGHLIN präsentieren ebenfalls differenzierte Ansatzpunkte, die erst bei der strategischen Weiter-entwicklung von Distrubutionsorganen eine Rolle spielen dürften, vgl. Filser/McLaughlin 1989, S. 201.

Page 147: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

4 Analyse von Distributionsorganen 131

Strategisches Zielobjekt

Strategischer Vorteil

Kostenvorsprung ggü. Wettbewerb

Singularität aus Kundensicht

Segment-spezifisch

Branchen-weit

Umfassende Kosten-führerschaftDifferenzierung

Konzentration auf Schwerpunkte (Nischen)

Abbildung 46: Basisstrategien nach PORTER541

• Wächst das Geschäftsmodell durch die Ausdehnung im eigenen Markt oder durch die Erschließung neuer Märkte?542 Der Markt kann als Menge von Anbietern, Gütern und Nachfragern – inklusive deren Bedürfnisse – verstanden werden.543 Die Erschließung neuer Märkte erfolgt daher entweder über die Ansprache zusätzlicher Kundengruppen oder über die Erweiterung des Güter- bzw. Leistungsangebots. Neue Kunden können durch eine geographische Ausdehnung544 oder über die Veränderung des Leistungs-konzeptes angesprochen werden.

Abbildung 47: Wachstumsstrategien – geographische Perspektive545

4.4.5 Kompetenzkonfiguration Die Kompetenzkonfiguration stellt dar, welche (Kern-) Kompetenzen zur Verfügung stehen und wie sie eingesetzt werden sollen. Der VRIO-Ansatz ist das Kernstück zur Identifikation von Ressourcen und Kernkompetenzen. Ressourcen sind mit dem VRIO-Ansatz gut abzugrenzen. BARNEY hat bei der Einführung des Ansatzes indes keinen Unterschied zwischen Inputfaktoren und Kompetenzen gemacht, vielmehr werden letztere erst in der Weiterentwicklung der RBV berücksichtigt. Aufbauend auf der in Kapitel 4.3.2.2 dargestellten Definition sind Kompetenzen immer im Zusammenhang mit Ressourcen zu sehen, denn sie ergeben sich erst aus der individuellen, zielgerichteten und schwer nachahmbaren Kombination von Inputgütern mit Fähigkeiten. Kernkompetenzen sind als Kompetenzen zu definieren, die neben den VRIO-Kriterien einen langfristig zu

541 Vgl. Porter 1999a, S. 75. 542 Vgl. Bieger/Rüegg-Stürm/von Rohr 2002, S. 55. 543 Vgl. z.B. Nieschlag/Dichtl/Hörschgen 2002, S. 81f.; Mankiw 1999, S. 70; Hansen/Bode 1999, S. 276-280. 544 Darunter fällt auch die Verlagerung ins Internet, die eine geographische Bindung aufheben kann. 545 Vgl. Porter 1999a, S. 75.

Geographische Perspektiveneue Märktealter Markt

Wachstum in neuen Märktenmit unverändertemLeistungskonzept

Wachstumnur über Marktwachstum

unver-ändert

Leistungs-konzept

ver-ändert

Wachstumüber beide Hebel

Wachstumüber neue Kundenmit verändertemLeistungskonzept

Page 148: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

132 4 Analyse von Distributionsorganen

verteidigenden und i.S.v. Kundennutzen wahrgenommen Wettbewerbsvorteil546 begründen und insofern eine besondere Bedeutung zur Erreichung der Ziele des Unternehmens haben. Überdies sind Kernkompetenzen dazu geeignet, in verschiedenen (Teil-) Märkten erfolgreich eingesetzt zu werden.547

4.4.6 Organisationsform Geschäftsmodelle als integrierte, in sich arbeitsteilige Gebilde, können nur dann langfristig existieren, wenn sie in ihrem Binnenbereich die mit jeder arbeitsteiligen Leistungserstellung verbundenen Koordinationsprobleme besser lösen können, als dies bei einer Abwicklung mit externen Partnern der Fall wäre. Die Organisationsform zeigt auf, wie Ressourcen und Kompetenzen organisiert sind, um das Leistungssystem anbieten zu können und wo Unter-nehmensgrenzen und Schnittstellen liegen. Demzufolge können zwei Aspekte betrachtet werden, die interne Organisation, als auch die Position in der Wertschöpfungskette: Die interne Organisation von Kompetenzen spielt in Bezug auf den Untersuchungsgegenstand eine untergeordnete Rolle, denn bei der Beurteilung der unterschiedlichen Geschäftsmodelle im Rahmen einer Distributionsstrategieplanung ist diese Information für den Hersteller zunächst sekundär. Dieser Aspekt wird daher hier nicht weiter berücksichtigt.

Demgegenüber ist die Position des GM in der Wertschöpfungskette von entscheidender Bedeutung. Die GM sind potenzielle Elemente einer Multikanal-Distributionsstrategie. Insofern muss die Interaktion und relative Positionierung der GM geplant werden. Insbesondere durch den vermehrten Einsatz des Electronic Business wurden zahlreiche Veränderungen in Vermarktung und Distribution ausgelöst, die Auswirkungen auf die Konstitution von Wertschöpfungssystemen haben bzw. zu neuen Organisationsformen von Distributionsorganen führen. Insbesondere neue Geschäftsmodelle zeichnen sich durch die vollständige oder teilweise Dekonstruktion traditioneller Wertschöpfungsketten aus.548 Dabei können zwei dichotome Entwicklungsrichtungen unterschieden werden:549

• Intermediation: Intermediation beschreibt die Aufspaltung eines Absatzkanals insb. durch den Einsatz moderner IuK-Technologie und/oder neuer Organisationsformen.550 Neue Geschäftsmodelle konzentrieren sich mithin auf Kernkompetenzen bzw. einen für sie strategisch bedeutenden Ausschnitt des Wertschöpfungsprozesses. Die Strategie der Intermediation bedeutet jedoch nicht unbedingt die Einschränkung des Leistungskonzepts

546 Vgl. Homp 2000, S. 169; Nasner 2004, S. 21-26. 547 Wie auch die anderen Begriffe der RBV bzw. ihrer Ableger ist der Begriff Kernkompetenz keineswegs fest

umrissen. Die dargestellten Eigenschaften sind jedoch der zitierten Literatur gemein. Vgl. Kapitel 3.3.2.2 und die dort zitierte Literatur, sowie Prahalad/Hamel 1990, S. 83-84; Müser 1999, S. 59-72; Rose 2000, S. 35-38; Faix/Kupp 2002, S. 65-78; Kalmlage/Seuring 2003, S. 14-17; Marquardt 2003, S. 31-34; Thoma 2003, S. 33-51; Ostendorf 2005, S. 13-20; Lauterbach 2005, S. 81ff. Ferner werden von einigen Autoren weitere Begriffe abgegrenzt, wie z.B. dynamischen Kernkompetenzen (Rose 2000, S. 35f.) oder Metakompetenzen (Nasner 2004, S. 27; Ostendorf 2005, S. 14), die hier nicht berücksichtigt werden sollen.

548 Vgl. u.a. Schögel 2001, S. 11; T-3.8 (Zielkundenportfolios); T-5.8 (Möglichkeiten der Koordination); Kapitel 3.3.2.

549 Vgl. Schögel/Birkhofer/Tomczak 1999, S. 292-296; Bieger/Rüegg-Stürm/von Rohr 2002, S. 42; Wirtz/Krol 2002, S. 94-96; Fritz 2004, S. 245-246.

550 Vgl. Evans/Wurster 1997, S. 79; Tomczak/Schögel/Birkhofer 2000, S. 224.

Page 149: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

4 Analyse von Distributionsorganen 133

auf die Aktivitäten einer Wertschöpfungsstufe, da das Leistungssystem über Kooperationen und Vernetzung erweitert werden kann – bspw. durch die Orchestrator-Organisation.551 Ziel dieses Vorgehens ist die Realisierung von Kosteneinsparungen und Spezialisierungsgewinnen.

• Disintermediation: Als Gegenteil der Intermediation beschreibt diese Entwicklung die Eliminierung von Zwischenstufen einer Wertschöpfungskette insb. durch den Einsatz von IuK-Technologie und/oder neuer Organisationsformen.552 Durch die Umgehung von Absatzmittlern oder -helfern und der selbständigen Koordination der Distributions-aktivitäten können Kosteneinsparungspotenziale und somit Wettbewerbsvorteile realisiert werden.

Für die vorliegende Analyse soll auf eine Differenzierung von MEINHARDT zurückgegriffen werden, welche an den Untersuchungsgegenstand angepasst wurde.553

Her

stel

ler

Endk

unde

„Integrator“

Her

stel

ler

Endk

unde

„Spezialist“

Her

stel

ler

Endk

unde

„Orchestrator/Koordinator“

Her

stel

ler

Endk

unde

„Market-Maker/Broker“

Mar

ket-

Mak

er

Abbildung 48: Organisationsformen unterschiedlicher Wertkettenkonfiguration554

Kernelement der Überlegung ist, dass die Wertkette eines Geschäftsmodells – insb. als Teil einer Multikanal-Distributionsstruktur – nicht isoliert von anderen Geschäftsmodellen gesehen werden kann. Das GM ist eingebettet in ein Netzwerk aller Distributionsorgane. Von Bedeutung sind daher insb. die Schnittstellen zwischen den GM. Die vier in Abbildung 48 dargestellten Organisationsformen können wie folgt umschrieben werden:555

• Integrator: Das GM führt einen Großteil der Wertschöpfung in Eigenregie aus. Das GM ist vertikal integriert und stützt sich daher auf hierarchische Koordination – die Kontrolle über große Teile der Wertschöpfungskette kann in Optimierungsvorteile übersetzt werden.556 Im Gegensatz zu den drei anderen Organisationsformen kann dieser Typ die Entwicklung der Disintermediation widerspiegeln.

551 Vgl. u.a. Meyer 1995; Mayer 2000, S. 430-438; Jacob 2002, S. 16-17; Hansmann/Ringle 2004 sowie Kapitel

3.4.7.552 Vgl. Albers/Peters 1997, S. 69-70; Wirtz 2001, S. 160-164; Specht/Fritz 2005, S. 200; T-5.9 (Prozess-

optimierung). 553 Vgl. Meinhardt 2002, S. 17; Meinhardt/Schweizer 2002, S. 95; ähnlich bereits Porter 1999b, S. 63-67. 554 Vgl. Meinhardt 2002, S. 17. 555 Vgl. Heuskel 1999; Meinhardt 2002, S. 16-19; Bieger/Rüegg-Stürm/von Rohr 2002, S. 54-55;

Schubert/Selz/Haertsch 2003, S. 158-164. 556 Vgl. Abbildung 36 und Kapitel 3.4.8.

Page 150: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

134 4 Analyse von Distributionsorganen

• Spezialist: Diese Organisationsform charakterisiert GM mit geringer vertikaler Integration respektive Spezialisierung auf eine bzw. wenige Wertschöpfungsstufen. Der Wett-bewerbsvorteil dieser Organisationsform basiert meist auf Skaleneffekten oder der Ausnutzung von Know-how-Vorsprüngen.

• Orchestrator/Koordinator: GM dieser Organisationsform kennzeichnet die Konzentration auf geringe Teile der Wertschöpfungskette, die in Eigenregie durchgeführt werden. Gleichzeitig koordinieren sie vor- und nachgelagerte Wertschöpfungsstufen durch den Einsatz unterschiedlicher Koordinationsformen.557 Die Organisationsform differenziert sich ggü. dem Wettbewerb durch die Spezialisierung und Optimierung der selbst erstellten Wertschöpfung sowie durch das für Kunden vorteilhaft kombinierte bzw. zusammen-gestellte Leistungskonzept. Sie versucht den Trade-Off von Flexibilität im Netzwerk versus enge Bindung der Netzwerkteilnehmer optimal zu managen.

• Market-Maker/Broker: Der Broker stellt sich in besehenden Wertketten auf und schafft einen funktionierenden Markt, indem er Angebot und Nachfrage zusammenbringt. Vor dem Eintritt dieses Intermediärs war der marktliche Austausch für die etablierten Markt-teilnehmer ineffizient. Der Market-Maker schafft – oft durch den Einsatz von IuK-Technologie – Markttransparenz über Angebot und Nachfrage und setzt dabei auf dynamische Koordinationsformen oder auf den reinen Markt.558

Wie bereits in der Differenzierung der hier zu betrachtenden Organisationsformen deutlich wird, hängt die gewählte Organisation eng mit dem zugrundeliegenden Koordinationskonzept zusammen, vgl. Kapitel 4.4.8. Zusammenfassend können die Organisationsformen Orchestrator/Koordinator und Market-Maker/Broker als netzwerkartig organisierte GM aufgefasst werden. Sie setzen voraus, dass einzelne Wertschöpfungsstufen über eine einheitliche Definition von Input und Output definiert und somit kombinierbar sind.

4.4.7 Kooperationskonzept Während in der Analysedimension Organisationsform die Wertkettenkonfiguration im Mittel-punkt steht, verschiebt sich der Fokus beim Kooperationskonzept auf die Schnittstelle zwischen den in Interaktion stehenden Geschäftsmodellen. Das Kooperationskonzept stellt dar, welche Kooperationspartner mit dem Geschäftsmodell im Hinblick auf das Leistungs-system zusammenarbeiten und wie die Kooperationen inhaltlich ausgestaltet sind.

Wie Kapitel 5 zeigen wird, existieren im Automobilvertrieb vielfältige Kooperationen, die sich bezüglich ihrer Motive und Ausprägungsformen entsprechend der in Kapitel 4.3.2.3

557 Im Gegensatz zum Market-Maker/Broker werden die Spielregeln der Industrie nicht wesentlich verändert. Vgl.

Meinhardt/Schweizer 2002, S. 95 558 Die Begriffe Market-Maker und Broker sollen synonym verwendet werden. Broker werden auch als Handels-

makler nach HGB §§ 93ff. bezeichnet, allerdings soll hier bewusst vom Rechtsbegriff abstrahiert und lediglich die Organisation bezeichnet werden. Vgl. Müller-Hagedorn 1998, S. 48-49; Rosenbloom 1999, S. 53; Schliffenbacher 2000, S. 35-39; Specht/Fritz 2005, S. 293. Der Unterschied zwischen den Konzepten Orchestrator und Broker sind mitunter fließend: Der Begriff Broker ist entliehen aus der Finanzwirtschaft und bezeichnet ursprünglich einen Wertpapierhändler, der im Kundenauftrag an einem nahezu perfekten Markt Effektengeschäfte ausführt. Der Begriff ist folglich semantisch nahe marktlichen Austausches in Abbildung 36. Demgegenüber hat der Begriff Orchestrator im Englischen u.a. die Bedeutung von „zu maximalem Ertrag arraggieren, verbinden“. Dementsprechend legt die Wortbedeutung eher eine Organisationsform nahe, die auf langfristigen Beziehungen oder Verträgen mit klarer Weisung durch den Orchestrator basiert. Dementsprechend sollen beide Konzepte hier getrennt voneinander behandelt werden. Vgl. Meinhardt 2002, S. 18-19.

Page 151: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

4 Analyse von Distributionsorganen 135

dargestellten Differenzierung zuordnen lassen. Aus forschungsökonomischen Gründen wird nur eine Auswahl an Systematisierungsansätzen angewendet, nämlich:

• Motiv und Inhalt der Kooperation • Grundtyp der Kooperation bzgl. Closing Gap- respektive Critical-Mass-Allianz • Komplexität der Beziehungen • Stellung der Partner in der Wertschöpfungskette bzw. horizontale versus vertikale

KooperationDer Wert bzw. die Qualität einer Geschäftsbeziehung spielt für das Management von Geschäftsbeziehungen eine Rolle, ist jedoch für die Beschreibung von Geschäftsmodellen nicht relevant und daher nicht Gegenstand der Analyse. Die Ausgestaltung der Geschäfts-beziehung wird auch durch das zu Grunde liegende Koordinationskonzept determiniert, auf das in Kapitel 4.4.8 eingegangen wird.

4.4.8 Koordinationskonzept Das Koordinationskonzept stellt dar, wie unternehmensinterne und -externe Transaktionen zwischen den Kooperationspartnern im klassischen Aktionsfeld zwischen Markt und Hierarchie koordiniert werden. Bei der Beschreibung der Geschäftsmodelle in Kapitel 5 soll aufgezeigt werden, welche Koordinationsformen angewendet werden. Zwei Perspektiven sind relevant: die Koordination des Distributionsorgans respektive Geschäftsmodells durch den Hersteller und die Koordination zwischen dem Geschäftsmodell und anderen relevanten Kooperationspartnern.

Bezogen auf die in Kapitel 4.1 dargestellte Unterscheidung in Distributionsorgane des Herstellers, der Endkunden und von Dritten, ergibt sich folgende Differenzierung. Distributionsorgane des Herstellers sind durch eine hierarchische oder quasi-hierarchische Bindung gekennzeichnet. Dritte können entweder vertraglich oder marktlich mit dem Hersteller in Verbindung stehen, während Distributionsorgane des Endkunden über dem Markt mit dem Distributionssystem Austausch betreiben.

4.5 Zwischenfazit: Hauptthese H-II und Forschungsfrage F-III Ausgehend von der in Kapitel 4.1 und 4.2 bestätigten Hauptthese H-II war es das Ziel des vorliegenden Kapitels Forschungsfrage F-III zu beantworten: Identifikation und Definition eines zweckgerichteten Analysekonstrukts zur Erfassung der Distributionsorgane im europäischen Automobilvertrieb. In Kapitel 2.2 wurde der konzeptionelle Rahmen vorgegeben, für den dann in Kapitel 4.1 und 4.2 ein geeignetes Analysekonstrukt – das Geschäftsmodell – ausgewählt wurde. In Kapitel 4.3 und 4.4 wurde das Merkmalssystem für den Untersuchungsgegenstand konkretisiert und zusammengesetzt. Die inhaltliche Differenzierung des Analysekonstrukts wurde auf acht Dimensionen festgelegt, welche jeweils mehrere Untersuchungsaspekte beinhalten. Aus Gründen der Handhabbarkeit wurde die Analyse auf die diskutierten Aspekte beschränkt – der Prüfung weiterer Themen steht die vorliegende Auswahl indes nicht entgegen. Der DSG-Prozess ist immer unternehmens- bzw.

Page 152: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

136 4 Analyse von Distributionsorganen

markenspezifisch sowie muss im Zeitablauf ggf. neuen/ zusätzlichen Anforderungen genügen – insofern kann dieses Analysekonstrukt als offenes Merkmalssystem um spezifische Aspekte erweitert oder modifiziert werden. Zusammenfassend sind die zu untersuchenden Aspekte in Tabelle 13 dargestellt.

Differenzierungskriterium Analyseaspekte Leistungskonzept − Kundengruppen

− USP entlang des Kaufprozesses − Value Add im Distributionsprozess

Kommunikationskonzept − Typische Nutzung von Kommunikationsinstrumenten − Markenpräsentation vor Kunde − Verwendung von Eigenmarken

Ertragskonzept − Erlösmodell Wachstumskonzept − Generische Wettbewerbsstrategien nach PORTER

− Geographische Wachstumsstrategie Kompetenzkonfiguration − Ressourcen

− Kernkompetenzen Organisationsform − Externe Organisation: Position in Wertkette bzw. Distributionssystem Kooperationskonzept − Typen der relevanten Kooperationen Koordinationskonzept − Koordinationsform

Tabelle 13 : Aspekte der Differenzierungskriterien

Die Anwendung des Merkmalssystems auf den Automobilvertrieb resultiert in den in Tabelle 14 dargestellten Geschäftsmodellen bzw. Geschäftsmodellvarianten. Die Benennung ist z.T. an den „klassischen“ Bezeichnungen der Betriebsformentypologie angelehnt.

Page 153: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

4 Analyse von Distributionsorganen 137

Vorläufige Geschäftsmodell-Typologie Distributionsorgane des Herstellers

− Nationale Vertriebsgesellschaft (herstellereigen) − Autohaus (herstellereigen) − Factory Outlet − Vertrieb von Mobilität*

Distributionsmittler primär Großhandel

− Nationale Vertriebsgesellschaft (Vertrag) − Vertrieb von Mobilität* − Geschäftskundenspezialist

Distributionsmittler primär Einzelhandel

− Autohaus (Vertrag)* − Autohaus (ungebunden) − Downtownshop* − E-Commerce (Transaction)* − Vertrieb von Mobilität* − Eventvertrieb − Franchiseverträge im freien Automobilhandel Einkaufsgemeinschaft

Distributionshelfer − Nationale Großhandelsdienstleister − Autohaus (Vertrag)* − Downtownshop* − Vermittlung an Wiederverkäufer − Vermittlung (branchenfremd) − Vermittlung (branchennah) − Vertrieb von Mobilität* − E-Commerce (Quoting/Vermittlung) − E-Commerce (Transaction)* − Auktionen − Automall − Kataloge − Tele-Shopping

Tabelle 14: Geschäftsmodelle des Automobilvertriebs559

Mit der Bildung der Typologie in Tabelle 14 ist indes weder Forschungsfrage F-III noch F-IV vollständig beantwortet: Das Ergebnis der in Kapitel 5 dargestellten empirischen Unter-suchung mit dem Ziel der Bestätigung und Konkretisierung der Typologie wird zeigen, ob im Sinne von F-III und F-IV ein zweckgerichtetes (weil die Distributionsorgane des Automobil-vertriebs umfassend, differenziert und konsistent erfassend) sowie handhabbares (weil komplexitätreduzierend und auf eine überschaubare Anzahl an Typen beschränktes) Analyse-konstrukt erarbeitet wurde.

559 Die mit * gekennzeichneten Geschäftsmodelle müssen je nach Ausprägung unterschiedlichen Kategorien

zugeordnet werden. Die vorläufige Beschreibung der Geschäftsmodelle ist Anhang 2 zu entnehmen.

Page 154: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie 139

5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-StudieDas vorliegende Kapitel erläutert Ziel, Durchführung und Ergebnis der empirischen Studie zum europäischen Automobilvertrieb.

5.1 Ziel der Untersuchung Im Rahmen der empirischen Untersuchung soll ein Beitrag zur Beantwortung der Forschungs-fragen F-I bis F-IV560 geleistet werden. Dabei sind folgende Teilziele zu unterscheiden:

• In Kapitel 3 wurden entsprechend F-I und F-II Thesen zur Distributionssituation auf-gestellt, diese sollen im Rahmen der Studie geprüft werden (explanative Funktion561). Darüber hinaus sollen die Thesen ggf. angepasst respektive neue Thesen zur Distributionssituation identifiziert werden (explorative Funktion). Aus forschungs-ökonomischen Gründen werden nicht alle Thesen in der empirischen Untersuchung aufgenommen, um einer Überstrapazierung der Befragungsteilnehmer – und damit dem potenziellen Nonresponseproblem – entgegen zu wirken.562 Tabelle 32 in Anhang 2 zeigt die ausgewählten Thesen.

• Aufbauend auf Kapitel 4.5 soll die empirische Untersuchung die vorgeschlagene Geschäftsmodelltypologie prüfen, diskutieren und ggf. anpassen (explorative und explanative Funktion) sowie etwaige bisher unberücksichtigte Geschäftsmodelle identifizieren (explorative Funktion), um schließlich F-IV beantworten zu können. Anhang 2 zeigt die aus Kapitel 4 übernommene Geschäftsmodelltypologie inklusive der im Fragebogen verwendeten Geschäftsmodell-Beschreibungen in der Übersicht. F-III wird indirekt berührt: Sollte sich die empirische Prüfung und Präzisierung der in Kapitel 4 entwickelten Typologie als brauchbar herausstellen, wäre damit gezeigt, dass das Geschäftsmodell-Konstrukt als ein mögliches Konstrukt zur Typisierung von Distributionsorganen anzusehen ist und somit F-III zugunsten des Geschäftsmodell-Konstrukts beantwortet.

In Kapitel 5.2 soll zunächst gezeigt werden, warum sich zur Erreichung dieser Ziele die Delphi-Methode anbietet. Danach werden Durchführung und Ergebnisse der empirischen Untersuchung in den Kapiteln 5.3 bis 5.5 dargestellt.

5.2 Methodik Bei der Auswahl der Methode zur empirischen Fundierung der vorliegenden Arbeit sind neben den allgemeinen Auswahlkriterien563 zwei Prämissen durch Gegenstand und Ziel der Untersuchung gegeben: Einerseits soll der europäische Automobilvertrieb anhand eines bisher nicht konsistent angewandten Geschäftsmodell-Konstrukts beschrieben bzw. systematisiert

560 F I: Welche endogenen/exogenen Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren spielen bei der Vertriebssystem-

gestaltung durch den Hersteller eine Rolle? F II: Welche Trends sind heute erkennbar, die Einfluss auf die Vertriebsstrukturen haben? F III: Welches theoretische Analysekonstrukt kann die sich verändernden Distributionsorgane auf den

verschiedenen Ebenen der Vertriebssysteme konsistent und umfassend beschreiben? F IV: Welche typischen Varianten von Distributionsorganen liegen heute im Vertriebssystem vor und welche

zukünftigen Formen sind denkbar? 561 Vgl. Bortz/Döring 2002, S. 360. 562 Vgl. u.a. Häder 2006, S. 130. 563 Vgl. z.B. Kreibich 1995, S. 2825; Schnell/Hill/Esser 1999, S. 297-299; Bortz/Döring 2002, S. 53-62.

Page 155: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

140 5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie

werden. Die empirische Methode soll demzufolge eine in Form von vorläufigen Geschäfts-modell-Definitionen vorbereitete Systematisierung prüfen können. Darüber hinaus soll sie auch diskursive, partizipative Elemente enthalten, so dass sowohl die Geschäftsmodell-Abgrenzungen, als auch die Thesen zur Distributionssituation angepasst und in der Studie identifizierte Ideen zu neuen oder ergänzenden Thesen verdichtet werden können. Andererseits soll eine Aussage über die zukünftige Entwicklung der Geschäftsmodelle respektive der Distributionssituation getroffen werden. Dementsprechend sollte die Methode auch prognostische Funktionen übernehmen.

5.2.1 Auswahl der Methode Der europäische Automobilvertrieb steht unter dem Einfluss dynamischer und bisher kaum systematisch erfasster Einflussfaktoren, insofern kann hier kein Prognoseverfahren angewendet werden, welches auf der reinen Fortschreibung von Vergangenheitsdaten basiert. Es sollen vielmehr theoretisch erarbeitete Thesen verifiziert und ergänzt werden. Etwaige, von mathematischer Extrapolation nicht erfassbare Strukturbrüche, sollen gezielt aufgespürt werden, was durch den Einsatz offener Fragen erreicht werden kann.

Es erscheint wenig zielführend, Endkunden des Automobilvertriebs nach Distributions-system-spezifischen Trends oder einer Kategorisierung der Distributionsorgane zu befragen. Es bietet sich daher die Verwendung einer Expertenbefragung an. Experten sind – aufbauend auf ihren Erfahrungen, Einsichten und Meinungen – in der Lage, ein umfassenderes Bild der aktuellen und zukünftigen Struktur des Untersuchungsgegenstandes zu zeichnen.564 Die Expertenbefragung nach der Delphi-Methode stellt eines der gebräuchlichsten intuitiven Prognoseverfahren dar.565 Sie eignet sich für das Ziel der Untersuchung, denn sie verbindet explorative, prognostische, modellprüfende und beschreibende Elemente. Gleichwohl handelt es sich bei der Delphi-Methode nicht um einen rein qualitativen Ansatz. Durch den Einsatz eines schriftlichen Fragebogens und die Aufbereitung von Thesen, kann eine systematische Modellprüfung und -entwicklung auf Basis mehrheitlich quantitativer Daten erfolgen. Die Mehrstufigkeit und damit verbundene Rückkopplung von Zwischenergebnissen stellen zwei der Hauptcharakteristika der Delphi-Methode dar. Die Delphi-Methode zeichnet sich demzufolge durch kommunikativ-partizipatives566, interaktives Vorgehen aus und fördert so die Entwicklung der Geschäftsmodell-Systematik sowie die Prognose zukünftiger Strukturen des Automobilvertriebs. Im folgenden Kapitel werden die Grundzüge der Delphi-Methode differenzierter dargestellt.

5.2.2 Grundzüge der Delphi-Methode Die Delphi-Methode ist nach dem Orakel der griechischen Stadt Delphi benannt, welches ab dem 8. Jahrhundert vor Christus erheblichen politischen Einfluss entfalten konnte. Die 564 Vgl. Gisholt 1976, S. 114; Berekoven/Eckert/Ellenrieder 1999, S. 263. 565 Vgl. Vorgrimler/Wübben 2003, S. 764. 566 Vgl. Gisholt 1976, S. 140; Kreibich 1995, S. 2824; Häder 2000a, S. 191.

Page 156: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie 141

Orakelsprüche bauten sowohl auf Intuition und Raten, als auch auf profunden Kenntnissen der politischen Lage auf. Diese bezog das Orakel aus einem landesweiten Informationsnetz-werk. Insofern stellt es eine frühe Form der Expertenbefragung dar.567 Die Delphi-Methode wurde als empirische Methode in den USA kurz nach dem zweiten Weltkrieg erstmals durch die US Air Force angewendet und von der RAND Corporation in den 1950er und 1960er Jahren zu einer wissenschaftlichen Prognosemethode ausgebaut.568 Seitdem wird sie weltweit in unterschiedlichen Ausprägungen und Sachzusammenhängen, wie z.B. Technologie-, Bildungs-, Tourismusforschung, Militär, Medizin und Betriebswirtschaft eingesetzt.569

Als intuitive, strukturierte Expertenbefragung ist die Delphi-Methode ein heuristisches Prognoseverfahren570, welches an der Grenze zwischen qualitativer und quantitativer Forschung angesiedelt ist. Durch die Verbindung „einer standardisierten Erhebung und den Möglichkeiten zur Formulierung ausführlicher Statements“571 ist sie für die wissenschaftliche Vorausschau, Ideenfindung und -Diskussion geeignet.

Die Methode unterstellt572, dass Experten durch die Kombination von Wissen über die Vergangenheit sowie Erfahrung, Verarbeitung komplexer Einflüsse und Urteilsfähigkeit Prognosen erstellen können, welche der rein mathematischen Extrapolation quantitativer Daten überlegen ist – zumindest dann, wenn es sich um einen bisher kaum erforschten oder sehr dynamischen Prognosegegenstand handelt.573 „Eine Prognose stellt eine Aussage über ein Ereignis oder mehrere zukünftige Ereignisse dar, die sowohl auf Beobachtungen als auch auf einer Theorie beruhen.“574 Jede Prognose muss empirisch fundiert sein, d.h. auf einer Analyse der Vergangenheit basieren. Zudem muss sie eine sachlogische Begründung einschließen, d.h. unter Formulierung von Prämissen erstellt sein. Diesem Dualismus wird hier Rechnung getragen, indem einerseits ein Strukturmodell des Automobilvertriebs den Experten vorgegeben wird und andererseits dessen Entwicklung diskutiert wird.

Die Vielzahl unterschiedlicher Ausprägungen hat LINSTONE/TUROFF veranlasst eine sehr allgemeine und viel zitierte Definition der Delphi-Methode zu formulieren: „Delphi may be characterized as a method for structuring a group communication process so that the process is effective in allowing a group of individuals, as a whole, to deal with a complex problem.“575 OKOLI/PAWLOWSKI ergänzen die Definition von LINSTONE/TUROFF mit

567 Vgl. Häder 2002, S. 14-15. 568 Vgl. ebenda, S. 15; Häder 2002; Parenté et al. 2005, S. 402. 569 Vgl. De Meyrick 2003, S. 14; Häder/Häder 2000, S. 13-15; Parenté et al. 2005, S. 402. 570 Vgl. Kerksieck 1972, S. 55-56; Hansmann 1995, S. 2174; Berekoven/Eckert/Ellenrieder 1999, S. 264. 571 Florian 2000, S. 213. 572 Einen Beleg dafür zeigt bspw. Häder 2000a, S. 191. 573 Vgl. Linstone 1975, S. 574, 579; Berekoven/Eckert/Ellenrieder 1999, S. 253-254; Florian 2000, S. 196-197;

Schnell/Hill/Esser 1999, S. 62-63. 574 Vgl. Hansmann 1995, S. 2172 575 Linstone/Turoff 1975, S. 3. Einige Autoren stellen weniger den Gruppenprozess, als vielmehr den

Problemlösungs- oder den Prognosecharakter in den Vordergrund. Vgl. Vorgrimler/Wübben 2003, S. 764. Aufgrund der Vielfalt sowie der unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen wird es auch in Zukunft keine

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142 5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie

besonderem Bezug auf die Kernelemente der Delphi-Methode und erfassen somit den Charakter ihrer häufigsten Ausprägung: „There is provided some feedback of individual contributions of information and knowledge; some assessment of the group judgement or view; some opportunity for individuals to revise views; and some degree of anonymity for the individual responses.“576

Eine kaum überschaubare Anzahl an Veröffentlichungen beruft sich auf die Delphi-Methode. In den Elementen des Untersuchungsdesigns weisen sie jedoch z.T. große Abweichungen auf. Uneinheitlich ist die Ausgestaltung insb. hinsichtlich:

• Ziel der Untersuchung: Konsens oder Pluralität der Meinungen • Anzahl der Befragungsrunden • Gestaltung der Rückkopplung • Anonymität und Selbsteinschätzung (self-rating der Experten bzgl. ihrer Kompetenz) • Auswahl und Anzahl der Experten• FragetypenAuf diese Punkte wird im Folgenden näher einzugehen sein.

Ziel der Untersuchung MULLEN zeigt, dass mit der Vielzahl der unterschiedlichen Interpretationen der Methode keine konsistente Abgrenzung und Terminologie möglich ist.577 Tabelle 15 gibt einen Überblick der wichtigsten Ausprägungen.

Typ Alternative Begriffe Kernelemente Standard Delphi Klassisches Delphi,

Konventionelles Delphi, Conventional Delphi, Experten-Delphi

Gruppenprozess mit Experten, fragebogenbasiert, mehrere Runden, Rückkopplung der Zwischenergebnisse, Anonymität, Papier- und/oder internetbasiert

Real-Time Delphi Gruppenprozess mit Experten, Standardisierte Informationsübermittlung, zeitgleiche Ergebnisrück-kopplung über Computer, Anonymität

Policy Delphi Modifikation des Standard Delphi mit dem Ziel „to identify the widest possible range of valid solutions to a policy problem“578.

Delphi Conference Anwendung des Standard Delphi auf einer Konferenz Decision Delphi Modifikation des Standard Delphi mit Anwendung für

Entscheidungsträger Virtuelles Delphi E-Delphi Durchführung des Standard Delphi ausschließlich im

Internet (WWW oder E-Mail) Tabelle 15: Ausprägungen der Delphi-Methode bzgl. des Untersuchungsdesigns

Die dargestellten Varianten beziehen sich auf Typen alternativer Untersuchungsdesigns, womit bereits Unterschiede im jeweiligen Ziel der Delphi-Anwendung sichtbar werden. Die Mehrheit der Anwendungen ist darauf ausgelegt, einen Konsens über ein Thema zu erreichen,

einheitliche Definition geben können, vielmehr lohnt es, sich mit den Kernelementen der Delphi-Methode auseinanderzusetzen. Vgl. Sackman 1975, S. 10; Häder/Häder 2000, S. 13.

576 Okoli/Pawlowski 2004, S. 16. Ähnlich auch Häder 2002, S. 22. 577 Vgl. Mullen 2003, S. 37-39; Sackman 1975, S. 5. 578 De Meyrick 2003, S. 12.

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5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie 143

welcher sich durch die Formulierung oder Priorisierung gemeinsamer Thesen ausdrückt.579

Andere Autoren sehen gerade in der Abbildung von Komplexität, Meinungsvielfalt und/oder alternativen Handlungspfaden den Wert der Methode.580 HÄDER definiert deswegen vier alternative Ausprägungen bzgl. des verfolgten Untersuchungsziels:581

1. Ideenaggregation: Ausschließlich qualitative Fragen zur Sammlung von Ideen ohne die im Standard Delphi übliche Verdichtung der Aussagen über quantitative Urteile.

2. Bestimmung eines Sachverhalts: Das Standard Delphi wird als Prognoseinstrument zur möglichst exakten Vorhersage eines unsicheren Sachverhalts eingesetzt.

3. Ermittlung von Expertenmeinungen: Das Standard Delphi wird genutzt, um Meinungen einer Expertenrunde über einen unsicheren oder unbestimmten Sachverhalt abzubilden und zu qualifizieren, so dass daraufhin Schlussfolgerungen abgeleitet werden können.

4. Konsensbildung: In einem Entscheidungsprozess wird die Bildung eines Konsens’ durch das Delphi vorbereitet und unterstützt.

Die vorliegende Untersuchung orientiert sich im Untersuchungsdesign eng am Vorgehen des Standard Delphi und ist an den Typ 3 nach HÄDER angelehnt. Die Studie hat Prognose-charakter, soll aber auch einen bisher unzureichend bestimmten Sachverhalt erhellen – die Konsensbildung steht dabei nicht im Vordergrund, hat aber als Abbruchkriterium Relevanz.

Anzahl der Runden Delphi-Untersuchungen bestehen per definitionem aus mehreren Runden, dabei kommen verschiedene Abbruchkriterien in Frage:582

• Kosten/Nutzen-Überlegungen: Grundsätzlich sollten die Kosten einer zusätzlichen Runde den zusätzlichen Nutzen nicht übersteigen – ist der Nutzen nicht klar messbar, sollten die monetären Kosten, zeitliche Beschränkungen oder psychologische Faktoren als Restriktion genutzt werden. Abbruch tritt ein, wenn eine zusätzliche Runde voraussichtlich zu erhöhter Panelmortalität führen und/oder das gleiche Ergebnis erzielen würde, also kein Erkenntnisgewinn zu erwarten ist. Grundsätzlich sollte die Anzahl der Runden so klein wie möglich gehalten werden. „Ultimately, a trade-off exists: as the number of iterations or rounds increases, the tendency for high error rates decreases, while attrition levels increases.“583 WECHSLER stellt heraus, dass ein ressourcenbedingter Abbruch frühestens nach zwei Runden erfolgen sollte, jedoch eine Beurteilung des Informationswertes – mit einem der folgenden Kriterien – vorzuziehen ist.584

• Ex-ante-Festlegung: In der Literatur werden von diversen Autoren zwei585, drei586 oder mehr587 Runden als optimale Rundenzahl genannt. Nur ein Teil dieser Aussagen stützt sich auf Experimente, deren Allgemeingültigkeit überdies schon aufgrund der Vielzahl der Delphi-Varianten bezweifelt werden muss. Ein weiteres Ex-ante-Kriterium beinhaltet die

579 Vgl. Okoli/Pawlowski 2004, S. 16. 580 Vgl. Scheibe/Skutsch/Schofer 1975, S. 262; Buckley 1995, S. 17; Passing 1997, S. 53; Mullen 2003, S. 43. 581 Vgl. Häder 2002, S. 30-36. 582 Vgl. Wechsler 1978, S. 127-144. 583 Bradley/Stewart 2003, S. 275. 584 Vgl. Wechsler 1978, S. 128-129, ähnlich die Argumentation bei Häder 2002, S. 119. 585 Vgl. u.a. Wechsler 1978, S. 129; Bradley/Stewart 2003, S. 275; Pelka 2003, S. 167; Beck/Glotz/Vogelsang

2000, S. 36. 586 Vgl. z.B. Gisholt 1976, S. 153; Sackman 1975, S. 51. 587 Vgl. Diskussion der Literatur bei Wechsler: Wechsler 1978, S. 129-137.

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Entscheidung über die Anzahl der Runden durch die Teilnehmer der Studie.588 Das ist indes nur selten praktisch umsetzbar, weil es vorab eine umfangreiche Auseinander-setzung der Teilnehmer mit dem Instrument Delphi-Methode voraussetzt.

• Ex-post-Festlegung: Auch bei dieser Methode werden unterschiedliche Verfahren angewendet: DE MEYRICK zählt in 126 Veröffentlichungen 33 unterschiedliche Vorgehensweisen einer ex-post-Bestimmung von Aussagenstabilität und/oder Konsens.589

Häufig werden Maße zur Bestimmung der Streuung um Median und/oder Mittelwert als Abbruchkriterium verwendet, indem mit ihnen der Grad des erreichten Konsens bestimmt wird.590 Dort setzt i.d.R. auch Kritik an:591 PARENTÉ et al. stellen z.B. heraus: „There is little evidence that consensus correlates with accuracy.“592 Hat eine Delphi-Untersuchung nicht den Konsens als Ziel, dann ist auch die „Ermittlung einer bimodalen Verteilung […] ein denkbares Ziel“593. „Indeed, considering that there is a strong natural tendency in the Delphi for opinion to centralize, resistance in the form of unconsensual distributions should be viewed with special interest.“594 Daher werden auch Stabilitätskriterien, welche die Änderung der Antworten von Runde zu Runde messen, zur Bestimmung des Abbruchs verwendet – bspw. weniger als 15% Änderung.595 WECHSLER schlägt den Wilcoxon-Test596 vor, um die Veränderung auf einem vorgegebenen Signifikanzniveau zu bestimmen. SCHMIDT schlägt den Konkordanz-Koeffizienten (W) nach Kendall als Test der Konvergenz vor.597

Uneinigkeit herrscht in der Literatur nicht nur über das Abbruchkriterium selbst, sondern auch über die Frage, ob es auf den gesamten Fragebogen oder einzelne Items angewendet werden sollte.598 HÄDER stellt heraus: „Es leuchtet […] ein, dass es wenig sinnvoll ist, eine Fragestellung zu wiederholen, wenn zum erfragten Sachverhalt unter den Experten eine einheitliche Ansicht vorliegt.“599

Es ist außerordentlich schwierig zu ermitteln, welche spezifischen Abbruchkriterien in ver-öffentlichten Delphi-Untersuchungen tatsächlich angewandt wurden. Die Weiterentwicklung der Methode ist jedoch nur auf Basis ausreichender Dokumentation und Freiheit in der Anwendung möglich. MULLEN schließt ihre Ausführungen zur Delphi-Methode daher mit der

588 Vgl. Vorgrimler/Wübben 2003, S. 766. 589 Vgl. De Meyrick 2003, S. 11. 590 Bspw. ein Interquartilsabstand von maximal zwei Skalenpunkten auf einer zehnstufigen Skala. Vgl.

Scheibe/Skutsch/Schofer 1975, S. 277. 591 Vgl. z.B. Sackman 1975, S. 49; Scheibe/Skutsch/Schofer 1975, S. 277. 592 Parenté et al. 2005, S. 403. 593 Häder 2002, S. 118. 594 Scheibe/Skutsch/Schofer 1975, S. 277. 595 Netto-Änderungen bezogen auf die Anzahl der Teilnehmer. Ein Beispiel für Stabilitätsüberlegungen ohne festen

Algorithmus ist Bradley/Stewart 2003, S. 276. Dagegen nutzt Florian die Beziehung zwischen Quartilbereich und Median als Abbruchkriterium. Vgl. Florian 2000, S. 201.

596 Vgl. Wechsler 1978, S. 140. 597 Vgl. Schmidt 1997, S. 765. Er nutzt den Koeffizienten bei sog. Ranking Delphi-Methode mit dem Ziel, einen

Konsens über die relative Wichtigkeit von Themen zueinander zu erreichen. Diese Anwendung liegt hier nicht vor.

598 Bspw. Wechsler oder Vorgrimmler/Wübben zeigen die Verwendung von differenzierten Abbruchkriterien für einzelne Fragen und/oder Fragenbogenteile. VETTER nutzt dagegen kein Item mehrfach, sondern konsolidiert den Inhalt von Runde zu Runde in neue (allgemeinere) Thesen/Fragen. Vgl. Wechsler 1978, S. 127-142; Vetter 2002, S. 199; Vorgrimler/Wübben 2003, S. 766.

599 Häder 2002, S. 119.

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5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie 145

Aussage: „However, in order to realise this [development] potential it is essential to avoid over-restrictive narrow descriptions of Delphi.“600

RückkopplungDie Rückmeldung der Zwischenergebnisse an die teilnehmenden Experten ist ein wesentlicher Bestandteil der Methode, wenngleich die Techniken hier variieren. Ziel der Rückkopplung ist, den Teilnehmern die Möglichkeit zu geben, das eigene Urteil zu über-denken, anzupassen und insb. die Gruppenmeinung mit ihren Vorstellungen abzugleichen. Oftmals werden Mittelwerte, Streuungsmaße oder Schaubilder zurückgegeben. Graphisch aufbereitete Feedbacks in Form von Diagrammen o.ä. zeichnen sich dabei durch schnell nachvollziehbaren Informationsgehalt aus, demgegenüber wird der Fragebogenumfang sehr groß.601 GISHOLT betont, dass zusätzlich auch das vom Experten in der Vorrunde abgegebene Urteil zurückgekoppelt werden sollte. Das ist sinnvoll, da die Experten aufgrund der Vielzahl der Items kaum die eigene Antwort erinnern werden. Im Übrigen wird die Auseinander-setzung zwischen eigener Meinung in Runde I, Gruppenmeinung und ggf. geänderter aktueller eigener Meinung gestärkt. Die Gefahr, dass ein Experte sich u.U. unreflektiert einfach der Mehrheit anschließt wird dadurch gemindert.602

Es kann ferner situativ die individuelle Aufforderung zur Explikation von Extremmeinungen sinnvoll sein, um Verständnisprobleme auszuräumen und neue Gedankenansätze aufzuspüren. Denn insb. freie Kommentare werden in der Rückkopplung ebenfalls berücksichtigt, indem daraus neue Thesen formuliert werden. FLORIAN zeigt, dass eine gezielte Kombination von standardisierten Befragungsverfahren mit offenen Fragetechniken sinnvoll sein kann, um einen Zugewinn an Information zu erreichen sowie „die Bedeutung des Expertenstatus der Befragten für die Delphi-Methode tatsächlich ernst zu nehmen“603. Darüber hinaus wird so das diskursive Moment der Methode gestärkt.

AnonymitätDie Anonymität der Teilnehmer zueinander ist wesentliches methodisches und gleichzeitig legitimierendes Design-Element der Delphi-Technik. Es findet sich in allen in Tabelle 15 auf Seite 142 dargestellten Ausprägungen wieder. Die Delphi-Methode wurde aus den Methoden der Gruppenbefragung bzw. Gruppendiskussion entwickelt, weil sich Gruppenbefragungen besonders gut für Prognosezwecke eignen. Es wird unterstellt, dass erstens eine Gruppe mindestens so viele Informationen besitzt, wie eine einzelne Person. Zweitens wird angenommen, dass Gruppen i.d.R. weit größere Mengen an Information und Einflussfaktoren berücksichtigen können, als einzelne Personen. In Gruppendiskussionen werden jedoch regelmäßig sozio-psychologische Prozesse beobachtet, die dazu führen, dass Teilnehmer ihre

600 Mullen 2003, S. 50. 601 Vgl. Florian 2000, S. 210. 602 Vgl. Gisholt 1976, S. 153; Bradley/Stewart 2003, S. 276 603 Vgl. Florian 2000, S. 209. So konnte z.B. in der zitierten Studie die Unterschiedlichkeit der Begründung für

gleichartig prognostizierte Entwicklungen aufgedeckt werden.

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persönliche Meinung bzw. Einschätzung über ein Problem nicht vollständig wiedergeben oder ändern, weil sie durch andere Gruppenmitglieder beeinflusst werden. Die Anonymität als Design-Element der Delphi-Methode soll daher zum Beispiel Meinungsführerschaften, empfundenem Prestigeverlust, Zurückhaltung vor unsicheren Urteilen, Verstärkungseffekten und Auftreten irrelevanter Kommunikation vorbeugen. Die Delphi-Methode sucht also die Vorteile qualitativer Gruppenprognoseverfahren zu nutzen und gleichzeitig deren Probleme zu reduzieren.

Experten„The Delphi panel composition and selection is of the utmost importance to the successful execution of a Delphi study.“604 Die meisten Autoren fordern „Fachwissen, Überblickswissen in Nachbardisziplinen und Kommunikationsbereitschaft, […] komplexe Relevanzsysteme“605

sowie Interdisziplinarität und Pluralität in der Gruppenzusammensetzung bzgl. der Teil-nehmerauswahl. LINSTONE zeigt, dass der Expertenstatus in Abhängigkeit vom untersuchten Thema auf jede Personengruppe in der Gesellschaft auszudehnen ist, solange die Personen „relevant input“ geben können.606 Somit konstatiert HÄDER, dass die „abgebbaren Regeln für die Rekrutierung von Experten […] auf einem relativ allgemeinen Niveau“607 sein werden. Neben Überlegungen zur notwendigen Größe und Zusammensetzung der Expertengruppe, ist zu klären, ob die Grundgesamtheit der in Frage kommenden Experten bestimmbar ist und ob eine Totalerhebung oder Stichprobenziehung erfolgen soll.

Die optimale Größe der Expertengruppe ist nicht allgemein bestimmbar, vielmehr argumentieren diverse Autoren, dass eine kleinere und daher leichter zu organisierende Panelgröße Vorteile habe. Dessen ungeachtet ist bei bewusster Auswahl der Experten und relativ hoher Unsicherheit über den Prognosegegenstand eine größere Gruppe von Vorteil.608

Diverse Autoren schlagen vor, in die Delphi-Methode eine Selbsteinschätzung der Teilnehmer bzgl. ihrer problemrelevanten Expertise einzufügen.609 HÄDER fasst zusammen: „Die Delphi-Methode hat sich – unabhängig vom Grad der Kompetenz der befragten Experten – bewährt, um latent vorhandenes Wissen zu aktivieren bzw. zu reproduzieren.“610

Das Delphi-Design löse einen Erkenntnisprozess zum gewählten Sachverhalt aus.

5.2.3 Kritik der Delphi-MethodeWenngleich die Delphi Methode seit Jahrzehnten in der wissenschaftlichen Forschung etabliert ist, ist sie mindestens ebenso lange heftiger Kritik ausgesetzt. MULLEN hebt hervor, dass diese Kritik immer auch „part of the wider debate about quantitative v qualitative

604 Bradley/Stewart 2003, S. 275. 605 Vorgrimler/Wübben 2003, S. 765. 606 Zitiert nach Mullen 2003, S. 40. 607 Häder 2000b, S. 2. 608 Vgl. Häder/Häder 2000, S. 19; Häder 2000b, S. 8. 609 Vgl. Literatur bei Mullen 2003, S. 41 und z.B. Bradley/Stewart 2003, S. 275. 610 Häder 2002, S. 199.

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research“611 ist. Diese Diskussion soll an dieser Stelle nicht nachgezeichnet werden. Im Folgenden werden die wichtigsten Delphi-spezifischen Kritikpunkte aufgegriffen und eingeordnet.

Zwei Hauptkriterien zur Beurteilung einer empirischen Methode stellen Reliabilität und Validität dar. Beides zweifelt SACKMANN in Bezug auf Delphi an: „It should be abundantly clear that conventional Delphi neglects virtually every major area of professional standards […]. In no sense is Delphi found to be a serious contender in scientific questionnaire development.“612 Dem muss insofern zugestimmt werden, als dass der Beweis von Reliabilität und Validität durch den teilweise qualitativen, prognostischen Charakter und die situative Unterschiedlichkeit in der Anwendung der Methode erschwert wird – einige Autoren behaupten, er werde dadurch obsolet.613

Reliabilität SACKMANN behauptet zu Recht, dass es nicht gelingen wird, mit einem Retestexperiment dasselbe Ergebnis für dieselbe Teilnehmergruppe zu erhalten. Beispielsweise werden Lern-effekte oder neue Erkenntnisse über den Prognosegegenstand den so geführten Nachweis der Reliabilität unmöglich machen. Demgegenüber argumentiert WECHSLER, dass im Gegensatz zur experimentellen eine informationale Reproduzierbarkeit nachgewiesen werden kann, indem zur gleichen Zeit mehrere Expertengruppen mit den gleichen Fragen konfrontiert werden – in mehreren Studien konnten signifikante inhaltliche Übereinstimmungen verschiedener Gruppen gezeigt werden.614 Damit ist Reliabilität für die Methode weder grundsätzlich bewiesen, noch widerlegt. Situativ muss auf die reliable Anwendung der Methode hingearbeitet werden, beispielsweise durch die Nutzung zweier vergleichbarer Panels.

Validität WECHSLER argumentiert ferner, dass objektive Validität durch den ex-post Vergleich von Prognose und Wirklichkeit immer situativ unterschiedlich ist, jedoch für diverse Studien615

nachgewiesen werden konnte. Die individuelle Studie kann erst nach Ablauf des Prognose-zeitraums auf objektive Validität hin untersucht werden – also mitunter erst Jahrzehnte später. Deswegen wird der vielfachen Kritik Recht gegeben, dass objektive Validität zum Zeitpunkt der Anwendung der Methode nicht grundsätzlich nachgewiesen werden kann. WECHSLER

schlägt daher die subjektive Validitätsprüfung vor.616 Als subjektive Validitätsmerkmale werden logische Konsistenz, Überprüfung der getätigten Annahmen und Vergleich mit

611 Mullen 2003, S. 40. 612 Sackman 1975, S. 27. 613 Vgl. De Meyrick 2003, S. 13. 614 Vgl. Wechsler 1978, S. 176; Rowe/Wright/McColl 2005, S. 396. 615 Vgl. z.B. Literatur bei Wechsler 1978, S. 181; Häder/Häder 2000, S. 21. 616 Vgl. Wechsler 1978, S. 178-185.

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Ergebnissen anderer Methoden angeführt. Insofern kann auch Validität für die Methode weder generell angenommen, noch abgelehnt werden. Sie ist stattdessen individuell zu prüfen.

Letztendlich ist die Methode zwischen qualitativer und quantitativer Forschung angesiedelt und muss in der individuellen Anwendung auf Reliabilität und Validität hin untersucht werden.617 Die Diskussion um Delphi wurde in der ersten Zeit ihrer Anwendung weitaus aufgeregter geführt, als heute. SALINGER/KUNZ führen aus: „Da das Ergebnis der Delphi-Methode bei allen Ausprägungen des tatsächlichen wahren Wertes also mindestens genauso gut und bei mindestens einer Ausprägung echt besser im Vergleich zum Ergebnis des ‚zufälligen Expertenurteils’ als beste Alternative zu beurteilen ist, kann man die Delphi-Methode auch als effizientes Prognoseverfahren bezüglich des Abstandes zum wahren Wert bezeichnen.“618 HÄDER versucht daher mit kognitionspsychologischen Untersuchungen die These der Vorteilhaftigkeit weiter zu untermauern.619

Anonymität und ExpertenwahlDie Anonymität ist nicht nur eines der wichtigsten Merkmale der Methode, sondern birgt auch die in Kapitel 5.2.2 dargestellten Vorteile. Dennoch können damit einhergehend auch Nachteile ausgemacht werden: Teilnehmer könnten unseriöse oder nicht durchdachte Antworten geben, darüber hinaus werden Lernprozesse durch den formalisierten Austausch von Argumenten erschwert. HÄDER zeigt, dass dieser Vorwurf zumindest in dem von ihm untersuchten Beispiel unbegründet ist.620 Im Übrigen ist ein generelles Problem von Befragungen weiter ungelöst: Experten könnten ihre Ideen aus Wettbewerbsgesichtspunktenund Vorteilsdenken zurückhalten.621 Dieser Problematik ist die Delphi-Methode genauso ausgesetzt, wie andere Formen der Expertenbefragung.

Der Begriff Experte ist umstritten, ebenso die zumeist nicht zufallsbasierte Auswahl der Experten anhand von gewählten Kriterien.622 Dem wird in der Literatur entgegengehalten, dass vielfach gezeigt werden konnte, dass die Expertenprognose tatsächlich eingetreten ist und die Anwendung von hypothesengeleiteten Auswahlverfahren und Selbsteinschätzungen zu respektablen Ergebnissen geführt haben.623 MEUSER/NAGEL weisen darauf hin, dass der Expertenstatus in gewisser Weise vom Forscher verliehen wird, da er stets im Zusammenhang des Forschungsinteresses zu beurteilen ist.624 Darüber hinaus konnte vielfach gezeigt werden, dass die Ergebnisqualität mit der Expertise der Teilnehmer steigt.625

617 Vgl. Häder 2002, S. 192; Rowe/Wright/McColl 2005, S. 395. 618 Salinger/Kunz 1981, S. 479. 619 Vgl. Häder 2002, S. 41ff. 620 Vgl. Häder 2000a, S. 191. 621 Vgl. Vorgrimler/Wübben 2003, S. 766-767. 622 Vgl. Kapitel 5.3.2. 623 Vgl. Literatur bei Mullen 2003, S. 40-41 oder Häder/Häder 2000, S. 18. Indes wird immer wieder auf die

begrenzte Aussagekraft von Selbsteinschätzung der Expertise hingewiesen: vgl. Häder 2000d, S. 112 624 Vgl. Meuser/Nagel 1991, S. 443-444, 453. 625 Vgl. Rowe/Wright/McColl 2005, S. 397; Literatur bei Bradley/Stewart 2003, S. 275.

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RückkopplungIn Kapitel 5.2.2 wurde bereits darauf hingewiesen, welche Funktion und welche Vorteile mit der Rückkopplung in der Delphi-Methode beabsichtigt werden. Auch dieses Element wurde vielfach dahingehend kritisiert, dass die Rückkopplung einen Beitrag zur Konsensbildung bringt, obwohl dieser Effekt nicht immer gewünscht ist.626 Dem ist entgegen zu halten, dass z.B. BLIND/CUHLS zeigen, dass Teilnehmer höherer Expertise sich eher gegen die Durch-schnittsmeinung stellen als andere. Zudem zeigen sie, dass Teilnehmer mit geringerer Expertise eher aus der Studie aussteigen als andere.627 Außerdem kann HÄDER zeigen, dass sich Experten in Delphi-Studien sehr intensiv mit den Randbedingungen und daraus abgeleiteten Prognosen auseinandersetzen, wenngleich die Auseinandersetzung mit der Gruppenmeinung nicht immer zugegeben wird oder erfolgt.628 Überdies wurde mehrfach bestätigt, dass die Rückkopplung die Ergebnisqualität steigert.629 Darüber hinaus stellt DRILLING heraus, dass die Delphi-Methode auch das Erkennen unterschiedlicher Positionen zu einem Thema unterstützt.630

5.2.4 Zwischenfazit zur Methodik Es kann konstatiert werden, dass die Delphi-Methode nicht frei von Defiziten und Kritik ist. Desweiteren befindet sie sich – ähnlich anderer Methoden – im kontinuierlichen Prozess der Verbesserung, tieferen Erforschung und methodischen Absicherung. Dennoch zeigen die vorangegangenen Ausführungen, dass sie zum einen gut auf das Anforderungsprofil der vorliegenden Studie passt und dass zum anderen potenzielle Probleme kontrolliert werden können. Die Flexibilität der Methode, die Vorteile aufgrund von Anonymität, die Beherrschbarkeit einer großen Zahl von Experten an unterschiedlichen Orten zu unter-schiedlichen Zeiten sowie nicht zuletzt das hervorragende Prognose- und Modell-entwicklungspotenzial sprechen für die Anwendung der Methode in der vorliegenden Arbeit.

5.3 Durchführung der empirischen Untersuchung Die empirische Untersuchung der vorliegenden Arbeit ist wie in Abbildung 49 dargestellt, in drei Phasen gegliedert.

626 Vgl. Diskussion bei Mullen 2003. 42-44; Rowe/Wright/McColl 2005, S. 397. 627 Vgl. Blind/Cuhls 2001, S. 77-78; Rowe/Wright/McColl 2005, S. 397. 628 Vgl. Häder 2000a, S. 190-191; Häder 2000d, S. 99, 103, 113. 629 Vgl. z.B. Parenté et al. 2005, S. 409 630 Vgl. Drilling 2000, S. 176.

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Run

de II

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de I

Vor

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itung

Theoretische ErarbeitungGenerierung von Thesen/Typologie

Fragebogendesign Auswahl der Experten

Experten-Akquise und Aussendung (n=136) 1. Nachfassen(E-Mail)

2. Nachfassen(Telefon)

Auswertung der Ergebnisse (n=61)

FragebogenmodifikationEliminierung von Konsens-Items

Hinzufügen neuer Thesen

Aussendung Fragebögen (n=61)

1. Nachfassen(E-Mail)

2. Nachfassen(Telefon)

Auswertung der Ergebnisse (n=45)

PretestMethodische/inhaltliche Konstruktion

Abbildung 49: Ablauf der empirischen Untersuchung

In Kapitel 5.3.1 wird der Pretest vorgestellt. Kapitel 5.3.2 geht dann auf die Expertenauswahl ein, bevor in Kapitel 5.3.3 das Fragebogendesign der Hauptuntersuchung erläutert wird.

5.3.1 Pretest Eine Vielzahl von Autoren stellt heraus, dass sozialwissenschaftliche Studien ohne die Verwendung von inhaltlichen und instrumentellen Voruntersuchungen nicht auskommen.631

Im Rahmen der Zweiten World Marketing Conference des Volkswagen Konzerns wurde ein Pretest für die Delphi-Studie durchgeführt.632 Dabei wurde ein teil-standardisierter schriftlicher Fragebogen verwendet, der drei Ziele erfüllen sollte:633

• Einordnung von Trends des europäischen Automobilvertriebs: Dazu wurden den Experten theoretisch abgeleitete Trends in Form von 18 Thesen vorgelegt. Die Beurteilung erfolgte

631 Vgl. u.a. Bortz/Döring 2002, S. 359; Schnell/Hill/Esser 1999, S. 10; Presser et al. 2004. 632 Die Veranstaltung wurde von rund 250 Marketing- und Vertriebsverantwortlichen aus den beiden obersten

Führungsebenen sowie ausgewählten Fachleuten besucht. Dabei wurden aktuelle Themen zur Weiter-entwicklung von Marketing und Vertrieb des Volkswagen Konzerns in Workshops und Plenarveranstaltungen diskutiert und erarbeitet. Der Pretest wurde als Bestandteil einer Workshopveranstaltung „Wholesale – Reaktionen der Volkswagen AG auf neue Geschäftsmodelle und Absatzkanäle im Automobilvertrieb“ durchgeführt.

633 Der Fragebogen wurde zu Beginn des Workshops von den Teilnehmern ausgefüllt, um sowohl die Meinung zu neuen Geschäftsmodellen und Trends im Automobilvertrieb zu erfassen, als auch die Teilnehmer für das Thema des Workshops zu sensibilisieren. Zu diesem Zweck wurden die Experten ferner gebeten, eine Einschätzung über die strategische Vorbereitung des Volkswagen Konzerns auf die zuvor im Fragebogen genannten Trends und Geschäftsmodelle zu geben. Die Ergebnisse dieser Frage haben für den Pretest bzw. für die Delphi-Studie keine Bedeutung. Der Fragebogen ist in Anhang 1 dargestellt.

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anhand einer auf sieben Stufen erweiterten Likert-Skala634. Die Ergebnisse sollen die inhaltliche Konzeption der Delphi-Studie erleichtern.

• Einordnung von Geschäftsmodellen: Den Experten wurden zehn neue bzw. innovative Geschäftsmodelle vorgelegt. Der Pretest soll erste Hinweise auf die zukünftige Bedeutung der Geschäftsmodelle geben sowie weitere bisher unberücksichtigte Geschäftsmodelle aufzeigen. Daher wurden ebenfalls Vorschläge und Anregungen bzgl. unberücksichtigter Geschäftsmodelle aus Vorträgen und der Gruppenarbeit im Verlauf des Workshops übernommen. Beide Ergebnisse sollen die inhaltliche Fokussierung der vorliegenden Arbeit verbessern.

• Test des Fragebogendesigns: Der Pretest soll die auf Thesen basierende Fragebogen-konstruktion im Hinblick auf Darstellungsweise, Formulierung und Verständlichkeit testen.635

Im Folgenden wird zunächst die Implikation des Pretests auf die Hauptuntersuchung erläutert.

Instrumentelle Perspektive Der Pretest wurde mit Hilfe einer deutschen und einer englischen Version des Fragebogens durchgeführt, um den deutschen Teilnehmern die Fragebogenbeantwortung zu erleichtern und somit eine höhere Rücklaufquote636 und stärkere inhaltliche Auseinandersetzung mit den Fragen zu erreichen. Es kann ex post gezeigt werden, dass die Antworten englischer und deutscher Fragebögen eng miteinander korrelieren.637

Die Anordnung der Thesen sowie die Befragung nach Zustimmung mit Hilfe einer Likert-Skala haben sich als praktikabel erwiesen.

Inhaltliche Perspektive Da alle Teilnehmer eine hohe Position in der Unternehmenshierarchie bekleiden und somit weit reichende Entscheidungskompetenz im Bereich Marketing und Vertrieb besitzen, wird der Expertenstatus aus inhaltlicher Perspektive als gegeben angenommen.

Im Pretest dienten 18 Thesen bzw. 31 Items der Generierung einer ersten Einschätzung bzgl. Trends im politisch-rechtlichen, wirtschaftlichen und soziokulturellen Umfeld. Anhang 1 fasst die inhaltlichen Ergebnisse des Pretests zusammen. Es zeigt sich, dass die Experten der Trendeinschätzung weitgehend folgen. In der Hauptuntersuchung sollen daher aus forschungsökonomischen Gründen nur umstrittene und vage Trends Berücksichtigung finden.

Der Automobilvertrieb ist bzgl. Geschäfts- und Privatkunden differenziert zu betrachten. Daher wurden Trends, für die diese Unterscheidung relevant ist, getrennt abgefragt. Um etwaige Fehlinterpretationen durch die Teilnehmer auszuschließen, wurde diese

634 Die Skala reichte von „keine Zustimmung“ (1) über „geringe Zustimmung“ (2) bis zu „hoher Zustimmung“ (7).

Es wird sich hier der Annahme angeschlossen, dass die Likert-Skala als Intervallskala interpretiert werden kann. Vgl. u.a. Bortz/Döring 2002, S. 222-224; Stier 1996, S. 86; Schnell/Hill/Esser 1999, S. 185.

635 Vgl. Häder 2002, S. 138-139; Schnell/Hill/Esser 1999, S. 324-325. 636 Durch die Integration in den Workshop wurden 19 von 20 ausgegebenen Fragebögen ausgefüllt. 637 Die Wahl der Sprache war etwa gleich verteilt (9 deutsche zu 10 englischen Fragebögen). Mit Hilfe des Mann-

Whitney-U-Tests kann bei einem zugrunde liegenden Konfidenzintervall von 99% für alle Items angenommen werden, dass die Ergebnisse nicht von der Fragebogensprache beeinflusst werden.

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Unterscheidung bereits in der Einleitung zum Fragebogen erläutert und mit Beispielen belegt. Dieses Vorgehen hat sich bewährt.

Pretest-Ergebnis Der Pretest hat sich als sehr hilfreich erwiesen, die formulierten Ziele wurden erreicht.

• Die Trends wurden offenbar von den Experten als bedeutend angesehen, da kein prognostizierter Trend eine durchschnittliche Zustimmung unter dem Skalenwert 4 erhielt. Unumstrittene Thesen brauchen in der Hauptuntersuchung nicht berücksichtigt zu werden.

• Die Nutzung einer Likert-Skala erscheint für die Hauptuntersuchung sinnvoll.• Der Pretest hatte einen Umfang von 20 Thesen, deren Beantwortung circa fünf bis sieben

Minuten Zeit in Anspruch nahm. Für die Hauptuntersuchung muss daher der Umfang so klein wie möglich gehalten werden.

• Die Verwendung von zwei Sprachversionen hat sich als vorteilhaft und beherrschbar erwiesen.

• In der Hauptuntersuchung sollte eine umfangreiche Beschreibung der Geschäftsmodelle erfolgen. Zwei neue Geschäftsmodelle wurden durch den Workshop identifiziert.

Vier der Pretest-Teilnehmer haben letztlich an der Hauptuntersuchung teilgenommen. Die Design-Anregungen aus dem Pretest wurden in der Hauptuntersuchung berücksichtigt.

5.3.2 Expertenauswahl „The first, and arguably most important, stage in an effective Delphi study is the assembly of a comprehensive and representative panel of experts who are in a position to offer sound observations.“638 In der vorliegenden Studie wurden 136 Personen für Runde I kontaktiert, davon haben 61 teilgenommen. Aus dieser Gruppe haben 45 an Runde II teilgenommen.

638 Gibson/Miller 1990, S. 35.

Page 168: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie 153

Balkendarstellung: Anteil Runde I (n=61) Runde II (n= 45)

36%

18%

23%

16%

5%

42%

20%22%

4% 2% 2%9%

0%

5%

10%

15%

20%

25%

30%

35%

40%

45%

50%

Hersteller Wissenschaft Beratung Handel (Einzel-und

Großhandel)

Verband Medien

Abbildung 50: Berufliche Zuordnung der Teilnehmer

Balkendarstellung: Anteil (Mehrfachnennungen möglich) Runde I (n=61) Runde II (n= 45)

56%

43%

8% 7%

16%

58%

44%

11%

18%

9%

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

Europa undInternational

Nord-West-Europa

Nord-Ost-Europa

Süd-Ost-Europa

Süd-West-Europa

Abbildung 51: Arbeits- und Wirkungsgebiet der Teilnehmer

Abbildung 50 und Abbildung 51 zeigen die Zusammensetzung der Expertengruppe in der Übersicht. In Anhang 7 ist eine Namensliste der Studienteilnehmer aufgeführt.

Page 169: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

154 5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie

5.3.3 Fragebogen-Design Die Hauptuntersuchung folgt dem so genannten mixed-mode Design.639 Der Fragebogen wurde allen Experten postalisch zugesendet, parallel dazu wurde den Teilnehmern die Möglichkeit gegeben, den gleichen Fragebogen im Internet auszufüllen. DE LEEUW

konstatiert, dass mixed-mode Designs zwar immer beliebter werden, methodisch-wissenschaftlich bisher jedoch nicht ausreichend Beachtung gefunden haben.640 Ausgangs-punkt für die parallele Nutzung von Internet und Papier-Fragebogen ist die Annahme, dass die Rücklaufquote und die Identifikation der Teilnehmer mit der Studie höher sind, als unter Einsatz nur einer der beiden Datenerhebungstechniken.641 In der vorliegenden Studie haben in der 1. Runde 33% der Teilnehmer über das Internet teilgenommen – in der 2. Runde betrug der Anteil 24%.642 Eine allgemein gültige Datenvergleichbarkeit kann beim simultanen Einsatz unterschiedlicher Datenerhebungstechniken nicht angenommen werden, vielmehr muss die Vergleichbarkeit individuell nachgewiesen werden – vgl. Kapitel 5.6.643

In der Hauptuntersuchung wurde ein teilstandardisierter Fragebogen verwendet – vgl. Anhang 3 und 4. Dabei wurden vier Typen von Überzeugungsfragen644 angewendet:

1. Zustimmungsfragen: Ähnlich wie im Pretest wurde mit Hilfe einer Likert-Skala die Zustimmung zu vorformulierten Thesen bzgl. Geschäftsmodellen und insb. Trends erhoben.645 Die verwendete Likert-Skala reicht von 1 = „keine Zustimmung“ bis 5 = „volle Zustimmung“.

2. Semantisches Differenzial: Die Geschäftsmodelle wurden vornehmlich durch die Verwendung des semantischen Differenzials646 bzgl. ihrer zukünftigen Ausprägung durch die Experten charakterisiert. Die verwendete Skala reicht von 1 = „These A trifft zu“ bis 5 = „These B trifft zu“.

3. Auswahlfragen: Geschlossene Fragen mit vorgegebenen Antwortkategorien wurden etwa bei Fragen nach Kongruenz zwischen Herstellerzielen und Geschäftsmodellen sowie geographischer Einordnung der Geschäftsmodelle verwendet.

4. Offene Fragen: In der ersten Fragebogenrunde wurde mit offenen Fragen nach Kommentaren, zusätzlichen Trends und Meinungen gefragt. Durch diesen Fragetyp sollte dem explorativen Charakter der Studie Rechnung getragen werden.

639 Vgl. Dillman 2000, S. 217ff.; Kirsch 2000, S. 222; Brennan 2005, S. 1; 640 Vgl. De Leeuw 2005, S. 234-235. Mixed-mode Design bezieht sich nicht nur auf den Einsatz unterschiedlicher

Kommunikationsmedien, wie in diesem Fall, sondern kann sich auch durch die Unterschiedlichkeit anderer Aspekte des Untersuchungsdesigns ausdrücken. Vgl. De Leeuw 2005, S. 238.

641 Zu den Vor- und Nachteilen von Papier-basierten bzw. Online-basierten Befragungen vgl. u.a. Bandilla/Hauptmanns 1998; Dillman 2000; Couper 2000; Florian 2000; Couper/Traugott/Lamias 2001; Bandilla/Bosnjak/Altdorfer 2001; Manfreda/Batagelj/Vehovar 2002; Faas 2003; Raab/Unger/Unger 2004, S. 94-127.

642 Fünf Teilnehmer haben in den beiden Runden unterschiedliche Medien genutzt (in RI das Internet und in RII den schriftlichen Fragebogen). Vgl. De Leeuw 2005, S. 247; Brennan 2005, S. 9-11.

643 Vgl. De Leeuw 2005, S. 247. 644 Vgl. Schnell/Hill/Esser 1999, S. 304; Bortz/Döring 2002, S. 212ff. 645 Vgl. Häder 2002, S. 131; Raab/Unger/Unger 2004, S. 100. 646 Vgl. Schnell/Hill/Esser 1999, S. 169-171; Bortz/Döring 2002, S. 184-186; Berekoven/Eckert/Ellenrieder 2004,

S. 84; Raab/Unger/Unger 2004, S. 86-88.

Page 170: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie 155

Der Fragebogen ist in vier Teile gegliedert. In Teil I wurde die Distributionssituation diskutiert. Tabelle 32 in Anhang 2 zeigt die verwendeten Thesen aus Kapitel 3 und deren Formulierung im Fragebogen in der Übersicht.

Teil II diente der Diskussion der Geschäftsmodelle mit Fokus auf drei Elemente: Erstens wurden relevante Kundengruppen des GM diskutiert, indem zunächst die Verteilung von Geschäfts- zu Privatkunden thematisiert und dann mit jeweils drei bipolaren Merkmals-ausprägungen differenziert wurde. Zweitens wurden die strategische Orientierung und die Entwicklung des Geschäftsmodells mit einer Reihe bipolarer Strategieausprägungen erfasst. Drittens wurde in Runde I mit offenen Fragen nach weiterführenden Thesen zu den Geschäftsmodellen gefragt.647 Die frei formulierten Thesen und Statements wurden anschließend für Runde II redaktionell aufbereitet und den Teilnehmern zur Bewertung vorgelegt.648 Anhang 2 zeigt die Definition der Geschäftsmodelle im Fragebogen.

Der Teil III des Fragebogens konzentriert sich auf die Identifikation und Diskussion weiterer innovativer Geschäftsmodelle, deren Struktur noch nicht genauer bestimmt werden kann. Daneben werden die Absatzentwicklung, die geographische Verbreitung der Geschäfts-modelle sowie ihre Kongruenz mit den Zielen des Herstellers untersucht.

Teil IV des Fragebogens beinhaltet eine fachliche Selbsteinschätzung der Teilnehmer bzw. fragt Informationen zur Administration der Untersuchung ab.

5.3.4 Abbruchkriterien Kern einer Delphi-Studie ist die Rückkopplung der Ergebnisse und erneute Befragung der Teilnehmer, mit dem Ziel, eine anonymisierte, aber zugleich strukturierte Diskussion über ein bestimmtes Themengebiet zu führen.649 Folgt man der von HÄDER vorgeschlagenen Systematik für Delphi-Befragungen, so ist die vorliegende Untersuchung dem Typ 3 zuzuordnen:650 Ziel ist die Erhebung und Qualifizierung der Meinung einer Expertengruppe zu einem diffusen Sachverhalt – ein Konsens zu allen Items ist indes nicht das Ziel. In Kapitel 5.2.2 wurde bereits auf die Klassen möglicher Abbruchkriterien eingegangen. Die vorliegende Studie schließt sich dem Vorgehen von VORGRIMLER/WÜBBEN an:651 Zunächst werden alle Items auf die Gruppenmeinung hin untersucht, um dann lediglich solche Items weiter zu verwenden, für die das ex-post-Abbruchkriterium nicht erfüllt ist. Für die erste Runde besteht dieses Abbruchkriterium aus einer statistischen und einer inhaltlichen Beurteilung: 647 75% der Teilnehmer haben frei formulierte Kommentare, Thesen und Statements abgegeben. 648 Vgl. Häder 2002, S. 136, 155. Ähnlich u.a. bei Scholl et al. 2004, S. 21; Drilling 2000, S. 176; 649 Vgl. u.a. Linstone/Turoff 1975, S. 3; Sackman 1975, S. 48; Zerres 1994, S. 152; Berekoven/Eckert/Ellenrieder

1999, S. 264; Häder/Häder 2000, S. 13; Bortz/Döring 2002, S. 261-262; Bradley/Stewart 2003, S. 274. Hier wird Bezug auf das „Conventional Delphi“ (entspricht „Standard-Delphi“ in Tabelle 15) genommen, in der Literatur wird eine Vielzahl von Varianten beschrieben, wie z.B. Delphi-Konferenzen, Tele-Delphi u.ä. Den Begriff „Conventional Delphi“ prägen Linstone/Turoff 1975, S. 5.

650 Vgl. Häder 2002, S. 31 und Kapitel 5.2.2. 651 Vgl. Vorgrimler/Wübben 2003, S. 766; Vorgrimler/Wübben 2001, S. 8. Ähnlich u.a. Florian 2000, S.199 und

205; Neiger et al. 2001, S. 114; Roberts-Davis/Read 2001, S. 37 und 39; Häder 2002, S. 186; Arnold 2005, S. 69; Padel/Midmore 2005, S. 628

Page 171: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

156 5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie

• Für die statistische Beurteilung werden Standardabweichung, Mittelwert und Verteilung berücksichtigt. Dabei muss die Skalengestaltung Berücksichtigung finden. Für Zustimmungsfragen soll als Abbruchkriterium Folgendes gelten: erstens soll die Standard-abweichung unter dem Wert 1 liegen und zweitens soll der Mittelwert über 3,5 liegen oder mehr als 50% der Teilnehmer die Werte 4 bis 5 gewählt haben. Für den Abbruch von Items basierend auf dem Semantischen Differenzial sollen folgende Bedingungen erfüllt sein: erstens soll die Standardabweichung unter 1 liegen, zweitens soll die Verteilung zeigen, dass mehr als zwei Drittel der Teilnehmer einer These zugestimmt haben (Wert 1 oder 2 bzw. 4 oder 5) oder der Mittelwert soll über 4 bzw. unter 2 liegen. Dichotome Items sollten eine Zustimmung zu einer Antwort von über 50% aufweisen.

• Die inhaltliche Beurteilung identifiziert Items für den Verbleib in der Folgerunde, welche für das Untersuchungsergebnis eine besondere Bedeutung haben oder in den Kommentaren der Teilnehmer kritisch gesehen wurden. Für Items mit Mehrfachauswahl bzw. dichotome Items kann nur die Stabilitätsbeurteilung angewendet werden. Itempaare sollen nur dann abgebrochen werden, wenn das statistische Abbruchkriterium für beide erfüllt ist.652

Für 27 Items führten sowohl die statistische, als auch die inhaltliche Beurteilung entsprechend der in Abbildung 52 dargestellten Entscheidungslogik nach Runde I zum Abbruch. Für diese Items wird Konsens unter den Teilnehmern unterstellt, sie wurden als erstes Arbeitsergebnis in Runde II ausgegeben. Wie in Kapitel 5.3.3 erläutert, entfielen in Runde II zudem die offenen Fragen, stattdessen wurden zusätzlich 46 neue – aus den freien Statements aufbereitete – Thesen aus Runde I zur Diskussion gestellt.

652 Ein Beispiel für ein Itempaar ist die Beurteilung der Kunden nach Preisbereitschaft und Wertorientierung. Vgl.

Abbildung 8 bzw. Anhang 3.

Page 172: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie 157

Ende

ja

jaStabilitätsbeurteilung(Wilcoxon-/McNemarTest)

ja

ja

Statistische Beurteilung(Mittelwert, Verteilung, Standardabweichung)

ja

Runde II

Kosten-Nutzen-Beurteilung(Anzahl Items, Bereitschaft)

ja

Runde III

nein

nein

nein

nein

nein

nein

Inhaltliche Beurteilung(Bedeutung, Itempaare)

ja/nein = Abbruchkriterium erfüllt/nicht erfüllt

i = Anzahl Items(*) = Anzahl offene

Fragen1 = Runde I enthielt u.a.

Fragen zu Arbeitsgebiet und Expertise

Statistische Beurteilung(Mittelwert, Verteilung, Standardabweichung)Inhaltliche Beurteilung(Bedeutung, Itempaare)

i = 27

i = 308i = 53

i = 24

Runde I

i = 441 (27*)

i = 409 (3*)

Fragen zur Person1

i = 35

i = 35

i = 54

Neue Thesen i=54Aufbereitung freieStatements

Items BestandteilRI und RII

ja

neini = 332

i = 21

Abbildung 52: Verwendung von Abbruchkriterien im Delphi

Abbildung 52 zeigt, dass nach Runde II neben der Konsens-Überprüfung auch eine Unter-suchung auf Stabilität mit Hilfe des nichtparametrischen Wilcoxon-Tests bzw. des McNemar-Tests für zwei verbundene Stichproben durchgeführt wurde. Der McNemar-Test wurde für alle dichotomen Items (Auswahlfragen) gewählt, während für die übrigen Items der Wilcoxon-Vorzeichen-Rang-Test angewendet wurde. Folgende Ergebnisse wurden beobachtet:

• Statistische und inhaltliche Beurteilung: Für 53 Items der Runde II war das statistische und das inhaltliche Abbruchkriterium erfüllt, so dass diese keiner etwaigen dritten Runde zuzuführen waren. Von diesen Items entsprechen 23 den in Runde II hinzugekommenen Thesen, welche offenbar sofort eine breite Zustimmung unter den Experten erfahren haben.

• Stabilitätsuntersuchung: Die Anwendung des Wilcoxon- bzw. McNemar-Test zeigt, dass für lediglich 24 der 332 untersuchten Items die H0-Hypothese auf einem Signifikanz-Niveau von 95% zurückgewiesen werden konnte. Für diese Statements kann also angenommen werden, dass sich von Runde I zu Runde II eine signifikante Veränderung im Antwortverhalten ergeben hat. Dazu wurde die asymptotische Signifikanz bestimmt, liegt der errechnete Wert unter 0,05, ist H0 – also die Annahme, dass kein Unterschied zwischen den Wertepaaren vorliegt – zurückzuweisen.653

653 Vgl. Siegel/Schüle/Rennert 2001, S. 60-65 und 72-80; Wechsler 1978, S. 138-141.

Page 173: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

158 5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie

• Kosten-Nutzen-Beurteilung: Die beiden vorherigen Beurteilungen zusammengenommen, bleiben für eine etwaige dritte Runde 45 Items zur näheren Bestimmung. Dabei handelt es sich bei 17 der 45 zu beurteilenden Items um dichotome Items, zur geographischen Einordnung der Geschäftsmodelle. Hier ist nicht für alle Geschäftsmodelle ein eindeutiges oder stabiles Antwortverhalten zu erwarten, da es sich z.T. um neue Geschäftsmodelle handelt. Unter Berücksichtigung des zu erwartenden Aufwands und der einzu-kalkulierenden Panelmortalität wird die Iteration abgebrochen, weil der etwaige Nutzen der 28 Items den Aufwand deutlich übersteigt.

In Kapitel 5.4 und 5.5 werden die Ergebnisse der Erhebung dargestellt, bevor in Kapitel 5.6 abschließend die Güte der Untersuchung beurteilt wird.

5.4 Ergebnisse zu allgemeinen Trends Mit Hilfe der Delphi-Studie wurden entsprechend der Zieldefinition in Kapitel 5.1 Thesen zur Distributionssituation aus Kapitel 3 bestätigt bzw. durch weitere ergänzt. Bereits in Runde I konnten die in Tabelle 16 dargestellten Thesen entsprechend der in Kapitel 5.3.4 dargestellten statistischen und inhaltlichen Beurteilung bestätigt werden.

Index Thesen % Ø S

T-2.9 Die Inszenierung von Markenwelten gewinnt im Privatkundengeschäft an Bedeutung. 66 3,72 0,940

T-2.4p Die Loyalität der Privatkunden gegenüber Marken und Einkaufstätten nimmt ab. 67 3,78 0,940

T-2.4g Die Loyalität der Geschäftskunden gegenüber Marken und Einkaufstätten nimmt ab. 70 3,96 0,906

T-2.11 Channel Hopping nimmt über den gesamten Kaufprozess von Privatkunden zu. 68 3,85 0,943T-2.12 Smart-Shopping-Verhalten von Privatkunden nimmt zu. 78 4,05 0,899T-2.13 Variety-Seeking-Verhalten gewinnt im Privatkundengeschäft an Bedeutung. 66 3,62 0,904T-2.14 Convenience-Orientierung gewinnt im Privatkundengeschäft an Bedeutung. 70 3,83 0,785

T-3.7 Der Europäische Automobilvertrieb wird eine Multikanalstruktur ausbilden. (These B) 92 4,42 0,700

T-5.6 Die europäischen Neuwagen-Preisunterschiede werden abnehmen. (These B) 93 4,25 0,756

Tabelle 16: Allgemeine Trends im Automobilvertrieb (bestätigt nach Runde I)654

Die in Tabelle 17 dargestellten Trends und Rahmenbedingungen wurden nach Runde II statistisch und inhaltlich bestätigt. Unterstrichene Werte zeigen in den Tabellen an, dass das jeweilige (statistische) Prüfkriterium erfüllt ist.

Index Thesen % Ø S E

77I 4,03I 1,008I nein T-2.5p Es findet eine Individualisierung und Fragmentierung der

Privatkunden-Bedürfnisse statt. 86II 4,16II 0,713II ja 60I 3,63I 0,981I ja

T-2.5g Es findet eine Individualisierung und Fragmentierung der Geschäftskunden-Bedürfnisse statt. 52II 3,57II 0,789II ja

654 Spalte „Index“ zeigt die jeweils korrespondierende These aus Kapitel 3 – vgl. Kapitel 5.3.3 und Anhang 2. Der

in Spalte „%“ dargestellte Wert entspricht dem Anteil der Experten, welche die Frage beantwortet und der jeweiligen These zugestimmt haben (Wert 1 oder 2 bzw. 4 oder 5). Der in Spalte „Ø“ dargestellte Wert entspricht dem arithmetischen Mittel auf einer Skala von 1 (keine) bis 5 (volle Zustimmung). Der in Spalte „S“ dargestellte Wert entspricht der Standardabweichung.

Page 174: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie 159

Index Thesen % Ø S E

72I 3,88I 0,976I jaT-5.3p

Politisch-rechtliche Rahmenbedingungen (z.B. die GVO 1400/02) werden die Entstehung und Etablierung neuer Geschäftsmodelle im Automobilvertrieb an Privatkunden weiter begünstigen.

82II 3,98II 0,792II ja

59I 3,70I 0,944I jaT-5.3g

Politisch-rechtliche Rahmenbedingungen (z.B. die GVO 1400/02) werden die Entstehung und Etablierung neuer Geschäftsmodelle im Automobilvertrieb an Geschäftskunden weiter begünstigen.

77II 3,82II 0,724II ja

74I 3,90I 1,069I nein T-5.4p

Politisch-rechtliche Rahmenbedingungen (z.B. die GVO 1400/02) werden den Eintritt neuer Wettbewerber in den Automobilvertrieb an Privatkunden weiter begünstigen. 82II 3,95II 0,914II ja

69I 3,85I 0,936I jaT-5.4g

Politisch-rechtliche Rahmenbedingungen (z.B. die GVO 1400/02) werden den Eintritt neuer Wettbewerber in den Automobilvertrieb an Geschäftskunden weiter begünstigen. 74II 3,91II 0,840II ja

69I n.a. n.a. jaT-5.7 Es wird ein Nachfolgeregime der GVO 1400/02 geben.

(Dichotomes Item: Ja = 1, Nein =2) 76II n.a. n.a. ja77I 3,95I 1,008I nein

T-5.2.a Das Nachfolgeregime der GVO 1400/02 wird zum Ziel haben: Stimulierung des Inter- und Intrabrand-Wettbewerbs 82II 3,97II 0,684II ja

Tabelle 17: Allgemeine Trends im Automobilvertrieb (bestätigt nach Runde II)655

Tabelle 18 stellt Thesen dar, die nach Runde II nach statistischer und inhaltlicher Beurteilung nicht für den Abbruch qualifiziert wurden.

These T-1.5 müsste wegen des zu hohen bzw. zu niedrigen Mittelwertes formal abgelehnt werden, da aber beide Ergebnisse eine relativ niedrige Streuung und eine formal ausreichende Zustimmung aufweisen, sollen diese beiden Thesen u.E. weiter verfolgt werden. Wegen der geringen Zustimmung zu den Thesen T-2.15, T-5.1.a bis T-5.1.d wird das Ergebnis inhaltlich als Ablehnung interpretiert.

655 Unterstrichene Werte zeigen die Erfüllung der jeweiligen statistischen Prüfung an. In der Spalte „E“ ist

dargestellt, ob eine einheitliche Meinung entsprechend der statistischen Beurteilungskriterien vorliegt: „ja“ bedeutet „Abbruchkriterien erfüllt“, „nein“ bedeutet „Abbruchkriterien nicht erfüllt“.

Page 175: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

160 5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie

Index Thesen % Ø S W/M62I 2,53I 1,135IT-1.5 Volumenhersteller werden primär Stock-Push-Strategien verfolgen.

Orientierung an Marktanteilssteigerung. (These A) 68II 2,32II 0,800II0,213

73I 3,98I 0,938IT-1.5 Nischen- und Premiumanbieter werden primär Pull-Strategien verfolgen. Orientierung an Deckungsbeitragssteigerung. (These B) 86II 3,91II 0,772II

0,686

45I 3,47I 0,878IT-2.1.a Der Neuwagenabsatz wird primär an Geschäftskunden erfolgen. (These B) 57II 3,52II 0,590II

0,750

49I 3,43I 0,957IT-2.15 Prestige-Shopping-Verhalten gewinnt im Privatkundengeschäft an Bedeutung. 48II 3,43II 0,801II

1,000656

57I 3,44I 1,246 IT-5.1.a

Das Nachfolgeregime der GVO 1400/02 wird zum Ziel haben: Vollständige Abschaffung quantitativer Selektion (der Vertrags-händler durch Hersteller) 52II 3,36II 1,168II

0,185

45I 3,10I 1,252IT-5.1.b

Das Nachfolgeregime der GVO 1400/02 wird zum Ziel haben: Einschränkung qualitativer Selektion (der Vertragshändler durch Hersteller) 45II 3,09II 1,071II

0,186

45I 3,34I 0,990IT-5.1.c

Das Nachfolgeregime der GVO 1400/02 wird zum Ziel haben: Weitere Forcierung der Trennung von Neuwagenverkauf, Service- und Ersatzteilgeschäft 55II 3,45II 1,063II

0,822

28I 2,81I 1,065 IT-5.1.d Das Nachfolgeregime der GVO 1400/02 wird zum Ziel haben: Einheitliche Werksabgabepreise innerhalb der Europäischen Union 45II 3,09II 1,071II

0,018

Tabelle 18: Allgemeine Trends im Automobilvertrieb (ohne einheitliches Meinungsbild)657

Wie in Kapitel 5.3.4 erläutert, wurde neben der statistischen und inhaltlichen Beurteilung auch eine Stabilitätsuntersuchung durchgeführt. Tabelle 18 zeigt die asymptotische Signifikanz des Wilcoxn-Tests zur Stabilitätsbeurteilung. Entsprechend der in Kapitel 5.3.4 postulierten Regel, wird für alle – außer T-5.1.d – in Tabelle 18 dargestellten Thesen stabiles Antwortverhalten unterstellt.

In Tabelle 19 und Tabelle 20 sind die Ergebnisse aus Runde II zu den von den Teilnehmern in Runde I frei formulierten Thesen dargestellt, eine Stabilitätsuntersuchung ist daher nach Runde II nicht anzufertigen.

Etwa die Hälfte der Thesen entspricht den in Kapitel 3 bereits formulierten Thesen, siehe Tabelle 19. Die von den Experten eingebrachte These zur „Etablierung von Handelsmarken“ entspricht T-3.10 aus Kapitel 3. Die These ist zwar aufgrund der beobachteten Streuung über 1 formal zurückzuweisen, allerdings sollen die hohe Zustimmung von 62% und die nur sehr knappe Überschreitung der Streuungsgrenze um 0,014 zum Anlass genommen werden, diese

656 Für insgesamt drei Itempaare ergeben sich identische positive und negative Rangsummen, was bereits auf hohe

Ähnlichkeit des Antwortverhaltens in Runde I und II hindeutet. Der Wilcoxon-Test ist bei dieser Datenlage indes strenggenommen nicht anwendbar, vgl. Bortz/Lienert/Boehnke 2000, S. 266. Zur Stützung der These hoher Ähnlichkeit des Antwortverhaltens, wurde der t-Test durchgeführt und ergab für dieses Itempaar ein Sigma von 0, 812. Hypothese H0 ist daher nicht zurückzuweisen. Es wird daher angenommen, dass in Runde I und II kein signifikant unterschiedliches Antwortverhalten aufgetreten ist (für die anderen beiden Items ergibt sich ein vergleichbarer Befund).

657 Spalte „W/M“ gibt die asymptotische Signifikanz des Wilcoxn-Test bzw. McNemar-Tests auf Stabilität zwischen Rund I und II wieder.

Page 176: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie 161

These u.E. weiterzuverfolgen. Die Thesen T-5.6 erfährt keine eindeutige Beurteilung durch die Experten und wird daher verworfen.

Index Thesen % Ø S E

T-2.7 Die Polarisierung des Kaufverhaltens bzw. Trennung von Premium- und Niedrigpreiskäufern führt zu Etablierung spezialisierter Geschäftsmodelle.

73 3,78 0,670 ja

T-3.1 Konzentration/Konsolidierung im Automobilhandel, Wegfall kleiner Händler. 93 4,16 0,673 ja

T-3.6 Aus Sicht der Hersteller steigt der Wettbewerb um leistungsfähige Vertriebspartner im Einzelhandel. 78 3,96 0,767 ja

T-3.8 Es wird Unternehmen geben, die regional gezielt mehrere der Geschäftsmodelle in Kombination einsetzen. 64 3,56 0,943 ja

T-3.10 Die Etablierung von Handelsmarken nimmt zu. 62 3,51 1,014 (ja)

T-4.3 Es findet Konzentration der Hersteller (Konzerne) statt, während die Vielfalt der Marken bestehen bleibt. 76 3,80 0,726 ja

T-5.2.b Liberalisierung der Märkte und Wettbewerb nehmen zu. (These B) 84 4,00 0,769 ja

T-5.6 Steuersätze (Preise ggü. Endkunden) bleiben weiterhin divergent. (These B) 57 3,41 1,019 nein

Tabelle 19: Weitere Trends im Automobilvertrieb (durch Experten eingebracht)

Die in Tabelle 20 dargestellten Thesen wurden in Kapitel 3 nicht vorab behandelt. Es wird deutlich, dass nicht alle von den Experten zusätzlich eingebrachten Thesen658 unter rein statistischer Beurteilung eine klare Zustimmung finden, insofern werden die Thesen T-II.1 bis T-II.4 und T-II.9 bis T-II.11 nicht weiter verfolgt.

Die These T-II.5 verfehlt minimal die erforderliche Hürde bzgl. des Mittelwertes, so dass sie u.E. weiterverfolgt werden soll. Diese Annahme wird durch die jährlichen Erhebungen des DAT-Reports gestützt, der seit 1985 abnehmenden Reparatur- und Wartungsbedarf pro Fahr-zeug ausmacht, welcher aufgrund der wachsenden Komplexität der Fahrzeuge nicht zu einem monetär geringeren Aufwand führte.659

658 Die zusätzlich eingebrachten Thesen sind mit „II“ in der Spalte „Index“ markiert. 659 Brachat/Meunzel 2006, S. 51.

Page 177: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

162 5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie

Index Thesen % Ø S E

T-II.1 Das Nachfolgeregime der GVO 1400/02 wird zum Ziel haben: Totale Liberalisierung im After-Sales-Bereich 50 3,26 1,214 nein

T-II.2 Automobilvertrieb fällt nach 2010 unter Schirm-GVO (heute GVO 2790/1999) 30 2,79 1,166 nein

T-II.3 Stagnation der Neuwagen-Nachfrage (trotz neuer EU-Mitglieder) (These A) 40 2,96 0,928 nein

T-II.4 Die Produktionskapazitäten der Hersteller für den europäischen Markt werden gesteigert. 24 2,53 1,079 nein

T-II.5 Abnehmende Serviceintensität der Fahrzeuge und somit Abnahme des Umsatzvolumens im Service. 58 3,49 0,944 (ja)

T-II.6Technische Komplexität der Fahrzeuge nimmt zu, dadurch zunehmende Konsolidierung und Segmentierung im After-Sales-Geschäft.

71 3,82 0,684 ja

T-II.7Steigende Nachfrage der Endkunden nach individualisierten Dienstleistungen und Produkten. 76 3,89 0,745 ja

T-II.8 Kosten und Abgaben für Fahrzeug- bzw. Straßennutzung werden steigen. 89 4,31 0,733 ja

T-II.9 Zunahme des Direktvertriebs auf z.T. 50% des Absatzvolumens der Volumenhersteller. 38 2,93 1,074 nein

T-II.10 Aufbau der Vertriebsnetze chinesischer Marken mit unkonventionellen Mitteln (z.B. Vertrieb über Service-Ketten). 56 3,42 1,033 nein

T-II.11Vertrieb von kleinen Fahrzeugen bzw. an Privatkunden folgt Stock-Push-Strategie, während der Vertrieb von großen Fahrzeugen bzw. an Geschäftskunden Pull-Strategie folgt.

60 3,42 1,097 nein

Tabelle 20: Weitere Trends im Automobilvertrieb (durch Experten neu eingebracht)

5.5 Geschäftsmodelle im europäischen Automobilvertrieb BAUER spricht mit Blick auf aktuelle gesellschaftliche Veränderungen von einer zweiten ökonomischen Revolution und spielt dabei neben der Verbreitung von Informations-technologie auf den „Drang zur schlanken, wirtschaftlichen Wertschöpfung“660 an. Er stellt heraus, dass sich daraus neben Material-, Stoff- und Produktinnovationen vor allem auch organisatorisch institutionelle Innovationen ergeben, die sich auch in der Bildung neuer Geschäftsmodelle ausdrücken. Im vorliegenden Kapitel werden, unter Einbeziehung der Delphi-Ergebnisse, etablierte und zukünftige Geschäftsmodelle des europäischen Automobil-vertriebs abgebildet. Entsprechend F-IV ist das Ziel, unter Verwendung des erarbeiteten Analysekonstrukts, einen konsistenten Überblick relevanter Geschäftsmodelle zu geben.

Tabelle 21 markiert solche Geschäftsmodelle, die unter dem Eindruck der empirischen Ergebnisse umbenannt oder neu hinzugefügt wurden. Einige Geschäftsmodelle wurden aufgrund der Ergebnisse neu spezifiziert: So wird in Kapitel 5.5.7 für das Geschäftsmodell Mobilität genauer erläutert, dass erstens ein systematischer Unterschied zwischen der Variante für Privat- respektive Geschäftskunden besteht und zweitens sich das Geschäfts-modell Geschäftskundenspezialist vom Geschäftsmodell Mobilität (Geschäftskunden) nicht

660 Bauer 2000, S. 1.

Page 178: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie 163

wesentlich unterscheidet. Ebenso zeigen die empirischen Ergebnisse in Kapitel 5.5.8.3, dass das Geschäftsmodell Vermittlung an Wiederverkäufer besser als Variante des E-CommerceGeschäftsmodells zu charakterisieren ist. Ferner wird das Geschäftsmodell Teleshoppingaufgrund der Begriffsdefinition von E-Commerce in Kapitel 5.5.8 mit dem Geschäftsmodell E-Commerce zusammengefasst.

Vor der empirischen Untersuchung (Kapitel 4.5)

Nach der empirischen Untersuchung

Nationale Vertriebsgesellschaft (hersteller-eigen)

Nationale Vertriebsgesellschaft (Hierarchie)

Autohaus (herstellereigen) Autohaus (Hierarchie) Franchiseverträge im freien Automobilhandel Franchising im freien Autohandel Autohaus (ungebunden) Autohaus (Markt) Nationale Großhandelsdienstleister Dienstleister für nationale Distributions-

funktionen Kataloge Versandhandel (offline)

Umbenannt

Einkaufsgemeinschaft Einzelhandelskooperation Vertrieb von Mobilität Geschäftskundenspezialist

Mobility (Geschäfts-/Privatkunden)

Vermittlung an Wiederverkäufer E-Commerce (Transaktion mit Wieder-verkäufern)

E-Commerce

NeuSpezifiziert

Teleshopping E-Commerce

Hard Selling Hinzugefügt

Network-Marketing

Tabelle 21: Redefinition der Geschäftsmodelle auf Basis der empirischen Untersuchung

In Anlehnung an Kapitel 4.1 stellt Tabelle 22 unter Rückgriff auf die Abgrenzungskriteriender fünf Gruppen von Distributionsorganen die empirisch untersuchten Distributionsorgane in der Übersicht dar.

Im Folgenden werden die Geschäftsmodelle auf Basis der Delphi-Ergebnisse differenziert dargestellt. Dabei wurden ähnlich Kapitel 5.3.4 und 5.4 Abbruchkriterien angewendet: Tabelle 48 in Anhang 6 stellt diejenigen geschäftsmodellspezifischen Thesen zusammen, die bereits nach Runde I statistisch und inhaltlich als bestätigt bewertet werden. Anhang 6 gibt überdies eine Übersicht der Items, für die unter Anwendung des Wicoxon- respektive McNemar-Tests keine Stabilität im Antwortverhalten der Runden I und II festgestellt werden konnte.

Page 179: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

164 5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie

Distributionsorgane des Herstellers

− Autohaus (Hierarchie) − Factory Outlet − Hard Selling* − Mobility (Geschäfts-/Privatkunden)* − Nationale Vertriebsgesellschaft (Hierarchie)

Distributionsmittler primär Großhandel

− Franchising im freien Autohandel − Mobility (Geschäftskunden)* − Nationale Vertriebsgesellschaft (Vertrag)

Distributionsmittler primär Einzelhandel

− Autohaus (Markt) − Autohaus (Vertrag)* − Downtownshop* − E-Commerce (Transaktion)* − Einzelhandelskooperation − Eventvertrieb − Mobility (Privatkunden)*

Distributionshelfer

− Auktion − Autohaus (Vertrag)* − Automall − Dienstleister für nationale Distributionsfunktionen − Downtownshop* − E-Commerce (Quoting) − E-Commerce (Transaktion mit Wiederverkäufern) − E-Commerce (Transaktion)* − Hard Selling* − Mobility (Geschäfts-/Privatkunden)* − Vermittlung (branchenfremd) − Vermittlung (branchennah) − Versandhandel (offline)

Distributionsorgane des End-kunden

− Network-Marketing

Tabelle 22: Geschäftsmodelle des Automobilvertriebs der vorliegenden Untersuchung661

5.5.1 Geschäftsmodell Autohaus Unter dem Geschäftsmodell Autohaus soll in Anlehnung an MEINIG eine Einzelhandels-verkaufsstätte für fabrikneue Automobile sowie verwandter Produkte (insb. Zubehör, Ersatzteile und Accessoires) und Dienstleistungen (insb. Service und Finanzdienstleistungen) verstanden werden, deren Angebot sich über den gesamten Kaufprozess erstreckt.662 Das Autohaus ist das bedeutendste Geschäftsmodell auf Einzelhandelsebene im Automobil-vertrieb,663 drei Geschäftsmodellvarianten (GMV) werden differenziert: Hierarchie, Vertrag und Markt.

661 Die mit * gekennzeichneten Geschäftsmodelle müssen je nach Ausprägung unterschiedlichen Kategorien

zugeordnet werden. 662 Vgl. Meinig 1995, S. 51-52. 663 Vgl. Breitkopf/Schögel 2007, S. 8.

Page 180: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie 165

Leistungskonzept Das Geschäftsmodell Autohaus kann mit der Betriebsform Fachhandelsbetrieb beschrieben werden, es richtet sich sowohl an Geschäfts-, wie an Privatkunden.664 Autohäuser bieten i.d.R. ein breites Sortiment an Fahrzeugmodellen im Neu- und Gebrauchtwagenbereich mit unterschiedlichen Qualitäten und Preislagen.

Abbildung 53 gibt einen Überblick, wie das Fahrzeugangebot durch qualifizierte Beratung sowie ergänzende Dienstleistungen – wie bspw. Finanzdienstleistungen, Vermietgeschäft, Inzahlungnahme oder Serviceleistungen durch eine angeschlossene Werkstatt – ergänzt wird. Daneben werden u.a. Tuningartikel, Fahrzeugzubehör, Ersatzteile, Merchandise-Artikel u.ä. angeboten.

Unstrukturierte passive InformationsaufnahmeKaufanregung, Bedürfnisweckung:

- Exponierter Standort, auffällige Signalisationund Sortiment-präsentation

- Publikumswirksame Events im Autohaus

Strukturierte, gezielte Informationssuche, Konkretisierung der KaufabsichtAktive Informations-beschaffung:

- Angebot von Beratungsleistungen

- Fahrzeug- und Zubehörausstellung

Entscheidungsfindung, AlternativenbewertungKontakte mit Absatzorganisation:

- Probefahrt- Fachberatung am

Produkt mit Preisverhandlung (Integration von Finanz-dienstleistungen)

- Angebot der Inzahlungnahme

Nutzungsphase im AlltagKommunikation in Fahrzeugnutzungsphase:

- Betreuung im Service-Fall inkl. Durchführung der Reparatur, Ersatzwagen

- Beratung, Betreuung, Kundenbindung Angebot von Zubehör, Tuning, Wartung, Pflege

- Fahrzeugpräsentation bei Werkstattbesuch, Zubehör-/Teilekauf oder Ersatzwagennutzung

Kaufvollzug, Übergabe, erste ProdukterfahrungÜbergabe, Fahrerlebnis, Produkterlebnis, Suche nach Kaufbestätigung, Reaktionen auf das Produkt:

- Inszenierung der Übergabe, technische Einweisung

- Angebot von Zubehör

Warten auf Auslieferung Suche der Kaufbestätigung:

- Inszenierung des Kaufprozesses

- Angebot von Anpassungen der Bestellung (Ausstattung, Zubehör etc.)

1. Phase 2. Phase 3. Phase

5. Phase

4.Ph

ase:

Kau

fabs

chlu

ss

bzw

. Tra

nsak

tion

6. Phase7. Phase

Abbildung 53: Angebotsspektrum des GM Autohaus

Der USP ergibt sich daher aus dem umfangreichen Produkt-, Beratungs- und Dienstleistungs-angebot über den gesamten Kaufprozess.665 Das GM hat insofern je nach Ausgestaltung und Kooperation mit dem Hersteller die Möglichkeit auf Trends im Automobilhandel zu reagieren, wie z.B. das Angebot hochqualifizierter Beratungsintensität (T-1.1), die 664 Vgl. Diez 2001a, S. 354; Kaapke 2006, S. 367. 665 In der Literatur wird auch von Vollfunktionsbetrieben gesprochen, da Angebote entlang des gesamten

automobilbezogenen Kaufprozesses angeboten werden. Vgl. Kaapke 2006, S. 364-367; Diez 2001a, S. 359-363; Methner 2002, S. 70.

Page 181: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

166 5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie

Inszenierung des Kaufprozesses (T-2.9 und T-2.10), die Bedürfnisbefriedigung bei Prestige-Shopping- oder Convenience-Verhalten (T-2.14 und T-2.15) sowie das Bedürfnis nach individualisierten Dienstleistungen und Produkten. Außerdem können Autohäuser das GW-Geschäft strategisch einsetzen (T-1.24). Desgleichen können die zitierten Trends bei unprofessionellem Management zu Quellen von Unzufriedenheit der Kunden werden.666

Abbildung 54: Neuwagen-Distributionsprozesse des GM Autohaus

Das GM Autohaus übernimmt insb. Distributionsprozesse des Neuwagenvertriebs mit End-kundenkontakt. Abbildung 54 gibt einen Überblick – der Schwerpunkt liegt auf kundenbe-zogenen Prozessen, die regelmäßig einen festen Kundenstamm und somit hohe regionale Marktausschöpfung ermöglicht. Produktbezogen sind die Ausstellung der Fahrzeuge in Kombination mit Beratungsangeboten und die z.T. inszenierte Übergabe an den Kunden als wichtige Prozesse hervorzuheben.

KommunikationskonzeptAutohäuser bedienen sich traditionell aller Arten von Kommunikationsinstrumenten. Die drei Geschäftsmodellvarianten unterscheiden sich indes deutlich in der jeweiligen Ausgestaltung der Markeninszenierung bzw. markenexklusiven Präsentation der Produkte und Dienst-

666 Vgl. Jullens/Smend 2003, S. 98-99.

Produktbezogene Prozesse:4. Eingangsprüfung, Aufbereitung,

Zwischenlagerung5. Ausstellung 6. Aufbereitung für Übergabe an bzw. Transport

zum Kunden

Kundenbezogene Prozesse:1. Presse und allg. PR2. Werbung und direktes Marketing 3. Außendienst 4. Eventmarketing 5. Messen und Ausstellungen 6. Kundenpflege, CRM7. Marktforschung 8. Produktberatung und -demonstration 9. Kaufberatung und Vertragsabschluss 10. Orderabwicklung 11. Übergabe an den Kunden & Nachkaufbetreuung

Vertriebscontrolling

(Strategisches) ProduktmanagementStrategisches Vertriebsnetzmanagement

Operative Vertriebsnetzbetreuung

Übergreifende kundenbezogene Prozesse (z.B. Kundendatenmanagement )

Übergreifende produktbezogene Prozesse (z.B. Ordertracking)

Kundenkontaktaufnahme Verkaufsprozess Nachkaufphase

1110987654321

Nicht durchgeführteProzesse

Kundenbezogene Prozesse

produktbezogene Prozesse

654

Page 182: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie 167

leistungen. In Anlehnung an HOFFMEISTER können folgende Typen der Markenpräsentation unterschieden werden – vgl. Abbildung 55:667

• One-Brand-Konzept: Ein Unternehmen vertreibt eine Fahrzeugmarke an einem oder mehreren Standorten mit dem Geschäftsmodell Autohaus. Der Kunde erlebt die Fahrzeuge in ihrer Markenwelt, ohne gleichzeitig mit anderen Marken konfrontiert zu werden. Bei der Präsentation der Fahrzeuge in der Markenwelt werden CI/CD-Richtlinien668 des Herstellers vollständig erfüllt. Es handelt sich um das Konzept maximal erlebter Marken-exklusivität.

• Händlergruppen-Konzept: Das Unternehmen vertreibt mehrere Marken an jeweils unterschiedlichen Standorten, an denen der Kunde jeweils volle Markenexklusivität über das Geschäftsmodell Autohaus erlebt. Die Verbindung der Autohäuser wird ggf. über eine Eigenmarke des Unternehmens öffentlich kommuniziert. Für den Unternehmer sind die Synergieeffekte, die aus der markenübergreifenden Funktionszusammenlegung resultieren eher gering. Es müssen hohe spezifische Investitionen getätigt werden. (Vgl. GM Einzel-handelskooperation)

• Dealer Cluster Site-Konzept: Ein Unternehmen betreibt an einem Standort Autohaus-Geschäftsmodelle mehrere Marken mit markenspezifischer Infrastruktur (insb. Ausstel-lungsräume). Der Kunde erlebt Markenexklusivität im jeweiligen Autohaus, sieht jedoch zugleich die anderen Markenauftritte am Standort. Somit kann er leicht mehrere Marken erleben und vergleichen. Die Synergieeffekte für den Unternehmer sind aufgrund geographischer Nähe größer als beim Händlergruppen-Konzept, da weitere Funktionen des Geschäftsmodells, die nicht relevant für das Markenerlebnis sind, potenziell zusammengelegt werden können – z.B. Gebrauchtwagen-Verkauf und Management, Waschplatz oder Lagerhaltung.669

• Multipling-Konzept: Das Unternehmen vertreibt an einem Standort mehrere Marken mit einem für mehrere Marken gemeinsam genutzten Gebäude – das Geschäftsmodell Auto-haus wird insofern markenübergreifend betrieben. Der Kunde erlebt die Marken in deutlich (ggf. baulich) getrennten markenspezifisch gestalteten Bereichen desselben Gebäudes bzw. Ausstellungsraumes. Die markenübergreifenden Synergieeffekte sind entsprechend größer, als beim Dealer-Cluster-Konzept.670

• Full-Multi-Franchising: Das Unternehmen betreibt ein vollständig markenübergreifendes Geschäftsmodell Autohaus, indem mehrere (ggf. sehr viele) Marken an einem Standort in einem gemeinsam genutzten Ausstellungsraum vertrieben werden. Der Kunde erlebt keine oder nur geringe Markentrennung – er erhält die Möglichkeit zum direkten Marken- bzw. Produktvergleich am PoS. Die Synergieeffekte sind besonders hoch, da kaum marken-spezifische Investitionen erforderlich sind.

• Automall: Das GM Automall wird in der vorliegenden Arbeit eigenständig behandelt. • Autorow: Dieses Konzept spielt bzgl. der Attraktivität von Standorten aus Kundensicht

eine Rolle. Im Hinblick auf Synergieausschöpfung ist es nur in Kombination mit dem GM Einzelhandelskooperation von Bedeutung.671

667 Vgl. Hoffmeister 1998, S. 76-79; außerdem: Dreier 1999, S. 38-39; Diez 2003a, S. 12-13; Diez 2003c, S. 20-21;

Meunzel 2004, S. 14; Reindl 2004b, S. 13-14; Mattes/Zillessen/Koers 2005. 668 CI = Corporate Identity; CD = Corporate Design. 669 Ein Dealer Cluster kann sich auch durch die freiwillige Kooperation durch mehrere Unternehmer bilden. 670 In der Praxis werden häufig zwei (Dualling) oder drei (Tripling) Marken in einem gemeinamen Ausstellungs-

raum platziert. Vgl. Plate 2005e, S. 40. 671 Eine sog. Autorow entsteht auch duch die Raumordnungspolitik der Baubehörden. Vgl. Hamprecht 2005.

Page 183: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

168 5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie

A BA BA

BA

A

BC F

DE A

BC F

DEA

BC

DE

Standort

Inhaberprinzip

Funktionszusammenlegung in folgenden Bereichen:

Absatzförderung

Service / Kundendienst

GW-Management

Teile-Management/-Verkauf

NW-Verkauf

gemeinsam gemeinsam gemeinsam Gem. Gelände,Infrastruktur eine Straße nicht

gemeinsamein

Unternehmen ein

Unternehmen ein

Unternehmen mehrere

Unternehmen mehrere

Unternehmen ein od. mehrere Unternehmen

- z.T. z.T. z.T. i.d.R.nein

i.d.R.nein

Differenzierungskriterien: One-Brand-Konzept

Dealer-Cluster-Site

Dualling-/ Multipling-

Konzept

Automall(Kap. 5.3.2) Autorow

Händler-gruppen-konzept

gemeinsam

ein Unternehmen

z.T.

Full-Multi-Franchising

- z.T. z.T. z.T. neini.d.R.nein

i.d.R.ja

andere Funktionen

- ja ja nein neinz.T. ja

- z.T. z.T. i.d.R.nein neinz.T. z.T.

- markenexkl.Gebäude

markenexkl. Gebäudeteile

vollständig markenexkl.

vollständig markenexkl.nein markenexkl.

Raumteile

-z.T.

Verwaltung, Management

i.d.R. Verwaltung, Management

z.B. Event und Facility Management

neinz.T.

Verwaltung, Management

i.d.R. Verwaltung, Management

Abbildung 55: Multi-Franchise-Konzepte im Automobilhandel672

Die dargestellten Typen der Markenpräsentation sind insb. im Vertragshandel relevant und legen weite Teile der strategischen Ausrichtung des Geschäftsmodells Autohaus (Vertrag)fest. Gründe für die Nutzung von Mehrmarkenstrategien im Vertragshandel sind:673

• Kostendegressionseffekte insb. durch die bessere Ausnutzung von nicht-marken-gebundenen Ressourcen

• Umsatzsteigerung durch die Erschließung zusätzlicher bzw. gezielter Ansprache von Kundengruppen im lokalen Absatzgebiet

• Erhaltung von Kundenbeziehungen beim Fahrzeugmarkenwechsel • Risikominderung durch Reduktion der Abhängigkeit von der Vertriebs- und Produktpolitik

eines Herstellers • Aufbau von Markteintrittsbarrieren ggü. anderen Automobilhändlern im Absatzgebiet

sowie Stärkung der regionalen Marktmacht und Verhandlungsmacht ggü. Herstellern, insb. wenn mehrere Marken eines Herstellers integriert sind

Grundsätzlich kommen Mehrmarkenkonzepte i.S. von Herstellerexklusivität, im Vertrags-handel häufiger vor, als Mehrmarkenkonzepte mit Marken verschiedener Konzerne.674 Das liegt am höheren Synergiepotenzial, welches aus der Verbindung zum Hersteller entsteht. So können bspw. IT-Schnittstellen, Prozessabläufe im Austausch mit dem Hersteller oder Schulungsprogramme für unterschiedliche Marken eines Herstellers identisch gestaltet sein.

672 Vgl. Hoffmeister 1998, S. 77. 673 Vgl. Mattes/Zillessen/Koers 2005, S. 13-14. 674 Vgl. Wimmer/Bauer 2004, S. 50. Full-Multi-Franchising unter Wahrung der Herstellerexklusivität wird es i.d.R.

nicht geben, da zum Schutz der Markenidentitäten eine „Verwandtschaft“ von Marken durch die Hersteller selten offen kommuniziert wird und da ein Konzern den Mehrmarkenvertrieb von Konzernmarken im Rahmen der GVO 1400/02 einschränken und reglementieren kann. Bspw. warben die Marken SEAT und Skoda nach Eingliederung in den Volkswagen Konzern (1986 bzw. 1990) nur kurzfristig mit der Zugehörigkeit zur „Volkswagen-Gruppe“, um Transfereffekte von Markenattributen wie „Zuverlässigkeit“ und „technologische Perfektion“ von der Marke VW auszunutzen.

Page 184: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie 169

Einige Hersteller versuchen ihre Franchise Attractiveness trotz Maximierung der Marken-exklusivität vor Kunde durch gezielte Ermöglichung der Synergieausschöpfung zu steigern.675

ErtragskonzeptIm Neuwagenverkauf sowie beim Gebrauchtwagenhandel und im Servicegeschäft (Haupt-leistungen) liegen transaktionsabhängige direkte Erlösmechaniken vor. Autohaus-Geschäfts-modelle sind in der Lage, schlechte Erträge in bestimmten Geschäftsbereichen durch Erträge in anderen Bereichen temporär auszugleichen. Diese Geschäftspolitik wird jedoch in Zukunft nur in Ausnahmefällen Erfolg haben.676 Indirekte Erlösgenerierung kommt bei bestimmten Dienstleistungen und Produkten (Nebenleistungen) vor: bspw. werden Versicherungen und Finanzierungsangebote i.d.R. über Provisionen vermittelt.677

WachstumskonzeptDie Wachstumsmöglichkeit von Autohäusern ist eng verknüpft mit der individuellen Kapital-verfügbarkeit. Konzentration und Konsolidierung haben insb. vertragsgebundene Autohäuser getroffen, während die Anzahl der frei tätigen Autohäuser zunächst zugenommen hat. Die Wachstumskonzepte unterscheiden sich zwischen den GMV.

Kompetenzkonfiguration Die wichtigsten Ressourcen des Autohauses sind Standort, Grundstück und Gebäude, Kapitalausstattung, Kundenstamm sowie Sortimentsbreite respektive Markenportfolio, die jeweils Einfluss auf den beschriebenen USP haben.

Zu den Kernkompetenzen von Autohäusern zählen die intensive regionale Marktkenntnis und Kundenbeziehung. Weiterhin sind der Umgang mit Spezifität – bspw. von Immobilien und technischer Ausrüstung – und mit der hohen Kapitalbindung in Umlauf- und Anlagevermögen zu nennen.678 Autohäuser können Kernkompetenzen auch in bestimmten Fahrzeugsegmenten aufbauen, wie z.B. Freizeitfahrzeuge, Wohnmobile oder Geländewagen. Abbildung 56 zeigt jedoch, dass im Delphi einer auf Fahrzeugsegmente spezialisierten GMV nur kleine bis mittlere Marktbedeutung zugeschrieben wird.

Fachmarkt: Autohaus mit segmentspezifischem Angebot (z.B. Sportwagen, Gelände-/ Freizeitfahrzeuge) 2,8 ,93344% 27%

Prognose der Marktbedeutung ø S hochkeine 1 52 3 4

Abbildung 56: Prognose der Marktbedeutung für fahrzeugsegmentspezifisches Autohaus

Organisationsform Das Autohaus tritt vor Kunde als Spezialist für Bedürfnisse rund um das Thema Automobil auf. Es haben sich unterschiedliche Strategien zur geographischen und organisationellen Abbildung der Geschäftsbereiche herausgebildet. So kann das Autohaus als reiner Komplett-

675 Vgl. T-3.6 (Franchise Attractiveness). 676 Vgl. T-3.3 (Quersubvention). 677 Vgl. Eder 2004, S. 7; Schwickal 2004c, S. 32-33. 678 Vgl. Diez 2001a, S. 361.

Page 185: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

170 5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie

betrieb oder im Betriebsverbund nach dem sog. „Satellitenkonzept“ geführt werden.679

Betriebsverbundkonzepte gestatten die Konzentration bestimmter Leistungsbündel auf spezifische Standorte, wie z.B. die Bildung eines Gebrauchtwagenzentrums oder einer zentralen Werkstatt für Lackierarbeiten.

Kooperations- und Koordinationskonzept Die Kooperationsbeziehungen des GM sind vielfältig und existieren in horizontaler und vertikaler Richtung. Letztere wird innerhalb der drei GMV thematisiert. Die horizontalen Kooperationsbeziehungen von Autohäusern treten als bilaterale oder multilaterale Closing-Gap-Allianzen auf – Tabelle 23 stellt Beispiele zusammen.

Kooperationspartner Inhalt der Kooperation

Finanzdienstleister − Kfz-Versicherungen − Kredite und Leasingverträge − Andere Finanzdienstleistungen

Tuningspezialisten und Spezialfahrzeugausrüster − Befriedigung spezieller Tuning- und Ausrüstungs-wünsche

Zubehör-, Tuning- und Ersatzteilhersteller bzw. -lieferanten

− Erweiterung des Teilesortiments

Behörden, TÜV u.ä. − Fahrzeuganmeldung − Fahrzeuguntersuchungen

Tabelle 23: Beispiele für horizontale Closing Gap-Kooperationen des GM Autohaus

Daneben existieren Critical Mass Allianzen mit anderen Autohäusern – siehe GM Einzel-handelskooperation oder Franchising im freien Autohandel.

5.5.1.1 Geschäftsmodellvariante Autohaus (Hierarchie) Die Geschäftsmodellvariante Autohaus (Hierarchie) wird als spezielle Form des Geschäfts-modells Autohaus verstanden und ist durch die hierarchische Bindung an einen Automobil-hersteller (meist im handelsrechtlichen Status der Niederlassung) gekennzeichnet. Dieser Typ Distributionsorgan ist insofern dem Direktvertrieb zuzuordnen.680 THIEMER hebt hervor, dass Hersteller, vor dem Hintergrund sinkender Markenloyalität und Produktdifferenzierung sowie steigender Wettbewerbsintensität im Automobileinzelhandel, immer größere Anstrengungen unternehmen, eine kundenrelevante und -wahrnehmbare Differenzierung ihrer Marken durch Kommunikationsinstrumente durchzusetzen. Ein Instrument ist dabei der Aufbau von Markenerlebnisplattformen insb. in Großstädten bzw. an strategisch wichtigen Standorten.681

Dabei handelt es sich um besonders aufwendig gestaltete Autohäuser (sog. Flagship-Stores).

679 Vgl. Dreier 1999, S. 43-46; Diez 2001a, S. 369-371. 680 Im Folgenden sollen die Begriffe Autohaus (Hierarchie) und Niederlassung synonym verwendet werden,

eingeschlossen sind Autohäuser mit Mehrheitsbeteiligung und aktiver Geschäftsbeeinflussung des Herstellers. 681 Vgl. Thiemer 2004, S. 86, 92 und 105-114.

Page 186: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie 171

Daneben versuchen Hersteller folgende Chancen eines Direktvertriebs über Niederlassungen umzusetzen:682

• Steuerung der Vertriebspolitik auf Einzelhandelsebene • Aufbau des direkten Kundenkontaktes zur Nutzung in der CRM-Strategie und

Erschließung des Downstreambusiness• Prüfung neuer Vertriebsstrategien• Sicherung des Absatzes und Aufbau von Verhandlungsmacht ggü. vertragsgebundenen

Mittlern Dem stehen Risiken wie hohe Kapitalbindung, die Übernahme der Absatzrisiken, der Verzicht auf Vorteile des Unternehmertums, wie z.B. Motivation und Kreativität in der Gestaltung und Führung des PoS, und die notwendige Bereitstellung von Management-kapazitäten gegenüber.

In 2005 waren in der EU lediglich 3% aller Vertriebsstandorte im Eigentum der Hersteller.683

75% der befragten Experten erwarten jedoch eine steigende Marktbedeutung dieses GM. Abbildung 57 zeigt die Delphi-Ergebnisse in der Übersicht.

682 Vgl. T-1.3 (Gestaltung des PoS), T-3.2 (Machtverschiebung), T-3-5 (Downstreambusiness), T-3-13 (CRM),

T-4.2 (Direkter Kundenkontakt), T-5.1 (Reduktion Systemführerschaft); Diez 2001a, S. 313; Meffert/Burmann/Koers 2002a, S. 345; Diez 2002b, S. 21.

683 Vgl. Wade/Brown 2005, S. 16. Das Potenzial des Direktvertriebs über Niederlassungen wird z.T. auf bis zu 20% geschätzt. Vgl. Lademann 2002, S. 56.

Page 187: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

172 5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie

geographischePerspektive1)

69%1) Mehrfachantworten möglich

A) KundenperspektiveGeschäftsmodell bedient insb.

Kunden kaufen

Käufer repräsentieren

ø2,7

S

2,6

2,4

Priv

atku

nden

Kaufentscheidung ist eher

Kunden kaufen eher

Ges

chäf

ts-

kund

en

2,8

2,0

Premium-/Up-Market

Down-Market

Prei

s-/P

rem

ium

-B

erei

tsch

aft

,650

,731

,618

,833

,695

traditionell postmodernWertorientierung

1 52 3 4

1 5% 5% 0% 0% 0%

2 12% 42% 7% 2% 0%

3 0% 7% 12% 2% 0%

4 0% 2% 0% 5% 0%

5 0% 0% 0% 0% 0%

1 2 3 4 5

Privat-kunden

Geschäfts-kunden

<10 Fzg.(p.a.) >500 Fzg. (p.a.)

Unternehmen staatl./öffentl. Institutionen

rational / stark kostenorientiert

wie Privatkunden (User-Chooser)

Luxus- / Pre-miummarken

Marken mit geringem Wert

Priv

atku

nden

Ges

chäf

ts-

kund

en

B) Strategische Geschäftsmodellentwicklung

Kundenansprache

Kundenansprache

Marktstrategie

ø2,7

S

2,9

4,2

Entwicklung Leistungsspektrum

Stra

tegi

en

3,8

,978

,960

,874

,912

1 52 3 4Fokus auf

KundensegmentErweiterung Kundenportfolios

Privatkunden Geschäftskunden

Kosten- / Preisführerschaft

Differenzierungs-strategie

Konzentration (Nischenstrategie) Erweiterung

Stra

tegi

en

47%

32%

7%

9%

26%

25%

88%

70%

40%

51%

65%

37%

78%

7%

12%

5%

21%

2%

C) Marktpotenzialprognose

Absatzentwicklungø

3,7

S

,7011 52 3 4

fallend steigend9% 75%

Nord-West-EuropaNord-Ost-Europa

Süd-West-EuropaSüd-Ost-Europa

Einheitlich in EU31%

11%0%

28%

Die Grafik zeigt den Anteil der Experten in %, die Privatkunden entsprechend der Parameter Preis-/Premium-Bereitschaft und Wertorientierung charakterisieren. (vgl. Kapitel 3.2.1)

Legende:S = Standardabweichung; ø = arithmetisches Mittel% = Anteil Teilnehmer

(Werte 4-5 bzw. 1-2)unteres Quartil, Mittelwert, oberes Quartil

Abbildung 57: Delphi-Ergebnisse GMV Autohaus (Hierarchie)

Leistungskonzept Die vorliegende Untersuchung zeigt, dass diese GMV nach Ansicht der Experten eine leicht höhere Bedeutung für Privat-, als für Geschäftskunden hat, prinzipiell aber beide Kunden-segmente angesprochen werden. Es wird konstatiert, dass Privatkunden eher höherwertige Marken kaufen, was jedoch von der Tatsache beeinflusst sein dürfte, dass heute insb. höherwertige Volumen- und Premiummarken signifikant in Niederlassungen investiert haben. Entsprechend stellt sich auch das Bild bzgl. Wertorientierung und Preis-Premium-Bereitschaft der Privatkunden dar: der Schwerpunkt korrespondiert mit Milieusegmenten, die i.d.R. von diesen Marken besetzt werden. Im Geschäftskundenbereich wird der Schwerpunkt eher bei kleinen Unternehmensflotten gesehen, da große Fahrzeugflotten und Behördenfahrzeuge häufig über andere Wege des Direktvertriebs abgewickelt werden. Die Experten halten offensichtlich eine derart breite Aufstellung der GMV auch zukünftig für tragfähig, indem keine klare Fokussierung auf ein bestimmtes Kundensegment empfohlen wird.

Page 188: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie 173

Niederlassungen tragen häufig den Charakter von Flagshipstores. Der Kunde kann vom Auftritt in besonders großen und kompetenten Filialen mit Vorzeige-/Imagefunktion profitieren, indem ein besonders umfangreiches Produkt- und Dienstleistungsangebot entlang des Kaufprozesses unter besonderer Beachtung der Markenexklusivität und -inszenierung angeboten wird. Daher werden oft auch Events, Veranstaltungen oder Lifestyle-Attraktionenzur Marken- bzw. Kundenbindung /-akquise angeboten, die i.d.R. in das übergeordnete Marketing-Konzept der jeweils vertretenen Marke eingebunden sind – das Mercedes-Benz-Center München registriert daher beispielsweise 60% Fremdfabrikatsfahrer unter den jährlich 200.000 bis 300.000 Besuchern.684

KommunikationskonzeptDie Niederlassung ist für den Hersteller in der Wertschöpfungskette besonders wertvoll, weil er durch die hierarchische Einbindung alle Vorteile aus dem engen Kundenkontakt und regionalen Markt-Know-how der Niederlassung nutzen kann. Zudem kann der Hersteller an der Niederlassung die gewünschte Markeninszenierung vollständig umsetzen.

Dementsprechend ist der Hersteller in der Lage diese GMV in eine holistische Marken-kommunikations- und Kundenbindungsstrategie unter Verwendung aller erforderlichen Kommunikationsinstrumente vollständig einzubinden. Dazu gehören insb. überregional vernetzte Verkaufsförderungs- und Marktbearbeitungsmaßnahmen sowie der aktive Austausch von Kundendaten zur Durchführung von Direkt Marketing und CRM.

Die GMV setzt stark auf die Kommunikation von Markenbotschaften, insofern wird es i.d.R. als One-Brand-Konzept oder herstellerexklusives Händlergruppen- bzw. Dealer Cluster-Konzept mit einem Maximum an erlebter Markenexklusivität ausgeführt. Eigenmarken spielen daher keine Rolle.

ErtragskonzeptNiederlassungen werden i.d.R. als eigenständige Gesellschaften geführt, so dass transaktions-abhängige direkte Erlösmechaniken dominieren. Durch das hierarchische Koordinations-konzept kann vom Hersteller Einfluss auf die Erlösmechanik genommen werden, so dass bspw. die lokale Preispolitik der überregionalen oder nationalen Vermarktungspolitik des Herstellers untergeordnet wird.

WachstumskonzeptDie GMV sollte sich nach Ansicht der befragten Experten auch zukünftig an einer qualitäts-orientierten Differenzierungsstrategie orientieren, wobei das Angebotsspektrum tendenziell eher erweitert werden sollte. Das Geschäftsmodell wird sich je nach Strategie und Kapital-einsatz des Herstellers durch Multiplikation in weitere Marktgebiete ausdehnen. Aufgrund des hohen Kapitaleinsatzes und der damit verbundenen Kapitalbindung, engagieren sich die Hersteller bisher nur sehr gezielt im Aufbau eines Niederlassungsnetzes. Abgesehen von 684 Vgl. Brachat 2004b, S. 40.

Page 189: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

174 5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie

Mercedes-Benz mit rund 14% der 1.615 Vertriebsstätten und Peugeot mit 9%, besitzt die Mehrheit der Hersteller 2005 deutlich weniger als 5% ihrer Vertriebsstützpunkte selbst.685

Das Delphi sieht das Marktpotenzial dieser GMV insb. in Nord-West-Europa.

Kooperations- und Koordinationskonzept Per definitionem kooperiert die GMV eng mit dem Hersteller, daneben sind jedoch auch Closing-Gap-Allianzen über marktliche oder vertragliche Koordination möglich, um das breite Angebotsspektrum zusammenstellen zu können. Das Koordinationskonzept in der Geschäftsbeziehung mit dem Hersteller ist hierarchisch. Das Autohaus (Hierarchie) wird demzufolge in seiner Unternehmenspolitik maßgebend vom Hersteller beeinflusst. Die Investition in eine Niederlassung durch den Hersteller stellt ein außerordentlich hohes Maß an spezifischer Investition dar. Daher gründen Hersteller Niederlassungen i.d.R. nur an Standorten mit hohem Marktpotenzial bzw. hoher Marktrelevanz i.S. ihrer Markenstrategie.

5.5.1.2 Geschäftsmodellvariante Autohaus (Vertrag) Die Geschäftsmodellvariante Autohaus (Vertrag) wird als spezielle Form des Geschäfts-modells Autohaus verstanden und ist durch die vertragliche Bindung an einen Automobil-hersteller (ggf. mittelbar über ein anderes Autohaus) gekennzeichnet. Die Vertragsbeziehung hat i.d.R. den handelsrechtlichen Status des Vertragshändlers. Andere Formen, wie Handels-vertreter, Kommissionsagentur oder Vermittler existieren ebenfalls.686 Das vertragsgebundene Autohaus ist nach wie vor die dominante Geschäftsmodellvariante im europäischen Auto-mobilvertrieb.687 Dennoch erwartet die Mehrheit der befragten Experten einen Rückgang der Bedeutung dieser GMV.688 Von der Mehrheit der Befragten wird das Marktpotenzial der GMV für ganz Europa einheitlich gesehen – vgl. Abbildung 58.

685 Vgl. Wade/Brown 2005, S. 16. 686 Die handelsrechtlichen Detailunterschiede sind für die folgenden Ausführungen von geringer Relevanz. Vgl.

u.a. Meinig 1995, S. 51-52. 687 Vgl. Heß/Meinig 1996, S. 291-292; Diez 2001a, S. 359; Zielke/Preißner/Wierich 2002, S. 129. 688 Die empirische Studie von BREITKOPF/SCHÖGEL widmet sich empirisch der Entwicklung des „Stammkanals“

Automobilfachhandel. Vgl. Breitkopf/Schögel 2007.

Page 190: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie 175

1 0% 0% 0% 0% 0%

2 0% 27% 0% 0% 2%

3 0% 32% 25% 7% 0%

4 0% 2% 2% 2% 0%

5 0% 0% 0% 0% 0%

1 2 3 4 5

geographischePerspektive1)

41%1) Mehrfachantworten möglich

A) KundenperspektiveGeschäftsmodell bedient insb.

Kunden kaufen

Käufer repräsentieren

ø2,3

S

2,1

2,3

Priv

atku

nden

Kaufentscheidung ist eher

Kunden kaufen eher

Ges

chäf

ts-

kund

en

2,9

2,9

Premium-/Up-Market

Down-Market

Prei

s-/P

rem

ium

-B

erei

tsch

aft

,534

,668

,591

,754

,554

traditionell postmodernWertorientierung

1 52 3 4Privat-kunden

Geschäfts-kunden

<10 Fzg.(p.a.) >500 Fzg. (p.a.)

Unternehmen staatl./öffentl. Institutionen

rational / stark kostenorientiert

wie Privatkunden (User-Chooser)

Luxus- / Pre-miummarken

Marken mit geringem Wert

Priv

atku

nden

Ges

chäf

ts-

kund

en

B) Strategische Geschäftsmodellentwicklung

Kundenansprache

Kundenansprache

Marktstrategie

ø2,8

S

2,4

3,4

Entwicklung LeistungsspektrumSt

rate

gien

3,5

,898

,618

,765

,703

1 52 3 4Fokus auf

KundensegmentErweiterung Kundenportfolios

Privatkunden Geschäftskunden

Kosten- / Preisführerschaft

Differenzierungs-strategie

Konzentration (Nischenstrategie) Erweiterung St

rate

gien

47%

32%

7%

9%

26%

25%

88%

70%

40%

51%

65%

37%

78%

7%

12%

5%

21%

2%

C) Marktpotenzialprognose

Absatzentwicklungø

2,4

S

,6251 52 3 4

fallend steigend64% 7%

Nord-West-EuropaNord-Ost-Europa

Süd-West-EuropaSüd-Ost-Europa

Einheitlich in EU19%

22%11%

49%

D) Geschäftsmodell-spezifische Thesen Dieses Geschäftsmodell wird zukünftig i.d.R. nicht mehr als 500 Fzg. p.a. absetzen.

ø2,8

S1,259

1 52 3 451% 36%

Dieses Geschäftsmodell sollte sich zukünftig mit hoher Leistungsqualität und einer Werkstatt regional auf Privatkunden und „Small Businesses“ spezialisieren.

3,5 1,05718% 60%

Fzg.-Markensprektrum 3,6

Kommunikation 3,6

,757

,912

Verkleinerung (Exklusivität)

Erweiterung (Multi Brand)

Konzentration auf Fzg.-Marken

AufbauEigenmarke

7%

9%

88%

70%

k.Z. v.Z.

Die Grafik zeigt den Anteil der Experten in %, die Privatkunden entsprechend der Parameter Preis-/Premium-Bereitschaft und Wertorientierung charakterisieren. (vgl. Kapitel 3.2.1)

Legende:S = Standardabweichung; ø = arithmetisches Mittel;% = Anteil Teilnehmer

(Werte 4-5 bzw. 1-2)k.Z./v.Z. = keine bzw. volle Zustimmung

unteres Quartil, Mittelwert, oberes Quartil

Abbildung 58: Delphi-Ergebnisse GMV Autohaus (Vertrag)

Leistungskonzept Aus Sicht der Experten ist diese GMV gegenüber Privat- und Geschäftskunden breit aufgestellt. Der Schwerpunkt wird jedoch im Vergleich zur Variante Autohaus (Hierarchie)deutlicher für den Bereich der Privatkunden gesehen. Das Delphi konstatiert Relevanz für alle Marken und Kundensegmente: Im Geschäftskundenbereich dominiert der Vertrieb an Unter-nehmen mit geringem Einkaufsvolumen, wobei sowohl Käufe mit User-Chooser, als auch mit stark rationalen Kaufentscheidungsverhalten auftreten. Ganz konkret wird vom Delphi eine

Page 191: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

176 5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie

Fokussierung auf kleine Unternehmen mit starker regionaler Bindung empfohlen. Die breite Aufstellung der GMV wird von den Experten auch für die Zukunft als tragfähig angesehen, wobei 60% eine stärkere Fokussierung auf Privatkunden empfehlen.

KommunikationskonzeptMit der vertraglichen Bindung geht i.d.R. ein mehr oder weniger markenexklusiver Auftritt vor Kunde einher. Bei dieser GMV sind fast alle für den Mehrmarkenvertrieb relevanten Konzepte im Markt existent: Die GVO 1400/02 lässt dem Hersteller lediglich die Möglichkeit das echte Multi-Franchising zu verhindern.689 67% der Experten empfehlen den Geschäfts-modellbetreibern eine Erweiterung des Markenspektrums, um die in Kapitel 5.5.1 genannten Chancen ausschöpfen zu können. Gleichzeitig raten 70% der Teilnehmer zum verstärkten Aufbau von Eigenmarken, um die lokale Differenzierungsstrategie zu stützen und einen Rahmen für den Mehrmarkenansatz zu bieten.690

REINDEL versucht in seinem Beitrag einen Vollkostenvergleich der unterschiedlichen Markenkonzepte von Vertragshändlern für den deutschen Markt aufzustellen – die Ergebnisse identifizieren das Händlergruppenkonzept als prinzipiell kostenintensiver als das Dualling-Konzept. Beide Konzepte sind bei Absatzvolumen über 600 Fahrzeugen p.a. dem One-Brand-Konzept vorzuziehen. Die Musterkostenrechnung kann jedoch nur den Beginn umfänglicher Vergleichsanalysen markieren.691 REINDEL zielt in seinen Ausführungen besonders auf die Vorteile eines komplementären konzernübergreifenden Markenportfolios ab, um Absatz-schwankungen und Abhängigkeiten zum Hersteller zu minimieren. BRACHAT beschreibt an Praxisbeispielen, wo die Haupthindernisse für den effizienten Betrieb mehrerer Marken an einem Standort liegen:692

• Standards: Jede Marke verlangt unterschiedliche Investitionsstandards. Daher ergibt sich ein komplexes Anforderungsprofil an die Autohausgestaltung, wie z.B. im Bereich Gebäude, Personalentwicklung und Service.

• Organisation: Die markenexklusive Ausbildung und Führung von Neuwagen-Verkaufs-personal wird als Management-Herausforderung herausgehoben – insb. wenn es um Kannibalisierungseffekte bei der Aufteilung des Kundenstamms des Autohauses geht.

• Back-Office-Prozesse: Ein großer Vorteil von Mehrmarkenansätzen ist die Ausnutzung von Skaleneffekten im Back-Office durch die Zusammenlegung identischer Prozesse.

689 Vgl. Kapitel 3.5.2 und 5.5.1. 690 Vgl. T-3.10 (Eigenmarken). 691 Als Referenz wurde ein markenexklusiver Musterbetrieb (One-Brand-Konzept) mit einem jährlichen Absatz-

volumen von 500 Neuwagen herangezogen. Dabei wird für die anderen Konzepte die Verwendung von lediglich zwei Marken unterstellt. Der jeweils angegebene Kostenindex zeigt, wie die Kosten pro Fahrzeug vom Referenzszenario bei unterschiedlichem jährlichem Absatzvolumen pro Marke abweichen. Folgende Kosten wurden in der Betrachtung berücksichtigt: Kosten der Fahrzeug-Präsentation, Personalkosten, Werbe-maßnahmen, Verkaufsfinanzierung und Gemeinkosten. Kritisch ist an der Berechnung zu bemerken, dass das Kostenniveau keine direkt ableitbaren Aussagen über den jeweiligen Gewinn der unterschiedlichen Szenarien machen kann. Zudem werden die Konzepte des Multipling oder insb. des Full-Multi-Franchising häufig mit mehr als zwei Marken angewendet, so dass tendenziell ein geringerer Kostenindex pro Marke möglich sein dürfte. Vgl. Reindl 2004b, S. 12-15.

692 Vgl. Brachat 2005, S. 28-29.

Page 192: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie 177

Dem steht jedoch entgegen, dass nach wie vor Prozessdesigns selbst zwischen Marken eines Konzerns divergieren und somit Skalenvorteile ausschließen oder erschweren.

• Kommunikationskonzept: Die Durchführung von markenübergreifenden Werbeinitiativen können – soweit es sich nicht um vom Hersteller geförderte markenspezifische Aktionen handelt – zusammengelegt werden, um weitere Synergiepotenziale zu erreichen. Dabei gewinnt die Kommunikation der Eigenmarke des Autohauses zunehmend an Bedeutung.

Sowohl aus der empirischen Untersuchung, als auch aus den zitierten Untersuchungen wird deutlich, dass die GMV Autohaus (Vertrag) zukünftig eher selten als traditionelles One-Brand-Konzept ausgeführt werden wird – vielmehr werden Unternehmer darauf drängen, Kostendegressions- und Synergiepotenziale stärker auszunutzen.693 Inwieweit Hersteller das exklusive Markenerlebnis am PoS im Rahmen des Multipling- oder Cluster-Konzeptes weiterhin flächendeckend durchsetzen können, hängt daher von der Entwicklung rechtlicher Rahmenbedingungen und der gewählten Kooperationsstrategie bzw. Führung des Distributionssystems ab.694

ErtragskonzeptDas Ertragskonzept der GMV basiert im Neuwagenverkauf auf transaktionsabhängiger direkter Erlösmechanik. Der Hersteller nimmt dabei über Sonderverkaufsaktionen, Preis-gestaltung, Abnahmeverpflichtungen, Margensysteme u.ä. erheblichen Einfluss auf die Erlösmechanik. Dieser Zusammenhang wurde durch die GVO 1400/02 insoweit verändert, als dass sie den Einkauf von Neuwagen über Mitglieder der Absatzorganisation in ganz Europa erleichtert, so dass Unternehmer in Hochpreisländern der EU Fahrzeuge über Länder mit niedrigem Werksabgabepreis einkaufen können, um die Preispolitik ihrer GMV flexibler gestalten zu können. Zugleich werden somit die Einflussmöglichkeiten des Herstellers auf die Preisgestaltung eingeschränkt.695

WachstumskonzeptDas Delphi schlägt eine stärkere Differenzierung der GMV über Leistungsqualität und -breite vor. Vertragsgebundene Autohäuser wachsen derzeit insb. über Kooperationen oder Fusionen, um die Rendite bzw. Effizienz zu steigern – vgl. GM Einzelhandelskooperation. Markt-erschließung i.S.v. Multiplikation findet indes nur dort statt, wo eine unzureichende Netz-dichte vorliegt, also vor allem mit Emerging Brands oder in neuen respektive stark prosperierenden Ländern der EU. Mit der GVO 1400/02 erweitert sich das Spektrum der Wachstumsstrategien: Neben den traditionellen Strategien der Erschließung weiterer Absatz-gebiete über Kauf, Fusion oder Kooperation oder dem Aufbau eines E-Commerce-Geschäftsmodells ermöglicht die Niederlassungfreiheit den Aufbau von Verkaufs- und Auslieferungsstellen in der gesamten EU. Für diese Form der multiplikativen Markter-schließung wird kein zusätzlicher Verkaufsvertrag benötigt.

693 Vgl. T-3.1 (Konsolidierung) und T-3.11 (Skalenvorteile), T-5.5 (Mehrmarkenvertrieb). 694 Vgl. Kapitel 6.2.3. 695 Vgl. T-5.6 (Arbitrageeffekte).

Page 193: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

178 5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie

Kompetenzkonfiguration Unter dem Eindruck der dargestellten Mehrmarkenstrategie des GMV entwickelt sich das Markenportfolio zu einer wichtigen Ressource sowohl im Hinblick auf den damit verbunden Aufbau von regionalen Markteintrittsbarrieren, als auch bzgl. der Attraktivität des Auto-hauses. Das Management der Markenvielfalt und gleichzeitigen Ausnutzung markenüber-greifenden Synergiepotenzials wird somit zur Kernkompetenz des Autohauses, indem die markenübergreifend unterschiedlichen Transaktionsschnittstellen und Gestaltungs-anforderungen in der Weise bedient, koordiniert und erfüllt werden müssen, so dass Synergiepotenziale und Kosteneinsparungen realisiert werden können.

Kooperationskonzept Die Investition in ein markenexklusives Autohaus durch den Unternehmer stellt ein außerordentlich hohes Maß an spezifischer Investition dar, das nicht nur Mindestanforderungen an das Umsatzvolumen stellt, um rentabel wirtschaften zu können, sondern auch erhebliche potenzielle Wechselkosten birgt. Um die Höhe der daraus resultierenden Transaktionskosten für den Unternehmer zu senken, bieten sich Kooperationen i.S.d. GM Einzelhandelskooperation an.

KoordinationskonzeptDefinitionsgemäß ist die Kooperationsbeziehung zwischen Hersteller und der GMV über einen Vertrag geregelt. Die häufigsten Formen sind Handelsvertrag sowie Vermittlungs- und Agenturverträge. Beide fallen unter das Primat der in Kapitel 3.5.2 vorgestellten GVO 1400/02. Je nach Gestaltung der Standards der Hersteller und Geschäftspolitik des Unternehmers kann auch eine Verkaufs- und/oder Auslieferungsstelle i.S.d. GVO 1400/02 den Charakter eines vertragsgebundenen Autohauses annehmen.696

Über den Vertragsinhalt wird das Autohaus insofern in seiner Unternehmenspolitik beeinflusst. Verträge sind markenspezifisch und unterscheiden sich im Hinblick auf Grad und Art markenspezifischer Investition und Prozessgestaltung. Im Vertrag werden nahezu alle Aspekte der Gestaltung des Verkaufs berührt, wie bspw. architektonische Anforderungen, Stellfläche der Fahrzeuge, Kleidung und Schulung des Verkaufspersonals, Anordnung, Auslage und Gestaltung der Werbemittel, Anzahl und Modellauswahl der Ausstellungs- und Vorführfahrzeuge sowie das Angebot von zusätzlichen Dienstleistungen. Hersteller nutzen neben dem vertraglichen Koordinationsmechanismus eine Reihe weiterer Anreizsysteme und Loyalitätsprogramme zur Steuerung des Distributionssystems.697 Das GM Autohaus kennzeichnet die Verbindung aus Neuwagen-Vertrieb und Werkstatt-Geschäft, so dass i.d.R. neben einem Neuwagenverkaufsvertrag ein Servicevertrag für dieselbe Marke besteht. Die

696 Vgl. Kapitel 3.5; Plate 2004c, S. 20; Breithaupt/Ehrlichmann/Imping 2004; Woltermann/Weller/Breyer 2005;

Plate 2005c. An dieser Stele wird deutlich, dass das GM als handelsvertragsgebundener Distributionsmittler im Einzelhandel oder als Distributionshelfer i.S. eines Agenten auftreten kann – vgl. Kapitel 4.1.

697 Vgl. Huber 2002; Kapitel 6.2.3.

Page 194: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie 179

rein qualitative Selektion im Servicegeschäft hat dazu geführt, dass viele Autohäuser zudem Serviceverträge anderer Marken besitzen.

5.5.1.3 Geschäftsmodellvariante Autohaus (Markt) Die Geschäftsmodellvariante Autohaus (Markt) wird als spezielle Form des Geschäfts-modells Autohaus verstanden, welche keine dauerhaften vertraglichen oder hierarchischen Bindungen zu einem Automobilhersteller unterhält.698 Autohäuser dieser GMV werden – bezogen auf das Neuwagengeschäft – auch als Grauhändler, Wiederverkäufer699 oder, im Falle von Handel mit Fahrzeugen aus anderen EU-Ländern, als Re-Importeure, Parallel-Importeure, EU-Importeure oder EU-Händler bezeichnet.700 Der Terminus Grauhändler hat seinen Ursprung in der Tatsache, dass fast alle Hersteller in den Handelsverträgen den Weiterverkauf an gewerbliche Wiederverkäufer außerhalb ihrer autorisierten Absatz-organisation ausschließen.701 In der Praxis findet dieser Handel dennoch statt. Freie Auto-häuser bauen ihr Geschäftsmodell nicht immer auf den EU-Fahrzeug-Handel auf, nutzen jedoch diese Bezugsquelle häufig um Kostenvorteile gegenüber vertragsgebundenen Auto-häusern erzielen zu können.702

Es existiert eine Reihe an Beispielen dieser GMV: Die Autohaus-Gruppe Cardoen in Belgien bietet bspw. Neuwagen im Autohaus nach dem Full-Multi-Franchising-Konzept an. Ähnlich arbeitet das Autohaus Juetten&Koolen in Heinsberg, welches Wettbewerbsvorteile sowohl in der Preisposition, als auch in der Dienstleistungsqualität sucht.703

Unter den befragten Experten besteht Uneinigkeit über das Entwicklungspotenzial dieser GMV. 30% prognostizieren niedrigere und 40% prognostizieren eine steigende Bedeutung der GMV – Abbildung 59 stellt die Ergebnisse der empirischen Untersuchung zusammen. Das Marktpotenzial wird überwiegend für ganz Europa einheitlich gesehen.

698 Diese Geschäftsmodellvariante soll im Folgenden auch als freies oder unabhängiges Autohaus bezeichnet

werden.699 Der Begriff Wiederverkäufer wird u.a. von der EU-Kommission genutzt. Vgl. z.B. Frage 29 im o.V. 2002a, S.

46.700 Gelegentlich beziehen sich die Ausdrücke Re-, Parallelimporteur oder EU-Händler auch auf andere GM, bspw.

GMV E-Commerce (Aushandlung) oder GMV (EU-Vermittler). Das zeigt, welche terminologischen Unterschiede in der Diskussion um den europäischen Automobilvertrieb vorherrscht. Vgl. Kapitel 5.2.1.

701 Vgl. Regelungen dazu in der GVO 1400/02 (o.V. 2002c) unter Artikel 4, Absatz 1, Buchstabe b sowie in Kapitel 5.2.2.2. Vgl. auch Antina/Bergen/Dutta 2004, S. 63; Fischer/Richter/Baumgartner 2004, S. 59; Kapitel 6.2.4.

702 Laut Stellungnahme des Bundesverband freier Kfz.-Importeure e.V. (BfI) liegt bspw. der Anteil der 2004 in Deutschland, über ca. 15.000 freie Kfz-Handelsbetriebe zugelassenen Neuwagen, bei ca. 22% (€ 8,5 Mrd. Umsatz) des Gesamtmarktes. Unabhängige, europaweite Marktanteilsschätzungen sind nicht bekannt.

Bzgl. des EU-Fahrzeughandels kann folgendes Beispiel angeführt werden: Ca. ein Drittel der von Herstellern nach Dänemark gelieferten Neufahrzeuge (insgesamt knapp 200.000) wird wieder exportiert. Ein Großteil wird davon indes über vertragsgebundene Absatzmittler abgesetzt, denn der Handel mit Neuwagen ist EU-weit innerhalb der autorisierten Absatzorganisation eines Herstellers erlaubt. Vgl. Dichert/Nikolic/Laing 2004; Widmann 2005, S. 12; Plate 2005f, S. 12; Breitgoff 2006.

703 Vgl. Plate 2004d, S. 24; Tilp 2004, S. 46-47.

Page 195: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

180 5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie

1 0% 2% 0% 0% 0%

2 0% 0% 2% 0% 0%

3 0% 0% 11% 0% 0%

4 0% 0% 2% 61% 0%

5 0% 0% 2% 9% 9%

1 2 3 4 5

geographischePerspektive1)

19%1) Mehrfachantworten möglich

A) KundenperspektiveGeschäftsmodell bedient insb.

Kunden kaufen

Käufer repräsentieren

ø1,8

S

1,8

2,2

Priv

atku

nden

Kaufentscheidung ist eher

Kunden kaufen eher

Ges

chäf

ts-

kund

en

2,8

3,9

Premium-/Up-Market

Down-Market

Prei

s-/P

rem

ium

-B

erei

tsch

aft

,680

,966

,652

,920

,741

traditionell postmodernWertorientierung

1 52 3 4Privat-kunden

Geschäfts-kunden

<10 Fzg.(p.a.) >500 Fzg. (p.a.)

Unternehmen staatl./öffentl. Institutionen

rational / stark kostenorientiert

wie Privatkunden (User-Chooser)

Luxus- / Pre-miummarken

Marken mit geringem Wert

Priv

atku

nden

Ges

chäf

ts-

kund

en

B) Strategische Geschäftsmodellentwicklung

Kundenansprache

Kundenansprache

Marktstrategie

ø2,8

S

1,9

1,7

Entwicklung LeistungsspektrumSt

rate

gien

3,1

,943

,945

,840

1,011

1 52 3 4Fokus auf

KundensegmentErweiterung Kundenportfolios

Privatkunden Geschäftskunden

Kosten- / Preisführerschaft

Differenzierungs-strategie

Konzentration (Nischenstrategie) Erweiterung St

rate

gien

50%

78%

87%

32%

23%

5%

5%

34%

89%

71%

70%

33%

7%

2%

0%

0%

22%

82%

C) Marktpotenzialprognose

Absatzentwicklungø

3,1

S

,9251 52 3 4

fallend steigend30% 40%

Nord-West-EuropaNord-Ost-Europa

Süd-West-EuropaSüd-Ost-Europa

Einheitlich in EU31%

8%14%

61%

D) Geschäftsmodell-spezifische Thesen Sog. Frequenzbringer (Reifen, Öl...) sind zur Erweiterung des Leistungsspektrums dieses Geschäftsmodells denkbar.

ø3,6

S1,066

1 52 3 423% 64%

Fzg.-Markensprektrum 4,4

Kommunikation 4,5

,758

,747

Verkleinerung (Exklusivität)

Erweiterung (Multi Brand)

Konzentration auf Fzg.-Marken

AufbauEigenmarke

0%

2%

84%

93%

k.Z. v.Z.

Die Grafik zeigt den Anteil der Experten in %, die Privatkunden entsprechend der Parameter Preis-/Premium-Bereitschaft und Wertorientierung charakterisieren. (vgl. Kapitel 3.2.1)

Legende:S = Standardabweichung; ø = arithmetisches Mittel;% = Anteil Teilnehmer

(Werte 4-5 bzw. 1-2)k.Z./v.Z. = keine bzw. volle Zustimmung

unteres Quartil, Mittelwert, oberes Quartil

Abbildung 59: Delphi-Ergebnisse GMV Autohaus (Markt)

Leistungskonzept Aus Sicht von 89% der Experten besitzt die GMV einen deutlichen Fokus auf das Privat-kundengeschäft, wobei tendenziell Marken mit geringerem Markenwert nachgefragt werden sowie geringe bis mittlere Preis-Premium-Bereitschaft und eine eher moderne Wert-orientierung vorliegen.704 Geschäftskunden dieser GMV werden als Unternehmen mit eher

704 Die Mehrheit der Antworten zeigt eine geringe Überlappung mit den europäischen Kundenmilieus. Dies dürfte

in Teilen an der nur eingeschränkten Integrierbarkeit der Werte liegen (vgl. Fußnote 511, S. 121). Zudem muss berücksichtigt werden, dass das Milieu-Modell auf Befragungsergebnissen basiert, die von Herstellern lediglich über die GMV Hierarchie und Vertrag erfasst sind.

Page 196: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie 181

geringem Abnahmevolumen und stark rationaler Kaufentscheidung charakterisiert. Für die Zukunft halten 78% der Befragten eine Konzentration auf Privatkunden für zweckmäßig.

Die USP entlang des Kaufprozesses wird durch das preiswerte, offensiv markenunabhängige Produkt-, Beratungs- und Dienstleistungsangebot bestimmt. Das Autohaus differenziert sich i.d.R. über den Preis. Beratung oder Produktausstellung findet in Vor- und Nachkaufphase ohne markenspezifische Inszenierung bzw. Ausgestaltung statt. Angebotsbreite und -tiefe des Produkt-, Beratungs- und Dienstleistungsangebots sind z.T. etwas niedriger, als bei den anderen Autohaus-GMV, um Kostenvorteile zu erhalten. Freie Autohäuser sind nicht an Sortimente einer Marke gebunden, sondern bieten im Showroom i.d.R. primär umsatzstarke Fahrzeugvarianten an. Nichtsdestotrotz können spezifische Kundenwünsche bspw. über Kooperationen mit anderen ungebundenen Autohäusern befriedigt werden. Das Neuwagen-sortiment wird häufig durch junge Gebrauchtwagen705 erweitert, weil diese für Privatkunden m.E. als Substitutionsprodukt für einen Neuwagen wahrgenommen werden.

In der Praxis wird daher insb. bei Smart-Shoppern Channel Hopping-Verhalten beobachtet: Markenexklusive Beratung und Ausstellung wird vom Kunden in einer der beiden anderen GMV wahrgenommen, während der Kauf schließlich im preisgünstigeren Autohaus (Markt)stattfindet. Die GMV profitiert insofern von den diskutierten Trends T-2.2 (Preis-orientierung), T-2.7 (Polarisierung), T-2.11 (Channel Hopping), T-2.12 (Smart Shopping).

Die GMV ist per se nicht in der Lage Gewährleistungsansprüche über den Hersteller abzuwickeln. Der Kunde ist also darauf angewiesen eine autorisierte Werkstatt oder ein markengebundenes Autohaus aufzusuchen – somit wird die Kundenbindung in der Fahrzeug-nutzungsphase erschwert. Im Rahmen der qualitativen Selektion im Service ist es jedoch möglich, dass ungebundene Autohäuser autorisierten Service in ihr Geschäftsmodell integrieren und somit Gewährleistungsansprüche abwickeln können. Mit dem gleichen Kalkül schlägt die Mehrheit der Experten die Erweiterung des Leistungsspektrums um sog. Frequenzbringer, wie bspw. Reifengeschäft oder Ölwechsel, vor.

KommunikationskonzeptDie GMV verzichtet auf Markeninszenierung, indem das in Kapitel 5.5.1 vorgestellte Full-Multi-Franchising-Konzept angewendet wird. Um die Differenzierung im Wettbewerb zu verbessern, halten 93% der Befragten den Aufbau einer Eigenmarke für zweckmäßig.706

WachstumskonzeptInfolgedessen gibt es Ansätze zur Standardisierung und Professionalisierung des Leistungs-konzepts über Franchisesysteme ungebundener Autohäuser. Darüber sollen etwaige Nachteile

705 Dazu zählen Tageszulassungen – Fahrzeuge die im juristischen Sinne Gebrauchtwagen sind, jedoch nie in

Nutzung waren sowie Rückläufer aus Dienstwagenbeständen der Hersteller und Vermiet- und Leasing-geschäften – Fahrzeuge, deren Alter z.T. deutlich unter zwei Jahren liegt und im neuwertigen Zustand sind. Vgl. T-1.4 (Gebrauchtwagen).

706 Vgl. T-3.10 (Eigenmarken).

Page 197: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

182 5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie

in der Dienstleistungsqualität ggü. den anderen beiden Autohaus GMV ausgeglichen werden.707 87% der Experten halten auch für die Zukunft die Preisführerschaftsstrategie für tragfähig. Uneinigkeit herrscht bei den Befragten, ob eine Nischenstrategie von Vorteil ist oder nicht. Ein Beispiel für eine Nischenstrategie ist die Konzentration auf das Kunden-segment Familie, z.B. im Autohaus Family Cars bei Münster.708

Die Mehrheit der Experten schlägt eine Wachstumsstrategie über die Erweiterung des Leistungskonzepts vor. Die geographische Ausrichtung der Wettbewerbsstrategie ist durch den Unternehmer frei wählbar. So erweitern einige freie Autohäuser ihre geographische Abdeckung durch Multiplikation oder durch E-Commerce. Franchiselösungen sind Beispiele für überregionale Multiplikation.709

Kompetenzkonfiguration Als Kernkompetenz dieser GMV ist die dauerhafte Möglichkeit zur Beschaffung preiswerter Fahrzeuge zu nennen. In der Vergangenheit basierte die Beschaffung i.d.R. auf bilateralen, gewachsenen Ad-hoc-Geschäftsbeziehungen. Mit zunehmender Institutionalisierung dieses Fahrzeughandels, bspw. über das GM E-Commerce (Transaktion mit Wiederverkäufern)oder die Etablierung des EU-Fahrzeughandels innerhalb der autorisierten Distributions-systeme einer Marke, ist die Verteidigung dieses Wettbewerbsvorteils schwieriger geworden: Die Preisführerschaft muss somit stärker über Skaleneffekte und den Verzicht auf Marken-exklusivität sichergestellt werden – die GMV steht damit stärker im Wettbewerb mit der Variante Autohaus (Vertrag).

Kooperations- und Koordinationskonzept Eine direkte Geschäftsbeziehung zwischen Hersteller und dem unabhängigen Autohaus ist offiziell nicht existent. Dessen ungeachtet nutzen Hersteller und ihre angeschlossene Absatz-organisation dessen freie Autohäuser, um ad hoc Überkapazitäten zu niedrigen Preisen auf den Markt zu bringen.710

5.5.2 Geschäftsmodell Automall Das Geschäftsmodell Automall bietet mehreren Betreibern von Geschäftsmodellen der Automobilwirtschaft eine (teil-) standardisierte Infrastruktur.711 Diese ist für die Betreiber der

707 Vgl. GM Franchising im freien Autohandel in Kapitel 5.2.4. 708 Vgl. Meunzel 2006b. 709 Als Beispiel für die Geschäftserweiterung durch E-Commerce siehe o.V. 2004b. Zur Multiplikation siehe Tilp

2004, S. 47. 710 Gegenstand dieser inoffiziellen Transaktionen sind oft Tageszulassungen. Vgl. Plate 2003a; Plate 2004d, S. 24;

Jagels 2004, S. 6; Plate 2005f, S. 12. 711 Vgl. Meinig 1995, S. 291; Hoffmeister 1998, S. 77-78; Hamprecht 2005; Abbildung 55. Die Bezeichnung des

Geschäftsmodells leitet sich vom Betriebstyp Mall ab. PEPELS schreibt der Mall sehr breites und sehr tiefes Sortiment zu – vgl. Pepels 1998, S. 159. DILLER nutzt den Begriff Mall nur zur Bezeichnung der US-amerikanischen Form von Einkaufszentren – vgl. Diller 1992, S. 637. Beispiele sind die Automeile Düsseldorf,geplante Projekte im Rhein-Ruhr-Gebiet und Hannover. Vgl. Finsterwaldner-Reinecke 2004; Bauer 2004; Finsterwaldner-Reinecke 2005. In der Literatur taucht auch der uneinheitlich verwendete Begriff Megadealerauf. U.E. entspricht er dem Geschäftsmodell Automall, sofern die darin zusammengefassten Geschäftsmodelle

Page 198: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie 183

Geschäftsmodelle attraktiv, weil sie Endkunden ein umfangreiches Angebot über den gesamten Automobil-Kaufprozess an einem Standort bietet. Das Angebot übertrifft in Tiefe und Breite das Angebot eines Geschäftsmodells Autohaus. Insofern ist das Geschäftsmodell sowohl von der sog. Autorow, als auch von der Cluster Site bzw. dem Mega Dealer – ein Unternehmer betreibt an einem Standort mehrere markenexklusive Autohäuser gleichzeitig – abzugrenzen. Abbildung 60 und Abbildung 61 stellen die geschäftsmodellspezifischen Ergebnisse der Delphi-Studie dar: 84% der befragten Experten erwarten eine steigende Absatzentwicklung für dieses GM.

1 0% 0% 0% 0% 0%

2 0% 5% 2% 2% 2%

3 0% 0% 18% 18% 5%

4 0% 0% 2% 32% 2%

5 0% 0% 0% 0% 11%

1 2 3 4 5

A) KundenperspektiveGeschäftsmodell bedient insb.

Kunden kaufen

Käufer repräsentieren

ø1,9

S

2,1

2,4

Priv

atku

nden

Kaufentscheidung ist eher

Kunden kaufen eher

Ges

chäf

ts-

kund

en

2,9

3,6

Premium-/Up-Market

Down-Market

Prei

s-/P

rem

ium

-B

erei

tsch

aft

,676

,776

,626

,873

,759

traditionell postmodernWertorientierung

1 52 3 4Privat-kunden

Geschäfts-kunden

<10 Fzg.(p.a.) >500 Fzg. (p.a.)

Unternehmen staatl./öffentl. Institutionen

rational / stark kostenorientiert

wie Privatkunden (User-Chooser)

Luxus- / Pre-miummarken

Marken mit geringem Wert

Priv

atku

nden

Ges

chäf

ts-

kund

en

82%

68%

51%

23%

7%

0%

0%

0%

25%

55%

Die Grafik zeigt den Anteil der Experten in %, die Privatkunden entsprechend der Parameter Preis-/Premium-Bereitschaft und Wertorientierung charakterisieren. (vgl. Kapitel 3.2.1)

Legende:S = Standardabweichung; ø = arithmetisches Mittel;% = Anteil Teilnehmer

(Werte 4-5 bzw. 1-2)k.Z./v.Z. = keine bzw. volle Zustimmung

unteres Quartil, Mittelwert, oberes Quartil

Abbildung 60: Delphi-Ergebnisse zum GM Automall, Teil 1 von 2

in der Hand eines einzelnen Unternehmens sind. Vgl. Schögel/Sauer 2002, S. 94; John 2005a; Plate 2005f, S. 12.

Page 199: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

184 5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie

geographischePerspektive1)

42%1) Mehrfachantworten möglich

B) Strategische Geschäftsmodellentwicklung

Kundenansprache

Kundenansprache

Marktstrategie

ø4,2

S

2,1

3,2

Entwicklung LeistungsspektrumSt

rate

gien

4,1

,795

,734

1,097

,969

1 52 3 4Fokus auf

KundensegmentErweiterung Kundenportfolios

Privatkunden Geschäftskunden

Kosten- / Preisführerschaft

Differenzierungs-strategie

Konzentration (Nischenstrategie) Erweiterung St

rate

gien

7%

75%

25%

7%

91%

5%

43%

77%

C) Marktpotenzialprognose

Absatzentwicklungø

3,1

S

,9251 52 3 4

fallend steigend30% 40%

Nord-West-EuropaNord-Ost-Europa

Süd-West-EuropaSüd-Ost-Europa

Einheitlich in EU22%

6%3%

47%

D) Geschäftsmodell-spezifische Thesen

„Discounter-Automalls“ mit nicht-markenexklusivem Angebot zahlreicher Einheiten/ Modelle im unteren Preissegment auf der "grünen" Wiese (etwa wie heute sog. "Trader" in China) werden an Bedeutung gewinnen.

ø

3,1

S

1,104

1 52 3 4

32% 48%

Fzg.-Markensprektrum 4,5

Kommunikation 3,6

,910

1,043

Verkleinerung (Exklusivität)

Erweiterung (Multi Brand)

Konzentration auf Fzg.-Marken

AufbauEigenmarke

3%

18%

84%

59%

k.Z. v.Z.

Abbildung 61: Delphi-Ergebnisse zum GM Automall, Teil 2 von 2

Leistungskonzept Das Geschäftsmodell Automall ist hinsichtlich seiner Konzeption primär auf Privatkunden ausgerichtet. Als etwaige Geschäftskunden dieses Geschäftsmodells kommen lediglich Unternehmer mit geringem Einkaufsvolumen in Frage, bei denen private und berufliche Bedürfnisse ineinander fließen – z.B. Freiberufler. Neben der starken Fokussierung auf Privatkunden deuten die Untersuchungsergebnisse eine Tendenz hin Volumenmarken, mittlerer bis geringer Preis-Premiumbereitschaft und eher moderner Wertorientierung der Kunden an. Dazu passt das prominenteste deutsche Beispiel des GM Automall – die Düsseldorfer „Automeile Höherweg“. Sie bietet bisher primär Volumenmarken wie z.B. VW, Toyota, Ford und Opel an, Premiummarken wie BMW, Mercedes und Audi sind dagegen (noch) nicht vertreten.712

Das Geschäftsmodell Automall bietet Kunden unterschiedlicher Marken ein sehr tiefes und breites Angebotssortiment über den gesamten Kaufprozess. Insbesondere durch die Marken-vielfalt können Kunden leichter die markenspezifischen Angebote vergleichen.713 Zugleich wird das Erlebnis der jeweiligen Markenwelt ermöglicht, denn in der Praxis sind primär die GMV Autohaus (Hierarchie) und Autohaus (Vertrag) in das GM Automall integriert. Das GM nimmt dadurch Kundentrends wie Individualisierung von Bedürfniskonstellationen (T-2.5), Suche nach Markeninszenierung (T-2.9) und Variety Seeking (T-2.13) auf.

Neben der Markenvielfalt bietet das GM Endkunden eine standortbezogene Agglomeration zusätzlicher Dienstleistungen rund um das Thema Automobil als USP, wie bspw. einen

712 Insgesamt werden an der Automeile 22 Marken angeboten – die Luxusmarke Bentley ist dagegen Exot auf der

Automeile. 713 Vgl. Bauer 2004.

Page 200: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie 185

Automobilclub, Fast-Fit-Service, eine Zulassungsstelle, Fahrsicherheitstraining oder Angebote aus dem Freizeit- und Entertainment-Bereich.714 Insofern ist das GM den Trends Emotionalisierung, Erlebnis- und Convenience-Orientierung (T-2.14) angepasst. Damit verfolgt das GM Automall einen ähnlichen Ansatz, wie Regionale Shopping-Center. OTTO

schreibt dieser Erscheinungsform fast paradiesische Attribute wie hell, freundlich, sauber, sicher, modern, entspannend, natürlich und elegant durch „Tageslicht durchflutete Innenhöfe und Rotunden […], attraktive Illuminierung […] Ruhezonen und Springbrunnen mit Wasser-spielen“715 sowie umfassendes kulinarisches Angebot zu. Inwieweit im Automobilvertrieb derartig aufwendige „Vertriebspaläste“ entstehen werden, bleibt abzuwarten, die Regionalen Shopping-Center modellieren jedoch die konzeptionelle Zielrichtung des Geschäftsmodells Automall.

Unstrukturierte passive InformationsaufnahmeKaufanregung, Bedürfnisweckung:

- Angebot marken-übergreifender Veranstaltungen

- Zusätzliche Dienstleistungs- und Freizeitangebote

Strukturierte, gezielte Informationssuche, Konkretisierung der KaufabsichtAktive Informations-beschaffung, Phase der Angebotsdifferenzierung, erste Kontakte mit Absatz-organisation:

- Agglomeration eines sehr breiten Markenangebots

- Unabhängige Experten: z.B. Automobilclub TÜV

Entscheidungsfindung, AlternativenbewertungInformationsverdichtung, Preisverhandlungen, Finanzierung, Gespräche mit Fachleuten, Probefahrt:

- Markenangebot ermöglicht Vergleichbarkeit

- Hohe Beratungsqualität- Unabhängige Experten:

z.B. Automobilclub, TÜV

Nutzungsphase im AlltagServiceerfahrungen, Kundenbindung:

- Anlaufpunkt im Alltag: Automobilnahe Dienstleistungen inkl. Service, Zubehör, Automobilclub, Zulassung, TÜV etc.

- Event- und Freizeitangebote stützen Kundenbindung

Kaufvollzug, Übergabe, erste ProdukterfahrungÜbergabe, Fahrerlebnis, Produkterlebnis, Suche nach Kaufbestätigung, Reaktionen auf das Produkt:

- Forum für die Inszenierung der Fahrzeugübergabe

Warten auf Auslieferung Suche der Kaufbestätigung:

- Unabhängige Experten: z.B. Automobilclub, TÜV

1. Phase 2. Phase 3. Phase

5. Phase4.

Phas

e: K

aufa

bsch

luss

bz

w. T

rans

aktio

n6. Phase7. Phase

Abbildung 62: Zusätzliches Angebot des GM Automall ggü. GM Autohaus

Abbildung 62 stellt in der Übersicht dar, welche Angebote der Kunde entlang des Kauf-prozesses716 durch das Geschäftsmodell Automall erhält, soweit sie über das klassische Angebot des Geschäftsmodells Autohaus hinausgehen.

714 Vgl. Zöller 2006. 715 Otto 2006, S. 490. 716 Vgl. Kapitel 3.4.1.2.

Page 201: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

186 5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie

Der Vorteil für Mieter bzw. Betreiber der Geschäftsmodelle in der Automall ist insb. die Bereitstellung einer hochwertigen Infrastruktur mit hoher Kundenfrequenz für das jeweils eigene Geschäftsmodell. Das GM Automall kann Elemente wie Eventmanagement, Werbung, Center und Facility Management vorsehen, die den Mietern angeboten werden. Selbst die Bereitstellung von Standardprozessen eines Autohauses könnte das GM Automall zentral und kostenoptimiert anbieten – ein Beispiel gibt es dafür im Markt bisher jedoch nicht. Daneben ist die sog. Frequenzbringer-Funktion717 Hauptvorteil für Mieter in der Automall, nicht nur aus Sicht der Neukunden-Akquise, sondern auch aus Sicht der kontinuierlichen Kunden-bindung. Weitere Vorteile können aus etwaiger Zusammenarbeit der Mieter beim Gebraucht-wagen- oder Ersatzteilmanagement entstehen.

KommunikationskonzeptDas für den Automobilvertrieb relevante Kommunikationskonzept entspricht weitestgehend dem des Geschäftsmodells Autohaus (Hierarchie bzw. Vertrag). I.d.R. wird der Automall-Betreiber selbst nur im markenübergreifenden Kontext Kommunikationsinstrumente nutzen, wobei Mediawerbung, Public Relations, Messen und Events von herausragender Bedeutung sind.718 59% der Experten halten es für sinnvoll, zu diesem Zweck mit einer fahrzeugmarken-neutralen Eigenmarke zu werben.719

Das Markenportfolio des Geschäftsmodells Automall determiniert auch die Kundenstruktur. Deshalb ist neben einem Markenportfolio mit Qualitäts- bis Randmarken ebenso eine Konzentration auf Premium- bis Luxusmarken denkbar. In beiden Fällen steht das Erlebnisder Markenexklusivität im Vordergrund. Eine einheitliche Baugestaltung ist so gewählt, dass sie nicht mit den Anforderungen der Markeninszenierung unterschiedlicher Hersteller kollidiert und soll für einen harmonischen Auftritt der Automall sorgen. Ob sich im Markt eine Geschäftsmodellvariante Automall unter Fokussierung auf Discount-orientierte Kunden durch Konzentration auf günstige Fahrzeuge, Aufgabe der Markenexklusivität und Reduktion der Dienstleistungen durchsetzen kann, ist unter den Experten umstritten.

ErtragskonzeptDie Erlösmechanik der Automall ist i.d.R. direkt sowie transaktions- und nutzungs-unabhängig, indem die Betreiber der unterschiedlichen GM Miete zahlen und ggf. darüber hinaus gemeinsam bestimmte Kosten des Betriebs übernehmen.

WachstumskonzeptGenerell folgt das Geschäftsmodell Automall einer Differenzierungsstrategie, indem den Kunden gezielt ein Mehrwert i.S.v. Sortimentsbreite und zusätzlichen Dienstleistungen geboten wird. Aufgrund des festen Standortes kann das GM nur über eine Verbesserung des

717 Vgl. Pepels 1998, S. 159. 718 Vgl. Plate 2005g, S. 48-49. 719 Die relativ hohe Streuung von über 1 deutet jedoch auf eine gewisse Uneinigkeit zwischen Experten hin,

inwieweit eine Eigenmarke Sinn macht.

Page 202: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie 187

Leistungskonzeptes oder über Multiplikation in andere Marktgebiete wachsen.720 77% der Befragten halten eine Ausdehnung des Leistungsspektrums zukünftig für tragfähig. 84% sehen die Erweiterung des Markenspektrums als zukünftig sinnvolle Strategie an. Die Experten erachten zudem eine weiterhin klare Fokussierung auf Privatkunden sowie gleich-zeitig eine Erweiterung der Privat-Kundengruppen als sinnvolle Strategie.

Kompetenzkonfiguration Ressourcen des Geschäftsmodells sind die Immobilie bzw. der Standort und das Marken-portfolio. Der erhebliche Kapitalaufwand zur Umsetzung des GM macht es potenziellen Wettbewerbern schwer das GM in direkter Nachbarschaft profitabel zu kopieren. Facility und Event Management gehören zu den Kernkompetenzen des Geschäftsmodells. Im Zeitablauf ist es von hoher Bedeutung, die Quelle des USP – Immobilie, Marken- und Dienstleistungs-portfolio, Exklusivität und Events – zu erhalten respektive anzupassen. Die Knappheit von Kapital und geeigneten Immobilien sowie deren Spezifität und schwierige Immitierbarkeit werden dem GM allein keine nachhaltigen Wettbewerbsvorteile bringen. Insofern kann erneut die Parallele zu Regionalen Shopping-Centern gezogen werden, welche spätestens alle zehn Jahre durch Revitalisierungsmaßnahmen aktuelle Trends erfassen und moderne Vertriebs- und Unterhaltungskonzepte aufgreifen müssen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten.721

Organisationsform Das GM Automall ist ein klassischer Intermediator, welcher über die Bereitstellung von Immobilien hinaus Teile der Wertschöpfung seiner Mieter übernehmen kann. Das GM kann der Organisationsform Orchestrator/Koordinator zugeordnet werden, weil es diverse GM aus unterschiedlichen Stufen der Distributionskette bzw. des Kaufprozesses physisch zusammenbringt, ihre Beziehungen managet oder katalysiert sowie überdies Agglomerations-vorteile erzeugt.

Kooperations- und Koordinationskonzept In seiner Funktion als Orchestrator baut das GM Automall eine typische Critical-Mass-Allianz zwischen den einzelnen Mietern auf. Nur durch die physische Konzentration und Pluralität des Angebots ist das GM Automall für Kunden besonders attraktiv, so dass Events, Freizeitangebote u.ä. kostendeckend angeboten werden können. Das GM managet dabei ein komplexes Netzwerk zwischen allen Mietern des GM. Die Netzwerkteilnehmer kommen dabei von verschiedenen Stufen der Wertschöpfungskette, so dass diese multilateralen Kooperationsbeziehungen aus Sicht der Mieter als Closing-Gap-Allianz fungieren, weil dadurch dem Kunden theoretisch alle denkbaren Angebote entlang des Kaufprozesses bzw. der Wertkette gemacht werden können – es handelt sich demzufolge um ein langfristiges Unternehmensnetzwerk. Das dominierende Koordinationskonzept zwischen den Mietern und

720 42% der Experten sieht das Marktpotenzial des GM eher in Westeuropa, während 47% – also fast die Hälfte –

ganz Europa als potenziellen Markt sehen. 721 Vgl. Otto 2006, S. 491-492.

Page 203: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

188 5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie

ggü. dem Betreiber sind langfristige Verträge, während einzelne Dienstleistungen gegenseitig marktlich angeboten werden können.

Eine direkte Kooperationsbeziehung zwischen dem GM Automall und Herstellern liegt lediglich dann vor, wenn der Hersteller selbst als Mieter ein eigenes GM in der Automall betreibt oder das GM Automall in Eigenregie unterhält. Im ersten Fall liegt zwischen GM-Betreiber und Hersteller die gleiche vertragliche Koordinationsform wie zu anderen Mietern vor. Konzernmarkenexklusive Automalls sind denkbar, aber in Bezug auf die erzielbaren Skalen- und Agglomerationseffekte von begrenzter Attraktivität für Hersteller und Kunden. Demzufolge ist dieses GM im Rahmen der Distributionssystemplanung des Herstellers schon allein wegen der prognostizierten Absatzsteigerung zu berücksichtigen, jedoch nur mittelbar beeinflussbar.

5.5.3 Geschäftsmodell Downtownshop Das Geschäftsmodell Downtownshop ist durch Konzentration auf die Bedürfnisse von Privat-kunden, eine vergleichsweise kleine Ausstellungsfläche in hoch frequentierter Lage sowie exklusive Shopping-Atmosphäre charakterisiert. Beispiele für diese Art des Automobil-verkaufs finden sich primär in Großstädten, wie z.B. das Automobilforum unter den Linden in Berlin oder der Mercedes Benz Vertrieb in der Galleria Vittorio Emanuele II in Mailand. Dabei handelt es sich um Ausprägungen der von THIEMER untersuchten „Erlebnisbetonten automobilen Kommunikationsplattformen“, die primär zur Markeninszenierung genutzt werden.722

722 Weitere Beispiele sind das Maybach Atelier in Sindelfingen oder die Gläserne Manufaktur in Dresden. Vgl.

Thiemer 2004, S. 105-142.

Page 204: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie 189

1 14% 41% 11% 7% 0%

2 0% 14% 5% 2% 0%

3 0% 0% 7% 0% 0%

4 0% 0% 0% 0% 0%

5 0% 0% 0% 0% 0%

1 2 3 4 5

geographischePerspektive1)

67%1) Mehrfachantworten möglich

A) Kundenperspektive ø SPr

ivat

kund

en

Kunden kaufen eher 1,4

Premium-/Up-Market

Down-Market

Prei

s-/P

rem

ium

-B

erei

tsch

aft

,698

traditionell postmodernWertorientierung

1 52 3 4Luxus- / Pre-miummarken

Marken mit geringem Wert

Priv

atku

nden

B) Strategische Geschäftsmodellentwicklung

Kundenansprache

Marktstrategie

ø1,5

S

3,4

Entwicklung Leistungsspektrum

Stra

tegi

en

2,3

,872

,765

,991

1 52 3 4Fokus auf

KundensegmentErweiterung Kundenportfolios

Kosten- / Preisführerschaft

Differenzierungs-strategie

Konzentration (Nischenstrategie) Erweiterung

Stra

tegi

en

90%

5%

66%

5%

92%

11%

89% 0%

C) Marktpotenzialprognose

Absatzentwicklungø

3,3

S

,7341 52 3 4

fallend steigend16% 45%

Nord-West-EuropaNord-Ost-Europa

Süd-West-EuropaSüd-Ost-Europa

Einheitlich in EU17%

6%6%

22%

D) Geschäftsmodell-spezifische Thesen

Es ist zukünftig sowohl eine markenexklusive, als auch eine markenübergreifende, segmentspezifische Variante dieses Geschäftsmodells denkbar.

ø

2,8

S

1,224

1 52 3 4

47% 36%

Fzg.-Markensprektrum 1,9

Kommunikation 1,9

,829

,955

Verkleinerung (Exklusivität)

Erweiterung (Multi Brand)

Konzentration auf Fzg.-Marken

AufbauEigenmarke

91%

75%

7%

7%

Dieses Geschäftsmodell wird eher von Herstellern zur Markenpositionierung initiiert und finanziell getragen. 4,0 ,9177% 78%

k.Z. v.Z.

Die Grafik zeigt den Anteil der Experten in %, die Privatkunden entsprechend der Parameter Preis-/Premium-Bereitschaft und Wertorientierung charakterisieren. (vgl. Kapitel 3.2.1)

Legende:S = Standardabweichung; ø = arithmetisches Mittel;% = Anteil Teilnehmer

(Werte 4-5 bzw. 1-2)k.Z./v.Z. = keine bzw. volle Zustimmung

unteres Quartil, Mittelwert, oberes Quartil

Abbildung 63: Delphi-Ergebnisse zum GM Downtownshop

„Eine Verkaufsstelle umfasst einen Ausstellungsraum und die erforderliche Infrastruktur für den Verkauf neuer Kraftfahrzeuge. Dazu gehören zum Beispiel ein Raum zur Präsentation der neuen Kraftfahrzeuge, die nötigen Büros, Verkaufspersonal und Vorführwagen.“723 Mit dieser Definition ist in der GVO 1400/2002 ein Geschäftsmodell umrissen, welches sich auf den Verkauf von Neuwagen konzentriert. Dennoch, die Verkaufsstelle i.S.d. GVO hat nicht zur umfassenden Etablierung des Geschäftsmodells Downtownshop geführt.724 Die in Abbildung

723 Frage 53 in o.V. 2002a, S. 59. 724 Die Vertriebsstandards der Automobilhandelsverträge sind aus juristischer Sicht die obere Grenze der Standards

für Verkaufsstellen, lediglich die Marke Kia hat niedrigere Standards für Verkaufsstellen definiert. Vgl. Brossette 2004, S. 16; Meunzel/Stadler 2005, S. 27; Woltermann/Breyer/Weller 2005.

Page 205: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

190 5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie

63 dargestellten Ergebnisse zeigen indes, dass 45% der Experten für das Geschäftsmodell eine steigende Bedeutung im Markt prognostizieren.725

Leistungskonzept Das Geschäftsmodell Downtownshop richtet sich definitionsgemäß an Privatkunden. Das Delphi sieht vor allem Kunden mit hoher Preis-Premium-Bereitschaft und eher traditionellen Werten im Fokus dieses Geschäftsmodells. Für kein anderes der untersuchten GM erwarten die Experten eine so klare Fokussierung auf hochwertige Fahrzeugmarken. 90% der Experten empfehlen auch zukünftig die Beschränkung auf dieses Kundensegment.

Der USP ergibt sich für den Kunden primär aus der (marken-)exklusiven und qualifizierten Beratung, u.a. bzgl. Finanz- und Mobilitätsdienstleistungen, Tuning und Zubehör. Die Ausstellung eines breiten Sortiments an neuen und gebrauchten Ausstellungsfahrzeugen wird durch dieses GM nicht verfolgt, stattdessen spielen individuelle Beratung und der Einsatz virtueller Präsentationstechniken, wie Computer-Animationen, Prospekte und Materialproben, eine besondere Rolle. Das physische Erlebnis des Fahrzeugs kann in der Vorkaufphase über Kooperationspartner sichergestellt werden, die individuell für Probefahrten oder zur Ansicht bereitgestellt werden. Das Geschäftsmodell bietet in der Nachkaufphase selbst keine Reparaturdienstleistungen an, entsprechend kann auch diese Dienstleistung über Dritte abgewickelt werden. Inwieweit die Ladenfläche zukünftig für flankierende Angebote wie bspw. Bankgeschäfte, Reisen, Kommunikationsdienste u.ä. genutzt werden könnte, bleibt offen.726 Das Geschäftsmodell baut insofern auf der seit langem prognostizierten Entbündelung von Autohaus-Basisfunktionen auf und ist daher auf Kooperationen angewiesen.727

KommunikationskonzeptPersönliche Kommunikation im Rahmen individueller und ggf. exklusiver Beratung stellen das Zentrum der Kommunikationsstrategie dieses GM dar. Das GM setzt dabei per definitionem auf ein Höchstmaß an erlebter Fahrzeugmarkenexklusivität. Der Aufbau einer Eigenmarke wird dementsprechend von 75% der Experten abgelehnt. Zudem empfehlen 91% der Befragten die Einschränkung des Markenspektrums auf eine oder wenige Marken. Ob sich zu diesem GM auch eine Variante entwickeln wird, welche sich anstatt auf eine Marke auf ein Fahrzeugsegment spezialisiert, geht aus den Befragungsergebnissen nicht eindeutig hervor.728

725 In 1998 sahen 65% der Hersteller bzw. 73% der Händler NW-Center in der Innenstadt als realistisches Konzept

für die Zukunft. Vgl. Dudenhöffer 1999, S. 101. Die Euphorie für dieses Geschäftsmodell hat insofern nachgelassen.

726 Vgl. John 2005b, S. 27. 727 Vgl. Dudenhöffer 1999, S. 100-102. 728 Der Mittelwert von 2,8 bzgl. dieser These deutet zwar auf eine Ablehnung hin, zugleich ist jedoch die hohe

Streuung Indiz für eine stark uneinheitliche Meinung.

Page 206: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie 191

ErtragskonzeptAls direkte Folge starker Fokussierung auf Markenexklusivität und -inszenierung halten 78% der Experten dieses GM nur dann für wettbewerbsfähig, wenn es finanziell von Herstellern über transaktionsunabhängige Transferzahlungen unterstützt wird. Das Erlöskonzept des GM baut ansonsten auf einem transaktionsabhängigen Modell auf, indem Fahrzeuge und Mobilitätsdienstleistungen verkauft oder vermittelt werden. Inwieweit dieses GM also auf eine direkte oder indirekte Erlösgenerierung aufbaut, hängt vom unterliegenden Kooperationskonzept ab. Es sind sowohl die Vermittlung von Fahrzeugen aus einem anderen GM oder der direkte Verkauf von Fahrzeugen denkbar.

Wachstumskonzept92% der Befragten halten eine Differenzierungsstrategie unter Konzentration auf ein spezifisches Leistungsspektrum (66%) für Erfolg versprechend. Daher kommt für dieses GM als Wachstumsstrategie lediglich die Multiplikation in neue Marktgebiete in Frage. Dennoch sehen 67% der Befragten lediglich in Nord-West-Europa Marktpotenzial.

Kompetenzkonfiguration Zu den Ressourcen des GM zählen ein frequentierter Standort, der Kundenstamm und die (marken-) exklusive Gestaltung des Ladenlokals. Prinzipiell ist dabei auch eine Shop-in-Shop-Lösung – z.B. in einem Warenhaus – denkbar.

Als Kernkompetenzen sind die Beratungsleistung sowie die effiziente Einbindung in das Distributionsnetzwerk zu nennen. Letzteres ist von hoher Bedeutung, um einerseits notwendige Distributionsfunktionen, wie bspw. Fahrzeugaufbereitung vor der Auslieferung, und andererseits die über Kooperationspartner erbrachten Dienstleistungen sicherzustellen.

Organisationsform, Kooperations- und Koordinationskonzept Das GM kann als Spezialist bezeichnet werden, indem es nur einen Ausschnitt der Distributionsleistungen selbst ausführt und andere ggf. über Kooperationen dem Kunden anbietet. Es bedient sich primär horizontaler Closing-Gap-Allianzen zur Ergänzung des Angebots. Dementsprechend muss das GM ein komplexes Beziehungsgeflecht auf Basis unterschiedlicher Koordinationskonzepte steuern.

5.5.4 Geschäftsmodell Factory Outlet Factory Outlets sind i.d.R. durch folgende Attribute charakterisiert: niedrige Preisstellung, das Sortiment wird durch Zweite-Wahl-Artikel, Auslaufmodelle, Restposten und Retouren bestimmt; teilweise werden auch Testkollektionen vermarktet. Factory Outlets sind dem Direktvertrieb zuzuordnen. Dessen ungeachtet existieren verschiedene Ausprägungen: Das Spektrum reicht vom Fabrikladen, welcher überschüssige oder defekte Produktionsware vermarktet, bis zu Factory Outlet Centern, welche bestimmte Käufergruppen gezielt ansprechen:

Page 207: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

192 5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie

• Fabrikladen/klassisches Factory Outlet: Fabrikläden existieren seit der industriellen Revolution: An Produktionsstandorten wird überschüssige, veraltete oder leicht defekte Ware zu niedrigen Preisen verkauft, um einen Teil der Produktionskosten zu decken. Im Katalog E wird die Betriebsform Fabrikladen bzw. Factory Outlet als „Einzelhandels-betrieb mit einfacher Ausstattung [beschrieben], über den ein Hersteller im Direktvertrieb insb. Waren zweiter Wahl, Überbestände und Retouren der Waren seines Produkt-programms […] meist in Selbstbedienung an fabriknahen oder verkehrsorientierten Standorten absetzt“729. Der klassische Fabrikverkauf hat sich z.T. zu professionelleren Fabrikläden entwickelt, welche auch handelsübliche Waren vermarkten. Preisvorteile als Resultat eingesparter Logistikkosten und Handelsmargen bilden dabei den USP. Z.T. sind derartige Läden exklusiv für Mitarbeiter des Unternehmens zugänglich bzw. diesen werden spezielle Rabatte gewährt.

• Factory Outlet Center (FOC): Das FOC bietet Markenartikelherstellern die Möglichkeit des Fabrikverkaufs in standardisierten Ladeneinheiten als Teil einer Mall ohne geographische Nähe zur Produktion. Das Konzept wurde in den USA etabliert und gehörte dort bis in die 1990er Jahre zu einem der am schnellsten wachsenden Betriebsformen, besonders für Kleidung und Accessoires. Während in den USA heute schon erste Anzeichen der Marktsättigung zu beobachten sind, breitet sich das Konzept in Europa – vor allem in UK – nach wie vor aus. Die in Europa etablierten FOC haben bisher nur z.T. die qualitative Aufwertung erfahren, die in den USA zu beobachten ist, vielmehr wurde zunächst vornehmlich das Discount-Geschäft bedient. Das Wachstum der FOC hat einige Hersteller veranlasst gezielt für diesen Markt zu produzieren, Smart-Shopper und Schnäppchenjäger anzusprechen.730

PABST/BRAMBACH sehen die Vorteile des Factory Outlet in der Bedienung preissensibler Kunden und in der Möglichkeit Überhänge und Restanten zu geringen Kosten im Markt abzusetzen, insb. wenn der Markt durch nachlassenden Konsum, gepaart mit steigender Preissensibilität sowie durch Überkapazitäten in der Produktion, gekennzeichnet ist. Sie konstatieren ein Wachstum dieses GM in der Mode- und Accessoires-Branche aufgrund der immer stärkeren Bedeutung von Smartshoppern und der Notwendigkeit das Dispositionsrisiko zu senken.731

Anwendung im Automobilvertrieb Das Geschäftsmodell Factory Outlet ist im europäischen Automobilvertrieb bis heute nicht etabliert732, dennoch wird in diversen Beiträgen zur Zukunft des Automobilvertriebs auf dessen mögliche Errichtung hingewiesen.733 Die genannten Marktcharakteristika anderer

729 Jaspert/Klein-Blenkers/Müller-Hagedorn 1995, S. 45. Vgl. Pepels 1998, S. 87. 730 Vgl. Fernie/Fernie 1997, S. 342ff.; Fernie 1996; Maier 2001, S. 21-32; Otto 2006, S. 493-494. 731 Vgl. Pabst/Brambach 1999, S. 164-165. In der Modebranche liegt der über Factory Outlets abgewickelte

Umsatzanteil z.T. über 50%. Vgl. auch Zentes/Swoboda 1999b, S. 42; Meffert/Giloth 2002, S. 113-114; Otto 2006, S. 494.

732 Einziges dem Autor bekanntes Factory Outlet im Automobilvertrieb wird durch die Marke Volkswagen in Shanghai, China betrieben. Mit dem Ziel der Vermarktung von veralteten Modellen und Lagerwagen werden in einer ehemaligen Fabrikhalle und in Kooperation mit lokalen Handelspartnern Fahrzeuge an Privatkunden der Region Shanghai zu Fixpreisen verkauft. Dabei wird auf intensive Beratung, Probefahrten, Finanz-dienstleistungen und Markeninszenierung vollständig verzichtet.Teilweise werden bestimmte Fahrzeuge Werksangehörigen zu besonderen Konditionen direkt ab Werk angeboten, dabei handelt es sich aber i.d.R. um temporär begrenzte Verkaufsaktionen.

733 Vgl. u.a. Diez 2002b, S. 21; Göttgens/Smend 2004, S. 17.

Page 208: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie 193

Branchen treffen u.E. auch auf den Automobilvertrieb zu, vgl. T-2.2 (Preisorientierung), T- 2.4 (Loyalität), T-2.7 (Polarisierung), T-3-2 (Machtgleichgewicht), T-3.4 (Preis- und Rabatt-druck). Die Anwendung dieses Konzepts in einem Geschäftsmodell für den Vertrieb von Neuwagen erscheint daher prinzipiell möglich. Dennoch gelten folgende Einschränkungen:

• Sortiment: Neuwagen müssten bei der Auslieferung/Zulassung in einem sicherheits-technisch einwandfreien Zustand sein, daher kann es nur bedingt ein „Zweite-Wahl-Fahr-zeug-Angebot“ geben. Sofern es der Vertriebsstrategie des Herstellers entspricht, eigneten sich jedoch Auslaufmodelle und Produktionsüberhänge prinzipiell für den Vertrieb im Factory Outlet – heute werden diese Fahrzeuge teilweise mit hohen Rabatten über traditionelle Absatzkanäle vertrieben.734 Aufgrund der umfangreichen Sortimentstruktur735

der Automobilindustrie müsste das Geschäftsmodell Factory Outlet dem Kunden einen einfachen Überblick über die jeweils verfügbare Sortimentsbreite und -tiefe geben. Darüberhinaus würde die Konzentration auf Auslaufmodelle in einer stark wechselnden Sortimentsstruktur resultieren.

• Logistik und Standort: Automobile werden global gefertigt, insofern ist der Stammsitz eines Herstellers oder einer Marke selten auch der Produktionsort aller angebotenen Fahrzeugmodelle. Zwangsläufig würden für den Hersteller Transportkosten anfallen, um die Fahrzeuge am/an den Factory Outlet(s) zusammenzubringen. Dieses Problem träte umso deutlicher hervor, wenn Fahrzeuge bereits im Rahmen der üblichen Disposition in Lager transportiert worden wären und erst später für den Verkauf in einem Factory Outlet bestimmt würden. Das Geschäftsmodell Factory Outlet wäre demzufolge auf eine enge Integration in die Dispositionsprozesse des Herstellers angewiesen. In anderen Branchen ist zu beobachten, dass Factory Outlets z.T. nur temporär und an wechselnden Orten betrieben werden, um eine höhere Effizienz der eingesetzten Mittel zu erreichen.736 Für das Geschäftsmodell Factory Outlet im Automobilvertrieb wäre eine derartige Lösung ebenfalls denkbar.

• Preis und Dienstleistungsangebot: Neuwagen werden zu einem hohen Anteil über unter-schiedliche und z.T. beratungsintensive Finanzierungsmodelle gekauft. Um ein kosten-günstiges Geschäftsmodell etablieren zu können, müsste entweder auf das Angebot von Finanzdienstleistungen verzichtet oder in standardisierter Form angeboten werden.737

• Rechtssituation: Die GVO1400/02 fördert die Liberalisierung des Automobilvertriebs. Dennoch haben nicht alle Automobilhersteller in der einhergehenden Neugestaltung der Handelsverträge die Etablierung eines Direktvertriebskanals vorgesehen. Ein Factory Outlet würde deshalb die vertraglichen Beziehungen im jeweiligen Vertriebssystem berücksichtigen müssen.

Das Geschäftsmodell Factory Outlet soll im Rahmen der vorliegenden Arbeit als der Verkauf von Überkapazitäten, Lagerfahrzeugen und Auslaufmodellen an wenigen logistisch optimalen Standorten (unter Integration in die Logistik- und Fahrzeugbestellprozesse) unter Verzicht auf

734 LADEMANN/GUTKNECHT weisen darauf hin, dass einige Absatzmittler sich auf diese Fahrzeuge spezialisiert

haben und bspw. die Cardoen-Gruppe in Belgien ein Quasi-FOC betreibt. Vgl. Lademann/Gutknecht 2004, S. 58.

735 In den letzen zwei Dekaden betreiben fast alle Automobilhersteller eine intensive Ausweitung ihrer Produkt- und Modellportfolios. Vgl. Diez 2001a, S. 159.

736 Vgl. Pabst/Brambach 1999, S. 165. 737 Als Vorbild können an dieser Stelle internetbasierte Geschäftsmodelle der Finanzdienstleistungsbranche dienen,

z.B. Online-Banken.

Page 209: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

194 5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie

spezielle Dienstleistungsangebote, wie z.B. Beratung, Probefahrt oder GW-Inzahlungnahme, oder Markeninszenierung und intensive Werbung charakterisiert werden.

Abbildung 64 stellt die geschäftsmodellspezifischen Ergebnisse der Delphi-Studie dar. Nur 43% der befragten Experten erwartet eine steigende Absatzentwicklung für dieses GM.

1 0% 0% 0% 0% 0%

2 0% 2% 0% 0% 0%

3 0% 2% 5% 5% 2%

4 0% 2% 7% 30% 5%

5 0% 0% 0% 16% 25%

1 2 3 4 5

geographischePerspektive1)

53%1) Mehrfachantworten möglich

A) KundenperspektiveGeschäftsmodell bedient insb.

Kunden kaufen

Käufer repräsentieren

ø1,8

S

1,7

2,0

Priv

atku

nden

Kaufentscheidung ist eher

Kunden kaufen eher

Ges

chäf

ts-

kund

en

1,8

3,9

Premium-/Up-Market

Down-Market

Prei

s-/P

rem

ium

-B

erei

tsch

aft

,651

,630

,655

,776

,905

traditionell postmodernWertorientierung

1 52 3 4Privat-kunden

Geschäfts-kunden

<10 Fzg.(p.a.) >500 Fzg. (p.a.)

Unternehmen staatl./öffentl. Institutionen

rational / stark kostenorientiert

wie Privatkunden (User-Chooser)

Luxus- / Pre-miummarken

Marken mit geringem Wert

Priv

atku

nden

Ges

chäf

ts-

kund

en

B) Strategische Geschäftsmodellentwicklung

Kundenansprache

Kundenansprache

Marktstrategie

ø2,4

S

2,0

1,5

Entwicklung LeistungsspektrumSt

rate

gien

2,3

1,039

,728

,822

1,006

1 52 3 4Fokus auf

KundensegmentErweiterung Kundenportfolios

Privatkunden Geschäftskunden

Kosten- / Preisführerschaft

Differenzierungs-strategie

Konzentration (Nischenstrategie) Erweiterung St

rate

gien

64%

80%

86%

64%

18%

5%

3%

14%

89%

91%

79%

82%

11%

0%

0%

0%

2%

75%

C) Marktpotenzialprognose

Absatzentwicklungø

3,3

S

,7271 52 3 4

fallend steigend16% 43%

Nord-West-EuropaNord-Ost-Europa

Süd-West-EuropaSüd-Ost-Europa

Einheitlich in EU31%

11%6%

28%

Fzg.-Markensprektrum 3,7

Kommunikation 3,4

1,010

1,125

Verkleinerung (Exklusivität)

Erweiterung (Multi Brand)

Konzentration auf Fzg.-Marken

AufbauEigenmarke

11%

23%

64%

48%

Die Grafik zeigt den Anteil der Experten in %, die Privatkunden entsprechend der Parameter Preis-/Premium-Bereitschaft und Wertorientierung charakterisieren. (vgl. Kapitel 3.2.1)

Legende:S = Standardabweichung; ø = arithmetisches Mittel% = Anteil Teilnehmer

(Werte 4-5 bzw. 1-2)

Abbildung 64: Delphi-Ergebnisse zum GM Factory Outlet

Leistungskonzept Das Geschäftsmodell Factory Outlet schließt zwar konzeptionell den Vertrieb an Geschäfts-kunden nicht aus, dennoch benennen die Experten hauptsächlich Privatkunden als relevante Zielgruppe. Ausnahmen bilden kleine Unternehmen, die sehr preisorientiert Fahrzeuge einkaufen. Zugleich erwarten 75% der Studienteilnehmer eine Affinität der Privatkunden zu geringer wertigen Marken. Das steht z.T. im Gegensatz zu den zitierten FOC-Studien, welche

Page 210: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie 195

besonders Smartshopper und somit markenbewusste und zugleich preissensible Kunden als primäre Kundengruppe von FOC ausmachen.738 Das Geschäft mit günstigen NW oder Tages-zulassungen von Qualitätsmarken deutet zudem darauf hin, dass nicht nur Kunden von Rand- und Volumenmarken potenziell Affinität zu diesem GM haben würden. Dem ist indes entgegenzuhalten, dass Hersteller höherwertiger Marken kein Interesse am systematischen Vertrieb zu niedrigen Preisen haben. Schließlich erfüllt dieses GM aus Herstellersicht nicht das Ziel der Markenpositionierung am PoS – vgl. T-3.9.739

Das GM bedient primär die Phasen 4 und 6 des Kaufprozesses: Kaufabschluss und Auslieferung. Der Kundennutzen ist somit durch die Einschränkung des Dienstleistungs-angebots und die geringe Flächenpräsenz, bspw. gegenüber dem GM Autohaus, erheblich eingeschränkt. Die konsequente Preisorientierung ist daher zugleich Kompensation und primärer Kundennutzen des Geschäftsmodells.740

Ein Value Add in der Wertkette ergibt sich ausschließlich für den Hersteller – für andere Akteure des Distributionssystems entsteht durch das GM Factory Outlet ein Wettbewerbs-nachteil. Der Hersteller profitiert in erster Linie aus der Reduktion von Prozesskosten sowie Einsparung eines Teils der Preisnachlässe, die bei traditioneller Vermarktung des Sortiments über selbständige Absatzmittler anfielen.

Abbildung 65 gibt einen Überblick, welches schmale Distributionsprozess-Portfolio durch das Geschäftsmodell erbracht wird. In Teilen müssen daher fehlende Aktivitäten – wie bspw. Beratung – durch andere Marktteilnehmer übernommen werden: Das GM impliziert Channel Hopping. Es steht zugleich in direkter Konkurrenz zu anderen preisorientierten GM, wie z.B. dem GM Autohaus (Markt). Daraus leitet sich für Hersteller der Vorteil kontrollierter Konkurrenz zu unauthorisiertem Vertrieb und gleichzeitig der Nachteil einer Schwächung des traditionellen GM Autohaus (Vertrag) ab.

738 Besonders auffällig an den Delphi-Ergebnissen ist der Vergleich der Privatkundencharakterisierung der

Experten mit der europäischen Millieuverortung. Der von den Experten prognostizierte Schwerpunkt wird in der Milieu-Differenzierung nicht ausgemacht. Hier ergibt sich weiterer Forschungsbedarf. Es bleibt jedoch fest-zuhalten, dass sich das GM eher an moderne, preissensible Privatkundenrichtet. 56% der Experten erwarten, dass chinesische Marken unkonventionelle Vertriebskonzepte für den schnellen Markteintritt wählen.

Die Delphi-Ergebnisse deuten darauf hin, dass die allgemeine FOC-Kundensegmentierung im Automoilvertrieb nur eingeschränkte Gültigkeit hätte – weitere Forschung zur Kundensegmentierung erscheint erforderlich. Bspw. weisen KARANDE/GARNESH in den USA drei Typen von FOC-Kunden nach: den Freizeit-orientiertenKunden, den rein preisorientierten Kunden sowie den Käufer mit wenig Zeit und hoher Affinität zu günstigen Angeboten. Vgl. Karande/Ganesh 2000, S. 38-39.

739 Kein einziger Experte weist dem GM diese Funktion zu, dagegen sehen jeweils 67% der Experten, dass das Factory Outlet potenziell zu den Zielen Volumensteigerung und Renditesteigerung bzw. Kostensenkung beiträgt.

740 Dabei spielen sowohl der tatsächliche Rabatt, als auch der erlebte „Deal“ eine Rolle. Überträgt man die Käufer-typologie nach KARANDE/GARNESH auf den Automobilvertrieb, passte der erste Teil der Aussage auf den Echt-Preis-orientierter Kundentyp und zweite Hälfte auf die anderen beiden Typen. Die Übertragung der explorativ-empirisch ermittelten Käufertypologie amerikanischer FOC auf den europäischen Automobilvertrieb ist jedoch nicht unproblematisch und insofern weiter gehender Untersuchung zu unterziehen. Vgl. Karande/Ganesh 2000.

Page 211: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

196 5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie

Abbildung 65: Distributionsprozesse des GM Factory Outlet

KommunikationskonzeptAus der Charakterisierung des Leistungskonzepts wird bereits deutlich, dass das Geschäfts-modell weitgehend auf den Einsatz von Kommunikationsinstrumenten verzichtet. Wie viele Marken das GM ins Portfolio aufnimmt, ist nicht vorbestimmt: Das oben zitierte Beispiel aus China führt ausschließlich eine Marke, wenngleich die Integration anderer Konzernmarken möglich erscheint. 64% der Experten sehen für dieses GM eine aktive Multimarkenstrategie als sinnvoll an. Demgegenüber ist der Aufbau einer Eigenmarke unter den Teilnehmern umstritten.

Ertrags- und Wachstumskonzept Das Geschäftsmodell baut auf eine nutzungsunabhängige, direkte und transaktionsabhängigeErlösgenerierung auf. Überdies ist die Vermittlung standardisierter Finanzdienstleistungen denkbar. Es ist konzeptionell auf eine Kostenführerschaft-Strategie ausgerichtet, welche zudem als Nischenstrategie für Smartshopper und andere besonders preissensible Privat-kunden ausgelegt ist.741

Kompetenzkonfiguration Zu den Ressourcen und Kernkompetenzen des GM Factory Outlet zählen die Integration in die logistischen Prozesse des Distributionssystems – ohne die die angestrebte Preisstellung nicht möglich ist. Das erfordert die Abwicklung der Fahrzeugverkäufe zu minimalen Kosten und die dafür notwendige Prozessstandardisierung. Zur Erreichung dieser Kompetenz-konfiguration sind Investitionen in IuK-Technologie i.S. einer Integration in das Dispositions-

741 86% der Expeten empfehlen für das GM eine Preisführerschaftstrategie, 64% sehen das GM als Nischen-

anbieter.

Produktbezogene Prozesse:4. Eingangsprüfung, Aufbereitung,

Zwischenlagerung6. Aufbereitung für Übergabe an bzw. Transport

zum Kunden

Kundenbezogene Prozesse:9. Vertragsabschluss 10. Orderabwicklung 11. Übergabe an den Kunden & Nachkaufbetreuung

Übergreifende produktbezogene Prozesse (z.B. Ordertracking)

Verkaufsprozess Nachkaufphase

1110

64

Nicht durchgeführteProzesse

Kundenbezogene Prozesse

produktbezogene Prozesse

9

Vertriebscontrolling

(Strategisches) ProduktmanagementStrategisches Vertriebsnetzmanagement

Operative VertriebsnetzbetreuungÜbergreifende kundenbezogene Prozesse (z.B. Kundendatenmanagement )

Kundenkontaktaufnahme

Page 212: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie 197

und Ordersystem des Herstellers, eine weitgehend elektronische Abwicklung der Verkaufs-prozesse, inkl. etwaiger Vermittlung von Finanzdienstleistungen und/oder Abbildung des Sortiments im Internet notwendig.742

Eine weitere Kernkompetenz dieses GM ist die direkte Ansprache preissensibler Kunden-gruppen: Gelingt es dem GM diese Kunden anzusprechen und gleichzeitig das Absatz-potenzial von GM mit hohen Investitionen in Markeninszenierung nicht zu gefährden, erwächst daraus ein Wettbewerbsvorteil für das gesamte Distributionssystem der relevanten Marke.

Kooperations- und Koordinationskonzept Die Kooperation mit dem Hersteller ist sehr eng und basiert daher entweder auf einer lang-fristig vertraglichen oder hierarchischen Beziehung. Im Fall einer vertraglichen Beziehung wird der Absatzmittler nicht nur wegen der notwendigen Investition in spezifische Infrastruktur, sondern auch aufgrund der komplexen Interaktionsbeziehung einen sehr hohen Integrationsgrad mit dem Hersteller wählen.

5.5.5 Geschäftsmodell Vermittlung (branchennah) Das Geschäftsmodell Vermittlung (branchennah) ist durch die Vermittlung von Neuwagen an Endkunden in einer automobilnahen Umgebung – bspw. einer Servicewerkstatt oder Ersatzteilhandel – mit eingeschränktem Beratungs- und Dienstleistungsangebotgekennzeichnet. Das Geschäftsmodell bietet weder die Angebotsvielfalt eines GM Autohaus (Markt), noch einen Showroom, sondern setzt auf die Ausnutzung seiner Kundennähe resultierend aus anderen Geschäftsaktivitäten. Handelsrechtlich arbeitet das Geschäftsmodell als EU-Vermittler743 oder Handelsvertreter. Abbildung 66 gebt die Ergebnisse des Delphi zu diesem GM wieder: lediglich eine Minderheit erwartet eine steigende Marktbedeutung dieses GM.

742 Vgl. T-5.9 (Koordination). Inwieweit die Einsparung von Logistikkosten tatsächlich umsetzbar ist, hängt von

der individuellen Konstitution des Distributions- und Produktionssystems des Herstllers ab. Während Lager-fahrzeuge bzw. NW aus einer veralteten Modellreihe i.d.R. bereits im Rahmen der normalen Disposition transportiert worden sind und insofern nur mit zusätzlichen Kosten an einem Ort zusammengebracht werden können, sind Fahrzeuge aus Überproduktion zu relativ geringen Kosten an einem Ort konzentrierbar. Asiatische Hersteller ohne Produktionsbasis in Europa könnten ggf. bereits nach Europa transportierte, aber wegen Markt-schwankungen schwer absetzbare Fahrzeuge über dieses GM am Hafen vermarkten. 68% der Experten erwarten die Verfolgung von Stock-Pushstrategien für Volumenhersteller. 40% der Teilnehmer erwarten eine Stagnation der NW-Nachfrage (trotz der Integration neuer EU-Mitglieder) und immerhin 24% der Experten erwarten trotzdem eine Ausweitung der Produktionkapazitäten. 56% der Experten sind der Ansicht, dass insb. chinesische Hersteller zu unkonventionellen Maßnahmen zur Markteroberung greifen werden.

743 „Vermittler sind Personen oder Unternehmen, die ein neues Kraftfahrzeug für einen Verbraucher kaufen, ohne Mitglied des jeweiligen Vertriebsnetzes zu sein. Sie dürfen nicht mit unabhängigen Wiederverkäufern verwechselt werden, die ein Fahrzeug zum Weiterverkauf erwerben und nicht im Namen eines bestimmten Verbrauchers tätig werden. Ferner sind sie von Handelsvertretern zu unterscheiden, die Kunden für einen oder mehrere Händler finden.“ Zitat aus GVO 1400/02 (o.V. 2002a, S. 50). Vgl. Erwägungsgrund 14 in o.V. 2002c.

Page 213: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

198 5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie

1 0% 0% 0% 0% 0%

2 0% 2% 2% 0% 0%

3 0% 2% 23% 7% 0%

4 0% 7% 23% 14% 0%

5 0% 0% 5% 2% 12%

1 2 3 4 5

geographischePerspektive1)

23%1) Mehrfachantworten möglich

A) KundenperspektiveGeschäftsmodell bedient insb.

ø1,8

SPr

ivat

kund

en

Kunden kaufen eher 3,7

Premium-/Up-Market

Down-Market

Prei

s-/P

rem

ium

-B

erei

tsch

aft

,699

,835

traditionell postmodernWertorientierung

1 52 3 4

Die Grafik zeigt den Anteil der Experten in %, die Privatkunden entsprechend der Parameter Preis-/Premium-Bereitschaft und Wertorientierung charakterisieren. (vgl. Kapitel 3.2.1)

Legende: S = Standardabweichung; ø = arithmetisches Mittel% = Anteil Teilnehmer

(Werte 4-5 bzw. 1-2)

Privat-kunden

Geschäfts-kunden

Luxus- / Pre-miummarken

Marken mit geringem Wert

Priv

atku

nden

B) Strategische Geschäftsmodellentwicklung

Kundenansprache

Kundenansprache

Marktstrategie

ø2,4

S

2,1

2,4

Entwicklung LeistungsspektrumSt

rate

gien

2,3

,870

,774

,870

,832

1 52 3 4Fokus auf

KundensegmentErweiterung Kundenportfolios

Privatkunden Geschäftskunden

Kosten- / Preisführerschaft

Differenzierungs-strategie

Konzentration (Nischenstrategie) Erweiterung St

rate

gien

58%

67%

53%

60%

9%

2%

7%

7%

84%

62%

0%

7%

C) Marktpotenzialprognose

Absatzentwicklungø

3,3

S

,6491 52 3 4

fallend steigend11% 36%

Nord-West-EuropaNord-Ost-Europa

Süd-West-EuropaSüd-Ost-Europa

Einheitlich in EU37%

23%23%

40%

Fzg.-Markensprektrum 3,7

Kommunikation 3,4

,949

1,052

Verkleinerung (Exklusivität)

Erweiterung (Multi Brand)

Konzentration auf Fzg.-Marken

AufbauEigenmarke

21%

23%

35%

60%

Abbildung 66: Delphi-Ergebnisse zum GM Vermittlung (branchennah)

Leistungskonzept Das Geschäftsmodell ist auf die Bedürfnisse von Privatkunden ausgerichtet, entsprechend sieht keiner der Experten den Schwerpunkt bei Geschäftskunden. Das Delphi beurteilt die relevanten Privatkunden als eher modern und mit geringer Preisbereitschaft ausgestattet. Es sieht eher Käufer geringwertiger Marken als Kunden. Für die Zukunft wird die Fokussierung auf dieses Kundensegment empfohlen.

Das GM bildet die Phasen 2 bis 6 des Kaufprozesses ab: Unter Verzicht auf Marken-exklusivität und Ausstellungsfahrzeuge wird der Kunde – analog zum GM Autohaus (Markt)– persönlich beraten und kann Preisvergleiche anstellen. Die Auslieferung erfolgt entweder über den Vermittler oder direkt durch den Verkäufer. Die USP wird durch den Preisvorteil bestimmt, den der Vermittler aufgrund geringerer Infrastrukturinvestitionen und europaweiter Fahrzeugvermittlung erlangt. Entsprechend nutzt das GM den Trend zu Preissensibilität (T-2.2) aus.

Page 214: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie 199

Kommunikations- und Ertragskonzept Eine gezielte Fahrzeugmarkeninszenierung ist für den Vermittler nur eingeschränkt möglich. Häufig profitiert er von der Markierung eines anderen Geschäftsfelds, z.B. eines Werkstatt-betriebs. Handelt es sich um einen autorisierten Servicebetrieb, kann eine Fahrzeugmarken-spezifische Signalisation z.T. darüber erfolgen. Grundsätzlich raten die befragten Experten eher zu einem breiten Markensortiment und der Pflege einer Eigenmarke.

Die Ertragsmechanik ist transaktionsabhängig und indirekt, indem eine Provision entweder mit dem Kunden oder mit dem Lieferanten vereinbart wird.

Wachstumskonzept und Kompetenzkonfiguration Die Mehrheit des Delphi empfiehlt als Wachstumsstrategie die Beibehaltung der Konzentration auf Kosten- und Preisführerschaft in der Nische. Damit kommt als Wachstumsstrategie nur die Multiplikation in neue geographische Märkte in Frage.

Ressource des GM ist der Betrieb eines automobilnahen Geschäftsmodells außerhalb des Neuwagenverkaufs (Hauptgeschäft), was als Basis für das vorliegende GM dient. Das GM Vermittler (branchennah) ist auf die Kundenbindung im Hauptgeschäft angewiesen. Demzufolge liegen die Kernkompetenzen im Aufspüren und der Pflege von „Quellen günstiger Fahrzeuge“ sowie in der Entwicklung bzw. Vertiefung der Kundenbindung aus dem Hauptgeschäft.

Kooperations- und Koordinationskonzept Das GM ist i.d.R. kein offizieller Teil der Absatzorganisation des Herstellers. Insofern existiert auch keine direkte, vertikale Beziehung. Die wichtigste horizontale Kooperations-beziehung besteht mit den Lieferanten der Fahrzeuge. Analog zum GM Autohaus (Markt)kann das GM E-Commerce (Transaktion mit Wiederverkäufern) bei der Bildung dieser Geschäftsbeziehungen unterstützen. Dementsprechend werden etablierte bilaterale Geschäfts-beziehungen bisweilen von Kooperationen in geschlossenen oder offenen Netzwerken ergänzt oder ersetzt. Feste vertragliche Lieferbeziehungen schließen die Hersteller in der Gestaltung der Handelsverträge regelmäßig aus.

5.5.6 Geschäftsmodell Vermittlung (branchenfremd) Das Geschäftsmodell Vermittlung (branchenfremd) ist durch den Fahrzeugverkauf in einer nicht-automobilnahen Einkaufsumgebung an Privatkunden charakterisiert. Das Einzel-handelsunternehmen, welches die Fahrzeuge in das Sortiment integriert, verkauft die Fahrzeuge i.d.R. nicht direkt, sondern vermittelt sie für einen Lieferanten, der selbst ein GM des Automobilvertriebs betreibt. Das GM basiert insofern auf der Kooperation zwischen einem Lieferanten und dem branchenfremden Vermittler. Beispiele für dieses GM sind der Neuwagenverkauf in Kaufhäusern, Baumärkten oder Lebensmittelmärkten, bei denen Fahr-zeuge z.T. 30% unter Listenpreis angeboten werden.

Page 215: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

200 5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie

1 0% 0% 0% 0% 0%

2 0% 2% 0% 0% 0%

3 0% 0% 2% 2% 0%

4 0% 0% 2% 33% 0%

5 0% 0% 0% 19% 40%

1 2 3 4 5

geographischePerspektive1)

50%1) Mehrfachantworten möglich

A) Kundenperspektive ø SPr

ivat

kund

en

Kunden kaufen eher 4,4

Premium-/Up-Market

Down-Market

Prei

s-/P

rem

ium

-B

erei

tsch

aft

,853

traditionell postmodernWertorientierung

1 52 3 4Luxus- / Pre-miummarken

Marken mit geringem Wert

Priv

atku

nden

B) Strategische Geschäftsmodellentwicklung

Kundenansprache

Marktstrategie

ø2,3

S

1,6

Entwicklung Leistungsspektrum

Stra

tegi

en

2,2

,865

,924

,814

1 52 3 4Fokus auf

KundensegmentErweiterung Kundenportfolios

Kosten- / Preisführerschaft

Differenzierungs-strategie

Konzentration (Nischenstrategie) Erweiterung

Stra

tegi

en

65%

85%

77%

12%

5%

9%

2% 93%

C) Marktpotenzialprognose

Absatzentwicklungø

2,8

S

,7341 52 3 4

fallend steigend30% 14%

Nord-West-EuropaNord-Ost-Europa

Süd-West-EuropaSüd-Ost-Europa

Einheitlich in EU29%

21%12%

35%

D) Geschäftsmodell-spezifische Thesen Im Rahmen dieses Geschäftsmodells werden zukünftig zielgruppenorientiert Fahrzeuge mit speziellem Bezug zumSortiment des branchenfremden Vermittlers angeboten. Z.B. Freizeitfahrzeuge über „Jack Wolfskin“ oder anderefreizeitorientierte Marken.

ø

3,1

S

1,136

1 52 3 4

32% 44%

Fzg.-Markensprektrum 3,7

Kommunikation 3,1

,860

1,100

Verkleinerung (Exklusivität)

Erweiterung (Multi Brand)

Konzentration auf Fzg.-Marken

AufbauEigenmarke

12%

33%

67%

37%

Die Grafik zeigt den Anteil der Experten in %, die Privatkunden entsprechend der Parameter Preis-/Premium-Bereitschaft und Wertorientierung charakterisieren. (vgl. Kapitel 3.2.1)

Legende: S = Standardabweichung; ø = arithmetisches Mittel;% = Anteil Teilnehmer

(Werte 4-5 bzw. 1-2)k.Z./v.Z. = keine bzw. volle Zustimmung

unteres Quartil, Mittelwert, oberes Quartil

k.Z. v.Z.

Abbildung 67: Delphi-Ergebnisse zum GM Vermittlung (branchenfremd)

Das GM ist in Deutschland bisher als temporäres Angebot mit geringer Sortimentsbreite charakterisiert, wobei häufig ein großes Kontingent eines bestimmten vorkonfigurierten Modells in vielen Filialen gleichzeitig angeboten wird.744 Unterdessen hat sich in Spanien und Frankreich die Vermittlung in Kaufhäusern stärker etabliert, indem permanent Verkaufsfläche für die Ausstellung von Neufahrzeugen zur Verfügung gestellt wird.745

Die Mehrheit der befragten Experten sieht für dieses GM zukünftig keine Veränderung in der absatzbezogenen Marktbedeutung. Heute ist das GM insb. in Nordwest-Europa bedeutend. Für die Zukunft wird durch die Befragung keine Schwerpunktverschiebung offenbar – Abbildung 67 fast die Befragungsergebnisse zusammen. 744 Beispiele für das GM in Deutschland sind die Vermittlung über Discout- (z.B. Plus oder Norma), Baumärkte

(z.B. Marktkauf) oder die Einzelhandelskette Tchibo (Tchibo hat gänzlich auf Ausstellungsfahrzeuge verzichtet, stattdessen lediglich über den Katalog geworben und informiert).Vgl. Beukert/Schlautmann 2002; Justern 2002, S. 16; Fischer/Richter/Baumgartner 2004, S. 59.

745 Vgl. Kersting 2002, S. 10; Nalpantidou 2003, S. 51.

Page 216: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie 201

Leistungskonzept Das Ergebnis der Expertenbefragung stellt deutlich heraus, dass die Kunden des GM primär Marken mit geringerem Wert nachfragen und eine niedrige Preis-Premium-Bereitschaft haben. Das Ergebnis deutet darauf hin, dass weniger Smart Shopper, als eher sog. Schnäppchenjäger dieses GM nutzen. Eine deutliche Mehrheit von 65% der Experten empfiehlt darüber hinaus eine stärkere Fokussierung auf diese Privatkundengruppe. Der These eines teilnehmenden Experten, das GM auch auf markenbewusste Kundengruppen anzuwenden – bspw. freizeitorientierte Fahrzeugmodelle in einem Geschäft der Marke Jack Wolfskin oder The Northface anzubieten – ist umstritten. Es stimmen zwar 44% der Experten zu, gleichzeitig zeigen aber sowohl die Ablehnung durch 32% als auch die hohe Streuung, die uneinheitliche Meinung zu dieser Variante.

Der Vermittler selbst bietet dem Kunden nur geringen Nutzen entlang des Kaufprozesses: Das Ausstellungsfahrzeug (bzw. lediglich eine Abbildung davon) übernehmen dabei eine zentrale Rolle in den Phasen 1 und 2 i.S.v. Bedürfnisweckung und Kaufanregung. Der Kunde wird mit dem Thema Automobilkauf konfrontiert, während er sich in einem Konsumumfeld anderer Waren bewegt – z.B. Lebensmittel, Baustoffe oder Elektronikartikel. In den Phasen 2 und 3 dienen das Ausstellungsfahrzeug, Prospektmaterial und teilweise zusätzlich Call-Center-Angebote der Information – es findet i.d.R. keine individuelle persönliche Beratung, Probe-fahrt oder Preisverhandlung statt. Das Fahrzeug wird nur in einer kaum spezifizierbaren Standardkonfiguration angeboten.746 Der Kaufakt wird beim Vermittler durchgeführt. Die Übergabe findet jedoch durch den Lieferanten statt, welcher auch in der Nachkaufphase Ansprechpartner ist. Der USP ergibt sich daher lediglich über den Preis ohne notwendige Preisverhandlung.

Der Vermittler übernimmt, abgesehen von wenigen kundenbezogenen Prozessen, wie z.B. Bedürfnisweckung, eingeschränkte Produkt- und Kundenberatung sowie Auslösung der Transaktion, keine Distributionsaktivitäten. Der Lieferant bzw. Kooperationspartner bildet lediglich notwendige produktbezogene Prozesse ab.

Kommunikations- und Ertragskonzept Die Kommunikation des Angebots baut auf dem jeweiligen Kommunikationskonzept des Vermittlers seines übrigen Sortiments auf. Fahrzeugmarkeninszenierung bzw. Nutzung geschützter Zeichen sind am PoS nicht möglich. Der Vermittler setzt insofern die ihm zur Verfügung stehenden Kommunikationskanäle und -instrumente (z.B. Katalog oder Webauftritt) und die Stärke seiner Handelsmarke(n) ein. Das Delphi empfiehlt daher die Erweiterung des Fahrzeugmarkenportfolios, während der Aufbau einer Eigenmarke umstritten ist.

746 Ausnahmen bilden teilweise die zitierten Beispiele mit permanenter Fahrzeugpräsentation im Kaufhaus.

Page 217: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

202 5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie

Das Geschäftsmodell ist auf einer Vermittler-Lieferanten-Beziehung aufgebaut, d.h. der Vermittler agiert auf Basis einer indirekten transaktionsabhängigen Erlösmechanik, während der Lieferant direkt, transaktionsabbhängige Erlöse erwirtschaftet. Die oftmals außerordentlich niedrige Preispositionierung des GM ist durch den Verzicht auf umfängliche Beratung, Inszenierung und die Einschränkung des Sortiments sowie gleichzeitige Ausnutzung von Skaleneffekten möglich.

Wachstumskonzept und Kompetenzkonfiguration 85% der Experten empfehlen die zukünftige Beibehaltung der Preisführerschaftstrategie. Zugleich regen sie die Erweiterung des Markenspektrums in Richtung einer Full-Multi-Franchise-Strategie an. Die bisher etablierten Beispiele arbeiten mit sehr eingeschränkten Sortimenten (häufig nur ein Modell einer Marke). Es bleibt abzuwarten, inwieweit zukünftig eine Strategieverschiebung z.B. in Richtung GM Downtownshop stattfindet. Ressourcen des Geschäftsmodells sind die häufig hohe geographische Abdeckung, die hohe Attraktivität der Einkaufsstätte sowie die hohe Reichweite für Kommunikationsinstrumente. 77% der Experten empfehlen die Positionierung in der Nische, so dass allenfalls eine behutsame Wachstums-strategie durch höhere Marktausschöpfung möglich erscheint.

Kernkompetenz ist die Kooperation mit dem Lieferanten, über den wesentliche Teile des Kaufprozesses, wie Fahrzeuglagerung, Bereitstellung von Beratungskompetenz, Fahrzeug-aufbereitung, Übergabe und Fahrzeugtransport, abgewickelt werden.

Organisationsform und Kooperationskonzept Das Geschäftsmodell betreibt eine Intermediationsstrategie und tritt als Market-Maker auf. Eine vertikale Beziehung zwischen GM und Hersteller existiert i.d.R. nicht. Dagegen profitieren Vermittler und Lieferant von der bilateralen, horizontalen Kooperation i.S. einer Closing Gap Allianz: Der Lieferant bietet das eingeschränkte Modellsortiment gleichzeitig über viele Filialen des Vermittlers an und erreicht somit eine hohe geographische Abdeckung seines Angebots, woraus Umsatzsteigerung und etwaige Skalenvorteile erwachsen. Er profitiert ferner davon, dass der Vermittler Ausstellungsfläche und Werbemedien zur Verfügung stellen kann. Der Vermittler kann zugleich ohne Übernahme wirtschaftlichen Risikos oder Sicherstellung von fahrzeugbezogenen Prozessen Sortiment und Umsatzbasis erweitern.

5.5.7 Geschäftsmodell Mobility Der Begriff Mobilität kann unterschiedlich weit definiert werden: Bspw. unterteilen DIEZ und REINDL Mobilitätsdienstleistungen nach den drei Kategorien Mobilität schaffen, sichern und erweitern.747 Für die vorliegende Arbeit soll der Begriff auf die Bereitstellung von Mobilität durch ein Automobil eingeschränkt werden. Das GM bietet im Kern eine Dienstleistung, deren Ergebnis die temporäre Überlassung eines Fahrzeugs für den Kunden darstellt.

747 Vgl. Diez 2001a, S. 183; Reindl 2005, S. 424-459.

Page 218: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie 203

78% der Experten erwarten, dass der Trend hin zur Fahrzeugnutzung ohne Eigentum zunehmen wird. Abbildung 68 zeigt, dass das GM lediglich die Vermittlung des Nutzungsvertrages oder auch den Besitz des Fahrzeugs umfassen kann, respektive Anbieter und Eigentümer nicht identisch sein müssen. Fahrzeugnutzer und Käufer der Dienstleistung müssen indes nicht deckungsgleich sein, bspw. könnte ein Unternehmen ein Fahrzeug für die private Nutzung durch einen Angestellten leasen.

Vertrieb von Mobilität(= Geschäftsmodell)

Kunde

Anbieter der Dienstleistung Käufer der Dienstleistung

(Nutzungsrecht und temporärer Besitz)

€(Entgelt)

Eigentümer des Fahrzeugs Fahrzeugnutzer

Abbildung 68: Funktionsweise GM Mobility

Die Gestaltung der Dienstleistung bzgl. Fahrzeugwahl, Vertragsdauer, Versicherungsschutz, Service, Vertragsflexibilität, Umfang zusätzlicher Dienstleistungen ist dagegen unterschiedlich. Beispiele für Dienstleistungspakete im Privatkundengeschäft sind die kurzfristige Fahrzeugmiete, Car Sharing-Angebote, Privatkundenleasing sowie intramodale Mobilitätsangebote, welche die Nutzung von Pkw oder Lkw748 einschließen. Im Geschäfts-kundenbereich sind Leasingangebote749 und kurzfristige Fahrzeugmiete von Bedeutung.

77% der Studienteilnehmer prognostizieren für das GM Mobility eine steigende Bedeutung – insb. in Nordwest-Europa. Abbildung 69 stellt die Befragungsergebnisse zusammen.

748 Bspw. Deutsche Bahn mit MobilityCard 100. 749 Leasingangebote können bspw. durch Ersatzwagendienste, Reparaturen oder Flottenmanagementlösungen

erweitert sein.

Page 219: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

204 5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie

geographischePerspektive1)

81%1) Mehrfachantworten möglich

A) KundenperspektiveGeschäftsmodell bedient insb.

ø4,0

S

,6361 52 3 4

Privat-kunden

Geschäfts-kunden

B) Strategische Geschäftsmodellentwicklung

Kundenansprache

Kundenansprache

Marktstrategie

ø2,7

S

3,8

3,4

Entwicklung LeistungsspektrumSt

rate

gien

3,8

1,076

,742

,900

,804

1 52 3 4Fokus auf

KundensegmentErweiterung Kundenportfolios

Privatkunden Geschäftskunden

Kosten- / Preisführerschaft

Differenzierungs-strategie

Konzentration (Nischenstrategie) Erweiterung St

rate

gien

40%

0%

16%

5%

26%

60%

49%

72%

0% 79%

C) Marktpotenzialprognose

Absatzentwicklung (allgemein)ø

3,9

S

,6951 52 3 4

fallend steigend2% 77%

Nord-West-EuropaNord-Ost-Europa

Süd-West-EuropaSüd-Ost-Europa

Einheitlich in EU28%

3%0%

19%

D) Geschäftsmodell-spezifische Thesen Kunden nutzen zukünftig vermehrt Miet-/Leasingangebote, anstatt Eigentum zu erwerben.

ø3,8

S

,7771 52 3 4

9% 78%

Fzg.-Markensprektrum 4,1

Kommunikation 3,8

,864

1,075

Verkleinerung (Exklusivität)

Erweiterung (Multi Brand)

Konzentration auf Fzg.-Marken

AufbauEigenmarke

3%

14%

75%

67%

Dieses Geschäftsmodell wird sich bezüglich Privatkunden und Geschäftskunden unterschiedlich entwickeln. 3,9 ,8429% 76%

Hersteller werden stärker in das Leasinggeschäft einsteigen, um ihr Markenportfolio optimal anzubieten. 3,7 ,8099% 69%

Legende: S = Standardabweichung; ø = arithmetisches Mittel;

% = Anteil Teilnehmer (Werte 4-5 bzw. 1-2)k.Z./v.Z. = keine bzw. volle Zustimmung

unteres Quartil, Mittelwert, oberes Quartil

k.Z. v.Z.

Abbildung 69: Delphi-Ergebnisse zum GM Mobility

Keiner der befragten Experten sieht den aktuellen Schwerpunkt des GM im Privatkunden-geschäft, 79% erwarten ihn im Bereich Geschäftskunden. Darüber hinaus wird für die Zukunft weiterhin die Fokussierung auf bestimmte Kundensegmente, insb. Geschäftskunden empfohlen. Vor allem die steuerliche Absetzbarkeit, die Konzentration auf Kernkompetenzen (zu denen selten das Management von Fahrzeugflotten gehört) sowie die angestrebte Reduktion von Fixkosten und finanziellen Risiken haben zu einem erheblichen Anstieg der Nutzung dieser Dienstleistung im gewerblichen Bereich geführt.750 Demgegenüber verlangen Privatkunden andere Dienstleistungsumfänge. 76% der Teilnehmer prognostizieren eine unterschiedliche Entwicklung der Mobilitätsangebote für Privatkunden und Geschäftskunden voraus. In Kapiteln 5.5.7.2 und 5.5.7.1 werden die beiden Varianten separat betrachtet.

Leistungs- und Kommunikationskonzept Bezogen auf den Nutzen des Kunden entlang des Kaufprozesses besteht der wesentliche Unterschied zu anderen GM in zwei Aspekten: Zum einen existieren heute i.d.R. keine eigenen physischen Ausstellungsräume, die den Beratungsprozess in der Vorkaufphase unterstützen könnten – das GM ist insofern derzeit auf Kooperationspartner angewiesen. Zum anderen wird nicht das Fahrzeug, sondern ein Nutzungsrecht verkauft. Das GM ermöglicht

750 Relevant sind an dieser Stelle insb. Leasing-Verträge, die teilweise um Aufgaben des Flottenmanagements

erweitert werden. Vgl. Kapitel 5.5.7.1.

Page 220: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie 205

dem Kunden die Nutzung des Fahrzeugs, ohne Eigentum erwerben zu müssen – das Geschäftsmodell übernimmt somit Investitionsrisiken sowie Aufgaben der Finanzierung und z.T. des Unterhalts. Gleichzeitig übernimmt das Fahrzeug Transport und Imagefunktion für den Kunden. Abbildung 70 stellt die wichtigsten Abgrenzungsmerkmale zum traditionellen Kauf zusammen.751

Privatkunden Geschäftskunden

Trad. KäuferPrivatkunden

Trad. KäuferGeschäfts-kunden

Flotten-management / Outsourcing

Privatkunden-Mobilität

User-Chooser1)

Fahrzeug-Nutzung

Fzg. als Transportmittel undImageträger

Fzg. als Transportmittel undImageträger

Fzg. als Transportmittel undImageträger

Fzg. primär als Transportmittel

Fzg. primär als Transportmittel

Fahrzeug-Eigentum

Investitions-risiko2)

Privatkunde MD oder FD

MD = Mobilitätsdienstleitser; FD = Finanzdienstleister; 1) Selten werden Flotten für User-Chooser durch Unternehmen selbst gehalten, Fahrzeug ist Entgeltbestandteil; 2) inkl. Restwertrisiko

MD oder FD Geschäftskunde

Trägt End- bzw. Privatkunde

Teilen sich Endkunde und MD bzw. FD

Teilen sich Arbeitgeber und MD bzw. FD

Teilen sich Geschäftskunde und MD bzw. FD

MD oder FD

Trägt Geschäftskunde

Fahrzeug-Unterhalt

(z.B. Wartung, Reparatur)

Kosten (-risiko) trägt End- bzw. Privatkunde

Kostenrisiko bei MDUmlage auf Nutungsentgelt

Kostenrisiko bei MDUmlage auf Nutungsentgelt

Kostenrisiko bei MDUmlage auf Nutungsentgelt

Kosten (-risiko) trägt End- bzw. Geschäftskunde

ZusätzlicheAngeboteProdukte

Kauf, kreditfinanzierter Kauf

Miete, Privatkunden-Leasing, Car-Sharing

Leasing,Miete, ggf. inkl. Flotten-management

Leasing,Miete, ggf. inkl. Flotten-management

Kauf, kreditfinanzierter Kauf

GMV Mobilität für Privatkunden

GMV Mobilität für Geschäftskunden

Abbildung 70: Kunden des GM Mobility

Das GM muss zur Erfüllung der angebotenen Dienstleistungspakete insb. kunden- und produktbezogene Prozesse abbilden – z.T. über Kooperationspartner. Viele Finanzleasing-Anbieter vertreiben ihre auf Privat- oder Geschäftskunden fokussierten Produkte über Auto-häuser, indem das Autohaus als Vermittler und Provisionsempfänger auftritt. Die Dienst-leistung ist dann vollständig in das Kommunikationskonzept des jeweiligen Autohaus-Geschäftsmodells eingebettet Der Kunde nimmt den Mobilitätsanbieter nicht zwingend als separaten Anbieter wahr. Diese Variante ist hier somit zu vernachlässigen.752

Autark agierende Mobility-Geschäftsmodelle nutzen im Vertrieb an Geschäftskunden Außen-dienstmitarbeiter und Online-Auftritte, jedoch (noch) keine physischen Verkaufsstellen, für die Vermarktung ihrer Dienstleistungen. Das GM ist dann i.d.R. nicht fahrzeugmarken-exklusiv ausgestaltet – 75% der Experten empfehlen eine Beibehaltung dieser Strategie für die Zukunft. Zugleich wird der Ausbau einer Eigenmarke befürwortet. Desgleichen bieten fast

751 Bzgl. User-Chooser vgl. Schwickal 2006, S. 16. 752 Während bspw. in Deutschland rund 79% der Finanzdienstleistungen (Kreditfinanzierung und Mobilitäts-

dienstleistungen zusammen) über das GM Autohaus vermittelt werden, sind es im zweitgrößten europäischen Markt, United Kingdom, nur 33%. Vgl. Buzzavo/Bozon 2004, S. 3.

Page 221: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

206 5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie

alle Hersteller bereits über angeschlossene (sog. Captive) Unternehmen speziell Finanz-Leasingprodukte markenexklusiv an. Fast 70% der Experten erwarten, dass die Automobil-hersteller stärker als bisher Mobilitätsdienstleistungen in ihr Angebotsportfolio übernehmen werden. Ziele sind dabei die Erweiterung von Angebot und Umsatz, Kundenbindung über den gesamten Fahrzeugnutzungszeitraum, Realisierung von Cross-Selling-Potenzialen z.B. durch das Angebot von Versicherungen und Refinanzierungsmöglichkeiten durch das Bank-geschäft.753

Ertrags- und Wachstumskonzept Das Erlösmodell ist direkt und transaktionsabhängig und basiert auf der Übernahme von Investitionsrisiko und Finanzierung des Fahrzeugs. Je nach Ausgestaltung des Dienst-leistungspakets werden monatliche Prämien und/oder Anfangszahlungen vereinbart, die nutzungsabhängig gestaltet sein können.

Unter den befragten Experten herrscht über die Entwicklung des GM Einigkeit, indem 72% die Erweiterung des Leistungsspektrums empfehlen. Im Markt herrscht eine große Angebots-dichte für Finanz-Leasing und Mietangebote. Darum empfehlen die Delphi-Teilnehmer die Orientierung an Differenzierungsstrategien.

Kompetenzkonfiguration Zu den Ressourcen dieses GM zählen das Einkaufsvolumen, die Finanzdienstleistungs-kompetenzen und das Flottenmanagement. Insbesondere große, international tätige Leasing-gesellschaften sind in der Lage im Fahrzeugeinkauf Mengenrabatte zu erzielen und die innereuropäischen Preisunterschiede auszunutzen. Große Fahrzeugflotten ermöglichen die breitere Streuung und exakte Kalkulation der Investitionsrisiken. Zweifellos die wichtigste Ressource ist die Kundenbindung: Mobilitätsdienstleister sind in der Lage das Fahrzeug-nutzungsverhalten des Endkunden zu analysieren und die finanzielle Bonität des Kunden abzuschätzen. Zudem kennen sie den Endpunkt der Fahrzeugnutzungszeit und können den Wiederkauf der Dienstleistung gezielt fördern. Folglich sollte CRM zu den Kernkompetenzen des GM gehören.

Bereits in Abbildung 70 wird deutlich, dass die Kernkompetenz des GM die Bereitstellung von fahrzeugbezogener Mobilität in Abhängigkeit der jeweiligen Bedürfniskonstellation des Kunden ist. Das Fahrzeug wird vom Kunden dadurch primär nach folgenden Gesichtspunkten beurteilt: Nutzwert, Image und Prestige sowie Kostenbelastung – das Restwertrisiko übernimmt der Dienstleister.

OrganisationsformMobility-GM sind meist als Spezialisten positioniert: Fahrzeuge werden in großen Stück-zahlen gekauft, gelangen in den Nutzungszyklus beim Kunden, welcher i.d.R. nicht länger als vier Jahre dauert und danach direkt verkauft. Sixt entwickelt sich derzeit zu einem Integrator, 753 Vgl. T-2.8 (Mobilitätskonzepte für Privatkunden), T-3.5 (Downstreambusiness), T-3.12 (CRM).

Page 222: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie 207

indem neben den verschiedenen Mobilitätsangeboten auch die Wiedervermarktung durch eigene Autohäuser zum Kompetenzbereich des Unternehmens gehört. Bisher integriert jedoch noch keines der bekannten GM After-Sales Dienstleistungen oder Zubehörverkauf.

Es existieren auch GM, die als Orchstratoren/Koordinatoren einzuordnen sind – insb. wenn das Eigentum des Fahrzeugs nicht beim GM liegt, sie also als Distributionshelfer auftreten:754

Beispielsweise bietet das Unternehmen Fleet Logistics International Unternehmen die Koordination der Fahrzeugflotte an, indem für den Kunden Fahrzeugkonfigurationen und Leasingvertragsverhandlungen, die Überwachung und Optimierung des Flottenbetriebs, das Management der Beziehungen zwischen dem Kunden und den Leasinggebern durchgeführt werden. Dennoch verleast oder wartet das Unternehmen selbst keine Fahrzeuge, sondern stellt lediglich den effizienten Flottenbetrieb sicher.

Kooperations- und Koordinationskonzept Die Positionierung als Spezialist erfordert die Etablierung sowohl eines Up-, als auch Downstream-Kooperationsnetzwerkes. Neben der Vermarktung der Mobilitätsdienstleistung selbst, werden je nach Ausgestaltung bspw. die physische Präsentation, die Aufbereitung der Fahrzeuge nach der Nutzung, die regelmäßige Wartung und Reparatur, die Versicherung, Flottenmanagement oder Finanzdienstleistungen über Kooperationsvereinbarungen i.S.v. Closing-Gap-Allianzen abgewickelt.

Lange Zeit wurden Mobilitätsdienstleistungen im vorliegenden Kontext nur aus dem Blickwinkel der Finanzdienstleistung betrachtet. Ein Großteil des Leasinggeschäfts wird über Leasinggesellschaften, die Banken angeschlossen sind, abgewickelt. Automobilhersteller bauen seit Jahren über eigene Banken bzw. Leasinggesellschaften ein GM im hier betrachteten Sinne auf bzw. versuchen diesen Vertriebsweg zu beeinflussen. Letztere können aufgrund ihrer Nähe zum Automobilhersteller einen privilegierten Zugang zu den Distributionssystemen der Hersteller ausnutzen.755 Das GM tritt mit unterschiedlicher Beziehung zum Hersteller auf: es kann etwa als Captive-Leasinganbieter als ein Distributionsorgan des Herstellers kategorisiert werden. Demgegenüber ist indes der Auftritt als Distributionsmittler oder -helfer ebenso im Markt beobachtbar.

5.5.7.1 Geschäftsmodellvariante Mobility (Geschäftskunden) Kennzeichen dieser GMV ist die Spezialisierung auf gewerbliche Kunden bzw. die Orientierungen an deren spezifischen Bedürfnissen. 89% der Experten prognostizieren eine steigende Marktbedeutung dieser GMV bis 2015. Der Schwerpunkt der Entwicklung wird in Nordwest-Europa erwartet – vgl. Abbildung 71.

754 Vgl. Kiff 2005a, S. 2. 755 Vgl. Soliman/Dieterich 2004, S. 58 und 64; Buzzavo/Bozon 2004, S. 8.

Page 223: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

208 5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie

geographischePerspektive1)

78%1) Mehrfachantworten möglich

A) Kundenperspektive

Kunden kaufen

Käufer repräsentieren

ø S

4,2

2,6

Kaufentscheidung ist eherGes

chäf

ts-

kund

en

2,3

,773

,817

,746

1 52 3 4<10 Fzg.(p.a.) >500 Fzg. (p.a.)

Unternehmen staatl./öffentl. Institutionen

rational / stark kostenorientiert

wie Privatkunden (User-Chooser)

Ges

chäf

ts-

kund

en

B) Strategische Geschäftsmodellentwicklung

Kundenansprache

Marktstrategie

ø2,3

S

3,1

Entwicklung Leistungsspektrum

Stra

tegi

en

3,8

,904

,998

,878

1 52 3 4Fokus auf

KundensegmentErweiterung Kundenportfolios

Kosten- / Preisführerschaft

Differenzierungs-strategie

Konzentration (Nischenstrategie) Erweiterung St

rate

gien

70%

30%

9%

11%

34%

75%

2%

37%

80%

81%

7%

2%

C) Marktpotenzialprognose

Absatzentwicklung (allgemein)

ø4,1

S

,6251 52 3 4

fallend steigend2% 89%

Nord-West-EuropaNord-Ost-Europa

Süd-West-EuropaSüd-Ost-Europa

Einheitlich in EU41%

0%0%

22%

D) Geschäftsmodell-spezifische Thesen Fahrzeugmarken stehen nicht im Zentrum von Kommunikations-Strategien dieses Geschäftsmodells.

ø3,5

S

,9141 52 3 4

13% 62%

Legende: S = Standardabweichung; ø = arithmetisches Mittel;

% = Anteil Teilnehmer (Werte 4-5 bzw. 1-2)k.Z./v.Z. = keine bzw. volle Zustimmung

unteres Quartil, Mittelwert, oberes Quartil

k.Z. v.Z.

Abbildung 71: Delphi-Ergebnisse der GMV Mobility (Geschäftskunden)

Leistungskonzept Die Experten sehen tendenziell Flottenkunden mit einem jährlichen Einkaufsvolumen von über 10 Fahrzeugen als Kunden. Diese sind meist als Unternehmen gekennzeichnet, welche eine eher rationale Kaufentscheidung treffen. Die Mehrheit der Befragten empfiehlt die zukünftige Fokussierung auf eine bestimmte Kundengruppe.

Der Dienstleistungsumfang des GM kann unterschiedlich gestaltet sein, Abbildung 72 gibt in Anlehnung an DIEZ einen Überblick.756

Finanz-Leasing

• Dimensionierung Flotte

• Konfiguration / Auswahl Fahrzeuge

• Finanzierung

Full-Service-Leasing

• Technischer Service / Wartung

• Verbrauchsstoffe• Fahrzeugersatz• Nutzungsdaten-

erfassung• Kostenrechnung

Fuhrpark-management

• Fzg.-Verteilung auf Standorte

• Fahrzeug-einsatzregelung

• Tourplanung• Informations- /

kommunikation

Mietgeschäft

• Kurzfristige Fahrzeug-vermietung für geschäftliche Nutzung

• Ersatzwagen bei Fzg. Ausfällen

• Ausgleich Kapazitätsengpässe

Intramodale Mobilitätsangebote

Integration von:• Öffentlicher Personen

Nahverkehr• Bahn• Flugzeug

Zusatzleistungen ZusatzleistungenKernleistung

Abbildung 72: Potenzielle Aufgabenumfänge der GMV Mobility (Geschäftskunden)

PIETSCH/STRUNKMANN-MEISTER stellen heraus, dass im Vertrieb an Geschäftskunden zwei unterschiedliche Ansprechpartner eines Kunden zu berücksichtigen sind: Fuhrparkmanager, die als Buying-Center mit stark rationalen Entscheidungsverhalten charakterisiert werden

756 Vgl. Diez 2001a, S. 181-209; Soliman/Dieterich 2004, S. 60-61; Reindl 2005, S. 446-449; Pietsch/Strunkmann-

Meister 2005, S. 17.

Page 224: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie 209

können, sowie Fahrzeugnutzer, die, sofern sie einen Beitrag zur Fahrzeugwahl treffen dürfen, als relevante Anspruchsgruppe zu berücksichtigen sind. Daher sind Geschäftskunden in zwei Gruppen zu teilen:

• Reine Flottenkunden (in Abbildung 70 auf Seite 205 gekennzeichnet als „Flotten-management/Outsourcing): Für diese Gruppe spielt die physische Demonstration der Produktvarianten und die Vermittlung von Fahrzeugmarkenwelten eine untergeordnete Rolle. Vielmehr liegt hier eine stark rationale und kostenorientierte Kaufentscheidung eines Buying-Centers757 vor, so dass ein auf diese Kundengruppe spezialisiertes GM i.d.R. auf markenexklusiv gestaltete Ausstellungsräume verzichten kann. Stattdessen stehen Total Costs of Ownership, die Kosten entlang des gesamten Kaufprozesses, im Vordergrund der Kaufentscheidung. Besondere Bedeutung haben sog. „Weiße Flotten“, also Flotten mit vielen gleichartigen Fahrzeugen, bspw. Speditionen der Kundendienst-anbieter.

• User-Chooser: Diese Kundengruppe zeichnet sich dadurch aus, dass neben den Fuhrpark-managern in Buying-Centern auch der Fahrzeugnutzer definierte Entscheidungsfreiheitenbei der Fahrzeugwahl hat. Das Fahrzeug ist oft Entgeltbestandteil, mitunter verschwimmen daher private und geschäftliche Nutzung: in der Vorkaufsphase spielt daher die individuelle Beratung des Fahrzeugnutzers eine größere Bedeutung. Die Mehrheit der befragten Experten ist der Meinung, dass diese GMV weniger die Kommunikation von Fahrzeugmarken verfolgt. Zur Ansprache dieser Kundengruppe muss die GMV also mit Kooperationspartnern arbeiten (vgl. Fußnote 752).

Abbildung 73 zeigt, dass auf Flottenmanagement fokussierte Geschäftsmodelle an Bedeutung gewinnen.

Flottenmanagement: Geschäftsmodell, welches zwischen (großen) Flottenbetreibern und Leasinggesellschaften bzw. Mobility-Providern agiert. Es übernimmt im Rahmen eines Master-Service-Agreements „Brokerfunktionen“ und führt sog. „Multibidding“ durch, um die Kosten des Flottenbetreibers zu optimieren.

3,8 ,7067% 80%

Prognose der Marktbedeutung ø S hochkeine 1 52 3 4

Abbildung 73: Delphi-Ergebnisse zum Flottenmanagement

5.5.7.2 Geschäftsmodellvariante Mobility (Privatkunden) Die Entwicklung einer eigenständigen Geschäftsmodellvariante für Privatkunden steht noch am Anfang. Anbieter kurzfristiger Mobilität, wie bspw. Automobilvermieter oder Car-Sharing-Unternehmen, stehen nicht im Fokus dieser Arbeit. Dennoch existieren auch im Privatkundengeschäft Nutzungsverträge für die kontinuierliche Sicherstellung von Mobilität.758 Zwei Varianten haben bisher Marktrelevanz: Privatkunden-Leasing und Finanzierungen mit garantiertem Rückkauf – beide Varianten werden als Finanzdienst-leistungsprodukte im Rahmen des GM Autohaus vertrieben. Eine eigenständige GMV, ähnlich der Variante für Geschäftskunden existiert bis dato nicht. Die GMV wurde in der Studie nicht separat untersucht, sondern als perspektivisch mögliches GM behandelt. Folgende Definition wurde vorgegeben: „Kunden schließen einen Mobilitätsvertrag, welcher die Nutzung eines Neu- oder Gebrauchtwagens gegen eine feste monatliche Gebühr

757 Vgl. Pietsch/Strunkmann-Meister 2005, S. 17-20 und Kapitel 2.3. 758 Vgl. Abbildung 70.

Page 225: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

210 5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie

ermöglicht. Der Nutzungsvertrag beinhaltet variable Kosten und ermöglicht den Fahrzeug-wechsel.“

Lediglich 40% des Delphi erwartet, dass sich eine eigenständige GMV unter diesen Prämissen entwickelt – vgl. Abbildung 74. Die Studienergebnisse zeigen weder eine klare Zuordnung zum Premiummarken-, noch zum unteren Markensegment. Es kann jedoch konstatiert werden, dass Kunden mit eher moderner Wertorientierung für diese GMV in Frage kämen.

A) Kundenperspektive ø S1 52 3 4

Absatzentwicklung / Marktbedeutung 3,1 ,889Niedrige

Bedeutung Hohe Bedeutung31% 40%

1 0% 0% 0% 0% 0%

2 0% 5% 5% 12% 2%

3 0% 0% 9% 40% 7%

4 0% 0% 5% 7% 7%

5 0% 0% 0% 0% 2%

1 2 3 4 5

Priv

atku

nden

Kunden kaufen eher 3,1

Premium-/Up-Market

Down-Market

Prei

s-/P

rem

ium

-B

erei

tsch

aft

,697

traditionell postmodernWertorientierung

Luxus- / Pre-miummarken

Marken mit geringem Wert

Priv

atku

nden

14% 21%

C) Marktpotenzialprognose ø S1 52 3 4

Die Grafik zeigt den Anteil der Experten in %, die Privatkunden entsprechend der Parameter Preis-/Premium-Bereitschaft und Wertorientierung charakterisieren. (vgl. Kapitel 3.2.1)

Legende: S = Standardabweichung; ø = arithmetisches Mittel;% = Anteil Teilnehmer

(Werte 4-5 bzw. 1-2)k.Z./v.Z. = keine bzw. volle Zustimmung

unteres Quartil, Mittelwert, oberes Quartil

Abbildung 74: Delphi-Ergebnisse zur GMV Mobility (Privatkunden)

5.5.8 Geschäftsmodell E-Commerce Internet-Marketing wird als die „systematische Nutzung der Internet-Dienste für die Zwecke des Marketing“759 verstanden, während E-Commerce als Anbahnung, Aushandlung und/oder Abwicklung von Transaktionen unter Nutzung digitaler Dienste abgegrenzt wird.760 Das Geschäftsmodell E-Commerce wird daher, in Anlehnung an WIRTZ, als die Anbahnung, Aushandlung und/oder Abwicklung des Verkaufs von Neuwagen definiert, wobei die Phasen des Kaufprozesses durch die Fähigkeiten des Internet so stark unterstützt, ergänzt oder substituiert werden, so dass es nicht durch andere traditionelle Geschäftsmodelle abgebildet werden kann.761

759 Fritz 2004, S. 26. 760 Zur Abgrenzung des Begriffs E-Commerce bzw. Electronic Commerce vgl. u.a. Dreier 1999, S. 80ff.; Haertsch

2000, S. 9ff.; Picot/Reichwald/Wigand 2001, S. 317; Fritz 2004, S. 25ff. 761 Vgl. Wirtz 2003, S. 110-111.

Page 226: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie 211

In einer Arbeit zur Akzeptanz des E-Commerce in der Automobilwirtschaft differenziert BETZ Geschäftsmodelle unter Verwendung des Betriebsformenbegriffs. Er unterscheidet dabei folgende drei Varianten:762

• Online-Information-Sites bilden Teile der Beratungsfunktionen des Kaufprozesses ab. Informationen über Modellvarianten, Preise und technische Daten bestimmen das Angebot und nur in eingeschränktem Umfang findet zweiseitige Kommunikation statt. BETZ weistdarauf hin, dass es sich daher nicht um einen Distributionskanal handelt, sondern primär als verkaufsunterstützendes Instrument im Rahmen der Kommunikationspolitik angewendet wird.

• Online-Quoting-Sites bieten Kunden neben den Funktionalitäten der Information-Sites die Möglichkeit online-gestützter Abwicklung der Verhandlungsfunktion. Der Betreiber einer Quoting-Site tritt vor Kunde nicht als Verkäufer, sondern als Vermittler des Fahrzeugs auf.

• Bei Online-Transaction-Sites tritt der Site-Betreiber direkt als Verkäufer bzw. Vertrags-partner auf, die vollständige Kauftransaktion wird im Internet ausgelöst. Die von BETZaufgeführten Beispiele wickeln die Transaktion weitgehend über das Internet ab, treten jedoch aus rechtlichen Gründen bisher als Vermittler auf.

Abbildung 75 zeigt die Zuordnung der Betriebsformen von BETZ zum Kaufprozess. Die vorliegende Arbeit orientiert sich an der Systematik von BETZ, allerdings unter Verwendung des Geschäftsmodellbegriffs.763 Im Markt sind bisher nicht alle Varianten abgebildet.

Phase 1&2:Information

undBeratung

Phase 4:Auftrag

undZahlung

Betriebstypensystematik nach Betz

(vgl. Betz 2003, S. 37-44)

1) Bsp.: auto-motor-sport.de

Onl

ine

Info

rmat

ion

Site

1)

Onl

ine

Quo

ting

Site

Bsp.

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om, a

utop

rice.

de

Onl

ine

Tra

nsac

tion

Site

Bsp.

: car

sdire

ct.c

om, o

nesw

oop.

com

Phase 3:Spezifikation

undVerhandlung

Kaufprozess (Ausschnitt)

Phase 7:Aftersales

Phasen 5&6:Logistik

undAuslieferung

GeschäftsmodellystematikE-Commerce Geschäftsmodelle

Instant

Kunden

Geschäftsmodellvarianten

Privat-kunden

TransaktionInformation

Geschäfts-kunden

Wieder-verkäufer

Quoting

keineMarkt-

relevanz

existent

existent

selten

existent

existent

existent

existent

existent(i.d.R. kein Kaufvertrag im Internet)

Abbildung 75: Integration der BETZ-Typologie in die Geschäftsmodellsystematik

762 Vgl. Betz 2003, S. 34-44. WIRTZ unterscheidet drei generische E-Commerce Geschäftsmodellvarianten, an die

die automobilspezifische Abgrenzung von BETZ angelehnt ist: Anbahnung (Attraction), Aushandlung (Bragaining/Negotiation) und Abwicklung (Transaction). Vgl. Wirtz 2003, S. 110-111.

763 An dieser Stelle wird der Vorzug des Geschäftsmodell-Begriffs ggü. dem Betriebstypen-Begriff erneut deutlich: Keines der von BETZ zitierten Beispiele fußt auf Handel im funktionalen Sinne, vielmehr spielen Kooperationen und Virtualität eine herausragende Rolle. In der vorliegenden Arbeit soll eine derart weite begriffliche Auslegung des Betriebstypen-Begriffs vermieden werden. Vgl. Kapitel 3.2.

Page 227: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

212 5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie

BETZ wendet seine Systematik ausschließlich auf das Privatkundengeschäft an, in der vorliegenden Arbeit sollen jedoch auch Geschäftskunden und Wiederverkäufer berücksichtigt werden. Folgende GMV werden daher unterschieden:764

• GMV Information: Die Anbahnung von Geschäftstransaktionen mit Hilfe des Mediums Internet findet im Automobilvertrieb eine breite Anwendung.765 Die GMV bezieht sich besonders auf die Phasen eins bis drei des Kaufprozesses, also den Vergleich von Ange-boten und Anbietern und die Abwägung von Produktmerkmalen. Dabei werden Informationen über Fahrzeuge, Preise, Ausstattungen, Finanz- und Dienstleistungs-angebote u.ä. dem Nutzer in aufbereiteter Form zur Verfügung gestellt. Bei spezifischen Angeboten für Privatkunden kommt auch die Integration von Nachrichten, Infotainment o.ä. als Inhalt des Geschäftsmodells in Frage. Mit Hilfe des Internet werden Angebot und Nachfrage zusammengebracht. Wegen der geringen Nähe zu Kauf oder Transaktion wird diese GMV im Folgenden nicht weiter betrachtet. Der Übergang zur Geschäftsmodell-variante Quoting ist indessen fließend, da immer mehr Anbieter ihre Funktionalität im Hinblick auf das Quoting erweitern.766 DUDENHÖFFER zeigt, dass „Informations-orientierte“-Geschäftsmodelle zunehmend zu Quoting-Sites weiterentwickelt werden, indem bspw. ausgefeiltere Strategien zur Verbindung von Autohaus-Geschäftsmodellen mit E-Commerce-Geschäftsmodellen etabliert werden.767

• GMV Quoting: Geschäftsmodellvarianten dieses Typs erweitern die reine Informationsdarstellung um die (interaktive) Abbildung von Geschäftsbedingungen und Preisen – der Kunde erhält Leistungstransparenz und kann sich an den Anbieter direkt wenden.768 BETZ unterscheidet in zwei Quoting-Varianten: Beim sog. Instant-Quoting kann der Kunde aus vorgefertigten Angeboten direkt auswählen und die Transaktion auslösen, welche i.d.R. durch einen Vertragsabschluss bei einem Kooperationspartner – z.B. ein Autohaus – rechtskräftig wird. Demgegenüber fragt der Kaufinteressent beim sog. Refering-Ouoting ein Verkaufsangebot nach, welches ihm dann individuell – ggf. von Dritten – unterbreitet wird. Der Kaufvertrag wird i.d.R. später schriftlich unterzeichnet.769

Die GMV Quoting unterscheidet sich im Grundsatz nicht bzgl. Privat- und Geschäfts-kunden.

• GMV Transaktion mit Endkunden: Bei dieser Geschäftsmodellvariante legt sich der Kunde mit dem verbindlichen Auslösen der Transaktion auf den Endpreis fest.

• GMV Transaktion für Wiederverkäufern: Geschäftsmodelle mit Spezialisierung auf die Vermittlung von Fahrzeugen zwischen Automobilverkäufern, können dieser Kategorie

764 Vgl. Betz 2003, S. 24ff. Ähnliche Abgrenzungen allgemein zum E-Commerce, vgl. Pechtl 2002, S. 401; Fritz

2004, S. 28-29. Da unter dem Begriff E-Commerce häufig auch die Nutzung anderer digitaler Dienste neben dem Internet

subsumiert wird, sind hier Interaktives Fernsehen oder Mobile Commerce sowie andere Formen des Electronic Data Interchange in die GMV eingeschlossen. Vgl. Fritz 2004, S. 30-31; Wirtz/Sammerl 2006, S. 434-436.

765 Vgl. Betz 2003, S. 34 oder Dudenhöffer 2001, S. 83. 766 Einige der von BETZ aufgeführten Beispiele für Online-Information-Sites haben ihr Angebot weitestgehend

i.S.v. Online-Quoting-Sites ausgebaut. Die Internetauftritte der Hersteller können meist als Quoting-Sites charakterisiert werden.

767 Vgl. Dudenhöffer 2001, S. 84-85. 768 Vgl. Diez 2005, S. 383-386. 769 In der Automobilwirtschaft werden i.d.R. Kaufverträge unter Ausschluss des Widerrufs- bzw. Rückgaberechts

nach §355 bzw. §356 BGB abgeschlossen, die bei Fernabsatzverträgen nicht ohne weiteres umgangen werden können. Insofern sehen die Geschäftsmodelle i.d.R. die schriftliche Vertragsunterzeichnung beim Händler vor, wie bspw. beim Geschäftsmodell von eSEAT.com. Vgl. Gaide 2000, S. 44; Bartholatus 2002, S. 60-61; o.V. 2004c, S. 6. Da jedoch das Instant-Quoting den Transaktionsprozess beeits auslöst, soll diese Variante in der vorliegenden Arbeit der GMV Transaction zugeordnet werden. Zu weiteren Problemen der verbindlichen Online-Bestellung beim Automobilkauf siehe Betz 2003, S. 29-30; Schröder 1999, S. 63ff.; Meub 2002.

Page 228: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie 213

zugeordnet werden. Diese GMV ist – anders als die vorangegangenen – aufgrund ihrer Positionierung innerhalb der Absatzkette nicht dem Einzelhandel zuzuordnen.

Folgende Charakteristika des GM E-Commerce gelten für alle GMV.

Leistungskonzept 2001 untersuchten MEINIG/MALLAD Privatkunden im deutschen Automobilvertrieb. Sie konnten zeigen, dass ältere Kunden eine geringere Akzeptanz von E-Commerce-Angeboten besitzen. Demgegenüber hat das Geschlecht nur geringen Einfluss auf die E-Commerce-Akzeptanz. Außerdem stellten sie heraus, dass ein höheres Bildungsniveau tendenziell mit höherer Akzeptanz des E-Commerce im Automobilvertrieb einhergeht.770

Vorteile für Kunden Vorteile für Anbieter − (Transaktions-) Kostenersparnisse (keine

geographische Limitation, leichte Identifikation von Angeboten, schnelle/einfache Transparenz über Sortiment)

− Hohe Verfügbarkeit (24/7) − Anonymität beim Leistungsvergleich − Bequemlichkeit − Aktualität − Informationen oft markenübergreifend dargestellt

− Kosteneinsparung durch Verzicht auf physische Präsenz, günstiges Informations- und Transaktionsmedium

− Ubiquität, Angebot 24/7 − Verknüpfungsmöglichkeit mit zusätzlichen

Leistungen (z.B. Vermittlung von Versicherungen) − Kostengünstige Darstellung eines breiten Sortiments − CRM-Potenziale i.S.d. One-to-One-Marketing

Tabelle 24: Nutzenpotenziale des E-Commerce im Automobilvertrieb

Wie bereits erläutert, fokussieren sich die GMV auf bestimmte Phasen des Kaufprozesses. Tabelle 24 gibt einen Überblick zu potenziellen Vorteilen des E-Commerce für Kunden und GM-Betreiber.771

770 Vgl. Meinig/Mallad 2001, S. 161-164; Bauer/Sauer 2004, S. 46. 771 Vgl. Bauer/Grether/Brüsewitz 2000, S. 403; Dammenhain/Amann 2001, 349; Schumann 2002, S. 15-16; Pechtl

2002, S. 407-408 und 415-426.

Page 229: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

214 5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie

Abbildung 76: Distributionsprozesse des GM E-Commerce

Entsprechend des Dienstleistungsangebots entlang des Kaufprozesses variiert die Abbildung von Distributionsfunktionen der unterschiedlichen E-Commerce GM. Grundsätzlich lässt sich konstatieren, dass maximal die in Abbildung 76 dargestellten Funktionen übernommen werden. Insbesondere fahrzeugbezogene Prozesse werden entweder gar nicht oder über Kooperationspartner abgewickelt.772

KommunikationskonzeptDas Geschäftsmodell wird im B2C- und B2B-Geschäft eingesetzt. Durch die Möglichkeiten personifizierter Websites treten bei diesem GM sowohl persönliche, als auch unpersönliche, gerichtete und ungerichtete sowie zwei- und einseitige Kommunikationsformen auf. Portal-lösungen oder personifizierte Angebote spielen mit dem Ziel individualisierter Angebots-präsentation, aktivem CRM oder des One-to-One-Marketing eine immer größere Rolle. So wird beispielsweise das Portal eSEAT auch dafür genutzt, exklusiven Kundengruppen gezielt spezielle Konditionen anzubieten.773

772 Demgegenüber bietet Mercedes Benz beim vollständig internetgestützten Verkauf von ehemaligen Dienstwagen

den Transport vor die Haustür bei gleichzeitiger Mitnahme des alten Autos an. Derzeit integriert das Beispiel den größten Umfang an Distributionsprozessen in ein E-Commerce Transaktion Geschäftsmodell. Vgl. Tilp 2006a, S. 20.

773 Bspw. wurde im Rahmen von Werbeaktionen in einer Fitnessclubkette den Mitgliedern des Fitnessclubs ein Sonderrabatt gewährt.

Produktbezogene Prozesse:6. Aufbereitung für Übergabe an bzw. Transport

zum Kunden*

Kundenbezogene Prozesse:1. Presse und allg. PR2. Werbung und direktes Marketing 6. Kundenpflege, CRM7. Marktforschung 8. Produktberatung und -demonstration 9. Kaufberatung und Vertragsabschluss*10. Orderabwicklung 11. Übergabe an den Kunden & Nachkaufbetreuung* *: z.T. über Kooperationspartner

Übergreifende produktbezogene Prozesse (z.B. Ordertracking)

Kundenkontaktaufnahme Verkaufsprozess Nachkaufphase

10987621

6

Nicht durchgeführteProzesse

Kundenbezogene Prozesse

produktbezogene Prozesse

11

(Strategisches) Produktmanagement

Übergreifende kundenbezogene Prozesse (z.B. Kundendatenmanagement )

VertriebscontrollingStrategisches Vertriebsnetzmanagement

Operative Vertriebsnetzbetreuung

Page 230: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie 215

Markeninszenierung findet in Abhängigkeit der Zielrichtung des jeweiligen Geschäftsmodells statt: Durch Hersteller betriebene Geschäftsmodelle774 bieten ihre Angebote mit einem markenexklusiven Internetauftritt an, während die Mehrheit der Geschäftsmodelle den markenunabhängigen Preis- bzw. Produktvergleich in den Vordergrund stellt und lediglich eine Eigenmarke bewirbt.775

Kompetenzkonfiguration Zentrale Ressource des GM ist die elektronische und somit oftmals kostengünstigere Abbildung aller notwendigen (kundenrelevanten) Prozesse sowie die teilweise Loslösung von regionaler bzw. physischer Bindung. Überdies können Angebote von Kooperationspartnernkostengünstig in Websites integriert werden – das GM kann somit der Individualisierung und Fragmentierung von Kundenbedürfnissen entsprechen.776

Zu den Kernkompetenzen zählt die bequeme, übersichtliche Bereitstellung von Informationen für Kunden. Unabhängig davon, ob im Internet der Kauf ausgelöst wird oder nicht, gewinnt der Kunde mit verhältnismäßig geringen Aufwand einen marken-, anbieter- und produkt-übergreifenden Leistungsüberblick. Diese Information mündet in die Eingrenzung der Kauf-absicht, bevor der Kunde ggf. andere GM – wie bspw. das GM Autohaus – zum Kauf-abschluss nutzt. Der Endkunde stärkt so seine Verhandlungspositon und stimuliert den Inter- und Intra-Brand-Wettbewerb.777 Vor dem Hintergrund steigender Preisorientierung (T-2.2) trägt das GM dazu bei, dass sich die Verhandlungsposition der Kunden verbessert und Transaktionspreise tendenziell sinken (T-2.3).

Organisationsform Herstellerunabhängige E-Commerce-GM sind klassische Beispiele für Intermediation im Automobilvertrieb: Teile der Informationssuche in der Vorkaufphase des Kaufprozesses werden durch diese GMV gezielt unterstützt. Es kann gezeigt werden, dass kontinuierlich mehr Menschen das Internet mindestens als zusätzliche Informationsquelle beim Autokauf nutzen.778 Die GMV E-Commerce (Quoting) ist i.d.R. als Spezialist oder Market-Maker mit einer umfänglichen Zusammenstellung an Informationsangeboten rund um den Automobil-kauf aufgestellt.

Kooperations- und Koordinationskonzept „Nicht zuletzt durch die Nutzung der Internettechnologie als ‚Enabler’ und der damit verbundenen gleichzeitigen Erhöhung der Reichweite und Reichhaltigkeit von Informationen ist die netzwerkartige Zusammenarbeit in vielen Branchen zu einem wichtigen Thema

774 Dabei handelt es sich i.d.R. um die GMV E-Commerce Quoting, siehe Kapitel 5.5.8.1. 775 Vgl. z.B. das Gemeinschaftsangebot von Carplus und quelle.de, autoprice.de, autoscout24.de oder das D&W

Angebot auf http://eu-neuwagen.duw.de.776 Vgl. T-2.5 (Individualisierung); T-2.7 (Polarisierung); T-II.7(Individualisierte Dienstleistungen). 777 Vgl. Bauer/Grether/Brüsewitz 2000, S. 407; Bartholatus 2002, S. 60-61; Betz 2003, S. 282. 778 Vgl. Maderner 2006, S. 25; Watson/Holmes/Taylor 2003, S. 19-21; o.V. 2005, S. 8-9.

Page 231: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

216 5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie

geworden.“779 E-Commerce-Geschäftsmodelle insb. im B2B-Geschäft des Automobil-vertriebs bilden mit ihren Geschäftspartnern professionalisierte oder strategische Netzwerke i.S.d. Definition von BACH/BUCHHOLZ/EICHLER. Derartige Netzwerke nutzen hybride Koordinationsformen zwischen Markt und Hierarchie.

Kern des GM ist der Betrieb des Internetauftritts, während das Dienstleistungsspektrum oftmals mit Hilfe eines Netzwerks von Closing-Gap-Allianzen über Kooperationspartner sichergestellt wird. Kooperationspartner profitieren über die Generierung sog. Leads bzw. Kundenkontakte.780 Voraussetzung solcher Kooperation ist die Vermeidung von Problemen bei der Datenübergabe oder dem Wechsel der Corporate Identity sowie des Medienbruchs, so dass das Netzwerkmanagement auch zu einer Kernkompetenz des GM werden kann.781

Die meisten GM im E-Commerce sind weder durch die Automobilhersteller initiiert, noch gefördert. Daher sind sie nicht Teil des autorisierten oder gesteuerten Distributionssystems der Hersteller.

5.5.8.1 Geschäftsmodellvariante E-Commerce (Quoting) 57% der Experten erwarten bis 2015 eine steigende Bedeutung der GMV im europäischen Automobilvertrieb. Schwerpunkt dieser Entwicklung dürfte danach Nordwest-Europa sein – Abbildung 77 zeigt die Delphi-Ergebnisse im Überblick.

779 Vgl. Bach/Buchholz/Eichler 2003, S. 1. 780 Vgl. Diez 2005, S. 384; Kiff 2005a, S. 3-4. 781 Ergebnisdaten eines Fahrzeugkonfigurators müssen bspw. an einen Anbieter versendet, beim Anbieter

verarbeitet und schließlich in Form eines Angebots über andere Medien und Kommunikationsformen zurück zum Kunden gelangen. Es könnte zu einer Verwirrung des Kunden oder zur gezielten Preisnachverhandlung kommen. Vgl. Dreier 1999, S. 124.

Page 232: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie 217

1 0% 2% 0% 0% 0%

2 0% 0% 0% 5% 0%

3 0% 2% 7% 21% 5%

4 0% 0% 5% 30% 14%

5 0% 0% 0% 2% 7%

1 2 3 4 5

geographischePerspektive1)

62%1) Mehrfachantworten möglich

A) KundenperspektiveGeschäftsmodell bedient insb.

Kunden kaufen

Käufer repräsentieren

ø2,4

S

2,4

2,5

Priv

atku

nden

Kaufentscheidung ist eher

Kunden kaufen eher

Ges

chäf

ts-

kund

en

2,4

3,7

Premium-/Up-Market

Down-Market

Prei

s-/P

rem

ium

-B

erei

tsch

aft

,757

,948

,736

,650

,747

traditionell postmodernWertorientierung

1 52 3 4

Die Grafik zeigt den Anteil der Experten in %, die Privatkunden entsprechend der Parameter Preis-/Premium-Bereitschaft und Wertorientierung charakterisieren. (vgl. Kapitel 3.2.1)

Legende: S = Standardabweichung; ø = arithmetisches Mittel% = Anteil Teilnehmer

(Werte 4-5 bzw. 1-2)

Privat-kunden

Geschäfts-kunden

<10 Fzg.(p.a.) >500 Fzg. (p.a.)

Unternehmen staatl./öffentl. Institutionen

rational / stark kostenorientiert

wie Privatkunden (User-Chooser)

Luxus- / Pre-miummarken

Marken mit geringem Wert

Priv

atku

nden

Ges

chäf

ts-

kund

en

B) Strategische Geschäftsmodellentwicklung

Kundenansprache

Kundenansprache

Marktstrategie

ø3,1

S

2,5

2,1

Entwicklung LeistungsspektrumSt

rate

gien

2,7

1,065

,735

,844

1,098

1 52 3 4Fokus auf

KundensegmentErweiterung Kundenportfolios

Privatkunden Geschäftskunden

Kosten- / Preisführerschaft

Differenzierungs-strategie

Konzentration (Nischenstrategie) Erweiterung St

rate

gien

30%

42%

81%

49%

40%

5%

9%

28%

60%

58%

53%

65%

7%

7%

9%

5%

5%

65%

C) Marktpotenzialprognose

Absatzentwicklungø

3,6S

,7891 52 3 4

fallend steigend9% 57%

Nord-West-EuropaNord-Ost-Europa

Süd-West-EuropaSüd-Ost-Europa

Einheitlich in EU21%

15%0%

35%

Fzg.-Markensprektrum 3,9

Kommunikation 3,6

,823

1,140

Verkleinerung (Exklusivität)

Erweiterung (Multi Brand)

Konzentration auf Fzg.-Marken

AufbauEigenmarke

5%

21%

77%

60%

Abbildung 77: Delphi-Ergebnisse der GMV E-Commerce (Quoting)

Leistungskonzept Die Studienergebnisse machen deutlich, dass sich diese GMV schwerpunktmäßig an Privat-kunden mit tendenziell geringer Preis-Premium-Bereitschaft und eher moderner Wertorientierung sowie Interesse für geringer wertige Automarken richtet. Die relevanten Geschäftskunden werden als Unternehmen mit eher kleinem Fahrzeugeinkaufvolumen und stark rationalem Kaufverhalten charakterisiert. Die Mehrheit der Experten empfiehlt, zukünftig eine Konzentration auf das Privatkundengeschäft beizubehalten, indes herrscht keine eindeutige Meinung bzgl. einer etwaigen Erweiterung des Kundenkreises.

Die GMV konzentriert sich auf die Vorkaufphase des Automobilkaufprozesses, Transaktionen werden nicht ausgelöst. Das Angebot endet mit der virtuellen Produkt-

Page 233: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

218 5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie

demonstration und/oder Produkt- und Preisinformationsübersicht. Zusätzlich bieten GMV dieser Art auch Übersichten zu Gebrauchtwagen-, Zubehör- und Finanzdienstleistungs-angeboten sowie die graphische Simulation und Darstellung technischer Zusammenhänge. Beratung findet nur in begrenztem Umfang über die Einbindung von Produktbeschreibungen, Testergebnissen, Call-Center-Angeboten oder Kontaktangaben zum eigentlichen Fahrzeug-verkäufer statt.782 Dementsprechend entfällt die Übernahme produktbezogener Distributions-funktionen.

Wichtiges Element der USP ist die Anonymität bei der Informationsbeschaffung: Der Kunde kann Fahrzeugkonfigurationen und Preisabfragen durchführen, ohne sich einem Verkäufer direkt offenbaren zu müssen. Dadurch gewinnt der Kunde bei tatsächlichem Verkäuferkontakt einen Informationsvorsprung.783

ErtragskonzeptIm Fall Hersteller-betriebener GM werden mit dem Internet-Auftritt keine direkten Erlöse erwirtschaftet, vielmehr ist der Internetauftritt fester Bestandteil der markenzentrierten Kommunikationspolitik. Herstellerunabhängige GM nutzen jedoch unterschiedliche, oftmals mehrere Erlösmechaniken parallel. Bisher existiert keine Variante, bei der Endkunden direkt für das Angebot zahlen, stattdessen finanziert sich das GM etwa über Werbebanner, die Auswertung und Vermarktung von Kundendaten und/oder transaktionsunabhängige Gebühren für das Einstellen von Verkaufsangeboten.

Wachstumskonzept und Kompetenzkonfiguration Die wichtigste Ressource eines GM E-Commerce (Quoting) ist daher der Betrieb einer Website mit hoher Bekanntheit und hohem Sitetraffic. Zum Ausbau dieser Ressource empfehlen 81% der Experten Preis-/Kostenführerschaft als Basisstrategie. Die Preisführer-schaft bezieht sich dabei nicht auf die o.g. Erlösmechanik, sondern auf die Listung günstiger Fahrzeugangebote aus Endkundensicht, um ausreichend Sitetraffic generieren zu können. Demzufolge wird von der Expertenmehrheit die Erweiterung bzw. Beibehaltung eines breiten Markenspektrums, flankiert durch die Entwicklung einer starken Eigenmarke, vorgeschlagen.784 Tendenziell raten die Teilnehmer nicht zur Ausweitung des Leistungs-spektrums.

782 Vgl. Bader 1999, S. 311. Beispiele sind autoscout24.de, webauto.de oder autobild.de. Bisher bietet kein Auto-

mobilhersteller – mit Ausnahme von SEAT – den direkten Kauf von Neuwagen im Internet an, indes können Fahrzeuge, Spezifikationen und Preise sowie Kontaktinformationen des Automobilhändlers abgerufen werden.

783 Vgl. ebenda, S. 313; Dudenhöffer 2001, S. 83-84; Bartholatus 2002, S. 60; Betz 2003, S: 282; Diez 2005, S. 384. Eine Privatkundenstudie für den Automobilvertrieb konnte feststellen, dass zu den drei wichtigsten Funktionalitäten von Automobil-Websites umfangreiche Produktinformation, Konfiguration und Preisangaben zählen. 69% der europäischen Automobilkäufer nutzen Websites der Hersteller, 62% solche von Drittanbietern. Vgl. o.V. 2005, S. 19.

784 Die Aussagen beziehen sich nicht auf die herstellergeführten Quoting-GM.

Page 234: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie 219

5.5.8.2 Geschäftsmodellvariante E-Commerce (Transaktion mit Endkunden) Eine Kundenbefragung aus dem Jahr 2003 zeigt, dass in den fünf größten Absatzmärkten Europas und den USA lediglich 6% der Fahrzeugverkäufe von Automobilhändlern über E-Commerce GM ausgelöst wurden.785 Dennoch prognostizieren – ähnlich wie bei der GMV Quoting – 52% des Delphi insb. für Nordwest-Europa eine steigende Bedeutung transaktionsbasierter GM. Abbildung 78 fasst die Ergebnisse zusammen.

1 0% 0% 0% 0% 0%

2 0% 0% 2% 2% 0%

3 0% 0% 16% 19% 2%

4 0% 0% 5% 37% 5%

5 0% 0% 0% 5% 7%

1 2 3 4 5

geographischePerspektive1)

67%1) Mehrfachantworten möglich

A) KundenperspektiveGeschäftsmodell bedient insb.

Kunden kaufen

Käufer repräsentieren

ø3,0

S

2,5

2,5

Priv

atku

nden

Kaufentscheidung ist eher

Kunden kaufen eher

Ges

chäf

ts-

kund

en

2,2

3,6

Premium-/Up-Market

Down-Market

Prei

s-/P

rem

ium

-B

erei

tsch

aft

,899

,855

,506

,675

,757

traditionell postmodernWertorientierung

1 52 3 4

Die Grafik zeigt den Anteil der Experten in %, die Privatkunden entsprechend der Parameter Preis-/Premium-Bereitschaft und Wertorientierung charakterisieren. (vgl. Kapitel 3.2.1)

Legende: S = Standardabweichung; ø = arithmetisches Mittel% = Anteil Teilnehmer

(Werte 4-5 bzw. 1-2)

Privat-kunden

Geschäfts-kunden

<10 Fzg.(p.a.) >500 Fzg. (p.a.)

Unternehmen staatl./öffentl. Institutionen

rational / stark kostenorientiert

wie Privatkunden (User-Chooser)

Luxus- / Pre-miummarken

Marken mit geringem Wert

Priv

atku

nden

Ges

chäf

ts-

kund

en

B) Strategische Geschäftsmodellentwicklung

Kundenansprache

Kundenansprache

Marktstrategie

ø2,4

S

2,9

2,0

Entwicklung LeistungsspektrumSt

rate

gien

2,9

,900

,910

,859

1,037

1 52 3 4Fokus auf

KundensegmentErweiterung Kundenportfolios

Privatkunden Geschäftskunden

Kosten- / Preisführerschaft

Differenzierungs-strategie

Konzentration (Nischenstrategie) Erweiterung St

rate

gien

58%

28%

79%

33%

12%

26%

7%

26%

23%

51%

51%

74%

2%

28%

14%

0%

5%

51%

C) Marktpotenzialprognose

Absatzentwicklungø

3,5S

,7611 52 3 4

fallend steigend11% 52%

Nord-West-EuropaNord-Ost-Europa

Süd-West-EuropaSüd-Ost-Europa

Einheitlich in EU22%

14%0%

33%

Fzg.-Markensprektrum 3,6

Kommunikation 3,5

,976

1,018

Verkleinerung (Exklusivität)

Erweiterung (Multi Brand)

Konzentration auf Fzg.-Marken

AufbauEigenmarke

14%

17%

63%

62%

Abbildung 78: Delphi-Ergebnisse der GMV E-Commerce (Transaktion mit Endkunden)

Die Ergebnisse in Abbildung 78 beziehen sich auf internetbasiertes E-Commerce. Trotz der Einführung durch Unternehmen wie bspw. Jütten&Koolen oder QVC in Deutschland,786

785 Vgl. Watson/Holmes/Taylor 2003, S. 19. 786 Vgl. John 2005c, S. 26; Kapell 2006, S. 28; andere Beispiele existieren z.B. in U.K.

Page 235: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

220 5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie

prognostizieren 55% der Experten für eine Teleshopping-Variante keine bzw. eine niedrige Marktbedeutung (siehe Abbildung 79). Diese GMV wird also bis auf Weiteres eher in der Nische existieren.

Tele-Shopping: Neuwagenvertrieb über spezielle Tele-Shopping-Sender bzw. Sendungen, ggf. in Verbindung mit interaktiver Kommunikationstechnologie 2,5 ,84855% 11%

Prognose der Marktbedeutung ø S hochkeine 1 52 3 4

Abbildung 79: Delphi-Ergebnis zur GMV Tele-Shopping

Leistungskonzept Die Untersuchungsergebnisse zeigen, dass sich diese GMV sowohl an Geschäfts- als auch an Privatkunden richtet. Unter den Geschäftskunden erwarten die Experten primär Unternehmen mit geringerem Einkaufsvolumen und eher rationalem Kaufverhalten. Privatkunden werden ähnlich charakterisiert, wie bei der GMV Quoting: als Käufer eher geringer wertiger Marken mit tendenziell niedrigerer Preis-/Premiumbereitschaft und moderner Wertorientierung. Das Geschäftsmodell nutzt insofern Trends wie Preisorientierung (T-2.2), abnehmende Marken- und Einkaufsstättenloyalität (T-2.4), Smart-Shopping- (T-2.12) und Variety-Seeking-Verhalten (T-2.13) aus. Die Mehrheit der Experten empfiehlt eine stärkere Fokussierung auf bestimmte Kundensegmente. Dabei werden sowohl das Privat- als auch das Geschäftskunden-segment als sinnvoll angesehen.

Die meisten GM dieser Art bieten die Lieferung des Fahrzeugs vor die Haustür an. Als Beispiel kann das Geschäftsmodell der CarMeile AG dienen: Kunden können im Internet neben Preisen, Finanzdienstleistungsangeboten und Ausstattungsmerkmalen auch die Verfügbarkeit der Fahrzeuge einsehen und den Bestellvorgang direkt auslösen. Der Kauf-vertrag wird sodann per Post verschickt.787 Beratungsleistungen während des Kaufprozesses werden über ein Call-Center abgewickelt. Die Übergabe des Fahrzeugs sowie eine etwaige Inzahlungnahme eines Gebrauchtwagens erfolgen durch den Lieferanten, da CarMeilehandelsrechtlich als Vermittler auftritt. Ein anderes Beispiel ist das Internetportal eSEAT,wobei hier der Hersteller selbst das GM betreibt und Fahrzeuge direkt an den Endkunden verkauft. Der Kaufvertrag über ein im Internet ausgewähltes und reserviertes Fahrzeug kommt im Rahmen der Fahrzeugübergabe beim SEAT Autohaus direkt zwischen dem Hersteller und dem Kunden zustande. Die Auslieferung erfolgt ebenfalls durch das SEATVertragsautohaus, gegen eine finanzielle Aufwandsentschädigung vom Hersteller an das Autohaus. Das GM Autohaus (Vertrag) tritt hier also als Kooperationsparter zur Abwicklung produktbezogener Prozesse auf.

787 Diese GMV sieht keinen direkten Verkauf im Internet vor, um bspw. Regelungen des deutschen Fernabsatz-

gesetzes zu umgehen. Stattdessen wird der Vertrag bei Fahrzeugübergabe unterzeichnet, im Internet löst der Kunde daher i.d.R. lediglich einen Vermittlungsauftrag für das Fahrzeug aus, welches dann durch Dritte verkauft wird (Beispiele sind autoprice.de, carmeile.de oder oneswoop.com). Alternativ wird ein Angebots-erstellungsprozess für Fahrzeuge initiiert. Beispiele sind die Anbieter juetten-koolen.de, motena.de oder das einzige herstellereigene GM eSEAT. Vgl. Plate 2005a, S. 25; Lulei 2006, S. 24; Markmann/Benze 2004, S. 331-332.

Page 236: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie 221

Kommunikations-, Ertrags- und Wachstumskonzept Die Mehrheit der Experten empfiehlt ähnlich wie bei der GMV Quoting die Beibehaltung bzw. Ausweitung der Fahrzeugmarkenvielfalt und die Stärkung des eigenen Auftritts über eine Eigenmarke.

Diese GMV nutzt auch transaktionsabhängige Erlösmodelle i.S.v. Provisionsvereinbarungen für die Vermittlung des Fahrzeugkaufs. Analog zur Quoting-Variante empfiehlt die Mehrheit der Experten auch für diese Variante die Orientierung an einer Preisführerschaftsstrategie.Tatsächlich kann gezeigt werden, dass alle genannten, nicht-Hersteller-geführten Beispiele den günstigen Preis in das Zentrum ihrer Kommunikationsstrategien stellen. Keine Einigkeit herrscht im Delphi dahingehend, ob zukünftig das Leistungsspektrum eher erweitert oder fokussiert werden sollte.

5.5.8.3 Geschäftsmodellvariante E-Commerce (Transaktion mit Wiederverkäufern) Diese GMV ist dadurch gekennzeichnet, dass keine Endkunden bedient werden, sondern die GMV als Intermediator zwischen anderen Distributionsorganen auftritt. Aktuell tritt sie im Markt vor allem bei der Vermittlung von EU-Fahrzeugen auf und ist daher von Preis-differenzen im europäischen Binnenmarkt abhängig.788 Beispiele für diese Variante sind eln.de, tradelinx.org oder car trader.789 Die zukünftige Marktbedeutung dieser GMV wird als leicht höher als heute prognostiziert – Abbildung 80 stellt die Ergebnisse zusammen.790

geographischePerspektive1)

23%1) Mehrfachantworten möglich

B) Strategische Geschäftsmodellentwicklung

Wertschöpfungskette

Organisationsmodell

ø

2,2

S

2,2

Entwicklung Leistungsspektrum

Stra

tegi

en

2,6

,922

,982

1,074

1 52 3 4

Fokus auf kleineren Teil

Erweiterung auf weitere Teile

Desintegrativ (eher kooperativ)

Integrativ (eher hierarchisch)

Konzentration (Nischenstrategie) Erweiterung

Stra

tegi

en72%

74%

51%

7%

9%

16%

C) Marktpotenzialprognose

Absatzentwicklungø

3,2

S

,6681 52 3 4

fallend steigend11% 30%

Nord-West-EuropaNord-Ost-Europa

Süd-West-EuropaSüd-Ost-Europa

Einheitlich in EU14%

23%14%

57%

Fzg.-Markensprektrum 3,9

Kompetenzkonfiguration 2,5

1,074

1,055

Verkleinerung (Exklusivität)

Erweiterung (Multi Brand)

Konzentration auf Kernkompetenzen

Erschließung Kompetenzfelder

9%

51%

77%

14%

Legende: S = Standardabweichung; ø = arithmetisches Mittel; % = Anteil Teilnehmer (Werte 4-5 bzw. 1-2)

Abbildung 80: Delphi-Ergebnisse zur GMV E-Commerce (Transaktion mit Wiederverkäufern)

Leistungs- und ErtragskonzeptDie GMV stellt einen elektronischen Marktplatz zur Verfügung, der Neuwagen oder andere automobilnahe Angebote vermittelt. Das Geschäftsmodell übernimmt somit Teile der

788 Vgl. T-5.6 (Arbitrageeffekte). 789 Vgl. Maderner 2005, S. 34; Tilp 2006b, S. 41. 790 59% erwarten keine Änderung, 30% prognostizieren eine höhere, 11% eine niedrigere Bedeutung im Markt.

Die GMV ist dem Großhandel zuzuordnen, wurde jedoch aus systematischen Gründen dem GM E-Commerceuntergeordnet.

Page 237: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

222 5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie

Informations- und Sortimentsaufgaben der Betreiber anderer Geschäftsmodelle im Auto-mobilvertrieb. Durch Ausnutzung des Baligh-Richartz-Effekts sinken die Anbahnungskosten der Transaktion. Beispielsweise bringt eln.de Anbieter bzw. Lieferanten von Neufahrzeugen mit Wiederverkäufern zusammen und ermöglicht dem Wiederverkäufer automatisiert oder manuell Fahrzeuge in das eigene Sortiment zu übertragen, welche dann vom Wiederverkäufer vermarktet werden. Erst der Verkauf durch den Wiederverkäufer an einen Endkunden löst den Kauf- und Bestellprozess beim Lieferanten aus – eln.de tritt dabei als Vermittler auf.791

72% der Experten empfehlen auch für die Zukunft die Fokussierung auf einen kleinen Teil der Wertschöpfungskette. Im Fall von eln.de liegt eine transaktionsunabhängige, direkte Erlösmechanik vor, indem befristete Nutzungsrechte von Fahrzeugmarktplätzen verkauft werden. Daneben sind auch transaktionsabhängige, indirekte Erlösmechaniken i.S.v. Provisionen üblich.

Wachstumskonzept, Kompetenzkonfiguration und Organisationsform Die GMV tritt im Markt als Market-Maker auf und ist Beispiel für Intermediation im Auto-mobilvertrieb, die durch Preisunterschiede, den Abbau von Handelsschranken und die Entwicklung des Internet ausgelöst wird. Die Mehrheit der Experten empfiehlt auch für die Zukunft den Verbleib in der Nische unter Konzentration auf Kernkompetenzen. Kern-kompetenz der GMV ist die Vernetzung möglichst vieler Anbieter und Nachfrager, um eine große Sortimentsbreite sicherstellen zu können. Insofern liegt es nahe, dass die Experten eine Mehrmarkenstrategie empfehlen.

5.5.9 Geschäftsmodell Einzelhandelskooperation Mit dem Ziel der Ausnutzung von Skalen- und Lerneffekten sowie des gegenseitigen Austausches von Kompetenzen, entwickelt sich zwischen Distributionsorganen auf Einzel-handelsebene eine bedeutende Zahl unterschiedlicher Kooperationen. Das Geschäftsmodell Einzelhandelskooperation fasst diese Entwicklungen zusammen. Die Kooperation besteht meist zwischen den Geschäftsmodellen Autohaus (Vertrag),792 die Integration anderer Geschäftsmodelle ist jedoch nicht ausgeschlossen. Vielmehr ist es denkbar, dass das Geschäftsmodell Einzelhandelskooperation selbst die Basis für den gemeinsamen Betrieb anderer GM bildet – bspw. Automall, E-Commerce o.ä.

In Abbildung 81 wird deutlich, dass 66% der Delphi-Teilnehmer eine steigende Bedeutung dieses Geschäftsmodells bis 2015 erwarten. Der Fokus dieser Entwicklung wird insb. für Nordwest-Europa gesehen, 47% der Experten rechnen mit einer Ausdehnung des GM über nationale Grenzen.

791 Vgl. Maderner 2005, S. 34; Lulei 2003, S. 26; Schwickal 2004b, S. 28. 792 Beispiele sind die Car Active Gruppe in Baden Würtemberg, die Automobile Süd AG in Bayern oder die Auto-

mobilgruppe Niedersachsen - Mitte AG. Vgl. Radl 2003, S. 24; Adami 2003, S. 31; Brachat 2004a, S. 12.

Page 238: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie 223

geographischePerspektive1)

53%1) Mehrfachantworten möglich

B) Strategische Geschäftsmodellentwicklung

Wertschöpfungskette

Organisationsmodell

Geographische Ausrichtung

ø

3,2

S

2,6

2,9

Entwicklung Leistungsspektrum

Stra

tegi

en

3,4

1,063

,970

1,104

,9481 52 3 4

Fokus auf kleineren Teil

Erweiterung auf weitere Teile

Desintegrativ (eher kooperativ)

Integrativ (eher hierarchisch)

Inter-nationalisierung Regionaler Fokus

Konzentration (Nischenstrategie) Erweiterung

Stra

tegi

en

20%

52%

47%

19%

45%

20%

33%

47%

C) Marktpotenzialprognose

Absatzentwicklungø

3,6

S

,7871 52 3 4

fallend steigend9% 66%

Nord-West-EuropaNord-Ost-Europa

Süd-West-EuropaSüd-Ost-Europa

Einheitlich in EU28%

3%6%

39%

D) Geschäftsmodell-spezifische Thesen Das Geschäftsmodell wird auf andere Bereiche ausgedehnt, z.B. gemeinsame Marketing-Strategien oder After-Sales.

ø3,1

S1,125

1 52 3 433% 49%

Geschäftsmodell wird Aktivitäten outsourcen, die nicht zur Kernkompetenz Automobilvertrieb gehören: z.B. Call-Center, IT. 3,5 ,82416% 58%

Fzg.-Markensprektrum 3,6

Kompetenzkonfiguration 2,9

1,087

1,096

Verkleinerung (Exklusivität)

Erweiterung (Multi Brand)

Konzentration auf Kernkompetenzen

Erschließung Kompetenzfelder

16%

40%

64%

37%

Langfristigkeit des Geschäftsmodells 2,7 ,851Zwischenschritt zur

FusionTemporäres Phänomen 52% 20%

Legende: S = Standardabweichung; ø = arithmetisches Mittel;

% = Anteil Teilnehmer (Werte 4-5 bzw. 1-2)k.Z./v.Z. = keine bzw. volle Zustimmung

unteres Quartil, Mittelwert, oberes Quartil

k.Z. v.Z.

Abbildung 81: Delphi-Ergebnisse des GM Einzelhandelskooperation

Leistungskonzept Dieses GM hat keinen Endkundenkontakt, sondern operiert nur zwischen den Kooperations-partnern. Der Umfang der kooperativ durchgeführten Distributionsfunktionen variiert – Abbildung 82 stellt eine Übersicht potenzieller Funktionen dar.

Page 239: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

224 5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie

Abbildung 82: Potenzielle Distributionsprozesse des GM Einzelhandelskooperation

• Back-Office- und Produktbezogene-Prozesse: Teilziel der Kooperation kann im Aufbau regionaler Marktmacht und Ausschaltung von Inter-Brand-Wettbewerb bestehen, so dass ein koordiniertes regionales strategisches Vertriebsmanagement möglich ist, bspw. der koordinierte Einsatz der verbundenen Betriebsstätten. Kostendegressionseffekte können durch die Zusammenlegung von Back-Office-Prozessen und Logistik erreicht werden, weil diese i.d.R. kein Markenerlebnis vor Kunde implizieren und daher markenüber-greifend abgewickelt werden können. Ein Beispiel ist die regionale Fahrzeugdisposition für mehrere Betriebsstätten. Kostendegression erwarten die Kooperationspartner überdies von der Zusammenlegung im Einkauf, so dass verbesserte Konditionen verhandelt und neue Bezugsquellen erschlossen werden können.793

• Kundenbezogene Prozesse: Aus Herstellersicht ist dieser Bereich zweifellos der sensibelste, da Anforderungen an Markenexklusivität vor Kunde berührt werden.794 Beispiele sind die gemeinsame Durchführung von Marktforschung oder Events zur Kundenbeziehungspflege. 64% der Experten empfehlen für das GM die Nutzung marken-übergreifender Kooperationen.

49% der Befragungsteilnehmer erwarten, dass horizontale Kooperationsmodelle auf weitere Bereiche ausgedehnt werden. 58% gehen davon aus, dass generische Prozesse, die nicht zu den Kernkompetenzen des Automobilvertriebs gehören, im Rahmen der Kooperation an Dritte vergeben werden.

793 Vgl. T-3.11 (Skalenvorteile). 794 Vgl. T-3.9 (Markenwert).

Produktbezogene Prozesse:2. Eingangsprüfung, nat./regionale Lagerung3. Transport zum PoS 4. Eingangsprüfung, Aufbereitung,

Zwischenlagerung6. Aufbereitung für Übergabe an bzw. Transport

zum Kunden

Kundenbezogene Prozesse:1. Presse und allg. PR2. Werbung und direktes Marketing 3. Außendienst 4. Eventmarketing 5. Messen und Ausstellungen 6. Kundenpflege, CRM7. Marktforschung

VertriebscontrollingStrategisches Vertriebsnetzmanagement

Operative Vertriebsnetzbetreuung

Übergreifende kundenbezogene Prozesse (z.B. Kundendatenmanagement )

Übergreifende produktbezogene Prozesse (z.B. Ordertracking)

Kundenkontaktaufnahme

7654321

6432

Nicht durchgeführteProzesse

Back-Office-Prozesse

Kundenbezogene Prozesse

produktbezogene Prozesse

(Strategisches) Produktmanagement

Verkaufsprozess Nachkaufphase

Page 240: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie 225

Wachstumskonzept und Kompetenzkonfiguration 47% der Experten empfehlen die Ausweitung des Leistungsspektrums, allerdings ist die Meinung bzgl. der Fokussierung oder Erweiterung der Kompetenzen des GM uneinheitlich – 40% halten eine Fokussierung, 37% eine Erweiterung für zweckmäßig.

Organisationsform 52% der Teilnehmer empfehlen die Beibehaltung von kooperativen bzw. desintegrativen Organisationsmodellen, anstelle hierarchischer Koordination. Das GM ist Beispiel für disintegrative Veränderungen des Automobilvertriebs, wobei das GM als Orchestrator/ Koordinator auftritt, indem die Kernkompetenzen der kooperierenden Partner gewinn-bringend zusammengebracht werden.

Kooperationskonzept Definitionsgemäß ist das GM als horizontale i.d.R. langfristige multilaterale Kooperation angelegt. Dabei hat es meist den Charakter einer Critical-Mass-Allianz, in der Kosten-degressionseffekte in der Gemeinschaft durch die Ausnutzung von Skaleneffekten erreicht werden sollen – bspw. durch den gemeinsamen Einkauf. Oftmals ist das jedoch der Beginn einer Closing-Gap-Allianz, da Know-how geteilt wird oder gegenseitig Kernkompetenzen nachgefragt werden.

KoordinationskonzeptDas GM unterhält i.d.R. keine separate vertikale Beziehung zum Hersteller.

Die horizontale Kooperation kann unterschiedliche Beziehungsintensitäten beinhalten – 52% der Experten sehen die heute vielfach multilateral vertraglich angelegte Kooperation als ein Zwischenschritt zu Fusionen im Einzelhandel. Im Folgenden sind die wichtigsten Kooperationsformen des markengebundenen Autohandels in Anlehnung an WOLTERMANN/BREYER zusammengestellt:795

• Punktuelle Zusammenarbeit: Einfachste Form der Kooperation ist die sachlich begrenzte und u.U. zeitlich befristete Zusammenarbeit selbständiger Unternehmen. Beispiele sind gemeinschaftliche Werbeaktionen oder der zusammengefasste Einkauf. Diese Form der Kooperation ist nur z.T. vertraglich institutionalisiert und stellt insofern eine Vorstufe des Geschäftsmodells dar.

• Vertriebsgesellschaft: Diese Kooperation baut auf der Gründung einer gemeinsamen Gesellschaft auf, welche den Handelsvertrag direkt mit dem Automobilhersteller schließt. Die Kooperationsaktivität wird über die gemeinsame Gesellschaft abgewickelt und erstreckt sich über ein oder mehrere Geschäftsfelder, z.B. Vertrieb Neuwagen und Gebrauchtwagengeschäft. Die Kooperationspartner treten dann als Vermittler der gemeinsamen Gesellschaft auf. Sie nutzen ihr eigenes Personal und ihre eigenen Verkaufsflächen für den Vertrieb der vermittelten Fahrzeugmarke im Namen und auf Rechnung der gemeinsamen Vertriebsgesellschaft, um das unternehmerische Engagement und die regionale Marktkenntnis der Kooperationspartner stärker auszunutzen. Die Kooperationspartner halten i.d.R. einen eigenen Servicevertrag mit dem Hersteller.

795 Vgl. Woltermann/Breyer 2005, S. 471-478; Radl 2003, S. 24-25; Vgl. Kapitel 3.2 und 5.5.8.

Page 241: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

226 5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie

• Vertriebsgemeinschaft: Wie bei der Vertriebsgesellschaft schließt eine Gesellschaft der Kooperationspartner den Handelsvertrag mit dem Hersteller. Die Verflechtung der Kooperationspartner ist höher, da die gemeinsame Gesellschaft mit eigenem Verkaufs-personal die Geschäftstätigkeit in angemieteten Verkaufsräumen der Kooperationspartner durchführt. Die Kooperationspartner geben somit einen größeren Teil ihrer Selbständigkeit auf und agieren lediglich im Werkstattgeschäft autonom.

• Holding: Hier bringen die Kooperationspartner die Geschäftsanteile ihrer vormals eigenen Betriebe in eine Dachgesellschaft ein, welche die strategische Steuerung der als Tochtergesellschaften geführten Betriebe ausübt, während die operative Steuerung in den Standorten verbleibt. Die Handelsverträge bleiben weiterhin zwischen Hersteller und den einzelnen Betrieben bestehen.

• Fusion/Händlergruppe: Die Kooperationspartner gründen eine gemeinsame Gesellschaft, welche alle Geschäftstätigkeiten in der einen Organisation vereinigt. Die ehemals selbständigen Betriebe können als Filialen weitergeführt werden. Die Kooperationspartner geben dabei ihre Selbständigkeit in allen Geschäftsbereichen auf. Beispiele international agierender Handelsgruppen sind Pendragon plc, AVAG Holding und Inchcape plc – vgl. auch Abbildung 83.

Die Marktentwicklung von Händlergruppen wird von den Experten sehr positiv gesehen, 73% prognostizieren eine hohe Bedeutung für die Zukunft.796

Händlergruppe: Fusion/Integration mehrerer (ehemalig) selbständiger Unternehmer im Einzelhandel, um ggü. Herstellern Einkaufsmacht aufzubauen sowie insb. Skaleneffekte und Proffessionalisierungsvorteile in der Marktbearbeitung auszunutzen. Oft Einsatz mehrerer Geschäftsmodelle. Bsp. Pendragon plc, AVAG Holding, Inchcape plc

3,9 ,7754% 73%

Prognose der Marktbedeutung ø S hochkeine 1 52 3 4

Abbildung 83: Delphi-Ergebnis zu Händlergruppen

5.5.10 Geschäftsmodell Nationale Vertriebsgesellschaft Das Geschäftsmodell Nationale Vertriebsgesellschaft (NVG) wird vielfach als Importeuroder Landesgesellschaft bezeichnet. Im Auftrag des Herstellers übernimmt das Geschäfts-modell die Vertriebsverantwortung für mindestens einen nationalen Markt. Dazu werden Distributionsprozesse auf Groß- und Einzelhandelsebene durchgeführt und/oder koordiniert.

Das Geschäftsmodell Nationale Vertriebsgesellschaft hängt eng mit der Markteintritts-strategie des jeweiligen Herstellers in Verbindung mit nationalen marktspezifischen Anforderungen zusammen. Die von BROCKMEIER für den Automobilvertrieb konkretisierten Besonderheiten des internationalen Vertriebs, zeigen die Motive eines Herstellers zum Einsatz dieses Geschäftsmodells.797 Sie gelten im Grundsatz auch innerhalb Europas, sind jedoch in Teilen aufgrund des europäischen Integrationsprozesses neu zu bewerten:

• Komplexität, die aus Zoll-, Währungsgrenzen und landesspezifischen technischen Regelungen resultiert, ist im Rahmen des europäischen Einigungsprozesses deutlich zurückgegangen. Die Komplexität des Vertriebs ist jedoch durch eine hohe Anzahl

796 Vgl. John 2005a, S. 3; Plate 2004a, S. 13. 797 Vgl. Brockmeier 2000, S. 12-15.

Page 242: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie 227

landesspezifischer Transaktions- und Interaktionspartner sowie landesspezifischer Preis- und Steuerpolitik798 weiterhin höher als im Inland.

• Informationsprobleme resultieren weiterhin aus Marktspezifika i.S. unterschiedlicher Kundenbedürfnisse und Wettbewerbsstrukturen sowie rechtlicher und steuerlicher Besonderheiten, wenngleich hier Homogenisierung stattgefunden hat. Das Geschäfts-modell leistet daher einen Beitrag, nationalen Spezifika durch Anpassung der Kommunikationspolitik gerecht zu werden sowie nationale Produktanforderungen systematisch zu erfassen. Letzteres zeigt sich innerhalb Europas primär in markt-spezifischen Ausstattungspaketen/-varianten, jedoch nicht in speziellen Fahrzeug-modellen.

• Kulturelle Spezifika sind auch weiterhin zu berücksichtigen, NVG leisten einen Beitrag zur Übersetzung der Herstellerstrategien in den nationalen oder ggf. regionalen Kultur-kontext.

• Risiken aufgrund von Wechselkursschwankungen oder unsicheren politischen Regimes können dagegen in Europa ausgeschlossen werden. Dennoch übertragen Hersteller beim Einsatz vertragsgebundener NVG regelmäßig Absatzrisiken auf den Absatzmittler.

• Die Wettbewerbsvoraussetzungen sind durch die europaweit geltende GVO und andere im Binnenmarkt etablierte rechtliche Rahmenbedingungen weitgehend identisch. Unterschiede resultieren weiterhin aus national divergierender Steuer- und Subventions-politik.

• Ein essentieller Grund für den Einsatz von Importeuren ist die Reduktion des Ressourcen-einsatzes. Die Verfügbarkeit finanzieller Ressourcen der Hersteller bestimmt auch weiterhin die Entscheidung, ob herstellereigene NVG eingesetzt werden können.

Die Motive für den Einsatz des Geschäftsmodells Nationale Vertriebsgesellschaft sind im Grundsatz erhalten geblieben: Überwindung und Respekt nationaler Besonderheiten sowie Senkung des Absatzrisikos. Nach der allgemeinen Geschäftsmodellcharakterisierung werden zwei Varianten zu unterscheiden sein: die vertraglich und die hierarchisch an den Hersteller gebundene Variante.

Leistungskonzept Das GM Nationale Vertriebsgesellschaft tritt nur sehr eingeschränkt gegenüber Endkunden auf, insofern definiert sich das GM über den Wertbeitrag im Distributionssystem. Welchen Umfang der Distributionsfunktionen das Geschäftsmodell im Einzelnen abdeckt, wird durch die Marktstrategie der Hersteller und den Betreiber des Geschäftsmodells bestimmt. Abbildung 84 gibt einen Überblick der von NVG traditionell ausgeübten Distributions-prozesse:

• Back-Office-Prozesse: Wie bereits in den Motiven zum Einsatz des GM deutlich wird, setzt das GM marktspezifisches Wissen im nationalen strategischen Vertriebsnetz-management und im nationalen Produktmanagement ein. Die genannten Back-Office-Prozesse sind notwendig für den Betrieb des Geschäftsmodells.

• Kundenbezogene Prozesse: Die kundenbezogenen Distributionsprozesse werden durch national spezifische Marktkenntnis stark erleichtert bzw. ermöglicht. Dabei werden i.d.R. allgemeine Vorgaben des Herstellers kulturraumspezifisch angepasst und umgesetzt.

798 Vgl. Kapitel 3.5.2.1.

Page 243: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

228 5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie

• Produktbezogene Prozesse: Das Geschäftsmodell übernimmt traditionell wichtige Aufgaben der physischen Distribution, so dass der Transport der Fahrzeuge vom Werk zum PoS inkl. etwaiger Zwischenlagerung koordiniert und beauftragt wird.

Abbildung 84: Distributionsprozesse des GM Nationale Vertriebsgesellschaft

Eine landes- oder kulturraumspezifische Gestaltung des Vertriebs wird durch die zu berücksichtigenden Marktcharakteristika (nationale Regelungen, Anforderungen, Markt-kenntnis und kulturelle Spezifika) weiterhin nahe gelegt.799 Mit Bezug auf Prozesse wie bspw. Public Relations und Werbung weist WEHR auf die kulturbedingt länderspezifische Wahrnehmung von Markenimage im Automobilvertrieb hin.800

Wie bereits angedeutet, gelten nicht alle Motive des internationalen Vertriebs in gleicher Weise innerhalb Europas. Aus Sicht der Experten ermöglicht der europäische Integrations-prozess die Zentralisierung nicht-marktspezifischer, skalierbarer Prozesse – wie bspw. Transport und Lagerung, vgl. Abbildung 85. Auch vor dem Hintergrund beständigen Drucks zur Kostenoptimierung der Distributionssysteme801 nimmt die Mehrheit der Experten an, dass nicht-marken- und nicht-marktprägende Prozesse zukünftig konzentriert werden. Sie erwarten folglich, dass NVG die (markenspezifische) Marktausschöpfung stärker in den Vordergrund ihrer Politik stellen, anstatt (skalierbare) Prozesse wie bspw. Logistik sicherzustellen.

799 Lediglich kleine Hersteller – wie bspw. Bentley – bedienen den gesamten kontinental-europäischen Markt aus

einer zentralen Gesellschaft. 800 Vgl. Wehr 2001, S. 329. 801 Vgl. T-3.11 (Skalenvorteile), T-4.1 (Vorwärtsintegration), T-5.2 (Wettbewerbsdruck), T-5.9 (Prozess-

optimierung).

Produktbezogene Prozesse:1. Transport ab Werk*2. Eingangsprüfung, nat./regionale Lagerung3. Transport zum PoS

Kundenbezogene Prozesse:1. Presse und allg. PR2. Werbung und direktes Marketing 3. Außendienst*4. Eventmarketing*5. Messen und Ausstellungen 6. Kundenpflege, CRM7. Marktforschung *: je nach Ausprägung

Vertriebscontrolling

(Strategisches) ProduktmanagementStrategisches Vertriebsnetzmanagement

Operative Vertriebsnetzbetreuung

Übergreifende kundenbezogene Prozesse (z.B. Kundendatenmanagement )

Übergreifende produktbezogene Prozesse (z.B. Ordertracking)

Kundenkontaktaufnahme

7654321

32

Nicht durchgeführteProzesse

Back-Office-Prozesse

Kundenbezogene Prozesse

produktbezogene Prozesse

Verkaufsprozess Nachkaufphase

1

Page 244: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie 229

D) Geschäftsmodell-spezifische Thesen

Auf Großhandelsebene werden nicht-markenprägende Prozesse stärker konzentriert abgewickelt – auch marktübergreifend.(z.B. in zentralen „Center of Competence“)

ø

3,8

S

,815

1 52 3 4

9% 75%

Nationale Vertriebsgesellschaften werden sich zukünftig stärker auf markenspezifische Marktausschöpfung bzw.akquisitorische Funktionen, anstatt auf logistische Funktionen fokussieren.

3,8 ,83011% 73%

k.Z. v.Z.

Abbildung 85: Delphi-Ergebnisse zum GM Nationale Vertriebsgesellschaft

Es ist daher für alle Distributionsprozesse individuell zu klären, welche Gründe jeweils für eine regionale, nationale, internationale oder EU-weite Zentralisierung sprechen. Daraus könnte sich auch die Bildung neuer Geschäftsmodelle auf nationaler Ebene entwickeln. Das Geschäftsmodell Dienstleister für nationale Distributionsfunktionen stellt eine mögliche Ausprägung dar.

KommunikationskonzeptDas GM hat nur im geringen Umfang Kontakt mit Endkunden,802 gleichwohl kann die Gestaltung einer NVG – analog eines Geschäftsmodells auf Einzelhandelsebene – marken-exklusiv, konzernexklusiv oder i.S.d. Multi-Brand-Ansatzes gestaltet sein.803 Denn eine der Aufgaben einer NVG ist die Übersetzung der jeweiligen Marke in den landes- bzw. regions-spezifischen Kontext. Eine nicht vollständig markenexklusiv angelegte NVG, muss insofern den Antagonismus zwischen gezielt markenspezifischer Marktentwicklung und Ausnutzung von Kostendegressionseffekten durch markenübergreifende Prozessgestaltung lösen.

Es sind zunächst die Distributionsprozesse der NVG zu identifizieren, welche die Marken-exklusivität im Auftritt vor Kunde beeinflussen. Danach müssen die Prozesse bzgl. ihres Wirkungspotenzials auf das Erlebnis der Marke charakterisiert werden. Um Skaleneffekte ausnutzen zu können, besteht die Möglichkeit Prozesse zu definieren, die markenunspezifisch abgewickelt werden, gleichzeitig jedoch vor Kunde markenexklusiv wirken.804

OrganisationskonzeptNVG traditioneller Prägung bauen auf einem stark integrierten Organisationskonzept auf: in einem Unternehmen und zumeist an einem Standort sind alle Prozesse gebündelt und in einer zentralisierten oder divisionalen Struktur organisiert. Die Reorganisation der Distributions-prozesse macht die Anwendung stärker desintegrativer Netzstrukturen möglich. Bspw. können Prozessschritte durch Dritte oder in Profitcentern ausgeführt werden.

Kompetenzkonfiguration Zu den Ressourcen einer NVG gehören die logistischen Prozesse und Strukturen für Fahr-zeuge und Ersatzteile, wobei auf nationaler Ebene Skaleneffekte ausgenutzt werden. T-4.3 (Herstellerkonzentration/Markenvielfalt) könnte diese Effekte noch stärken, indem eine 802 Z.B. nationale Werbekampagnen und Public Relations, Käufer großer Fahrzeugflotten und nationale Messen. 803 Vgl. Kapitel 3.4.2. 804 Bspw. arbeitet die Volkswagen Financial Services AG als Direktbank vor Kunde markenexklusiv als Škoda

Bank respektive Audi Bank, während skalierbare Prozesse in der Bank gemeinsam abgewickelt werden.

Page 245: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

230 5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie

Bündelung der NVG-Geschäftsmodelle durch die Hersteller induziert wird. Ebenso von Bedeutung ist die Geschäftsbeziehung zu nachgelagerten Distributionsorganen – insbesondere die vertragliche Beziehung zu Autohäusern. Mit dieser Beziehung sind nicht nur die Steuerung des Absatzes und des Marktauftritts vor Kunde direkt beeinflussbar, die NVG besitzt mittelbar den Zugriff auf die Endkundenbeziehung.

Die Kernkompetenzen haben ihren Ursprung im Baligh-Richartz-Effekt805 und werden durch nationale Marktkenntnis und Kooperationsbeziehungen zu Absatzmittlern im Markt spezifiziert.

KoordinationskonzeptDie wichtigsten Kooperationspartner einer NVG sind Hersteller auf der einen und nachgelagerte Distributionsorgane auf der anderen Seite. Es existieren zwei Geschäftsmodell-varianten (GMV), die über das unterschiedliche Koordinationskonzept in der Beziehung mit dem Hersteller abgegrenzt sind:

• Die Beziehung mit dem Hersteller ist entweder hierarchisch oder i.S. der GVO 1400/02 vertraglich geregelt. In der GVO wird nicht zwischen Großhandels- und Einzelhandels-ebene unterschieden. Exklusive Vertriebsrechte in einem Gebiet, welches kleiner als die EU ist, können unter dem selektiven Vertriebssystem nicht vergeben werden.806

Vertraglich gebundene NVG bzw. Importeure betreiben ihr Geschäftsmodell zwar derzeit vor allem in ihren ehemaligen Vertragsgebieten, dennoch haben die Hersteller keine rechtlich verbindlichen Möglichkeiten das Geschäft darauf zu beschränken. Demzufolge kreist die Argumentation für und wider des jeweiligen Koordinationskonzepts um diese Kriterien: Für den Einsatz vertragsgebundener Absatzmittler sprechen die Übergabe hoher finanzieller und absatzpolitischer Risiken an den Absatzmittler sowie die Ausnutzung dessen marktspezifischen Know-hows und unternehmerischen Engagements. Für die Vorwärtsintegration sprechen indes die spezifischere Marktsteuerung, Erleichterung der Prozessoptimierung über nationale Grenzen hinweg und die Vermeidung von Konflikten durch die Aufhebung exklusiver Absatzgebiete. Grundsätzlich kann konstatiert werden, dass der Einsatz vertraglich gebundener NVG eine indirekte Beziehung zwischen Hersteller und Distributionsorganen auf Einzelhandelsebene determiniert.

• Die Beziehung zwischen NVG und Einzelhandelsebene ist identisch mit der Koordinationsbeziehung zwischen Autohaus (Vertrag) und Hersteller – vgl. Kapitel 5.5.1.

5.5.10.1 Geschäftsmodellvariante Nationale Vertriebsgesellschaft (Hierarchie) Charakteristisches Merkmal dieser GMV ist die hierarchische Bindung an den Hersteller, so dass dieser in der Lage ist, nationale bzw. regionale Vertriebsaktivitäten direkt zu beeinflussen, ohne Regelungen der GVO 1400/02 berücksichtigen zu müssen. Trotz der damit verbundenen erheblichen Investitionskosten und Absatzrisiken prognostizieren 55% der Experten bis 2015 eine Zunahme der Bedeutung dieser GMV im Markt.

805 Vgl. z.B. Toporowski 1999, S. 81ff.; Müller-Hagedorn/Spork 2000b, S. 253ff.; Müller-Hagedorn/Spork 2000a,

S. 56ff. 806 Im europäischen Automobilvertrieb betreiben fast alle Hersteller ein selektives Vertriebssystem i.S. der GVO

1400/02. Vgl. Kapitel 3.5.1.

Page 246: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie 231

geographischePerspektive1)

41%1) Mehrfachantworten möglich

B) Strategische Geschäftsmodellentwicklung

Wertschöpfungskette

Organisationsmodell

ø

3,1

S

2,8

Entwicklung Leistungsspektrum

Stra

tegi

en

3,1

1,045

1,042

1,122

1 52 3 4

Fokus auf kleineren Teil

Erweiterung auf weitere Teile

Desintegrativ (eher kooperativ)

Integrativ (eher hierarchisch)

Konzentration (Nischenstrategie) Erweiterung

Stra

tegi

en

30%

43%

29%

35%

24%

38%

C) Marktpotenzialprognose

Absatzentwicklungø

3,6S

,7301 52 3 4

fallend steigend7% 55%

Nord-West-EuropaNord-Ost-Europa

Süd-West-EuropaSüd-Ost-Europa

Einheitlich in EU26%

3%3%

62%

Fzg.-Markensprektrum 3,0

Kompetenzkonfiguration 2,7

1,307

1,115

Verkleinerung (Exklusivität)

Erweiterung (Multi Brand)

Konzentration auf Kernkompetenzen

Erschließung Kompetenzfelder

36%

47%

38%

33%

Legende: S = Standardabweichung; ø = arithmetisches Mittel; % = Anteil Teilnehmer (Werte 4-5 bzw. 1-2)

unteres Quartil, Mittelwert, oberes Quartil

Abbildung 86: Delphi-Ergebnisse zur GMV NVG (Hierarchie)

Bezüglich der Entwicklung des – wie in Abbildung 84 dargestellten – bereits sehr umfang-reichen Leistungsspektrums, empfehlen zwar mehr Befragungsteilnehmer dessen Ausweitung, doch die hohe Streuung zeugt von uneinheitlicher Meinung in diesem Punkt. Uneinheitlich zeigt sich das Bild im Hinblick auf Markenspektrum und Kompetenz-konfiguration. Die Experten raten tendenziell zur Konzentration auf Kernkompetenzen bei gleichzeitiger Erweiterung der Wertschöpfungskette und Erweiterung des Leistungs-spektrums. Das Geschäftsmodell zöge also weitere marktspezifische Aktivitäten zu sich heran.

Eine einheitlichere Meinung ist bezüglich der vorgeschlagenen organisatorischen Weiter-entwicklung der GMV auszumachen: 43% der Experten empfehlen eine desintegrative Organisationsstruktur, welche z.B. das Outsourcing skalierbarer, einfacher Prozesse oder das bewusste Aufteilen in markenspezifische und nicht-markenspezifische Teile des GM implizieren könnte.

5.5.10.2 Geschäftsmodellvariante Nationale Vertriebsgesellschaft (Vertrag) Die Geschäftsmodellvariante NVG (Vertrag) ist durch ihre vertragliche Bindung an den Hersteller charakterisiert, der Begriff Importeur soll hier synonym verwendet werden.807

Hersteller wickeln einen Großteil ihres Absatzvolumens über eigene NVG ab – der konstatierte Trend zur Vorwärtsintegration (T-4.1) schlägt sich auch im Delphi nieder: Während 55% der Teilnehmer eine Bedeutungszunahme der GMV NVG (Hierarchie)erwarten, prognostizieren lediglich 18% die Zunahme der GMV NVG (Vertrag) – 43% erwarten eine Abnahme. Das Marktpotenzial wird von den Befragungsteilnehmern primär in Südeuropa gesehen. Abbildung 87 fasst die Befragungsergebnisse zusammen.

807 Mit dem Begriff Importeur werden bisweilen Hersteller bezeichnet, die in einem Markt nicht heimisch sind,

z.B. Toyota in Deutschland. Vgl. Meinig 1995, S. 207-208. Wenngleich diese Hersteller i.d.R. über eine Importeursgesellschaft, also NVG, in dem jeweiligen Land repräsentiert werden, ist diese Definition irreführend und wird in dieser Arbeit nicht verwendet.

Page 247: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

232 5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie

geographischePerspektive1)

0%1) Mehrfachantworten möglich

B) Strategische Geschäftsmodellentwicklung

Wertschöpfungskette

Organisationsmodell

ø

3,2

S

3,1

Entwicklung Leistungsspektrum

Stra

tegi

en

3,3

,972

,916

,9951 52 3 4

Fokus auf kleineren Teil

Erweiterung auf weitere Teile

Desintegrativ (eher kooperativ)

Integrativ (eher hierarchisch)

Konzentration (Nischenstrategie) Erweiterung

Stra

tegi

en

23%

21%

17%

47%

26%

45%

C) Marktpotenzialprognose

Absatzentwicklungø

2,8

S

,8031 52 3 4

fallend steigend43% 18%

Nord-West-EuropaNord-Ost-Europa

Süd-West-EuropaSüd-Ost-Europa

Einheitlich in EU6%

38%47%

47%

Fzg.-Markensprektrum 3,5

Kompetenzkonfiguration 3,0

,994

,999

Verkleinerung (Exklusivität)

Erweiterung (Multi Brand)

Konzentration auf Kernkompetenzen

Erschließung Kompetenzfelder

19%

33%

60%

37%

D) Geschäftsmodell-spezifische Thesen

Dieses Geschäftsmodell ist ein Auslaufmodell, dessen Funktionen durch große Händler respektive den Hersteller übernommen werden. Hersteller streben nach stärkerer Kontrolle der Vertriebsnetze.

ø

3,4

S

1,053

1 52 3 4

29% 56%

Legende: S = Standardabweichung; ø = arithmetisches Mittel;

% = Anteil Teilnehmer (Werte 4-5 bzw. 1-2)k.Z./v.Z. = keine bzw. volle Zustimmung

unteres Quartil, Mittelwert, oberes Quartil

k.Z. v.Z.

Abbildung 87: Delphi-Ergebnisse zur GMV NVG (Vertrag)

Das Delphi empfiehlt tendenziell die Erweiterung des Leistungsspektrums sowie die Aufnahme von Aktivitäten in weiteren Bereichen der Wertschöpfungskette. Letzteres kann sich z.B. durch die direkte Betreuung von Geschäftskunden oder den Aufbau von Niederlassungen ausdrücken. In der Tat besitzen viele Importeure z.T. große Teile des Einzelhandelsvertriebsnetzes.808 Demgegenüber ist eine knappe Mehrheit der Befragungs-teilnehmer der Meinung, dass die Hersteller die NVG (Vertrag) aufkaufen und/oder zugunsten einer optimierten Verteilung der Distributionsprozesse auflösen werden.

60% der Teilnehmer empfehlen die Orientierung am Mehrmarkenkonzept, also die möglichst umfassende Ausnutzung von Kostendegressionseffekten markenübergreifender Zusammenlegung von Prozessen. Im Hinblick auf Organisationsmodell und Kompetenz-konfiguration lässt die Studie keine eindeutige Interpretation zu.

5.5.11 Geschäftsmodell Dienstleister für nationale Distributionsfunktionen Eine Folge der Konzentration der NVG auf Kernkompetenzen – also die marktspezifische Marktbearbeitung – und des anhaltenden Kostendrucks809 kann die Auslagerung von NVG-Geschäftsprozessen an Dritte sein. Dabei handelt es sich um solche Prozesse, die durch potenziell hohe Skaleneffekte sowie geringe Markt- und Markenspezifität charakterisiert sind. Daraus leitet sich das vorliegende GM ab.

808 Bspw. kontrolliert Porsche Austria über eine Tochtergesellschaft 60% des Absatzvolumens der vertriebenen

Marken VW, Audi, Skoda, Seat und Porsche auf Einzelhandelsebene. 809 Vgl. T-5-2 (Kosten- und Wettbewerbsdruck).

Page 248: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie 233

Dienstleister für nationale Distributionsfunktionen: Kein Handel, sondern nur die Bereitstellung von ausgewählten „Importeurs“- Dienstleistungen für den Hersteller. Beispiel: SEAT in Portugal

3,0 ,76230% 27%

C) Prognose der Marktbedeutung ø S hochkeine 1 52 3 4

Skalierbare Prozesse und Funktionen nationaler Vertriebsgesellschaften werden zukünftig outgesourct(z.B. PDI, Logistik, Lagerung)

3,7 ,7957% 64%

D) Geschäftsmodell-spezifische Thesen ø S1 52 3 4

Große/starke Einzelhändler(-ketten) übernehmen z.T. heutige Großhandelsfunktionen (z.B. Transport, Flottenverkäufe, Finanzangebote). 3,5 ,81513% 56%

k.Z. v.Z.

Abbildung 88: Delphi-Ergebnis zum GM Dienstleister für nationale Distributionsfunktionen

Das GM existiert bisher nur in Ansätzen, könnte jedoch eine nicht unerhebliche Bedeutung im Markt gewinnen. Ein Beispiel ist die Übertragung der Ersatzteillogistik und -disposition für viele Länder Europas von General Motors Europe auf den international tätigen Dienstleister Caterpillar Logistics. Zwar prognostiziert das Delphi zunächst nur eine mittlere Bedeutung des GM im Markt, dennoch erwarten 64% der Teilnehmer, dass skalierbare Prozesse und Funktionen der NVG an Dritte ausgelagert werden:

• Kernkompetenzen: In Kapitel 5.5.10 wurde herausgearbeitet, dass die NVG aufgrund ihrer nationalen/regionalen Marktkenntnis und Marktnähe auch im stärker vereinigten Wirtschaftsraum der EU von Bedeutung sein werden. NVG werden also ihre Kern-kompetenz auch in Zukunft ausüben, unabhängig vom zugrunde liegenden Koordinations-konzept – Hierarchie oder Vertrag.

• Kostendegression: Das umfassende Leistungsspektrum der NVG beinhaltet Prozesse, die über die Ausnutzung von Economies of Scale günstiger zu erbringen sind. Kosten-degression ergibt sich dabei abhängig davon, inwieweit diese Prozesse marken- und/oder marktübergreifend erbracht werden können.810

• Koordination des Absatzes: Hersteller drängen in Europa auf die direkte Kontrolle ihrer Vertriebsnetze811, dem jedoch finanzielle Ressourcen und Absatzrisiken entgegen stehen. Die Marktmacht von NVG kann durch die Herauslösung von Geschäftsprozessen verringert werden, so dass die Steuerung der NVG erleichtert wird. Die Entwicklung von IuK-Technologien erleichtert die Errichtung dazu notwendiger desintegrativer Organisations- und Koordinationsstrukturen.812

• Transaktionskosten: Die marktliche Vergabe von markt- und markenunspezifischen, leicht skalier- und repetierbaren sowie marktstrategisch weniger relevanten Geschäftsprozessen besitzt das Potenzial zur Reduktion von Transaktionskosten.

Eine Aufsplittung der Distributionsprozesse und teilweise Verlagerung auf unabhängige Dienstleister erscheint insofern nahe liegend.

5.5.12 Geschäftsmodell Franchising im freien Autohandel Analog zu Werkstattsystemanbietern wie Bosch Partner, A.T.U. oder Kwik-Fit813 stellt dieses Geschäftsmodell ein Franchisesystem für die Vermarktung von Neuwagen und/oder Geschäftsbereiche des Automobilvertriebs dar. Franchisenehmer (Franchisees) sind Auto-

810 Vgl. T-3-15 (Skalenvorteile). 811 Vgl. T-1.3 (Gestaltung am PoS). 812 Vgl. T-5.8 (Möglichkeiten der Koordination) und T-5-9 (Prozessoptimierung). 813 Vgl. John 2005d.

Page 249: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

234 5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie

mobilhändler, die keine vertragsgebundenen Absatzmittler eines Herstellers sind – das GM grenzt sich deswegen vom GM Einzelhandelskooperation ab. Ziele des Franchisesystems sind die qualitative Standardisierung und die Aufwertung der Prozess- und Dienstleistungs-qualität der Franchisepartner sowie die Ausschöpfung von Verbundvorteilen, z.B. durch gemeinschaftlichen Einkauf von Fahrzeugen.

„Die engste Form vertraglicher Bindung im Vertrieb, die zu einer ‚Quasi-Filialisierung’ der Absatzmittler führt, ist das Franchisesystem.“814 Das im Neuwagenvertrieb übliche Vertrags-handelssystem ist als eine Unterform des Franchisings zu betrachten. Die Regeln der GVO 1400/02 führen dazu, dass die vertikale Bindung zwischen Hersteller und Absatzmittler nicht so eng sein können, wie beim klassischen Franchising. Das Geschäftsmodell Franchising im freien Autohandel kann horizontale und/oder vertikale Bindungen ohne Beteiligung der Hersteller beinhalten. Beispiele sind die in Großbritannien und Frankreich aktive D.car oder die Sixt-Autoland-Kette in Deutschland.815

Aus der Expertenbefragung ist keine eindeutige Tendenz bzgl. des Marktpotenzials dieses GM ablesbar, tendenziell wird der Erfolg angesichts des hohen Investitionsbedarfs skeptisch gesehen – Abbildung 89 stellt die Ergebnisse zusammen.

geographischePerspektive1)

26%1) Mehrfachantworten möglich

B) Strategische Geschäftsmodellentwicklung

Wertschöpfungskette

ø

3,2

SEntwicklung Leistungsspektrum

Stra

tegi

en

3,3

,908

,9541 52 3 4

Fokus auf kleineren Teil

Erweiterung auf weitere Teile

Konzentration (Nischenstrategie) Erweiterung

Stra

tegi

en

23%

17%

47%

45%

C) Marktpotenzialprognose

Absatzentwicklungø

3,0

S

,6801 52 3 4

fallend steigend25% 20%

Nord-West-EuropaNord-Ost-Europa

Süd-West-EuropaSüd-Ost-Europa

Einheitlich in EU15%

6%12%

59%

Fzg.-Markensprektrum 3,6

Kompetenzkonfiguration 3,3

,929

,819

Verkleinerung (Exklusivität)

Erweiterung (Multi Brand)

Konzentration auf Kernkompetenzen

Erschließung Kompetenzfelder

19%

33%

60%

37%

D) Geschäftsmodell-spezifische Thesen

Dieses Geschäftsmodell ist von hoher finanzieller Liquidität abhängig.

ø

3,0

S

,740

1 52 3 4

21% 26%

Legende: S = Standardabweichung; ø = arithmetisches Mittel;

% = Anteil Teilnehmer (Werte 4-5 bzw. 1-2)k.Z./v.Z. = keine bzw. volle Zustimmung

unteres Quartil, Mittelwert, oberes Quartil

k.Z. v.Z.

Abbildung 89: Delphi-Ergebnisse zum GM Franchisegeber im freien Autohandel

Leistungskonzept Das Geschäftsmodell hat selbst keinen Kundenkontakt, die Kooperationspartner betreiben i.d.R. die GMV Autohaus (Markt) – vgl. Kapitel 5.5.1.3.

Wie in Abbildung 90 dargestellt, bieten sich folgende Prozesse zur kooperativen Abwicklung im Rahmen des Geschäftsmodells an:

814 Specht/Fritz 2005, S. 296. Vgl. zu Franchising z.B. Posselt 1999, S. 347ff.; Meffert 2000a, S. 620-624;

Ehrmann 2002, S. 1134ff. 815 Vgl. Schwickal 2004a; Tilp 2005, S. 36; Kiff 2005a, S. 2.

Page 250: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie 235

• Back-Office- und Produktbezogene-Prozesse: Der Franchisegeber wird Franchisees i.d.R. nach Gesichtspunkten der optimierten Marktbearbeitung auswählen, er betreibt insofern strategisches Vertriebsnetzmanagement. Der Transport der Fahrzeuge vom Verkäufer zum PoS kann über das GM abgewickelt werden, so dass gemeinsames Auftragsmanagement und gemeinsame Disposition aufgebaut werden.

• Kundenbezogene Prozesse: Kern der Zusammenarbeit ist die Optimierung kundenbe-zogener Prozesse, die sich im Austausch von Markt- und Kundendaten oder gemeinsamen Kommunikations- und Werbeaktivitäten ausprägen kann.

Abbildung 90: Distributionsprozesse des GM Franchising im freien Autohandel

Vorteile (für Franchisee) Nachteile (für Franchisee) − Verminderung des Geschäftsrisikos durch Nutzung eines

erprobten GMV Autohaus (Markt) − Gemeinsame Gestaltung und Optimierung der Kommunikation − Nutzung eines erprobten und bekannten Markennamens bzw.

CI-/CD-Konzeptes − Nutzung günstiger Einkaufsmöglichkeiten und Anschluss an

etablierte Bestellsysteme − Nutzung von Markt- und Management-Know-how − Ggf. Zugang zu verbesserten Finanzierungskonditionen − Fahrzeugkäufer als potenzielle Kunden im After-Sales-Geschäft

− Aufgabe von selbständigem Handlungs- und Gestaltungsspielraum

− Absatz- und Investitionsrisiko − Zwang zur Standardisierung − Zwang zur primären Nutzung des

vorgegebenen Fahrzeugeinkaufs − Kosten und Gebühren für das Franchise-

konzept

Vorteile (für Franchise-Geber) Nachteile (für Franchise-Geber) − Wachstums- und Ertragssteigerungsstrategie − Geringes eigenes Absatz- und Investitionsrisiko − Geringe Kapitalbindung − Steigerung der Bekanntheit der Eigenmarke

− Starke Marktstellung erforderlich − Management und Führungskompetenz

erforderlich

Tabelle 25: Vor- und Nachteile eines Franchise-Systems im freien Autohandel816

Tabelle 25 stellt die Vor- und Nachteile der Partnerschaft zusammen. 816 Eigene Darstellung in Anlehnung an Specht/Fritz 2005, S. 298.

Produktbezogene Prozesse:3. Transport zum PoS

Kundenbezogene Prozesse:1. Presse und allg. PR2. Werbung und direktes Marketing 3. Außendienst 4. Eventmarketing 6. Kundenpflege, CRM7. Marktforschung

VertriebscontrollingStrategisches Vertriebsnetzmanagement

Operative Vertriebsnetzbetreuung

Übergreifende produktbezogene Prozesse (z.B. Ordertracking)

Kundenkontaktaufnahme

7654321

Nicht durchgeführteProzesse

Back-Office-Prozesse

Kundenbezogene Prozesse

produktbezogene Prozesse

(Strategisches) Produktmanagement

Übergreifende kundenbezogene Prozesse (z.B. Kundendatenmanagement )Verkaufsprozess Nachkaufphase

3

Page 251: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

236 5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie

KommunikationskonzeptDa das GM im freien Autohandel tätig ist, spielt Fahrzeugmarkenexklusivität keine Rolle. Vielmehr rückt die Eigenmarke in das Zentrum des Kommunikationskonzepts. Das Franchisesystem ist seinerseits auf die Exklusivität und CI-/CD-konforme Umsetzung der Eigenmarkenstrategie angelegt. 60% der Experten sehen den Ausbau des Fahrzeugmarken-spektrums als vorteilhaft an.

ErtragskonzeptDas Erlösmodell besitzt sowohl transaktionsabhängige als auch -unabhängige Elemente. Mit jeder Fahrzeugbestellung des Franchisees verdient der Franchisegeber direkt am Fahrzeug. Sein Erlös steigert sich zudem indirekt über den Fahrzeugverkauf des Franchisees, indem transaktionsabhängige Abgaben und/oder -unabhängige Lizenzgebühren für die Verwendung des Franchisekonzeptes anfallen. Auf die Preisgestaltung der Fahrzeuge ggü. Endkunden nimmt der Franchisegeber nur indirekt über die Einkaufskonditionen des Franchisees Einfluss.

Wachstumskonzept und Kompetenzkonfiguration Vorteil des GM ist für den Franchisegeber die verhältnismäßig leichte Erschließung neuer Absatzmärkte: In Bezug auf das Leistungskonzept empfehlen 44% der Experten den Ausbau des Leistungsspektrums eines Franchise-Systems. 42% befürworten die Erschließung neuer Kompetenzfelder als Strategie zur Differenzierung im Wettbewerb.817

Organisationsform 40% der Experten halten die Ausdehnung des GM auf weitere Teile der Wertschöpfungskette für sinnvoll818 – ein Beispiel ist das Sixt Autoland-Konzept. Sixt profitiert dabei im Leasing- und Vermietgeschäft vom kontrollierten Verkauf der Flottenrückläufer. Das Sixt Autoland ist insofern neben der Verauktionierung an Endkunden und Händler sowie dem Direktverkauf von Leasing- und Mietwagenflottenfahrzeugen ein zusätzlicher Vertriebskanal. Es ist die Verlängerung der Wertschöpfung am Automobil i.S.d. Disintermediation, beginnend mit der Vermietung, über den Verkauf an den Franchisee und die Partizipation am Verkauf an den Endkunden. Das zitierte Beispiel kann dem Integrator-Modell zugeordnet werden. Obwohl keine hierarchische Koordination stattfindet, ist die vertikale Bindung zwischen Franchisegeber und Franchisee sehr hoch.

Kooperations- und Koordinationskonzept Das GM impliziert keine Kooperation mit den Fahrzeugherstellern, Kooperation findet innerhalb des GM statt. Das Franchisesystem ist eine Kooperationsform mit tendenziell hoher Bindungsintensität, denn der Franchisee investiert in die spezifische Gestaltung seines Betriebes und ordnet sich der Kommunikationspolitik im Franchisesystem unter. Im 817 23% der Teilnehmer sind gegen die Erweiterung des Leistungsspektrums, für eine Nischenstrategie. 16% der

Teilnehmer halten die Konzentration auf bestehende Kernkompetenzen für zweckmäßig. 818 21% der Experten empfehlen die Fokussierung auf einen kleineren Teil der Wertschöpfungskette.

Page 252: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie 237

Vergleich mit dem Vertragshandelssystem fällt derzeit die real umgesetzte Spezifität in der Praxis hinter den juristischen Möglichkeiten des Franchisesystems zurück. Bspw. findet keine Ausdehnung auf spezifische Investitionen in die Gebäudearchitektur statt.

5.5.13 Weitere Geschäftsmodell-Ansätze Abbildung 91 gibt einen Überblick zu GM, welche von den Teilnehmern in die Delphi-Diskussion eingebracht wurden.

Auktionen: öffentliche (Bsp. eBay) oder geschlossene Auktionen (ähnlich GW-Auktionen)

Prognose der Marktbedeutung

Versandhandel (offline): Neuwagenvertrieb über Kataloge. Bsp. Quelle Katalog

Event Vertrieb: Verkauf von Neuwagen im Rahmen eines (Freizeit-)Events, welches u.a. zur Kommunikation und Inszenierung der Marke sowie zur Vertiefung der Geschäftsbeziehung angelegt ist.

Network-Marketing: Geschäftsmodell für den Vertrieb von Luxusautos, das sich rein auf die Nutzung persönlicher Beziehungen stützt.

Hard Selling: Privatkunden wird durch Außendienst an der Haustür der Kauf von „Low-Budget“-Marken bzw. -Fahrzeugen angeboten (z.B. Dacia Logan, VW Fox)

ø

3,2

S

,914

1 52 3 4

25% 39%

1,8 ,83486% 7%

2,8 ,93743% 20%

2,7 ,97351% 24%

2,0 ,86676% 7%

hochkeine

Legende: S = Standardabweichung; ø = arithmetisches Mittel;

% = Anteil Teilnehmer (Werte 4-5 bzw. 1-2)k.Z./v.Z. = keine bzw. volle Zustimmung

unteres Quartil, Mittelwert, oberes Quartil

Abbildung 91: Alternative Geschäftsmodelle im Einzelhandel

Keines dieser alternativen Geschäftsmodelle ist heute im größeren Umfang im Neuwagen-vertrieb etabliert, so dass eine vollständige Geschäftsmodellanalyse nicht möglich ist. Im Folgenden werden Möglichkeiten der Ausgestaltung diskutiert.

5.5.13.1 Geschäftsmodell Auktion Auktionen sind spezielle Formen der Preisermittlung.819 Demzufolge handelt es sich in erster Linie um ein bestimmtes transaktionsabhängiges, direktes Erlösmodell. Im B2B-Gebraucht-wagenhandel existieren Geschäftsmodelle, die wesentlich durch das Erlösmodell einer offenen oder geschlossenen Auktion gekennzeichnet sind. Für beide Varianten prognostizieren die Experten bzgl. des Neuwagenvertriebs eine mittlere Bedeutung im Markt: 39% erwarten eine hohe Bedeutung des Geschäftsmodells.

Im Gebrauchtwagengeschäft gewinnen B2B-Auktionen insb. in Großbritannien, aber zunehmend auch in den anderen europäischen Märkten, an Bedeutung.820 Das Geschäfts-modell weist folgende Charakteristika auf und kann als Modell für eine Umsetzung im Neu-wagenvertrieb gelten:

• Leistungskonzept: Höher wertige Fahrzeuge, insb. aus Flottenbeständen, werden im Auftrag ihrer Eigentümer an Gebrauchtwagenhändler in geschlossenen Auktionen vermarktet.

819 Vgl. bspw. Specht/Fritz 2005, S. 211. 820 Der europäische Marktführer BCA verauktionierte in 2005 1,3 Mio. Fahrzeuge in 11 Ländern. Vgl. Plate 2004b,

S. 26-27; Schwickal 2006, S. 20; Meunzel 2006a, S. 30.

Page 253: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

238 5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie

• Kommunikationskonzept: Die Auktionen werden unter Einsatz moderner IuK-Technologie durchgeführt. Die meisten sehen eine Besichtigung der Fahrzeuge an einem zentralen Standort vor, andere werden vollständig elektronisch über das Internet abgewickelt. Fahrzeugbewertungen werden standardisiert durch unabhängige Gutachter vorgenommen. Fahrzeugmarkenexklusivität existiert in diesem B2B-Umfeld nicht.

• Kompetenzkonfiguration: Kernkompetenz des GM ist die schnelle und kostenoptimierte Abwicklung der Versteigerung, welche zwei Ressourcen erfordert: Zum einen muss ständig ein großer Bieterkreis angesprochen werden, um adäquate Marktpreise erzielen zu können. Zum anderen speist sich das zu versteigernde Fahrzeugvolumen i.d.R. aus großen Flottenverbänden mit möglichst hoher und gleich bleibender Fahrzeugqualität.

Für den Neuwagenvertrieb wäre ein derartiges GM als Hersteller-initiierte B2B-Lösung denkbar, um gezielt Fahrzeuge aus Überproduktion unter kontrollierter Einbeziehung nicht-autorisierter Distributionsorgane zu vermarkten. Hersteller könnten dadurch hohe Absatz-förderungen vermeiden sowie den sog. Graumarkt – z.B. die Geschäftsmodelle Autohaus(Markt) oder Vermittlung (branchenfremd) – gezielt bedienen, anstelle deren unkontrollierte Belieferung zu tolerieren.

Die zweite im Gebrauchtwagenmarkt etablierte Variante ist die offene Auktion von Fahrzeugen an Endkunden vornehmlich im Rahmen des Geschäftsmodells E-Commerce(Transaktion mit Endkunden).821 Verkäufer sind der professionelle Handel sowie private Fahrzeugeigentümer. Perspektivisch ist auch der Neuwagenvertrieb über Plattformen wie ebay denkbar.

5.5.13.2 Geschäftsmodell Versandhandel (offline) Eine große Mehrheit von 86% der Experten räumt diesem Geschäftsmodell nur geringe Marktchancen bis 2015 ein. Klassische Katalogversandanbieter, wie Quelle oder D&W822,sind in den Vertrieb mit EU-Fahrzeugen eingetreten. Sie wickeln das Geschäft über das E-Commerce (Transaktion mit Endkunden) Geschäftsmodell eines Kooperationspartners ab. Der Kooperationspartner selbst tritt nicht als Verkäufer, sondern als Vermittler auf, um die Regelungen des Fernabsatzes zu umgehen.823 Der Katalog dient lediglich als Werbemedium, ohne das jeweils aktuelle Sortiment abbilden zu können.

5.5.13.3 Geschäftsmodell Eventvertrieb Der Vertrieb von Neuwagen an Privatkunden im Rahmen von Events wird heute insb. im Luxussegment praktiziert, wobei es sich jedoch primär um eine Kommunikationsstrategie des Geschäftsmodells Autohaus oder des Herstellers selbst handelt. Einem exklusiven Kunden-kreis wird bspw. im Rahmen eines freizeitorientierten Events das aktuelle Fahrzeugsortiment vorgestellt. Der Kaufvertrag findet während des Events oder später ggf. im Autohaus statt. Vorteil eines solchen Geschäftsmodells ist die gezielte und zugleich unverbindliche

821 Bspw. wurden in 2004 weltweit 2,4 Mio. Fahrzeuge und 10 Mio. Fahrzeugteile über ebay verkauft. Vgl. Boos

2005, S. 18. 822 Vgl. Plate 2003b, S. 16. Zum Offline-Versandhandel vgl. Wirtz/Sammerl 2006, S. 432-433. 823 Vgl. Kapitel 5.5.8.2.

Page 254: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie 239

Ansprache bestimmter Kundengruppen. Trends wie Individualisierung der Bedürfnisse (T-2.5 und T-II.7) sowie Convenience-Shopping- (T-2.14) und Prestige-Shopping-Verhalten (T-2.15) werden mit diesem GM befriedigt. Die Mehrheit der Experten rechnet jedoch nicht damit, dass sich zukünftig daraus ein eigenständiges Geschäftsmodell entwickelt – nur 20% der Experten erwarten eine höhere Bedeutung bis 2015.

5.5.13.4 Geschäftsmodell Network-Marketing – Kunde wirbt Kunde In diversen Branchen – etwa bei der Vermarktung von Printmedien-Abonnements – erhalten Kunden Prämien für die Werbung bzw. Vermittlung neuer Kunden. Dabei handelt es sich zunächst um eine spezielle Form der Absatzförderung, um neue Kunden zu erreichen. Es existieren auch Varianten, die auf der persönlichen Beziehung zwischen Menschen aufbauen – z.B. das Sammelbestellerkonzept nach dem „Kunden werben Kunden“-Prinzip im Versand-handel oder die einfache Prämierung von vermittelten Verkäufen.824 Nur 24% der Experten erwarten, dass sich daran ein Geschäftsmodell für den Vertrieb von Neuwagen orientieren und Marktbedeutung erlangen wird.

5.5.13.5 Geschäftsmodell Hard SellingDas GM Hard Selling825 bedeutet den Aufbau eines Außendienstnetzwerks zum Vertrieb preisgünstiger Neuwagen an Privatkunden. Eine deutliche Mehrheit von 76% räumt diesem Geschäftsmodell nur geringe Marktchancen ein. Außendienste werden heute bereits im Vertrieb an Geschäftskunden eingesetzt, allerdings als Teil eines anderen Geschäftsmodells, z.B. Autohaus oder Mobility. Der Aufbau eines Geschäftsmodells rein auf dem Hard Selling Prinzip erscheint somit vorerst unwahrscheinlich.

5.6 Güte der empirischen Ergebnisse Nach der Geschäftsmodell-übergreifenden (Kapitel 5.4) und -spezifischen (Kapitel 5.5) Darstellung der Delphi-Ergebnisse, wird im vorliegenden Kapitel die Güte der empirischen Ergebnisse diskutiert. Die Hauptgütekriterien eines Tests sind nach LIENERT/RAATZ

Objektivität, Reliabilität und Validität. Als Nebengütekriterien sind Normierung, Vergleich-barkeit, Ökonomie und Nützlichkeit zu nennen.826

5.6.1 Objektivität Objektivität – Unabhängigkeit der Untersuchungsergebnisse von den an Durchführung und Auswertung beteiligten Personen – wird als weitgehend erfüllt angesehen. Für die Gültigkeit dieser Annahme spricht, dass die Durchführung und Auswertung der Daten zu jedem Zeit-punkt neutral, standardisiert und dokumentiert erfolgte.827

824 Vgl. Wirtz/Sammerl 2006, S. 436; Porter/Golan 2006, S. 31. 825 Vgl. Blois/Albers 2000, S. 292. 826 Vgl. Lienert/Raatz/Lienert 1994, S. 7ff.; Bortz/Döring 2002, S. 192. 827 Vgl. Lienert/Raatz/Lienert 1994, S. 8; Bortz/Döring 2002, S. 194-195; Häder 2006, S. 109.

Page 255: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

240 5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie

Die redaktionelle Zusammenfassung der frei formulierten Antworten für Runde II – vgl. Anhang 5 – könnte indes als potenzielle Quelle eingeschränkter Interpretationsobjektivitätangesehen werden. Wie in Kapitel 5.3.3 dargestellt, folgt auf die Aggregation der frei formulierten Statements eine quantitative Beurteilung in Runde II.828 Dadurch wurde die Gefahr der Misinterpretation einzelner frei formulierter Statements zwar nicht eliminiert, allerdings wurde die jeweils aggregierte These durch die Teilnehmer anschließend quantitativ beurteilt.829 Somit wurden etwaige Fehler in der Interpretation frei formulierter Statements aus Runde I durch das allgemeine Expertenurteil aufgedeckt. Etwaige Überbewertung von Einzelmeinungen wurde durch das Vorgehen ausgeschlossen.

5.6.2 Reliabilität Reliabilität gibt den Grad der Genauigkeit einer Untersuchung an und bezieht sich daher insbesondere auf die Anwendung des Erhebungsinstruments. Zur Prüfung der Reliabilität werden mehrere Verfahren vorgeschlagen: Die Testhalbierungsmethode und die Konsistenz-analyse bieten sich aufgrund der Unterschiedlichkeit der Items nicht an.830 Die Paralleltest-Methode ist aufgrund eines fehlenden zweiten Tests ebenfalls nicht anwendbar.

In Kapitel 5.3.4 wurde bereits ausgeführt, dass lediglich bei 24 von 332831 der in beiden Runden untersuchten Items ein signifikanter Unterschied im Antwortverhalten zu beobachten ist. Die Prüfung über zwei Runden erinnert insofern stark an das Test-Retest-Design der Reliabilitätsprüfung. Nach HÄDER sollten für dessen Anwendung drei Bedingungen erfüllt sein:832

• Stabilität des zu messenden Sachverhaltes: Es wird unterstellt, dass im Befragungszeitraum (acht Monate) keine wesentlichen Entwicklungen im Automobilvertrieb stattgefunden haben, welche Einfluss auf die grundsätzliche Beurteilung der Vertriebssituation bezogen auf den Prognosezeitraum von zehn Jahren haben.

• Keine kontextuelle Veränderung am Instrument: Durch die Herausnahme bzw. Addition einzelner Fragen wird diese Voraussetzung des Test-Retest-Designs nicht vollkommen erfüllt. Allerdings blieben die Struktur des Fragebogens und die Fragenformulierung bei den in beiden Runden abgefragten Items unverändert.

• Zeitabstand und Beeinflussung durch Runde I: Der Zeitabstand sollte Lern- und Gedächniseffekte minimieren, jedoch verfolgt die bewusste Rückkopplung von Ergebnissen ein entgegengesetztes Ziel. Die Delphi-Methode setzt gerade die Aus-einandersetzung mit der vorangegangenen Runde als gestalterisches Element ein. Da dieser Effekt jedoch auf alle Teilnehmer in gleicher Weise wirkt, soll diese Voraussetzung des Test-Retest-Designs als erfüllt angesehen werden.

Die eingeschränkte Erfüllung der Voraussetzung bzgl. kontextueller Gleichheit einmal vernachlässigt, wäre die Korrelation zwischen den Itemergebnissen der Runden I und II für

828 Das Vorgehen ist an HÄDER orientiert, vgl. Fußnote 648, S. 155. 829 Vgl. Häder 2000c, S. 8; Häder 2002, S. 155. 830 Vgl. Häder 2006, S. 113. 831 Das entspricht 92,7% der untersuchten Items, vgl. Abbildung 52, S. 157 in Kapitel 5.3.4. 832 Vgl. Häder 2006, S. 110-111.

Page 256: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie 241

die 332 Items durchzuführen, die in beiden Runden abgefragt wurden. Dabei ist analog der Stabilitätsuntersuchung in Kapitel 5.3.4 zwischen Items auf Nominalskalenniveau – also Auswahlfragen – und Items mit Ordinalskalenniveau – also Zustimmungsfragen und Fragen auf Basis des semantischen Differenzials – zu unterscheiden. Für die zweite Gruppe bieten sich die Korrelationskoeffizienten rs nach SPEARMAN oder taub nach KENDALL an. Für Daten auf Nominalskalenniveau wird in der Literatur der Kontingenz-Koeffizient C zur Korrelationsbestimmung angeboten. Dieser besitzt jedoch zwei wesentliche Schwächen:833

Zum einen ist er mit den Korrelationskoeffizienten nach SPEARMAN oder KENDALL nicht vergleichbar, d.h. der in der Literatur vorgeschlagene Richtwert 0,8-0,9834 zur Beurteilung von Reliabilität ist nicht anwendbar. Zum anderen kann der Koeffizient den Maximalwert 1 nicht erreichen. Der einzige zur Verfügung stehende Koeffizient ist daher hier unbrauchbar. Folglich werden lediglich Items auf Ordinalskalenniveau auf Korrelation hin untersucht.

Wert des Koeffizienten Anzahl Items >0,8 0,7 bis 0,8 0,6 bis 0,7 0,5 bis 0,6 0,4 bis 0,5 <0,4

rs 7 41 66 39 15 11 taub 0 22 61 51 30 13 Tabelle 26: Korrelationskoeffizienten im Test-Retest-Design der Reliabilitätsprüfung

Tabelle 26 zeigt, dass erwartungsgemäß rs einen eher höheren Wert ausgibt, als taub. rs ist mit Pearsons r vergleichbar und besitzt ggü. r eine Effizienz von 91%.835 Formal wird der Richt-wert von 0,8 mit rs nur für sieben Items erreicht. Berücksichtigt man die geringere Effizienz des rs, muss die Reliabilität der Untersuchung nicht vollends in Frage gestellt werden. Vielmehr deutet der hohe Anteil der Items mit mittlerer bis starker Korrelation836 darauf hin, dass von einem reliablen Untersuchungsdesign gesprochen werden kann.

Es kann überdies im Folgenden festgestellt werden, dass eine Reihe potenziell negativer Einflussfaktoren auf die Reliabilität im Rahmen der Untersuchung kontrolliert werden konnte, nämlich potenzielle Einflüsse aus Zweisprachigkeit des Fragebogens, dem mixed-mode-Design, Reifungsprozessen, der Zusammensetzung der Expertengruppe und der Panel-mortalität.

Zweisprachigkeit und mixed-mode-Design Zweisprachigkeit und mixed-mode-Design können ex-post als negative Einflussgrößen auf die Reliabilität weitgehend ausgeschlossen werden. Für Häufigkeitsdaten bietet sich der ²-Test und für Rangplatzdaten der Mann-Whitney-U-Test für zwei unabhängige Stichproben an.837 Die Untersuchung der Items auf Nominalskalenniveau konnte nur für wenige Items mit

833 Vgl. Siegel/Schüle/Rennert 2001, S. 188-193 und 203-212. 834 Vgl. Bortz/Döring 2002, S. 199; Häder 2006, S. 110. 835 Vgl. Siegel/Schüle/Rennert 2001, S. 203 und 211. 836 Vgl. Brosius 2002, S. 501. 837 Vgl. Siegel/Schüle/Rennert 2001, S. 101-108, S.112-123 und S. 312-313.

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242 5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie

ausreichender Sicherheit durchgeführt werden.838 Die Überprüfung ordinal skalierter Items mit dem Mann-Whitney-U-Test ergab in beiden Runden nur bei 7,6% respektive 6,6% der Items signifikante Abhängigkeit der Antworten von der gewählten Sprache.

Der Vergleich der Ergebnisse von Internet- und Papier-Fragebogen mit dem Mann-Whitney-U-Test zeigt ebenfalls nur bei 7,6% bzw. 5,7% der Items einen signifikanten Einfluss des modes auf das Antwortverhalten. Der ²-Test deutet bei der Prüfung hinsichtlich des Frage-bogen-modes lediglich bei einem der wenigen interpretierbaren Items aus Runde I auf Abhängigkeit hin. Tabelle 27 gibt die Ergebnisse der Prüfung im Detail wieder. Aufgrund der unterschiedlichen visuellen Darstellungen in den beiden modes, kann geschlossen werden, dass Layout und Darstellung der Fragen bzw. Texte keinen wesentlichen Einfluss auf die Gültigkeit der Ergebnisse hatten.839

Prüfung auf TestRunde

(Teilnehmer)geprüfte

Items5%-

Niveau 1%-

Niveau I (61) 0 n.a. n.a.²-TestII (45) 0 n.a. n.a.I (61) 211 16 6

Abhängigkeit von Fragebogensprache Mann-Whitney-U-Test

II (45) 227 15 1I (61) 15 0 1²-TestII (45) 2 0 0I (61) 211 16 2

Abhängigkeit von Fragebogen-Mode Mann-Whitney-U-Test

II (45) 227 13 1

Tabelle 27: Abhängigkeit von Fragebogensprache und -mode840

Externe zeitliche Einflüsse und Reifungsprozesse Zeitliche Einflüsse wirken insbesondere auf Veränderungshypothesen, welche in der vorliegenden Arbeit eine bedeutende Rolle spielen. Der zeitliche Abstand der zwei Befragungsrunden von fünf Monaten ist jedoch, bezogen auf den Prognosezeitraum von zehn Jahren, kurz. Die Experten beurteilen die Vertriebssituation zu beiden Zeitpunkten offenbar ähnlich.841 Letzteres deutet darauf hin, dass etwaige Reifungsprozesse bei den Befragungs-teilnehmern keinen bedeutenden Einfluss auf die Untersuchungsergebnisse hatten.

838 Voraussetzung der Anwendung des ²-Test ist, dass weniger als 20% der Kreuztabellenfelder eine erwartete

Häufigkeit von unter 5 haben. Vgl. Brosius 2002, S. 401. 839 Dieser Befund stützt die Annahme, dass die Anwendung des Test-Retest-Designs der Reliabilitätsprüfung trotz

unvollkommener Erfüllung kontextueller Gleichheit des Fragebogens zweckmäßig ist. 840 Tabelle 27 gibt die Anzahlen der Items wieder, für die H0 mit geringer Irrtumswahrscheinlichkeit zurück-

gewiesen werden kann. ²-Test: H0-Hypothese: „Es besteht kein Zusammenhang zwischen Teilnehmern, die unterschiedliche

Fragebogensprachen bzw. modes nutzten.“ Mann-Whitney-U-Test: H0-Hypothese: „Es besteht kein Unterschied zwischen dem Antwortverhalten der

Teilnehmer, die englische bzw. deutsche respektive Internet- bzw. papierbasierte Fragebögen verwendet haben.“

841 Die Stabilitätsuntersuchung in Kapitel 5.3.4 zeigt, dass 308 von 332 Items kein signifikant unterschiedliches Antwortverhalten der Teilnehmer in Runde I und II erfahren haben. Das entspricht 92,7% der untersuchten Items, vgl. Abbildung 52, S. 157.

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5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie 243

Zusammensetzung der Expertengruppe VORGRIMLER/WÜBBEN stellen heraus, dass für Delphi-Studien praktisch nie Zufallsstich-proben gezogen werden können.842 Auch in der vorliegenden Untersuchung waren die nähere Bestimmung der Population und somit eine zufallsbasierte Stichprobenauswahl nicht möglich. Es konnte folglich nur eine bewusste Auswahl der Teilnehmer erfolgen – es ist daher kein strenger Repräsentationsschluss auf die (theoretische) Population europäischer Vertriebs-experten möglich.843 Durch die Bildung von Auswahlkriterien – wie bspw. Fachgebiet, Branchenbereich oder geographisches Arbeitsgebiet – wird indes versucht, größtmögliche Repräsentativität und Gültigkeit zu erhalten.844 Folgende Aspekte sind zu berücksichtigen:

• Anzahl der Teilnehmer: In Runde I der vorliegenden Studie haben 61 Experten teilgenommen, 45 davon haben auch an Runde II teilgenommen. In der Literatur existieren verschiedene Empfehlungen bzgl. der Mindestpanelgröße – das Spektrum reicht von sieben bis zu 40 Teilnehmern. Dessen ungeachtet wurden Untersuchungen mit drei bis über 1.000 Teilnehmern veröffentlicht.845 Die erforderliche Teilnehmerzahl wird daher für diese Studie als erreicht angenommen, respektive dürfte die Stichprobengröße keinen negativen Einfluss auf die Reliabilität der Studie haben.

• Expertise der Teilnehmer: Die Diskussion um die Expertise der Delphi-Teilnehmer wird seit der Erarbeitung der Methode intensiv geführt: “Dass es sich bei der Auswahl der Experten um eines der methodischen Hauptprobleme handelt, ist unbestritten.”846 Einer der wichtigsten Kritiker der Delphi-Methode ist SACKMAN, der konstatiert: “How are such experts operationally defined? […] It is almost impossible to find current psychometric or social science literature on ‘experts’.”847 Gleichsam wurde in diversen Studien argumentiert, dass die Teilnehmer in Abhängigkeit vom Thema “relevanten Input” geben können sollten und insofern keine allgemeinen Regeln aufgestellt werden könnten.848

MEUSER/NAGEL bemerken, dass als Experten angesprochen wird, wer in irgendeiner Weise Verantwortung für den Entwurf, die Implementierung oder die Kontrolle einer Problemlösung trägt oder wer über einen privilegierten Zugang zu Informationen über Personengruppen oder Entscheidungsprozesse verfügt; Experten sind als Repräsentanten von Organisationen oder Institutionen bzw. ihrer „Zunft“ anzusehen.849 Daher wurden in der vorliegenden Untersuchung Personen ausgewählt, die sich regelmäßig mit mindestens einem der Themen europäischer Automobilvertrieb, allgemeine Trends im Vertrieb, Konsumententrends oder Geschäftsmodelle beschäftigen bzw. davon direkt betroffen sind. Besonderer Fokus wurde auf Personen gerichtet, die professionellen Bezug zum Auto-mobilvertrieb haben. In beiden Runden schätzen zu allen vier Themen jeweils mehr als 87% Teilnehmer den eigenen Informationsstand als mittel bis hoch ein – vgl. Tabelle 28.850

842 Vgl. Vorgrimler/Wübben 2003, S. 765. 843 Vgl. z.B. Berekoven/Eckert/Ellenrieder 1999, S. 51, 55-58; Bortz/Döring 2002, S. 398 und 487; Häder 2002, S.

92; Mullen 2003, S. 41. 844 Vgl. Häder 2000b, S. 6 und 9. 845 Vgl. Bradley/Stewart 2003, S. 275; zitierte Literatur bei Häder 2002, S. 94-95 und Mullen 2003, S. 41-42. 846 Häder/Häder 2000, S. 18. Vgl. Kapitel 5.2.3. 847 Sackman 1975, S. 605 und 703. 848 Vgl. u.a. Blind/Cuhls 2001; Häder 2002, S. 90-97; Vorgrimler/Wübben 2003, S. 765; Mullen 2003, S. 40;

Okoli/Pawlowski 2004; Rowe/Wright/McColl 2005. 849 Vgl. Meuser/Nagel 1991, S. 443f., S. 452. 850 Zur Methode der Selbsteinschätzung bei Delphi-Studien vgl. Häder 2002, S. 124-127.

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244 5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie

Anteil Teilnehmer [%] gering mittel hochExpertise zu Themen I II I II I II I II I II

Europäischer Automobilvertrieb 1,6 0 4,9 4,4 19,7 17,8 39,3 37,8 34,4 40,0

Allgemeine Trends im Vertrieb 0 0 11,5 11,1 24,6 22,2 44,3 44,4 19,7 22,2

Konsumententrends 1,6 0 8,2 11,1 29,5 31,1 41,0 40,0 18,0 15,6 Geschäftsmodelle 3,3 2,2 8,2 4,4 26,2 28,9 37,7 37,8 24,6 26,7

Tabelle 28: Selbsteinschätzung der Teilnehmer bzgl. ihrer themenspezifischen Expertise

• Zusammensetzung der Gruppe: Bei bewusster Teilnehmerauswahl wird in der Praxis regelmäßig über den Einsatz von Quoten versucht, ein repräsentatives Ergebnis zu erhalten. In Kapitel 5.3.2 zeigen Abbildung 50 und Abbildung 51 (Seite 153) die Verteilung beruflicher Zuordnung und des Arbeits- und Wirkungsgebiets. Im Hinblick auf die Reliabilität ist sicherzustellen, dass beide Parameter keinen signifikanten ergebnis-verfälschenden Einfluss auf die Untersuchung haben. Dazu wurden die Ergebnisse von Runde I und Runde II jeweils auf etwaige Zusammenhänge hin überprüft – vgl. Tabelle 29. Für Häufigkeitsdaten bietet sich der ²-Test und für Rangplatzdaten der Kruskal-Wallis-H-Test für k unabhängige Stichproben an.851 Die Untersuchung der Items auf Nominalskalenniveau konnte trotz Rekodierung nur für wenige Items mit ausreichender Sicherheit durchgeführt werden,852 dennoch deuten die Daten aus Runde I nur bei 2,7% der untersuchten Items eine Abhängigkeit von der beruflichen Herkunft an. Eine signifikante Abhängigkeit wird bzgl. der beruflichen Herkunft nur für 4,3% bzw. 5,7% der ordinal skalierten Items beobachtet. Analog ist in Bezug auf das geographische Arbeits-gebiet nur für 5,7% bzw. 2,6% der ordinal skalierten Items (6,2% bzw. 4,2% der interpretierbaren nominal skalierten Items) eine signifikante Abhängigkeit feststellbar.

Prüfung auf TestRunde

(Teilnehmer)geprüfte

Items5%-

Niveau 1%-

Niveau I (61) 211 9 3 Kruskal-Wallis-H-Test II (45) 227 13 1 I (61) 36 0 1

Abhängigkeit von beruflicherHerkunft ²-Test

II (45) 0 n.a. n.a. I (61) 211 12 0 Kruskal-Wallis-H-Test II (45) 227 6 1 I (61) 65 4 0

Abhängigkeit vom geographischen Arbeitsgebiet:

²-TestII (45) 24 1 0

Tabelle 29: Beruflicher Herkunft in Abhängigkeit vom Arbeitsgebiet853

851 Vgl. Siegel/Schüle/Rennert 2001, S. 167-184 und S. 312-314. 852 Voraussetzung der Anwendung des ²-Tests ist, dass weniger als 20% der Kreuztabellenfelder eine erwartete

Häufigkeit von unter 5 haben. Vgl. Brosius 2002, S. 401. Um diese Voraussetzung möglichst zu erfüllen, wurden die Kategorien der beruflichen Herkunft und des geographischen Arbeitsgebietes z.T. zusammen-gefasst. Berufliche Herkunft: „Hersteller“, „Wissenschaft, Beratung und Medien“ sowie „Handel und Verbände“. Geographisches Arbeitsgebiet: „Europa und International“ und „Teilgebiet Europas“. Vgl. Brosius 2002, S. 401-408. Trotz dieses Vorgehens können die berechneten Werte nur für einen Teil der relevanten Items ausreichend sicher interpretiert werden. Letzteres ist auf die geringe Zahl an Fragebögen zurückzuführen.

853 Tabelle 29 gibt die Anzahlen der Items wieder, für die H0 mit geringer Irrtumswahrscheinlichkeit zurück-gewiesen werden kann. ²-Test: H0-Hypothese: „Es besteht kein Zusammenhang zwischen beruflicher Herkunft bzw. geographischem

Arbeitsgebiet und dem Antwortverhalten.“ Kruskal-Wallis-H-Test: H0-Hypothese: „Es besteht kein Unterschied im Antwortverhalten der Teilnehmer der

unterschiedlichen beruflichen Herkunft (Hersteller, Wissenschaft, Beratung, Handel, Verband und Medien) bzw. mit unterschiedlichem geographischen Arbeitsgebiet.“

Page 260: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie 245

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die gewählte Zusammensetzung der Experten-gruppe auf keine Einschränkung der Reliabilität hindeutet.

Panelmortalität Durch die mehrfache Befragung der Untersuchungsteilnehmer ist das Phänomen der Panel-mortalität i.d.R. nicht auszuschließen. Im vorliegenden Fall ist eine Panelmortalität von 26% von Runde I zu Runde II zu beobachten. Für Delphi-Untersuchungen fasst HÄDER drei potenzielle Ursachen der Panelmortalität mit der Dissonanz-, Nonkonformitäts- und der Kompetenz-Hypothese zusammen:854

• Dissonanz-Hypothese: Es ist für Runde I zu prüfen, ob Aussteiger die Sachverhalte signifikant anders bewerten, als die übrigen Befragten. Analog zur Prüfung auf Abhängig-keit vom Fragebogen-Mode, respektive der Fragebogensprache, bieten sich der ²- (für Häufigkeitsdaten)855 und der Mann-Whitney-U-Test (für Rangplatzdaten) an. Die Ergebnisse zeigen, dass nur für sehr wenige Items die Dissonanz-Hypothese angenommen werden muss.

• Nonkonformitäts-Hypothese: Es ist für Runde I zu prüfen, ob Aussteiger extremere Urteile abgegeben haben als andere Teilnehmer. Dazu werden die Differenzen der einzelnen Urteile ordinalskalierter Items zum jeweiligen Median gebildet.856 Das Ergebnis des Mann-Whitney-U-Tests deutet nur bei 13 von 211 Items auf einen signifikanten Unterschied in Bezug auf die Differenz des Antwortverhaltens zwischen Abbrechern und Nicht-Abbrechern hin.

• Kompetenz-Hypothese: Es ist für Runde I zu prüfen, ob sich Aussteiger als weniger kompetent betrachten. Angelehnt an das Vorgehen von BLIND/CUHLS wurde mit dem ²-Test der Zusammenhang zwischen der auf zwei Kategorien rekodierten Selbstein-schätzung (kein Experte = keine bis mittlere Kompetenz (Skalenwerte 1-3) und Experte gute bis hohe Kompetenz (4-5)) untersucht.857 Das Ergebnis deutet nicht auf einen Zusam-menhang hin. Hypothese Test geprüfte Items 5%-Niveau 1%-Niveau

² 20 2 0Dissonanz858

Mann-Whitney-U 211 11 3Non-konformität859 Mann-Whitney-U 211 11 2

Kompetenz860 ² 4 0 0

Tabelle 30: Einfluss Panelmortalität861

854 Vgl. Blind/Cuhls 2001, S. 66-70; Häder 2002, S. 156-157. Vgl. Daten in Tabelle 30. 855 Analog der Einschränkungen vorangegangener ²-Tests konnten auch in diesem Zusammenhang nur wenige

Items sicher interpretiert werden. 856 Vgl. Blind/Cuhls 2001, S. 70. 857 Vgl. ebenda, S. 66-69. 858 ²-Test: H0-Hypothese: „Es besteht kein Zusammenhang im Antwortverhalten der Abbrecher und Nicht-

Abbrecher.“ Mann-Whitney-U-Test: H0-Hypothese: „Es besteht kein Unterschied zwischen dem Antwortverhalten der

Abbrecher und Nicht-Abbrecher.“ 859 Mann-Whitney-U-Test: H0-Hypothese: „Es besteht kein Unterschied in den Differenzen vom Median der

Antworten der Abbrecher und Nicht-Abbrecher.“ 860 ²-Test: H0-Hypothese: „Es besteht kein Zusammenhang zwischen Abbruch-Verhalten und selbsteingeschätzter

Expertise.“ 861 Tabelle 30 gibt die Anzahlen der Items wieder, für die H0 mit geringer Irrtumswahrscheinlichkeit zurück-

gewiesen werden kann.

Page 261: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

246 5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie

Neben den drei Hypothesen ist zu prüfen, ob der Ausstieg einiger Teilnehmer einen anderen systematischen Grund hat. Der ²-Test zeigt keine signifikante Abhängigkeit zwischen dem Abbruchverhalten und der beruflichen Herkunft respektive dem geographischen Arbeitsgebiet der Teilnehmer.862

Der Ausstieg der Teilnehmer hat keine erkennbare systematische Ursache, sondern liegt offenbar in individueller Zeitknappheit oder verlorenem Interesse begründet. Die Beobachtungen deuten also darauf hin, dass die Panelmortalität keinen verzerrenden Einfluss auf das Untersuchungsergebnis hatte.

FazitDie Anwendung der Test-Retest-Methode zur Prüfung der Reliabilität ist mit Einschränkungen anwendbar und deutet auf eine reliable Anwendung der Methode hin. Überdies weisen die diskutierten potenziell negativen Einflussfaktoren nicht auf eine Einschränkung der Reliabilität hin. Daher soll Reliabilität der Untersuchung unterstellt werden.

5.6.3 Validität Eine Untersuchung ist valide, wenn die Untersuchung misst, was sie zu messen vorgibt – es werden Inhalts-, Kriteriums- und Konstruktvalidität unterschieden.

Inhaltsvalidität Inhaltsvalidität ist gegeben, wenn die Untersuchung „das zu messende Konstrukt in seinen wichtigsten Aspekten erschöpfend erfasst“863. Für die vorliegende Untersuchung zeigt Kapitel 5.5, dass die wichtigsten Eigenschaften der Geschäftsmodelle empirisch erfasst wurden. Zusammen mit ergänzenden Informationen aus anderen Quellen kann in Kapitel 5.5 auf die acht Dimensionen des Geschäftsmodellkonstrukts eingegangen werden. Der zugrunde liegende Fragebogen ist bereits sehr umfangreich, so dass die weiter gehende Erfassung nur mit dem Risiko niedrigerer Teilnahmebereitschaft respektive höherer Panelmortalität zu erreichen gewesen wäre.864

Kriteriumsvalidität Kriteriumsvalidität fordert die möglichst umfassende Korrelation eines im Test gemessenen latenten Merkmals bzw. Konstrukts mit einem korrespondierenden manifesten Merkmal. Für die vorliegende Untersuchung ist diese Form der Validität nicht überprüfbar, da ein geeignetes Außenkriterium fehlt. Dessen ungeachtet deutet die weitgehende Bestätigung der in Kapitel 3 auf Basis von Sekundäruntersuchungen ermittelten Trends auf Kriteriumsvalidität hin. Denn wie in Kapitel 5.4 gezeigt, werden (mit Ausnahme von T-2.15, T-5.1 und T-5.6) alle Thesen von den Experten bestätigt.

862 Identisches Vorgehen, wie in Tabelle 29, S. 244 dargestellt. Vgl. Fußnote 852, S. 244. 863 Bortz/Döring 2002, S. 199. 864 Vgl. u.a. Berekoven/Eckert/Ellenrieder 2004, S. 103; Hippler 1988, S. 245.

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5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie 247

Konstruktvalidität Konstruktvalidität ist gegeben, wenn alle erwarteten theoretischen Zusammenhänge bezüglich der im Test geprüften Konstrukte nachweisbar sind. Die vorliegende Untersuchung hatte allerdings eine derartige empirische Modellprüfung nicht zum Ziel. Daher wurde die Studie nicht auf daraufhin ausgelegt.

Stattdessen erscheint es sinnvoll, das in Abbildung 92 dargestellte Hilfsmodell zur Prüfung der Konstruktvalidität heranzuziehen. Zu diesem Zweck werden einige Thesen der vorliegenden Untersuchung in einen logischen Zusammenhang gebracht, der dann anhand der empirisch ermittelten Daten überprüft wird.

T-5.3

T-2.5

T-2.4T-3.7

T-3.8

T-IIIT-2.7

Abbildung 92: Hilfsmodell zur Stützung der Konstruktvaliditätshypothese

Im Zentrum des Hilfsmodells steht die Annahme, dass sich Multikanalmanagement im europäischen Automobilvertrieb stärker ausbildet (T-3.7). Wie bereits in Kapitel 1 angedeutet, sind als Auslöser oder Unterstützer dieser Entwicklung u.a. vier Trends zu nennen: erstens wird rechtliche Liberalisierung die Ausprägung neuer Geschäftsmodelle fördern (T-5.3), zweitens treiben Individualisierung und Segmentierung der Kunden-bedürfnisse die Ausbildung neuer Geschäftsmodelle (T-2.5), drittens nimmt die Loyalität der Kunden ggü. ihren angestammten Einkaufsstätten ab (T-2.4) und viertens unterstützt die Polarisierung des Kaufverhaltens die Etablierung spezialisierter Geschäftsmodelle (T-2.7). Daraus folgt, dass sich die weitere Ausprägung des MKM sich insbesondere in zunehmender Vielfalt der Geschäftsmodelle zeigen wird. Eine Facette dieser Vielfalt ist das regional diversifizierte Auftreten unterschiedlicher Geschäftsmodelle (T-3.8). Daraus ist außerdem zu folgern, dass der Marktanteil traditioneller Geschäftsmodelle eher zurückgeht und neue sowie bisher eher unbedeutendere Geschäftsmodelle tendenziell an Bedeutung gewinnen werden (T-III). Letztgenannte These wurde nicht direkt geprüft, sondern ergibt sich aus der Analyse der Marktentwicklungsprognosen zu den einzelnen Geschäftsmodellen.865

Die Experten stimmen allen Thesen zu, was deren logische Verknüpfung jedoch statistisch noch nicht belegt. Eine zusammenhangprüfende Faktoranalyse der genannten Thesen ist aus drei Gründen nicht sinnvoll: Zum einen wurden nicht alle Thesen in beiden Runden abgefragt. Zum anderen wäre so das übliche Vorgehen der Modellprüfung verletzt, denn die Thesen wurden nicht zur Prüfung des Modells erstellt. Überdies sind die Stichprobe zu klein und das Skalenniveau zu niedrig, um eine sichere Berechnung vornehmen zu können.866

865 Vgl. Kapitel 5.5 und Abbildung 98, S. 266 in Kapitel 6.3. 866 Vgl. Bortz/Döring 2002, S. 383-384; Bortz/Weber 2005, S. 523-524.

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248 5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie

Daher ist die Konstruktvalidität statistisch nicht nachweisbar. Die vorgenannten Argumente deuten jedoch darauf hin, dass sich zu erwartende (logische) Zusammenhänge im Antwort-verhalten abbilden – bspw. folgt aus der Verstärkung des Multikanalmanagements die abnehmende Marktbedeutung etablierter Absatzkanäle bzw. Distributionsorgane.

FazitZusammenfassend soll unter Berücksichtigung diskutierter Argumente im Folgenden Validität der Untersuchung unterstellt werden.

5.6.4 Nebengütekriterien nach LIENERT/RAATZ

Normierung Das Nebengütekriterium Normierung fordert die Einordnung der Testergebnisse in ein einheitliches Bezugssystem. Dieser Anforderung wurde durch die Berechnung verschiedener Kennwerte, wie etwa Standardabweichung, Mittelwert etc., Rechnung getragen.

Vergleichbarkeit Der Nachweis der Vergleichbarkeit über Paralleltests oder validitätsähnliche Tests ist wegen fehlender adäquater Tests nicht möglich, da die vorliegende Studie insbesondere prognostischen und explorativen Charakter hat bzw. den Untersuchungsgegenstand aus einer neuen Perspektive betrachtet.

Ökonomie und Nützlichkeit Der Test ist ökonomisch und nützlich, weil er hilft, den Sachverhalt des Multikanal-managements im Automobilvertrieb besser zu verstehen. Wie noch in Kapitel 6 zu zeigen sein wird, hilft er außerdem Implikationen für das operative Multikanalmanagement abzuleiten. Instrumentelle Ökonomie wird nicht zuletzt durch die Verwendung des mixed-mode Design und die Anwendung von ex-post Abbruchkriterien sichergestellt.867

5.6.5 Zusammenfassung Wie die vorangegangenen Ausführungen zeigen, gerät die Anwendung klassischer Gütekriterien bei einer eher prognostisch und explorativ angelegten Delphi-Studie an ihre Grenzen. Wie bereits in Kapitel 5.2 dargestellt, handelt es sich um ein Instrument an der Grenze zwischen qualitativer und quantitativer Forschung, so dass die statistische Prüfung der Gütekriterien – soweit überhaupt möglich – nur bis zu einem gewissen Grad gelingen kann. Dessen ungeachtet deuten die Argumente im vorliegenden Kapitel darauf hin, dass die Ergebnisse eine ausreichende Güte haben, um die Beantwortung der Forschungsfragen empirisch stützen zu können.

867 Vgl. Kapitel 5.3.3 und 5.3.4.

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5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie 249

5.7 Zwischenfazit Forschungsfragen I bis IV und H-I Ziel der empirischen Untersuchung war, einen Beitrag zur Beantwortung der Forschungs-fragen F-I bis F-IV zu liefern. Dazu wurde die Delphi-Methode ausgewählt – im Folgenden werden die Ergebnisse zusammengefasst.

5.7.1 Forschungsfragen F-I und F-II und Hauptthese H-I Entsprechend Forschungsfragen F-I und F-II wurden in Kapitel 3 Bestimmungs- und Begrenzungsfaktoren der Vertriebssystemgestaltung sowie Trends der Distributions-situationsentwicklung in Form von Thesen herausgearbeitet. Die empirische Untersuchung hat davon 25 Thesen sowie 19 von den Teilnehmern zusätzlich eingebrachte Thesen geprüft. Insgesamt konnten 35 Thesen durch die Untersuchungsergebnisse bestätigt werden.

Hauptthese H-I wurde zu Beginn der vorliegenden Arbeit auf Basis von mehreren Überlegungen postuliert. Die Ergebnisse der Forschungsfragen F-I bis F-II stützen H-I: Automobilhersteller sind mit der neuen Herausforderung des Multikanalmanagements konfrontiert, denn:868

• Die Pluralität, zeitliche Instabilität und Differenzierung der Kundenwünsche und -bedürfnisse nehmen zu (86% bzw. 52% Zustimmung zu These T-2.5p/g). Außerdem geht die Mehrheit der Experten für den Vertrieb an Privatkunden von der Zunahme des Variety-Seeking-Verhaltens (66% Zustimmung zu T-2.13) und des Smart-Shopping-Verhaltens (78% Zustimmung zu T-2.12) aus.

• Die Anzahl der zu koordinierenden Absatzkanäle und Distributionsorgane nimmt zu und das Absatzvolumen verteilt sich unter diesen neu. Die Expertenbefragung bestätigt die These, dass zukünftige politisch-rechtliche Rahmenbedingungen die Etablierung neuer Geschäftsmodelle begünstigen werden (82% bzw. 77% Zustimmung zu T-5.3p/g) und dass der Automobilvertrieb eine Multikanalvertriebsstruktur ausbilden wird (92% Zustimmung zu T-3.7). Überdies zeigt die Analyse der Geschäftsmodelle, dass für zwölf von 18 Geschäftsmodellen steigende Marktbedeutung vorausgesagt wird, so dass eine Neuverteilung des Marktvolumens zu erwarten ist. Kapitel 6.3 respektive Abbildung 98 auf Seite 266 greift diesen Aspekt wieder auf.

• Die vertragsbasierte Steuerungsmöglichkeit traditioneller Absatzkanäle und somit das Machtpotenzial der Hersteller nimmt ab. 76% der Experten sind der Meinung, dass ein Nachfolgeregime zur GVO 1400/02 kommen wird (T-5.7), welches u.a. den Intra- und Interbrand-Wettbewerb steigern (82% Zustimmung zu T-5.2.a) und den Eintritt neuer Wettbewerber begünstigen wird (82% bzw. 74% Zustimmung zu T-5.4p/g). Wenngleich über die Details der Veränderung der GVO 1400/02 keine Einigkeit unter den Experten herrscht (T-5.1.a bis T-5.1.d), so teilen 84% der Teilnehmer die Annahme, dass grund-sätzlich Liberalisierung und Wettbewerb zunehmen werden (84% Zustimmung zu T-5-2.b). Daraus kann eine reduzierte Steuerungsmöglichkeit vertragsbasierter Distributions-organe prognostiziert werden.

• Die geographische und kundenspezifische Zuordnung der Absatzkanäle (und somit deren separate Steuerung) wird wegen der Ausprägung von Channel Hopping (68% Zustimmung zu T-2.11) nur noch eingeschränkt möglich sein.

868 An dieser Stelle wird lediglich der Anteil der Teilnehmer in Prozent angegeben, die der jeweiligen These

zugestimmt haben. In Kapitel 5.4 wurden darüber hinaus bereits Mittelwert und Streuung abgebildet.

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250 5 Distributionsorgane des Automobilvertriebs im Spiegel einer Delphi-Studie

Die in Kapitel 1 respektive Kapitel 2.4 postulierte Hauptthese H-I wird folglich durch eine Reihe von Untersuchungsergebnissen gestützt. Das Delphi gibt außerdem Aufschluss über die Entwicklung weiterer Aspekte der zukünftigen Vertriebssituation, welche in Kapitel 6.2 im Kontext des Multikanalmanagements (F-V) weiter in Zusammenhang gebracht werden. F-I und F-II gelten damit als beantwortet.

5.7.2 Forschungsfragen III und IV Hauptbestandteil der empirischen Untersuchung war die Prüfung und Adaption der im Rahmen von F-III erarbeiteten Typologie von Distributionsorganen (Kapitel 4). Wie in Kapitel 5.5 dargestellt, hat die Untersuchung i.S. von Forschungsfrage F-IV explanative und explorative Funktionen übernommen:

• Alle der in Kapitel 4 vorgeschlagenen Geschäftsmodelle wurden übernommen, z.T. umbenannt und weiter charakterisiert. Durch die teilnehmenden Experten wurden zwei Geschäftsmodelle zur Typologie hinzugefügt und beschrieben (Hard Selling und Network-Marketing). Jedoch wurde für die Geschäftsmodelle Auktionen, Eventvertrieb, Network Marketing, Versandhandel (offline) und Hard Selling eine geringe Markt-bedeutung prognostiziert, so dass diese vorerst nicht weiter behandelt werden. Alle anderen Geschäftsmodelle sind in Kapitel 6.3 hinsichtlich ihrer Marktbedeutung zusammengefasst.869

• Fünf der in Kapitel 4 vorgeschlagenen Geschäftsmodelle wurden aufgrund der Delphi-Ergebnisse in einen leicht veränderten Kontext gestellt. Die Geschäftsmodellvorschläge Vertrieb von Mobilität und Geschäftskundenspezialist wurden in das Geschäftsmodell Mobility mit den Varianten für Privat- und Geschäftskunden überführt. Der Geschäfts-modellvorschlag Vermittlung an Wiederverkäufer findet seine Berücksichtigung in der Geschäftsmodellvariante E-Commerce (Transaktion mit Wiederverkäufern). Während die Geschäftsmodellvorschläge E-Commerce (Quoting/Vermittlung) und Teleshoppingaufgrund ihrer Ähnlichkeit in der Geschäftsmodellvariante E-Commerce (Quoting)zusammengefasst wurden.

• Insgesamt wurden 24 Geschäftsmodelle bzw. Geschäftsmodellvarianten identifiziert und auf Basis der Untersuchungsergebnisse sowie zusätzlicher Literatur entlang der acht-dimensionalen Geschäftsmodell-Systematik beschrieben.870

Kapitel 6.3 geht weiter auf das jeweilige Entwicklungspotenzial und die Charakteristika vor dem Hintergrund des Multikanalmanagements ein.

Die in Kapitel 5.5 dargestellte Geschäftsmodell-Typologie ist anhand der in Kapitel 4.2 postulierten Anforderungen zu beurteilen. Insbesondere das Beurteilungskriterium Zweck-bezogenheit respektive Nützlichkeit für das Multikanalmanagement lässt sich jedoch erst mit den Überlegungen in Kapitel 6 abschließend beurteilen. Daher gelten Forschungsfragen F-IV und implizit F-III als vorläufig beantwortet, Kapitel 7 greift die Beurteilung abschließend wieder auf.

869 Vgl. Abbildung 98 auf Seite 266. 870 Die Geschäftsmodelle sind in Tabelle 22 auf Seite 164 in der Übersicht abgebildet.

Page 266: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

6 Implikationen auf die Distributionssystemgestaltung 251

6 Implikationen auf die Distributionssystemgestaltung Kapitel 6 widmet sich Forschungsfrage F-V: „Welche institutionellen Strukturen sollte der Hersteller vor dem Hintergrund seiner individuellen Marktpositionierung wählen, um erfolgreich am Markt agieren zu können?“ Die Frage ordnet sich in den in Kapitel 3.1 einge-führten Distributionssystemgestaltungsprozess (DSG-Prozess) für Multikanal-Vertriebs-systeme (MKV) ein. Zunächst wird der DSG-Prozess in Kapitel 6.1 weiter konkretisiert, bevor in Kapitel 6.2 allgemeine Implikationen für die DSG aufgezeigt werden. Kapitel 6.3 widmet sich dem Vergleich der Geschäftsmodelle im Kontext der DSG.

6.1 Geschäftsmodelle im Distributionsplanungsprozess „Für ein erfolgreiches Multichannel-Management bietet sich ein dreistufiger, iterativer Prozess an.“871 Der Multikanalmanagement-Prozess findet unter dynamischen Bedingungen statt, denn weder Umgebungsbedingungen noch Zielsysteme bleiben dauerhaft gleich. Da die Konzeption des Multikanalsystems zudem in der Praxis nicht isoliert von den Erfahrungen der Implementierung bzw. des Betriebs des Systems durchgeführt werden kann, sollte das Distributionssystem im Rahmen eines kontinuierlichen Kreislaufprozesses gestaltet und angepasst werden. In Anlehnung an SPECHT/FRITZ liegt den folgenden Überlegungen der in Abbildung 93 dargestellte Multikanalmanagement-Prozess zugrunde.872

871 Schögel/Sauer/Schmidt 2004, S. 10. 872 Durch die Einbettung der Geschäftsmodellanalyse in einen Kreislauf ergibt sich eine quasi-dynamische

Geschäftsmodellbetrachtung. Wie in Kapitel 4.3.1 schon angedeutet, reservieren HEDMANN/KALLING zu diesem Zweck einen separaten Analyseparameter innerhalb des Analysekonstrukts Geschäftsmodell. Ein derartiger Parameter ist durch die vorliegende Gestaltung nicht notwendig. Vielmehr werden Probleme der Operationalisierung vermieden, denn: Zum einen führen die beiden Autoren ihren Parameter nur soweit aus, dass er „dynamics of the business model over time and the cognitive and cultural constraints that managers have to cope with“ (Hedman/Kalling 2003, S. 53) abbilden soll. Ähnlich vage bleibt SCHÖGEL, die ebenfalls ausdrücklich eine dynamische Sicht auf Geschäftsmodelle fordert, zu diesem Zweck jedoch vor allem auf die Integration der RBV verweist. (Vgl. Schögel 2001, S: 125-129.)

Bevor zu klären wäre, wie eine Operationalisierung für den Automobilvertrieb aussähe, fehlt eine ausreichende Definition der Idee. Zum einen ist schwer vorstellbar, wie ein einzelner Parameter der Dynamik von Untersuchungsobjekt und Umwelt gerecht werden sollte. Zum anderen ist festzuhalten, dass die Mehrzahl der zur Verfügung stehenden wirtschaftswissenschaftlichen Modelle eher zeitpunktbezogenen angelegt ist und somit allenfalls zum Vergleich von Zustandsbeschreibungen geeignet ist. Demzufolge ist sich der weitver-breiteten Forderung anzuschließen, dass die einschlägigen Modelle bezüglich dynamischer Umwelt-bedingungen weiterentwickelt werden müssen. (Vgl. Porter 1991; Kleinaltenkamp/Jacob 1998; Rasche 2002; Burr 2003; Forcadell 2004; Raisch 2004.) In allen Dimensionen des Analysekonstrukts sind demzufolge dynamische Aspekte zu berücksichtigen. Solange diese Forderung nicht vollständig erfüllt werden kann, hilft der in Abbildung 93 dargestellte Kreislaufprozess, diese systematische Schwäche zu überwinden.

Page 267: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

252 6 Implikationen auf die Distributionssystemgestaltung

Multichannel-Management

Prozess

2.) Konfiguration / Gestaltung des Multikanalsystems

1.) Bewertung der Absatzkanäle / Integration neuer Absatzkanäle

3.) Koordination und Betrieb des Distributionssystems

AnsatzBauer/Smend 2005

AnsatzScholl 2003

Abbildung 93: Multikanalmanagement-Prozess873

Der in Kapitel 2.2.3874 bereits vorgestellte generische Gestaltungsprozess für MKV nach BAUER/SMEND widmet sich primär den ersten beiden Prozessschritten aus Abbildung 93 – Koordination und Betrieb des MKV sind indes nicht berücksichtigt. Für Letzteres zeichnet SCHOLL einen idealtypischen Bezugsrahmen und identifiziert die vier in Abbildung 94 dargestellten grundlegenden Entscheidungsdimensionen zur Steuerung des MKV.875 Diese sind bei der Konfiguration und Gestaltung zu berücksichtigen sowie wesentliche Koordinations- und Steuerungsparameter während des Betriebs von MKV.

Entscheidungsdimensionen zurSteuerung des Multikanal-

Vertriebssystems

RollendefinitionAbsatzkanäle

DefinitionKommunikation

DefinitionFührungsansatz

DefinitionKontrollsystem

Leistung

Vertriebskanal

Kunden

Interaktivität

Formalisierung

Inhaltliche Qualität

Motivation

Sanktion

Konflikt-bewertung

Konfliktlösung

Verhaltens-kontrolle

Ergebnis-kontrolle

Abbildung 94: Entscheidungsdimensionen zur Steuerung eines MKV876

873 Vgl. Specht/Fritz 2005, S. 171. 874 Vgl. Abbildung 4, S. 16. 875 Vgl. Scholl 2003, S. 68-75. 876 Vgl. ebenda, S. 75.

Page 268: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

6 Implikationen auf die Distributionssystemgestaltung 253

Fasst man die beiden Ansätze zusammen, ergibt sich der in Abbildung 95 dargestellte vierstufige Prozess des Multikanalmanagements, während die Prozessschritte zwei und drei im Wesentlichen dem Schritt 2 aus Abbildung 93 entsprechen.

1. Analyse Distributionssituation • Perspektive Distributionsobjekt• Perspektive Marktstruktur, insb.:

- Zielgruppen, Kundenpotenziale und Märkte

- Distributionsorgan- und kanalspezifische Kundenbedürfnisse

• Perspektive Distributionssystem, insb.:- Zuordnung von Produkten/Leistungen

zu Absatzkanälen bzw. Distributionsorganen

- Integrationsgrad, Steuerung und Führung

• Perspektive Unternehmen, insb.:- Ziele und Leitlinien der

Multikanalstrategie• Weitere Umweltfaktoren, insb.:

- Politisch-rechtliches Umfeld- Technologisches Umfeld

2. Entwicklung des Soll-Systems• Identifikation potenziell zusätzlicher

Absatzkanäle und Distributionsorgane• Bewertung Absatzkanäle und

Distributionsorgane bzgl.:- Potenzial zur Erfüllung

segmentspezifischerKundenanforderungen

- Potenzial zur Unterstützung der Ziele/Leitlinien

- Markenadäquanz• Erstellung Business Cases• Identifikation notwendiger

Managementanforderungen und Kompetenzen

• Ableitung des idealen Distributionsorgan-und Absatzkanalportfolios

4. Betrieb des Distributionssystems• Koordination und Führung des

Multikanalsystems• Anwendung der Kontroll- und

Führungsmechanismen auf Absatzkanäle und/oder einzelne Distributionsorgane

• Ständige Überprüfung i.S. eines kontinuierlichenVerbesserungsprozesses bzgl.:

- Zielvorgaben vs. Performance- Umweltanforderungen

• Feinjustierung derSystemkonfiguration

3. Festlegung der Multikanalstrategie• Definition Kunden-

Leistungs-Kombinationen für Absatzkanäle und Distributionsorgane (externer Channel-Fit / Rollendefinition)

• Festlegung von Aufgaben und Schnittstellen der Absatzkanäle (autarke versus synergetische Kanäle)

• Systemspezifische Anpassung von Vertriebsorganisation und IT-Systemen (interner Channel-Fit / Kommunikation)

• Identifikation von Konfliktszenarien und Ableitung verhaltensbeeinflussender Maßnahmen(Führungsansatz / Koordinationskonzept)

• Ausarbeitung des Umsetzungsplans und eines Kontrollsystems

Abbildung 95: Gestaltungs- und Managementprozess für Multikanalvertriebssysteme

Den terminologischen Überlegungen aus Kapitel 2.2.3877 folgend, werden die unter-schiedlichen Distributionsorgane als Bestandteile der Absatzkanäle explizit berücksichtigt. Das Analysekonstrukt Geschäftsmodell findet über die typologische Betrachtung relevanter Distributionsorgane in den ersten drei Prozessschritten Anwendung. Das Analysekonstrukt stellt dadurch die Basis für die strategische Gestaltung des MKV dar. Im Folgenden wird auf die Prämissen dieses Gestaltungs- und Managementprozesses eingegangen. 877 Vgl. Abbildung 5, S. 17.

Page 269: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

254 6 Implikationen auf die Distributionssystemgestaltung

6.2 Allgemeine Implikationen für die Distributionsplanung Das vorliegende Kapitel bezieht sich auf die erste Phase des Gestaltungs- und Management-prozesses für MKV. Weite Teile der Analyse sind unternehmens- bzw. markenspezifisch durchzuführen, daher kann hier nur auf allgemein ableitbare Aussagen für den Automobil-vertrieb eingegangen werden.

6.2.1 Perspektive Distributionsobjekt Für Volumenhersteller wird auch zukünftig tendenziell eher die Anwendung von Stock-Push-Strategien erwartet.878 Sie erlauben die kurzfristige Steigerung des Absatzvolumens ohne Vermarktungsrisiken tragen zu müssen. Daher greifen Stock-Push-Strategien i.d.R. auf hierarchisch oder vertraglich eng gebundene Distributionsorgane zurück, um dabei das Preis-niveau nicht zu gefährden. Für die DSG sind zwei wesentliche Auswirkungen ableitbar:

Zum einen nimmt die Bindungs- und somit die Steuerungsmöglichkeit vertragsgebundener Distributionsorgane tendenziell ab, was die Umsetzungsmöglichkeit dieser Vermarktungs-strategie limitiert. Dadurch wird die Stock-Push-Strategie stärker als bisher nur mit Hilfe drastischer Preissenkungen durchsetzbar sein, was wiederum zur Reduktion erzielbarer Renditen des Herstellers und der Absatzmittler führen wird.

Zum anderen zeigt das Delphi, dass die Vielfalt im Markt agierender Distributionsorgane steigen wird, die Nutzung dieser Vielfalt ist daher nur begrenzt möglich. Hersteller mit BtO-Strategien sind in der Wahl der Geschäftsmodelle weniger eingeschränkt, ihre Strategie erfordert jedoch eine enge Vernetzung der Absatz- und Distributionsplanung im gesamten Multikanal-Distributionssystem (T-1.6).

6.2.2 Perspektive Marktstruktur Die Pluralität, zeitliche Instabilität und Differenzierung der Kundenwünsche und -bedürfnisse nimmt zu (T-2.5p/g). Die Bedürfnisse unterschiedlicher Kundengruppen müssen im MKM-Prozess differenziert betrachtet werden (T-2.1). Umgekehrt ermöglicht die Vielfalt einsetzbarer Geschäftsmodelle die gezielte Ansprache bestimmter Zielkundenportfolios (T-3.8).

Privat- und Geschäftskundenbedürfnisse Bei Privat- und Geschäftskunden sind die Preisorientierung (T-2.2), die Polarisierung des Kundenverhaltens (73% Zustimmung zu T-2.7) und die verbesserte Verhandlungsposition durch Preistransparenz (T-2.3) zu berücksichtigen, die etwa den Geschäftsmodellen Autohaus (Markt), Mobility (T-2.8) oder E-Commerce derzeit Marktchancen eröffnen.

Die Studienteilnehmer erwarten insgesamt bei Privat- und Geschäftskunden eine Abnahme der Loyalität ggü. Marken und Einkaufsstätten (67% bzw. 70% Zustimmung zu T-2.4p/g) und

878 68% Zustimmung zu T-1.5; für Nischen- und Premiumanbieter werden pull-orientierte Vermarktungsstrategien

erwartet (86% Zustimmung zu T-1.5)

Page 270: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

6 Implikationen auf die Distributionssystemgestaltung 255

eine steigende Nachfrage nach individualisierten Dienstleistungen und Produkten (76% Zustimmung zu T-II.7). 73% der Experten sind der Ansicht, dass die Polarisierung des Kauf-verhaltens u.a. zur Etablierung (auf Kundengruppen) spezialisierter Geschäftsmodelle führen wird (T-2.7).

PrivatkundenbedürfnisseIm Privatkundengeschäft geht die Mehrheit der Experten von einer Zunahme des Variety-Seeking-Verhaltens (66% Zustimmung zu T-2.13) und des Smart-Shopping-Verhaltens (78% Zustimmung zu T-2.12) aus. Es ergibt sich für das MKM die Herausforderung, eine starke Loyalität zur Marke zu entwickeln, die im gesamten Distributionssystem respektive in allen Absatzkanälen bzw. Distributionsorganen Bestand hat. Folglich werden u.a. die Inszenierung von Markenwelten (66% Zustimmung zu T-2.9), die Befriedigung von Convenience-orientierten Bedürfnissen (70% Zustimmung zu T-2.14) und der gezielte Einsatz mehrerer Geschäftsmodelle im regionalen Absatzgebiet (64% Zustimmung zu T-3.8) an Bedeutung gewinnen. Daneben wird nicht zuletzt auch die Nachfrage nach altersspezifischen Geschäfts-modellen (T-2.6) zunehmen.

Geschäftskundenbedürfnisse Geschäftskunden haben andere Bedürfnisse als Privatkunden (T-2.5), Beispiele sind die Ausnutzung von Skaleneffekten (T-2.16) und Einkaufsmacht (T-2.18) oder der professionelle Einsatz von Buying-Centern bei gleichzeitig z.T. hohem Einfluss der Fahrzeugnutzer auf die Fahrzeug-/Markenwahl (T-2.17). Diese Trends verhelfen Geschäftsmodellen wie Mobility (Geschäftskunden) und E-Commerce zu höherer Bedeutung.

FazitAlle genannten Kundentrends fördern die Vielfalt der im Markt vorhandenen Geschäfts-modelle und stellen zugleich höhere Anforderungen an die Ausgestaltung der Distributions-organe zur Steigerung der Loyalität. Das Primat der Kundenorientierung bzw. der customer-based view der Unternehmung und die Entwicklungen in der Marktstruktur legen die gezielte Nutzung verschiedener Distributionsorganen nahe. Ein aus Kundensicht attraktives Portfolio an Distributionsorganen ist Voraussetzung für erfolgreiches MKM. Zugleich erhöht sich die Bedeutung von GM, die auf die Befriedigung vielfältiger Kundenbedürfnisse setzen – wie bspw. das GM Automall.

6.2.3 Perspektive DistributionssystemDie Gestaltung des Distributionssystems sowie dessen Betrieb sind Teil des individuellen Marketing-Mix des jeweiligen Unternehmens.879 Der Marketing-Mix sollte kanalübergreifend einheitlich gestaltet werden, damit Preisniveau, Markenauftritt und -darstellung, Angebots- und Sortimentspolitik sowie die zugrunde liegende Kommunikationspolitik der eingesetzten Distributionsorgane den Kunden nicht verwirren. Ein Ansatzpunkt für den Multikanalvertrieb 879 Vgl. Rosenbloom 1999, S. 171; Specht/Fritz 2005, S. 304.

Page 271: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

256 6 Implikationen auf die Distributionssystemgestaltung

stellt dabei das Konzept der zentralisierten, identitätsorientierten Markenführung dar.880 Es stellt sich folglich die Frage nach dem Grad der Integration sowie nach Steuerung und Führung der eingesetzten Distributionsorgane im MKV.

6.2.3.1 Integration des MKV In Kapitel 5.5 wurde die Unterschiedlichkeit der Geschäftsmodelle bzgl. USP sowie Ressourcen und Kernkompetenzen herausgearbeitet. Es ist insofern der Zielkonflikt zwischen integrativer Vereinheitlichung sowie Pflege der Heterogenität der Geschäftsmodelle, i.S. einer Schärfung des jeweiligen USP, zu lösen.

Chancen der Integration Kunden sind zunehmend an den Umgang mit Mehrkanalsystemen gewöhnt, so dass aus Kundensicht der nahtlose, problemlose Übergang von einem Kanal zum anderen erwartet wird.881 SMEND zeigt, dass die Integration der Absatzkanäle positiven Einfluss auf den Erfolg von MKV hat. Entsprechend ist bei der DSG die horizontale und vertikale „Verzahnung von Aufgaben und Prozessen“882 anzustreben. Ziel dieser Verzahnung ist, dass der Kauf nicht, z.B. durch fehlende Kundendatenübergabe von einem Distributionsorgan zum anderen, verhindert wird. Gleichzeitig ist etwaigem Free-Riding-Verhalten unautorisierter Absatz-mittler respektive Geschäftsmodellbetreiber entgegenzuwirken.883 Das Delphi zeigt, dass für Hersteller und Absatzmittler gleichermaßen der Anreiz steigen wird, nicht-markenbildende Distributionsprozesse markenübergreifend zur Ausnutzung von Skalenvorteilen zu vereinheitlichen oder zusammenzulegen (T-3.11). Zudem erfordert die technische Komplexität der Fahrzeuge eine enge Abstimmung im Distributionssystem (T-1.1).

Risiken der Integration Mit der Anzahl eingesetzter Vertriebskanäle bzw. Distributionsorgane steigen die Wahrscheinlichkeit von Konflikten im Distributionssystem, die Schnittstellenvielfalt und die Komplexität des Multikanalmanagements.884 Die geographische und kundenspezifische Zuordnung der Absatzkanäle (und somit deren separate Steuerung) wird wegen der Aus-prägung von Channel Hopping (68% Zustimmung zu T-2.11) nur noch eingeschränkt möglich sein.

Außerdem werden die Konzentration und Konsolidierung im Automobilhandel voranschreiten (93% Zustimmung zu T-3.1) und Geschäftsmodellen wie Franchising im freien Automobil-handel und Einzelhandelskooperation höhere Marktbedeutung verschaffen. Die Konzentration der Absatzmittler wird die Etablierung von Formen des Mehrmarkenvertriebs auch weiterhin begünstigen (T-5.5). Mit der Steigerung des Machtpotenzials der Absatz-

880 Vgl. Böing/Huber/Schotte 2002, S. 39-42; Böing/Huber 2003, S. 85 und 87. 881 Vgl. Kapitel 3.2.3; von der Oelsnitz 2007, S. 326.882 Vgl. Smend 2004, S. 213. 883 Vgl. ebenda, S. 213-214. 884 Vgl. von der Oelsnitz 2007, S. 326.

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6 Implikationen auf die Distributionssystemgestaltung 257

mittler (T-3.2) wird eine stärkere Etablierung von Handelsmarken (62% Zustimmung zu T-3.10) einhergehen. Das Ziel der Hersteller, die distributionssystemübergreifende Integration voranzutreiben, wird somit konterkariert.

Gestaltungsansätze der Integration WIRTZ stellt heraus, dass zwischen dem isolierten, kombinierten und integriertenMultikanalmanagement-Ansatz zu unterscheiden ist.885 Stärker integrierte Ansätze erfordern ein höheres Maß an Koordination und Interdependenz – das Distributionssystem entwickelt sich zum kooperativen Unternehmensnetzwerk. Kern eines integrierten Multikanalsystems ist die Möglichkeit der Kunden, zwischen den Kanälen zu wechseln. Dies setzt mindestens ausreichende Informationsschnittstellen zwischen den heute eher autark betriebenen Absatz-kanälen voraus.886 Der integrierte Ansatz vermeidet inkonsistentes Verhalten isoliert betriebener Absatzkanäle und somit unkoordinierte Kundenansprache. Auf etwaige Kosten-einsparungen durch die bewusste Konkurrenz zwischen den Absatzkanälen wird jedoch verzichtet.

Wenn positive Integrationseffekte aus der Vereinheitlichung von Warenwirtschafts- und Kundendatenprozessen erwachsen sollen, ist nicht nur ein „Systemkopf“887 für Koordinations-aufgaben sondern auch die Möglichkeit und Bereitschaft aller Akteure des Distributions-systems erforderlich, um Integration voranzutreiben.888 Bisher sind derartige Initiativen häufig an den z.T. divergierenden Zielen von Absatzmittlern und Herstellern gescheitert. Lediglich im After-Sales-Geschäft wird zumindest im markengebundenen Werkstattnetz durch zentrale Datenhaltung beim Hersteller eine Übergabe von Fahrzeugdaten gewährleistet. Autorisierte Werkstätten können über die Identifikationsnummer des Fahrzeugs Informationen über zurückliegende Servicevorgänge abrufen. Weiter gehende Kundendaten werden dabei i.d.R. nicht ausgetauscht.

FazitEs ist zu konstatieren, dass nicht nur die vertikale, sondern auch die horizontale koordinierte Zusammenarbeit der Distributionsorgane im MKV anzustreben ist – freilich ohne aus Kundensicht auf Heterogenität der Absatzkanäle zu verzichten. Verschiedene Autoren heben hervor, dass sich das Markenmanagement konsistent und koordiniert über das gesamte Distributionssystem erstrecken sollte – ohne Angebotsbreite, -tiefe, Preis, Kommunikation und flankierendes Dienstleistungsangebot der Kanäle zu vereinheitlichen.889 Horizontale und vertikale Integration ist nur durch ein Mindestmaß an zentraler und systematischer Steuerung und durch kooperative Koordination möglich. 885 Vgl. Wirtz 2002b, S. 50; Wirtz 2002a, S- 679; Ahlert/Hesse 2003, S. 11-12; von der Oelsnitz 2007, S. 335-337. 886 Vgl. Schögel/Sauer 2002, S 104f. Ein Beispiel für weit fortgeschrittene Integration von Absatzkanälen ist die

Finanzdienstleistungsbranche, in der weitgehend hierarchische Koordinationsmechanismen eingesetzt werden. Vgl. Oggenfuss/Peter 2001, S. 318.

887 Ahlert/Hesse 2003, S. 27. 888 Vgl. ebenda, S. 27; Reiss 2006, S. 50. 889 Vgl. Hurth 2001, S. 467; Wirtz 2002b, S. 50; Ahlert/Hesse 2003, S. 27.

Page 273: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

258 6 Implikationen auf die Distributionssystemgestaltung

6.2.3.2 Steuerung und Führung des MKV Die Überlegungen zur Integration des MKV schließen eine isolierte oder autarke Koordination, Führung und Steuerung des Multikanalsystems weitgehend aus.

Managementansatz von SCHOLL

In der Literatur zum Multikanalmanagement liegt bisher keine umfassende Konzeption der Distributionssystemsteuerung vor, eine erste Systematik bietet das Modell von SCHOLL.890

Die vier Aktionsfelder – Rollendefinition, Kommunikation, Führung und Kontrolle – konnten empirisch bestätigt werden, jedoch bleibt deren inhaltliche Ausgestaltung noch verhältnis-mäßig unkonkret. Es gehört nicht zu den Zielen der vorliegenden Arbeit, einen vollständigen Steuerungs- und Führungsansatz für Multikanalsysteme des Automobilvertriebes zu entwickeln. Dennoch können aus den Untersuchungsergebnissen Implikationen für das Multi-kanalmanagement abgeleitet werden.

Integration fordert Kooperation Das vorangegangene Kapitel legt eine eher integrierte anstatt isolierte DSG nahe, wobei der Grad der Integration unternehmensspezifisch zu wählen ist. Das bisher dominierende koordinierende Element der Kooperation ist die hierarchische oder vertragliche Beziehung des Distributionsorgans zum Systemkopf Hersteller. Trotz Initiativen der Vorwärtsintegration (T-4.1) werden die meisten Hersteller große Teile ihrer Vertriebsorganisation „nur“ vertrag-lich oder marktlich an sich binden können. Einige diskutierte Distributionsorgane lassen die allein vertragliche Koordination nicht zu, neue Wettbewerber und/oder Geschäftsmodelle werden ermöglicht.891 Das heißt, zukünftig können Initiativen zur (Prozess-) Integration im MKV durch den Hersteller eher vorgeschlagen und moderiert als angeordnet werden. Alternativ steht dem Hersteller die gezielte Investition in Prozessstandardisierung und -integration auf eigene Rechnung offen.

Ansätze zur Förderung der Kooperation Branchenübergreifend stellt SCHOLL fest, dass insb. die präzise Rollen- bzw. Vertriebskanal-definition (und mithin Geschäftsmodellgestaltung) den Erfolg des MKV signifikant erhöht. Wichtigstes Element ist dabei die möglichst überschneidungsfreie Zuordnung von Kunden-gruppen. Will man hingegen Channel-Hopping nicht ausschließen, ist dieses Vorgehen nur begrenzt möglich. Überdies bestätigt SCHOLL, dass professionelle Konfliktbewältigung im MKV ebenfalls positive Wirkung entfaltet, während formale Kommunikation und intensive Verhaltenskontrolle den Erfolg des MKV senken.892

890 Vgl. Scholl 2003, S. 40, 147-149 und 158; Abbildung 94, S. 252. 891 82% und 74% Zustimmung zu T-5.4 (Begünstigung neuer Wettbewerber), 82% und 77% Zustimung zu T-5.3

(Begünstigung neuer Geschäftsmodelle). 892 Vgl. Scholl 2003, S. 160.

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6 Implikationen auf die Distributionssystemgestaltung 259

SCHOLL attestiert dem intensiven Einsatz von Motivations- und Sanktionsinstrumenten im Führungssystem allgemein positiven Einfluss auf den Erfolg des MKV.893 Mit den Änderungen zur GVO 1400/02 haben viele Hersteller ihre Anreizsysteme vis-a-vis autorisierter Absatzmittler angepasst. Der Einsatz von differenzierten Anreiz- und Kompensationssystemen, die z.B. auf Qualität und CI-/CD-Anpassung des PoS, Kunden-zufriedenheit, Absatzvolumen u.ä. abzielen, wurde stark ausgeweitet.894 Bisher liegen bzgl. der Effektivität und Effizienz dieser Maßnahmen nur wenige Studienergebnisse vor. Es bleibt daher zu untersuchen, ob die Ausweitung und/oder gezielte Anpassung von Anreizsystemen neben einem höheren Maß an Bürokratie und somit Distributionssystemkosten sich auch in verbesserter Zielerreichung und Franchise Attractiveness niederschlagen.

Ein weiterer Hebel zur Kooperation stellt gezielter Informationsaustausch895 im Rahmen von CRM (T-3.12) dar, dessen Potenziale zur Ertrags- und Effizienzsteigerung noch nicht ausgeschöpft sind. VON DER OELSNITZ diskutiert allgemein die Einführung von Verrechnungspreisen und/oder entsprechender Provisionen, welche eine anteilige Bonifizierung der relevanten Absatzkanäle respektive Distributionsorgane bei Channel Hopping-Verhalten der Kunden sicherstellen. Ebenso ist ein derartiges Vorgehen zur gezielten Förderung von Cross-Selling realisierbar.896 Ein derartiges Vorgehen ist mit Einsatz entsprechender IuK-Technologien denkbar (T-5.9), allerdings ist die klare Zuordnung erbrachter Dienstleistungen zu einem Kunden in der Praxis nur unter Einschränkungen möglich. Ferner erforderte es den Austausch und die zentral koordinierte Erfassung von Kundendaten, was in aktuell existierenden Distributionssystemen des Automobilvertriebs nicht gegeben ist. Der Austausch von Fahrzeugdaten zwischen autorisierten Werkstätten könnte als Modell dienen.

Orientierung am Primat der Franchise Attractiveness Die Einführung der genannten integrationsfördernden Maßnahmen und Instrumente muss vor dem Hintergrund fortschreitender Liberalisierung und Konsolidierung betrachtet werden. Der Wettbewerb um leistungsfähige Vertriebspartner wird steigen (78% Zustimmung zu T-3.6). Das MKM muss sich daher an Erhalt und Ausbau der Franchise Attractiveness orientieren, soweit vertragsgebundene Distributionsorgane eingesetzt werden sollen.

Berücksichtigung (derzeit) nicht-autorisierter Geschäftsmodelle Es konnte gezeigt werden, dass die Anzahl der zu koordinierenden Absatzkanäle und Distributionsorgane zunimmt und das Absatzvolumen sich unter diesen neu verteilt.897 In Kapitel 5.5 wurde für die einzelnen Geschäftsmodelle herausgearbeitet, welchen koordinativen Einfluss der Hersteller jeweils besitzt – mitunter ist dieser relativ gering. Für

893 Vgl. ebenda, S. 148. Zum Konfliktmanagement vgl. auch Göttgens/Smend 2007, S. 663-665. 894 Vgl. Buzzavo/Montagner 2005, S. 3. 895 Vgl. von der Oelsnitz 2007, S. 333-334 und S. 339-342. 896 Vgl. ebenda, S. 343-345; T-2.11 (Channel Hopping), T-2.12 (Smart Shopping), T-3.5 (Downstreambusiness). 897 92% Zustimmung zu T-3.7 (Ausbildung Multikanalstruktur) und vgl. Fußnote 891, S. 258.

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260 6 Implikationen auf die Distributionssystemgestaltung

eine Reihe von Geschäftsmodellen wurde keine direkte Einflussmöglichkeit des Herstellers festgestellt – z.B. GM E-Commerce (Transaktion). Letztere konstituieren den als unautorisiert bezeichneten Teil des Distributionssystems, dessen Marktbedeutung nicht negiert werden kann und demzufolge bei der DSG Berücksichtigung finden muss. Es ergeben sich diesbezüglich zwei Herausforderungen für den Hersteller: Zum einen vereinen unautorisierte GM einen wachsenden Anteil des Absatzvolumen auf sich, ohne kapital-intensive Investitionen in den Markenauftritt zu tätigen, so dass die Zufriedenheit und mithin die Loyalität autorisierter Absatzmittler bedroht sind. Zum anderen steigt mit wachsendem Absatz und zunehmender Vielfalt der GM auch die Wahrscheinlichkeit, dass Kunden zwischen autorisierten und unautorisierten GM nur eingeschränkt unterscheiden können, so dass durch den Hersteller unbeeinflussbare Quellen für Kundenunzufriedenheit entstehen können.

FazitDer Aufbau eines kooperativ-angelegten und zugleich integriert arbeitenden sowie ausreichend heterogenen Multikanalsystems bedarf des gezielten Eingriffs des Systemkopfs Hersteller. Ansätze stellen die entsprechende Ausgestaltung von Anreiz- und Kompensations-systemen sowie von Kommunikationsschnittstellen und Datenhaltung bei gleichzeitigem Respekt des Primats der Franchise Attractiveness dar. Die Existenz unautorisierter Distributionsorgane sollte anerkannt und in der DSG berücksichtigt werden.

6.2.4 Perspektive Unternehmen Allgemeine Unternehmensziele und daraus abgeleitete Distributionsziele sind unternehmens-spezifisch abzuleiten.898 In Tabelle 31 sind allgemeine Ziele der DSG sowie Automobil-vertrieb-spezifische Ziele zusammengefasst. Letztere beziehen sich auf den traditionellen Absatz über ein Netz selbständiger Automobilhändler.

898 Vgl. Rosenbloom 1999, S. 205; Meffert 2000a, S. 601; Specht/Fritz 2005, S. 245.

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6 Implikationen auf die Distributionssystemgestaltung 261

Allgemein899 Automobilvertrieb900

− Optimierung der Zielgrößen Handelsspanne, Vertriebskosten und Kapitalbindung

− Optimierung des Distributionsgrads und der -dichte − Optimierung des Images der Elemente des Absatz-

kanalsystems − Optimierung der Kooperationsbereitschaft zwischen

Absatzmittlern, -helfern und Hersteller − Optimierung der Flexibilität des Absatzkanalsystems

unter gleichzeitiger Optimierung der Funktions-erfüllung

− Optimierung der Beeinflussbarkeit respektive Kontrollierbarkeit des Absatzkanalsystems durch den Hersteller

− Stabilisierung oder Erhöhung des nachhaltig zu erreichenden Gesamtmarktanteils

− Stabilisierung oder Erhöhung markenspezifischer Absatzpotenziale

− Stabilisierung oder Verbesserung von Zufriedenheit und Loyalität der Endkunden bezüglich Marke und Absatzorganisation

− Erreichung und Stabilisierung eines attraktiven Ideal- und Realimages bei den Endkunden

Tabelle 31: Strategische Zielgrößen der Absatzkanalpolitik

Zusammenfassend wurde folgendes allgemeines Zielportfolio für die Untersuchung verwendet, wobei die Schwerpunktsetzung unternehmensspezifisch variieren wird:

• Markenimage/Positionierung: „Image bzw. Einstellung ist die subjektive Wahrnehmung von Verbrauchern bezüglich Produkten, Marken und Unternehmen.“901 Mit der Gestaltung des Markenimage geht die Ansprache bestimmter Kundengruppen bzw. die kunden-segmentspezifische Positionierung am Markt einher. SMEND zeigt in seiner Untersuchung, dass Premium Brands hohen Wert auf die Kommunikation und Verbesserung ihres Markenimages legen sollten, da die „Authentizität der Marke“ die zentrale Ressource des jeweiligen Herstellers ist.902

• Befriedigung spezifischer Kundenbedürfnisse: JENSEN stellt die positive Wirkung von Kundenzufriedenheit auf Geschäftsergebnis und Kundenloyalität heraus.903 Daher ist das Ziel der Kundenzufriedenheit auf alle Geschäftsmodelle im Distributionssystem anzuwenden. Geschäftsmodellspezifisch kann indessen die Kundenzufriedenheit nur dann gesteigert werden, wenn die Kundenbedürfnisse des jeweiligen Zielkundensegments erfüllt werden.

• Sicherung & Ausbau des Absatzvolumens: Absatzsteigerung ist ein Ziel der Distributions-systemgestaltung, welches sich direkt aus dem allgemeinen Ziel der Umsatzsteigerung ergibt.

• Kostensenkung/Renditeoptimierung: Angesichts des hohen Vertriebskostenanteils an den Gesamtkosten eines Fahrzeugs ergibt sich im Hinblick auf die Verbesserung des Geschäftsergebnisses die Zielsetzung der Kostensenkung und/oder Renditeoptimierung durch optimale DSG. Als Teilziel kann der Einsatz von Distributionskosten-senkendenGeschäftsmodellen dienen.

Allgemeine Zielkonflikte So naheliegend die Orientierung der DSG an den Unternehmenszielen ist, so schwierig gestaltet sich dessen Umsetzung: Die Ziele werden von den verschiedenen Unternehmens-einheiten unterschiedlich interpretiert und gewertet. Sie werden also nicht nur zwischen,

899 Vgl. Ahlert 1996, S. 174; Meffert 2000a, S. 601-602; Specht/Fritz 2005, S. 239f. 900 Vgl. Ahlert/Kollenbach/Korte 1996, S. 307. 901 Vgl. Wehr 2001, S. 9. 902 Vgl. Smend 2004, S. 217; T-1.3 (Gestaltung des PoS); T-2.9 (Markeninszenierung für Privatkunden); T-3.9

(Markenwert und PoS). 903 Vgl. Jensen 2001, S. 77, 112, 231-236. Vgl. auch customer-based view der Unternehmung in Kapitel 4.3.2.5.

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262 6 Implikationen auf die Distributionssystemgestaltung

sondern auch innerhalb der Automobilhersteller heterogen ausgelegt.904 Da jedoch fast alle Automobilhersteller mehrere Marken am Markt platzieren, ergibt sich ein prinzipielles Spannungsfeld: Auf der einen Seite sind Hersteller mehrerer Fahrzeugmarken darauf ausgerichtet, Synergiepotenziale zwischen den einzelnen Einheiten zu heben. Derartige Strategien, die i.d.R. auf Kostendegressionseffekten über Econmies of Scale und Scope aufbauen, werden in der Produktentwicklung und -herstellung mannigfaltig eingesetzt. Doch auch in der Distributionsstrategie können Vorteile über Markenportfoliostrategien und die partielle Zusammenlegung von Distributionsprozessen erreicht werden. Auf der anderen Seite ist die Vermarktung, insb. die Preis- und Kommunikationspolitik, häufig markenspezifisch organisiert, um möglichst klare Markenpositionierungen zu erreichen. Insofern liegt es nahe, auch Teile der Distributionspolitik und infolgedessen auch der Distributionssystemgestaltung markenspezifisch auszugestalten. Besonders bei hochwertigen Marken ist das Bestreben der Markenwerterhaltung und -pflege ausgeprägt.905 Aus dieser Konstellation ergeben sich – besonders im stark imageorientierten Automobilvertrieb – Zielkonflikte, welche bei der DSG durch die Anwendung geeigneter Managementstrategien zu berücksichtigen sind.

Geschäftsmodellspezifische Zielkonflikte Die genannten vier Ziele stellen eine Auswahl wichtiger Distributionsziele des Herstellers dar, vor deren Hintergrund die DSG und mithin die Auswahl der einzusetzenden Geschäfts-modelle erfolgen sollte. Abbildung 96 zeigt, inwieweit die betrachteten Geschäftsmodelle einen Beitrag zur Zielerreichung der Hersteller leisten. Die Darstellung gibt den Anteil der Experten wieder, die das jeweilige Distributionsziel als eines der beiden wichtigsten ansehen. Neue Geschäftsmodelle bzw. -varianten müssen in ähnlicher Weise in Bezug auf die Ziel-erfüllung untersucht werden. Marken- respektive Hersteller-individuell kann bei der Auswahl der Geschäftsmodelle die Zielerfüllung als Kriterium herangezogen werden.

904 Dabei handelt es sich zunächst um ein „normales“ Problemfeld der Unternehmensplanung. Vgl. Hentze/Brose

1993, S. 86; Steinmann/Schreyögg/Steinmann 2000, S. 413; von der Oelsnitz 2007, S. 331. 905 Vgl. T-3.11 (Skalenvorteile); T-1.2 (Markenspezifität); T-1.3 (Gestaltung des PoS); T-3.9 (Markenwert) und

Kapitel 3.4.2.

Page 278: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

6 Implikationen auf die Distributionssystemgestaltung 263

Sicherung / Ausbau des

Absatzvolumens1)

Kostensenkung / Optimierung der

Rentabilität1)

Befriedigungspezieller

Kundenwünsche1)Markenimage/

Positionierung1)

Q | 4% F | 7%

A | 60%

B | 80%

C | 20%

D | 2%

E | 62%G | 64%

H | 33%

I | 71%

J | 31%

K | 18%

L | 24%

M | 40%

N | 47%

Q | 36%

I | 24%

H | 11%

G | 64%

E | 18%

C | 31%

Q | 20%

M | 4%

L | 71%

K | 60%

J | 11%

F | 36%

D | 2%

B | 9%

A | 2%

N | 9%H | 9%

K | 62%

L | 56%

N | 89%

A | 11%

B | 9%

D | 47%

E | 33%

I | 11%

C | 2%G | 4%

J | 2%

M | 89%A | 89%

B | 27%

D | 84%

E | 16%M | 13%

A Autohaus (Hierarchie)B Autohaus (Vertrag)C Autohaus (Markt)D DowntownshopE AutomallF EinzelhandelskooperationG Factory OutletH Vermittlung (branchenfremd)

I Vermittlung (branchennah)J E-Commerce (Transaktion mit

Wiederverkäufern)K E-Commerce (Quoting)L E-Commerce (Transaktion mit

Endkunden)M Mobility (Privatkunden)N Mobility (Geschäftskunden)O Nationale

Vertriebsgesellschaft (Hierarchie)

P Nationale Vertriebsgesellschaft (Vertrag)

Q Franchising im freien Autohandel

1) Anteil der Experten, die meinen, dass das Geschäftsmodell den jeweiligen Herstellerzielen dient

O | 56%

P | 9%

P | 42%

O | 7%

100%

0%

Abbildung 96: Geschäftsmodelle im Spiegel der Herstellerziele

Das Delphi macht jedoch auch auf solche GM aufmerksam, deren Geschäftspraxis nach Ansicht der Experten den Zielen des Herstellers grundsätzlich zuwider läuft.

Risiko2)ChanceA

B

CD

EF

G

H

I JK

L

N

O

PQ

1) Anteil der Experten, die meinen, dass das Geschäftsmodell den Herstellerzielen zuwider läuft; Marktbedeutung arithmetisches Mittel (5 = steigende Bedeutung)

2) aus Herstellersicht

steigendeBedeutung

Prognoseder

Markt-bedeutung

Zielkonflikt zwischen Herstellerund Geschäftsmodell1)

fallendeBedeutung

0% 100%

A Autohaus (Hierarchie) 0% 3,7B Autohaus (Vertrag) 0% 2,4C Autohaus (Markt) 76% 3,0D Downtownshop 0% 3,3E Automall 24% 3,9F Einzelhandelskooperation 78% 3,6G Factory Outlet 13% 3,3H Vermittlung (branchenfremd) 78% 2,8I Vermittlung (branchennah) 27% 3,3J E-Commerce (Transaktion mit

Wiederverkäufern)73% 3,2

K E-Commerce (Quoting) 7% 3,6L E-Commerce (Transaktion mit

Endkunden)4% 3,5

N Mobility (Geschäftskunden) 0% 4,1O Nationale Vertriebsgesellschaft

(Hierarchie)0% 3,5

P Nationale Vertriebsgesellschaft (Vertrag)

4% 2,8

Q Franchising im freien Autohandel 60% 3,0

Ziel Marktb.1)

Abbildung 97: Zielkonformität der Geschäftsmodelle mit Herstellerzielen

Abbildung 97 isoliert Risiko-Geschäftsmodelle, für die eine wachsende Marktbedeutung prognostiziert ist und ein relativ hoher Anteil der Experten Zielkonflikte erwartet. Hersteller müssen folglich entscheiden, ob im Rahmen eines Multikanalmanagements die Bekämpfung

Page 279: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

264 6 Implikationen auf die Distributionssystemgestaltung

dieser Risiko-Geschäftsmodelle wirksam und zielführend durchgeführt werden kann oder ob eine Umarmungsstrategie zu besseren Ergebnissen der Marktausschöpfung führt.

Weitere Unternehmensziele Vorwärtsintegration (T-4.1) respektive der gezielte Einsatz von Direktvertriebselementen (T-4.2) ist Teil der Multikanalstrategie vieler Automobilhersteller. Die positiv bewertete Entwicklung der Marktbedeutung der Geschäftsmodelle Nationale Vertriebsgesellschaft (Hierarchie) und Autohaus (Hierarchie) unterstreicht, dass diese Strategien auch zukünftig im MKM eine Rolle spielen werden.

Die teilnehmenden Experten erwarten mittelfristig eine weitere Konzentration der Hersteller bei gleichzeitiger Erhaltung der Markenvielfalt (76% Zustimmung zu T-4.3), so dass die Durchsetzung von Markenexklusivität vor Kunde aus Herstellersicht im MKM weiterhin hohe Bedeutung haben wird.906 Letzteres wird weiterhin etwa auf die Geschäftsmodelle Automallund Autohaus (Vertrag und Hierarchie) prägenden und gleichsam legitimierenden Einfluss ausüben.

6.2.5 Weitere Umweltfaktoren Aktuelle Distributionssysteme im Automobilvertrieb sind stark von vertragsbasierten Steuerungssystemen geprägt. Die vorliegende Untersuchung zeigt jedoch, dass das Nach-folgeregime der GVO 1400/02 den Intra- und Interbrand-Wettbewerb (T-5.2.a) steigern und den Eintritt neuer Wettbewerber begünstigen (T-5.4) wird. Ebenfalls werden Liberalisierung und Wettbewerb allgemein zunehmen (T-5.2.b).

Die Preisunterschiede werden in Europa tendenziell abnehmen (93% Zustimmung zu T-5.6) und Geschäftsmodellen die auf diesem Phänomen basieren, wie etwa E-Commerce (Trans-aktion mit Wiederverkäufern), mittelfristig die Grundlage entziehen.

Die Teilnehmer erwarten eine Kostensteigerung für Straßennutzung (89% Zustimmung zu T-II.8), was letztlich einem etwaigen Marktwachstum entgegenwirken und somit den Wettbewerb steigern wird.

Die Serviceintensität der Fahrzeuge wird abnehmen (58% Zustimmung zu T-II.5), während die technische Komplexität der Fahrzeuge zunehmen wird (71% Zustimmung zu T-II.6), so dass die bisher übliche Quersubvention im Geschäftsmodell Autohaus nur noch bedingt zu erhalten sein wird (T-3.3). Diese wird überdies durch die stärkere Trennung von Vertrieb und Service im Geschäftsmodell Autohaus (55% Zustimmung zu T-5.1.c) sowie durch steigenden Preis- und Rabattdruck (T-3.4) behindert. Hersteller, deren Distributionssystem stark auf dem traditionellen Geschäftsmodell Autohaus (Vertrag) aufbaut, müssen daher weiterhin mit Schwierigkeiten bei der Ertragsgenerierung in diesem Distributionsorgan rechnen. Potenzielle Auswege sind der strategische Einsatz des Gebrauchtwagengeschäfts (T-1.4) oder des

906 Vgl. Kapitel 4.4.2.

Page 280: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

6 Implikationen auf die Distributionssystemgestaltung 265

Downstreambusiness (T-3.5) zur Steigerung des Ertragspotenzials im Geschäftsmodell Auto-haus und mithin zur Steigerung der Effizienz des gesamten Distributionssystems.

Hinsichtlich der Entwicklung technologischer Rahmenbedingungen bleibt für das MKM die Option, gezielt auf den verstärkten Einsatz neuer IuK-Technologie zu setzen, um die Koordination im Distributionssystem zu optimieren (T-5.8) oder die Abwicklung der Distributionsprozesse effizienter zu gestalten (T-5.9). Die meisten Geschäftsmodelle – darunter nicht zuletzt das Geschäftsmodell E-Commerce – profitieren von der Weiter-entwicklung der IuK-Technologie, da so die Kundenbeziehung verbessert werden kann (T-5.10).

6.2.6 Zusammenfassung Die abgeleiteten allgemeinen Implikationen für die Distributionsplanung im europäischen Automobilvertrieb können in sieben Thesen zusammengefasst werden:

• T-6.1: Stock-Push-Strategien begrenzen den Spielraum in der Gestaltung des Multikanal-managements.

• T-6.2: Die Vielfalt im Markt etablierter Distributionsorgane wird steigen, daher ist die Bildung eines aus Kundensicht attraktiven Portfolios an GeschäftsmodellenVoraussetzung erfolgreichen Multikanalmanagements.

• T-6.3: Die Distributionssystemgestaltung sollte die Integration der Absatzkanäle insoweit vorsehen, dass Kunden zwischen den Kanälen bzw. Distributionsorganen wechseln können.

• T-6.4: Der Marketing-Mix sollte kanalübergreifend einheitlich gestaltet sein, ohne Kanal-spezifika aufzugeben.

• T-6.5: Eine zentrale, systematisch übergreifende Steuerung des Distributionssystems sollte Free-Riding und unkontrollierten Absatz vermeiden.

• T-6.6: Die Führung des Multikanalsystems sollte kooperativ unter Berücksichtigung des Primats der Franchise Attractiveness und der unterschiedlichen Ziele der Geschäfts-modelle angelegt sein.

• T-6.7: Die Distributionssystemgestaltung sollte bewusst alle denkbaren Geschäftsmodelledes Automobilvertriebs berücksichtigen und kreativ einsetzen.

Die Thesen schlagen sich nicht nur im Aufbau etwaiger Managementkapazitäten und Prozesse beim Hersteller nieder, sondern haben Einfluss auf die Geschäftsmodellgestaltung selbst. In Kapitel 6.3 wird das Geschäftsmodellspektrum als Basis der DSG näher untersucht.

6.3 Geschäftsmodelle des Automobilvertriebs und Distributionssystemgestaltung 93% der Delphi-Teilnehmer sind der Ansicht, dass sich der Automobilvertrieb zu einem echten Multikanal-Vertriebssystem entwickeln wird (vgl. T-3.7). Folglich müssen Distributionsorgane entsprechend ihrer Aufgaben in den relevanten Absatzkanälen angeordnet und gestaltet werden. Für die Gestaltung der Distributionsorgane wurden Geschäftsmodelle identifiziert, die unter Berücksichtigung der Ergebnisse aus der ersten Phase des Gestaltungs- und Managementprozesses für MKV ausgewählt werden müssen. Das vorliegende Kapitel

Page 281: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

266 6 Implikationen auf die Distributionssystemgestaltung

fokussiert die für die zweite Phase relevante Differenzierung der Geschäftsmodelle untereinander – vgl. Abbildung 95 auf S. 253.

A Autohaus (Hierarchie) 3,7B Autohaus (Vertrag) 2,4C Autohaus (Markt) 3,0D Downtownshop 3,3E Automall 3,9F Einzelhandelskooperation 3,6G Factory Outlet 3,3H Vermittlung (branchenfremd) 2,8I Vermittlung (branchennah) 3,3J E-Commerce (Transaktion mit Wiederverkäufern) 3,2K E-Commerce (Quoting) 3,6L E-Commerce (Transaktion mit Endkunden) 3,5M Mobility (Privatkunden) 3,1N Mobility (Geschäftskunden) 4,1O Nationale Vertriebsgesellschaft (Hierarchie) 3,5P Nationale Vertriebsgesellschaft (Vertrag) 2,8Q Franchising im freien Autohandel 3,0R Dienstleister für Nationale Distributionsfunktionen 3,0

Prognostizierte Bedeutung1)niedrig

AktuelleBedeutung

im Markt

Prognostizierte Bedeutung im Markt

hochfallend steigend

Risiko

ChancenA

B

C

D E

F

G

H

IJ

K

L

M

NOP

Q R

1) arithmetisches Mittel (Skala 1=fallend, 5=steigend)

Abbildung 98: Prognose der Marktbedeutung der Geschäftsmodelle907

Abbildung 98 zeigt, dass für etablierte Geschäftsmodelle im Quadrant „Risiko“ – insb. Auto-haus (Vertrag) – eine sinkende Marktbedeutung vorhergesagt wird, d.h. hier sind bei der DSG Anpassungen vorzunehmen.

Besondere Berücksichtigung sollten daneben GM finden, die im Quadrant „Chancen“ dargestellt sind. Für diese, heute eher unbedeutenden GM, wird eine steigende Bedeutung im Markt prognostiziert.

Im Folgenden werden die GM entlang der acht Analysedimensionen einander gegenüber-gestellt und weiter gehende Erkenntnisse zum Multikanalmanagement abgeleitet.

6.3.1 Leistungskonzept

KundengruppenKernelement der Geschäftsmodellanalyse ist die Bestimmung der relevanten Kundengruppen. Abbildung 99 zeigt die unterschiedliche Bedeutung der Kundengruppen für die Geschäfts-modelle, welche heute sowohl Privat-, als auch Geschäftskunden bedienen.

907 Aus systematischen Gründen ist eine Darstellung der aktuellen Marktbedeutung basierend auf Absatzvolumen

nicht möglich, da die Geschäftsmodelle teils in Konkurrenz und teils sequenziell im Distributionssystem angeordnet sind. Für viele Geschäftsmodelle existieren zudem keine verlässlichen Absatzzahlen, weshalb hier eine qualitative Einschätzung gewählt wurde.

Page 282: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

6 Implikationen auf die Distributionssystemgestaltung 267

A Autohaus (Hierarchie) 2,7 2,9B Autohaus (Vertrag) 2,3 2,4C Autohaus (Markt) 1,8 1,9E Automall 1,9 2,1G Factory Outlet 1,8 2,1I Vermittlung (branchennah) 1,8 2,1K E-Commerce (Quoting) 2,4 2,5L E-Commerce 3,1 2,9

(Transaktion mit Endkunden)

heute Zukunft2)Geschäfts-kunden

Delphiempfiehlt

Fokussierungauf...

Geschäftsmodell bedient heute insb.

PrivatkundenPrivatkunden Geschäftskunden

A

B

C

E

I

K

L

1) Veränderung des Mittelwerts; nur Geschäftsmodelle mit Endkundenkontakt und ohne vorbestimmte Konzentration auf ein Segment

2) arithmetisches Mittel (Skala 1 = Privatkunden, 5 = Geschäftskunden)

10%

-10%

0%1)

G

Abbildung 99: Relevante Kundengruppen der Geschäftsmodelle

Es wird deutlich, dass die meisten dieser Geschäftsmodelle eher auf Privatkunden fokussiert sind. Der Vertrieb an Privatkunden erfährt in Literatur und Praxis besondere Aufmerksamkeit, wenngleich 57% der Experten der Meinung sind, dass sich der Schwerpunkt des Neuwagen-absatzes zukünftig in Richtung Geschäftskunden verlagern wird (T-2.1): Für die meisten Geschäftsmodelle in Abbildung 99 wird im Mittel eine leichte Verlagerung hin zum Vertrieb an Geschäftskunden prognostiziert. Lediglich das GM Autohaus (Markt) wird zukünftig unverändert stark im Vertrieb an Privatkunden gesehen. Bei dem GM E-Commerce (Transaktion mit Endkunden), das heute eher im Geschäftskundenvertrieb aktiv ist, wird von den Experten offenbar eine höhere Marktbedeutung auch für Privatkunden erwartet – ein Ergebnis welches durch die Überlegungen in Kapitel 5.5.8.2 gestützt wird. Wie in den Kapiteln 3.2.1 und 5.5.7 deutlich wurde, ist ein nicht unerheblicher Anteil des Geschäfts-kunden-Absatzes von Produktentscheidungen des Fahrers abhängig, dennoch impliziert die Buying-Center Konstellation bei Geschäftskunden vielfach adaptierte Absatzstrategien. Insofern bleibt markenspezifisch zu untersuchen, ob neue adaptierte Geschäftsmodelle zweckmäßig sind.

PrivatkundendifferenzierungIn Anlehnung an das SIGMA-Milieu-Modell wurden die Geschäftsmodelle im Privatkunden-geschäft bezüglich Preis-Premium-Bereitschaft und Wertorientierung der jeweiligen Kunden eingeordnet. Ferner wurden die GM dahingehend differenziert, welche Marken die jeweiligen Kunden nachfragen.

In Kapitel 5 wurde die jeweilige Verortung der Geschäftsmodelle in der Milieu-Landkarte dargestellt. Abbildung 100 gibt die jeweiligen Schwerpunkte der Geschäftsmodelle bzgl. Wertorientierung und Preis-Premiumbereitschaft wieder.

Page 283: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

268 6 Implikationen auf die Distributionssystemgestaltung

A

B

C

E

GH

IKL

M

D

Privatkunden kaufen eher...1)

Luxus- / Premiummarken

Marken mitgeringem Wert

Premium-/Up-Market

Down-Market

Prei

s-/P

rem

ium

-B

erei

tsch

aft

traditionell postmodernWertorientierung

G | 3,9

A | 2,0 B | 2,9 C | 3,9D | 1,4 E | 3,6

H | 4,4I | 3,7

K | 3,7

L | 3,6M | 3,1

A Autohaus (Hierarchie)B Autohaus (Vertrag)C Autohaus (Markt)D DowntownshopE AutomallG Factory OutletH Vermittlung (branchenfremd)I Vermittlung (branchennah)K E-Commerce (Quoting)L E-Commerce (Transaktion mit

Endkunden)M Mobility (Privatkunden)

1) arithmetisches Mittel (Skala 1 = Luxus/Premium, 5 = geringwertige Marken)

1 5

Abbildung 100: Privatkundensegmente der Geschäftsmodelle908

Es wird deutlich, dass die einzelnen GM aus Sicht der Experten sehr unterschiedliche Kunden ansprechen. Die Mehrheit der Geschäftsmodelle ist offenbar eher auf geringwertigere Marken zugeschnitten. Indes sind die traditionellen Geschäftsmodelle Autohaus (Hierarchie und Vertrag) in der Mitte positioniert, also für alle Marken auch zukünftig attraktiv.

In der Übersicht wird ebenfalls sichtbar, dass für Kunden des Geschäftsmodells Automalleine ähnliche Preis-Premiumbereitschaft erwartet wird wie für Kunden des GM Autohaus (Vertrag). Das korrespondiert mit der Beobachtung, dass das GM Automall heute meist das GM Autohaus (Vertrag) integriert.

Abbildung 100 deutet darauf hin, dass Preis-Premiumorientierung und präferierter Marken-wert miteinander korrelieren. Tatsächlich bestätigen die Delphi-Ergebnisse über den Rang-Korrelationskoeffizienten Tau-b nach KENDALL einen positiven Zusammenhang.909

Vor dem Hintergrund der diskutierten Vorbehalte bzgl. der Vergleichbarkeit der europäischen Kundenmilieus und der vorliegenden Delphi-Ergebnisse sollte weitere Forschung ein genaueres Bild der Geschäftsmodell-spezifischen Kundensegmente zeichnen.

Für Geschäftsmodelle im Vertrieb an Geschäftskunden wurden drei Parameter untersucht: das jährliche Einkaufsvolumen, die institutionelle Einordnung der Kunden sowie die Kauf-entscheidung. In Abbildung 101 sind zwei Parameter wiedergegeben. Die institutionelle Einordnung910 hat sich als wenig aussagekräftig herausgestellt.

908 Die Abbildung zeigt aus Gründen der Übersichtlichkeit die mathematisch ermittelten Schwerpunkte. Bei der

Beurteilung der Geschäftsmodelle können diese jedoch kein ausreichender Ersatz für die Darstellungen in Kapitel 5.5 sein.

909 Der Rang-Korrelationskoeffizient ergibt für alle relevanten Geschäftsmodelle einen jeweils auf dem 1%-Niveau signifikant positiven Wert zwischen 0,394 und 0,827 (Durchschnitt: 0,623). Das Ergebnis kann zudem als Indiz der internen Validität der Ergebnisse gewertet werden.

910 Kunden sind eher Unternehmen oder Behörden.

Page 284: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

6 Implikationen auf die Distributionssystemgestaltung 269

AB

CG

I KL

N

A Autohaus (Hierarchie) 2,6 2,8B Autohaus (Vertrag) 2,1 2,9C Autohaus (Markt) 1,8 2,0E Automall 2,1 2,9G Factory Outlet 1,7 1,8I Vermittlung (branchennah) 1,7 2,5K E-Commerce (Quoting) 2,4 2,4L E-Commerce 2,5 2,2

(Transaktion mit Endkunden)

Volumen Entsch.1)eher wie beiPrivatkunden

Kauf-entscheidung

ist...

Einkaufsvolumen der Geschäftskunden p.a.

eher rational, stark

kostenorientiert<10 Fzg. >500 Fzg.

1) arithmetisches Mittel (1 = <10 Fzg., 1 = rational)

Abbildung 101: Geschäftskundencharakterisierung der Geschäftsmodelle

Es wird deutlich, dass aus der Delphi-Befragung kein Zusammenhang zwischen Einkaufs-volumen und Kaufentscheidung des Buying-Centers abgeleitet werden kann. Das ist insoweit plausibel, als dass z.B. bei Finanz-Leasing-Unternehmen mit sehr großen Einkaufsvolumen ein erheblicher Einfluss der Fahrzeugnutzer auf die Produktentscheidung vorliegt, während Betreiber großer weißer Flotten kaum Einfluss des Fahrzeugnutzers zulassen. Um die Unter-schiedlichkeit der Geschäftsmodelle im Hinblick auf das jeweils angesprochene Geschäfts-kunden-Segment weiter herauszuarbeiten, ist der Segmentierungsansatz im Zuge nachfolgender Forschung weiter auszuarbeiten. Ebenso sollte die diskutierte Einflussnahme des Fahrzeugnutzers im Buying-Center einer näheren Untersuchung zugeführt werden.

Kundennutzen im Kaufprozess Neben der Analyse der Kundengruppen wurde für jedes Geschäftsmodell der Kundennutzen entlang des idealtypischen Kaufprozesses diskutiert. Im Delphi konnte deutlich herausgearbeitet werden, dass die Individualisierung und Fragmentierung der Bedürfnisse von Privat- und Geschäftskunden zukünftig steigen werden.911 Ferner prognostizieren 68% bzw. 78% der Experten eine Zunahme des Channel Hopping- und des Smart-Shopping-Verhaltens. Es ist also für die Gestaltung des Distributionssystems von großer Bedeutung, dass sich aus Kundensicht ein attraktives und konsistentes Kanalangebot bietet und der Übergang zwischen den Absatzkanälen so einfach wie möglich wird. Das betrifft die in Kapitel 6.2.3.1 postulierte Integration des MKV.

911 Vgl. T-2.1 (Kundengruppen), T-2.5 (Individualisierung), T-2.7 (Polarisierung).

Page 285: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

270 6 Implikationen auf die Distributionssystemgestaltung

A Autohaus (Hierarchie)

B Autohaus (Vertrag)

C Autohaus (Markt)

D Downtownshop

E Automall

G Factory Outlet

H Vermittlung (branchenfremd)

I Vermittlung (branchennah)

K E-Commerce (Quoting)

LE-Commerce (Transaktion mit Endkunden)

M Mobility (Privatkunden)

N Mobility (Geschäftskunden)

Kaufprozessschritt mit besonders hohem Kundennutzen

Phase 1&2:Information

undBeratung

Phase 3:Spezifikation

undVerhandlung

Kaufprozess (Ausschnitt)

Phase 4:Auftrag

undZahlung

Phase 7:Aftersales

undNutzung

Phasen 5&6:Anpassung

undAuslieferung

Abbildung 102: Idealtypischer Kundennutzen der Geschäftsmodelle

In Abbildung 102 wurde ein qualitativer Vergleich des individuellen Angebots der Geschäfts-modelle im Kaufprozess vorgenommen: Nicht alle GM bieten in allen Kaufprozessphasen ein Angebot. Außerdem spezialisieren sich die GM in ihrem USP auf bestimmte Prozess-schritte,912 d.h. es liegt aus Kundensicht Channel Hopping-Verhalten nahe. Hersteller sind folglich im DSG-Prozess gefordert, die Übergabe der Kunden sicherzustellen. Kunden-typologien können einen Beitrag zur Gestaltung und anreizbasierten Steuerung des Channel Hopping-Verhaltens leisten.913

Value Add im Distributionssystem Die Geschäftsmodelle wurden in Kapitel 5.5 außerdem bzgl. ihrer jeweiligen Übernahme von Distributionsprozessen untersucht. Eine vergleichende Darstellung bietet sich hier jedoch nicht an.

6.3.2 Kommunikationskonzept Im Hinblick auf das Kommunikationskonzept der einzelnen Geschäftsmodelle sind aus Herstellersicht vor allem drei Aspekte relevant:

912 Gemäß der Fokussierung der vorliegenden Arbeit auf den Automobilvertrieb sind in Abbildung 102 keine GM

des Downstream Business aufgezeigt. Der vollständige DSG-Prozess erfordert indessen deren Berücksichtigung, da sich Channel Hopping gerade auch in der langen Kaufprozessphase 7 ausprägen wird.

913 Vgl. Markmann/Benze 2004, S. 330.

Page 286: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

6 Implikationen auf die Distributionssystemgestaltung 271

• Die Anzahl der vom Geschäftsmodell betriebenen Fahrzeugmarken ist von Bedeutung. Je mehr Fahrzeugmarken der Kunde am PoS zur Auswahl hat, desto höher ist der Intra-Brand-Wettbewerb und umso bedeutender ist es aus Herstellersicht, die Einzigartigkeit der jeweiligen Marke am PoS zu kommunizieren.

• Zudem besteht ein Zielkonflikt zwischen der vom Kunden erlebten Markenexklusivitätund der möglichen Synergienutzung.

• Zuletzt kann der Aufbau von Eigenmarken des jeweiligen Geschäftsmodells die Differenzierung im Markt erhöhen. Dies kann allerdings der vom Hersteller favorisierten kommunikativen Verankerung der Fahrzeugmarken zuwiderlaufen.

Der erste und letzte Aspekt wurde im Delphi untersucht, Abbildung 103 zeigt die unterschiedliche zukünftige Ausrichtung der Geschäftsmodelle aus Sicht der Experten.

Spektrum Eigenmarke2)KommunikationFahrzeugmarken

Delphiempfiehlt

...

Delphi empfiehlt ... des Fahrzeugmarkenspektrums

AufbauEigenmarke

Erweiterung Verkleinerung

Risiko1)

Chance1)

B

C

D

E

HIK L

1) Bewertung aus Herstellersicht (Exklusivitätsstrategie unterstellt)

2) arithmetisches Mittel (Verkleinerung Markenspektrum = 1, Kommunikation Fzg.-Marken=1)

G

B Autohaus (Vertrag) 3,6 3,6C Autohaus (Markt) 4,4 4,5D Downtownshop 1,9 1,9E Automall 4,5 3,6G Factory Outlet 3,7 3,4

HVermittlung (branchenfremd) 3,7 3,1

I Vermittlung (branchennah) 3,7 3,4K E-Commerce (Quoting) 3,9 3,6L E-Commerce 3,6 3,5

(Transaktion mit Endkunden)

Abbildung 103: Markenexklusivität der Geschäftsmodelle

Es wird deutlich, dass das Delphi den meisten Geschäftsmodellen sowohl die Aufnahme weiterer Marken ins Portfolio, als auch eine stärkere Konzentration auf Eigenmarken empfiehlt.914 Der bereits in Kapitel 4.4.2 angedeutete Zusammenhang zwischen diesen beiden Strategien wird hier deutlich: Je mehr Fahrzeugmarken ein Einzelhändler am PoS vertreibt, umso wichtiger wird die Abgrenzung von Wettbewerbern über die Kommunikation von Eigenmarken. Diese These wird bei sieben der neun Itempaare gestützt.915

Dieses Ergebnis birgt besondere Herausforderungen bei der DSG, da erstens aus Hersteller-sicht die Marke wesentliches Positionierungsmerkmal ist, zweitens von den Herstellern eine möglichst umfassende markenspezifische Beeinflussung des PoS angestrebt wird und drittens gerade Marken mit hohem Markenwert darauf angewiesen sind, den PoS möglichst marken-exklusiv zu gestalten.916 Eine Exklusivitätsstrategie höher wertiger Marken unterstellt, können

914 Vgl.Thesen T-3.1 (Konsolidierung), T-3.10 (Eigenmarken), T-3.11 (Skalenvorteile) und T-5.5 (Mehrmarken-

vertrieb).915 Der Korrelationskoeffizient Tau-b nach KENDALL zeigt für fünf Paare auf einem 1%-Niveau eine signifikante

Korrelation an (Werte zwischen 0,371 und 0,557; Mittelwert 0,458). Zwei Itempaare zeigen eine signifikante Korrelation auf einem 5%-Niveau an (Werte 0,308 und 0,324), während Tau-b für die Paare der Geschäfts-modelle Automall und Vermittlung (branchenfremd) keine Korrelation anzeigt.

916 Vgl. T-1.2 (markenspezifisches Distributionssystem), T-1.3 (Gestaltung des PoS) und T-3.9 (Markenwert).

Page 287: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

272 6 Implikationen auf die Distributionssystemgestaltung

die Geschäftsmodelle entsprechend Abbildung 103 in eine Risiko- und eine Chancengruppe unterteilt werden.

6.3.3 Ertragskonzept Im Hinblick auf das Ertragskonzept wurden alle Geschäftsmodelle bzgl. des zu Grunde liegenden Erlösmodells eingeordnet: Erträge werden direkt oder indirekt, transaktions-abhängig oder -unabhängig erwirtschaftet. Diese Einordnung ist von Bedeutung, wenn für das Distributionssystem Anreiz- und Kompensationssysteme entwickelt werden. Da jedoch die Geschäftsmodelle, wie in Kapitel 5 dargestellt, unterschiedliche Erlösmechaniken für ihre unterschiedlichen Leistungen nutzen, ist ein Vergleich der Geschäftsmodelle an dieser Stelle nicht sinnvoll.

6.3.4 Wachstumskonzept Entsprechend Kapitel 4.4.4 wurde das Wachstumskonzept für Geschäftsmodelle mit und ohne Endkundenkontakt auf Basis zwei unterschiedlicher Systematiken beurteilt.

Wettbewerbsstrategie nach PORTER

Abbildung 104 zeigt, welche Wettbewerbsstrategie nach PORTER die Experten für die einzelnen Geschäftsmodelle empfehlen.

Für die DSG sind GM mit Kostenführerschaftsstrategie ggf. vorteilhaft, um Vertriebskosten zu senken. Demgegenüber stehen sie jedoch immer im direkten Wettbewerb mit Geschäfts-modellen, die eine Differenzierungsstrategie verfolgen – darunter das bedeutende GM Auto-haus. Analog der Überlegungen zum unterschiedlichen USP entlang des Kaufprozesses ist daher zu fragen, inwieweit der Hersteller dafür eintreten muss, die Investitionen der GM mit Differenzierungsstrategie zu schützen – bspw. durch eine aufwendige Gestaltung des PoS. Und weiter, ob ein effizienter Schutz durch Verhinderung bzw. Bekämpfung oder aktiver Einbindung möglich ist.

Nischen-GM bieten für die DSG das Potenzial, die Fragmentierung der Kundenbedürfnisse in der DSG zu berücksichtigen.

Page 288: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

6 Implikationen auf die Distributionssystemgestaltung 273

AB

D GHIKL

N

branchen-weit

StrategischesZielobjekt

Strategischer Vorteil

segment-spezifisch

Singularität aus Kundensicht

Kostenvorteilggü. Wettbewerb

Konzentration aufSchwerpunkte (Nischen)

UmfassendeKosten-

führerschaftC

E

Differenzierung

A Autohaus (Hierarchie) 4,2 3,8B Autohaus (Vertrag) 3,5 3,4C Autohaus (Markt) 1,6 3,0D Downtownshop 4,6 2,3E Automall 3,2 4,1G Factory Outlet 1,5 2,3H Vermittlung (branchenfern) 1,6 2,2I Vermittlung (branchennah) 2,3 2,3K E-Commerce (Quoting) 2,0 2,7L E-Commerce 2,0 2,9

(Transaktion mit Endkunden)N Mobility (Geschäftskunden) 3,1 3,8

Vorteil Zielobjekt1)

1) arithmetische Mittel (Kostenvorteil = 1; Nischenstrategie = 1)

Abbildung 104: Empfohlene Wettbewerbsstrategie der Geschäftsmodelle

Die offensichtlich unterschiedlichen Wettbewerbsstrategien der Geschäftsmodelle deuten auf die Bestätigung einer zentralen These von REISS hin: „Die Komplexität des Vertriebs ist nicht durch bloße Vermehrung der Kanäle, sondern [auch] durch mehrdeutige Ergänzungs- und Verdrängungsbeziehungen zwischen den Kanälen [respektive Geschäftsmodellen] geprägt.“917 Diese Erkenntnis hat Einfluss auf die Prozessschritte 3 und 4 des Multikanal-managements918, da der Hersteller die Konkurrenz der Kanäle respektive Geschäftsmodelle durch eine Kombination aus kalkulierter Absatzkanal-Konkurrenz und integrativer Rahmen-organisation führen kann.919

Wettbewerbsstrategie für GM ohne Endkundenkontakt Geschäftsmodelle innerhalb der Absatzkette ohne Kundenkontakt können nicht nach der oben verwendeten generischen Wettbewerbsstrategie beurteilt werden. In Abbildung 106 ist dargestellt, inwieweit das Delphi eher eine Nischen- oder eine Gesamtmarktstrategie bzw. die Fokussierung oder den Ausbau der Kompetenzen vorschlägt.

917 Reiss 2006, S. 48. 918 Vgl. Abbildung 95, S. 253. 919 Vgl. Ahlert/Hesse 2003, S. 27; Reiss 2006, S. 50. Inwieweit ein derartiger Führungsansatz – wie von REISS

vorgeschlagen – durch den Begriff Hybride Vertriebsorganisation besser als mit dem Begriff Multichannel-management zu fassen ist, soll an dieser Stelle nicht diskutiert werden.

Page 289: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

274 6 Implikationen auf die Distributionssystemgestaltung

Kompetenz Leistung1)

1) arithmetisches Mittel (Konzentration auf Kernkompetenz = 1; Nischenstrategie = 1)

O

J

P

Erweiterung desLeistungs-spektrums

Delphiempfiehlt...

Delphi empfiehlt...

Nischen-strategie

Konzentration aufKernkompetenzen

ErschließungKompetenzfelder

QF

F Einzelhandelskooperation 2,9 3,4J E-Commerce (Transaktion 2,5 2,6

mit Wiederverkäufern)O Nationale

Vertriebsgesellschaft (Hierarchie)

2,7 3,1

P Nationale Vertriebsgesellschaft (Vertrag)

3,0 3,3

Q Franchising im freien Autohandel

3,3 3,3

Abbildung 105: Wettbewerbsstrategie von Geschäftsmodellen innerhalb der Absatzkette

Im Vergleich der GM zeigen sich keine großen Unterschiede. Das Geschäftsmodell E-Commerce (Transaktion mit Wiederverkäufern) wird aus Sicht der Experten in der Nische verharren, während die beiden Geschäftsmodelle, welche die Konzentration im Einzelhandel repräsentieren (F und Q), mit einem Ausbau ihres Leistungsspektrums die Konsolidierung im Markt vorantreiben werden.

6.3.5 Kompetenzkonfiguration Die in Kapitel 5.5 untersuchten Geschäftsmodelle unterscheiden sich z.T. erheblich bezüglich der ihnen zugrunde liegenden Ressourcen und Kernkompetenzen. Sie sollten Ausgangspunkt der Gestaltung des Distributionssystems für den gezielten Einsatz der Geschäftsmodelle sein. Eine zusammenfassende Gegenüberstellung ist aufgrund der individuellen Kompetenz-konfigurationen nicht möglich.

6.3.6 Organisationskonzept Bzgl. des Organisationskonzepts wurden mehrere Parameter untersucht: Auf der einen Seite hat das Delphi die Geschäftsmodelle eingeordnet, inwieweit eher integrativ-zentralisierte oder eher desintegrativ-vernetzte Organisationsmodelle zweckmäßig sind. Auf der anderen Seite wurde eine Empfehlung abgegeben, inwieweit eine Ausdehnung des Geschäftsmodells auf weitere Teile der Wertschöpfungskette sinnvoll wäre. Abbildung 106 fasst die Ergebnisse zusammen.

Page 290: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

6 Implikationen auf die Distributionssystemgestaltung 275

Organisation Wertkette1)

1) arithmetisches Mittel (integratives Organisationsmodell = 5; Erweiterung der Wertkette = 5)

O

J

P

Erweiterung aufweitere Teile

Delphiempfiehlt ...

der Wertkette

Delphi empfiehlt ... Organisationsmodell

Fokussierung aufkleinen Teil

desintegratives /vernetztes

integratives /zentralisiertes

Q

F

F Einzelhandelskooperation 2,7 3,4J E-Commerce (Transaktion 2,2 2,6

mit Wiederverkäufern)O Nationale

Vertriebsgesellschaft (Hierarchie)

2,8 3,1

P Nationale Vertriebsgesellschaft (Vertrag)

3,1 3,3

Q Franchising im freien Autohandel

3,1 3,3

Abbildung 106: Organisationskonzepte der Geschäftsmodelle

Lediglich für das GM E-Commerce (Transaktion mit Wiederverkäufern) wird eine deutliche Empfehlung im Delphi ermittelt: Das GM sollte sich weiter auf die Kernkompetenz Fahrzeugvermittlung spezialisieren und vernetzte Strukturen pflegen.

6.3.7 Kooperations- und Koordinationskonzept Das Kooperationskonzept der einzelnen Geschäftsmodelle ist individuell unterschiedlich, Closing Gap- und Critical-Mass-Allianzen werden vielfach angewendet. Die Kooperationen sind z.T. eher netzwerkartig oder auf wenige Partner beschränkt. Insgesamt ist festzustellen, dass die Vernetzung der Geschäftsmodelle zunehmen wird, was insb. bzgl. der angestrebten Integration des MKV zu berücksichtigen ist.

Die Vielfalt der von den Geschäftsmodellen angewendeten Koordinationskonzepte zur Steuerung des Geschäftsmodells bzgl. dessen Kooperationspartner ist sehr groß und kann nicht im Überblick abgebildet werden. Unterdessen ist aus Herstellersicht die Gestaltung der vertikalen Beziehung zum Geschäftsmodell wesentlich wichtiger. Bis auf wenige Ausnahmen, deren vertikale Beziehung definitionsgemäß feststeht, sind diverse Ausprägungs-formen möglich.

Page 291: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

7 Kritische Würdigung der Ergebnisse und Ausblick 277

7 Kritische Würdigung der Ergebnisse und Ausblick Abschließend werden die Ergebnisse der Arbeit bzgl. ihrer Zielerreichung bewertet und es wird ein Ausblick auf sich anschließende Fragestellungen gegeben.

7.1 Ziel, Ergebnis und Güte der Arbeit Ausgangspunkt der vorliegenden Arbeit bildeten zwei Hauptthesen: Erstens muss der europäische Automobilvertrieb aktives Multikanalmanagement betreiben, um den Heraus-forderungen und Veränderungen im Markt zu begegnen (H-I). Zweitens boten bisher weder Literatur noch Praxis adäquate theoretische Konstrukte an, um als Grundlage des Multi-kanalmanagements die institutionellen Strukturen im europäischen Automobilvertrieb auf Groß- und Einzelhandelsebene sowie deren Veränderung konsistent und umfassend beschreiben zu können (H-II). Vor diesem Hintergrund sollten nach systematischer Erfassung des europäischen Automobilvertriebs strategische Implikationen für Automobilhersteller zur Gestaltung ihrer Vertriebssysteme abgeleitet werden. Dazu wurden fünf Forschungsfragen formuliert.

Zur Beantwortung der Forschungsfragen F-I und F-II wurden unter Rückgriff auf aktuelle Studien und Forschungsergebnisse 49 hersteller- bzw. markenübergreifende Thesen zur Distributionssituation abgeleitet und mit der Delphi-Methode empirisch überprüft und ergänzt. Außerdem bestätigte das Delphi die Notwendigkeit des Multikanalmanagements für den Automobilvertrieb und somit H-I.

Hauptthese H-II konnte in Kapitel 4.2 durch die Spiegelung in der Literatur verwendeter Analysekonstrukte an den Anforderungen einer für das Multikanalmanagement anwendbaren Typologie bestätigt werden. Zur Beantwortung von F-III und F-IV wurde nach der Diskussion möglicher Analysekonstrukte, das Geschäftsmodell-Konstrukt ausgewählt, mit einem achtstufigen Merkmalssystem für den Automobilvertrieb operationalisiert und in eine generische Geschäftsmodelltypologie überführt. Mit Hilfe der empirischen Ergebnisse wurden schließlich 23 Geschäftsmodelle differenziert und bzgl. ihrer Entwicklung bis zum Jahr 2015 prognostiziert.

Der Multikanalmanagement-Prozess wurde im Rahmen von F-V weiterentwickelt: Zum einen wurde er in einen kontinuierlichen Managementprozess überführt. Zum anderen wurde die begriffliche und konzeptionelle Unterscheidung zwischen Distributionsorganen und Absatz-kanälen eingearbeitet.

Unter Einbeziehung der Ergebnisse aus F-I bis F-IV wurden ergänzend sieben Thesen zur Multikanalvertriebssystemgestaltung im Automobilvertrieb abgeleitet sowie die erarbeiteten Geschäftsmodelle bzgl. ihrer Einsatzmöglichkeiten im Distributionssystem verglichen. Somit konnten mit dem Analysekonstrukt Geschäftsmodell relevante Aussagen/Implikationen für die Distributionssystemgestaltung abgeleitet werden, wodurch F-III bis F-V als beantwortet gelten.

Page 292: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

278 7 Kritische Würdigung der Ergebnisse und Ausblick

Güte des Analysekonstrukts Geschäftsmodell In Kapitel 4.2 wurde dargelegt, dass ein Analysekonstrukt zur Erfassung aktueller und zukünftiger Distributionsorgane virulenter Bestandteil des Multikanalmanagements ist. Insofern muss das Analysekonstrukt den Ansprüchen an eine Typologie gerecht werden. Nach der Definition, Operationalisierung und Anwendung auf den Automobilvertrieb kann Folgendes festgehalten werden:

• Komplexitätsreduktion: Indem eine branchenspezifische Typologie aufgebaut wird, mit der Empfehlungen für die DSG möglich sind, kann das Analysekonstrukt zur Reduktion von Komplexität im Multikanalmanagement beitragen und somit der unternehmens-spezifische Managementprozess vereinfacht werden. Zugleich ist das Analysekonstrukt als offenes Merkmalssystem geeignet, trotz Umweltveränderungen im Zeitablauf bestehen zu können.

• Dominanzprinzip/endliche Zahl an Typen: Mit der vorliegenden Operationalisierung ist die Bildung einer überschaubaren Anzahl an Typen möglich.

• Zweckbezogene und erschöpfende Erfassung: Die Anwendung in Kapitel 5 sowie die Ableitung Geschäftsmodell-übergreifender Aussagen in Kapitel 6.2 und 6.3 zeigen, dass i.S. der Forschungsfragen ein Teilproblem des Distributionsmanagements gelöst werden konnte.

• Merkmale auf alle erfassten Typen anwendbar: Die Operationalisierung der in Kapitel 4.4 abgeleiteten Merkmale ist auf alle Geschäftsmodelle anwendbar, wenngleich nicht alle Merkmale für jedes GM von gleicher Bedeutung sind. Überdies zeigt sich, dass insbesondere die geschäftsmodell-spezifische Segmentierung von Geschäftskunden noch Entwicklungspotenzial bietet.

• Interne Homogenität/externe Heterogenität: Teilweise wird durch die Einführung von GMV dem Postulat der internen Homogenität entsprochen. Bspw. sind die GMV Auto-haus (Hierarchie) und Autohaus (Markt) deutlich voneinander unterscheidbar, jedoch in sich weitgehend homogen. Externe Heterogenität kann als gegeben angenommen werden, da die GM untereinander unterscheidbar sind, wie die Gegenüberstellungen in Kapitel 6.3 zeigen.

• Begründete Anwendung theoretischer Ansätze: Es wurde eine umfangreiche Diskussion geführt, warum das Analysekonstrukt anderen Ansätzen vorzuziehen ist. Außerdem wurde die Operationalisierung vor dem Hintergrund der in Kapitel 4.3 dargestellten theoretischen Ansätze vorgenommen. Dessen ungeachtet sind weitere Ansätze i.S. eines offenen Merkmalsystems zur Befriedigung weiter gehender Ansprüche an das Analysekonstrukt integrierbar.

• Konsistenz und Logik: Das Analysekonstrukt ist in der Lage, ein konsistentes, vollständiges Bild der Vertriebslandschaft des Automobilvertriebs zu zeichnen, was als notwendige Grundlage für ein Multikanalmanagement anzusehen ist.

Zusammenfassend ist zu konstatieren, dass das Analysekonstrukt konzeptionell den Anforderungen an eine Typologie genügt, indes zugleich Raum für Weiterentwicklung lässt.

Güte der empirischen Ergebnisse Für die empirische Untersuchung wurde die Delphi-Methode als qualitativ-quantitativerAnsatz gewählt. In Kapitel 5 wurden die Güte der Methode sowie die Güte der Messergebnisse diskutiert. Mit der inhaltlichen Auswertung der Ergebnisse zeigt sich, dass

Page 293: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

7 Kritische Würdigung der Ergebnisse und Ausblick 279

die Geschäftsmodell-spezifischen Ergebnisse zu den in Kapitel 3 abgeleiteten allgemeinen Trends passen. Bspw. korrespondiert der prognostizierte Rückgang der Marktbedeutung des derzeit dominanten GM Autohaus (Vertrag) mit den Trends Entwicklung von Multikanal-strukturen (T-3.7), Fragmentierung der Kundenbedürfnisse (T-2.5) und begünstigte Bildung neuer Geschäftsmodelle aufgrund politisch-rechtlicher Rahmenbedingungen (T-5.3). Ein anderes Beispiel ist die prognostizierte Vorwärtsintegration (T-4.1), welche sich in der Verschiebung der Marktbedeutung vom GM NVG (Vertrag) zum GM NVG (Hierarchie) niederschlägt. Eine plausibel zu erklärende Korrelation innerhalb der Geschäftsmodell-spezifischen Ergebnisse – zwischen Preis-Premium-Bereitschaft und Markenpräferenz der Privatkunden – zeichnet sich über alle relevanten Geschäftsmodelle ab.920 Insgesamt deutet die zu beobachtende Widerspruchsfreiheit der Ergebnisse auf eine reliable Anwendung der Methode hin.

7.2 Ausblick Nach der Beantwortung der Forschungsfragen zeigt die vorliegende Arbeit weiter gehenden Forschungsbedarf auf, der sich sowohl am Untersuchungsobjekt als auch an konzeptionellen Fragestellungen orientieren kann.

Ansatzpunkte für die Weiterentwicklung bzgl. des Automobilvertriebs Die fünf Forschungsfragen wurden auf den europäischen Automobilvertrieb fokussiert, ohne auf etwaige Unternehmensspezifika einzugehen. Das Analysekonstrukt Geschäftsmodell bietet zum einen Ansatzpunkte für eine erweiterte oder detailliertere, respektive feiner abgestufte Typologie. Beispiele sind die Detaillierung der Kundensegmentierung921, die zusätzliche Betrachtung der jeweiligen internen Organisationsform922 oder die genauere Untersuchung vertikaler und horizontaler Beziehungen der Geschäftsmodelle – bspw. im Hinblick auf den Vergleich von Spezifität, Häufigkeit und Transaktionskosten. Zum anderen ist es möglich, die Geschäftsmodelltypologie an einer Herstellertypologie zu spiegeln, so dass für Herstellergruppen detailliertere Aussagen über die Nutzung bestimmter Geschäftsmodelle getroffen werden können. Die Aussagen über Markenpräferenz der Geschäftsmodell-Kunden weist bereits in diese Richtung.

Letztlich ändert sich jedoch nichts an der Feststellung, dass der DSG-Prozess unternehmens- bzw. markenspezifisch zu durchlaufen ist. Das Aussagensystem kann überdies weiterentwickelt werden, indem die empirische Basis verbreitert wird. Durch den gezielten

920 Vgl. Fußnote 909, S. 268. 921 Die Untersuchung hat gezeigt, dass gängige Merkmale zur Segmentierung von Geschäftskunden nur begrenzte

Aussagekraft für die Geschäftsmodell-Analyse haben. Kapitel 5.1 zeigt, dass z.B. die Zusammensetzung der Buying-Center stärkere Berücksichtigung finden könnte. Unabhängig vom Automobilvertrieb existiert eine Vielzahl an kundenzentrierter Literatur zum Multikanalvertrieb. Vgl. z.B. Plé 2006, S. 328.

922 Eng mit der Frage nach der internen Organisation ist i.d.R. auch die Gesellschaftsform verbunden. Sofern die Grenzen des Geschäftsmodells deckungsgleich mit den Grenzen der Geschäftsform sind.

Page 294: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

280 7 Kritische Würdigung der Ergebnisse und Ausblick

Einsatz von Kundenbefragungen und Interviews mit Betreibern der GM könnten Validität und Detailgrad der Aussagen verbessert werden.923

Ansatzpunkte für weiter gehende Forschung Aus wissenschaftlicher Perspektive erscheint es vielversprechender, die Phasen 3 und 4 des Multikanalmanagements924 sowohl im Allgemeinen als auch speziell bzgl. des Automobilvertriebs weiter auszuarbeiten. Die Systematik von SCHOLL ist ein möglicher Ansatzpunkt (vgl. Abbildung 107).

Die gezielte Kombination mehrerer Theorieansätze könnte eine vollständige Konzeption des MKV-Managements ermöglichen. Die vorliegende Arbeit liefert mit dem Geschäftsmodell-Ansatz dazu einen Baustein, mit dessen Hilfe die Rollendefinition der Absatzkanäle systematisch konkretisiert und die Prämissen (DSG-Prozessschritte 1 und 2) für die Aus-gestaltung von Kommunikation, Führung und Kontrollsystem bestimmt werden können.

Entscheidungsdimensionen zurSteuerung des Multikanal-

Vertriebssystems

RollendefinitionAbsatzkanäle

DefinitionKommunikation

DefinitionFührungsansatz

DefinitionKontrollsystem

Leistung

Vertriebskanal

Kunden

Interaktivität

Formalisierung

Inhaltliche Qualität

Motivation

Sanktion

Konflikt-bewertung

Konfliktlösung

Verhaltens-kontrolle

Ergebnis-kontrolle

Geschäftsmodell-Ansatz Kombination mehrerer theoretischer Ansätze

Abbildung 107: Weiterführende Konzeption des Multikanalmanagements

Als theoretische Ansatzpunkte der Konzeptionierung werden in der Literatur bspw. Netz-werktheorie und netzwerkartige Führungs- bzw. Organisationsformen925, Ansätze zur Absatz-kanal-Integration926 oder Steuerungsansätze auf Basis von Coopetition927 vorgeschlagen. Um die endkundengerichtete empirische Fundierung zu stärken, könnte es sich außerdem anbieten, die in Kapitel 4.3.2.5 diskutierte Customer-based view der Unternehmung als Modellbasis zu nutzen.

923 Kundenbefragungen können helfen, die inhaltliche Spezifizierung der GM zu vertiefen. Allerdings sind sie nicht

geeignet, die GM-Differenzierung sowie Prognosen über deren Entwicklung zu formulieren. Vgl. Kapitel 5.2. 924 Vgl. Abbildung 95, S. 253. 925 Vgl. bspw. Rüegg-Stürm/Young 2001; Mayer 2000; Belz/Reinhold 2005; Benkenstein/Beyer 2005; Windeler

2005.926 Vgl. bspw. Gulati/Garino 2000; Nunes/Cespedes 2003; Seifert/Thonemann/Sieke 2006. 927 Vgl. Reiss 2006, S. 48-50; Schmidtchen 2005.

Page 295: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

Anhang 1: Fragebogen Pretest 281

Anhang 1: Fragebogen Pretest

Page 296: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

282 Anhang 1: Fragebogen Pretest

Page 297: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

Anhang 1: Fragebogen Pretest 283

Page 298: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

284 Anhang 2: Vorbereitung empirische Untersuchung

Anhang 2: Vorbereitung empirische Untersuchung Tabelle 32 zeigt Thesen aus Kapitel 3, die im Fragebogen geprüft bzw. konkretisiert wurden. Teilweise wurde die Formulierung im Fragebogen zur besseren Verständlichkeit angepasst. Die Tabelle verwendet dabei folgende Nomenklatur: mit „K“ sind Thesen markiert, welche die korrespondierende These aus Kapitel 3 inhaltlich konkretisieren, während die Markierung „P“ die Zustimmung zu einer in Kapitel 3 theoretisch abgeleiteten These prüft.

These aus Kapitel 3 Formulierung im Fragebogen928

Volumenhersteller werden primär (A) Stock-Push-Strategien | (B) Pull-Strategien verfolgen. (K, SD) T-1.5: Bei der Distributionssystemgestaltung

muss die Orientierung an BtO- respektive BtS-Strategien berücksichtigt werden. Nischen- und Premiumanbieter werden primär (A) Stock-

Push-Strategien | (B) Pull-Strategien verfolgen. (K, SD) T-2.1: Die Bedürfnisse unterschiedlicher Kunden-gruppen – insb. Privat- und Geschäftskunden – müssen differenziert betrachtet werden.

Der Neuwagenabsatz wird primär an (A) Privatkunden | (B) Geschäftskunden erfolgen. (K, SD)

Die Loyalität der Geschäftskunden gegenüber Marken und Einkaufstätten nimmt ab. (P, LS) T-2.4: Die Loyalität von Privat- und Geschäfts-

kunden gegenüber Marken und Einkaufsstätten nimmt ab. Die Loyalität der Privatkunden gegenüber Marken und

Einkaufstätten nimmt ab. (P, LS) Es findet eine Individualisierung und Fragmentierung der Geschäftskunden-Bedürfnisse statt. (P, LS) T-2.5: Es findet eine Individualisierung und

Fragmentierung von Privat- und Geschäfts-kunden-Bedürfnissen statt. Es findet eine Individualisierung und Fragmentierung der

Privatkunden-Bedürfnisse statt. (P, LS) T-2.9: Die Markeninszenierung gewinnt im Privatkundengeschäft an Bedeutung.

Die Inszenierung von Markenwelten gewinnt im Privat-kundengeschäft an Bedeutung. (B. LS)

T-2.11: Channel Hopping nimmt über den gesamten Kaufprozess von Privatkunden zu.

Channel Hopping nimmt über den gesamten Kaufprozess von Privatkunden zu. (P, LS)

T-2.12: Smart-Shopping-Verhalten von Privat-kunden nimmt zu.

Smart-Shopping-Verhalten von Privatkunden nimmt zu. (P, LS)

T-2.13: Variety-Seeking-Verhalten gewinnt im Privatkundengeschäft an Bedeutung.

Variety-Seeking-Verhalten gewinnt im Privatkunden-geschäft an Bedeutung. (P, LS)

T-2.14: Convenience-Orientierung gewinnt im Privatkundengeschäft an Bedeutung.

Convenience-Orientierung gewinnt im Privatkunden-geschäft an Bedeutung. (P, LS)

T-2.15: Prestige-Shopping-Verhalten von Privat-kunden nimmt zu.

Prestige-Shopping-Verhalten gewinnt im Privatkunden-geschäft an Bedeutung. (P, LS)

T-3.1: Im Automobilhandel werden Konzentration und Konsolidierung anhalten.

Konzentration/Konsolidierung im Automobilhandel, Wegfall kleiner Händler. (P, LS)

T-3.6: Der Wettbewerb um leistungsfähige, loyale Absatzmittler steigt – es entsteht ein Kampf um Franchise Attractiveness.

Aus Sicht der Hersteller steigt der Wettbewerb um leistungsfähige Vertriebspartner im Einzelhandel. (P, LS)

T-3.7: Der Europäische Automobilvertrieb wird eine Multikanal-Struktur ausbilden.

Der Europäische Automobilvertrieb wird eine (A) Mono-kanalstruktur | (B) Multikanalstruktur ausbilden. (P, SD)

T-3.8: Die Vielfalt von Geschäftsmodellen im Automobilvertrieb kann durch Hersteller und Absatzmittler ausgenutzt werden, um Zielkunden-portfolios gezielt anzusprechen.

Es wird Unternehmen geben, die regional gezielt mehrere der Geschäftsmodelle in Kombination einsetzen. (P, LS)

T-3.10: Der Aufbau von Eigenmarken rückt stärker in den Fokus der Unternehmensstrategie

Die Etablierung von Handelsmarken nimmt zu. (P, LS)

928 Nomenklatur: Umsetzung der Thesen im Fragebogen: SD = Semantisches Differenzial, BS = binäre Ja-/Nein-

Abfrage, LS = Abfrage der Zustimmung mit Likertskala.

Page 299: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

Anhang 2: Vorbereitung empirische Untersuchung 285

These aus Kapitel 3 Formulierung im Fragebogen928

der Absatzmittler. T-4.3: Es findet Konzentration der Hersteller (Konzerne) statt, während die Vielfalt der Marken bestehen bleibt.

Es findet Konzentration der Hersteller (Konzerne) statt, während die Vielfalt der Marken bestehen bleibt. (P, LS)

Politisch-rechtliche Rahmenbedingungen (z.B. die GVO 1400/02) werden die Entstehung und Etablierung neuer Geschäftsmodelle im Automobilvertrieb an Geschäfts-kunden weiter begünstigen. (P, LS)

T-5.3: Politisch-rechtliche Rahmenbedingungen werden die Entstehung und Etablierung neuer Geschäftsmodelle im Automobilvertrieb weiter begünstigen.

Politisch-rechtliche Rahmenbedingungen (z.B. die GVO 1400/02) werden die Entstehung und Etablierung neuer Geschäftsmodelle im Automobilvertrieb an Privatkunden weiter begünstigen. (P, LS) Politisch-rechtliche Rahmenbedingungen (z.B. die GVO 1400/02) werden den Eintritt neuer Wettbewerber in den Automobilvertrieb an Geschäftskunden weiter begünstigen. (P, LS) T-5.4: Politisch-rechtliche Rahmenbedingungen

werden den Eintritt neuer Wettbewerber in den Automobilvertrieb weiter begünstigen. Politisch-rechtliche Rahmenbedingungen (z.B. die GVO

1400/02) werden den Eintritt neuer Wettbewerber in den Automobilvertrieb an Privatkunden weiter begünstigen. (P, LS)Die europäischen Neuwagen-Preisunterschiede werden (A) steigen, (B) abnehmen |. (P, SD)

T-5.6: Die nur moderat fortschreitende Preis- und Steuerharmonisierung innerhalb der EU wird mittelfristig weiterhin Geschäftsmodelle ermöglichen, die auf der Ausnutzung von Arbitrageeffekten aufbauen.

(A) Steuersätze (Preise ggü. Endkunde) werden in der EU harmonisiert. | (B) Steuersätze (Preise ggü. Endkunden) bleiben weiterhin divergent. (P, SD)

T-5.7: Anstatt des Wegfalls der GVO 1400/02 wird eine neue GVO bzw. ein ähnliches Regime für die Zeit nach dem 1.10.2010 entwickelt werden.

Es wird ein Nachfolgeregime der GVO 1400/02 geben. (P, BS)

Das Nachfolgeregime der GVO 1400/02 wird zum Ziel haben: Vollständige Abschaffung quantitativer Selektion (der Vertragshändler durch Hersteller). (K, LS) Das Nachfolgeregime der GVO 1400/02 wird zum Ziel haben: Einschränkung qualitativer Selektion (der Vertrags-händler durch Hersteller). (K, LS) Das Nachfolgeregime der GVO 1400/02 wird zum Ziel haben: Weitere Forcierung der Trennung von Neuwagen-verkauf, Service- und Ersatzteilgeschäft. (K, LS)

T-5.1: Die GVO 1400/02 führt zur Reduktion der vertragsbasierten Marketing- und System-führerschaft der Hersteller auf Großhandels- und Einzelhandelsebene.

Das Nachfolgeregime der GVO 1400/02 wird zum Ziel haben: Einheitliche Werksabgabepreise innerhalb der Europäischen Union. (K, LS)

T-5.2: Der Kosten- und Wettbewerbsdruck auf alle Mitglieder des Automobilvertriebs wird weiter hoch bleiben.

Das Nachfolgeregime der GVO 1400/02 wird zum Ziel haben: Stimulierung des Inter- und Intrabrand-Wettbewerbs. (K, LS)

Tabelle 32: Thesen zur Diskussion der Distributionssituation

Im Folgenden sind die für den Fragebogen aufbereiteten Geschäftsmodell-Beschreibungenzusammengestellt:

• A: Autohaus (herstellereigen): Verkaufsstätte für Neuwagen, Gebrauchtwagen sowie fahrzeugnahe Produkte (z.B. Tuning, Zubehör) und Dienstleistungen (z.B. persönliche Beratung, Werkstatt, Finanzdienstleistungen) über den gesamten Kaufprozess. USP: sehr breites und umfassendes Angebot für Privat und Geschäftskunden mit stark regionaler Kundenbindung. Das Autohaus ist im Eigentum des Herstellers und markenexklusiv

Page 300: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

286 Anhang 2: Vorbereitung empirische Untersuchung

ausgestaltet (häufig mit dem Charakter eines Flagship Stores mit besonders intensiver Markeninszenierung).

• B: Autohaus (Vertrag): Selbstständiger Händler für Neuwagen, Gebrauchtwagen sowie fahrzeugnahe Produkte (z.B. Tuning, Zubehör) und Dienstleistungen (z.B. persönliche Beratung, Werkstatt, Finanzdienstleistungen) über den gesamten Kaufprozess. USP: sehr breites und umfassendes Angebot für Privat und Geschäftskunden mit stark regionaler Kundenbindung. Das Autohaus ist vertraglich an den Hersteller gebunden (z.B. Handels-vertrag, Agenturvertrag) und markenexklusiv ausgestaltet (jedoch weniger starke Markeninszenierung als im herstellereigenen Autohaus).

• C: Autohaus (ungebunden): Selbstständiger Händler für Neuwagen, Gebrauchtwagen sowie ggf. fahrzeugnahe Produkte (z.B. Tuning, Zubehör) und Dienstleistungen (z.B. persönliche Beratung, Werkstatt, Finanzdienstleistungen). Keine Bindung an den Hersteller oder Investition in Markenexklusivität. USP: geringer Preis (heute insb. durch EU-Fahrzeuge), Beratung im Showroom und Kundennähe.

• D: Downtownshop: Kleine Ausstellungsfläche in hoch frequentierter Lage mit exklusiver Shopping-Atmosphäre. Das Geschäftsmodell ist ausgelegt für die Bedürfnisse von Privat-kunden mit besonders qualifizierter Beratung insb. auch bzgl. Finanz- und Mobilitäts-dienstleistungen, Tuning und Zubehör. Es werden wenige Ausstellungsfahrzeuge genutzt, dafür umfangreiche virtuelle Präsentation (elektronisch, Papier und Materialproben). Probefahrt ist nach Vorbestellung möglich. Inzahlungnahme erfolgt nach standardisierter Schätzung über unabhängige Anbieter. Beispiel: Heute lediglich Verkauf von Luxus-fahrzeugen in Boutiquen-artiger Umgebung z.B. Ferrari/Maserati im Meilenwerk, Berlin

• E: Automall: Bereitstellung einer integrativen Infrastruktur für Betreiber von automobilnahen Geschäftsmodellen, wie z.B. Autohaus, Downtownshop, Fast-Fit-Service, Zulassungsstelle, Verkehrsclub oder Gastronomie sowie weiteren Freizeit- und Event-angeboten. USP für Endkunden: direkter Vergleich eines breiten (markenexklusiven) Sortiments, Inszenierung und Erlebnisorientierung des Automobilkaufs, Bereitstellung eines umfassenden Angebots an fahrzeugnahen Services und Dienstleistungen. USP für Mieter/Betreiber der Geschäftsmodelle: Bereitstellung einer hochwertigen Infrastruktur für das eigene Geschäftsmodell mit hoher Kundenfrequenz. Beispiele: Automeile am Höherweg, Projekt Autoboulevard Hannover, Projekt ECE-Automall

• F: Einkaufsgemeinschaft: Zusammenschluss von Betreibern von Geschäftsmodellen im Automobilvertrieb, um durch die Kooperation verbesserte Einkaufskonditionen zu erreichen und dadurch die Preise gegenüber dem Endkunden senken zu können. Beispiel: Automobile Süd AG

• G: Factory Outlet: Verkauf von Überkapazitäten, Lagerfahrzeugen und Auslaufmodellen (ggf. nur einer Marke) an wenigen logistisch optimalen Standorten ohne spezielles Dienstleistungsangebot (wie etwa Beratung, Probefahrt oder GW-Inzahlungnahme) nach dem Take-away-Prinzip. Keine Markeninszenierung, keine/wenig Werbung; wechselnde Sortimentsbreite und -tiefe; starke Integration in die Logistik- und Fahrzeugbestell-prozesse des Herstellers. Beispiele: Bisher keine Beispiele im Neuwagenvertrieb (lediglich Verkäufe der Hersteller an Mitarbeiter sind z.T. ähnlich gestaltet)

• H: Vermittlung (branchenfremd): Vermittlung eines vorkonfigurierten Fahrzeugs an Privatkunden in einer nicht-automobilnahen Einkaufs-Umgebung zum Festpreis (wenig/keine Spezifikationsmöglichkeiten). Maximal ein Ausstellungsfahrzeug und keine individuelle Beratung vor Ort. Keine Markeninszenierung. Kommunikation des Angebots über etablierte Kommunikationskanäle der jeweiligen Branche (z.B. Erwähnung in Katalog oder Webauftritt). Enge Kooperation und hohe Abhängigkeit zwischen dem

Page 301: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

Anhang 2: Vorbereitung empirische Untersuchung 287

Geschäftsmodellbetreiber und Lieferanten/Verkäufer der Fahrzeuge. Beispiele: Fahrzeug-vermittlung über Discout- und Baumärkte in Deutschland (z.B. PLUS)

• I: Vermittlung (branchennah): Vermittlung eines Fahrzeugs im Auftrag eines Endkunden in einer automobilnahen Umgebung (z.B. Werkstatt) mit eingeschränktem Beratungs- und Dienstleistungsangebot. Ausnutzung der Kundennähe. Kein/wenig Showroom. Rechtlicher Status ist z.B. sog. EU-Vermittler oder Agentur. Beispiel: Vermittlung von Fahrzeugen durch einen reinen Werkstatt-Service-Betrieb

• J: Vermittlung an Wiederverkäufer: Das Geschäftsmodell bringt Anbieter und Nachfrager (hier nur Wiederverkäufer) von Neuwagen (innerhalb Europas) zusammen und vermittelt den Kauf. Häufig findet die Abwicklung über das Internet statt. Die Fahrzeuge werden oft grenzüberschreitend vermittelt, um Fahrzeugpreisunterschiede innerhalb Europas auszunutzen. Beispiele: eln.de oder tradelinx.org

• K: E-Commerce (Quoting/Vermittlung): Teil-Abwicklung des Kaufprozesses über Internet/Call-Center im Sinne einer Vermittlung. Teile des Kaufprozesses (z.B. Unterschrift Kaufvertrag) werden stationär beim Verkäufer abgewickelt. Hier werden Angebot und Nachfrage mit Hilfe der Internettechnologien zusammengebracht („Matching“) – der Fokus liegt auf der Anbahnung von Geschäften. Leistungsangebot: Beratung, Informationen über Modellvarianten, Preise und technische Daten, Fahrzeug-Konfigurator, Angebot/Vermittlung zusätzlicher Dienstleistungen, Fahrzeugübergabe zu Hause, ggf. Inzahlungnahme über Kooperationspartner. Beispiele: eSEAT.de, autoprice.de, carsdirect.com; Autoscout24 als Beispiel im Gebrauchtwagenhandel, welches ggf. adaptierbar ist

• L: E-Commerce (Transaction): Vollständige Abwicklung des Kaufprozesses über Internet/Call-Center. Leistungsangebot: Beratung, Informationen über Modellvarianten, Preise und technische Daten, Fahrzeug-Konfigurator, Angebot/Vermittlung zusätzlicher Dienstleistungen, Fahrzeugübergabe zu Hause, ggf. Inzahlungnahme über Kooperations-partner. Beispiele: spezielle Plattformen für Flottenkunden bzw. pkw.de, motena.de (hier ist aus rechtlichen Gründen bisher ein Papier-basierter Vertrag notwendig)

• M: Vertrieb von Mobilität: Bereitstellung von Mobilität. Kunde kauft ein zeitlich begrenztes Nutzungsrecht für ein bestimmtes Fahrzeug oder eine Auswahl von Fahrzeugen. Flexible Vertragsgestaltung zum Kunden bzgl. Fahrzeugwahl, Vertragsdauer, Versicherungsschutz, Service, Umfang zusätzlicher Dienstleistungen. USP: Geringer zeitlicher Aufwand, Kostentransparenz und keine langfristige Bindung. Beispiele: z.B. Flottenmanagement, Leasing- und Mietangebote. Gesamtlösung für Privatkunden z.B. Deutsche Bahn mit MobilityCard 100 oder Shell-Deutschland mit dem Zeitfahrzeug-konzept ShellDrive. Gesamtlösung für Geschäftskunden z.B. Leaseplan, GE Fleet Services u.a.

• N: Geschäftskundenspezialist: Geschäftsmodell, welches sich ausschließlich an den Bedürfnissen von Geschäftskunden orientiert. Angebot spezieller Dienstleistungen (z.B. Fahrzeuganzahl, Flottenmanagement, Restwertmanagement, Rücknahmegarantien, Spezialausrüstung). Betreuung kann stationär oder über Internet/Call-Center in Verbindung mit Außendienstmitarbeitern erfolgen. Beispiele: Angebote der Hersteller im Direktvertrieb für bestimmte Segmente

• O: Nationale Vertriebsgesellschaft (herstellereigen): Ausführung klassischer Importeurs-/Großhandelsaufgaben durch eine Gesellschaft des Herstellers in einem Markt. Leistungs-spektrum z.B. Logistik, Disposition und Zwischenlagerung von Fahrzeugen, Betreuung des Einzelhandels und von Großkunden, nationale Marketingkampagnen, etc. Beispiele: Volkswagen France, Toyota Deutschland GmbH, Renault Italia

Page 302: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

288 Anhang 2: Vorbereitung empirische Untersuchung

• P: Nationale Vertriebsgesellschaft (Vertrag): Ausführung klassischer Importeurs-/Großhandelsaufgaben im Auftrag des Herstellers in einem Markt. Vertragliche Bindung des Geschäftsmodells an den Hersteller. Leistungsspektrum z.B. Logistik, Disposition und Zwischenlagerung von Fahrzeugen, Betreuung des Einzelhandels und von Großkunden, nationale Marketingkampagnen, etc. Beispiel: Porsche Austria, Nissan Motor Danmark A/S

• Q: Franchiseverträge im freien Automobilhandel: In Anlehnung an Werkstattsystem-anbieter wie Bosch Partner, A.T.U. oder Kwik-Fit bietet ein Neuwagen-Großhändler den Betreibern des Geschäftsmodells Autohaus (ungebunden) einen Franchisevertrag an, um die Vorteile des vom Hersteller unabhängigen Autohandels (z.B. geringere Kosten) mit den Vorteilen des Franchisesystems (z.B. Bündelung von Kommunikationsmaßnahmen) zu verbinden. Mit diesem Geschäftsmodell wird die Kommunikation und Inszenierung der Fahrzeugmarken zu Gunsten der Kommunikation der Autohausmarke reduziert. Beispiele: Autowelt AG in Deutschland oder D.car in GB.

• III.1: Auktionen: Öffentliche (Bsp. eBay) oder geschlossene Auktionen (ähnlich GW-Auktionen)

• III.2: Tele-Shopping: Z.B. in speziellen Tele-Shopping Sendern bzw. Sendungen, ggf. in Verbindung mit interaktiver Kommunikations-Technologie

• III.3: Kataloge: Neuwagenvertrieb über Kataloge. Bsp. Quelle Katalog • III.4: Nationale Großhandelsdienstleister: Kein Handel, sondern nur die Bereitstellung

von ausgewählten „Importeurs“-Dienstleistungen für den Hersteller. Beispiel: SEAT in Portugal

• III.5: Eventvertrieb: Verkauf von Neuwagen im Rahmen eines (Freizeit-) Events, welches u.a. zur Kommunikation und Inszenierung der Marke sowie zur Vertiefung der Geschäfts-beziehung angelegt ist.

Page 303: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

Anhang 3: Fragebogen 1. Delphi-Runde 289

Anhang 3: Fragebogen 1. Delphi-Runde

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290 Anhang 3: Fragebogen 1. Delphi-Runde

Page 305: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

Anhang 3: Fragebogen 1. Delphi-Runde 291

Page 306: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

292 Anhang 3: Fragebogen 1. Delphi-Runde

Page 307: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

Anhang 3: Fragebogen 1. Delphi-Runde 293

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294 Anhang 3: Fragebogen 1. Delphi-Runde

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Anhang 3: Fragebogen 1. Delphi-Runde 295

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296 Anhang 3: Fragebogen 1. Delphi-Runde

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Anhang 3: Fragebogen 1. Delphi-Runde 297

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298 Anhang 3: Fragebogen 1. Delphi-Runde

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Anhang 3: Fragebogen 1. Delphi-Runde 299

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300 Anhang 3: Fragebogen 1. Delphi-Runde

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Anhang 3: Fragebogen 1. Delphi-Runde 301

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302 Anhang 3: Fragebogen 1. Delphi-Runde

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Anhang 4: Fragebogen 2. Delphi-Runde 303

Anhang 4: Fragebogen 2. Delphi-Runde

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304 Anhang 4: Fragebogen 2. Delphi-Runde

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Anhang 4: Fragebogen 2. Delphi-Runde 305

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306 Anhang 4: Fragebogen 2. Delphi-Runde

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Anhang 4: Fragebogen 2. Delphi-Runde 307

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308 Anhang 4: Fragebogen 2. Delphi-Runde

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Anhang 4: Fragebogen 2. Delphi-Runde 309

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310 Anhang 4: Fragebogen 2. Delphi-Runde

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Anhang 4: Fragebogen 2. Delphi-Runde 311

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312 Anhang 4: Fragebogen 2. Delphi-Runde

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Anhang 4: Fragebogen 2. Delphi-Runde 313

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314 Anhang 4: Fragebogen 2. Delphi-Runde

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316 Anhang 4: Fragebogen 2. Delphi-Runde

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Anhang 4: Fragebogen 2. Delphi-Runde 317

Page 332: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

318 Anhang 5: Auswertung freier Antworten aus Befragungsrunde I

Anhang 5: Auswertung freier Antworten aus Befragungsrunde I In diesem Abschnitt ist die Konsolidierung frei formulierter Statements der Teilnehmer zur Thesen in Runde II dargestellt.

Anhang 5.1 Statements aus Teil I des Fragebogens Die Frage „Welche sonstigen Ziele wird ein Nachfolgeregime der GVO 1400/02 haben?“ hat die in Tabelle 33 dargestellten Antworten hervorgebracht. Für alle nachfolgend dargestellten Tabellen gilt: Die Statements sind den konsolidierten Thesen zugeordnet, dabei wurden Statements eines Teilnehmers zu mehreren Teilthemen ggf. aufgeteilt.

Statements der Teilnehmer Konsolidierte Thesen für Runde II − Totale Liberalisierung im After-Sales-Bereich − Sicherheitsaspekte; Wartung/Reparatur

Entwicklung der GVO: Totale Liberalisierung im After-Sales-Bereich

Erwarte Schirm-GVO für alle Produkte Entwicklung der GVO: Automobilvertrieb fällt unter Schirm-GVO (heute GVO 2790/1999)

Tabelle 33: Thesen zu Zielen eines Nachfolgeregime der GVO 1400/02

Die Frage „Welche weiteren Trends haben Ihrer Meinung nach besondere Auswirkung auf die Strukturen des europäischen Automobilvertriebs?“ hat die in Tabelle 34 dargestellten Antworten hervorgebracht – sie wurden in Runde II zusätzlich abgefragt.

Statements der Teilnehmer Konsolidierte Thesen für Runde II − Importrestrictions for non-EU (= Chinese) manufacturers − Grundsätzliche Liberalisierung der Märkte − Massiver Kostendruck auf allen Wertschöpfungsstufen (insb.

Vertrieb!)

„Die EU wird Einfuhrbeschränkungen für Nicht-EU-Fahrzeughersteller einführen.“ ODER929 „Liberalisierung der Märkte und Wettbewerb nehmen zu.“

Neue EU-Länder und deren Wachstum „Stagnation der Neuwagen-Nachfrage (trotz neuer EU-Mitglieder)“ ODER „Wachstum in der Neuwagen-Nachfrage (insb. durch neue EU-Mitglieder)“

− Progress – or otherwise – of Euro zone (i.e. the Single Currency) and allied moves to fiscal harmonisation will condition the extent to which manufacturers' franchised channel strategies/structures can be harmonised across markets

− Unterschiedliche Steuersätze − Steuerharmonisierung in Europa oder Ursprungsland-

besteuerung

„Steuersätze (Preise ggü. Endkunde) werden in der EU harmonisiert.“ ODER „Steuersätze (Preise ggü. Endkunde) bleiben weiterhin divergent.“

Konzentrationstendenzen zum Hersteller, [weniger Konzerne, weiterhin viele Marken]

Es findet Konzentration der Hersteller (Konzerne) statt, während die Vielfalt der Marken bestehen bleibt.

− Steigende Produktionskapazitäten bei stagnierender Nachfrage − Kein Rückgang der Überkapazitäten im Massenmarkt (eher

Zunahme!) − Überkapazitäten, insb. von Volumenherstellern − Überkapazitäten der Hersteller führen zu Kostenproblemen und

dann zu niedrigerer Marge und damit zu Händlersterben und Konzentration

Die Produktionskapazitäten der Hersteller für den europäischen Markt werden gesteigert.

929 Durch „ODER“ getrennte Fragen wurden im Fragebogen als Semantisches Differenzial formuliert.

Page 333: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

Anhang 5: Auswertung freier Antworten aus Befragungsrunde I 319

Statements der Teilnehmer Konsolidierte Thesen für Runde II − Ausbau Händlergruppen/Mega-Dealer, Wegfall kleiner Händler − Konsolidierung Händler − Konzentration im Automobilhandel − Konsolidierung im Handel aufgrund abnehmender

Wirtschaftlichkeit – Kettenbildung − Es wird immer mehr Megadealers geben − Massive Konzentration (und Kooperation) im Automobil-

handel, Notwendigkeit der Reduzierung der Handelskosten (insb. Fixkosten) infolge aggressiven Wettbewerbs

− Konsolidierung der Händlerbetriebe − Eintritt US-amerikanischer Handelsgruppen

Konzentration/Konsolidierung im Auto-mobilhandel, Wegfall kleiner Händler.

− Abnehmende Serviceintensität − Produktentwicklung (z.B. Service-/Wartungsbedarf

Extremfall wartungsfreies Fahrzeug)

Abnehmende Serviceintensität der Fahr-zeuge und somit Abnahme des Umsatz-volumens im Service.

− Komplexität im Service spezifisches Know-how − Vehicle reliability and aftersales market − Etablierung horizontaler Spezialisten (ATU, Ketten,…)

Technische Komplexität der Fahrzeuge nimmt zu, dadurch zunehmende Konsolidierung und Segmentierung im After-Sales-Geschäft.

− Steigende Individualisierung − Schnelle Produktlebenszyklen

Steigende Nachfrage der Endkunden nach individualisierten Dienstleistungen und Produkten.

Energy; road pricing Kosten und Abgaben für Fahrzeug- bzw. Straßennutzung werden steigen.

− Increase of direct involvement of the automotive manufacturers. The automotive brands will have a major role on retail, in some cases more than 50% of direct sales from manufacturers Concentration of the back office in few companies and expand the outlet

− Aufkauf freier Wholesaler zur Kontrolle des Vertriebsnetzes − Ausweitung des Direktvertriebs der Hersteller

Zunahme des Direktvertriebs auf z.T. 50% des Absatzvolumens der Volumenhersteller.

Etablierung von Handelsmarken Die Etablierung von Handelsmarken nimmt zu.

Große/starke Einzelhändler(-ketten) übernehmen teilweise heutige Großhandelsfunktionen (z.B. Transport, Flottenverkäufe, Finanzangebote)

Große/starke Einzelhändler(-ketten) übernehmen z.T. heutige Großhandels-funktionen (z.B. Transport, Flottenverkäufe, Finanzangebote).

− Franchise Attractiveness − Rückbesinnung von Marktanteils-Käufen zu Deckungsbeitrags-

Orientierung bei vielen Herstellern − Abnehmender Einfluss der OEMs auf den Automobilvertrieb

Aus Sicht der Hersteller steigt der Wettbewerb um leistungsfähige Vertriebs-partner im Einzelhandel.

Aufbau neuer Netze für chinesische Marken. Evtl. in Kooperation mit Aftersales Ketten. Beispiele aus der Vergangenheit: Rover/Pitstop. Halfords/Kia in UK

Aufbau der Vertriebsnetze chinesischer Marken mit unkonventionellen Mitteln (z.B. Vertrieb über Service-Ketten).

− Polarisierung der Käuferverhältnisse: Trennung in Niedrigpreis- und Premiumkäufer

− Polarisierung der Einkommensverhältnisse − Der Pluralität gehört die Zukunft. Die Frage ist, welcher

Hersteller sich am besten darauf einstellt

Die Polarisierung des Kaufverhaltens bzw. Trennung von Premium- und Niedrigpreis-käufern führt zu Etablierung spezialisierter Geschäftsmodelle.

Strongly dependent on segments. Small cars/private customers: Push strategy – business customers/larger car segments: Pull strategy. New car sales in smaller segments will be mainly private customers – new car sales in larger car segments will emphasize

Vertrieb von kleinen Fahrzeugen bzw. an Privatkunden folgt Stock-Push-Strategie, während der Vertrieb von großen Fahrzeugen bzw. an Geschäftskunden Pull-Strategie folgt.

Tabelle 34: Thesen zu weiteren Trends mit Auswirkung auf Automobilvertrieb

Page 334: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

320 Anhang 5: Auswertung freier Antworten aus Befragungsrunde I

Folgende Statements der Teilnehmer entsprechen branchenübergreifend geltenden Trends: „Kürzere Produktlebenszyklen“, „Technology: Communication“, „Verbesserung der Internettechnologie/-verfügbarkeit“, „Alterung der Bevölkerung“, „mehr weibliche Kunden“, „Ausbau des Markenmanagements“ und „Kundenbindungsmaßnahmen“. Diese wurden daher nicht in Runde II aufgenommen, sondern lediglich wie in Abbildung 108 rückgekoppelt.

Abbildung 108: Feedback von Globalthesen im Feedback zu Runde I

Die in Tabelle 35 dargestellten Statements waren im Fragebogen bereits berücksichtigt und werden daher nicht weiter verarbeitet.

Statements der Teilnehmer Berücksichtigung in Runde I Allg. Einkaufsverhalten: preisgünstig, bequem, aber auch Forderung nach Beratung diverse Anlaufstellen bis zum Kauf

Frage T-2.11 (Channel Hopping)

Nachfolge GVO ist so wichtig, wie das "sozial" in Marktwirtschaft. Grund: Auto und Sicherheit sind untrennbar verbunden. Daher muss es immer eine gewisse Kontrolle über die Händler geben

T-5.7 (Nachfolgeregime)

All brands aspire to stock-pull strategies, but most cannot escape the realities of stock-push!

T-1.5 (Vertriebsstrategie)

Convenience-Orientierung: daher verstärkt Mehrmarken-Automalls

Berücksichtigt über Geschäftsmodell Automall

Leasinggesellschaften für Geschäftskunden (alles aus einer Hand)

Berücksichtigt über Geschäftsmodell Mobility

Tabelle 35: Bereits in Runde I berücksichtigte Statements

Statements in Tabelle 36 wurden in Runde II nicht als allgemeine Branchentrends behandelt, sondern im geschäftsmodellspezifischen Kontext berücksichtigt.

Page 335: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

Anhang 5: Auswertung freier Antworten aus Befragungsrunde I 321

GM Statements der Teilnehmer Konsolidierte Thesen für Runde II − Privatkunden-Mobilitätskonzepte (benutzen

statt besitzen) − Finanzierung/Leasing anstatt Kauf − Privatkunden Mobilitätskonzepte (zw. Bank

und OEM)

Kunden nutzen zukünftig vermehrt Miet-/Leasingangebote, anstatt Eigentum zu erwerben.

Unbundling von Full-Service Leasing bei Großflotten Stärkung markenunabhängiger Serviceketten

Unbundling von „Full-Service Leasing“: Große Flotten werden stärker markenunabhängige Serviceketten nutzen.

Mob

ility

− Downstream Profitabilität − Aufbau von Captive Leasinggesellschaften

zum Vertrieb aller Konzernmarken

Hersteller werden stärker in das Leasinggeschäft einsteigen, um ihr Markenportfolio optimal anzubieten.

Nat

iona

le

Ver

trie

bs-

gese

llsch

aft Länder- und Markenübergreifende Importeure Auf Großhandelsebene werden nicht-marken-

prägende Prozesse stärker konzentriert abgewickelt – auch Markt-übergreifend. (z.B. in zentralen „Center of Competence“)

Tabelle 36: Im Kontext der Geschäftsmodelle rückgekoppelte Statements

Anhang 5.2 Statements aus Teil II des Fragebogens Nicht bei allen Geschäftsmodellen wurden freie Statements abgegeben, Tabelle 37 bis Tabelle 44 fassen die Statements bzgl. der Geschäftsmodelle zusammen.

GM Statements der Teilnehmer Konsolidierte Thesen für Runde II "contract"-dealers are relative small (<500 vehicles/year)

Dieses Geschäftsmodell wird zukünftig i.d.R. nicht mehr als 500 Fzg. p.a. absetzen.

Aut

ohau

s (V

ertr

ag)

I believe it important to target private customers and small businesses/regional/local authorities with quality offers (service, personal support/contact...)

Dieses Geschäftsmodell sollte sich zukünftig mit hoher Leistungsqualität und einer Verbindung aus Verkauf und Werkstatt regional auf Privatkunden und „Small Businesses“ spezialisieren.

Aut

ohau

s (M

arkt

) Frequenzbringer (Reifen, Öl...) zur Erweiterung des Leistungsspektrums denkbar.

Sog. Frequenzbringer (Reifen, Öl...) sind zur Erweiterung des Leistungsspektrums dieses Geschäftsmodells denkbar.

Tabelle 37: Statements zum GM Autohaus

Statements der Teilnehmer Konsolidierte Thesen für Runde II single brand and segment related multibrand seem possible approaches

Es ist zukünftig sowohl eine markenexklusive, als auch eine markenübergreifende, segmentspezifische Variante dieses Geschäftsmodells denkbar.

Kann mir derzeit nur vorstellen, dass Hersteller das nötige Kleingeld hierfür haben und sich diese exklusiven Plätze auch sichern wollen.

Dieses Geschäftsmodell wird eher von Herstellern zur Markenpositionierung initiiert und finanziell getragen.

Tabelle 38: Statements zum GM Downtownshop

Statements der Teilnehmer Konsolidierte Thesen für Runde II Discounter-Automalls, z.B. zahlreiche Einheiten im unteren Preissegment auf der "grünen" Wiese (etwa wie heute sog. "Trader" in China) geringe Kosten, da wenig Präsentation/Beratung

„Discounter-Automalls“ mit nicht-markenexklusivem Angebot zahlreicher Einheiten/Modelle im unteren Preissegment auf der "grünen" Wiese (etwa wie heute sog. "Trader" in China) werden an Bedeutung gewinnen.

Tabelle 39: Statement zum GM Automall

Page 336: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

322 Anhang 5: Auswertung freier Antworten aus Befragungsrunde I

Statements der Teilnehmer Konsolidierte Thesen für Runde II Zielgruppenorientierte Vermittlung, z.B. Freizeitfahrzeuge über Jack Wolfskin oder andere freizeitorientierte Marken

Im Rahmen dieses Geschäftsmodells werden zukünftig zielgruppenorientiert Fahrzeuge mit speziellem Bezug zum Sortiment des branchenfremden Vermittlers angeboten. Z.B. Freizeitfahrzeuge über „Jack Wolfskin“ oder andere freizeitorientierte Marken.

Das Thema ist virulent, seit es die GVO gibt. Carrefour, ALDI, Plus, Edeka, ... alle haben es versucht, aber nichts ist übriggeblieben. Kurzes Aufsehen bei Brachat oder Diez und das wars.

Bedeutung abgefragt in Teil III des Fragebogens

Tabelle 40: Statements zum GM Vermittlung (branchenfremd)

Statements der Teilnehmer Konsolidierte Thesen für Runde II Unterschied zwischen der Entwicklung von Privat- und Geschäftskunden!

Dieses Geschäftsmodell wird sich bezüglich Privatkunden und Geschäftskunden unterschiedlich entwickeln.

Tabelle 41: Statement zum GM Mobility

Statements der Teilnehmer Konsolidierte Thesen für Runde II − Internationalisierung der Einkaufsgemeinschaft − Internationalisierung; Erweiterung des

Markenspektrums um "neue" Fernost Marken; Kooperationen/Konsolidierung

Die Internationalisierung dieses Geschäftsmodells wird voranschreiten. ODER Dieses Geschäftsmodell hat eher regionalen Fokus.

− Einkaufskooperationen werden einen längeren Entwicklungsprozess auf dem Wege zu integrierten Organisationen durchlaufen.

− kein Geschäftsmodell! Findet da statt, wo Hersteller Volumenboni geben bzw. Verfügbarkeiten rar sind.

Dieses Geschäftsmodell stellt einen Zwischenschritt hin zu integrierten Organisationsformen (Handelsgruppen) dar. ODER Kein Geschäftsmodell, es existiert nur aufgrund bestimmter Bonus-/Margen-Gestaltung der Hersteller. (z.B. Volumenbonus)

− CRM des Handels intensivieren, Kauf von Leasinggesellschaften

− Zukunftsfähigkeit des Geschäftsmodells mit reiner Fokussierung auf Einkauf fraglich (vgl. Abschaffung von Pooling-Effekten bei neuem VW-Margensystem)

− Kooperationen sind grundsätzlich erstrebenswert, um durch Synergieeffekte Kosten zu senken. Allerdings diese gleich an den Markt weiterzugeben ist falsch. Der Handel muss dringend wieder vernünftige Renditen erzielen. Ansonsten werden die Insolvenzen weiter gehen

− Konzentration auf Einkaufsbedarf und -bündelung für mittelgroße Autohändler aller Marken; nicht nur NW und GW, sondern ET und Zubehör

− combined marketing strategy − Increase cooperation in after-sales & parts activities

Das Geschäftsmodell wird auf andere Bereiche ausgedehnt, z.B. gemeinsame Marketing-Strategien oder After-Sales.

− Zusätzliches Outsourcing aller Aktivitäten, die mit dem originären Fahrzeugverkauf nichts zu tun haben

Buchhaltung, Call-Center, IT etc.

Geschäftsmodell wird Aktivitäten outsourcen, die zur Kernkompetenz Automobilvertrieb gehören: z.B. Call-Center, IT.

Tabelle 42: Statements zum GM Einzelhandelskooperation

Page 337: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

Anhang 5: Auswertung freier Antworten aus Befragungsrunde I 323

Statements der Teilnehmer Konsolidierte Thesen für Runde II − Ergibt nur Sinn auf Märkten, die keine

Händlerkonzentrationen haben. Sonst teilweise redundant mit dem Handelsaufgaben

− Ein Auslaufmodel, das entweder vom Hersteller selbst oder von großen Ketten organisiert wird.

Dieses Geschäftsmodell ist ein Auslaufmodell, dessen Funktionen durch große Händler respektive den Hersteller übernommen werden. Hersteller streben nach stärkerer Kontrolle der Vertriebsnetze.

− Shared Services im Verbund mit anderen Vertriebsgesellschaften

− Marke nutzt outsourced Services − Im Teilebereich sind Kooperationen bzgl.

Lager/Logistik mehrerer Marken denkbar. Aufgabenverteilung spannend, wenn mal VW Deutschland "herausgeschält" wird aus dem Konzern.

− Überprüfung der Funktionen, Daseinsberechtigung von VGs!, ggf. z.B. europaweite Centers of Competence für z.B. Marketing/Vertrieb direkt an Hersteller/Zentrale

− one wide european market should need much more concentration of NSC (i.e. Mediteranian area)

− Develop back-office synergies across different brands that the importer represents, to reduce duplication of activities as far as possible

− eine Organisation very lean; Mehrmarken starke Synergienutzung

Auf Großhandelsebene werden nicht-markenprägende Prozesse stärker konzentriert abgewickelt – auch Markt-übergreifend. (z.B. in zentralen „Center of Competence“)

− Marke bearbeitet den Markt, betreut den Handel (Vertrieb, Marketing, PR, …)

− Develop measure of which NSC activities deliver real value to whole distribution chain, and which might better be outsourced to the manufacturer, outsourced to specialist pioneers or delegated to dealer/dealer groups

− Trennung von akquisitorischen und logistischen Funktionen (letztere mit der Möglichkeit des Outsourcing)

− Interessant wird das kurzfristige Verhältnis zwischen nationaler Vertriebsgesellschaft und großen Händlergruppen sein: Prognose: wachsende Übernahme von Vertriebsverantwortung und -Aufgaben der nationalen Vertriebsgesellschaften durch Händlergruppen

− Outsourcing wo möglich für Kostenoptimierung (PDI, Logistik, Lagerung)

− Nationale Aufgaben können auch durch große Händler wahrgenommen werden.

Skalierbare Prozesse und Funktionen nationaler Vertriebsgesellschaften werden zukünftig outgesourced (z.B. PDI, Logistik, Lagerung).

Tabelle 43: Statements zum GM Nationale Vertriebsgesellschaft, Teil 1 von 2

Page 338: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

324 Anhang 5: Auswertung freier Antworten aus Befragungsrunde I

Statements der Teilnehmer Konsolidierte Thesen für Runde II − The NSC is only an intermediary. − Importeure reduzieren sich auf die reine Logistikfunktion

im Rahmen funktionierender Systeme und werden damit in ihrer bisherigen Form überflüssig.

− Enges, zeitnahes Tracking des eigenen "Marktanteils" im Land; weiterer Ausbau der lokalen Marketing-/Event-Kompetenz; Fokussierung auf direkten Kundenkontakt, Kontakt-Datenbanken

− to concentrate in Market Share gaps (potential sales increase) to look for innovative distribution systems, focussing on the direct distribution, market power

− Entwicklung und Umsetzung neuer, kundennaher Initiativen (z.B. GW-Programme, Mobilitätsdienste) über das Händlernetz. Ziel: Ergebnissteigerung auf GH- und EH-Ebene

− einheitliches KPI-basiertes Berichtswesen: Handel Importeur OEM

Nationale Vertriebsgesellschaften werden sich zukünftig stärker auf markenspezifische Marktausschöpfung bzw. akquisitorische Funktionen, anstatt auf logistische Funktionen fokussieren.

− Funktion des "Importers" ist in Europa nicht mehr notwendig

− Werden zurück gehen − Sind meiner Meinung nach in Zukunft überflüssig

Bedeutung abgefragt in Teil III des Fragebogens

− GM benötigt hohe Liquidität so far nicht erfolgreich; benötigt besonderen USP

− Business Model would need to demonstrate that it is able to operate as effectively as, and cheaper than, the. manufacturer-franchised channels; would therefore need to accompany this with strong retail branding to establish these credentials with customer

Dieses Geschäftsmodell ist von hoher finanzieller Liquidität abhängig.

Tabelle 44: Statements zum GM Nationale Vertriebsgesellschaft, Teil 2 von 2

Anhang 5.3 Statements aus Teil III des Fragebogens In Tabelle 45 sind Statements auf die Fragen „Sollten noch weitere Geschäftsmodelle auf Groß- und/oder Einzelhandelsebene berücksichtigt werden? Bitte nennen Sie Beispiele.“ Und „Sehen Sie Geschäftsmodelle anderer Branchen, die zukünftig modifiziert im Automobilvertrieb angewendet werden könnten? Bitte nennen Sie Beispiele.“ zusammengefasst.

Page 339: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

Anhang 5: Auswertung freier Antworten aus Befragungsrunde I 325

Statements der Teilnehmer Geschäftsmodellvorschläge für Runde II Networking-Marketing für Luxusautos (über persönliche Beziehungen)

„Networking-Marketing“: Geschäftsmodell für den Vertrieb von Luxusautos, das sich rein auf die Nutzung persönlicher Beziehungen stützt.

Privatkundenmobilität Privatkunden-Mobilitätskonzept: Kunden schließen Mobilitätsvertrag, welcher die (Neuwagen oder Gebrauchtwagen) Fahrzeugnutzung gegen eine feste monatliche Gebühr ermöglicht. Vertrag beinhaltet variable Kosten und ermöglicht den Fahrzeugwechsel. (Vgl. Toyota Aygo in Schweden oder Mobilfunkverträge)

Fachmarktkonzepte Fachmärkte: Diese bieten segmentspezifisches Angebot (z.B. Sportwagen, Gelände-/Freizeitfahrzeuge)

− Internet-Bestellung und Abwicklung und Lieferung mit klarem Preisvorteil (z.B. DELL-Computers)

− Combined shopping (consumers who combine (via internet) to get better deals)

− Interactive showrooms (build and test your car via Virtual Reality and then order it)

Berücksichtigt über Geschäftsmodell E-Commerce

− Haustürgeschäfte für low-budget Marken/Fzg. (Fox/Logan)

− vermehrte "Billig-Fahrzeuge"

Hard Selling: Privatkunden wird durch Außendienst an der Haustür der Kauf von „Low-Budget“-Marken bzw. – Fahrzeugen angeboten (z.B. Dacia Logan, VW Fox)

− Door-to-Door-Vertrieb (mit Key Account Management) im Geschäftskundenbereich

− Das derzeit am stärksten an Bedeutung gewinnende GM Händlergruppe wird hier nicht explizit berücksichtigt, sondern steckt nur indirekt im Geschäftsmodell Autohaus drin. Somit findet das Thema Konzentration/Ballung von Absatzmacht beim Handel keine adäquate Berücksichtig

Händlergruppe: Kooperation mehrerer (ehemalig) selbständiger Unternehmer im Einzelhandel, um ggü. Herstellern Einkaufsmacht aufzubauen sowie insbesondere Skaleneffekte und Professionalisierungseffekte in der Marktbearbeitung auszunutzen. Oft Einsatz mehrerer Geschäftsmodelle. Z.B. Pendragon plc, AVAG Holding, Inchcape plc

− Autosupermarkt − Aufbau von Customer-Convenience Centern mit

hoher Angebotsdichte an einem Platz

Customer-Convenience-Center: Hohe Angebotsdichte und -vielfalt an einem Verkaufsort

− Leasinggesellschaften − Spezifische Dienstleistungen im

Neuwagenbereich, z.B. "Brokerfunktion" von Flottenmgmtfirmen im Zusammenspiel mit pan-europäischen Flotten- und Leasinggesellschaften

Flottenmanagement: Geschäftsmodell, welches zwischen (großen, pan-europäischen) Flottenbetreibern und Leasinggesellschaften bzw. Mobility-Providern agiert. Es übernimmt im Rahmen eines Master-Service-Agreements „Brokerfunktion“ und führt sog. „Multibidding“ durch, um die Kosten des Flottenbetreibers zu optimieren.

Tabelle 45: Vorschläge der Experten für weitere GM

In Tabelle 46 sind „weitere Ziele“ zusammengestellt, welche die Experten aus Herstellersicht bzgl. des Einsatzes der Geschäftsmodelle als relevant einschätzen.

Page 340: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

326 Anhang 5: Auswertung freier Antworten aus Befragungsrunde I

Geschäftsmodell Statements der Teilnehmer Formulierung in Runde II

Autohaus (Hierarchie) − Standortsicherung − keeping representation

“keeping representation”, Standortsicherung

Autohaus (Vertrag) − Netzabdeckung − Flächenabdeckung − selbst. Unternehmer erhalten

Netzabdeckung selbst. Unternehmer erhalten

Downtownshop − Awareness “Awareness“ schaffen

Mobility − Befriedigung User-Chooser Bedürfnisse

Befriedigung User-Chooser Bedürfnisse

Nationale Vertriebsgesellschaft (Hierarchie)

− keine Gesellschaften mehr − Herstellereinfluss absichern

Sicherung des Einflusses auf den Markt

Nationale Vertriebsgesellschaft (Vertrag)

− selbst. Unternehmer absichern Selbstständige Unternehmer erhalten

Franchising im freien Autohandel − selbst. Unternehmer absichern Selbstständige Unternehmer erhalten

Tabelle 46: Ziele des Einsatzes von Geschäftsmodellen

Page 341: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

Anhang 6: Anwendung der Abbruchkriterien auf Geschäftsmodell-spezifische Items 327

Anhang 6: Anwendung der Abbruchkriterien auf Geschäftsmodell-spezifische Items Tabelle 47 und Tabelle 48 zeigen Thesen zu Geschäftsmodellen, welche nach Anwendung der Abbruchkriterien in Runde II nicht abgefragt wurden.

GM Thesen % Ø SPrivatkunden kaufen bei diesem Geschäftsmodell eher Luxus- und Premiummarken. (These A) 80 2,00 0,695

Autohaus (Hierarchie) Das Geschäftsmodell sollte zukünftig eine

Differenzierungsstrategie über Leistungsqualität und -breite anstreben. (These B)

88 4,17 0,874

Dieses Geschäftsmodell bedient Geschäftskunden, die ihre Kaufentscheidung stark rational fällen. (These A) 75 1,95 0,971

Dieses Geschäftsmodell sollte sich zukünftig auf Privatkunden fokussieren. (These A) 78 1,86 0,945

Geschäftskunden kaufen bei diesem Geschäftsmodell eher weniger als 10 Fzg. p.a. (These A) 75 1,82 0,966

Das Geschäftsmodell sollte zukünftig Kosten-/Preisführerschaft anstreben. (These A) 87 1,65 0,840

Das Geschäftsmodell sollte zukünftig die Erweiterung des Markenspektrums (Multi Brand) anstreben. (These B) 83 4,37 0,758

Autohaus (Markt)

Das Geschäftsmodell sollte zukünftig den Aufbau einer Eigenmarke anstreben. (These B) 93 4,53 0,747

Privatkunden kaufen bei diesem Geschäftsmodell eher Luxus- und Premiummarken. (These A) 88 1,43 0,698

Das Geschäftsmodell sollte sich auf ein bestimmtes Kundensegment fokussieren. (These A) 90 1,45 0,872Downtownshop

Das Geschäftsmodell sollte zukünftig eine Differenzierungsstrategie über Leistungsqualität und -breite anstreben. (These B)

92 4,52 0,854

Das Geschäftsmodell sollte zukünftig eine Erweiterung des Leistungsspektrums anstreben. (These B) 77 4,10 0,969

Automall Das Geschäftsmodell sollte zukünftig die Erweiterung des Markenspektrums (Multi Brand) anstreben. (These B) 83 4,45 0,910

Factory Outlet Das Geschäftsmodell sollte zukünftig Kosten-/Preisführerschaft anstreben. (These A) 86 1,48 0,822

Privatkunden kaufen bei diesem Geschäftsmodell eher Marken mit geringem Markenwert. (These B) 83 4,41 0,853

Vermittlung(branchenfremd) Das Geschäftsmodell sollte zukünftig Kosten-

/Preisführerschaft anstreben. (These A) 85 1,60 0,924

Tabelle 47: Items zu GM-Charakteristiken (bestätigt in Runde I), Teil 1 von 2930

930 Vgl. Kapitel 5.3.4. Spalte „GM“ zeigt das jeweils relevante Geschäftsmodell an. Der in Spalte „%“ dargestellte

Wert entspricht dem Anteil der Experten, welche die Frage beantwortet und der jeweiligen These zugestimmt haben (Wert 1 oder 2 bzw. 4 oder 5). Der in Spalte „Ø“ dargestellte Wert entspricht dem arithmetisches Mittel auf einer Skala von 1 (keine) bis 5 (volle Zustimmung). Der in Spalte „S“ dargestellte Wert entspricht der Standardabweichung. Unterstrichene Werte zeigen die Erfüllung der jeweiligen statistischen Prüfung an.

Page 342: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

328 Anhang 6: Anwendung der Abbruchkriterien auf Geschäftsmodell-spezifische Items

GM Thesen % Ø SVermittlung(branchennah)

Geschäftskunden kaufen bei diesem Geschäftsmodell eher weniger als 10 Fzg. p.a. (These A) 79 1,66 0,815

Mobility Das Geschäftsmodell sollte zukünftig die Erweiterung des Markenspektrums (Multi Brand) anstreben. (These B) 74 4,09 0,864

Mobility (Geschäftskunden)

Geschäftskunden kaufen bei diesem Geschäftsmodell eher mehr als 500 Fzg. p.a. (These B) 82 4,21 0,773

Tabelle 48: Items zu GM-Charakteristiken (bestätigt in Runde I), Teil 2 von 2931

Tabelle 49 bis Tabelle 51 zeigen Items zur Geschäftsmodell-Charakteristik, die in beiden Runden kein stabiles Antwortverhalten erfahren haben.

GM Thesen % Ø S W/M27 2,86I 0,687I

Autohaus (Vertrag)

These: Kunden gehören eher dem Up-/Premiummarket an. (Preis-Premium-Bereitschaft) ODER932 Kunden gehören eher dem Downmarket an. (Preis-Premium-Bereitschaft)

30 2,77II 0,565II0,013

9 n.a. n.a.Autohaus (Markt)

Bitte prognostizieren Sie, wo das prognostizierte Marktpotenzial liegt. (Einheitliche Entwicklung EU-weit) 49 n.a. n.a.

0,004

46 n.a. n.a.Bitte prognostizieren Sie, wo das prognostizierte Marktpotenzial liegt. (Nordosteuropa) 4 n.a. n.a.

0,008

9 n.a. n.a.Bitte prognostizieren Sie, wo das prognostizierte Marktpotenzial liegt. (Einheitliche Entwicklung EU-weit) 38 n.a. n.a.

0,012

39 n.a. n.a.

Automall

Nennen Sie bitte die zwei wichtigsten Ziele eines Herstellers, welche ihn bewegen könnten das jeweilige Geschäftsmodell zu fördern bzw. einzusetzen? (Sicherung & Ausbau des Absatzvolumens)

62 n.a. n.a.0,035

48 2,80I 1,471IStrategie: Konzentration des Leistungsspektrums – Nischenstrategie ODER Erweiterung des Leistungsspektrums 51 2,58II 1,074II

0,017

16 n.a. n.a.

E-Commerce(Transaktion mit Wiederverkäufern) Bitte prognostizieren Sie, wo das prognostizierte

Marktpotenzial liegt. (Einheitliche Entwicklung EU-weit) 44 n.a. n.a.

0,012

Tabelle 49: Items zu GM-Charakteristiken (ohne stabiles Antwortverhalten), Teil 1 von 3933

931 Vgl. Kapitel 5.3.4. Spalte „GM“ zeigt das jeweils relevante Geschäftsmodell an. Der in Spalte „%“ dargestellte

Wert entspricht dem Anteil der Experten, welche die Frage beantwortet und der jeweiligen These zugestimmt haben (Wert 1 oder 2 bzw. 4 oder 5). Der in Spalte „Ø“ dargestellte Wert entspricht dem arithmetisches Mittel auf einer Skala von 1 (keine) bis 5 (volle Zustimmung). Der in Spalte „S“ dargestellte Wert entspricht der Standardabweichung. Unterstrichene Werte zeigen die Erfüllung der jeweiligen statistischen Prüfung an.

932 Durch „ODER“ getrennte Fragen wurden im Fragebogen als Semantisches Differenzial formuliert. 933 Spalte „W/M“ gibt die asymptotische Signifikanz des Wilcoxn-Test bzw. McNemar-Tests auf Stabilität

zwischen Rund I und II wieder. Für Items mit Mehrfachnennungen können keine Mittelwerte bzw. Standard-abweichungen angegeben werden (vgl. n.a.)

Page 343: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

Anhang 6: Anwendung der Abbruchkriterien auf Geschäftsmodell-spezifische Items 329

GM Thesen % Ø S W/M56 2,29I 1,009IThese: Das Geschäftsmodell bedient insb. Privatkunden.

ODER Das Geschäftsmodell bedient insb. Geschäftskunden. 60 2,37II 0,757II

0,024

38 3,03I 1,144IStrategie: Konzentration des Leistungsspektrums – Nischenstrategie ODER Erweiterung des Leistungsspektrums 49 2,72II 1,098II

0,018

40 n.a. n.a.

E-Commerce(Quoting)

Nennen Sie bitte die zwei wichtigsten Ziele eines Herstellers, welche ihn bewegen könnten das jeweilige Geschäftsmodell zu fördern bzw. einzusetzen? (Befriedigung spez. Kundenbedürfnisse)

62 n.a. n.a.0,041

66 3,78I 1,077IStrategie: Verkleinerung des Markenspektrums (Exklusivität) ODER Erweiterung des Markenspektrums (Multi Brand) 63 3.63II 0,976II

0,043

35 n.a. n.a.Nennen Sie bitte die zwei wichtigsten Ziele eines Herstellers, welche ihn bewegen könnten das jeweilige Geschäftsmodell zu fördern bzw. einzusetzen? (Befriedigung spez. Kundenbedürfnisse)

56 n.a. n.a.0,043

47 n.a. n.a.

E-Commerce(Transaktion mit Endkunden)

Nennen Sie bitte die zwei wichtigsten Ziele eines Herstellers, welche ihn bewegen könnten das jeweilige Geschäftsmodell zu fördern bzw. einzusetzen? (Kostensenkung/Renditeoptimierung)

71 n.a. n.a.0,021

67 n.a. n.a.Mobility (Geschäftskunden)

Nennen Sie bitte die zwei wichtigsten Ziele eines Herstellers, welche ihn bewegen könnten das jeweilige Geschäftsmodell zu fördern bzw. einzusetzen? (Befriedigung spez. Kundenbedürfnisse)

89 n.a. n.a.0,022

47 n.a. n.a.Vermittlung(branchennah)

Nennen Sie bitte die zwei wichtigsten Ziele eines Herstellers, welche ihn bewegen könnten das jeweilige Geschäftsmodell zu fördern bzw. einzusetzen? (Sicherung & Ausbau des Absatzvolumens)

71 n.a. n.a.0,019

60 n.a. n.a.Vermittlung(branchenfremd)

Nennen Sie bitte die zwei wichtigsten Ziele eines Herstellers, welche ihn bewegen könnten das jeweilige Geschäftsmodell zu fördern bzw. einzusetzen? (Das Geschäftsmodell kollidiert mit Interessen des Herstellers)

78 n.a. n.a.0,035

Tabelle 50: Items zu GM-Charakteristiken (ohne stabiles Antwortverhalten), Teil 2 von 3934

934 Spalte „W/M“ gibt die asymptotische Signifikanz des Wilcoxn-Test bzw. McNemar-Tests auf Stabilität

zwischen Rund I und II wieder. Für Items mit Mehrfachnennungen können keine Mittelwerte bzw. Standard-abweichungen angegeben werden (vgl. n.a.)

Page 344: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

330 Anhang 6: Anwendung der Abbruchkriterien auf Geschäftsmodell-spezifische Items

GM Thesen % Ø S W/M19 n.a. n.a.Nennen Sie bitte die zwei wichtigsten Ziele eines

Herstellers, welche ihn bewegen könnten das jeweilige Geschäftsmodell zu fördern bzw. einzusetzen? (Befriedigung spez. Kundenbedürfnisse)

71 n.a. n.a.0,039

47 n.a. n.a.Factory Outlet

Nennen Sie bitte die zwei wichtigsten Ziele eines Herstellers, welche ihn bewegen könnten das jeweilige Geschäftsmodell zu fördern bzw. einzusetzen? (Sicherung & Ausbau des Absatzvolumens)

64 n.a. n.a.0,031

37 3,13I 0,764IDowntownshop

Mit welcher Absatzentwicklung rechnen Sie für die Geschäftsmodelle bis 2015? (1=“fallend“ bis 5=“steigend“) 45 3,30II 0,734II

0,005

51 n.a. n.a.Nationale Vertriebsgesellschaft (Hierarchie)

Bitte prognostizieren Sie, wo das prognostizierte Marktpotenzial liegt. (Südwesteuropa) 20 n.a. n.a.

0,021

60 n.a. n.a.Nationale Vertriebsgesellschaft (Vertrag)

Nennen Sie bitte die zwei wichtigsten Ziele eines Herstellers, welche ihn bewegen könnten das jeweilige Geschäftsmodell zu fördern bzw. einzusetzen? (Markenimage/Positionierung)

9 n.a. n.a.0,021

18 n.a. n.a.Bitte prognostizieren Sie, wo das prognostizierte Marktpotenzial liegt. (Einheitliche Entwicklung EU-weit) 44 n.a. n.a.

0,022

14 n.a. n.a.Franchising im freien Autohandel Nennen Sie bitte die zwei wichtigsten Ziele eines

Herstellers, welche ihn bewegen könnten das jeweilige Geschäftsmodell zu fördern bzw. einzusetzen? (Markenimage/Positionierung)

0 n.a. n.a.0,016

Tabelle 51: Items zu GM-Charakteristiken (ohne stabiles Antwortverhalten), Teil 3 von 3935

935 Spalte „W/M“ gibt die asymptotische Signifikanz des Wilcoxn-Test bzw. McNemar-Tests auf Stabilität

zwischen Rund I und II wieder. Für Items mit Mehrfachnennungen können keine Mittelwerte bzw. Standard-abweichungen angegeben werden (vgl. n.a.)

Page 345: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

Anhang 7: Teilnehmer der Runden I und II 331

Anhang 7: Teilnehmer der Runden I und II Arbeits- & Wirkungsgebiet Name Institution Berufliche

Zuordnung EU NW SW NO SO

Anonym* Kroymans Deutschland Handel x Anonym* SEAT S.A. Automobilhersteller x Anonym* Deloitte Consulting GmbH Beratung x

Anonym* VDA – Verband der Automobilindustrie Verband x

Anonym* Accenture Beratung x

Anonym* Volkswagen Group Fleet Solutions Handel x

Anonym* Uni Köln Wissenschaft x Anonym* Bentley Automobilhersteller x Beutin, Nikolas Prof. Homburg & Partner Beratung x Bienert, Margo FH Nürnberg Wissenschaft x Böhme, Thomas BBDO Beratung x

Bosch, Peter Mercer Management Consulting Beratung x x x x

Breyer, Andreas ZDK – Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe eV

Verband x

Brockmeier, Bernd BMW AG Automobilhersteller x

Buzzavo, Leonardo C Foscari University of Venice Wissenschaft x

Dietz, Oliver DaimlerChrysler Handel x x x x Droog, Coen Volkswagen AG Automobilhersteller x Feddersen, Hans Herrmann Feddersen Automobile Handel x x x x

Finsterwalder-Reinecke, Isabella Freie Journalistin Medien x

Gaul, Holger DaimlerChrysler Automobilhersteller x x Hagge, Martin Volkswagen AG Automobilhersteller x Hoffmann, Bernd Audi AG Automobilhersteller x

Hoffmeister, Maik FH Braunschweig-Wolfenbüttel Wissenschaft x

Linnemann, Silvia Audi AG Wissenschaft x Lorek, Mathias Volkswagen AG Automobilhersteller x

Meyer, Andreas Mercer Management Consulting Beratung x

Micke, Matthias DaimlerChrysler Bank Automobilhersteller x Tabelle 52: Liste der Delphi-Teilnehmer beider Runden, Teil 1 von 2936

936 Die mit * gekennzeichneten Teilnehmer haben darauf bestanden, bei der Ergebnisveröffentlichung nicht

genannt zu werden. Die Zuordnung des Arbeits- und Wirkungsgebietes ermöglichte die Zuordnung von Schwerpunkten (Mehrfachnennungen möglich): EU = „Europa und International“, NW = „Nord-West-Europa“, SW = „Süd-West-Europa“, NO = „Nord-Ost-Europa“ und SO = „Süd-Ost-Europa“

Page 346: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

332 Anhang 7: Teilnehmer der Runden I und II

Arbeits- & Wirkungsgebiet Name Institution BeruflicheZuordnung EU NW SW NO SO

Osegowitsch, Marcus Volkswagen AG Beratung x

Perschke, Michael Volkswagen AG Automobilhersteller xPeters, Klaus-Eckart Volkswagen AG Automobilhersteller x x xReich, Anton Niedermair & Reich Handel x

Rexhausen, Daniel MP Management Consultants GmbH Beratung x

Sauer, Achim DaimlerChrysler Automobilhersteller

Schlage, Dirk R. L. Polk Marketing Systems GmbH Handel x x x x x

Schröder, Jesko Volkswagen Nutzfahrzeuge Automobilhersteller x

Seeba, Hans-Gerhard FH Braunschweig-Wolfenbüttel Wissenschaft x

Smits, John J. Smits Automotive Consultancy Beratung x

Stephan, Maik Volkswagen AG Automobilhersteller x

Stratmann, Uwe International Car Distribution Programme Wissenschaft x

Tongue, Andrew International Car Distribution Programme Wissenschaft x

Tueting, Hans-Heiner Volkswagen Nutzfahrzeuge Automobilhersteller x x x x

Weidenfeld, Frank Volkswagen Consulting Automobilhersteller x

Whiteman, John International Car Distribution Programme Wissenschaft x

Witt, Michael BMW Inhouse Consulting Beratung xWittemann, Frank Volkswagen AG Automobilhersteller xTabelle 53: Liste der Delphi-Teilnehmer beider Runden, Teil 2 von 2937

937 Die Zuordnung des Arbeits- und Wirkungsgebietes ermöglichte die Zuordnung von Schwerpunkten (Mehrfach-

nennungen möglich): EU = „Europa und International“, NW = „Nord-West-Europa“, SW = „Süd-West-Europa“, NO = „Nord-Ost-Europa“ und SO = „Süd-Ost-Europa“

Page 347: Geschaftsmodelle im europaischen Automobilvertrieb

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