Geschichte „Vorstoß der Schnellen Truppen im Mai 1940 von ... · Guderian und der 6. PD des...

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72 Das Schwarze Barett Nr. 46 Geschichte verlängerte MAGINOT- Linie am 16. Mai 1940 abends. Außer einigen wenigen Bun- kern ist im Gelände heute nichts mehr von der einst bis zu 2 km tiefgestaffelten Befesti- gungsanlage – aus Betonbunkern, Minen- feldern, Panzergräben, Stacheldrahtverhauen etc. bestehend – zu sehen. Umso mehr war Fantasie gefragt, sich nach den Schilderungen der Leitung eine Vorstellung davon zu machen, was sich den deutschen Truppen damals als Hindernis entgegenstellte. Entgegen der Armeeweisung „Kein Durch- bruch“ nutzte Rommel das Überraschungs- moment zum Handstreich. Ein Novum in „Vorstoß der Schnellen Truppen im Mai 1940 von der Maas zum Kanal“ Neben interessanten kriegsgeschichtlichen Darbietungen in BELGIEN und NORD- FRANKREICH erlebten 46 Mitglieder und Gäste unseres Freundeskreises vom 13. -16. Oktober mit der Besichtigung der Kathedrale von LAON auch einen an- spruchsvollen kulturellen Anteil. Referent war Fregattenkapitän a.D. Dr. Heinrich Walle, uns von der Exkursion 2008 „Kämpfe um die Vogesen im Ersten Weltkrieg“ wohlbekannt. Für die Orga- nisation der Exkursion war wieder unser Beauftragter für Militärgeschichtliche Ex- kursionen, Oberst a.D. K.-T. Schleicher, verantwortlich. In zwei abendlichen Einführungsvorträgen am Donnerstag und am Freitag ging der Referent auf die Große Lage und die Fort- setzung des Angriffs der Wehrmacht ab Überschreiten der MAAS bis zur KANAL- Küste ein. Den Vorträgen folgten am Frei- tag, Samstag und Sonntag – bzw. gingen am Donnerstag bereits voran – Geländebe- sprechungen an elf Punkten, auf denen die Leitung auf den Ablauf der einzelnen Phasen näher einging (Details s. 1., 2., 3. und 4. Tag). Das sonnige herbstliche Wetter ließ von unseren diversen Besprechungspunkten einen weiten Blick in das Gelände des Kampfgeschehens von 1940 zu. 1. Tag (Donnerstag) N ach Aufnahme der Teilnehmer am Donnerstagmorgen in Erftstadt und am Hauptbahnhof Köln erfolgte die An- fahrt über die Autobahn A4 - E40 - E411 nach DINANT. Der Anreisetag wurde be- reits für Geländebesprechungen genutzt. Ab DINANT folgte man dem Angriff der 7. Panzerdivision Rommels über die MAAS nach Westen. Im Bus wurde der Flussüber- gang und die Bildung eines Brückenkopfes westlich davon geschildert. Bemerkenswert wie die deutschen Truppen die den Übergang über die MAAS in dem steilen, an einen Canyon erinnernden Taleinschnitt den Übergang am 12. Mai 1940 handstreichartig erzwangen. Weiter ging es dann aus dem Brückenkopf heraus über das Gefechtsfeld der Panzer- kämpfe von FLAVION und PHILIPPE- VILLE vom 15. Mai 1940 über die Grenze BELGIENS nach FRANKREICH hinein. Am frühen Nachmittag erreichten wir unseren ersten Besprechungspunkt, Bespr.-Pkt. A1 westlich CLAIRFAYTS. Dort erläuterte der Referent den Durchbruch der 7. PD durch die „Vorstoß der Schnellen Truppen im Mai 1940 von der Maas zum Kanal“ “Kriegsgeschichtliche Exkursion vom 13.-16. Oktober 2011 Autor: Karl-eo Schleicher und Dr. Heinrich Walle Dr. Karl-Heinz Frieser, Blitzkrieglegende, S. 334) Dr. Walle an der Maginot-Linie westlich Clairfyts (Foto Si)

Transcript of Geschichte „Vorstoß der Schnellen Truppen im Mai 1940 von ... · Guderian und der 6. PD des...

72 Das Schwarze Barett Nr. 46

Geschichte

verlängerte MAGINOT- Linie am 16. Mai

1940 abends. Außer einigen wenigen Bun-

kern ist im Gelände heute nichts mehr von

der einst bis zu 2 km tiefgestaffelten Befesti-

gungsanlage – aus Betonbunkern, Minen-

feldern, Panzergräben, Stacheldrahtverhauen

etc. bestehend – zu sehen. Umso mehr war

Fantasie gefragt, sich nach den Schilderungen

der Leitung eine Vorstellung davon zu machen,

was sich den deutschen Truppen damals als

Hindernis entgegenstellte.

Entgegen der Armeeweisung „Kein Durch-

bruch“ nutzte Rommel das Überraschungs-

moment zum Handstreich. Ein Novum in

„Vorstoß der Schnellen Truppen im Mai 1940 von der Maas zum Kanal“

Neben interessanten kriegsgeschichtlichen

Darbietungen in BELGIEN und NORD-

FRANKREICH erlebten 46 Mitglieder

und Gäste unseres Freundeskreises vom

13. -16. Oktober mit der Besichtigung

der Kathedrale von LAON auch einen an-

spruchsvollen kulturellen Anteil.

Referent war Fregattenkapitän a.D. Dr.

Heinrich Walle, uns von der Exkursion

2008 „Kämpfe um die Vogesen im Ersten

Weltkrieg“ wohlbekannt. Für die Orga-

nisation der Exkursion war wieder unser

Beauftragter für Militärgeschichtliche Ex-

kursionen, Oberst a.D. K.-T. Schleicher,

verantwortlich.

In zwei abendlichen Einführungsvorträgen

am Donnerstag und am Freitag ging der

Referent auf die Große Lage und die Fort-

setzung des Angriffs der Wehrmacht ab

Überschreiten der MAAS bis zur KANAL-

Küste ein. Den Vorträgen folgten am Frei-

tag, Samstag und Sonntag – bzw. gingen

am Donnerstag bereits voran – Geländebe-

sprechungen an elf Punkten, auf denen die

Leitung auf den Ablauf der einzelnen Phasen

näher einging (Details s. 1., 2., 3. und

4. Tag). Das sonnige herbstliche Wetter ließ

von unseren diversen Besprechungspunkten

einen weiten Blick in das Gelände des

Kampfgeschehens von 1940 zu.

1. Tag (Donnerstag)

Nach Aufnahme der Teilnehmer am

Donnerstagmorgen in Erftstadt und

am Hauptbahnhof Köln erfolgte die An-

fahrt über die Autobahn A4 - E40 - E411

nach DINANT. Der Anreisetag wurde be-

reits für Geländebesprechungen genutzt.

Ab DINANT folgte man dem Angriff der

7. Panzerdivision Rommels über die MAAS

nach Westen. Im Bus wurde der Flussüber-

gang und die Bildung eines Brückenkopfes

westlich davon geschildert. Bemerkenswert wie

die deutschen Truppen die den Übergang

über die MAAS in dem steilen, an einen

Canyon erinnernden Taleinschnitt den

Übergang am 12. Mai 1940 handstreichartig

erzwangen.

Weiter ging es dann aus dem Brückenkopf

heraus über das Gefechtsfeld der Panzer-

kämpfe von FLAVION und PHILIPPE-

VILLE vom 15. Mai 1940 über die Grenze

BELGIENS nach FRANKREICH hinein.

Am frühen Nachmittag erreichten wir unseren

ersten Besprechungspunkt, Bespr.-Pkt. A1

westlich CLAIRFAYTS. Dort erläuterte der

Referent den Durchbruch der 7. PD durch die

„Vorstoß der Schnellen Truppen im

Mai 1940 von der Maas zum Kanal“

“Kriegsgeschichtliche Exkursion vom 13.-16. Oktober 2011

Autor: Karl-Theo Schleicher und Dr. Heinrich Walle

Dr. Karl-Heinz Frieser, Blitzkrieglegende, S. 334)

Dr. Walle an der Maginot-Linie westlich Clairfyts (Foto Si)

73Das Schwarze Barett Nr. 46

MilEx

der Militärgeschichte: ein massiver Panzer-

angriff bei Nacht gegen eine gut ausgebaute

Stellung. Und dies ohne Vorbereitung aus

der Bewegung heraus. Pioniere setzten

Betonbunker mit geballten Ladungen

und Flammenwerfern außer Gefecht und

sprengten Lücken in die Sperrgürtel.

Durch die Bresche stießen die Panzer –

gefolgt von Kradschützen – nach beiden

Seiten feuernd in die Tiefe der Befesti-

gungslinie vor und durchstießen sie bei

SOLRE-LE-CHATEAU.

Auf der Fahrt über AVESNES zur

SAMBRE-Brücke bei LANDRECIES ging

Dr. Walle dann auf die wohl spektakulärste

Einzelaktion des Westfeldzuges, Rommels

nächtlichen Angriff vom 16.-17. Mai 1940

entlang dieser Straße durch die Bereit-

stellungsräume mehrerer französischer Di-

visionen, ein. Die deutschen Panzer rasten

mitten durch die wie Zielscheiben auf-

gereihten Fahrzeuge hindurch, wobei sie

auf Rommels Befehl „Breitseiten aus allen

Rohren“ feuerten. Ein Unternehmen, das

der 7. PD den französischen Beinamen

„la division fantome“ (Gespensterdivision)

einbrachte.

In LANDRECIES, Bespr.-Pkt A2 wurde

den Teilnehmern die Bedeutung der

wiederum handstreichartigen Wegnahme

der SAMBRE-Brücke am 17. Mai 1940,

06.00 Uhr für den weiteren Angriff der

Division klar vor Augen geführt. Rommel

jagte wie besessen weiter vorwärts und ließ

erst anhalten als die Spitze der Vorausab-

teilung gegen 06.30 Uhr das Hügelgelände

ostwärts LE CATEAU erreicht hatte.

Auf dem Bespr.-Pkt A3 ostw. LE CATEAU

ging die Leitung auf die Igelstellung der

Vorausabteilung auf dem Höhengelände

zwischen POMMEREUIL und Le CATEAU

ein. Angesichts der Versorgungsengpässe

musste selbst ein Rommel erkennen, dass

nun anstehende Versorgungsmaßnahmen

Vorrang vor einem weiteren Vorwärtsdrang

hatten. Außerdem bemerkte er erst jetzt,

dass ihm bei seinem Angriff zum Schluss

nur noch zwei Panzerabteilungen und einige

Kradschützenzüge gefolgt waren. Er hat-

te den Vorstoß über 50 km allein mit der

Vorausabteilung geführt. Die dritte Panzer-

abteilung und die Masse der Aufklärungsab-

teilung waren unterwegs steckengeblieben

und in Kämpfe mit zunächst überrollten

französischen Truppen verwickelt. Die

Masse seiner Division, darunter die beiden

Schützenregimenter, befand sich noch auf

belgischem Gebiet. Auf rätselhafte Weise

war nämlich die Funkverbindung zu

Rommels Führungsstaffel abgebrochen.

Eine fatale Situation, auf die der Referent

näher einging. Dabei schilderte er mehrere

Anekdoten, in denen Rommel durch Bluffs

zwar Erfolg hatte, aber sich gleichzeitig in

große Lebensgefahr brachte.

Für die Nacht vom 13. - 14.Oktober bezogen

wir Quartier im Campanile in LAON,

ca. 70 km südlich von LE CATEAU.

Nach dem Abendessen führte uns Dr. Walle

in einem ca. 60-minütigen eindrucksvollen

Vortrag in die Große Lage des Westfeldzuges

und des Themas der Exkursion ein.

Als Westfeldzug wird die Eroberung der

NIEDERLANDE, BELGIENS, LUXEM-

BURGS und NORD- FRAMKREICHS

(Fall GELB) und ZENTRALFRANK-

REICHS (Fall Rot) durch die deutsche

Wehrmacht während des Zweiten Welt-

krieges vom 10. Mai bis 25. Juni 1940 be-

zeichnet.

Er erläuterte das Ringen um den „Sichel-

schnitt-Plan“ und die daraus abgeleiteten

Aufmarschweisungen 1 bis 4 für den Fall

„Gelb“. Dabei bezog er Beispiele aus der

Militärgeschichte bis hin zur Kesselschlacht

bei Cannae 216 v. Chr. ein. Mansteins

Alternativplan und die 4. Aufmarschan-

weisung setzten sich letztlich durch. Im

Grunde genommen war der Mannsteinsche

Sichelschnittplan nichts anderes als eine

spiegelverkehrte Variante des deutschen

Vormarsches von 1914.

In einer Art „Sichelschnitt“ drangen die

Kommandeure deutscher Panzergroßver-

bände, teils eigenmächtig handelnd, binnen

weniger Tage „blitzkriegartig“ durch die

ARDENNEN bis zur KANAL-Küste vor

und zwangen die britischen Truppen, sich

von DÜNKIRCHEN aus nach GROSS-

BRITANNIEN zurückzuziehen.Mit „Blitzkrieg“ hatte die britische Bericht-

erstattung die deutschen Operationen be-

zeichnet und seither wurde dieser Ausdruck

immer wieder verwendet.

Blick in das Gelände der Igelstellung der 7. PzDiv. ostw. LE CATEAU (Si)

SAMBRE Kanal Westrand Avesnes (Si)

74 Das Schwarze Barett Nr. 46

Geschichte

Die Niederlage der französischen Armee

und des britischen Expeditionskorps war

das Ergebnis einer völlig verfehlten Strategie

und großer Defizite auf der Führungsebene.

Auf die Nachricht vom deutschen Angriff

hin ließ General Maurice Gamelin – in Ab-

sprache mit General Lord Gort, dem Chef

des britischen Expeditionskorps – am

10. Mai seine Truppen in BELGIEN ein-

marschieren, da er erwartetet, dass sich

der deutsche Vormarsch am Schema von

1914 orientieren würde. Weit vor der

französischen Grenze sollten die besten

und schnellsten alliierten Verbände die

Wehrmacht stoppen. Als jedoch drei Tage

später, am 14. Mai 1940, in ihrem Rücken

das Panzerkorps des Generals Heinz

Guderian bei SEDAN die MAAS über-

querte, waren ihm die Hände gebunden.

Eine Umkehr des eigenen Vormarsches, um

den Vorstoß der Deutschen zum KANAL zu

stoppen, war ausgeschlossen und Reserven

standen nicht zur Verfügung.Nach dem für die Alliierten überraschenden

Vorstoß durch die ARDENNEN erreichten

die Panzerdivisionen der Heeresgruppe A am

17. Mai 1940 das Gebiet der Schlachtfelder

des Ersten Weltkrieges an der SOMME.

Zur gleichen Zeit setzte die Heeresgruppe B

im NORDEN ihren Vormarsch durch

BELGIEN unaufhaltsam fort. Hitler und

die Generäle der Wehrmacht waren von der

Schnelligkeit des deutschen Vormarsches

überrascht. Ängstliche, aber wegen der

Flankenbedrohung auch durchaus ver-

ständliche Reaktionen (Haltebefehle) wirk-

ten sich auf den Vormarsch hemmend aus.

Wegen des Verschiebens des Schwerpunktes

von der Heersgruppe B im Norden hin zur

Auf- marschan-weisung

Fall „Gelb“ 24.02.1940

(Frieser S.73)

Kräftevergleich am 10. Mai 1940 (Frieser S. 65)

Bilder links: General Guderian

oben, General Rommel unten

s.Frieser S. 120;

Grafik Panzer-vorstoss: Frieser S. 342; Gliederung Heeresgruppe A. Frieser S. 118

75Das Schwarze Barett Nr. 46

MilEx

panzerstarken Heeresgruppe A in der

Mitte ging der Referent besonders auf

deren Gliederung ein. Bei der Vorstellung

der Gliederungen der 1. und 7. PD wurde

uns vor Augen geführt, dass es keine ein-

heitliche Gliederung bei den 10 dt. Panzer-

divisionen gab und auch deren Ausstattung

mit Panzern (Pz I-IV und Pz 38 t) und

Panzerzahl mit ca. 220 bis 250 sehr unter-

schiedlich war.

Danach zog er einen Kräftevergleich, der

auswies, dass die Alliierten der Deutschen

Wehrmacht kräftemäßig keines falls

unterlegen waren. Lediglich bei der

Ausstattung mit Funkgeräten waren die

deutschen Panzer im Vorteil.

2.Tag (Freitag).

Am Vormittag standen drei Bespre-

chungspunkte auf der Agenda.

Vom Bespr.-Pkt. B1 auf der Nordseite der

Kathedralen-Höhe von LAON blickte

man in das weite Vormarschgelände der

1. und 2. PD des Korps Guderian am

16. Mai 1940 nachmittags. Das herrliche

Wetter ließ einen Blick auf ca. 25 km in

das panzergünstige Gelände zwischen

Der Halt-Befehl von Montcornet (Frieser S. 317)

Blick nach Westen in das Angriffsgelände des Korps Guderian (Si)

MONTCORNET und ST. QUENTIN

zu. Oberst Schleicher erläuterte das Vorge-

hen der gepanzerten Verbände in Gefechts-

gliederung. Mit etwas – oder auch mit viel

– Vorstellungskraft konnte man die Staub-

fahnen der Panzerkolonnen in der vor uns

liegenden Ebene erahnen.

Auf dem Bespr.-Pkt. B2 ndostw. BUCY-LÈS-

PIERREPONT erläuterte die Leitung den

Ansatz des Angriffs der 4. frz. PzDiv (De

Gaulle) am 17. Mai auf MONTCORNET

nach Durchfahren des Sumpfgeländes zw.

LAON und CHIVRES. De Gaulle, einer

der Panzervisionäre der frz. Armee, hatte

die 4. frz. PD erst am 11. Mai über-

nommen. Mit „Los, de Gaulle! Für Sie, der

Sie schon so lange die Methoden vertreten,

die der Gegner anwendet, bietet sich jetzt

die Gelegenheit zum Handeln“ schickte

General Georges ihn ins Gefecht. Seine

Aufgabe bestand darin, den Aufbau einer

neuen Verteidigungslinie im Raum LAON

an der AISNE zu decken. Dazu wollte

er den nördlich LAON vorrückenden

deutschen Panzerverbänden in den

Rücken stoßen und durch Nehmen des

Straßenknotenpunktes MONTCORNET

ihre rückwärtigen Linien unterbrechen.

Auf dem Bespr.-Pkt B3 auf der Höhe

189 nördlich MONTCORNET mussten

methodisch drei Punkte behandelt werden,

die zu unterschiedlichen Zeiten abliefen.

Zunächst schilderte uns die Leitung das

Vorgehen der 1. und 2. PD des Korps

Guderian und der 6. PD des Korps

Hoth am 16. Mai 1940 mittags, die in

MONTCORNET in einander fuhren und

von den Kommandeuren entzerrt werden

und auf neue Vormarschstraßen verteilt

werden mussten.

Ein weiterer Besprechungspunkt war der

„Halt-Befehl von MONTCORNET“ für

den 17. Mai sowie die zeitweise Ablösung

Guderians von seinem Kommando im

Laufe des 17. Mai. Der Richtungskampf

innerhalb der dt. Generalität kulminierte

in der Kontroverse zwischen Guderian und

Französischer Präsident Lebrun und De Gaulle

76 Das Schwarze Barett Nr. 46

Geschichte

Nach einer Mittagspause in LAON führte

uns unser kultureller Anteil zur Kathedrale

von LAON. Unser Kunsthistoriker Dr.

Walle führte uns mit einem sachkundigen

Vortrag vor der Kathedrale in dieselbe ein,

bevor wir sie auch im Inneren betrachteten.

Die Bauzeit dauerte von 1155 bis 1235.

Der Bauherr war Bischof Gauthier de

Montagne. Mit einer Länge von 110,50

m, einer Breite von 56 m (Querschiff) und

bis zu 60 m hohen Türmen ist die früh-

gotische, von zisterziensischem Einfluss ge-

prägte Kathedrale ein imposantes Bauwerk.

Interessant war es auch zu erfahren, dass die

Kathedrale von LAON zahlreichen Kathe-

dralen als Modell diente, so CHARTRES,

REIMS, MAGDEBURG, LIMBURG

(DEUTSCHLAND), LAUSANNE,

NOTRE-DAME DE DIJON.

Vorbei an den Schlachtfelder des Ersten

Weltkrieges, so bei ST. QUENTIN

und CAMBRAI, ging unsere Fahrt zum

nächsten Quartier nach SAINT OMER. In

einem zweiten Vortrag am Abend stimmte

uns dann der Referent auf den Fortgang des

Feldzuges bis zur Kanalküste ein.

Danach hatten die Teilnehmer Gelegenheit,

die französische Küche und den Rotwein in

diversen Lokalen zu genießen.

3. Tag (Samstag).

Der Tag begann mit dem sehr be-

indruckenden Besuch des deutschen

Soldatenfriedhofes in NEUVILLE – ST.

VAAST nördlich von ARRAS. Dort liegen

44.833 gefallene deutsche Soldaten aus

dem Ersten Weltkrieg. In den Jahren 1919

bis 1923 wurde er von den französischen

Blick auf MONTCORNET (M.Ha)

Kathedrale von Leon (M.Ha)

Kleist schon seit dem 13. Mai. Bei dem

eher vorsichtigen General v. Kleist, der sich

zwischenzeitlich von der allgemeinen Sieges-

zuversicht anstecken ließ, machte sich immer

wieder die Sorge um die offene linke Flanke

bemerkbar. Guderian dagegen drängte auf

die Fortsetzung des Angriffes und warf dem

ihm vorgesetzten Kleist vor, durch seine

Anordnungen würde „der Sieg verschenkt“

werden. Am 15. Mai wiederholte sich die

Prozedur, denn Kleist wollte die Panzer er-

neut stoppen. Durch eine energische Inter-

vention erreichte Guderian noch einmal die

Freigabe der Bewegungen um 24 Stunden,

worauf er seinen Soldaten „Rücksichtslos

vorwärts“ befahl. Es gab nichts mehr, was

die dt. Panzer hätte aufhalten können – es

sei denn die eigene Führung. Da erhielt

Guderian am frühen Morgen des 17. Mai

den Befehl von der Panzergruppe Kleist,

sofort den Angriff zu stoppen. Auf dem

Feldflugplatz bei MONTCORNET gerieten

die beiden aneinander. Guderian bat um

Enthebung von seinem Kommando. Kleist

stimmte dem zu. Die „Führungskrise“

schlug Wellen bis hin zu den höchsten

Kommandobehörden. Generaloberst List,

der OB der 12. Armee glättete die Wogen

und Guderian wurde am Abend wieder in

sein Kommando eingesetzt.

Dann folgte die Erläuterung des Angriffs

von De Gaulle am 17. Mai mittags auf

MONTCORNET, der genau in die Zeit

der Ablösung Guderians fiel, und dessen

endgültige Abwehr am Nachmittag.

Der Angriff De Gaulles begann erfolgver-

sprechend, denn die südliche Flanke des

dt. Durchbruchkorridors war nach dem

weiteren Vorstoß der 1. und 2. PD nach

Westen nur durch vereinzelte Sicherungen

geschützt. Als die frz. Panzer sich schließ-

lich MONTCORNET näherten, schien

die Lage für die Deutschen recht kritisch

zu werden. Der erste dt.

Offizier, der dies bemerkte,

war Hauptmann i. G. Graf

von Kielmansegg, der Ib

der 1. PD. Durch Pioniere

ließ er sofort eine Minen-

sperre anlegen und impro-

visierte mit zusammenge-

würfelten Truppen eine

Verteidigungslinie. Auch

einige dt. Panzer, die

gerade aus der Instand-

setzung kamen, warf er

ins Gefecht. Am Nach-

mittag erschienen Stukas

vom VIII. Fliegerkorps

und stürzten sich auf

die frz. Verbände. Da

inzwischen auch die

zum Korps Guderian ge-

hörende 10. PD aus den

Kämpfen von STONNE

herausgelöst und in den

Raum MONTCORNET

nachgeführt worden war,

musste De Gaulle sich

aufgrund der Bedrohung

seiner rechten Flanke zu-

rückziehen.

77Das Schwarze Barett Nr. 46

RedeGeneralleutnant a.D. Wolfgang Odendahlam 15.10.2011auf dem deutschen Soldatenfriedhof Neuville – St. Vaast nahe ArrasNach einer historischen Geländebespre-

chung ist eine Stunde der Besinnung auf

einem Soldatenfriedhof in meinen Augen

nicht nur ein guter Brauch, sondern sogar

eine zwingende moralische Verpflichtung.

Denn sie bringt uns in die harte Wirklich-

keit unseres Berufes zurück. Ohne dieses

Gedenken an die Gefallenen besteht die Ge-

fahr, daß wir unsere militärgeschichtlichen

Exkursionen als Gedankenspiele betrachten,

daß wir die Kriegführung, wenn wir Noten

vergeben für gute und schlechte Entschlüsse

oder Befehle, zu einem Schachspiel de-

gradieren zwischen zwei Feldherren. Das

ist nicht der Fall. Wir müssen uns immer

wieder bewußt werden in unserem Beruf,

daß auch zweckmäßige Befehle und richtige

Entschlüsse immer Menschenleben kosten,

je nach Führungsebene ein paar Dutzend,

Gräber deutscher Soldaten jüdischen und christlichen Glaubens. (Sch)

ein paar Hundert oder mehrere Tausend.

Dessen müssen wir uns immer wieder bei

unseren Gedanken über die Operations-

führung bewußt werden. Ohne das wäre es

eine gedankenlose Spielerei.

Der zweite Gedanke, der sich mir immer

aufdrängt, wenn ich auf diesen Soldaten-

friedhöfen stehe, die vom Nordkap bis nach

Afrika durch ganz Europa und die westliche

Welt reichen, ist, dass in diesen Kriegs-

gräbern 7 Millionen deutsche Gefallene,

Angehörige der beiden tragischsten Sol-

datengeneration der deutschen Kriegsge-

schichte liegen. Die vielleicht beste Armee,

die wir je hatten, der gerade von ihren

Gegnern höchste Anerkennung gezollt

wird, ist von einem verbrecherischen

Regime ausgenutzt worden und diese

Generation ist diesem gefolgt bis zum

Ende. Wir wissen alle, daß viele unserer

Vorgänger sich schuldig gemacht, auch per-

sönlich schuldig gemacht haben, aber nicht

alle. Und diese Generation hat es nicht

verdient, daß ihre Enkel, die sich auf ihre

MilEx

Militärbehörden als Sammelfriedhof für

deutsche Kriegstote aus dem Raum nörd-

lich und ostwärts ARRAS angelegt. Er ist

die größte deutsche Anlage des Ersten

Weltkrieges in Frankreich. Der Volksbund

deutscher Kriegsgräberfürsorge hat ihn in

den Jahren 1975 bis 1983 neu gestaltet.

Ein dort angebrachter Mahnspruch lautet:

„Die Soldatengräber sind die größten

Prediger des Friedens“. Am Ehrenmal

legten wir ein Kranzgebinde nieder.

Generalleutnant a.D. Wolfgang Odendahl

hielt eine kurze Ansprache, in der er

der Leistung und des Leids aller Soldaten

Toleranz und ihren Gerechtigkeitssinn

so viel zugute halten, sie pauschal als Ver-

brecher diskriminiert. Diese Generation

hat uns, die Soldaten der Bundeswehr, aus-

gebildet und umso größer ist unsere Ver-

pflichtung, dieser Generation, die dieses

tragische Schicksal erlitten hat, der man ihre

Jugend geraubt hat, sie über die Schlacht-

felder ganz Europas gejagt hat, nicht, wie

sie glaubten, um das Vaterland zu verteidi-

gen, sondern um ein Regime der Tyrannei

über ganz Europa zu errichten.

Aber sie müssen in unseren Augen auf-

rechte, ehrliche Soldaten bleiben, und wir,

die Generation, die von diesen ausgebil-

det ist, haben die Verpflichtung, dieser

Generation die Ehre zu erweisen, die ihr

gebührt. Das wollen wir nicht vergessen.

Danke.

Nachsatz dazu im persönlichen Gespräch:

Gerade der Soldatengeneration der Bun-

deswehr, der es vergönnt war, ihren Auftrag

zum Schutz des Staates ohne Blutvergießen

zu erfüllen, ist es umso mehr Verpflichtung,

auch unseren Vätern und Großvätern

Gerechtigkeit widerfahren zu lassen.

des Ersten Weltkrieges, aber auch anderer

Kriege gedachte (s. Rede GenLt a.D.

Odendahl).

Dr. Walle ging am Grabe zweier deut-

scher Soldaten christlichen und jüdischen

Glaubens auf die Einsätze im Ersten

Weltkrieg im Raum ARRAS, insbesondere

auf die Kämpfe um die LORETTE-Höhen

ein.

Am Bespr.-Pkt C1 westlich MONCHY-LE-

PREUX erläuterte die Leitung den Ansatz

der 7. PD zur südlichen Umgehung von

ARRAS und zum Vorstoß zu den

SCARPE-Brücken nordwestlich von

ARRAS.

Rommel war nach seinem stürmischen

Vormarsch bis LE CATEAU zunächst von

seinen Vorgesetzten gestoppt worden.

Nach Freigabe der Bewegungen stieß er

über CAMBRAI bis in den Raum südlich

ARRAS vor. Für den 21. Mai erhielt die 7.

PD den Auftrag, in einer Drehbewegung

westlich um ARRAS herum Richtung Nor-

den anzugreifen und die Übergänge bei

ACQ zu nehmen. Diese halbkreisförmige

Bewegung – im Uhrzeigersinn – stellte ein

78 Das Schwarze Barett Nr. 46

Geschichte

erhebliches Risiko dar, da während des ge-

samten langwierigen Schwenkmanövers die

rechte Flanke aufgrund des Nachhängens

der rechts der 7. PD eingeplanten 5. PD die

rechte Flanke zur Stadt hin offen war.

In einer ausgedehnten Mittagspause in

ARRAS gab es die Gelegenheit, sich die

Stadt näher anzuschauen.

Auf dem Bespr.-Pkt C2 bei BAC DU

NORD ca. 5 km südwestlich von ARRAS

stand dann der britische Gegenangriff vom

Nachmittag des 21. Mai 1940 und erste

Abwehrmaßnahmen im Zentrum. Mit

Blick ins Gelände schilderte die Leitung die

Ereignisse.

Rommel hatte sich entschlossen, mit dem

PzRgt 25 einen Vorausangriff auf die mehr

als 10 km entfernten SCARPE-Brücken

bei ACQ zu unternehmen. Die beiden

Schützenregimenter sollten später folgen.

Das Risiko wurde dadurch erhöht, dass die

Masse der Division ohne einen einzigen

Panzer zurückblieb.

Während Rommel bislang in erstaunlicher

Weise vom Glück begünstigt gewesen

war, brach nun das Verhängnis über seine

Division herein. Der Zufall wollte es, dass der

von den Briten ohne vorherige Aufklärung

vorgetragene Panzerangriff exakt zum un-

günstigsten Zeitpunkt an der ungünstigsten

Stelle voll in die ungeschützte Flanke der dt.

Infanteriekolonnen hineinstieß.

Rommel war zunächst seinen rasch davon

preschenden Panzern gefolgt. Als jedoch die

Infanterie nicht nachkam, fuhr er wieder

zurück und erlebte gegen 16.00 Uhr den

Angriff von ca. 40 brit. Panzern auf das II.

Btl des SchtzRgt 7. Daraufhin eilte er auf

die Höhe 111 (Rommel-Höhe) 1 km ndw.

WAILLY, wo mehrere dt. Geschütze in

Stellung gegangen waren. Einige brit. Panzer

vom Typ Mark I wurden abgeschossen.

Die Situation schien nicht allzu dramatisch

bis auch einige schwerfällige Panzerkolosse

– Infanteriepanzer Mark II (Matilda) –

auftauchten, an denen alle Geschosse

wirkungslos abprallten. An manchen

Stellen brach Panik aus, aber nicht da, wo

der DivKdr sich mitten unter seinen Sol-

daten befand. Es bewährte sich das Prin-

zip des „Führens von vorne“. In vorderster

Linie konnte Rommel blitzschnell die

Situation erfassen und sofort reagieren.

Er organisierte persönlich eine vordere

Auffanglinie aus Paks und leichten Flak-

Geschützen. Dadurch konnte man zwar

nicht die Matilda-Panzer, dafür aber etliche

leichte Panzer stoppen.

Auf dem Bespr.-Pkt C3 am Nordrand von

MERCATEL erläuterte die Leitung – ergänzt

Blick in das Gelände des britischen Gegenangriffs. Baumgruppe am rechten Bildrand wird „Rommelhöhe“ genannt. (M.Ha)

durch Details des „Fachmannes“ der Ge-

schichte der 7. PD, OTL a.D. Karl-Heinz

Thönissen – dann den endgültigen Zu-

sammenbruch des brit. Gegenangriffs.

Rommel hatte per Funk an seinen Divi-

sionsstab eine zweite Auffanglinie aus

Artillerie- und Flak-Geschützen – darunter

die legendäre 8,8 – in der Tiefe befohlen.

Frieser S. 345

Mittagspause auf dem Rathausplatz in ARRAS (Si)

79Das Schwarze Barett Nr. 46

MilEx

Als die Briten im offenen Gelände zwischen

MER CATEL und TILLOY frontal gegen

diese Stellungen anrennen wollten, ver-

loren sie in wenigen Minuten zwei Duzend

Panzer. Kurz nach 18.00 Uhr, als der brit.

Angriff bereits abgeschlagen war, stürzten

sich dt. Flugzeuge des I. und VIII. Flieger-

korps auf die zurückweichenden Feind-

panzer. Die sog. „Panzerschlacht von

ARRAS“ war längst entschieden als zurück-

beorderte dt. Panzer der 7. PD das Ge-

fechtsfeld erreichten.

Abschlussabend

Um 19:00 Uhr fand dann der Ab-

schlussabend statt, der mit einem

Toast auf unser deutsches Vaterland er-

öffnet wurde. Zwischen dem Hauptgang

und der Nachspeise zog der Beauftragte für

Exkursionen ein Resümee des Ablaufs der

Exkursion 2011. Dabei gab er einleitend

einen kurzen Überblick über die in den

letzten 12 Jahren durchgeführten Kriegs-

geschichtlichen Exkursionen. Bei diesen sei

man meist in der Defensive gelegen. Mit

der Exkursion „Schnelle Truppen 1940“ sei

er dem Wunsch vieler Teilnehmer nachge-

kommen, auch einmal auf der Siegerstraße

zu sein.

Dann dankte er dem Referenten Dr. Walle

für seine informativen und interessanten

Darlegungen an den beiden Vortragsaben-

den und im Gelände. Walle habe es sehr

gut verstanden, den Teilnehmern die Große

Lage, die Planung des Frankreichfeldzuges,

die Zusammenhänge der Operationen der

Heeresgruppen, Armeen und Korps darzu-

stellen.

Dabei habe er deutlich gemacht, dass

– der Gegner materiell und personell

keinesfalls unterlegen war,

– die deutsche Führung mit der Inkauf-

nahme offener Flanken hohe Risiken ein-

ging,

– es in der deutschen Generalität erheb-

liche Meinungsverschiedenheiten hin-

sichtlich des Einsatzes der gepanzerten

Großverbände gab.

Zu Letzterem könne man sagen, dass es

wohl zwei Auseinandersetzungen gab: eine

auf dem Schlachtfeld und eine innerhalb

der Generalität. Der Umschwung von einer

mehr linearen zu einer nunmehr nicht

linearen Operationsführung und der

Stoß in die Tiefe unter Inkaufnahme

der Risiken – offene Flanken und große

Lücken – musste erst verkraftet werden.

Der Forderung der „alten Schule“, den

Vormarsch der Panzer verlangsamen, um

die größtenteils noch nicht motorisierte

Infanterie aufschließen zu lassen, stand – so

unser Referent – die Forderung der „Pro-

gressiven“ (z.B. Guderian und Rommel)

nach Ausnutzen der Anfangserfolge der

mechanisierten Truppen entgegen. Zitat

Guderians: „Solange man selbst in Be-

wegung ist, solange hält man auch den

Feind in Bewegung und hindert ihn daran,

sich festzusetzen.“

Durch die an den elf ausgewählten Be-

sprechungspunkte gegebenen Erläuterun-

gen im Gelände habe man einen umfassen-

den Überblick über das Gesamtgeschehen

des Vorstoßes der Schnellen Truppen von

der MAAS bis zum KANAL sowie einen

nachhaltigen Eindruck von den an die

Führer unterschiedlicher Ebenen gestell-

ten Anforderungen, aber auch von der

Leistung der von diesen geführten Soldaten

gewonnen.

Sein Dank galt auch Dr. Walles kunsthisto-

rischem Vortrag zur Kathedrale von LAON.

Schleicher überreichte dem Waffensamm-

ler Dr. Walle unter großem Beifall aller

Teilnehmer als äußeres Zeichen der Aner-

kennung eine Rarität aus dem Jahre 1905

„Die Entwicklung der Handfeuerwaffen“.

Schleicher drückte auch seine Freude dar-

über aus, dass wiederum neue Teilnehmer

zum Kreis der an kriegsgeschichtlichen

Exkursionen Interessierten gestoßen seien.

Sein Dank galt auch den zwei Damen, die

sich in die Männergemeinschaft so gut

eingefügt haben. Die Teilnahme mehrerer

jüngerer Herren mache Hoffnung, auch aus

dieser Generation ständige Exkursionsteil-

nehmer zu gewinnen. Auch ein Dank an

den stets sicheren und fürsorglichen Bus-

fahrer durfte nicht fehlen.

Im Namen aller Teilnehmer dankte Brigade-

general Erich Becker Oberst a.D. Schleicher

für die Planung sowie die organisatorische

Vorbereitung und Durchführung der Ex-

kursion 2011.

Schleicher ging dann noch auf die Durch-

führung der Exkursionen in den nächsten

Jahre ein. (s. „Planung für die nächsten zwei

Jahre“).

Oberst a.D. Schleicher dankt dem Referenten Fregattenkapitän a.D. Dr.Walle.( Foto M.Ha).

Intonierung des Panzerliedes von Halfpap „Ob`s stürmt oder schneit.... doch froh ist unser Sinn....

80 Das Schwarze Barett Nr. 46

Geschichte

Zum Abschluss des offiziellen Teils sangen

wir das „Panzerlied“, wie immer stimmge-

waltig intoniert von . Peter Halfpap.

In gemütlicher Runde, Pflege der Kame-

radschaft sowie interessanten Gesprächen

klang der Abend aus.

4. Tag (Sonntag)

Am Morgen nach der Gepäckver-

ladung startete wir zur letzten Phase

„Dünkirchen, Mai - Juni 1940“

Von ST. OMER fuhren wir entlang des

AA-Kanal, der sich bis zur Küste fortsetzt,

nach WATTEN. Der Blick auf den ca.

40 m breiten Kanal führte uns die Be-

deutung von AA und AA-Kanal für den

Frieser S.364

Grafik: H.A. Jakobsen

Schutz der rechten Flanke der Alliierten

vor Augen. Auf der Weiterfahrt nach

CASSEL ging der Referent kurz auf die

Einnahme des MÜHLEN-Berges ostwärts

des AA-Kanals durch die Leibstandarte

Adolf Hitler (LAH) unter Sepp Dietrich

ein, die der Haltbefehl eigentlich nicht

zuließ.

Vom Bespr.-Pkt D1, Höhe 159 in CAS-

SEL, hatten wir unter den Augen des frz.

Marschall Foch aus dem Ersten Weltkrieg,

der auf einem Denkmal dort thront, einen

weiten Blick nach Norden in das Gelände

des sich zwischen dem 27. Mai und 4. Juni

laufend verengenden Kessels von DÜN-

KIRCHEN.

Am 22. Mai hatten die Panzer Guderians

den Angriff in Richtung CALAIS gestartet

und waren am 24. Mai nur 18 km von

DÜNKIRCHEN entfernt. Unerwarteter-

weise ließ von Rundstedt, bestätigt durch

Hitler, die Panzer anhalten. Derartige Halt-

befehle hatte es im Verlauf schon mehrfach,

zuletzt am 17. Mai, gegeben.

U. a. wollte man die Panzer für die bevor-

stehende Schlacht in Frankreich schonen.

Hermann Göring kündigte außerdem an,

die alliierten Truppen durch Luftangriffe

zu vernichten. Lord Gort und die 1. frz.

Armee unter General Blanchard hatten nun

vom 24. bis 27. Mai die Möglichkeit, einen

Verteidigungsring um DÜNKIRCHEN zu

errichten. Das schlechter werdende Wetter

erschwerte zudem den Einsatz der dt. Luft-

waffe. Erst am 27. Mai wurden die dt.

Panzer vor DÜNKIRCHEN wieder eilig in

Bewegung gesetzt. Kostbare Zeit war ver-

loren gegangen. Der Ansatz der dt. Groß-

verbände gegen den Kessel von Dünkirchen

wird aus dem Kartenausschnitt „Der Halt-

befehl von DÜNKIRCHEN“ deutlich.

Der Referent beschränkte sich in seinen

Darstellungen auf den Angriff der LAH

gegen WORMHOUDT, links flankiert

vom Regiment „Großdeutschland“, sowie

den Angriff der 2. PD gegen BERGUES.

Auf der Fahrt von CASSEL-WORM-

HOUDT-BERGUES-DÜNKIRCHEN

überquerten wir laufend Bäche und Kanäle,

die 1940 den Alliierten immer wieder die

Möglichkeit zum Aufbau neuer Abwehr-

linien gegen die dt. Angriffe boten.

Unser letzter Bespr.-Pkt D2 am Strand von

DÜNKIRCHEN unweit des Digue des

Allies, des Denkmals zur Erinnerung an die

Operation Dynamo, ist heute ein beliebter

Badesstrand.

Unser Referent ging noch einmal kurz

auf die Kämpfe um den immer enger

werdenden Kessel ein, bevor er dann die

Einschiffung der Alliierten (Operation

Dynamo) näher erläuterte.

Vom 27. Mai bis 4. Juni bestiegen die

alliierten Soldaten Seefahrzeuge aller Art.

338.226 Soldaten, darunter 110.000 Fran-

zosen, wurden mit etwa 900 Schiffen nach

England gebracht. Dabei verloren die Briten

200 Schiffe, 177 Flugzeuge und 90 Piloten.

Die dt. Luftwaffe hatte den Verlust von

132 Maschinen zu beklagen. Im Laufe des

4. Juni eroberte das Inf-Rgt. 54 unter Oberst

Hermann Recknagel DÜNKIRCHEN.

Ca. 40.000 alliierte Soldaten, überwie-

gend Franzosen gingen in Gefangenschaft.

50.000 Fahrzeuge aller Art und anderes

schweres Kriegsgerät wurden erbeutet.

81Das Schwarze Barett Nr. 46

MilEx

Gruppe am Memorial. Ende der Militärgeschichtliche Exkursion 2011 (M.Ha)

Exkursionsplanungen für die nächsten zwei Jahre

Oberst a.D. Jobst von Wagner ergänzte

den Vortrag um die Kämpfe des Kessels

durch einen Kurzbericht über den Einsatz

seines Vaters Major Klaus von Wagner als

Kommandeur des 2. Bataillons des 398.

Inf-Rgt am Nordrand des Kessels bei

FURNES ca. 15 km ostw. DÜNKIRCHEN.

Dr. Walle betonte dann am Ende der

Exkursion, dass trotz des von vielen Zeit-

genossen damals unerwarteten aber gewal-

tigen Sieges der Feldzug gegen Frankreich

zwar gewonnen, der Krieg jedoch verloren

war. Großbritannien wollte die Niederlage

nicht hinnehmen und verfügte mit seinem

Empire und zusammen mit den übrigen

Alliierten über Materialressourcen, die

denen des Deutschen Reiches weit über-

legen waren.

Oberst Schleicher schloss die Exkursion mit

einem nochmaligen Dank an Dr. Walle,

vornehmlich für den 4. Tag, ab.

Ca. 12.30 Uhr traten wir die Heimfahrt

an. � Blick von Höhe 159 auf Wormhoudt im Kessel Dünkirchen (M.Ha)

2012 „Die Ardenneoffensive 1944 mit Schwerpunkt: Vorstoß der

Panzergruppe Peiper in Richtung Maas sowie Einschließung von

US-Kräften in Bastogne“ als 4-tägige vom 11.-14. Oktober;

Referent: O a.D. Klaus Hammel.

2013 „Der Deutsch-Dänische Krieg von 1864“ (dabei auch

Düppeler Schanzen) als 4-tägige Veranstaltung vom

10.-13. Oktober;

Referent: FKapt. a.D. Dr. Heinrich Walle.