GIaktuell - HDI DE · 2019. 3. 22. · VII ZB 36/15, NJW 2016,1 740 Rdnr.1 2; v.21.4.2010 – XII...

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Informationen für wirtschaftsprüfende, rechts- und steuerberatende Berufe Nr. 4 /August 2017 / 37. Jahrgang GI aktuell Inhalt Editorial 97 GI Entscheidungen 98 GI Literatur-Hinweis 128 GI Literatur-Ecke 128 Anwaltshaftung 98 Versäumung Berufungsfrist / Erforderliche Angaben im Wiedereinsetzungsantrag (BGH, Beschl. v. 25.4.2017 – VI ZB 45/16) Haftung des Treuhandkommanditisten 100 Regelwidrige Auffälligkeiten / Aufklärungspflicht / Überprüfung des Prospekts (BGH, Urt. v. 16.3.2017 – III ZR 489/16) Anwaltshaftung 105 Substantiierter Vortrag / Vortrag zu tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten (BGH, Urt. v. 10.12.2015 – IX ZR 272/14) Notarhaftung 107 2-Wochen-Frist / Kausalität / Hypothetischer Kausalverlauf / Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens (OLG Hamm, Urt. v. 29.3.2017 – I-11 U 73/16) Steuerberaterhaftung 111 Hinweispflichten / Auftrag für Vertretung im Einspruchs- verfahren / Fehler des Vorberaters / Ansprüche gegen Vorberater / Verjährung (OLG Schleswig-Holstein, Urt. v. 18.7.2014 – 17 U 21/14) Steuerberaterhaftung 114 Kleinunternehmer / Umsatzsteueroption (LG Krefeld, Urt. v. 29.3.2017 – 2 O 56/16) Notarhaftung 116 Hinweis auf § 1365 BGB / Ausländisches Güterrecht / Schutzzweck der notariellen Belehrungspflicht (LG Berlin, Urt. v. 20.2.2017 – 84 O 19/16) Steuerberaterhaftung 119 Mandatsumfang / Dauermandat / Buchhaltungsvertrag / Nebenpflicht (LG Berlin, Urt. v. 26.1.2017 – 6 O 44/16) Anwaltshaftung 121 Rechtsschutzversicherung / Auskunftsanspruch gegen Anwaltssozietät (LG Heidelberg, Urt. v. 27.7.2016 – 1 S 51/15) Steuerberaterhaftung 124 Haftung des Vorstands eines Lohnsteuerhilfevereins / Kosten für die Neuerstellung einer Steuererklärung (LG Leipzig, Urt. v. 4.5.2016 – 03 O 1289/13)

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Informationen für wirtschaftsprüfende,rechts- und steuerberatende Berufe

Nr. 4 / August 2017 / 37. Jahrgang

GIaktuellInhalt

Editorial 97

GI Entscheidungen 98

GI Literatur-Hinweis 128

GI Literatur-Ecke 128

Anwaltshaftung 98Versäumung Berufungsfrist / Erforderliche AngabenimWiedereinsetzungsantrag(BGH, Beschl. v. 25.4.2017 – VI ZB 45/16)

Haftung des Treuhandkommanditisten 100Regelwidrige Auffälligkeiten / Aufklärungspflicht /Überprüfung des Prospekts(BGH, Urt. v. 16.3.2017 – III ZR 489/16)

Anwaltshaftung 105Substantiierter Vortrag / Vortrag zu tatsächlichen undrechtlichen Gesichtspunkten(BGH, Urt. v. 10.12.2015 – IX ZR 272/14)

Notarhaftung 1072-Wochen-Frist / Kausalität / Hypothetischer Kausalverlauf /Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens(OLG Hamm, Urt. v. 29.3.2017 – I-11 U 73/16)

Steuerberaterhaftung 111Hinweispflichten / Auftrag für Vertretung im Einspruchs-verfahren / Fehler des Vorberaters / Ansprüche gegenVorberater / Verjährung(OLG Schleswig-Holstein, Urt. v. 18.7.2014 – 17 U 21/14)

Steuerberaterhaftung 114Kleinunternehmer / Umsatzsteueroption(LG Krefeld, Urt. v. 29.3.2017 – 2 O 56/16)

Notarhaftung 116Hinweis auf § 1365 BGB / Ausländisches Güterrecht /Schutzzweck der notariellen Belehrungspflicht(LG Berlin, Urt. v. 20.2.2017 – 84 O 19/16)

Steuerberaterhaftung 119Mandatsumfang / Dauermandat / Buchhaltungsvertrag /Nebenpflicht(LG Berlin, Urt. v. 26.1.2017 – 6 O 44/16)

Anwaltshaftung 121Rechtsschutzversicherung / Auskunftsanspruch gegenAnwaltssozietät(LG Heidelberg, Urt. v. 27.7.2016 – 1 S 51/15)

Steuerberaterhaftung 124Haftung des Vorstands eines Lohnsteuerhilfevereins /Kosten für die Neuerstellung einer Steuererklärung(LG Leipzig, Urt. v. 4.5.2016 – 03 O 1289/13)

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Freuen Sie sichauf die Königsklasse!

Zöller ZPO ZivilprozessordnungBegründet von Dr. Richard Zöller. Bearbeitet vonProf. Dr. Christoph Althammer, VorsRiKG ChristianFeskorn, RA und Notar a.D. Prof. Dr. Dr. h.c. ReinholdGeimer, Prof. Dr. Reinhard Greger, RiAG a.D. Kurt Herget,PräsLG Dr. Hans-Joachim Heßler, StellvDirAG Dr. ArndtLorenz, PräsOLG Clemens Lückemann, RiOLG Dr. Hen-drik Schultzky, VPräsLG Dr. Mark Seibel, RiOLG Dr. Gre-gor Vollkommer. 32., neu bearbeitete Auflage 2018,ca. 3.500 Seiten Lexikonformat, gbd. im Schuber 169,– €.Erscheint im November. ISBN 978-3-504-47023-4

Die Vorbereitungen in der Königsklasse gehen in die letzte heiße Phase, dennim November kommt die 32. Auflage des Zöller in den Handel. Der rotblaue Bolidebesticht wie immer durch seine Informationsstärke und seine klare Haltung. Dasgibt Ihnen den Vorsprung, den Sie benötigen, um in jedem Verfahrensschritt diePoleposition zu behaupten.

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November!

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Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser,

Auf folgende vier Entscheidungen in der aktuellen GI möchteich besonders aufmerksam machen:

In dem vom OLG Hamm entschiedenen Fall hatte ein Notarnicht für die Einhaltung der Zweiwochenfrist vor der Beur-kundung eines Vertrages über die Veräußerung einer Woh-nung gesorgt. Diese Frist soll Verbraucher vor einem nach-teiligen Geschäft aufgrund eines übereilten Entschlussesschützen. Dieser Schutz gehe aber – so der Senat – nicht soweit, den Notar zum „Ausfallbürgen“ eines Verbrauchersfür fehlgeschlagene wirtschaftliche Investitionen zu machen.Der Notar kann daher einwenden, dass eine Verschiebung desBeurkundungstermins an der Entscheidung des Mandantenletztlich nichts geändert hätte.

In dem vom LG Berlin entschiedenen Fall hatte ein Notar beider Beurkundung eines Vertrages über eine Wohnungsver-äußerung nicht über die Vorschrift des § 1365 BGB belehrt.Die Mandanten trugen vor, dass man bei entsprechender Be-lehrung von einer Veräußerung Abstand genommen hätte.Den behaupteten Schaden, nämlich eine Wertsteigerung seitVeräußerung der Wohnung, erkannte die Kammer nicht an:Bei einem Verstoß gegen die Belehrung über § 1365 BGBseien nur die Schäden erstattungsfähig, die durch eine Nicht-durchführbarkeit des Vertrags entstanden sind, nicht aberein Schaden, der darauf beruhe, dass dem Verkäufer beiAbstandnahme von dem Vertrag die spätere Wertsteigerungdes Kaufgegenstandes zugute gekommen wäre.

Im Bereich der Steuerberaterhaftung entschied das OLGSchleswig, dass ein Steuerberater, der eine Fehlbeurteilungdes Vorberaters erkennt, ohne gesondertes Mandat nichtzu prüfen hat, ob dem Mandanten zivilrechtliche Regress-ansprüche gegen den Vorberater zustehen und ob derenVerjährung droht. Die anderslautende Rechtsprechung desBGH zu den Pflichten eines Rechtsanwalts in einer solchenKonstellation sei – so der Senat – auf den Steuerberater nichtübertragbar.

In der Entscheidung des LG Leipzig verlangte der Mandantim Wege des Schadenersatzes die Kosten für die vollständigeNeuerstellung einer Steuererklärung, nachdem das Finanz-amt – allerdings zu Unrecht – diese Neuerstellung der Steuer-erklärung von ihm verlangt hatte. Diesen weitgehendenSchadenersatzanspruch lehnte die Kammer ab: Der Mandantkönne nur Ersatz der Kosten für die Korrektur der mangel-haften Positionen geltend machen.

Rafael Meixner

Rafael MeixnerRechtsanwalt

GIaktuell Nr. 4/August 2017 97

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GIaktuell Nr. 4/August 201798

habe sie per Telefax und danach per Post übersandt. DieSendebestätigung hinsichtlich des vorab übersandten Faxeshabe sie abgeheftet, ohne die dort angegebene Vorwahl zuüberprüfen. Zur Glaubhaftmachung bezog sich die Klägerinauf eine eidesstattliche Versicherung der Mitarbeiterin B.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Berufungsgerichtdie beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ab-gelehnt und die Berufung als unzulässig verworfen. DieBerufungsschrift sei nicht innerhalb der Berufungsfrist beimBerufungsgericht eingegangen. Nach dem Vorbringen imWiedereinsetzungsgesuch könne nicht ausgeschlossen wer-den, dass die Versäumnis der Berufungsfrist auf einem Orga-nisationsverschulden der Prozessbevollmächtigten beruhe,das sich die Klägerin zurechnen lassen müsse. Zwar dürfe einRechtsanwalt darauf vertrauen, dass eine Kanzleiangestellte,die sich bisher als zuverlässig erwiesen habe, eine konkreteEinzelweisung – hier zur zutreffenden Bezeichnung desRechtsmittelgerichts – befolge, so dass er sich über die Aus-führung seiner Weisung nicht mehr vergewissern müsse.

Jedoch fehle es an den notwendigen Angaben hinsichtlichder Zuverlässigkeit der Mitarbeiterin B. Eine diesbezüglicheDarlegung sei hier bereits deshalb geboten gewesen, weilder Mitarbeiterin im Streitfall gleich drei Versehen unterlau-fen seien. Da der Vortrag zur Zuverlässigkeit nicht unklaroder ergänzungsbedürftig sei, sondern gänzlich fehle undeinem Rechtsanwalt die Anforderungen der Rechtsprechungan die ausreichende Darlegung von Wiedereinsetzungsgrün-den geläufig sein müssten, habe es keines Hinweises gemäߧ 139 ZPO an die Klägerin bedurft. •

Aus den Gründen:Die gemäß § 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1,§ 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde istunzulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPOnicht erfüllt sind. Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerde-gerichts ist nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtspre-chung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) erforderlich; insbesondereverletzt der angefochtene Beschluss nicht den Anspruch derKlägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1GG) und wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GGi.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip; vgl. BVerfG, NJW 2003, 281[BVerfG 5.8.2002 – 2 BvR 1108/02] m.w.N.).

1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass dieKlägerin die Berufungsfrist (§ 517 ZPO) versäumt hat, weil dieBerufungsschrift an das unzuständige LG adressiert war undbei dem Berufungsgericht, bei dem sie gemäß § 519 Abs. 1ZPO hätte eingereicht werden müssen, erst nach Fristablaufeingegangen ist. Zutreffend ist auch, dass der Vortrag imWiedereinsetzungsgesuch ein der Klägerin gemäß § 85 Abs.2 ZPO zuzurechnendes Verschulden ihrer Prozessbevollmäch-tigen an der Fristversäumung nicht ausschließt.

a) Der Prozessbevollmächtigte einer Partei hat durch organi-satorische Maßnahmen sicherzustellen, dass ein fristgebun-dener Schriftsatz innerhalb der laufenden Frist beim zustän-digen Gericht eingeht (Senatsbeschl. v. 15.12.2015 – VI ZB15/15, VersR 2016, 1333 Rdnr. 8; BGH, Beschl. v. 22.7.2015

Anwaltshaftung• Versäumung Berufungsfrist• Erforderliche Angaben im Wiedereinsetzungsverfahren(BGH, Beschl. v. 25.4.2017 – VI ZB 45/16)

Leitsätze:1. Den Prozessbevollmächtigten trifft kein Verschuldenan der Versäumung der Berufungsfrist, wenn er seinebisher zuverlässige Angestellte mittels einer auf demSchriftsatz vermerkten Anweisung dazu anhält, diefalsche Bezeichnung des Berufungsgerichts zu korrigie-ren, und er die Berufungsschrift vor der von ihm fürerforderlich gehaltenen Korrektur unterzeichnet hat.

2. Zu der gemäß § 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO erforderli-chen Angabe der die Wiedereinsetzung begründendenTatsachen im Wiedereinsetzungsantrag gehört in diesenFällen der Vortrag zur bisherigen Zuverlässigkeit derKanzleiangestellten, der die Einzelweisung erteilt wor-den ist.

3. Dies muss einem Rechtsanwalt auch ohne richter-lichen Hinweis geläufig sein. •

Zum Sachverhalt:Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Ersatz materieller undimmaterieller Schäden im Zusammenhang mit einem Ver-kehrsunfall in Anspruch. Das LG hat die Beklagten zur Zah-lung von 1.750 EUR sowie zur Freistellung der Klägerin vonvorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verurteilt und die wei-tergehende Klage abgewiesen. Gegen das ihrem Prozess-bevollmächtigten am 30.3.2016 zugestellte Urteil hat dieKlägerin mit einem an das LG adressierten und dort am29.4.2016 per Telefax eingegangenen Schriftsatz Berufungeinlegen lassen. Die Berufungsschrift ist vom LG an das Be-rufungsgericht weitergeleitet worden und dort am 10.5.2016eingegangen. Nach Hinweis des Vorsitzenden des Berufungs-gerichts, die Berufung sei verspätet eingereicht worden, hatdie Klägerin beantragt, ihr Wiedereinsetzung in den vorigenStand gegen die Versäumung der Berufungsfrist zu gewäh-ren.

Zur Begründung dieses Antrags hat die Klägerin ausgeführt,ihr Prozessbevollmächtigter habe am 29.4.2016 verfügt,dass gegen das Urteil des LG Berufung eingelegt werdensolle, und in einem Vermerk darauf hingewiesen, dass dieBerufung beim OLG einzulegen sei. Eine Mitarbeiterin derKanzlei, die Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte B.,habe die Berufungsschrift fehlerhaft an das LG adressiertund dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin zur Unter-schrift vorgelegt. Dieser habe die Anschrift durchgestrichenund handschriftlich vermerkt, dass der Schriftsatz an dasOLG zu senden sei und somit die erste Seite des Schriftsatzesausgetauscht werden müsse. Gleichzeitig habe er die zweiteSeite des Schriftsatzes unterzeichnet. Frau B. habe die ersteSeite des Schriftsatzes zwar nochmals ausgedruckt, ohnejedoch die Anschrift des Gerichts zu ändern. Den Schriftsatz

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– XII ZB 583/14, FamRZ 2015, 1878 Rdnr. 12). Die Anferti-gung einer Rechtsmittelschrift gehört zu den Aufgaben, dieder Rechtsanwalt seinem angestellten Büropersonal nichtübertragen darf, ohne das Arbeitsergebnis selbst sorgfältigzu überprüfen. Die Aufgabe darf in so einem gewichtigenTeil wie der Bezeichnung des Rechtsmittelgerichts auch gutgeschultem und erfahrenem Personal eines Rechtsanwaltsnicht eigenverantwortlich überlassen werden. Der Prozess-bevollmächtigte einer Partei muss die Rechtsmittelschriftdeswegen vor der Unterzeichnung auf Vollständigkeit und aufdie richtige Bezeichnung des Rechtmittelgerichts überprüfen(BGH, Beschl. v. 16.9.2015 – V ZB 54/15, NJW-RR 2016,126 Rdnr. 9; v. 22.7.2015 – XII ZB 583/14, a.a.O., Rdnr. 12m.w.N.).

Fällt ihm dabei ein Fehler auf und erteilt er seiner Kanzlei-angestellten, die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, einekonkrete Einzelweisung zur Korrektur, die bei Befolgung dieFristwahrung gewährleistet hätte, so darf er grundsätzlichdarauf vertrauen, dass eine solche Angestellte die Einzelwei-sung befolgt. Er ist unter diesen Umständen im Allgemeinennicht verpflichtet, sich anschließend über die Ausführungseiner Weisung zu vergewissern (Senatsbeschl. v. 22.6.2004– VI ZB 10/04, NJW-RR 2004, 1361, 1362; Beschl. v.16.9.2015 – V ZB 54/15, a.a.O., Rdnr. 11; v. 10.2.2016 –VII ZB 36/15, NJW 2016, 1740 Rdnr. 12; v. 21.4.2010 –XII ZB 64/09, NJW 2010, 2286 Rdnr. 11).

Den Prozessbevollmächtigten trifft daher kein Verschulden ander Fristversäumung, wenn er seine bisher zuverlässige Ange-stellte nicht nur mündlich, sonders mittels einer auf demSchriftsatz vermerkten Anweisung dazu anhält, die falscheBezeichnung des Berufungsgerichts zu korrigieren, und er dieBerufungsschrift vor der von ihm für erforderlich gehaltenenKorrektur unterzeichnet hat (Senatsbeschl. v. 13.4.2010 –VI ZB 65/08, NJW 2010, 2287 Rdnr. 5 ff.; BGH, Beschl. v.16.9.2015 – V ZB 54/15, a.a.O., Rdnr. 11; v. 30.10.2008 –III ZB 54/08, NJW 2009, 296 Rdnr. 9 f.; vgl. auch Beschl. v.17.8.2011 – I ZB 21/11, NJW-RR 2012, 122 Rdnr. 13 f.).

Zu der gemäß § 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO erforderlichen Anga-be der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen imWiedereinsetzungsantrag gehört in diesen Fällen zwingendder Vortrag zur bisherigen Zuverlässigkeit der Kanzleiange-stellten, der die Einzelweisung erteilt worden ist, da anderen-falls ein Vertrauen des Rechtsanwalts auf die Befolgung derWeisung nicht gerechtfertigt wäre. Dabei sind die Gründe,aus denen die Zuverlässigkeit geschlossen wird, darzustellen;floskelhafte Bemerkungen genügen den Anforderungendes § 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht (vgl. Senatsbeschl. v.17.4.2012 – VI ZB 44/11, VersR 2013, 249 Rdnr. 26 f.; BGH,Beschl. v. 14.10.2014 – XI ZB 13/13, NJW-RR 2015, 624Rdnr. 19).

b) Nicht zu beanstanden ist die Feststellung des Berufungs-gerichts, dass in dem Wiedereinsetzungsgesuch der Klägerindie notwendigen Angaben zur Zuverlässigkeit der Angestell-ten B., der die Weisung zur Korrektur des Schriftsatzes hin-sichtlich des anzuschreibenden Gerichts erteilt wurde, voll-ständig fehlen. Der Wiedereinsetzungsantrag schildert den

GIaktuell Nr. 4/August 2017 99

Sachverhalt der Einzelweisung des Prozessbevollmächtigender Klägerin an die Rechtsanwalts- und NotarfachangestellteB. und schließt insoweit mit dem Satz, dass „unter diesenUmständen“ der Prozessbevollmächtigte sich habe daraufverlassen können, dass die Weisung ausgeführt werdenwürde. Vortrag dazu, dass dieses Vertrauen nicht nur in demUmstand der Weisungserteilung als solcher, sondern in derBerufserfahrung und den bisherigen Arbeitsleistungen derMitarbeiterin B. gründete, enthält der Wiedereinsetzungs-antrag nicht. Insbesondere vermag die bloße Mitteilung derAusbildung der Mitarbeiterin (Rechtsanwalts- und Notarfach-angestellte) einen solchen Vortrag nicht zu ersetzen.

Nicht zu beanstanden ist ferner die zusätzliche Erwägung desBerufungsgerichts, dass Vortrag zur bisherigen Zuverlässigkeitder Mitarbeiterin B. gerade deshalb geboten gewesen wäre,weil dieser im Zusammenhang mit der Fertigung und Versen-dung der Berufungsschrift gleich drei Fehler unterliefen.

2. Entgegen der Ansicht der Klägerin war das Berufungsge-richt nicht verpflichtet, vor Ablehnung der Wiedereinsetzungauf die nicht ausreichenden Gründe des Wiedereinsetzungs-gesuchs hinzuweisen. Eine Hinweispflicht besteht nur bezo-gen auf erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige Anga-ben (BGH, Beschl. v. 12.5.2016 – V ZB 135/15, NJW 2016,3789 Rdnr. 31; v. 30.9.2010 – V ZB 173/10, [...] Rdnr. 7m.w.N.).

Nur solche Angaben dürfen auch noch nach Ablauf derAntragsfrist des § 234 Abs. 1 ZPO erläutert oder vervollstän-digt werden (BGH, Beschl. v. 21.10.2010 – IX ZB 73/10, NJW2011, 458 Rdnr. 17; v. 31.3.2010 – XII ZB 166/09, FamRZ2010, 879 Rdnr. 12; v. 9.2.2010 – XI ZB 34/09, VersR 2011,508 Rdnr. 9; jeweils m.w.N.).

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die Anforderun-gen, die die Rechtsprechung an die organisatorischen Maß-nahmen bei der Übermittlung fristwahrender Schriftsätzestellt, sind bekannt und müssen einem Rechtsanwalt auchohne richterliche Hinweise geläufig sein (vgl. Senatsbeschl. v.15.12.2015 – VI ZB 15/15, VersR 2016, 1333 Rdnr. 13; BGH,Beschl. v. 12.5.2016 – V ZB 135/15, a.a.O., Rdnr. 31). So istauch bekannt, dass ein Rechtsanwalt nur zuverlässiges Büro-personal mit der Anfertigung und Absendung fristwahrenderSchriftsätze betrauen darf, er das Vertrauen auf die Beach-tung diesbezüglicher Einzelweisungen nur in zuverlässigesPersonal setzen darf und zur Zuverlässigkeit des jeweiligenAngestellten deshalb in einem Wiedereinsetzungsgesuchvorzutragen ist.

Fehlt – wie hier – jeglicher Vortrag zu diesem Punkt, deutetdies nicht auf Unklarheiten oder Lücken hin, die aufzuklärenbzw. zu füllen wären, sondern erlaubt den Schluss darauf, dasses an den notwendigen Vorkehrungen gefehlt hat (vgl.Senatsbeschl. v. 15.12.2015 – VI ZB 15/15, a.a.O., Rdnr. 13;BGH, Beschl. v. 12.5.2016 – V ZB 135/15, a.a.O., Rdnr. 31;v. 26.11.2013 – II ZB 13/12, MDR 2014, 422 Rdnr. 12;v. 24.1.2012 – II ZB 3/11, NJW-RR 2012, 747 Rdnr. 12;v. 23.10.2003 – V ZB 28/03, NJW 2004, 367, 369). •

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einen Treuhandvertrag ab. Die gewählte Beteiligungsart„Clevere KOMBI“ sah vor, dass 50 Prozent der Beteiligungs-summe sowie der Abwicklungsgebühr sofort zu zahlenwaren. Die zweite Hälfte der Beteiligungssumme und derAbwicklungsgebühr sollte durch Ausschüttungen erbrachtwerden. Insgesamt leisteten die Kläger Zahlungen in Höhevon 84.000 EUR.

Die Beteiligungen der Kläger erfolgten auf der Grundlagedes Emissionsprospekts vom März 2006. Danach war dieFondsgesellschaft zum einen als Kommanditistin an der L.GmbH & Co. Beteiligungs KG beteiligt, die ihrerseits Kom-manditanteile an einer Immobilien-Objektgesellschaft hielt.Zum anderen war bis Ende des Jahres 2006 eine weitereBeteiligung an einer Immobilieninvestition in Höhe von ca.100.000.000 EUR geplant, wobei eine konkrete Investitions-möglichkeit zum Zeitpunkt der Prospekterstellung noch nichtfeststand. Der Prospekt enthält unter anderem in einemgesonderten Abschnitt „Risikohinweise“, die auszugsweisewie folgt lauten:

1. Allgemeine HinweiseDas vorliegende Beteiligungsangebot stellt … grundsätzlichein langfristiges unternehmerisches Investment dar. …

Aus einer solchen Beteiligung können Risiken resultieren, diesich nachteilig auf die Entwicklung der Vermögenswerte derFondsgesellschaft sowie deren laufende Erträge auswirkenkönnen. Bei unerwartetem Zusammentreffen von Risikofak-toren kann es neben geringeren Ausschüttungen als prog-nostiziert auch zum teilweisen oder gänzlichen Verlust deseingesetzten Kapitals kommen.

3. Allgemeine Risiken hinsichtlich Vermietung und Wertent-wicklung von Immobilien…

„Sollte bei künftigen Immobilienveräußerungen der erzielteVeräußerungserlös hinter dem Stand der gegebenenfallsnoch vorhandenen Verbindlichkeiten zurückbleiben, könntees im Extremfall zu einem Totalverlust der Kapitaleinlagender Anleger kommen.“

Seite 6 des Prospekts enthält folgende Aussage:

„Dieser Renditefonds stellt durch die Investition in mehrerewertbeständige Immobilienobjekte eine ideale Form desVermögensaufbaus und der Altersvorsorge dar.“

Auf Seite 19 des Prospekts werden Ausführungen zum„Innovativen Sicherungskonzept“ gemacht:

„Es ist mit diesem Angebot gelungen, die Interessen vonGroßanlegern und Immobilieneinsteigern aufeinander abzu-stimmen. … Ein Immobilieneinsteiger möchte, ebenso wieein Großanleger, über die Vorteile einer Großinvestition,die er alleine nicht tätigen kann, sicheren Vermögensaufbauund Altersvorsorge betreiben.“

GIaktuell Nr. 4/August 2017100

Haftung des Treuhandkommanditisten• Regelwidrige Auffälligkeiten• Aufklärungspflicht• Überprüfung des Prospekts(BGH, Urt. v. 16.3.2017 – III ZR 489/16)

Leitsätze:1. Ein Treuhandkommanditist ist verpflichtet, die Anle-ger über alle wesentlichen Punkte, insbesondere regel-widrige Auffälligkeiten der Anlage, aufzuklären, die ihmbekannt sind oder bei gehöriger Prüfung bekannt seinmüssen und die für die von den Anlegern zu überneh-menden mittelbaren Beteiligungen von Bedeutung sind(Bestätigung d. Senatsurt. v. 13.7.2006 – III ZR 361/04,NJW-RR 2007, 406; v. 29.5.2008 – III ZR 59/07,NJW-RR 2008, 1129; v. 6.11.2008 – III ZR 231/07,NJW-RR 2009, 329; v. 12.2.2009 – III ZR 90/08,NJW-RR 2009, 613; v. 23.7.2009 – III ZR 323/07,BeckRS 2009, 22724; v. 22.4.2010 – III ZR 318/08,WM 2010, 1017; v. 15.7.2010 – III ZR 321/08,WM 2010, 1537 und v. 12.12.2013 – III ZR 404/12,WM 2014, 118).

2. Von einem Treuhandkommanditisten kann jedenfallserwartet werden, dass er den bei den Beitrittsverhand-lungen verwendeten Prospekt im Rahmen einer Plausi-bilitätskontrolle dahin überprüft, ob dieser ein in sichschlüssiges Gesamtbild über das Beteiligungsobjekt gibtund ob die darin enthaltenen Informationen, soweit erdies mit zumutbarem Aufwand zu überprüfen in derLage ist, sachlich richtig und vollständig sind. •

Zum Sachverhalt:Die Kläger nehmen die Beklagte als Treuhandkommanditistinwegen Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten aufSchadenersatz in Anspruch.

Mit Beitrittserklärung vom 29.6.2006 beteiligten sich dieKläger in Höhe von 25.000 EUR zzgl. fünf Prozent Abwick-lungsgebühr als mittelbare Kommanditisten an der S. GmbH& Co. Altersvorsorgefonds KG und boten zugleich der Be-klagten, die als reine Treuhandkommanditistin nicht zu denGründungsgesellschaftern gehörte und auch keinen eigenenGesellschaftsanteil an der Fondsgesellschaft hielt, den Ab-schluss eines Treuhandvertrags an. Der Abschluss des Treu-handvertrags erfolgte – wie in der formularmäßigen Beitritts-erklärung vorgesehen – durch die hierzu bevollmächtigtengeschäftsführenden Gesellschafter der Fondsgesellschaft. DieKläger wählten die Beteiligungsart „IMMORENTE Plus“, beider fünf Prozent der Beteiligungssumme sowie die Abwick-lungsgebühr sofort zu zahlen und anschließend 156 monat-liche Raten zu jeweils 100 EUR zu leisten waren. Insgesamterbrachten die Kläger Zahlungen in Höhe von 10.900 EUR.

Mit Beitrittserklärung vom 13.7.2006 beteiligten sich dieKläger mit weiteren 160.000 EUR zzgl. fünf Prozent Abwick-lungsgebühr und schlossen wiederum mit der Beklagten

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Der im Prospekt abgedruckte Gesellschaftsvertrag bestimmtin § 2 folgenden Gesellschaftszweck:

„Zweck der Gesellschaft ist der Erwerb, das Halten, die Ver-waltung und die Veräußerung von Beteiligungen an ge-schlossenen Fonds, … Der Erwerb der Beteiligungen durchdie Gesellschaft dient insbesondere dem Zweck der Alters-vorsorge ihrer Gesellschafter.“

Die Kläger haben Zahlung von 94.900 EUR Zug um Zuggegen Abtretung aller Rechte aus ihren mittelbaren Kom-manditbeteiligungen sowie die Feststellung der Verpflichtungder Beklagten begehrt, sie von allen Verbindlichkeiten ausihren Gesellschaftsbeteiligungen freizustellen. Außerdemhaben sie entgangenen Gewinn, vorgerichtliche Rechtsan-waltskosten sowie die Feststellung verlangt, dass die Beklag-te sich mit der angebotenen Gegenleistung in Annahmever-zug befinde. Sie haben geltend gemacht, der Prospekt seifehlerhaft. Der auf der Titelseite hervorgehobene Zweck derAltersvorsorge werde dadurch konterkariert, dass es sich fak-tisch um einen Teil-Blind-Pool mit Totalverlustrisiko handele.

Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Der Prospekt enthal-te zutreffende und klarstellende Risikohinweise. Der Fondssei durchaus zur ergänzenden Altersvorsorge geeignet. DieBeklagte hat darüber hinaus die Einrede der Verjährung er-hoben.

Das LG hat der Klage – mit Ausnahme entgangenen Ge-winns – stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hatdas OLG das Ersturteil aufgehoben und die Klage insgesamtabgewiesen. Mit ihrer vom erkennenden Senat zugelassenenRevision begehren die Kläger die Wiederherstellung deserstinstanzlichen Urteils. •

Aus den Gründen:Die zulässige Revision hat auch in der Sache Erfolg. Sie führtzur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurück-weisung der Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG.

I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entschei-dung im Wesentlichen ausgeführt:

Die Kläger hätten gegen die Beklagte keinen Anspruchwegen Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten. Esmöge durchaus sein, dass der Prospekt, insbesondere durchdie plakative Bezeichnung der Anlage als „Altersvorsorge-fonds“, der die Anlage zum sicheren Vermögensaufbau undzur Altersvorsorge bewerbe, widersprüchlich und irreführendsei. Der bei fehlender oder fehlerhafter Aufklärung grund-sätzlich anzunehmende Zurechnungszusammenhang zwi-schen Aufklärungsfehler und Zeichnungsentscheidung seijedoch nicht gegeben.

Aus den von den Klägern unterzeichneten Beratungsprotokol-len und Beitrittserklärungen vom 29.6.2006 und 13.7.2006ergebe sich, dass sie den Emissionsprospekt rechtzeitig vorder Zeichnung der Anlage erhalten hätten. Da sie jedoch diemehrseitigen Risikohinweise – unter Missachtung ihrer Pflichtzur sorgfältigen Lektüre – nicht zur Kenntnis genommen und

hinsichtlich der Beteiligung „Clevere KOMBI“ auf einen wei-teren Prospekt überhaupt keinen Wert mehr gelegt hätten,könnten sie sich nicht auf etwaige Prospektfehler berufen. Esseien auch keine unrichtigen Belehrungen und Erläuterungenseitens des bei den Beitrittsverhandlungen eingeschaltetenAnlageberaters gemacht worden. Nach persönlicher Anhö-rung der Kläger und Zeugenvernehmung des Anlageberaterssei der Senat davon überzeugt, dass die Beratung anhanddes Emissionsprospekts stattgefunden habe. Die umfangrei-chen Risikohinweise des Prospekts seien mit den Klägernerörtert worden. Auch wenn die einzelnen Gesprächsinhalteauf Grund der vagen Angaben des Zeugen und der Parteiennicht mehr hätten geklärt werden können, sei es den Klä-gern nach alledem verwehrt, erfolgreich die Behauptung auf-zustellen, dass sie der als sichere Altersvorsorge beworbenenAnlage aufgesessen seien.

II. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfungnicht stand.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts haftet dieBeklagte nach den Grundsätzen der Prospekthaftung imweiteren Sinne gemäß § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2 BGB aufSchadenersatz.

1. Die Beklagte hat die ihr als Treuhandkommanditistin ob-liegenden vorvertraglichen Aufklärungspflichten verletzt. Siehätte die Kläger als Anlageinteressenten darüber informierenmüssen, dass die angebotene Kapitalanlage entgegen den –zudem durch die Firma der Fondsgesellschaft untermauerten– Prospektangaben weder als spezieller Altersvorsorgefondsnoch als ideale Form der Altersvorsorge konzipiert war undgegenüber sonstigen (geschlossenen) Immobilienfonds keinezusätzlichen Sicherungsinstrumente aufwies.

a) Die Prospekthaftung im weiteren Sinne ist ein Anwen-dungsfall der Haftung für Verschulden bei Vertragsschlussnach § 280 Abs. 1, 3, §§ 282, 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2BGB. Abgesehen von dem Sonderfall des § 311 Abs. 3 BGB,in dem auch ein Dritter haften kann, wenn er in besonderemMaße Vertrauen für sich in Anspruch genommen hat, trifftdie Haftung aus Verschulden bei Vertragsschluss denjenigen,der den Vertrag im eigenen Namen abschließen will.

Das sind bei einem Beitritt zu einer Kommanditgesellschaftgrundsätzlich die schon beigetretenen Gesellschafter. Dennder Aufnahmevertrag wird bei einer Personengesellschaftzwischen dem neu eintretenden Gesellschafter und den Alt-gesellschaftern geschlossen (BGH, Urt. v. 9.7.2013 – II ZR9/12, NJW-RR 2013, 1255 Rdnr. 26 f. m.w.N.). Beteiligt sichder Anleger – wie hier – mittelbar über einen Treuhandkom-manditisten an einer Fondsgesellschaft in der Rechtsformeiner Publikums-KG, schließt regelmäßig nur der Treuhand-kommanditist den Gesellschafts- bzw. Aufnahmevertrag. DerAnleger selbst begründet durch Vertragsschluss mit demTreuhandkommanditisten ein Treuhandverhältnis, aus demsich vorvertragliche Aufklärungspflichten ergeben können.

b) aa) Zu den Pflichten eines Treuhandkommanditisten gehörtes, die Interessen der Treugeber (Anleger) sachverständig

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standekommen eines Treuhandvertrags mit der Beklagtenals auch die Annahme des Beteiligungsangebots durch dieKomplementärin voraus. Ohne die rechtsgeschäftliche Ein-bindung der Beklagten war somit ein Beitritt nicht möglich(Senatsurt. v. 29.5.2008; v. 12.2.2009; v. 23.7.2009 und v.22.4.2010; jew. a.a.O.).

c) Zu Recht hat das LG die Fehlerhaftigkeit des bei den Bei-trittsverhandlungen verwendeten Prospekts bejaht, weil die-ser zum einen widersprüchlich ist und zum anderen einemdurchschnittlichen Anleger den unzutreffenden Eindruckvermittelt, dass es sich bei der angebotenen Beteiligung umeine speziell für den Zweck der Altersvorsorge konzipierteKapitalanlage handele.

aa) Nach der Senatsrechtsprechung ist zwar eine unterneh-merische Beteiligung mit Totalverlustrisiko für eine ergänzen-de Altersvorsorge nicht schlechthin oder generell ungeeignet(Urt. v. 6.12.2012 – III ZR 66/12, NJW-RR 2013, 296 Rdnr. 22).Insbesondere dann, wenn bereits eine Absicherung für dasAlter besteht (z.B. gesetzliche Rente, Immobilien) und bei derKapitalanlage die Altersvorsorge nicht im Vordergrund steht,weil in erster Linie Steuern gespart werden sollen, kann auchein geschlossener Immobilienfonds zur ergänzenden Alters-vorsorge tauglich sein (Senatsurt. v. 24.4.2014, a.a.O., Rdnr.28).

Wird jedoch eine sichere Anlage für Zwecke der Altersvorsorgegewünscht, so kann die Empfehlung einer unternehmeri-schen Beteiligung wegen des damit regelmäßig verbundenenVerlustrisikos schon für sich genommen fehlerhaft sein(Senatsurt. v. 6.12.2012, a.a.O., und v. 24.4.2014, a.a.O.,Rdnr. 27). Angesichts des Umstands, dass im vorliegendenFall eine typische unternehmerische Beteiligung (mit Total-verlustrisiko) angeboten wurde, stellt es eine gezielte Desin-formation des künftigen Anlegers dar, einen solchen (ge-wöhnlichen) Immobilienfonds, bei dem nicht nur keine be-sonderen Sicherungsmechanismen vorgesehen sind, sondernzusätzliche Risiken in Form einer Blind-Pool-Investition beste-hen, als speziellen Altersvorsorgefonds und ideale Form derAltersvorsorge (Prospekt, S. 6) zu bezeichnen.

Der irreführende Eindruck wird durch § 2 Abs. 1 des Gesell-schaftsvertrags noch verstärkt, indem als vorrangiger Gesell-schaftszweck die Altersvorsorge der Gesellschafter genanntwird. Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dassder Fonds durchaus zur ergänzenden Altersvorsorge geeig-net sei. Der Umstand einer bloß ergänzenden Altersvorsorgewird lediglich im Vorwort zu dem Prospekt erwähnt, wäh-rend im Prospekt selbst die „ideale Form der Altersvorsorge“und das „innovative Sicherungskonzept“ zum Zwecke derAltersvorsorge betont werden, ohne dass zwischen einerEignung der Anlage zur Altersvorsorge oder lediglich zurergänzenden Altersvorsorge differenziert wird.

bb) Die für sich genommen zutreffenden Risikohinweise indem Prospekt, es liege eine unternehmerische Investition mitTotalverlustrisiko vor, vermögen nichts daran zu ändern,dass dem verständigen Anleger der unzutreffende Eindruckvermittelt wird, es handele sich um ein speziell zum Zwecke

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wahrzunehmen und alles Erforderliche zu tun, um deren Be-teiligung und ihren wirtschaftlichen Wert zu erhalten und zumehren, und demgemäß alles zu unterlassen, was dieses Zielgefährden könnte. Der Treuhandkommanditist ist deshalb ge-halten, sich die Kenntnis über die rechtlichen und wirtschaft-lichen, insbesondere finanziellen, Grundlagen der Gesellschaftzu verschaffen. Die Beitrittsinteressenten können erwarten,vor Abschluss des Treuhandvertrags über Tatsachen, die fürdie Beurteilung des Treuguts wesentlich sind, unterrichtet zuwerden (BGH, Urt. v. 24.5.1982 – II ZR 124/81, BGHZ 84,141, 144 f.).

Dementsprechend ist in der Rechtsprechung des BGH seitlangem die Verpflichtung des Treuhandkommanditistenanerkannt, die Anleger über alle wesentlichen Punkte, insbe-sondere regelwidrige Auffälligkeiten der Anlage, aufzuklä-ren, die ihm bekannt sind oder bei gehöriger Prüfungbekannt sein müssen und die für die von den Anlegern zuübernehmenden mittelbaren Beteiligungen von Bedeutungsind (Senatsurt. v. 13.7.2006 – III ZR 361/04, NJW-RR 2007,406 Rdnr. 9; v. 29.5.2008 – III ZR 59/07, NJW-RR 2008,1129 Rdnr. 8; v. 6.11.2008 – III ZR 231/07, NJW-RR 2009,329 Rdnr. 4; v. 12.2.2009 – III ZR 90/08, NJW-RR 2009, 613Rdnr. 8; v. 23.7.2009 – III ZR 323/07, BeckRS 2009, 22724Rdnr. 6; v. 22.4.2010 – III ZR 318/08, WM 2010, 1017Rdnr. 7; v. 15.7.2010 – III ZR 321/08, WM 2010, 1537Rdnr. 9 und v. 12.12.2013 – III ZR 404/12, WM 2014, 118Rdnr. 11; Senatsbeschl. v. 26.11.2015 – III ZR 78/15, BeckRS2015, 20464 Rdnr. 16; BGH, Urt. v. 24.5.1982 a.a.O., S. 144und v. 14.1.2002 – II ZR 40/00, NJW 2002, 1711 Rdnr. 13).

bb) In der Rechtsprechung des BGH ist weiter anerkannt,dass es als Mittel der Aufklärung genügen kann, wenn demInteressenten statt einer mündlichen Aufklärung ein Prospektüber die Kapitalanlage überreicht wird, sofern dieser nachForm und Inhalt geeignet ist, die nötigen Informationenwahrheitsgemäß und vollständig zu vermitteln, und er demAnlageinteressenten so rechtzeitig vor dem Vertragsschlussübergeben wird, dass sein Inhalt noch zur Kenntnis genom-men werden kann (st. Rspr.; vgl. nur Senatsurt. v. 12.12.2013,a.a.O., Rdnr. 12 und v. 24.4.2014 – III ZR 389/12, NJW-RR2014, 1075 Rdnr. 9; jew. m.w.N.).

Vollzieht sich der Beitritt des Treugebers – wie im vorliegen-den Fall – in der Weise, dass er mit dem Treuhandkommandi-tisten einen Treuhandvertrag schließt und diesen bereits inder Beitrittserklärung bevollmächtigt, alle zur Durchführungdes rechtswirksamen Erwerbs der mittelbaren Kommanditbe-teiligung erforderlichen Mitwirkungshandlungen vorzuneh-men, trifft den Treuhänder im Rahmen der Anbahnung diesesTreuhandverhältnisses – unabhängig von der EinschaltungDritter für den Vertrieb der Anlage – eine eigene Pflicht,unrichtige Prospektangaben von sich aus richtigzustellen(Senatsurt. v. 13.7.2007, a.a.O.).

cc) Einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht war die Beklag-te auch nicht deshalb enthoben, weil sie mit den Anlegernnicht in einen persönlichen Kontakt trat und ihre Aufgabe alsdie einer bloßen Abwicklungs- und Beteiligungstreuhänderinverstand. Denn der Beitritt der Kläger setzte sowohl das Zu-

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ges Gesamtbild über das Beteiligungsobjekt gibt und ob diedarin enthaltenen Informationen, soweit er dies mit zumut-barem Aufwand zu überprüfen in der Lage ist, sachlich richtigund vollständig sind (s. Senatsurt. v. 12.2.2004 – III ZR359/02, BGHZ 158, 110, 116 und v. 22.3.2007 – III ZR218/06, WM 2007, 873 Rdnr. 4 zum Maßstab bei der Plausi-bilitätsüberprüfung eines Anlageprospekts durch einenAnlagevermittler).

Auch wenn die Anforderungen nicht überspannt werden dür-fen, hätten die im vorliegenden Fall gegebenen Ungereimt-heiten und inneren Widersprüche des Emissionsprospekts derBeklagten auffallen müssen. Die Beklagte kannte als Treu-handkommanditistin den Prospektinhalt und die Fondsstruk-tur. Ihr war somit bekannt, dass es sich bei der Kapitalanlageum eine unternehmerische Beteiligung handelte, bei der dasRisiko eines teilweisen oder vollständigen Verlusts des einge-setzten Kapitals bestand. Zugleich durfte sie die Augen nichtdavor verschließen, dass der Fonds in dem Prospekt als idealeForm der Altersvorsorge dargestellt und als spezieller Alters-vorsorgefonds angeboten wird. Bei der gebotenen Gesamt-schau der Prospektangaben waren diese Ungereimtheitenevident. Davon hätte die Beklagte die Treugeber in Kenntnissetzen müssen.

Bei dieser Sachlage bedarf es keiner Entscheidung, ob sichaus der Gesellschafterstellung eines Treuhandkommanditis-ten, der keine eigenen Anteile an der Fondsgesellschaft hält,ein weiterreichender Pflichtenkatalog ergibt (s. BGH, Urt. v.9.7.2013 – II ZR 9/12, NJW-RR 2013, 1255 Rdnr. 29; dortwurde diese Frage ebenfalls offen gelassen).

f) Dass die Beklagte ihre Pflichtverletzung zu vertreten hat,wird vermutet (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB). Es ist nichts dafürersichtlich, dass sie sich entlasten könnte. Unter Berücksich-tigung des Sachvortrags in den Vorinstanzen und des Vor-bringens der Parteien im Revisionsrechtszug ist weitere Auf-klärung nicht zu erwarten, so dass der Senat eine insoweitabschließende Würdigung selbst vornehmen kann.

g) Die Haftung der Beklagten ist auch nicht durch § 15 Abs.2 und 3 des Treuhandvertrags ausgeschlossen. Nach § 15Abs. 2 Satz 1 sollen der Treuhandkommanditistin keine wei-tergehenden Prüfungspflichten obliegen. § 15 Abs. 3 Satz 1enthält die Erklärung, dass die Treuhandkommanditistin ander Konzeption und Erstellung des Emissionsprospekts nichtmitgewirkt und dessen Aussagen nicht auf ihre Übereinstim-mung mit den tatsächlichen Gegebenheiten überprüft hat.In § 15 Abs. 3 Satz 2 erkennt der Treugeber an, dass dieTreuhandkommanditistin zu einer solchen Überprüfung nichtverpflichtet sei.

Die Klausel unterliegt als formularmäßige Haftungsfreizeich-nung der AGB-rechtlichen Kontrolle. Da es sich nicht um einegesellschaftsrechtliche Regelung handelt, ist die Bereichsaus-nahme des § 310 Abs. 4 BGB nicht einschlägig (vgl. BGH,Urt. v. 9.7.2013 – II ZR 9/12, NJW-RR 2013, 1255 Rdnr. 41).Entgegen der Auffassung der Beklagten kann der Treuhand-kommanditist seine Aufklärungsverpflichtung nicht durcheine im Treuhandvertrag enthaltene „Verwahrungserklärung“

der Altersvorsorge entwickeltes Produkt, und das Fondskon-zept trage dem im Vordergrund stehenden Interesse desAnlegers am Erhalt des investierten Kapitals durch eine ent-sprechende Gestaltung umfassend Rechnung.

Für die Beurteilung, ob ein Prospekt unrichtig oder unvoll-ständig ist, ist auf das Gesamtbild abzustellen, das er demAnleger unter Berücksichtigung der von ihm zu forderndensorgfältigen und eingehenden Lektüre vermittelt (Senatsurt.v. 20.6.2013 – III ZR 293/12, BeckRS 2013, 11561 Rdnr. 12;v. 11.12.2014 – III ZR 365/13, NJW-RR 2015, 732 Rdnr. 18und v. 16.2.2016 – III ZR 14/15, WM 2016, 504 Rdnr. 19;jew. m.w.N.). Eine Gesamtschau des Prospekts, wie sie demUrteil des LG zugrunde liegt, ergibt, dass die warnende Wir-kung der Risikohinweise durch die plakative Bezeichnung als„Altersvorsorgefonds“, wofür eine innere Rechtfertigungnicht einmal ansatzweise erkennbar ist, und die mehrfachenHinweise auf die besondere Eignung des Fonds zur Altersver-sorgung gezielt entwertet wird. Dem verständigen Anlegererschließt sich nicht, dass bei der angebotenen Beteiligungder Kapitalerhalt und die sichere Altersvorsorge nicht imVordergrund stehen.

Dementsprechend sind andere Senate des OLG München invom erkennenden Senat bestätigten, zu demselben Fondsergangenen Entscheidungen davon ausgegangen, dass derEmissionsprospekt widersprüchlich und bewusst irreführendist (OLG München, Urt. v. 8.4.2015 – 15 U 2919/14 und v.24.6.2015 – 15 U 375/15; die Nichtzulassungsbeschwerdender Beklagten hat der Senat mit Beschlüssen v. 1.9.2016 –III ZR 464/15 und III ZR 463/15 zurückgewiesen).

d) Der irreführende Prospektinhalt ist gegenüber den Klä-gern durch den als Anlageberater eingeschalteten Zeugen L.nicht richtiggestellt worden (vgl. BGH, Beschl. v. 17.9.2009 –XI ZR 264/08, BeckRS 2009, 26985 Rdnr. 5). Nach den Fest-stellungen des Berufungsgerichts hat der Zeuge die Prospekt-angaben nicht in Zweifel gezogen. Vielmehr hat er die Risiko-beratung allein anhand des Emissionsprospekts durchgeführt,indem er die im Prospekt enthaltenen Angaben mit den Klä-gern „erörtert“ hat. Wie bereits ausgeführt, wurden diese –bei isolierter Betrachtung – nicht zu beanstandenden Risiko-hinweise indes durch den übrigen Prospektinhalt („idealeForm der Altersversorgung“) stark relativiert und die Risikender Anlage gezielt verschleiert. Insoweit ist die gebotene Rich-tigstellung unterblieben. Der Umstand, dass diesbezüglichdie einzelnen Gesprächsinhalte nicht mehr näher aufgeklärtwerden konnten, wirkt sich zu Lasten der Beklagten aus, diefür die rechtzeitige Berichtigung etwaiger Prospektfehlerbeweispflichtig ist (vgl. BGH, Beschl. v. 17.9.2009, a.a.O.).

e) Die Beklagte hat die ihr obliegenden Aufklärungspflichtenverletzt. Die Unrichtigkeit des Prospekts war für die Beklagte,die die Anlageinteressenten insbesondere über regelwidrigeAuffälligkeiten aufzuklären hatte, bereits bei einer bloßenPlausibilitätsprüfung, wozu sie jedenfalls verpflichtet war,ohne weiteres erkennbar. Von einem Treuhandkommanditis-ten kann erwartet werden, dass er den bei den Beitrittsver-handlungen verwendeten Prospekt im Rahmen einer Plausibi-litätskontrolle dahin überprüft, ob dieser ein in sich schlüssi-

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ausschließen. Derartige Klauseln sind wegen der grundlegen-den Bedeutung der Aufklärungspflicht für den Schutz derInvestoren nach § 307 Abs. 1 BGB nichtig. Eine Haftungsfrei-zeichnung mittels „Verwahrungserklärung“ widerspricht dia-metral der Aufgabe des Treuhänders, die künftigen Treugeberüber alle wesentlichen Punkte aufzuklären, die für die zuübernehmende Beteiligung von Bedeutung sind, und benach-teiligt die Anleger entgegen den Geboten von Treu und Glau-ben unangemessen (BGH, Urt. v. 14.1.2002 – II ZR 41/00,NJW-RR 2002, 915 und v. 9.7.2013, a.a.O., Rdnr. 42 m.w.N.;s. auch Senatsurt. v. 13.7.2006 – III ZR 361/04, NJW-RR2007, 406 Rdnr. 9; anders, aber unzutreffend OLG München,WM 2002, 689, 692).

2. Die Auffassung des Berufungsgerichts, dass es jedenfallsam Zurechnungszusammenhang zwischen einem der Beklag-ten anzulastenden Aufklärungsfehler und der Zeichnungs-entscheidung fehle, ist von Rechtsfehlern beeinflusst. Insbe-sondere ist verkannt worden, dass es im vorliegenden Fallnicht darauf ankommt, ob die Kläger den Emissionsprospektrechtzeitig erhalten und gelesen haben. Demgegenüber hatdas LG die Kausalität des Aufklärungsmangels für die Anlage-entscheidung der Kläger zutreffend bejaht.

a) Für den Ursachenzusammenhang zwischen einer Aufklä-rungspflichtverletzung und der Anlageentscheidung sprichteine durch die Lebenserfahrung begründete tatsächlicheVermutung. Es ist grundsätzlich Sache des Aufklärungspflicht-verletzers, die Vermutung, dass der Anlageinteressent beirichtiger Aufklärung von der Zeichnung der Anlage abgese-hen hätte, durch konkreten Vortrag zu entkräften (z.B.Senatsurt. v. 9.2.2006 – III ZR 20/05, NJW-RR 2006, 685Rdnr. 22 ff.; v. 8.7.2010 – III ZR 249/09, BGHZ 186, 152Rdnr. 20 und v. 14.4.2011 – III ZR 27/10, NJW-RR 2011,1139 Rdnr. 13).

Ein Prospektfehler ist auch dann ursächlich für die Anlageent-scheidung, wenn der Prospekt – wie hier – entsprechend demVertriebskonzept der Anlagegesellschaft von den Anlagever-mittlern/-beratern als alleinige Arbeitsgrundlage für ihre Be-ratungsgespräche benutzt wird. Es kommt dann – was dasBerufungsgericht verkannt hat – nicht darauf an, ob derProspekt dem Anlageinteressenten übergeben worden istoder ob er den Prospekt in allen Einzelheiten zur Kenntnisgenommen hat (Senatsurt. v. 23.7.2009 – III ZR 306/07,BeckRS 2009, 22376 Rdnr. 7).

Da sich im Streitfall die Aufklärungspflicht für die Beklagteals Treuhandkommanditistin aus der Fehlerhaftigkeit des beiden Beitrittsverhandlungen verwendeten Prospekts ergibt, istnicht von entscheidender Bedeutung, ob die Kläger den Pros-pekt insbesondere hinsichtlich der Risikohinweise überhauptzur Kenntnis genommen haben. Vielmehr ist unter solchenUmständen die Frage zu stellen, wie sich die Kläger verhaltenhätten, wenn sie die notwendige Aufklärung erhalten hät-ten. Auch hierbei kommt ihnen eine Kausalitätsvermutungzugute (Senatsurt., a.a.O., Rdnr. 8).

Dafür, dass die Kausalitätsvermutung entkräftet sein könnte,ist nichts ersichtlich. Denn die Kläger haben nach den Fest-

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stellungen des Berufungsgerichts die Sicherstellung ihrerAltersversorgung sowie die Finanzierung etwaiger Pflegefälleangestrebt und wollten deshalb eine sichere Anlage. Danachliegt es sogar ausgesprochen nahe, dass sie bei richtiger Auf-klärung über den irreführenden Prospektinhalt von der Zeich-nung der Anlage abgesehen hätten.

b) Soweit das Berufungsgericht aus dem Umstand, dass dieKläger den Emissionsprospekt nicht gelesen haben, denSchluss zieht, dass sie auf die im Prospekt dargestellten Risi-ken keinen Wert gelegt hätten, ist dies rechtsfehlerhaft. Mitdieser Begründung kann die Kausalität der unterbliebenenAufklärung über den widersprüchlichen und irreführendenProspektinhalt nicht verneint werden. Denn der Anleger, derbei seiner Entscheidung die besonderen Erfahrungen undKenntnisse eines Anlageberaters oder -vermittlers in An-spruch nimmt, misst den Ratschlägen, Auskünften und Mit-teilungen des Beraters oder Vermittlers, die dieser ihm ineinem persönlichen Gespräch – zumal wie hier auf der Grund-lage des Emissionsprospekts – unterbreitet, besonderesGewicht bei. Die notwendig allgemein gehaltenen und mitzahlreichen Fachbegriffen versehenen Prospektangaben tre-ten demgegenüber regelmäßig in den Hintergrund (Senats-urt. v. 8.7.2010 – III ZR 249/09, BGHZ 186, 152 Rdnr. 33; v.22.7.2010 – III ZR 99/09, NZG 2011, 68 Rdnr. 19 sowie III ZR203/09, NJW-RR 2010, 1623 Rdnr. 15 und v. 14.4.2011 –III ZR 27/10, NJW-RR 2011, 1139 Rdnr. 7).

Unterlässt der Anleger eine „Kontrolle“ des Beraters oderVermittlers durch Lektüre des Anlageprospekts, so weist diesnur auf das bestehende Vertrauensverhältnis hin (Senatsurt. v.22.7.2010, a.a.O.). Darüber hinaus übersieht das Berufungs-gericht, dass sich die Kausalitätsfrage – wie unter a) ausge-führt – dahin stellt, wie sich die Dinge entwickelt hätten,wenn die Kläger in der gebotenen Weise aufgeklärt wordenwären (Senatsurt. v. 9.2.2006 – III ZR 20/05, NJW-RR 2006,685 Rdnr. 18 und v. 23.7.2009 – III ZR 306/07, juris Rdnr. 7).Auf die bloße Lektüre des Prospekts durfte schon deshalbnicht abgestellt werden, weil diese nicht zu einer zutreffen-den Unterrichtung der Kläger über den wahren Charakterder Anlage geführt hätte. Sie wären vielmehr in ihrer irrigenVorstellung, einen speziellen Altersvorsorgefonds zu erwer-ben, bestärkt worden.

3. Nach alledem kann dahinstehen, ob die Rüge der Revisionzutrifft, die in den Beitrittserklärungen und Beratungsproto-kollen enthaltenen Bestätigungsvermerke über den Erhaltdes Emissionsprospekts seien gemäß § 309 Nr. 12 Buchst. b)BGB unwirksam.

4. Die Ansprüche der Kläger sind auch nicht kenntnisabhän-gig nach § 199 Abs. 1 BGB verjährt. Nach der Senatsrecht-sprechung genügt allein der Umstand, dass der Anlageinte-ressent den ihm überlassenen Prospekt nicht durchgelesenhat, noch nicht, um ein grob fahrlässiges Verschulden desGläubigers im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB anzunehmen.

Die Kläger haben – wie unter 3 b) dargelegt – auf den Ratund die Angaben „ihres“ Beraters vertraut und deshalb da-von abgesehen, den Anlageprospekt durchzusehen und aus-

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zuwerten. Darin ist im Allgemeinen kein in subjektiver undobjektiver Hinsicht „grobes Verschulden gegen sich selbst“ zusehen.

Die unterbliebene Lektüre des Prospekts war nicht schlecht-hin „unverständlich“ oder „unentschuldbar“ (Senatsurt.v. 8.7.2010 – III ZR 249/09, BGHZ 186, 152 Rdnr. 33; v.22.7.2010 – III ZR 99/09, NZG 2011, 68 Rdnr. 19 sowie –III ZR 203/09, NJW-RR 2010, 1623 Rdnr. 15 und v. 22.9.2011– III ZR 186/10, NJW-RR 2012, 111 Rdnr. 10). Entgegen derAuffassung der Beklagten musste sich den Klägern auf Grunddes Umstands, dass der Geschäftsbericht 2008, der den Ge-sellschaftern am 15.12.2009 zur Verfügung gestellt wurde,auf die Erforderlichkeit von Ausschüttungsreduzierungenhinwies, eine Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten imZusammenhang mit der Begründung des Treuhandverhält-nisses nicht aufdrängen, zumal in dem Geschäftsbericht dieEignung der Anlage zur Altersvorsorge nicht in Frage gestelltwurde.

5. Die Kläger können verlangen, so gestellt zu werden, alshätten sie die Anlageentscheidung nicht getroffen (z.B. BGH,Urt. v. 26.9.1991 – VII ZR 376/89, BGHZ 115, 213, 220 f.).Sie haben deshalb Anspruch auf Rückzahlung des aufgewen-deten Anlagebetrags nebst Agio Zug um Zug gegen Abtre-tung ihrer Beteiligungen sowie auf Feststellung der Befreiungvon eingegangenen Verbindlichkeiten. Wegen der Einzelhei-ten der Schadenberechnung nimmt der Senat auf die zutref-fenden Ausführungen des LG Bezug. (…) •

Anwaltshaftung• Substantiierter Vortrag• Vortrag zu tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten(BGH, Urt. v. 10.12.2015 – IX ZR 272/14)

Leitsätze:1. Die Verpflichtung des Rechtsanwalts, die zugunstenseiner Partei sprechenden tatsächlichen und rechtlichenGesichtspunkte so umfassend wie möglich darzustellen,erfährt durch Grundsatz „iura novit curia“ keine Ein-schränkung.

2. Wird eine Klage auf mehrere selbständige Vertrags-verletzungen (hier: fehlerhafter Transport sowie unzu-reichende Versicherung verschiffter Güter) gestützt, hatder Rechtsanwalt zu den jeweiligen Anspruchsvoraus-setzungen substantiiert vorzutragen. •

Zum Sachverhalt:Die Klägerin betraute die D. GmbH auf der Grundlage einesSpeditionsvertrages mit der Verschiffung mehrerer Maschi-nen von den USA nach Frankreich. Da die Maschinen bei derÜberfahrt Schäden erlitten, nahm die durch den beklagtenRechtsanwalt vertretene Klägerin in einem Vorprozess die D.GmbH wegen der Verletzung speditioneller Pflichten auf

Schadenersatz in Höhe von 130.057,74 EUR in Anspruch.Zwischen den Parteien des Ausgangsverfahrens war streitig,ob eine Allgefahrenversicherung („All risk“) oder lediglicheine Strandungsfalldeckung („C-Klausel“) vereinbart war.Der Klage wurde durch rechtskräftiges Urteil des OLG Frank-furt/M., das sich mit der Frage der Versicherungseindeckungnicht befasste, lediglich in Höhe von 14.287,36 EUR stattge-geben.

Die Klägerin wirft dem Beklagten vor, in dem Vorprozessnicht hinreichend geltend gemacht zu haben, dass die D.GmbH zum Abschluss einer Allgefahrenversicherung ver-pflichtet gewesen sei, die den gesamten eingetretenen Scha-den einbegriffen hätte. Die – einschließlich der Kosten desAusgangsverfahrens – auf Schadenersatzzahlung über138.319,71 EUR gerichtete Klage ist in den Vorinstanzenabgewiesen worden. Mit der von dem Senat zugelassenenRevision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. •

Aus den Gründen:Die Revision führt zur Aufhebung der angefochtenen Ent-scheidung und zur Zurückverweisung der Sache an dasBerufungsgericht.

I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, es fehle an einer ob-jektiven Pflichtverletzung des Beklagten. Dieser habe aus-weislich der Klageschrift des Vorprozesses vorgetragen, dassder Abschluss einer All-Risk-Versicherung vereinbart gewesensei, die D. GmbH jedoch abredewidrig eine Seetransport-versicherung mit C-Klausel abgeschlossen habe. Die behaup-tete Vereinbarung, eine All-Risk-Versicherung abzuschließen,habe der Beklagte außerdem unter Beweis gestellt.

Dass eine All-Risk-Versicherung sämtliche Schäden abdecke,ergebe sich schon aus ihrer Bezeichnung. Daher sei ein An-waltsfehler des Beklagten hier nicht zu erkennen. Er könneallenfalls in dem unterlassenen Hinweis an das Berufungs-gericht liegen, nachdem das Erstgericht auf die Frage derfehlerhaften Eindeckung nicht eingegangen sei. Ein solcherHinweis sei erst in der mündlichen Verhandlung erfolgt. Dadie insoweit notwendigen Tatsachen vollständig vorgetragenworden seien, habe der Beklagte nicht zu verantworten, dassdas Berufungsgericht diesem Hinweis nicht nachgegangensei („iura novit curia“).

II. Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nichtstand.

1. Es ist Aufgabe des Rechtsanwalts, der einen Anspruch sei-nes Mandanten klageweise geltend machen soll, die zuguns-ten seiner Partei sprechenden tatsächlichen und rechtlichenGesichtspunkte so umfassend wie möglich darzustellen, da-mit sie das Gericht bei seiner Entscheidung berücksichtigenkann (BGH, Urt. v. 13.6.2013 – IX ZR 155/11, WM 2013,1754 Rdnr. 8).

a) Zwar weist die Zivilprozessordnung die Entscheidung unddamit die rechtliche Beurteilung des Streitfalls dem Gerichtzu; dieses trägt für sein Urteil die volle Verantwortung. Eswiderspräche jedoch der rechtlichen und tatsächlichen Stel-

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den aus der Interessenlage der von ihm vertretenen Parteistreitentscheidenden Gesichtspunkt der Verwirklichung einesvereinbarungswidrigen, unzureichenden Versicherungsschut-zes nicht mit der gebotenen Deutlichkeit zum Gegenstand desRechtsstreits gemacht hat.

a) Der Beklagte hat in dem Ausgangsverfahren in erster Linieausgeführt, die dortige Beklagte habe die Güter abredewid-rig und zugleich gefahrerhöhend statt auf direktem Wegedurch Umladungen in Zwischenhäfen sowie auf und nichtunter Deck transportiert, so dass sie für die Beschädigungender ordnungsgemäß verpackten Ware verantwortlich sei.

Daneben hat er in der Klagebegründung eine nicht näherkonkretisierte vertragliche Verpflichtung der Prozessgegnerinzum Abschluss einer All-Risk-Versicherung anstelle der tat-sächlich eingegangenen Versicherung mit C-Klausel behaup-tet. In den weiteren erstinstanzlichen Schriftsätzen ist er aufdiese Verpflichtung am Rande zurückgekommen. Bei dieserSachlage war die Klage auf zwei eigenständige Vertragsver-letzungen, einmal bei der Beförderung und zum anderen beider Versicherung der verschifften Ware, gestützt. Deshalb warder Beklagte gehalten, zu beiden vertraglichen Ansprüchensubstantiiert vorzutragen (vgl. BGH, Urt. v. 7.2.2002 – IX ZR209/00, NJW 2002, 1413).

b) Der Verpflichtung zu schlüssigem Sachvortrag (vgl. Vill,a.a.O., § 2 Rdnr. 218, 227) hinsichtlich des versäumten Ab-schlusses einer All-Risk-Versicherung hat der Beklagte indes-sen nicht genügt.

aa) Der Beklagte durfte sich entgegen der Würdigung desBerufungsgerichts in dem Vorprozess nicht auf den erstin-stanzlichen Vortrag beschränken, dass von der Gegenseitedie vereinbarte All-Risk-Versicherung nicht abgeschlossenworden sei. Da es sich bei dieser speziellen Versicherungsartnicht um einen – wie etwa Eigentum – jedermann geläufigeneinfachen Rechtsbegriff handelt (vgl. BGH, Urt. v. 29.7.2014– II ZR 353/12, BGHZ 202, 180 Rdnr. 43), bedurfte es der –tatsächlich jedoch unterbliebenen – Erläuterung, dass einesolche Versicherung verschuldensunabhängig sämtliche beider Beförderung erlittenen Beschädigungen ausgeglichenhätte.

Darauf aufbauend war dieser eigenständige Vertragsan-spruch durch die weitere Darlegung zu untermauern, dassbei Abschluss einer All-Risk-Versicherung der eingetreteneSchaden unabhängig von einer Verursachung durch dieProzessgegnerin alleine wegen der Möglichkeit einer Inan-spruchnahme des Versicherers vermieden worden wäre.

Deswegen äußerte sich aus der Warte der Klägerin die maß-gebliche schadenursächliche Pflichtverletzung der Beklagtendes Vorprozesses darin, dass diese den vereinbarten Versi-cherungsschutz nicht geschaffen und dadurch den Regressgegen den Versicherer vereitelt hatte. Diese aus der Interes-senlage der von ihm vertretenen Partei anspruchstragendenrechtlichen Zusammenhänge hat der Beklagte pflichtwidrignicht ausreichend zum Ausdruck gebracht (vgl. BGH, Urt. v.25.6.1974 – VI ZR 18/73, NJW 1974, 1865, 1866; v.

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lung der Prozessbevollmächtigten in den Tatsacheninstanzen,würde man ihre Aufgabe allein in der Beibringung des Tatsa-chenmaterials sehen. Der Möglichkeit, auf die rechtliche Be-urteilung des Gerichts Einfluss zu nehmen, entspricht imVerhältnis zum Mandanten die Pflicht, diese Möglichkeit zunutzen.

Mit Rücksicht auf das auch bei Richtern nur unvollkommenemenschliche Erkenntnisvermögen und die niemals auszu-schließende Möglichkeit eines Irrtums ist es Pflicht des Rechts-anwalts, nach Kräften dem Aufkommen von Irrtümern undVersehen des Gerichts entgegenzuwirken. Dies entsprichtauch dem in § 1 Abs. 3 BORA zum Ausdruck gekommenenSelbstverständnis der Anwaltschaft (BGH, Urt. v. 18.12.2008– IX ZR 179/07, WM 2009, 324 Rdnr. 8).

b) Im Zivilprozess obliegt die Beibringung des Tatsachenstoffsin erster Linie der Partei. Der für sie tätige Anwalt ist über denTatsachenvortrag hinaus verpflichtet, den Versuch zu unter-nehmen, das Gericht davon zu überzeugen, dass und warumseine Rechtsauffassung nichtig ist (BGH, Urt. v. 28.6.1990 –IX ZR 209/89, NJW-RR 1990, 1241, 1242; v. 20.1.1994 –IX ZR 46/93, NJW 1994, 1211, 1213). Daher muss der Rechts-anwalt alles – einschließlich Rechtsausführungen – vorbrin-gen, was die Entscheidung günstig beeinflussen kann (BGH,Urt. v. 25.6.1974 – VI ZR 18/73, NJW 1974, 1865, 1866).

Kann die Klage auf verschiedene rechtliche Gesichtspunktegestützt werden, ist der Sachvortrag so zu gestalten, dassalle in Betracht kommenden Gründe im Rahmen der zurVerfügung stehenden Möglichkeiten konkret dargelegt wer-den (BGH, Urt. v. 7.2.2002 – IX ZR 209/00, NJW 2002,1413). Hat der Anwalt eine ihm übertragene Aufgabe nichtsachgerecht erledigt und auf diese Weise zusätzliche tatsäch-liche oder rechtliche Schwierigkeiten hervorgerufen, sinddie dadurch ausgelösten Wirkungen ihm grundsätzlich zuzu-rechnen.

Folglich haftet er für die Folgen eines gerichtlichen Fehlers,sofern dieser auf Problemen beruht, die der Anwalt durcheine Pflichtverletzung erst geschaffen hat oder bei vertrags-gemäßem Arbeiten hätte vermeiden müssen (BGH, Urt. v.2.4.1998 – IX ZR 107/97, NJW 1998, 2048, 2050; v.15.11.2007 – IX ZR 44/04, BGHZ 174, 205 Rdnr. 15).

Etwaige Versäumnisse des Gerichts schließen die Mitverant-wortung des Rechtsanwalts für eigenes Versehen grundsätz-lich nicht aus (BGH, Urt. v. 28.6.1990, a.a.O.). Der Verpflich-tung, „das Rechtsdickicht zu lichten“, ist der Rechtsanwaltfolglich nicht wegen der dem Gericht obliegenden Rechts-prüfung („iura novit curia“) enthoben (Vill in: G. Fischer/Vill/D. Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch der Anwaltshaftung,4. Aufl., § 2 Rdnr. 54).

2. Die angefochtene Entscheidung, die den Rechtsanwaltunter Berufung auf den Grundsatz „iura novit curia“ von dergebotenen umfassenden Darlegung des Rechtsstandpunktsseiner Partei freistellt, wird diesen Maßstäben nicht gerecht.Vielmehr hat der Beklagte die Anforderungen an die anwalt-liche Sorgfaltspflicht missachtet, weil er in dem Vorprozess

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18.12.2008 – IX ZR 179/07, WM 2009, 324 Rdnr. 8). Infolgeder Sorgfaltspflichtverletzung des Beklagten hat sich das LGentsprechend der durchgeführten Beweisaufnahme lediglichmit den Umständen des Schiffstransports befasst, ohne dieeigenständige Frage der Eindeckungspflicht überhaupt zuerörtern.

bb) Auch im Berufungsrechtszug hat es der Beklagte ver-säumt, den für sich genommen die Klageforderung rechtfer-tigenden Gesichtspunkt der Verpflichtung zum Abschlusseiner All-Risk-Versicherung in der geschuldeten Weise durchgeeigneten Sachvortrag zu verdeutlichen. Dabei kann dahin-stehen, ob – wie die Revisionserwiderung geltend macht –das diesbezügliche erstinstanzliche Vorbringen bereits auf-grund der allgemeinen Bezugnahme durch die Berufungs-begründung in Einklang mit den prozessualen Mindestanfor-derungen an eine Rechtsmittelbegründung zum Gegenstanddes Berufungsrechtszugs wurde.

Eine bloße Bezugnahme genügte jedenfalls nicht der vertrag-lich geschuldeten Sorgfalt, weil sich der erstinstanzlicheVortrag in der Behauptung der Verpflichtung zum Abschlusseiner All-Risk-Versicherung erschöpft, sich jedoch nicht inschlüssiger Form zu den daraus abzuleitenden Erwägungenfür die Begründetheit der Klage verhalten hatte.

Nachdem das Erstgericht in seinen Urteilsgründen die Einde-ckungspflicht nicht einmal erwähnt hatte, musste es sich demBeklagten – schon zur Vermeidung einer in diesem Punkt ein-tretenden Rechtskraft – geradezu aufdrängen, im Interesseseines Mandanten diesen Gesichtspunkt einschließlich dersich daraus für die Schadenersatzpflicht ergebenden tatsäch-lichen und rechtlichen Schlussfolgerungen nunmehr demBerufungsgericht in aller Klarheit unmissverständlich zurKenntnis zu bringen. Da der Beklagte dies nicht beachtete,hat das Berufungsgericht seine rechtliche und tatsächlichePrüfung – wie die Vorinstanz – auf die Gegebenheiten desFrachtverlaufs beschränkt.

cc) Den Beklagten entlastet es nicht, falls die Gerichte desVorprozesses den sich aus der Eindeckungspflicht ergeben-den Rechtsfragen nicht das gebotene Augenmerk gewidmethaben, obwohl der lückenhafte Sachvortrag möglicherweiseAnlass zur Ausübung der materiellen Prozessleitungspflicht(§ 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO) in Form von Hinweisen gab. Eineetwaige fehlerhafte Handhabung beruht maßgeblich aufFehlern, deren Auftreten der Beklagte durch sachgemäßenVortrag hätte verhindern müssen (vgl. BGH, Urt. v. 2.4.1998– IX ZR 107/97, NJW 1998, 2048, 2050; v. 15.11.2007 – IXZR 44/04, BGHZ 174, 205 Rdnr. 15).

III. Bei dieser Sachlage kann die angefochtene Entscheidungnicht bestehen. Sie ist aufzuheben und der Rechtsstreit andas Berufungsgericht zurückzuverweisen, um die erforderli-chen weiteren Feststellungen, ob eine All-Risk-Versicherungtatsächlich vereinbart war und den Schaden abgedeckt hätte,zu treffen. •

Notarhaftung• 2-Wochen-Frist• Kausalität• Hypothetischer Kausalverlauf• Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens(OLG Hamm, Urt. v. 29.3.2017 – I-11 U 73/16)

Leitsätze (d. Red.):1. § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG hat zwar denZweck zu verhindern, dass ein Verbraucher durch einenübereilten Entschluss ein ihm nachteiliges Geschäft ab-schließt. Der Zweck geht jedoch nicht so weit, denNotar zum Ausfallbürgen eines Verbrauchers für fehl-geschlagene wirtschaftliche Investitionen zu machen.

2. Der Notar kann in Rahmen des Einwandes des recht-mäßigen Alternativerhaltens vorbringen, dass bei Ab-lehnung der Beurkundung diese dennoch nach Ablaufder Regelfrist genau so vorgenommen worden wäre. •

Zum Sachverhalt:Die Kläger verlangen von dem beklagten früheren NotarSchadenersatz aufgrund der Beurkundung eines Kaufange-bots hinsichtlich der im Klageantrag näher bezeichnetenEigentumswohnung in Berlin durch seinen amtlich bestelltenVertreter K. am 15.7.2005. Sie stützen ihren Anspruch da-rauf, dass die Beurkundung erfolgt sei, obwohl ihnen derEntwurf des Kaufangebotes nicht zwei Wochen vor der Be-urkundung zur Verfügung gestanden habe. (...)

Das LG hat nach uneidlicher Vernehmung des Zeugen K. dieKlage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dassbereits eine Amtspflichtverletzung durch den Notarvertreternicht festgestellt werden könne, obwohl den Klägern un-streitig der Vertragsentwurf nicht zwei Wochen vor der Be-urkundung zur Verfügung gestellt worden sei. Hierfür habejedoch ein sachlicher Grund bestanden, weil sich die Beteilig-ten vor der Beurkundung hinreichend mit dem Vertragsge-genstand beschäftigt hätten. Der Übereilungsschutz sei an-derweitig gewahrt gewesen, da die Kläger nach Belehrungdurch den Notarvertreter K. erklärt hätten, eine Beratungdurch Angehörige steuerberatender Berufe in Anspruch ge-nommen zu haben. Darüber hinaus sei die Nichteinhaltungder Zwei-Wochen-Frist aber auch nicht kausal für den gel-tend gemachten Schaden geworden.

Die Kläger hätten bereits nicht plausibel dargelegt, dass siebei Verlegung des Beurkundungstermins das Kaufangebotnicht in gleicher Form abgegeben hätten. Seit der Kontakt-aufnahme durch die vermittelnde Firma T. GmbH im März2005 hätten sie sich über mehrere Monate nicht durch Fach-leute beraten lassen und auch das Kaufobjekt nicht besich-tigt, sondern allenfalls mit Bekannten über das Geschäftgesprochen, weil sie ersichtlich auf die Angaben der Vermitt-lerin vertraut hätten. Auch nach dem Abschluss des Kaufver-trages hätten sie sechs Wochen später ohne Inanspruchnah-me einer Beratung den Darlehensvertrag abgeschlossen und

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das Geschäft vier Jahre durchgeführt, bis ihnen erstmals auf-gefallen sei, dass sich das Geschäft nicht rechne.

Darüber hinaus hätten die Kläger nicht ausgeräumt, dass fürsie eine anderweitige Ersatzmöglichkeit in Form von Scha-denersatzansprüchen gegen die persönlich haftende Gesell-schafterin der Verkäuferin P. AG und gegen die Firma T.GmbH zustünden. Schließlich habe der Notarvertreter auchnicht pflichtwidrig eine zu lange Annahmefrist für die Ver-käuferin beurkundet, weil nicht hinreichend vorgetragenworden sei, dass es sich hierbei um eine allgemeine Geschäfts-bedingung handele. Ohnehin sei die Frist von zwei Monatenwegen der ungesicherten Finanzierung des Erwerbs durchdie Kläger nicht unangemessen lang gewesen und wäre derVertrag auch bei Vereinbarung einer kürzeren Annahmefristzustande gekommen.

Mit der Berufung treten die Kläger der Auffassung des LGentgegen, dass Umstände vorgelegen hätten, die eine Ab-weichung von der zweiwöchigen Regelfrist für die Entwurfs-vorlage zugelassen hätten. Sie hätten glaubhaft bei ihrerAnhörung durch das LG geäußert, keine Beratung in steuer-lichen oder wirtschaftlichen Fragen erhalten zu haben. DerHinweis in dem Kaufvertragsangebot auf die Inanspruchnah-me einer entsprechenden Beratung sei unklar, weil sie voneiner Beratung durch die Vermittlerin ausgegangen seien.Eine Nachfrage, ob die Wohnung von ihnen, so wie bekun-det, besichtigt worden sei, sei nicht erfolgt. Die entsprechen-de Passage hätten sie beim Verlesen der Urkunde vermutlichüberhört. Hinsichtlich der Kausalität sei der Beklagte beweis-belastet und habe keine Umstände vorgetragen, die dafürsprächen, dass sie auch bei Einhaltung der Zwei-Wochen-Frist den Vertrag abgeschlossen hätten. Eine zumutbare an-derweitige Ersatzmöglichkeit bestehe für sie nicht.

Hinsichtlich eines Vorgehens gegen die Verkäuferin entspre-che es bereits der Lebenserfahrung, dass dies wirtschaftlichkeine Erfolgsaussicht besitze. Die Bilanz der P. AG habe inden Jahren 2011 bis 2014 ungedeckte Fehlbeträge in Millio-nenhöhe ausgewiesen, weshalb auch ein Vorgehen gegendiese nicht aussichtsreich sei. Im Rechtsstreit gegen die Dar-lehensgeberin seien sie – die Kläger – unterlegen gewesen.

Ohnehin hätten sie sich erst im Jahre 2011 aufgrund vonPressehinweisen vergegenwärtigt, dass ihnen Schadenersatz-ansprüche zustehen könnten. Auch ein Anspruch gegen dieVermittlerin sei letztlich nicht durchsetzbar. In mehreren ähn-lich gelagerten Fällen hätten die Prozessbevollmächtigten derKläger erfolglos versucht, gegenüber solchen Vermittlern denBeweis fehlerhafter Anlageberatungen und arglistiger Täu-schung zu führen.

(Anträge: …) •

Aus den Gründen:Die zulässige Berufung bleibt erfolglos.

Das LG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Den Klägernsteht aufgrund der Beurkundung des Kaufvertragsangebotesam 15.7.2005 kein Schadenersatzanspruch gemäß § 19

Abs. 1 Satz 1 BNotO als einziger in Betracht kommenderAnspruchsgrundlage zu.

1. Zwar steht außer Frage, dass der Beklagte für eine Pflicht-verletzung seines amtlich bestellten Vertreters K. gemäߧ 46 Satz 1, § 39 Abs. 4 BNotO gesamtschuldnerisch mitdiesem haften muss.

2. Entgegen der Auffassung des LG hat der Notarvertreterauch die von ihm einzuhaltenden notariellen Verpflichtungenverletzt.

Insofern war Gegenstand des Berufungsverfahrens nur nochein Verstoß, des Notarvertreters gegen die Bestimmung des§ 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG. Soweit die Kläger erstin-stanzlich ihr Klagebegehren auch darauf gestützt hatten,dass die beurkundete Annahmefrist für die Verkäuferin derEigentumswohnung mit zwei Monaten zu lang bemessensei, sind von der Berufung keine Einwände gegen die Aus-führungen des Landgerichts erhoben worden.

Im vorliegenden Fall hätte die Beurkundung des Kaufange-botes am 15.7.2005 nicht durchgeführt werden dürfen, weilden Klägern, wie im Kaufangebot ausdrücklich ausgeführtworden ist, der Entwurf der notariellen Urkunde entgegender Bestimmung in § 17 Abs. 2a Nr. 2 BeurkG nicht zweiWochen vor der Beurkundung zur Verfügung gestellt wordenwar. Die von dem Notarvertreter vorgenommene Abweichungvon dieser Regelfrist war nicht gerechtfertigt. Sie wäre nurin Betracht gekommen, wenn im Einzelfall nachvollziehbareGründe auch unter Berücksichtigung des Schutzinteressesdes Verbrauchers es rechtfertigten, die dem Verbraucher zu-gedachte Schutzfrist zu verkürzen. Voraussetzung ist somitdas Vorliegen eines sachlichen Grundes. Darüber hinausmuss der vom Gesetz bezweckte Übereilungs- und Überle-gungsschutz auf andere Weise als durch die Einhaltung derRegelfrist gewährleistet sein (vgl. BGHZ 196, S. 166).

Derartige Gründe waren vorliegend nicht vorhanden. DerNotarvertreter hat vielmehr außer Acht gelassen, dass sichjemand, der sich überhastet zu einem Grundstückskaufver-trag überreden und unmittelbar die Beurkundung bei einemNotar durchführen lässt, ohne sich hinreichend mit demGegenstand des Vertrages vertraut gemacht zu haben, auchdazu drängen lassen wird, auf die Einhaltung der Fristen aus§ 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG zu verzichten. Vorliegendfehlt es an jeder näheren Auseinandersetzung der Kläger mitdem zu beurkundenden Kaufangebot. Die Kläger hatten dieWohnung nicht besichtigt und ihre Finanzierung war, zumalein Darlehensvertrag noch nicht geschlossen worden war,nicht geklärt. Der Zeuge K. vermochte bei seiner Verneh-mung durch das LG auch nicht anzugeben, welchen Grunddie Kläger gehabt haben könnten, den Kaufvertrag sofortbeurkunden zu lassen und hiermit nicht noch weitere zweiWochen zu warten.

Allein der Umstand, dass in dem Vertragsangebot unter denZiffern 4 und 5 als Erklärungen der Kläger aufgenommenwurde, dass sie eine steuerliche und wirtschaftliche Beratungdurch Angehörige der steuerberatenden Berufe wahrgenom-

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men hätten und eine Beurkundung trotz Nichteinhaltung derZwei-Wochen-Frist und Hinweises auf die damit verbundenenGefahren wünschten, ändert daran nichts.

Der Notarvertreter hätte sich vielmehr vergegenwärtigenmüssen, dass auch eine derartige Erklärung gerade dadurchbedingt sein konnte, dass der im Notartermin anwesendeVertreter der Vermittlungsgesellschaft T. GmbH auf die Klä-ger eingewirkt hatte und sie auch zu dieser Erklärung über-rumpelt hatte. Irgendwelche objektiven Anhaltspunkte füreine erfolgte und inhaltlich ausreichende Beratung warennicht vorhanden. Auch eine etwaige Beratung durch Ange-hörige steuerberatender Berufe konnte, wäre sie tatsächlicherfolgt, nicht zu einer umfassenden Kenntnis aller rechtli-chen und wirtschaftlichen Gefahren durch den Vertrag aufSeiten der Kläger führen. Darüber hinaus sind die aufgenom-menen Angaben ohne Nennung der Berater unkonkret undnicht überprüfbar und ausweislich der Angaben des ZeugenK. bei seiner Zeugenvernehmung auch nicht überprüft wor-den. Insbesondere war ihm nicht bekannt, durch wen dieBeratung und Belehrung erfolgt sein sollte.

Aus diesem Grunde besteht auch kein Zweifel an einem fahr-lässigen Verschulden des Notarvertreters. Zwar haben dieKläger ihm gegenüber falsche Angaben bezüglich des Erfol-ges einer steuerlichen und wirtschaftlichen Beratung ge-macht. Gleichwohl musste er erkennen, dass die Angabender Klägerin nicht verlässlich waren und selbst bei deren Zu-treffen die angeblich eingeholte Beratung keinen ausreichen-den Grund für die Nichteinhaltung der Zwei-Wochen-Fristdarstellte.

3. Gleichwohl bleibt die Klage erfolglos, weil, wie bereits dasLG insofern zutreffend ausgeführt hat, sich nicht feststellenlässt, dass die Pflichtverletzung des Notarvertreters für denmit der Klage geltend gemachten Schaden ursächlich gewor-den ist.

Der Eintritt eines Schadens im Sinne der §§ 249 ff. BGB istim Wege der sog. Differenzhypothese aufgrund eines rech-nerischen Gesamtvermögensvergleichs zwischen der Ver-mögenslage des Geschädigten, die ohne das pflichtwidrigeVerhalten des Notars bestünde, und seiner tatsächlichenVermögenslage, die sich aus dem haftungsbegründendenEreignis ergeben hat, zu ermitteln. Im Sinne des natürlichenUrsachenbegriffs ist zu prüfen, welchen Verlauf die Dinge beipflichtgemäßem Verhalten des Notars genommen hättenund wie die Lage des Betroffenen wäre, wenn der Notar diePflichtverletzung nicht begangen, sondern pflichtgemäß ge-handelt hätte (vgl. Wöstmann in: Ganter/Hertel/Wöstmann,Handbuch der Notarhaftung, 3. Aufl., Rdnr. 2185). Da dieFrage der Ursächlichkeit einer Pflichtverletzung für den da-durch entstandenen Schaden zur haftungsausfüllenden Kau-salität gehört, ist für deren Nachweis der Maßstab des § 287ZPO anzulegen, wonach eine überwiegende Wahrscheinlich-keit genügt.

Vorliegend steht außer Frage, dass bei pflichtgemäßem Ver-halten des Notarvertreters das Kaufangebot am 15.7.2005nicht abgegeben worden wäre, weshalb grundsätzlich ein

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kausaler Zusammenhang zwischen der Pflichtverletzung unddem von den Klägern geltend gemachten Schaden besteht.Jedoch geht der Zweck des § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkGzwar dahin, zu verhindern, dass ein Verbraucher durch einenübereilten Entschluss ein ihm nachteiliges Geschäft abschließt,allerdings nicht so weit, den Notar zum Ausfallbürgen einesVerbrauchers für fehlgeschlagene wirtschaftliche Investitio-nen zu machen. Daher kann sich der Beklagte darauf berufen,dass die Kläger, hätte der Notarvertreter die Beurkundungabgelehnt, diese nach Ablauf der Regelfrist genau so wie ge-schehen vorgenommen hätten.

Für diesen hypothetischen Verlauf trifft den Beklagten dieDarlegungs- und Beweislast. Allerdings dürfen die Anforde-rungen, an die Beweislast nicht überspannt werden, auchinsoweit gilt das herabgesetzte Beweismaß des § 287 ZPO(vgl. BGHZ 206, S. 111). Da zudem der Notar nicht in derLage ist, die Denk- und Handlungsweise der Kläger in demhypothetischen Fall, das der Notarvertreter pflichtgemäß ge-handelt hätte, vorzutragen, durfte sich der Beklagte daraufbeschränken, das Erfolgen der Beurkundung des unveränder-ten Kaufangebotes nach Ablauf von zwei Wochen im Falleordnungsgemäßen Verhaltens des Notarvertreters zu behaup-ten. Die Kläger traf daher eine sekundäre Darlegungslast,dass und warum sich durch die Verschiebung des Beurkun-dungstermins etwas an ihrer Entscheidungssituation geänderthätte.

Aus den genannten Gründen geht der Hinweis der Klägerauf die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast bei fehler-hafter Anlageberatung nach der Rechtsprechung des 5. Zivil-senats des BGH (Urt. v. 15.7.2016 – V ZR 168/15) fehl. Derdort entschiedene Haftungsfall ist mit dem vorliegendennicht vergleichbar. Vorliegend besteht an der Ursächlichkeitdes notariellen Versäumnisses für die Beurkundung des Kauf-angebotes kein Zweifel. Der Beklagte erhebt den Einwandeines rechtmäßigen Alternativverhaltens, hinsichtlich dessendie Grundsätze des 5. Zivilsenats des BGH nicht anwendbarsind.

Der ihnen obliegenden Darlegungslast haben die Klägernicht genügt. Auch nach dem Ergebnis der durchgeführtenBefragung der Kläger durch den Senat ergibt sich kein hin-reichender Anhaltspunkt dafür, dass die Kläger bei Verschie-bung des Notartermins unter Aushändigung des Entwurfs-textes das Vertragsangebot entweder überhaupt nicht oderjedenfalls nicht in der bereits am 15.7.2005 beurkundetenForm abgegeben hätten. Vielmehr steht auch für den Senatmit mindestens überwiegender Wahrscheinlichkeit fest, dassdie Kläger keine Zweifel an der Sinnhaftigkeit des Geschäfts,der Angemessenheit von Preis und Leistung, den ihnen imAussicht gestellten Vorteilen und der rechtlichen und wirt-schaftlichen Unbedenklichkeit des Geschäfts gehabt hättenund deshalb weder eine rechtliche, steuerliche oder wirt-schaftliche Beratung in Anspruch genommen noch sonstigeErkenntnisquellen ausgeschöpft hätten.

Vielmehr ist anzunehmen, dass die Kläger uneingeschränktden Angaben des Mitarbeiters M. der Firma T. GmbH Glau-ben schenkten und zu einer kritischen Würdigung der von

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ihm getätigten Aussagen nicht in der Lage waren. Obwohlzwischen der ersten Kontaktanbahnung und der Beurkun-dung des Kaufangebotes mehrere Monate lagen, hatte sichlediglich der Kläger zu 2) bei einem von der Tätigkeit bei derFeuerwehr bekannten Kollegen, der bei der Sparkasse gear-beitet hatte, allgemein über das Geschäft erkundigt und des-sen allgemeine Warnung, dass man sich das gut überlegensolle, nicht zum Anlass weiterer Überprüfung genommen.

Weder die Tatsache, dass ihnen erstmals im Beurkundungs-termin der Kaufpreis der Eigentumswohnung genannt wurde,noch ihnen Berechnungen hinsichtlich der Steuerersparnisvorgelegt wurden, noch der Umstand, dass sie die Wohnungniemals besichtigt hatten, noch die Tatsache, dass sie in dembeurkundeten Kaufvertragsangebot falsche Angaben zumStattfinden einer Beratung durch einen Steuerberater oderzur Besichtigung der Wohnung machen sollten, nahmen dieKläger zum Anlass kritischer Nachfragen, insbesondere auchnicht gegenüber dem Notarvertreter.

Inhaltsleere Aussagen des Vermittlers, dass alles in Ordnungsei, sie auf der sicheren Seite seien und die Sache nichthinausgezögert werden sollte, wurden unkritisch hingenom-men, obwohl die Finanzierung des Geschäfts nicht abgeklärt,geschweige denn gesichert worden war. Die Kläger legtendie gesamte Abwicklung des Geschäfts in die Hände des Ver-mittlers und folgten blindlings dessen Vorgaben. IrgendeinUmstand, der unter diesen Umständen zum Aufkommen vonKritikfähigkeit hätte führen können, ist nicht erkennbar.

Soweit der Kläger zu 2. bei seiner Anhörung angegeben hat,er hätte sich bei Verschiebung des Vertragsentwurfs an ihreHausbank gewendet, ist dies schon angesichts des vorange-gangenen Kontakts zu seinem Kollegen und der anschließen-den Untätigkeit trotz Warnung, dass er sich die Entscheidunggut überlegen solle, nicht glaubhaft. Darüber hinaus ist auchnicht ersichtlich, welche weiteren Erkenntnisse ihnen dieSparkasse hätte verschaffen können, mit welcher allenfallseine Finanzierung hätte besprochen werden können. DieSparkasse wäre hingegen nicht gehalten gewesen, die recht-lichen, steuerlichen oder wirtschaftlichen Risiken für dieKläger zu prüfen.

Daher kommt es für die Beurteilung der Kausalität nicht da-rauf an, ob sich auch aus dem weiteren Verhalten der Klägernach Beurkundung des Kaufvertragsangebotes im Zusam-menhang mit der Finanzierung des Grundstückes oder ausdem Umstand, dass sie in den folgenden vier Jahren ihrenVerpflichtungen gegenüber der finanzierenden Bank nach-kamen, weitere Schlüsse auf ihr Verhalten im Falle pflichtge-mäßen Vorgehens des Notarvertrages zulassen.

4. Unabhängig von vorstehenden Erwägungen und dasSenatsurteil selbständig tragend würde selbst im unterstell-ten Fall eines kausalen Schadeneintritts die Klage gleichwohlkeinen Erfolg haben. Denn schon das LG hat zu Recht bean-standet, dass die Kläger das Fehlen anderweitiger Ersatzmög-lichkeiten im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 2 BNotO nicht aus-reichend dargelegt haben.

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Eine anderweitige Ersatzmöglichkeit besteht, wenn aufgrunddesselben Tatsachenkreises, aus dem sich die Schadenhaf-tung des Notars ergibt, die begründete Aussicht auf Erfolgergibt, gegen einen Dritten vorgehen zu können. Da dasGesetz das Fehlen einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit alsnegative Anspruchsvoraussetzung ausgestaltet hat, obliegtdie Darlegungs- und Beweislast dem Anspruchsteller, hieralso den Klägern.

Die Kläger vermochten bereits nicht auszuräumen, dass einVorgehen gegen die Verkäuferin der Eigentumswohnung,die Firma D. KG, möglich und erfolgreich gewesen wäre,obwohl sie durch falsche Angaben zum Vertragsschlussverleitet wurden, wobei sich die Verkäuferin die Erklärungender von ihr eingeschalteten Vermittlerin zurechnen lassenmuss. Zwar haben die Kläger dargelegt, dass die Firma am10.3.2014 im Handelsregister gelöscht wurde. Da die Klägerjedoch auch nach eigenen Angaben spätestens 2009 ge-merkt hatten, dass sich das Geschäft nicht rechnete und dieihnen gemachten Versprechungen nicht einträfen, hatten siebereits zu diesem Zeitpunkt ausreichenden Anlass, sich dieUnrichtigkeit der ihnen gegenüber gemachten Angaben unddas Bestehen eines Schadenersatzanspruches zu vergegen-wärtigen und gegen die Verkäuferin der Wohnung vorzuge-hen.

Insofern fehlen Anhaltspunkte dafür, dass in der bis zurLöschung verbleibenden Zeit keine ausreichende Möglichkeitbestand, einen Titel über ihre Schadenersatzforderung zuerreichen und die Zwangsvollstreckung durchzuführen ge-wesen wäre. Muss daher vom schuldhaften Versäumen eineranderweitigen Ersatzmöglichkeit ausgegangen werden, führtdies zur endgültigen Abweisung des gegen den Notar gel-tend gemachten Schadenersatzanspruchs (vgl. Wöstmann in:Ganter/Hertel/Wöstmann, a.a.O., Rdnr. 2249).

Soweit die Kläger demgegenüber pauschal geltend gemachthaben, dass es anwaltlichem Erfahrungswissen entspreche,wonach es nie gelinge, gegen einen Verkäufer in derartigenFällen einen Regressanspruch durchzusetzen, ist dies unsub-stanziiert und nicht ausreichend.

Darüber hinaus ist auch nicht ausgeräumt, dass die Klägerhinsichtlich ihrer Ansprüche gegen die Verkäuferin nichtauch gegen deren persönlich haftende Gesellschafterin, dieFirma C., später C. GmbH, schließlich P. AG, hätten vorge-hen können. Allein der Umstand, dass diese Gesellschaft inden Jahren 2011 bis 2014 Millionenverluste gemacht hat,schließt nicht aus, dass sie über genügend Mittel verfügte,um Schadenersatzansprüche der Kläger ausgleichen zukönnen.

Schließlich fehlen ausreichende Darlegungen dazu, dass einVorgehen gegen die Vermittlerin, die Firma T. GmbH, oderderen Mitarbeiter M. nicht möglich gewesen sein soll, ob-wohl ihnen durch diese falsche Angaben im Hinblick auf dieWerthaltigkeit und Rentabilität der vermittelten Wohnunggemacht wurden. (…) •

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Steuerberaterhaftung• Hinweispflicht auf Fehler des Vorberaters• Verfolgung zivilrechtlicher Ansprüche• Kerntätigkeit des Steuerberaters(OLG Schleswig-Holstein, Urt. v. 18.7.2014 – 17 U 21/14)

Leitsätze:1. Ohne gesondertes Mandat ist ein Steuerberater nichtverpflichtet, die Möglichkeit von Regressansprüchengegen Vorberater zu prüfen.

2. Selbst die Erkenntnis von ersichtlichen Fehlbeurtei-lungen des Vorberaters verpflichtet den nachfolgendenSteuerberater – anders als einen Rechtsanwalt – nichtdazu, die Verjährung möglicher Regressansprüche zuprüfen. •

Zum Sachverhalt:Der Kläger begehrt von der beklagten Steuerberatungsgesell-schaft Ersatz eines Schadens, der ihm wegen fehlenden Hin-weises auf mögliche Regressansprüche gegen seinen frühe-ren Steuerberater entstanden sein soll.

Dr. A. und der ebenfalls als Arzt tätige Kläger gründeten am1.7.1996 eine Gemeinschaftspraxis, wobei der Kläger seinebisherige Einzelpraxis in die Gesellschaft einbrachte. AmGesellschaftsvermögen war Dr. A. zunächst nicht beteiligt.Der Kläger verkaufte und übertrug mit Verträgen vom30.12.1996 und 17.12.1997 in zwei Schritten letztlich 50%der Anteile am Gesellschaftsvermögen an Dr. A. zu einemGesamtkaufpreis von 887.600 DM (im ersten Schritt 10%für 180.400 DM und im zweiten Schritt 40% für 707.200DM). Das Grundstück S. in B., auf dem sich die Praxisräumebefanden, war von dieser Veräußerung nicht umfasst, son-dern blieb – als Sonderbetriebsvermögen – im Alleineigen-tum des Klägers. Grund war, dass Dr. A. als junger Familien-vater nicht auch noch zusätzlich die mit einer Beteiligung andem Grundstück verbundene finanzielle Belastung wollte.

Die damalige steuerliche Beratung des Klägers – auch hin-sichtlich der vertraglichen Gestaltung der Anteilsübertragun-gen – erfolgte durch den Steuerberater C. In den Feststel-lungserklärungen für die Jahre 1997 und 1998 machte derKläger die für die Praxisanteile erhaltenen Kaufpreise als be-günstigte Veräußerungsgewinne geltend, die zunächst vomFA auch antragsgemäß als solche festgestellt wurden. ImRahmen einer Betriebsprüfung bei der Gemeinschaftspraxisvertrat jedoch der Prüfer ebenso wie anschließend das FA dieRechtsauffassung, dass die von Dr. A. erhaltenen Kaufpreisenicht steuerbegünstigt seien, sondern laufenden Gewinn desKlägers darstellten, weil er nicht zugleich mit den Praxisan-teilen einen entsprechenden Anteil an den wesentlichenBetriebsgrundlagen – vorliegend an dem im Sonderbetriebs-vermögen des Klägers gebliebenen Grundstück – an Dr. A.veräußert habe.

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Das FA erließ am 1.3.2002 einen geänderten Feststellungs-bescheid für 1997 und 1998 mit einer Steuernachforderung,von der 223.328,50 EUR auf die Einnahmen des Klägers ausdem Verkauf der Praxisanteile an Dr. A. entfielen. Der Be-scheid ging dem Kläger am 5.3.2002 zu. Er beauftragte dieBeklagte, die bereits im Jahr 1999 die Erstellung der Finanz-buchhaltung, der Jahresabschlüsse und der Steuererklärun-gen sowie die damit verbundene steuerliche und wirtschaft-liche Beratung des Klägers übernommen hatte, mit der Ein-spruchseinlegung. Einen ausdrücklichen Auftrag, möglicheSchadenersatzansprüche gegen den Vorberater C. zu prüfen,erteilte der Kläger der Beklagten nicht. Am 19.4.2002 über-mittelte die Beklagte dem Kläger die Einspruchsbegründungin Abschrift und fasste in diesem Schreiben zugleich eineBesprechung mit dem Kläger vom 15.4.2002 zusammen.

Darin führte die Beklagte zur rechtlichen Problematik hin-sichtlich der Gewährung des halben Steuersatzes auf dieEinnahmen aus dem Verkauf der Praxisanteile aus. Am19.11.2008 teilte das FA B. der Beklagten schriftlich mit,dass es seine bisherige Rechtsauffassung, wonach die Ein-nahmen nicht steuerlich begünstigt seien, aufrechterhalte.Mit Schreiben vom 15.12.2008 leitete die Beklagte diesesSchreiben an den Kläger weiter und erörterte die Erfolgsaus-sichten des weiteren Verfahrens sowie die Möglichkeit derEinspruchsrücknahme. Der letzte Satz des Schreibens derBeklagten lautet:

„Sollten Sie erwägen, Ihre damaligen Steuerberater wegeneiner eventuell möglichen Falschberatung in Regress zu neh-men, sollten Sie diesen jedoch vorher Gelegenheit geben, zudem Einspruchsverfahren und dem Schreiben des FA Stellungzu nehmen.“

Nach einer Besprechung mit dem FA B. am 28.4.2009 nahmder Kläger die Einsprüche gegen die Feststellungsbescheidefür die Jahre 1997 und 1998 zurück, soweit sie die Besteue-rung der Einnahmen aus dem Verkauf der Praxisanteile be-trafen, und leistete die Steuernachzahlung von 223.328,50EUR. Sein Vorberater C. bzw. dessen Rechtsnachfolger be-riefen sich gegenüber ihrer Inanspruchnahme durch denKläger mit Schreiben vom 24.2.2009 auf Verjährung. MitSchreiben vom 28.12.2010 forderte der Kläger die Beklagteerfolglos zur Anerkennung ihrer Haftung auf.

Der Kläger hat behauptet, bei der Übertragung der Gesell-schaftsanteile an Dr. A. habe eine steuerlich optimale Gestal-tung gewählt werden sollen, damit die Übertragung alssteuerlich privilegierte Betriebsaufgabe gem. § 34 EStGgelte. Dies sei Aufgabe des Vorberaters C. gewesen, der an-gesichts der damals bestehenden Unsicherheit in der rechtli-chen Behandlung von Sonderbetriebsvermögen eine verbind-liche Auskunft des zuständigen FA hätte einholen müssen.Bei der Vertragsgestaltung wäre auch möglich gewesen, denGesellschaftsanteil von Dr. A. bei 0% zu belassen oder des-sen Aufnahme in die Gemeinschaftspraxis mit einem gerin-geren Gesellschaftsanteil – dafür unter Einschluss eines ent-sprechenden Anteils an dem Grundstück – bei gleichemKaufpreis zu vollziehen. Da der steuerlich relevante Sachver-halt der Beklagten bei Übernahme und Bearbeitung der Ein-

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sprüche bekannt gewesen sei, hätte ihr klar sein müssen,dass die vom Vorberater gewählte Konstruktion möglicher-weise eine steuerschädliche sei.

Der Kläger hat gemeint, der Beklagten falle eine Pflichtverlet-zung zur Last, da sie ihn nicht in unverjährter Zeit auf etwai-ge Regressansprüche gegen den Vorberater hingewiesenhabe. Er, der Kläger, habe aus dem Schreiben der Beklagtenvom 19.4.2002 nicht den Schluss ziehen können, dass derVorberater eine Pflichtverletzung begangen habe. Dies seiihm erst durch das Schreiben der Beklagten vom 15.12.2008klar geworden.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zur Zahlung von223.328,50 EUR nebst Zinsen zu verurteilen. Nachdem derKläger in der mündlichen Verhandlung vom 12.9.2013keinen Antrag gestellt hatte, hat das Gericht auf Antrag derBeklagten ein klageabweisendes Versäumnisurteil erlassen,gegen das der Kläger Einspruch eingelegt hat.

Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben undbehauptet, dem Kläger sei die steuerliche Problematik dervom Vorberater gewählten Übertragung der Gesellschaftsan-teile jedenfalls seit der Besprechung vom 15.4.2002, derenInhalt ihm mit Schreiben vom 19.4.2002 nochmals erläutertworden sei, bekannt gewesen. Die Beklagte hat gemeint, esfehle an einem kausalen Schaden, weil der Kläger nichtdargelegt habe, wie die alternative steuerliche Konstruktion,die den Anfall der festgesetzten Steuern verhindert hätte,hätte aussehen sollen.

Das LG, auf dessen Urteil hinsichtlich weiterer Einzelheitengemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO verwiesen wird, hatdie Klage abgewiesen. Es hat gemeint, dem Kläger stehekein Anspruch auf Schadenersatz wegen unterbliebenerAufklärung über einen möglichen Regressanspruch gegenden Vorberater zu.

Es fehle schon an einem diese Hinweispflicht umfassendenAuftrag des Klägers an die Beklagte. Die Aufgaben desSteuerberaters seien regelmäßig gemäß § 33 StBerG be-schränkt auf die Beratung in Steuersachen. Dazu gehörtenkeine Hinweise des neuen Steuerberaters auf mögliche Scha-denersatzansprüche gegen seinen Vorgänger und deren Ver-jährung. Eine Hinweispflicht der Beklagten ergebe sich auchnicht aufgrund eines „offen zu Tage“ liegenden Regressan-spruchs. Die Beklagte habe unwidersprochen vorgetragen,dass ihr die Einzelheiten des dem Vorberater erteilten Auftra-ges und die Hintergründe der gewählten steuerlichen Gestal-tung nicht bekannt gewesen seien. Zudem sei die Frage, in-wieweit die Mitveräußerung von SonderbetriebsvermögenVoraussetzung für die Anerkennung einer Betriebsveräuße-rung ist, damals noch nicht höchstrichterlich entschieden ge-wesen, so dass sich eine Fehlberatung durch den Vorberaternicht aufdrängen musste.

Dessen ungeachtet habe die Beklagte den Kläger mit Schrei-ben vom 19.4.2002 – und damit in unverjährter Zeit – aus-führlich auf die rechtliche Problematik hinsichtlich der Ge-währung des halben Steuersatzes auf die Veräußerungs-

gewinne aus der Übertragung der Geschäftsanteile auf HerrnDr. A. und die Problematik des Sonderbetriebsvermögenshingewiesen.

Darüber hinaus scheitere das Klägerbegehren daran, dassanhand des Klägervortrages nicht feststellbar sei, ob über-haupt eine Pflichtverletzung des Vorberaters vorliege, die zueinem Ersatzanspruch gegen diesen hätte führen können.Der Kläger habe nicht dargelegt, aus welchen Gründen dieGestaltung der Übertragung der Gesellschaftsanteile in dertatsächlich durchgeführten Form vorgenommen worden seiund welche Rolle der Vorberater dabei gespielt habe. Es seiauch nicht dargelegt, was der Kläger mit der Vertragsgestal-tung steuerlich genau habe erreichen wollen und welchenkonkreten Rat ihm der Vorberater dazu erteilt habe.

Vielmehr sei nach dem Inhalt der persönlichen Anhörungdes Klägers gar nicht darüber gesprochen worden, welcheSteuern auf den Erlös aus dem Anteilsverkauf anfallen wür-den. Da sich Dr. A. aufgrund seiner persönlichen und finan-ziellen Situation nicht auch noch an dem Grundstück habebeteiligen wollen, sei davon auszugehen, dass hier noch an-dere als steuerliche Gründe zu der gewählten Konstruktiongeführt hätten und die steuerlich optimale Gestaltung jeden-falls keine entscheidende Rolle gespielt habe.

Selbst bei Annahme einer Pflichtverletzung fehle es zudeman der Darlegung eines kausalen Schadens. Der Kläger habevorgetragen, dass er bei ordnungsgemäßer Beratung durchden Vorberater C. Praxisanteile entweder gar nicht oder beigleichem Kaufpreis weniger – die aber einschließlich ent-sprechender Anteile am Sonderbetriebsvermögen – verkaufthätte. Für welche Alternative der Kläger sich entschiedenhätte, ob der Erwerber damit einverstanden gewesen wäreund wie sich die Gesamtvermögenslage des Klägers in die-sem Fall entwickelt hätte, sei jedoch weder vorgetragen nochsonst ersichtlich.

Jedenfalls seien etwaige Schadenersatzansprüche des Klägersgegen die Beklagte verjährt. Die Verjährung solcher Ansprü-che habe gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss desJahres 2005 begonnen, weil am 5.3.2005 – drei Jahre ge-mäß § 68 StBerG seit der Zustellung des die steuerliche Ver-günstigung versagenden Bescheides vom 1.3.2005 – Verjäh-rung von Ansprüchen gegen den Vorberater C. eingetretensei. Am Schluss des Jahres 2005 hätten auch die subjektivenVerjährungsvoraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGBvorgelegen. Denn der Kläger habe bereits durch das Schrei-ben der Beklagten vom 19.4.2002 sämtliche Umstände ge-kannt, die einen Ersatzanspruch gegen den Vorberater be-gründen könnten. Die danach am 31.12.2008 eingetreteneVerjährung sei durch den erst am 4.3.2011 erfolgten Antragauf Erlass eines Mahnbescheides nicht mehr gehemmtworden.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit welcherdieser geltend macht:

– Die Annahme des LG, der Beklagten seien die Einzelheitendes dem Vorberater C. erteilten Auftrags und die Hintergrün-

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de der gewählten steuerlichen Gestaltung nicht bekannt ge-wesen, sei falsch. Der Kläger habe unwidersprochen mitSchriftsatz vom 1.10.2013 vorgetragen, dass der Beklagtenaus der Bearbeitung des Einspruchsverfahrens sämtliche ver-tragsrelevanten Tatsachen bekannt gewesen seien. Der Be-klagten seien die für die Bearbeitung notwendigen Unterla-gen bei der Übernahme des Mandats von dem Vorberaterübergeben worden.

– Aufgabe der von dem Vorberater C. übernommenen Ge-staltung der vertraglichen Umsetzung der Entscheidung, dieursprüngliche Einzelpraxis des Klägers in eine Gemeinschafts-praxis zu verwandeln, sei gewesen, den Vertrag so zu gestal-ten, dass im Ergebnis die geringste steuerliche Belastung desKlägers ausgelöst wurde. Dass dies nicht gelungen sei, stelleeine Fehlleistung des Vorberaters dar, die der Beklagten beider Besprechung mit dem Kläger vom 15.4.2002 hätte insAuge springen müssen.

– Auf diese Fehlleistung des Vorberaters C. hätte die Beklag-te den Kläger in unverjährter Zeit ebenso hinweisen müssenwie auf die drohende Verjährung von Regressansprüchen.Dann hätte der Kläger das Mandat der Beklagten auf die Prü-fung und Geltendmachung von Regressansprüchen gegenden Vorberater C. erweitert.

– Es fehle nicht an der Darlegung eines kausalen Schadens,weil der Kläger vorgetragen habe, dass er bei ordnungsge-mäßer Beratung einen geringeren Geschäftsanteil einschließ-lich eines quotal gleich hohen Anteils an dem Betriebsgrund-stück an Dr. A. veräußert hätte. Das wäre steuerlich privile-giert gewesen und dem Kläger wäre der geltend gemachteSteuerschaden nicht entstanden.

– Die Ansprüche des Klägers seien nicht verjährt, weil er erstaufgrund der rechtlichen Prüfung durch die Kanzlei D. am29.1.2009 von seinen Regressansprüchen gegen die Beklag-te erfahren habe. Insoweit verweist der Kläger auch auf seinerstinstanzliches Vorbringen.

(Anträge: ...) •

Aus den Gründen:Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinenErfolg.

Zu Recht hat das LG den vom Kläger verfolgten Schadener-satzanspruch gegen die Beklagte verneint. Die Beklagte trafkeine Pflicht, den Kläger darauf hinzuweisen, dass er gegenseinen vormaligen Steuerberater C. einen Regressanspruchhaben könnte.

1. Das LG hat – von der Berufung nicht angegriffen – festge-stellt, dass der Kläger der Beklagten einen ausdrücklichenAuftrag, mögliche Schadenersatzansprüche gegen den Vor-berater C. zu prüfen, nicht erteilt hat – obwohl er nach demBescheid vom 1.3.2002 gehalten war zu entscheiden, ob erRegressansprüche gegen den Vorberater C. prüfen lassenwill. Denn der Kläger ging davon aus, sein Erlös für die Ver-äußerung von Praxisanteilen an Dr. A. sei steuerbegünstigt –

das ergibt sich allein schon aus dem Umstand, dass er dieBeklagte mit der Einspruchseinlegung beauftragte. Als sichzeigte, dass dieser Standpunkt vom FA nicht geteilt und ihmder die Nachforderung begründende Bescheid vom 1.3.2002mitgeteilt wurde, kam aus Sicht des Klägers zweierlei inBetracht:

– Entweder war der Standpunkt des FA unrichtig – um dieszu überprüfen, stand dem Kläger der von ihm beschritteneEinspruchsweg offen.

– Oder der Vorberater C. hatte den Kläger falsch beraten.Auch wenn der Kläger als steuerfachlicher und juristischerLaie selbst sicherlich nicht beurteilen konnte, ob er falschberaten worden war, so konnte er doch zumindest jeman-den mit der Prüfung dieser Frage betrauen. Zu solcher Prü-fung hätte auch die Frage der Verjährung etwaiger Ansprü-che gehört. Der Kläger betraute die Beklagte aber nicht mitdieser Prüfung, sondern mit der Beschreitung des anderenWeges, des Einspruchs gegen den Steuerbescheid vom1.3.2002.

2. Der der Beklagten erteilte Auftrag zur Einspruchseinlegungumfasste auch nicht die Prüfung von Regressansprüchengegen den Vorberater C.

Der Umfang der Hinweis- und Belehrungspflicht des Steuer-beraters wird durch den Gegenstand und die Reichweite deserteilten Mandats bestimmt (BGH, Urt. v. 26.1.1995 – IX ZR10/94, NJW 1995, 958; BGH, Urt. v. 4.3.1987 – IVa ZR222/85, juris Rdnr. 15).

Müsste der Steuerberater Vorgänge, die ihm lediglich beiGelegenheit des erteilten Auftrags bekannt geworden sind,jedoch in keiner unmittelbaren Beziehung zu der von ihmübernommenen Aufgabe stehen, jeweils daraufhin untersu-chen, ob sie Veranlassung zu einem Rat oder Hinweis an denMandanten geben, würde das zu einer erheblichen Auswei-tung der geschuldeten Tätigkeit und damit gerade auf demkomplexen und unübersichtlichen Gebiet des Steuerrechts zueiner untragbaren Verschärfung der Anforderungen an dievertraglichen Hauptleistungen führen (so auch BGH, Urt. v.26.1.1995, a.a.O.).

Das der Beklagten erteilte Mandat zur Einspruchseinlegungstand nicht in unmittelbarer Beziehung zu der Frage, ob demKläger gegen den Vorberater Regressansprüche zustehen.Denn das eine ist eine steuerrechtliche, das andere eine zivil-rechtliche Frage, Gegner ist in einem Fall das FA, im anderenFall der Vorberater. Die Beziehung der Fragen beschränktesich darauf, dass für den Fall, dass der beauftragte Einspruchohne Erfolg blieb, eventuell Regressansprüche gegen denVorberater C. bestanden.

Für dieses Ergebnis streitet auch, dass es selbst bei dem Be-stehen von Regressansprüchen Sache des Klägers gewesenwäre zu entscheiden, ob solche verfolgt werden sollen. Dem-entsprechend konnte die Beklagte aus der fehlenden Ertei-lung des Mandats, die Möglichkeit solcher Regressansprüchezu prüfen, auch die Schlussfolgerung ziehen, dass der Kläger

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einen Regress gegen den Vorberater gar nicht wünscht. Diesgilt umso mehr, als der Kläger in der mündlichen Verhand-lung vor dem Senat bekundet hat, dass die Beendigung desMandats von Herrn C. und der Wechsel zur Beklagten alleinörtliche Gründe hatte und nicht auf einer Unzufriedenheitdes Klägers mit der Beratung durch Herrn C. beruhte.

3. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus einer Hinweis-pflicht des Steuerberaters auf steuerschädliche Gestaltungs-formen des Vorberaters. Eine solche setzt voraus, dass die vondem Vorberater gewählte rechtliche Konstruktion eine aufden ersten Blick ersichtliche steuerliche Fehlentscheidung war(BGH, Urt. v. 26.1.1995 – IX ZR 10/94, NJW 1995, 958;OLG Karlsruhe, Urt. v. 24.3.2000 – 10 U 224/99, juris). Da-von konnte hier aber hier schon deshalb keine Rede sein,weil – wie bereits das LG zutreffend ausgeführt hat – die Be-klagte über die Frage der Begünstigung des Veräußerungs-gewinns hinaus nicht erkennen konnte, ob eine Gestaltung,mit der die hier in Rede stehende Steuerpflicht des Klägersvermieden worden wäre, zivilrechtlich überhaupt hätte rea-lisiert hätte werden können, insbesondere, ob Dr. A. damiteinverstanden gewesen wäre.

4. Ungeachtet dessen hat der BGH zwar entschieden, dass derMandant auf die drohende Verjährung von Ansprüchen gegenden vorberatenden Steuerberater auch dann hinzuweisen ist,wenn das eigene Mandat nur die Vertretung in einem Finanz-gerichtsstreit umfasst, jedoch ersichtlich ist, dass bei Verlustdes Prozesses Ansprüche gegen den Vorberater in Betrachtkommen (BGH v. 29.4.1993 – IX ZR 101/92, NJW 1993,2045 ff.). Diese Entscheidung betrifft jedoch die Pflichteneines Rechtsanwalts, nicht die eines Steuerberaters. SoweitGräfe diese Entscheidung auch für die Pflichten des Steuerbe-raters heranzieht (Gräfe/Lenzen/Schmeer, Steuerberaterhaf-tung, 5. Aufl. 2014, Rdnr. 411), erfolgt dies ohne Begrün-dung.

Diese Ansicht steht nach Auffassung des Senats aber nicht nurin Widerspruch zu dem (oben unter Ziffer 2. dargestellten,engeren) Maßstab für Hinweispflichten des Steuerberaters.Sie berücksichtigt außerdem nicht, dass es zwischen demMandat eines Rechtsanwalts und dem eines Steuerberatersden wesentlichen Unterschied gibt, dass die Verfolgung zivil-rechtlicher Ansprüche, zu denen Regressansprüche gegen denvorberatenden Steuerberater zählen, einschließlich der Beur-teilung schadenersatzrechtlicher und verjährungsrechtlicherFragen zur Kerntätigkeit eines Rechtsanwalts, nicht aber zuder eines Steuerberaters im Sinne des § 33 StBerG gehören.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708Nr. 10, 711 ZPO.

Der Senat hat die Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zugelas-sen, weil die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung desBGH über die Frage erfordert, ob die in seiner Entscheidungvom 29.4.1993 – IX ZR 101/92, für Rechtsanwälte aufgestell-ten Grundsätze zur Hinweispflicht auf drohende Verjährungvon Ansprüchen gegen den Vorberater auch auf Steuerbera-ter zu übertragen sind. •

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Steuerberaterhaftung• Kleinunternehmer• Umsatzsteueroption(LG Krefeld, Urt. v. 29.3.2017 – 2 O 56/16)

Leitsatz (d. Red.):Der Steuerberater macht sich schadenersatzpflichtig,wenn er seinem als Kleinunternehmer tätigen Mandatenrät, zur Umsatzsteuer zu optieren, wenngleich der Man-dant keine Möglichkeit hat, die Umsatzsteuer an seineKunden weiterzureichen. •

Zum Sachverhalt:Der Beklagte war bis zum Ende des Jahres 2010 Steuerbera-ter der Klägerin. Im Rahmen dieses Mandats hatte er auchdie Umsatzsteuererklärungen für die Klägerin gefertigt unddem FA zugeleitet. Jedenfalls von 2005 bis 2008 lag derUmsatz der Klägerin unterhalb der Kleinunternehmergrenzevon 17.500,00 EUR.

Dennoch hat der Beklagte in der Umsatzsteuererklärung für2006 den Eintrag unter B (Angaben zur Besteuerung derKleinunternehmer) nicht ausgefüllt, sondern die Umsätze derKlägerin unter C (steuerpflichtige Lieferungen, sonstigeLeistungen und unentgeltliche Wertabgaben) eingetragen.Dies führte dazu, dass die Klägerin mit einer Bindung vonfünf Jahren zur Umsatzsteuer optierte. Über diese Wirkungder Umsatzsteuererklärung 2006 hat der Beklagte die Kläge-rin nicht aufgeklärt.

Die Klägerin leistete für die Jahre 2006 bis 2009, was imVerlauf des Rechtsstreits unstreitig geworden ist, nach Abzugvon Vorsteuer folgende Umsatzsteuer an das FA:

Für 2006 1.761,66 EURFür 2007 1.944,38 EURFür 2008 1.882,89 EURFür 2009 1.574,22 EURInsgesamt: 7.163,17 EUR.

Die Klägerin, die als Motopädagogin und Pferdewirtschafts-meisterin arbeitet, konnte die angefallene Umsatzsteuernicht an ihre Kunden weitergeben.

Ende des Jahres 2010 hatte die Klägerin aufgrund einesGespräches mit einer Bekannten vom Beklagten ergänzendeInformationen darüber verlangt, wann und unter welchenBedingungen die Kleinunternehmerregelung anwendbar ist.Weil dies nicht zufriedenstellend ausfiel, fühlte sie sichschlecht beraten und wandte sich an ihre neue Steuerberate-rin P. Dort hat sie sich über die Kleinunternehmerregelungberaten lassen und Frau P. anschließend mit der Betreuungihrer Steuerangelegenheiten beauftragt.

Mit der Klage begehrt die Klägerin vom Beklagten Schaden-ersatz wegen steuerberaterlicher Pflichtverletzung. DerBeklagte habe fälschlicherweise zur Umsatzsteuer optiert.

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Außerdem habe er sie nicht darüber informiert, dass dieOption widerrufen werden könne. Auch die neue Steuer-beraterin P. habe sie hierüber nicht aufgeklärt, dies sei erstdurch ein Schreiben des FA K. klar geworden. Zu diesemZeitpunkt hätte aber, wie sich ebenfalls aus dem Bescheiddes FA ergebe, die Option nicht durch Einreichung neuerUmsatzsteuererklärungen widerrufen werden können.

(Anträge: …) •

Aus den Gründen:Die Klage ist zulässig und bis auf einen Teil des Verzugszins-anspruchs und bis auf die geltend gemachten Rechtsanwalts-kosten begründet. Der Klägerin steht gegen den Beklagtenein Schadenersatzanspruch in der tenorierten Höhe wegensteuerberaterlicher Pflichtverletzung aus § 280 Abs. 1 BGBzu.

Der Beklagte hat seine steuerberaterlichen Pflichten verletzt,indem er in der Umsatzsteuererklärung 2006, wie bereits imBeschluss vom 22.12.2016 ausgeführt, für fünf Jahre zurUmsatzsteuer optiert hat mit der Folge, dass die Kleinunter-nehmerregelung des § 19 Abs. 1 Umsatzsteuergesetz fürdiesen Zeitraum keine Anwendung finden konnte. Dies warfehlerhaft, weil die Klägerin keine Möglichkeit hatte, die Um-satzsteuer an ihre Kunden weiterzugeben oder Vorsteuer innennenswertem Umfang von ihrer Umsatzsteuerschuld abzu-ziehen, so dass die Umsatzsteuerschuld den Gewinn aus ihrerTätigkeit direkt minderte. Die Umsatzsteueroption war auchunnötig, da die Umsätze der Klägerin in den jeweiligen Vor-jahren der streitgegenständlichen Umsatzsteuerzeiträumeunterhalb der Grenze von 17.500,00 EUR lagen.

Nach allem war die Ausübung der Umsatzsteueroption derKlägerin nachteilhaft. Eine Pflichtverletzung könnte nur dannverneint werden, wenn der Beklagte die Klägerin über alleVor- und Nachteile, die mit der Option verbunden waren, auf-geklärt hätte und diese ihn angewiesen hätte, die Optiondennoch auszuüben. Hierzu hat der Beklagte aber nichts Kon-kretes vorgetragen. Er schließt lediglich nicht aus, mit derKlägerin über die Option gesprochen zu haben. Das besagtaber nichts darüber aus, ob die Klägerin umfassend beratenwurde.

Auch der Vortrag, man sei damals der Annahme gewesen,dass die Umsätze der Jahre 2005 und 2006 nur ausnahms-weise unterhalb von 17.500,00 EUR gelegen hätten, lässteine Pflichtverletzung nicht entfallen. Denn der vorsichtigeSteuerberater hätte dies nicht zum Anlass nehmen dürfen,eine für 5 Jahre bindende Option – wenn auch nur still-schweigend – auszuüben.

Der Schaden der Klägerin liegt in ihrer Umsatzsteuerschuldfür die Jahre 2006 bis 2009, da sie die Umsatzsteuer unstrei-tig nicht an ihre Kunden weitergeben konnte. Durch die Um-satzsteuererklärungen hat die Klägerin nachgewiesen, dasssie gezahlte Vorsteuern abgezogen hat, durch die vorgeleg-ten Umsatzsteuerabrechnungen des FA hat sie die Höhe desgeltend gemachten Schadens von insgesamt 7.163,17 EURbelegt. Im Übrigen hat die Beklagte die Höhe der Umsatz-

steuerschuld nach Vorlage der Abrechnungen auch nichtmehr bestritten.

Die Klägerin muss sich ein Mitverschulden gemäß § 254 BGBnicht anrechnen lassen. Wie bereits im Beschluss vom22.12.2016 ausgeführt, hat sie sich bei der Abgabe derUmsatzsteuererklärungen für die Jahre 2006 bis 2009 desBeklagten als Fachmann bedient, was ein eigenes Verschul-den an der Schadenentstehung ausschließt.

Auch ein Mitverschulden bei der Schadenvermeidung schei-det aus. Der beweispflichtige Beklagte konnte nicht bewei-sen, dass die Klägerin vor Ablauf der Möglichkeit des Opti-onswiderrufs, also vor Ablauf des Jahres 2011, von derPflichtverletzung und der Möglichkeit der Schadenvermei-dung durch Optionswiderruf wusste. Allein die Kenntnis desÜber- oder Unterschreitens der Umsatzsteuergrenze von17.500,00 EUR reicht hierfür nicht aus.

Als frühester Zeitpunkt, zu dem die Klägerin persönlich vonbeidem Kenntnis hatte, ist vielmehr nur der Zugang desBescheides des FA K. vom 3.8.2012 feststellbar, in dem dasFA mitteilt, dass die Umsatzsteuererklärung 2006 mit Ablaufder Festsetzungsfrist im Jahre 2011 unanfechtbar gewordenist und ein Widerruf des Verzichtes auf die Anwendung derKleinunternehmerregelung deshalb nicht mehr möglich ist.Konkrete Tatsachen dazu, dass die Klägerin etwa durch ihreneue Steuerberaterin positiv von der Schadenvermeidungs-möglichkeit wusste, hat der Beklagte nicht dargetan, ge-schweige denn unter Beweis gestellt; sein Vortrag erschöpftsich in dieser Beziehung in Mutmaßungen und Spekulatio-nen.

Die Klägerin muss sich auch nicht ein Verschulden ihrerneuen Steuerberaterin P. zurechnen lassen. Zwar hat sich einGläubiger gemäß § 254 BGB grundsätzlich das Verschuldeneines Erfüllungsgehilfen zurechnen zu lassen. Der Beklagtehat aber nicht hinreichend dartun können, dass die neueSteuerberaterin R. Erfüllungsgehilfin der Klägerin war. Eskann deshalb letztlich dahinstehen, ob die neue Steuerbera-terin von der Pflichtverletzung des Beklagten wusste oderhätte wissen müssen und ob sie gegenüber der Klägerin einePflicht zur Aufklärung hierüber traf.

Das Verschulden eines Erfüllungsgehilfen wird im Rahmendes § 254 BGB nur dann als Mitverschulden zugerechnet,wenn der Gläubiger sich eines Gehilfen bedient, um eine imeigenen Interesse gebotene Obliegenheit zur Abwendungoder Minderung des Schadens zu erfüllen. Ist dies nicht derFall, hätte also die Klägerin Frau R. nicht vor allem deshalbeingeschaltet, um einen erkannten oder zumindest für mög-lich gehaltenen Fehler des Beklagten zu beheben, scheideteine Zurechnung des Verschuldens im Rahmen des § 254BGB aus; in diesem Falle würden beide Steuerberater derKlägerin vielmehr als Gesamtschuldner haften (vgl. BGH,NJW 1994, 1211).

Da vorliegend der Beklagte keine eigenen Kenntnisse überdie Gründe der Beauftragung der neuen Steuerberaterinhaben konnte, hat das Gericht der Klägerin aufgegeben,

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Notarhaftung• Hinweis auf § 1365 BGB• Ausländisches Güterrecht• Schutzzweck der notariellen Belehrungspflicht(LG Berlin, Urt. v. 20.2.2017 – 84 O 19/16)

Leitsätze (d. Red.):1. Weisen sich Eheleute mit einem türkischen Ehe-namen gegenüber einem Notar mit einem deutschenPersonalausweis aus, so reicht dieser Umstand nichtdafür aus, dass der Notar annehmen muss, die Eheleutehätten in der Vergangenheit die türkische Staatsange-hörigkeit innegehabt und es käme türkisches Güter-recht zum Zuge.

2. Die notarielle Pflicht zur Belehrung über § 1365 BGBsoll nur sicherstellen, dass der beurkundete Vertragdurchführbar ist und nicht von einer Zustimmung desEhegatten abhängig ist und hat damit im Wesentlichenden Käufer im Blick. Damit sind nur Schäden erstat-tungsfähig, die durch eine Nichtdurchführbarkeit desVertrages entstanden sind, nicht aber ein Schaden, derdarauf beruht, dass dem Verkäufer bei Abstandnahmevom Vertrag die spätere Wertsteigerung des Kaufgegen-standes zugute gekommen wäre. •

Zum Sachverhalt:Die Klägerin nimmt den Beklagten aufgrund abgetretenenRechts auf Schadenersatz unter dem Gesichtspunkt der Ver-letzung notarieller Amtspflichten im Zusammenhang mitdem Verkauf einer Eigentumswohnung in Anspruch.

Der Ehemann der Klägerin, Herr B. B., war Eigentümer einerWohnung in Berlin-Mitte.

Er beabsichtigte im Jahr 2012, als er sich noch in Trennungvon der Klägerin befunden hat, seine Wohnung zu veräu-ßern, um Schulden zu begleichen. Insofern kam es zu einemKontakt zu einem potentiellen Käufer, Herrn E. B. Kurz bevores zu einem Verkauf der Wohnung kam, beschlossen die Klä-gerin und ihr Mann, dass sie nun doch nicht die Wohnungverkaufen wollen, weil die Schwester der Klägerin ihnen zurSchuldentilgung ca. 23.000 EUR gegeben hatte.

Entgegen dem gemeinschaftlichen Entschluss verkaufte derEhemann der Klägerin am 11.6.2012 die Wohnung an denKäufer B. zu einem Kaufpreis von 210.000 EUR. Der Beklag-te beurkundete diesen Kaufvertrag zu seiner UR-Nr. RN307/2012. Bei der Beurkundung anwesend waren nebendem Beklagten die Kaufvertragsparteien sowie der Makler A.G.. Der Ehemann verpflichtete sich im Rahmen des Kauf-vertrags unter anderem, den Kaufgegenstand bis zum31.10.2012 vollständig zu räumen. Insoweit unterwarf ersich gegenüber dem Käufer auch der sofortigen Zwangs-vollstreckung aus dieser Urkunde.

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hierzu vorzutragen. Eigene Darlegungen hat der beweis-pflichtige Beklagte nicht gemacht, so dass vom Vortrag derKlägerin auszugehen ist. Danach kann nicht angenommenwerden, die Klägerin habe die Pflichtverletzung des Beklag-ten erkannt oder für möglich gehalten und sich deswegen andie neue Steuerberaterin gewandt, aus dem Vortrag der Klä-gerin ergibt sich vielmehr nur eine allgemeine Unzufrieden-heit mit der Beratung des Beklagten.

Diese Unzufriedenheit betraf zwar die Kleinunternehmerre-gelung, es ist aber nicht erkennbar, dass sie sich auf ein kon-kretes Fehlverhalten bezog, sondern eher auf ein allgemeinesUnverständnis ihrer Umsatzsteuersituation. Erst recht nichtkann dem Vortrag der Klägerin entnommen werden, dass siesich irgendwie geschädigt fühlte oder glaubte, durch eineneue steuerliche Beratung könne ihre Umsatzsteuerschuldfür die Vergangenheit gemindert oder aufgehoben werden.

Die Klageforderung ist auch nicht verjährt. Zwar ist der Scha-denersatzanspruch der Klägerin spätestens im Jahre 2010entstanden. Wie bereits im Beschluss vom 22.12.2016 aus-geführt wurde, konnte der Beklagte allerdings nicht bewei-sen, dass die Klägerin Kenntnis von den anspruchsbegrün-denden Umständen im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGBschon im Jahre 2011 hatte. Die Kenntnis ist vielmehr erstnachweisbar durch den Bescheid des FA K. vom 3.8.2012,der zum Beginn des Verjährungslaufes ab dem 1.1.2013geführt hat. Der Mahnbescheid wurde innerhalb der Verjäh-rungsfrist am 24.12.2015 zugestellt.

Zwar kannte die Klägerin durch die ihr zugeleiteten Umsatz-steuererklärungen die Tatsachen, die die Pflichtverletzungdes Beklagten und den Schaden begründeten. Wie bereits imBeschluss vom 22.12.2016 ausgeführt, gehört bei der Ein-schaltung eines anwaltlichen oder steuerlichen Beraters abernicht nur die Kenntnis der Tatsachen zu den anspruchsbegrün-denden Umständen, sondern auch die Kenntnis vom Pflicht-verstoß, hier der Wirkung der Umsatzsteuererklärung für2006 als Umsatzsteueroption.

Denn ohne diese Kenntnis hatte die Klägerin keine Veranlas-sung, die steuerberaterliche Leistung des Beklagten infragezu stellen (vgl. BGH, NJW 2014, 1800). Ein solcher Anlassergibt sich deshalb auch nicht aus der Kenntnis des Über-oder Unterschreitens der Umsatzsteuergrenzen für die Um-satzsteueroption in den streitgegenständlichen Jahren. Dassdie Klägerin aufgrund der Beratung durch die neue Steuer-beraterin P. schon im Jahre 2011 Kenntnis von der Pflichtver-letzung hatte, hat der Beklagte weder konkret vorgetragennoch unter Beweis gestellt.

Da die Klägerin zum Verzug des Beklagten nichts vorgetra-gen hat, konnten Verzugszinsen nur ab Rechtshängigkeitgewährt werden (§ 293 BGB) und der begehrte Ersatz derRechtsanwaltskosten konnte nicht zugesprochen werden. •

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Dem Beklagten war bekannt, dass der Verkäufer mit der Klä-gerin seit 1990 verheiratet ist. Bei ihrer Heirat waren beidetürkische Staatsangehörige. Der Ehemann hat seit 1997 diedeutsche Staatsangehörigkeit. Ob im Zuge der Beurkundungdie Rede davon gewesen sei, dass gegebenenfalls ein restli-cher Kaufpreisanteil, der nicht für die Herstellung der Lasten-freiheit benötigt werde, auf das Konto der Klägerin überwie-sen werden solle, ist streitig.

Im Ergebnis ist in § 3 des Vertrags jedoch festgehalten wor-den, dass die Auszahlungen aus dem Kaufpreis nach Ablö-sung der Lastengläubiger auf ein noch zu benennendesKonto des Verkäufers vorzunehmen ist. Eine Belehrung bzw.Hinweis auf die Problematik des § 1365 BGB bzw. auf einemögliche Anwendung ausländischen (Güter-)Rechts durchden Beklagten gegenüber den Kaufvertragsparteien erfolgteanlässlich der Beurkundung nicht.

Die Klägerin als Ehefrau des Verkäufers stimmte in der Folgedem Kaufvertrag nicht zu, sodass der Käufer mit einer am11.4.2013 beim LG Berlin zum Aktenzeichen 36 O 133/13eingegangenen Feststellungs- und Räumungsklage die Klä-gerin und ihren Ehemann als Verkäufer in Anspruch genom-men hat. Im Zuge des Verfahrens haben sämtliche Parteiendes Rechtsstreits dem Beklagten den Streit verkündet, derdem indes nicht beigetreten ist.

Nachdem das LG Beweis erhoben hat, hat es mit Urteil vom29.5.2015 der Klage teilweise stattgegeben und festgestellt,dass der zwischen den Kaufvertragsparteien am 11.6.2012geschlossene Kaufvertrag wirksam zustande gekommen sei.Hinsichtlich des geltend gemachten Räumungsbegehrens hatdie Kammer die Klage abgewiesen. Hinsichtlich der Urteils-begründung wird auf das eingereichte Urteil Bezug genom-men. Gegen dieses Urteil haben sämtliche ProzessparteienRechtsmittel eingelegt.

Während der Anhängigkeit des Berufungsverfahrens beimKammergericht zum Aktenzeichen 24 U 96/15 haben sichdie Klägerin, ihr Ehemann und der Käufer, nachdem zuvorein Mediationsverfahren erfolglos verlaufen ist, außergericht-lich am 29.7.2015 verglichen. Im Rahmen des Vergleichs hatdie Klägerin gegen Zahlung eines Betrages von 39.998 EURihre Zustimmung zu dem Verkauf der Wohnung erklärt.Gleichzeitig haben sich die Klägerin und ihr Ehemann ver-pflichtet, die Wohnung bis zum 31.10.2015 geräumt he-rauszugeben. Darüber hinaus enthält der Vergleich auch eineRegelung zu den Kosten des Rechtsstreits sowie des Ver-gleichs.

Die Parteien haben daraufhin ihre jeweils eingelegten Rechts-mittel mit Schriftsätzen vom 14. und 15.12.2015 zurückge-nommen, woraufhin das KG mit Beschluss vom 16.12.2015– 24 U 96/15 – entsprechend der gütlichen Einigung derParteien einen Kostenbeschluss mit folgendem Inhalt erlas-sen hat:

„Die Gerichtskosten des Rechtsstreits beider Instanzentragen der Kläger zu 1/2 und die Beklagten als Gesamt-schuldner zu 1/2, im Innenverhältnis tragen die Beklagten

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davon jeweils die Hälfte (also absolut im Innenverhältnis 1/4).Ihre eigenen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreitseinschließlich derjenigen des außergerichtlichen Vergleichstragen die Parteien jeweils selbst.“

Derzeit lebt die Klägerin mit ihrem Ehemann wieder zusam-men in einer gemeinsamen Mietwohnung.

Der Käufer E. B. und der Ehemann der Klägerin, letzterer mitschriftlicher Abtretungsvereinbarung vom 15.8.2013, habenihre etwaigen Schadenersatzansprüche gegenüber demBeklagten an die Klägerin abgetreten.

Mit der Klage begehrt die Klägerin, nunmehr aus abgetrete-nem Recht ihres Ehemanns Schadenersatz von dem Beklag-ten.

Die Klägerin behauptet, dass bei Abschluss des Kaufvertragesbesprochen worden sei, dass neben ihrem Ehemann auch sieund die 2 Söhne in der Wohnung leben würden. Auch seierörtert worden, dass der vom Beklagten auszukehrendeKaufpreisteil, der nicht für die Lastenfreistellung benötigtwerde, gegebenenfalls auf ihr Konto überwiesen werdensolle. Sie ist der Auffassung, dass aufgrund des Inhalts derErörterungen bei der Beurkundung hinreichend konkreteAnhaltspunkte dafür vorgelegen hätten, dass es sich bei derverkauften Wohnung um das ganze oder jedenfalls wesent-liche Vermögen ihres Ehemanns im Sinne von § 1365 BGBgehandelt habe. Daher sei der Beklagte als Notar verpflichtetgewesen, auf das Zustimmungserfordernis nach § 1365 BGBhinzuweisen, was dieser indes amtspflichtwidrig unterlassenhabe.

Jedenfalls hätte er die Pflicht gehabt, bei ihrem Ehemannnachzufragen, ob es sich bei der ehelichen Wohnung umsein gesamtes Vermögen gehandelt habe. Hätte der Beklagteauf die Problematik des § 1365 BGB hingewiesen, so hättensowohl der Käufer als auch ihr Ehemann von der Beurkun-dung Abstand genommen. Denn ihrem Ehemann sei be-wusst gewesen, dass er sich einige Tage zuvor mit ihr geradedarauf geeinigt habe, dass die Wohnung nicht verkauft wer-den solle, sodass klar gewesen sei, dass sie keine Zustim-mung zu dem Verkauf erteilen werde, da sie auch in derWohnung habe bleiben wollen. Daher wäre es bei einempflichtgemäßen Verhalten des Beklagten zu einem Vertrags-schluss nicht gekommen.

Aufgrund der Amtspflichtverletzung des Beklagten sei ihremEhemann ein erheblicher Schaden, und zwar hinsichtlich derim Rechtsstreit beim LG Berlin zum Aktenzeichen 36 O133/13 entstandenen Kosten von 23.305,30 EUR, sowie imHinblick darauf, dass der aktuelle Verkehrswert der streitge-genständlichen Wohnung unter Bezugnahme auf einenvorgelegten Marktwertreport der Postbank Immobilien vom22.12.2015 345.000,00 EUR betrage, sodass insoweit einSchaden von 135.000, d. h. insgesamt ein Gesamtschadenvon 158.305,30 EUR entstanden sei.

(Anträge: …) •

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Das vorgenannte Urteil entfaltet im Hinblick auf die gegen-über dem Beklagten erfolgte Streitverkündung gemäß §§ 74,68 ZPO nur insoweit Bindungswirkungen, als es die tragen-den Feststellungen des Urteils betrifft (Zöller, ZPO, 31. Aufl.2016, § 68 Rdnr. 9).

Dazu gehört die Feststellung zur Anwendbarkeit des § 1365BGB, die im Rahmen des dortigen Urteils erörtert worden ist,deshalb nicht, weil sie nicht entscheidungserheblich war. DasLG hatte nämlich nach einer im dortigen Verfahren durchge-führten Beweisaufnahme festgestellt, dass die Voraussetzun-gen des § 1365 BGB nicht erfüllt seien, so dass es auf dessenAnwendbarkeit nicht ankam.

bb. Der Beklagte hatte auch keinen Anlass, im Hinblick auf§ 17 Abs. 3 BeurkG die Kaufvertragsparteien über die Mög-lichkeit zu belehren, dass gegebenenfalls ausländisches Recht– nämlich das türkische Güterrecht – zur Anwendung kommenkönnte.

Bei Beurkundung des Kaufvertrages bestanden für den Be-klagten keine Anhaltspunkte dafür, dass ausländisches Rechtmaßgeblich sein könnte. Beide Kaufvertragsparteien habensich ausweislich der Vertragsurkunde mit (deutschem) Perso-nalausweis ausgewiesen. Allein der Umstand, dass der Ver-käufer einen türkischen Namen trägt, reicht nicht dafür aus,dass deshalb angenommen werden müsste, er sei auch einmaltürkischer Staatsangehöriger gewesen und deshalb ausländi-sches Recht anzuwenden. Es ist gerichtsbekannt, dass eineVielzahl von Personen mit türkischen Wurzeln und Namenbereits über Generationen in Deutschland leben und auchAngehörige dieses Staats sind.

Eine Belehrung über das mögliche Eingreifen von Art. 194des türkischen ZGB war schon deshalb nicht veranlasst, weildiese Vorschrift tatsächlich nicht anwendbar war. Die Be-schränkung der Verfügung über die Familienwohnung ge-mäß dieser Vorschrift gehört nach türkischem Recht zu denallgemeinen Wirkungen der Ehe. Das nach Art. 14 Abs. 1EGBGB anzuwendende türkische Kollisionsrecht verweist fürdie allgemeinen Wirkungen der Ehe in Art. 13 Abs. 3 destürkischen IPRG auf das Recht des gewöhnlichen Aufent-halts, wenn die Ehegatten wie hier verschiedener Staatsan-gehörigkeit sind, hier also auf das deutsche Recht.

b. Darüber hinaus bestünden auch – unterstellt, der Beklagtehätte nicht hinreichend im Hinblick auf § 1365 BGB aufge-klärt – erhebliche Bedenken, ob eine dahingehende Pflicht-verletzung überhaupt für den geltend gemachten Schadenkausal geworden wäre bzw. der Schaden von dem Schutz-zweck dieser Pflicht umfasst wäre.

Selbst wenn vorliegend im Hinblick auf den Kaufvertrag§ 1365 BGB grundsätzlich anwendbar gewesen wäre, hätteder Beklagte nur über die Vorschrift selbst und das möglicher-weise aus ihr folgende Zustimmungserfordernis belehrenmüssen. Ein Anlass zu einer weitergehenden Belehrung hätteinsoweit nicht bestanden. Nach der Rechtsprechung des BGH(vgl. Urt. v. 22.4.1975 – VI ZR 90/74 , DNotZ 1975, 628)muss der eine Grundstücksveräußerung beurkundende Notar

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Aus den Gründen:1. Der Klägerin steht gemäß § 19 Abs. 1 BNotO i.V.m. § 398BGB kein Anspruch aus abgetretenem Recht ihres Ehemannsauf Schadenersatz gegenüber dem Beklagten zu, da dieserseine ihm als Notar obliegenden Pflichten nicht verletzt hat.Ein Anspruch auf Schadensersatz aus eigenem Recht bzw.abgetretenen Recht des Käufers E. B. steht ihr bereits auf-grund ihres eigenen Vortrages – da weder sie noch der Käu-fer einen Schaden erlitten haben soll – zu.

a. Der Beklagte hat seine notariellen Pflichten nicht dadurchverletzt, dass er anlässlich der Beurkundung nicht auf§ 1365 BGB (aa.) bzw. auf die Möglichkeit der Anwendungausländischen Rechts – namentlich türkischen Rechts – (bb.)hingewiesen hat.

aa. Eine Pflichtverletzung im Hinblick auf § 1365 BGB ist be-reits deshalb nicht gegeben, da diese güterrechtliche Vor-schrift des Bürgerlichen Gesetzbuches vorliegend nicht an-wendbar ist, worauf der Beklagte zutreffend unter Vorlagedes Rechtsgutachtens des Deutschen Notariatsinstituts vom28.1.2009 hingewiesen hat. Daher bedurfte es insoweitauch keiner Belehrung. Für die Klägerin und ihren Ehemanngalt zum Zeitpunkt der Beurkundung des Kaufvertragestürkisches Güterrecht. Gemäß Art. 15 Abs. 1 EGBGB unter-liegen die güterrechtlichen Wirkungen einer Ehe dem bei derEheschließung für die allgemeine Wirkung der Ehe maßgeb-lichen Recht. Nach Art. 14 Abs. Nr. 1 EGBGB ist für die all-gemeinen Wirkungen einer Ehe das Recht des Staates maß-geblich, dem beide Ehegatten angehören oder während derEhe zuletzt angehörten, wenn einer von ihnen diesem Staatnoch angehört.

Da die Klägerin und ihr Ehegatte bei Eheschließung unstrei-tig türkische Staatsangehörige gewesen sind und nur derEhemann inzwischen die deutsche Staatsangehörigkeit an-genommen hat, ist zum Zeitpunkt der Beurkundung aus-schließlich türkisches Güterrecht anzuwenden. Lediglichwenn beide Ehegatten nach der Eheschließung eine neuegemeinsame Staatsangehörigkeit erworben hätten, könntensie diese dem neuen Recht unterstellen, vgl. Art. 15 türki-sches IPRG, was vorliegend allerdings nicht der Fall ist.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ändert sich auchnichts im Hinblick darauf, dass das Statut der allgemeinenEhewirkungen grundsätzlich wandelbar ist. Insoweit siehtArt. 13 Abs. 3 Satz 2 des türkischen IPRG vor, dass, falls dieEheleute verschiedener Staatsangehörigkeit sind, das Rechtdes gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts und bei Fehleneines solchen türkisches Recht anzuwenden ist. Für dasgüterrechtliche Statut sind aber allein die Verhältnisse zurZeit der Eheschließung maßgeblich (vgl. auch: Schöner/Stöber,Grundbuchrecht, 15. Aufl. 2012, Rdnr. 3411 f. zu Art. 15EGBGB). Zum Zeitpunkt der Eheschließung waren indes dieKlägerin und ihr Ehemann, wie bereits ausgeführt, beidetürkische Staatsangehörige.

Der Nichtanwendbarkeit des § 1365 BGB steht auch nichtdurchgreifend die gegenteilige Annahme des LG Berlin im Rah-men des Urteils vom 19.5.2015 – 36 O 133/13 – entgegen.

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richtetes Verfügungsverbot. Ein Grund, von seinem Verkaufs-entschluss abzurücken, hätte sich somit nicht ergeben.

Überdies dürfte zumindest der im hiesigen Verfahren alsSchaden geltend gemachte Wertzuwachs der Wohnungnicht vom Schutzzweck der Pflicht zur Belehrung über § 1365BGB umfasst sein. Wie allgemein im Schadenersatzrechtkann auch im Notarhaftungsrecht nur für solche Schaden-folgen Ersatz verlangt werden, die innerhalb des Schutz-zwecks der verletzten Norm liegen (vgl. KG, Beschl. v.14.8.2015 – 9 U 74/14, m.w.N.).

Deshalb muss zwischen der durch den Schädiger geschaffe-nen Gefahrenlage und dem Schaden ein innerer Zusammen-hang bestehen; eine bloß zufällige äußere Verbindung ge-nügt nicht. Die notarielle Pflicht zur Belehrung über § 1365BGB soll nur sicherstellen, dass der beurkundete Vertragdurchführbar ist und nicht etwa von einer Zustimmung desEhegatten abhängig ist und hat damit im Wesentlichen denKäufer im Blick. Das bedeutet, dass damit nur Schäden um-fasst sind, die durch eine Nichtdurchführbarkeit des Vertragesentstanden sind, nicht aber ein Schaden, der darauf beruht,dass dem Verkäufer bei Abstandnahme vom Vertrag die spä-tere Wertsteigerung des Kaufgegenstandes zugute gekommenwäre.

Da der Klägerin ein Schadenersatzanspruch nicht zusteht,kann sie insoweit auch keine Zinsen gemäß §§ 291, 288Abs. 1 BGB verlangen.

2. Der Klägerin steht daher auch nicht ein Anspruch aufFreistellung von Rechtsanwaltskosten ihres jetzigen Prozess-bevollmächtigten gegenüber dem Beklagten zu. (…) •

Steuerberaterhaftung• Mandatsumfang• Dauermandat• Buchhaltungsvertrag• Nebenpflicht(LG Berlin, Urt. v. 26.1.2017 – 6 O 44/16)

Leitsatz (d. Red.):Ein Buchhaltungsmandat begründet keine Nebenpflichtdes Steuerberaters, den Mandanten bei der Gründungeiner GmbH zu beraten. •

Zum Sachverhalt:Die Klägerin verlangt vom Beklagten Schadenersatz mit derBehauptung fehlerhafter Beratung vor und bei der Gründungeiner GmbH im Jahre 2010.

Die Klägerin war Inhaberin eines von ihr betriebenen Han-delsgeschäftes unter der Einzelhandels- und KaufmannsfirmaD. A., mit der sie eine Haus- und Grundstücksverwaltungbetrieb.

die Beteiligten grundsätzlich nur über das Bestehen und dieRechtswirkungen der Vorschrift des § 1365 BGB aufklären.Nachforschungen darüber, ob das veräußerte Grundstück dasnahezu ganze Vermögen des Veräußerers darstellt, muss ernicht anstellen. Er ist insbesondere nicht gehalten, den Käu-fer durch solche Nachforschungen hinsichtlich der Vermö-gensverhältnisse des Verkäufers bösgläubig zu machen undso die subjektiven Voraussetzungen für das Zustimmungser-fordernis erst zu schaffen (vgl. BGH, a.a.O.).

Hier hat die Klägerin nicht einmal hinreichend aufgezeigt,dass der Beklagte davon hat ausgehen müssen, dass mit demvon ihm beurkundeten Kaufvertrag das ganze oder nahezudas ganze Vermögen durch den Ehegatten der Klägerin ver-äußert werden soll. Zwar war dem Beklagten bereits vor derBeurkundung bewusst gewesen, dass der Verkäufer mit derKlägerin verheiratet war, aber gleichzeitig ist ihm auch un-streitig von dem Käufer mitgeteilt worden, dass der Verkäu-fer mehrere Bäckereien betreibe, was erhebliches Vermögendarstellt. Unstreitig hat der Ehemann der Klägerin dem Be-klagten auch weder vor noch anlässlich der Beurkundungden Zweck der Veräußerung – nämlich die beabsichtige Til-gung von Schulden – offenbart.

Die Absicht der Schuldentilgung wäre bei einem selbständigTätigen allein auch noch kein Grund, auf bedrängte Vermö-gensverhältnisse zu schließen. Auch der Umstand, dass ge-gebenenfalls der Klägerin ein Kaufpreisanteil zukommensollte, indizierte nicht die Annahme, dass deshalb der Ehe-mann sein gesamtes Vermögen verkaufe. Die Gründe hierfürkonnten vielfältiger Natur sein. Auch der weitere Umstand,dass in der Wohnung zu dieser Zeit die Klägerin und diebeiden Söhne wohnten und dass in dem Kaufvertrag eineRäumungsverpflichtung aufgenommen wurde, rechtfertigtenicht eine solche Annahme.

Hätte der Beklagte die Vertragsparteien amtspflichtgemäßdarüber belehrt, dass der Kaufvertrag nach § 1365 BGBallenfalls dann zustimmungsbedürftig sei, wenn der Käuferpositiv wisse, dass der Verkäufer nahezu über sein gesamtesVermögen verfüge, wäre der Kaufvertrag am 11.6.2012ebenso geschlossen worden. Das steht nach Würdigung desSachverhalts gemäß § 287 Abs. 1 ZPO fest.

Für den Käufer hätte kein Anlass bestanden, vom Vertrags-schluss Abstand zu nehmen, weil nichts dafür spricht, dass erdie Vermögensverhältnisse des Verkäufers kannte. Der Ehe-mann der Klägerin hätte ebenfalls keinen Grund gehabt, denVertrag nicht abzuschließen. Er hatte unstreitig bereits be-schlossen, seine Ehefrau zu hintergehen, indem er trotz eineranderen Absprache mit ihr seine Wohnung verkaufen wollte.

Eine rechtlich zutreffende Belehrung über § 1365 BGB hätteihm lediglich vor Augen geführt, dass er unter der – ersicht-lich nicht gegebenen – Voraussetzung, dass der Käufer seineVermögensverhältnisse kannte, die Wohnung nur mit Zu-stimmung der Klägerin veräußern könne. Dagegen hätte dieBelehrung nicht ergeben, dass er den Kaufvertrag ohne Zu-stimmung der Klägerin aus Rechtsgründen nicht abschließendürfe; denn § 1365 BGB enthält kein an den Ehegatten ge-

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Der Beklagte ist Steuerberater. Seit 1999 war er von der Klä-gerin beauftragt worden, Buchhaltung und Steuererklärun-gen für dieses Einzelunternehmen zu fertigen.

Mit Urkunde vom 9.6.2010 des Notars B. mit Urkunden-Nummer 99/2010 gründete die Klägerin als alleinige Gesell-schafterin die Firma D. A. Haus- und GrundstücksverwaltungGmbH mit einem Stammkapital von 25.000 EUR. Es wurdenGeschäftsanteile lfd. Nr. 1–25 im Nennwert von einem Euroübernommen. Die Anteile wurden dadurch geleistet, dass dieKlägerin ihr Einzelunternehmen mit allen Aktiva und Passivadurch Einbringungsvertrag vom 9.6.2016 auf die GmbHübertragen hatte, und zwar so, dass rückwirkend ab dem1.1.2010 das Geschäft für Rechnung der Gesellschaft ge-führt wurde. Außerdem wurde „der Mehrwert der Einlagevon 20.000 EUR, der sich nach Abzug der Einlage von25.000 EUR ergibt, Frau D. A. als Darlehensforderung gut-geschrieben“.

Der Beklagte hatte es abgelehnt, ein Wertgutachten zuerstellen. Die Klägerin ließ dann das erforderliche Wertgut-achten durch die S. Steuerberatungsgesellschaft mbH erstel-len. Diese empfahl der Klägerin, die Sachgründung durchEinbringung rückwirkend zum 1.1.2010 durchzuführen.

Am 10.7.2010 gewährte die GmbH der Klägerin ein Darle-hen, und zwar einen Tag nach Gründung bzw. nach notariel-lem Einbringungsvertrag vom 9.6.2010.

Am 7.7.2010 wurde die D. A. Haus- und Grundstücksverwal-tung GmbH ins Handelsregister eingetragen. Mit Vertragvom 3.8.2010 wurde der Beklagte mit der Buchführung derGmbH beauftragt.

Das buchtechnische Eigenkapital der Klägerin betrug zum1.1.2010 lediglich 4.170,55 EUR. Bis zur Vermögensüber-nahme am 9.6.2010 und deren Eintragung am 7.7.2010 wardieses Einzelunternehmen durch die Entnahme und nochzusätzlich durch die in der Gründungsurkunde festgelegteDarlehensgewährung in Höhe von 20.000 EUR an die Kläge-rin als Gesellschafterin in die buchtechnische Überschuldunggeführt worden, so dass zwingend die stillen Reserven inHöhe der Überschuldung aufgedeckt wurden. Der Klägerinist deshalb aus der Vermögensübertragung des Einzelbetrie-bes auf die GmbH ein steuerpflichtiger Gewinn in Höhe von57.797,32 entstanden, der dann zu einer erhöhten Steuer-belastung führte.

Nach Gründung der GmbH war der Beklagte mit der Ferti-gung der Eröffnungsbilanz der GmbH beauftragt worden.

Die Klägerin trägt vor:

Der Beklagte sei beauftragt worden, sie bei einer GmbH-Gründung zu beraten. Ferner habe er auch Beratungsleistun-gen erbracht. Er habe der Klägerin geraten, eine GmbH zugründen durch Vermögensübertragung des Einzelunterneh-mens in die GmbH.

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Der Beklagte habe sie grob fahrlässig falsch beraten undhätte ihr etwa raten müssen, ihre Entnahmen aus dem Ein-zelunternehmen wieder in dieses vor der GmbH-Gründungzurückzuführen und auf die Darlehensgewährung an sie alsGesellschafterin bei der GmbH-Gründung in Höhe von20.000 EUR zu verzichten und von der Sachgründung derGmbH durch Vermögensübertragung des Einzelunterneh-mens Abstand zu nehmen. Er hätte ihr, der Klägerin, aucheine Bargründung der GmbH raten können. Ein Gesprächüber Alternativen habe nicht stattgefunden. Ihr, der Kläge-rin, sei deshalb ein Schaden in Höhe der zu zahlenden Steuerentstanden.

Der Kläger habe seine Warnfunktion nicht wahrgenommen.Ab dem 4.7.2010 nach Erhalt aller GmbH-Gründungsunter-lagen hätte er zumindest die Entnahmen der Klägerin zwi-schen dem 1.1.2010 und der Gründung der GmbH proble-matisieren müssen. Er hätte auf Berichtigung und Ergänzungder Gründungsurkunde hinwirken müssen. Der Beklagtehabe die Buchungen der Darlehensgewährungen falsch vor-genommen. Er habe pflichtwidrig keine Aufrechnungserklä-rung der Darlehensforderungen der Klägerin gegenüber derGBA GmbH mit den Forderungen der GmbH gegenüber derKlägerin vorgenommen. Es sei ferner nicht ordnungsgemäßgegen die Festsetzung des FA vorgegangen.

Der Beklagte habe ein sogenanntes Dauermandat gehabt.Fragen zwischen Tür und Angel müssten sorgfältig bearbei-tet werden. Er hätte die Klägerin ab dem 4.7.2010 nachErhalt der die GmbH-Gründung betreffenden Unterlagen da-rauf hinweisen müssen, die Gründungsurkunde und die ent-sprechenden Unterlagen zu berichtigen oder zu ergänzen.Am 18.3.2010 habe sie ein Telefonat mit der Mitarbeiterindes Beklagten Frau S. geführt und in diesem Gespräch denAuftrag erteilt, wegen der Einbringung ihres Einzelunterneh-mens die notwendigen steuerlichen Überprüfungen vorzu-nehmen.

(Anträge: …)

Der Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung und trägtvor:

Ein Mandat betreffend die beratende Tätigkeit einer GmbH-Gründung habe nicht vorgelegen. Er, der Beklagte, habedeshalb auch ein solches Mandat nicht abgerechnet. Erst imAugust 2010 habe er einen Auftrag zur Steuerberatung hin-sichtlich der GmbH erhalten.

Das Darlehen sei der Klägerin gewährt worden, da sie offen-sichtlich nicht hinreichend liquide gewesen sei. Sie hättedeshalb auch keine Entnahmen zurückgewähren können.(…) •

Aus den Gründen:Die zulässige Klage ist unbegründet.

I. Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch aufSchadenersatz gemäß § 280 Abs. 1 BGB.

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Welche Aufgaben der Steuerberater zu erfüllen hat, richtetsich nach Inhalt und Umfang des erteilten Mandats (BGH,Urt. v. 4.3.1987 – IVa ZR 222/85, WM 1987, 661, 662; v.26.1.1995 – IX ZR 10/94, BGHZ 128, 358, 361). Der Steuer-berater ist verpflichtet, sich mit den steuerrechtlichen Punk-ten zu befassen, die zur pflichtgemäßen Erledigung des ihmerteilten Auftrags zu beachten sind. Nur in den hierdurchgezogenen Grenzen des Dauermandats hat er den Auftrag-geber auch ungefragt über die bei der Bearbeitung auftau-chenden steuerrechtlichen Fragen zu belehren (vgl. BGH,Urt. v. 28.11.1966 – VII ZR 132/64, WM 1967, 72, 73; v.6.12.1979 – VII ZR 19/79, WM 1980, 308, 309; v.26.1.1995, a.a.O.).

Zu den vertraglichen Nebenpflichten des Steuerberatersgehört es, den Mandanten vor Schaden zu bewahren (§ 242BGB) und auf Fehlentscheidungen, die für ihn offen zutageliegen, hinzuweisen (BGH, Urt. v. 7.5.1991 – IX ZR 188/90,WM 1991, 1303, 1304; v. 26.1.1995, a.a.O., 362; v.21.7.2005 – IX ZR 6/02, WM 2005, 1904, 1905 unter B. I.1.a; Vill in: Zugehör/G. Fischer/Vill/D. Fischer/Rinkler/Chab,Handbuch der Anwaltshaftung, 3. Aufl., Rdnr. 550 ff.).

Gemessen an diesen Grundsätzen war es nicht Aufgabe desmit der allgemeinen steuerlichen Beratung der Einzelfirmabeauftragten Beklagten, die Klägerin über die steuerlichenModalitäten der Gründung der GmbH zu beraten. Der Buch-haltungsvertrag aus dem Jahr 1999 begründet allein keinePflicht, sich bei der Gründung der GmbH über deren Modalitä-ten beratend an die Klägerin zu wenden.

Ausweislich des Vertrages vom 3.8.2010 ist der Beklagte erstnach Gründung der GmbH mit der Buchführung, der Um-satzsteuervoranmeldung, der Erstellung von Auswertungenund der Mitteilung über Steuerzahlungen beauftragt wor-den. Dieser Auftrag ist erst nach der Gründung erteilt wor-den und kann Pflichten des Beklagten bezogen auf die zeit-lich früher gegründete GmbH nicht begründen.

Die Klägerin hat den Beklagten auch nicht anlässlich einesTelefonats mit der steuerlichen Überprüfung der Einbringungihres Einzelunternehmens in die GmbH beauftragt. Dies hatdie Klägerin nicht zu beweisen vermocht. Die hierzu vernom-mene Mitarbeiterin des Beklagten, die Zeugin S., hat bekun-det, dass die Klägerin sie angerufen habe und gefragt habe,ob eine rückwirkende Einbringung des Unternehmens mög-lich ist.

Die Zeugin hat glaubhaft bekundet, dass sie diese Fragenicht beantworten könne. Sie konnte auch nicht sagen, obdie Klägerin dem Beklagten sodann einen Auftrag zur steuer-lichen Prüfung dieser Fragen erteilt hätte. Die Zeugin hat be-kundet, keinen Termin zwischen den Parteien für ein solchesGespräch vereinbart zu haben. Schriftliche Unterlagen übereinen Vertrag gibt es nicht. Über Darlehen wurde im März2010 nicht gesprochen, so die Zeugin.

Die Aussagen dieser Zeugen sind glaubhaft; Anhaltspunkte,die gegen ihre Glaubwürdigkeit sprechen, sind nicht erkenn-bar. Hinsichtlich der Behauptung, die Parteien hätten münd-

lich ein Steuerberatermandat vereinbart, ist die Aussage derZeugin unergiebig.

Die Klägerin hat auch nicht ausreichend substantiiert darge-stellt, wann der Beklagte vor der Gründung der GmbH überdie geplante Darlehensgewährung informiert worden wäre.Die Zeugin hat hierzu bekundet, dass im März 2010 über einDarlehen nicht gesprochen worden ist. Der Umstand, dassdie Klägerin darauf gedrängt hatte, möglichst schnell einenJahresabschluss zu erstellen, lässt auch keinen Schluss aufeine Kenntnis des Beklagten zu.

Es kann deshalb auch im Ergebnis offenbleiben, ob einDauermandat vorgelegen hatte, das den Beklagten verpflich-tet hätte, auf mögliche Vermögensschäden hinzuweisen.

Den Jahresabschluss zu erstellen, lässt auch keinen Schlussauf eine Kenntnis des Beklagten zu.

Es kann deshalb auch im Ergebnis offenbleiben, ob ein Dauer-mandat vorgelegen hatte, das den Beklagten verpflichtethätte, auf mögliche Vermögensschäden hinzuweisen. DennVoraussetzung einer Hinweispflicht ist die Kenntnis einesmöglichen Schadeneintritts. Das ist aus den obigen Gründennicht der Fall.

Dass der Beklagte ihr als Steuerberater geraten hätte, eineGmbH-Gründung in Form einer Sachgründung vorzunehmendurch Einbringung ihres Einzelunternehmens in die GmbH,ist nur unsubstantiiert dargestellt und insbesondere ist keinBeweis für diese Behauptung angetreten.

Da bereits ein Anspruch aus den obengenannten Gründennicht gegeben ist, konnte die Frage der Verjährung dahin-stehen. (…) •

Anwaltshaftung• Rechtsschutzversicherung• Auskunftsanspruch gegen Anwaltssozietät(LG Heidelberg, Urt. v. 27.7.2016 – 1 S 51/15)

Leitsätze:1. Zwischen der Rechtsschutzversicherung und den Pro-zessbevollmächtigten ihres Versicherten besteht zwarkeine unmittelbare vertragliche Beziehung. Soweit dieRechtsschutzversicherung aber Prozesskosten vorfinan-ziert hat, geht der Kostenerstattungsanspruch des Ver-sicherten gegen seinen Prozessgegner sowie im Fallevon Leistungen des Prozessgegners an die vom Versi-cherten beauftragten Rechtsanwälte der Anspruch aufHerausgabe des Erlangen auf die Versicherung über.Insofern steht der Rechtsschutzversicherung zur Ermitt-lung eines möglichen Herausgabeanspruchs auch einAnspruch auf Auskunft und Rechnungslegung gegen-über den Prozessbevollmächtigten des Versicherten zu.

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chenden Urteile und der Kostenfestsetzungsbeschluss seienbeigefügt. Eine Rückzahlung der Vorschüsse komme nichtin Betracht, weil die Zahlung von 1.917,31 EUR an Rechts-anwalt R. geleistet worden sei. Gleichzeitig wurde in demSchreiben unter Hinweis auf die Rechtsschutzzusage derKlägerin ein weiterer Vorschuss in Höhe von 510,45 EURangefordert. Es wurde eine Berechnung der aus Sicht derBeklagten Ziff. 1) angefallenen Gebühren vorgenommen,von denen die an Rechtsanwalt R. geleistete Zahlung sowieder Selbstbehalt abgezogen wurden.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, ein Rechtsanwalt, derwie hier ohne Beteiligung seines Mandanten Vorschusszah-lungen entgegennehme, sei verpflichtet, dem Rechtsschutz-versicherer Auskunft über die kostenmäßige Abwicklung desVerfahrens zu erteilen, insbesondere über einen möglichenErfolg der Zwangsvollstreckung, weil er einschätzen müsse,ob er den auf ihn übergegangenen Kostenerstattungsan-spruch gegen den Prozessgegner realisieren könne. Die ge-schuldete Auskunft sei in dem Schreiben vom 14.11.2014nicht erteilt worden, weil keine Information über Zahlungendes Prozessgegners gegeben werde.

Die Beklagten haben vorgetragen, die Auskunft sei im Schrei-ben vom 14.11.2014 erteilt worden, weil die dort vorge-nommene Abrechnung keine Zahlungen des Schuldners ent-halte. Dem Schuldner sei die Zwangsvollstreckung angedrohtund mit ihm eine Ratenzahlungsvereinbarung getroffen wor-den, die er aber nicht erfüllt habe. Zudem habe die Klägerinauch ausschließlich an Rechtsanwalt R. geleistet und nicht andie Beklagte Ziff. 1), so dass gegen sie auch kein Auskunfts-anspruch bestehe.

Das AG hat der Klage in der Hauptsache stattgegeben. Eshat ausgeführt, der Auskunftsanspruch des Mandanten derBeklagten sei gemäß §§ 86 Abs. 1 VVG, 401 BGB als Hilfsan-spruch zu dem Herausgabeanspruch nach §§ 675, 667 BGBauf die Klägerin übergegangen. Dass die Vorschusszahlungan Rechtsanwalt R. geleistet worden sei, sei unerheblich, diesbetreffe lediglich das Innenverhältnis. Rechtsanwalt R. habeim Namen der Sozietät gehandelt, wie sich aus der Verwen-dung von deren Briefpapier ergebe. Auch der Beklagte Ziff. 2)gehe von einem Auftrag der Sozietät aus, weil er mit Schrei-ben vom 14.11.2014 einen weiteren Vorschuss angeforderthabe. Schließlich sei der Auskunftsanspruch auch nicht er-loschen. Das Schreiben vom 14.11.2014 enthalte nur denHinweis, dass der Anspruch tituliert sei, keine Angaben zumStand der Zwangsvollstreckung.

Der pauschale Hinweis in der Klageerwiderung, dass demSchuldner die Zwangsvollstreckung angedroht und mit ihmeine Ratenzahlungsvereinbarung abgeschlossen worden sei,genüge zumindest dann nicht, wenn der Auskunftsberech-tigte um umfassende Mittteilung des Sachstands bittet. DiePflicht aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag zur Auskunfts-erteilung bestimme sich u. a. danach, was nach Gegenstanddes Auftrags, Zweck der Auskunft sowie Treu und Glaubenerwartet werden könne. Die Beklagten seien hier gemäߧ§ 675, 667 BGB verpflichtet, aus der GeschäftsbesorgungErlangtes, mithin auch die ihnen erstatteten Kosten, heraus-

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2. Für den gegen die Anwaltssozietät gerichteten An-spruch der Rechtsschutzversicherung auf Herausgabedes Erlangten haften die Rechtsanwälte der Sozietät.Soweit ein Rechtsanwalt der Sozietät die Deckungsan-frage gestellt, den Versicherten im Verfahren vertretenund Vorschusszahlungen der Rechtsschutzversicherungund mögliche Zahlungen des Schuldners erlangt hat, istdies der Sozietät zuzurechnen. Denn sollte der Rechts-anwalt Gesellschafter der Sozietät sein, hat dieser beider Bearbeitung des Mandats Einzelgeschäftsführungs-und damit auch Einzelvertretungsbefugnis und konnteim Außenverhältnis mit Wirkung für die Sozietät Zah-lungen auf ein bestimmtes Konto anordnen. Sofern derRechtsanwalt Angestellter der Sozietät ist, ist durch dieÜberlassung des Briefpapiers seitens der Sozietät jeden-falls konkludent nach außen hin zum Ausdruck gebrachtworden, dass ihm umfassende Vollmacht zur Mandats-bearbeitung erteilt worden ist.

3. Dem Übergang des Auskunftsanspruchs auf dieRechtsschutzversicherung steht die anwaltliche Ver-schwiegenheitspflicht nicht entgegen, da die Rechtsan-wälte von dieser Verschwiegenheitspflicht in Bezug aufden Streitgegenstand von dem Versicherten dadurchkonkludent entbunden worden sind, dass er sie mit derkostenmäßigen Abwicklung des Rechtsstreits beauftragthat. •

Zum Sachverhalt:Die Klägerin macht als Rechtsschutzversicherung einen Aus-kunftsanspruch gegen zwei Rechtsanwälte (Beklagte Ziff. 2und 3) und die von ihnen betriebene Anwaltssozietät (Be-klagte Ziff. 1) geltend, die den mitversicherten Ehemannihrer Versicherungsnehmerin in einem auf ihre Kosten ge-führten Rechtsstreit vertrat.

Am 2.9.2008 erteilte die Klägerin auf Anfrage der BeklagtenZiff. 1) vom 10.7.2008 Deckungszusage für einen Schaden-ersatzprozess des mitversicherten Ehemanns ihrer Versiche-rungsnehmerin gegen Herrn L. Mit Schreiben vom21.10.2008 forderte Rechtsanwalt R. auf dem Briefpapierder Beklagten Ziff. 1), auf dem er als Sachbearbeiter bezeich-net war, einen Vorschuss für diesen Prozess an. Dabei ver-langte er ausdrücklich Zahlung des Vorschusses auf seineigenes Konto. Die Klägerin zahlte in der Folge Vorschüssein Höhe von 2.574,31 EUR, davon 1.917,31 EUR auf dieRechtsanwaltsgebühren auf das Konto von RechtsanwaltRichter. Gegen L. erging am 26.2.2009 Versäumnisurteil, dasam 31.3.2009 ergänzt wurde. Auf Anfrage der Klägerinnach dem Sachstand teilte die Beklagte Ziff. 1) mit Schreibenvom 31.1.2012 mit, dass das Verfahren abgeschlossen seiund die Zwangsvollstreckung in der Schweiz betrieben wer-de. Weitere Sachstandsanfragen der Klägerin beantwortetesie nicht.

Nachdem die Klägerin ihre Prozessbevollmächtigten einge-schaltet hatte, teilte die Beklagte Ziff. 1) mit Schreiben vom14.11.2014 mit, dass die Forderung tituliert sei, die entspre-

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cherten geführt. Die Beklagten gehen auch selbst davon aus,dass die Beklagte Ziff. 1) mandatiert worden ist, wenn indem Schreiben vom 14.11.2014 ein weiterer Vorschuss zuderen Gunsten angefordert wird.

bb. Die Beklagte Ziff. 1) hat auch die Vorschusszahlungender Klägerin und mögliche Zahlungen des Schuldners L. er-langt. Denn das Verlangen von Rechtsanwalt R., dass Zahlun-gen auf sein Konto geleistet werden sollen, ist der BeklagtenZiff. 1) gemäß § 164 Abs. 1 BGB zuzurechnen. Aus der Ver-wendung des Briefpapiers der Beklagten Ziff. 1) ergibt sich,dass Rechtsanwalt R. in deren Namen gehandelt hat. Unab-hängig von seiner Stellung im Verhältnis zu den Beklagtenhatte er auch Vertretungsmacht für diese.

Sollte er Gesellschafter der Beklagten Ziff. 1) gewesen sein,hatte er abweichend von der gesetzlichen Regelung des§ 709 BGB die Befugnis zur alleinigen Geschäftsführung be-züglich der Mandatsbearbeitung. Denn das Prinzip der ge-meinschaftlichen Geschäftsführung aus § 709 BGB ist mitder gesetzlich garantierten Unabhängigkeit des Rechtsan-walts (§§ 1, 3 Abs. 1 BRAO) und dem Verbot unabhängig-keitsgefährdender Bindungen (§ 43a Abs. 1 BRAO) jedenfallsbezüglich der eigentlichen anwaltlichen Berufsausübung wieMandatsannahme und Mandatsbearbeitung unvereinbar(Brüggemann in: Feuerich/Weyland, BRAO, 9. Auflage, § 59aBRAO Rdnr. 16). Somit hatte Rechtsanwalt R. bei Unterstel-lung einer Gesellschafterstellung bei der Bearbeitung desMandats Einzelgeschäftsführungs- und damit gemäß § 714BGB auch Einzelvertretungsbefugnis und konnte im Außen-verhältnis mit Wirkung für die Beklagte Ziff. 1) Zahlungenauf ein bestimmtes Konto anordnen.

Sollte Rechtsanwalt R. bei der Beklagten Ziff. 1) angestellterRechtsanwalt gewesen sein, brachte die Beklagte Ziff. 1)durch die unstreitige Überlassung ihres Briefpapiers jeden-falls konkludent nach außen hin zum Ausdruck, dass sie ihmumfassende Vollmacht zur Mandatsbearbeitung erteilt hatte.Die Bevollmächtigung ergibt sich auch indiziell aus demSchreiben der Beklagten Ziff. 1) vom 14.11.2014, in dem sieeine Abrechnung vornimmt, in der die Zahlung der Klägerinan Rechtsanwalt R. berücksichtigt ist. Diese Berücksichtigungzeigt, dass die Beklagte Ziff. 1) die Zahlung an RechtsanwaltR. als Zahlung an sich selbst ansieht.

Für einen Missbrauch der Vertretungsmacht, der ausnahms-weise zu einer Verweigerung der Zurechnung führen würde,bestehen keine Anhaltspunkte.Weder haben die Klägerinund Rechtsanwalt R. kollusiv zusammengewirkt, noch liegteine offensichtliche Überschreitung der Befugnisse vonRechtsanwalt R. aus dem Innenverhältnis vor. Wie die Be-klagte Ziff. 1) ihren Zahlungsverkehr intern abwickelte,entzog sich vielmehr der Kenntnis der Klägerin.

Es besteht daher dem Grunde nach ein übergangener An-spruch der Klägerin auf Herausgabe erlangter Zahlungengegen die Beklagte Ziff. 1) aus §§ 675, 667 BGB, für den dieBeklagten Ziff. 2) und 3 gemäß § 128 BGB analog ebenfallshaften.

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zugeben. Sie seien danach verpflichtet, genaue Angabenzum Stand des Verfahrens zu geben und eine Dokumenta-tion vorzulegen. Substantiierte Nachfragen hätten sie in ent-sprechender Weise zu beantworten und insbesondere diegeschlossene Ratenzahlungsvereinbarung näher darzulegen.(…) •

Aus den Gründen:Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagten einen Anspruch aus§§ 675, 666, 412, 401 BGB auf Auskunft über den Sach-stand in dem Rechtsstreit des Ehemannes der Versicherungs-nehmerin, der vor dem LG Dresden unter 6 O 2444/08 ge-führt wurde, insbesondere darauf, welche Beitreibungs-maßnahmen zugunsten des Versicherten getroffen wordensind und welche Gelder erlangt werden konnten.

1. Zwischen der Klägerin als Rechtsschutzversicherung undden Prozessbevollmächtigten ihres Versicherten bestehenkeine unmittelbaren vertraglichen Beziehungen. Soweit eineRechtsschutzversicherung allerdings Prozesskosten vorfinan-ziert hat, geht der Kostenerstattungsanspruch des Versicher-ten gegen seinen Prozessgegner gemäß § 86 Abs. 1 VVG aufdie Versicherung über. Leistet der Prozessgegner an den vondem Versicherten beauftragten Rechtsanwalt, geht der An-spruch des Versicherten auf Herausgabe des Erlangten aus§§ 675, 667 BGB gegen seinen Rechtsanwalt gemäß § 86 Abs. 1VVG auf die Versicherung über. Der Auskunftsanspruch desVersicherten gegen seinen Rechtsanwalt folgt dem seiner-seits als Hilfsrecht in analoger Anwendung von §§ 412, 401BGB (so auch LG Bonn, Urt. v. 3.9.2010 – 10 O 345/09, jurisRdnr. 28; LG Bochum, Urt. v. 26.2.2012 – 11 S 150/11).

Neben den in § 401 BGB ausdrücklich genannten Rechtenwird diese Vorschrift nämlich u. a. auf solche Hilfsrechte ent-sprechend angewandt, die zur Geltendmachung oder Durch-setzung einer Forderung erforderlich sind. Solche Neben-rechte sind insbesondere Ansprüche auf Auskunft und Rech-nungslegung, die darauf abzielen, Gegenstand und Betragdes Hauptanspruchs zu ermitteln (BGH, Beschl. v. 19.12.2012– VII ZB 50/11, juris Rdnr. 9). Nach diesen Grundsätzen stehtder Klägerin hier zur Ermittlung eines möglichen Herausgabe-anspruchs aus §§ 675, 667 BGB, 86 Abs. 1 VVG, 412, 401BGB ein Auskunftsanspruch gegen die Beklagten zu.

a. Die Klägerin hat dem Grunde nach gegen die BeklagteZiff. 1) einen Anspruch auf Herausgabe erlangter Zahlungengemäß §§ 675, 667 BGB i. V. m. §§ 86 Abs. 1 VVG, 412,401 BGB, für den die Beklagten Ziff. 2) und 3 gemäß § 128HGB analog haften, auch wenn die Vorschusszahlungen derKlägerin und mögliche Zahlungen des Schuldners auf einKonto von Rechtsanwalt R. geleistet worden sind.

aa. Der Herausgabeanspruch aus §§ 675, 667 BGB richtetsich gegen den Beauftragten. Das war hier die Beklagte Ziff. 1).Sie hat unstreitig für den Versicherten um Deckung bei derKlägerin nachgesucht und deren Deckungszusage ist an sieadressiert worden. Sie hat weiterhin vor dem LG Dresdenlaut Rubrum des dortigen Urteils den Prozess für den Versi-

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Steuerberaterhaftung• Haftung des Vorstands eines Lohnsteuerhilfevereins• Kosten für die Neuerstellung einer Steuererklärung(LG Leipzig, Urt. v. 4.5.2016 – 03 O 1289/13)

Leitsätze (d. Red.):1. Die Vorschriften der §§ 26, 57 StBerG stellen keineSchutzgesetze im Sinn des § 823 Abs. 2 BGB dar.

2. Erstellt der Steuerberater fehlerhaft eine Steuererklä-rung, kann Ersatz der Kosten nur für die Korrektur dermangelhaften Positionen geltend gemacht werden.Hieran ändert sich auch dann nichts, wenn das FA zuUnrecht die komplette Neuerstellung der Steuererklä-rung verlangt. •

Zum Sachverhalt:Der Kläger verlangt von der Beklagten zu 1), einem Lohn-steuerhilfeverein, und dessen erstem Vorsitzenden als Sach-bearbeiter Schadenersatz aus der Verletzung steuerlicherPflichten im Steuerberatungsmandat mit dem Kläger für dieSteuerjahre 2008 und 2009.

Die Beklagte zu 1) war mit der Erstellung der Einkommens-steuererklärungen für den Kläger für die Jahre 2008 und2009 beschäftigt, wobei der Beklagte zu 2) als Vorsitzenderdes Vorstandes der Beklagten zu 1) als Sachbearbeiter für diesteuerlichen Belange des Klägers zuständig war. Die Beklagtezu 1) hat durch den Beklagten zu 2) für den Kläger unterdem 30.9.2010 die Einkommenssteuererklärung für das Jahr2008 erstellt. Hierauf hat das FA Leipzig mit Bescheid vom26.7.2011 Einkommenssteuer, Solidaritätszuschlag undKirchensteuer vorläufig (unter dem Vorbehalt der Nachprü-fung) festgesetzt.

Für das Jahr 2009 haben die Beklagten eine Einkommens-steuererklärung bis zum 31.5.2010 nicht eingereicht. DerKläger wurde mit Schreiben des FA Leipzig vom 25.11.2011auf die fehlende Abgabe der Steuererklärung für 2009hingewiesen und es wurde eine weitere Frist zur Abgabegesetzt. Der Kläger hat sich mit dem FA auf eine Verlänge-rung zur Abgabe geeinigt und hiervon mit Fax-Anschreibenvom 30.1.2011 die Beklagte unterrichtet. Hierauf erfolgtekeinerlei Reaktion.

Das FA erließ daher unter dem 26.7.2011 einen Schätzungs-bescheid für die Steuer 2009, mit dem Einkommenssteuer inHöhe von 51.251 EUR, Solidaritätszuschlag in Höhe von2.880,00 EUR und Kirchensteuer in Höhe von 4.612,59 EURfestgesetzt wurde; zugleich wurde wegen der nicht fristge-rechten Abgabe der Erklärung ein Verspätungszuschlag inHöhe von 350 EUR erhoben. Die Beklagte zu 1) hat gegenden Schätzungsbescheid Einspruch eingelegt, diesen in derFolgezeit aber nicht mehr begründet.

Auch die Steuererklärung für 2009 haben die Beklagtennicht mehr überreicht. Nachdem mehrere Fristen verstrichen

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b. Zur Geltendmachung dieses Anspruchs benötigt die Klä-gerin Informationen über den Stand der Beitreibung bei demSchuldner L. Daher ist auch der Auskunftsanspruch des Ehe-manns der Versicherungsnehmerin gegen die Beklagte Ziff. 1)aus §§ 675, 666 BGB gemäß §§ 412, 401 BGB analog aufdie Klägerin übergegangen. Die Beklagten Ziff. 2) und 3)haften in entsprechender Anwendung des § 128 HGB eben-falls auf Auskunft. Bei der Verpflichtung zu einer unvertret-baren Handlung, z.B. wie hier Auskunftserteilung, könnendie Gesellschafter ebenfalls im Wege der Leistungsklage aufAuskunft in Anspruch genommen werden (vgl. BGHZ 23,302, 305).

c. Dem Anspruchsübergang steht auch nicht die anwaltlicheVerschwiegenheitspflicht aus § 43 a Abs. 2 BRAO entgegen.Zwar bezieht sich die anwaltliche Verschwiegenheitspflichtauf alles, was dem Rechtsanwalt in Ausübung seines Berufsbekannt geworden ist und umfasst daher auch die von derKlägerin geforderten Auskünfte. Von dieser Verschwiegen-heitsverpflichtung sind die Beklagten hier in Bezug auf denStreitgegenstand jedoch dadurch konkludent von dem Versi-cherten und Mandanten entbunden worden, dass er sie mitder kostenmäßigen Abwicklung des Rechtsstreits beauftragthat.

Die Beklagte Ziff. 1) war mit der Deckungsanfrage, der An-forderung eines Kostenvorschusses, der Führung der diesbe-züglichen Korrespondenz sowie der späteren Verwendungder Gelder betraut. Indem der Versicherte und Mandant dieseAufgaben auf die Beklagte Ziff. 1) übertragen hat, hat er still-schweigend zum Ausdruck gebracht, dass diese gegenüber derRechtsschutzversicherung in Kostenfragen uneingeschränktkommunizieren können und von der Verschwiegenheitspflichtentbunden sein sollte.

Der Mandant selbst ist in derart gelagerten Konstellationenan der kostenmäßigen Abwicklung des Rechtsstreits regel-mäßig nicht interessiert und hat gerade deshalb eine Rechts-anwaltskanzlei eingeschaltet, um mit diesen Fragen selbstnicht belastet zu sein. Er könnte diesbezügliche Anfragen derRechtsschutzversicherung auch gar nicht beantworten.

Es entspricht daher auch seinem Interesse, eine konkludenteEntbindung des Rechtsanwalts von der anwaltlichen Schwei-gepflicht in Bezug auf Kostenfragen anzunehmen (so auchLG Bochum, a.a.O.; i. E. auch OLG Düsseldorf, Urt. v.15.1.1980 – 4 U 48/79; a. A. AG Bonn, Urt. v. 8.11.2006 –13 C 607/05; AG Frankfurt, Urt. v. 16.10.2012 – 30 C1926/12).

2. Der Auskunftsanspruch der Klägerin ist nicht durch Erfül-lung erloschen. Der geschuldete Inhalt der Auskunft be-stimmt sich danach, was nach dem Gegenstand der Besor-gung, der Üblichkeit im Geschäftsverkehr, dem Zweck derverlangten Information unter Berücksichtigung von Treu undGlauben erwartet werden kann (BGH, Urt. v. 1.12.2011 –III ZR 71/11, juris Rdnr. 20). (…) •

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waren und dabei ausdrücklich auch auf die Ausschlussfristnach § 364 b Abs. 1 Nr. 1 AO hingewiesen worden ist, hatdas FA Leipzig mit Bescheid vom 31.1.2012 den Einspruchzurückgewiesen. Die Beklagten, denen dieser Bescheid zu-gegangen ist, haben gegen diesen Bescheid keine Klage er-hoben. Über diese Umstände ist der Kläger nicht informiertworden. Im Juli 2012 hat der Kläger seine Steuerberater ge-wechselt. Im Zuge dessen traten die neuen Steuerberater desKlägers an die Beklagten heran und baten um die Zurverfü-gungstellung der entsprechenden Steuerunterlagen für dieJahre 2008 und 2009. Diese wurden von der Beklagten teil-weise in ungeordneter Form übergeben.

Der Kläger behauptet, bei Prüfung der Unterlagen durch dieneuen Steuerberater, die Steuerkanzlei …, sei festgestelltworden, dass die Steuererklärung für 2008 unrichtig erstelltworden sei. Aufgrund der Fehler habe sich die Steuerkanzleimit dem FA Leipzig darauf verständigt, dass die Steuererklä-rung für das Jahr 2008 neu zu erstellen und einzureichen sei.

Anlässlich einer Besprechung am 28.8.2012 unter Beteili-gung u.a. des Klägers, der neuen Steuerberater und desBeklagten zu 2) sei u.a. protokolliert worden, dass der Be-klagte zu 2) im Namen des Lohnsteuerhilfevereins ausdrück-lich auf sein Nachbesserungsrecht für die Steuererklärung2008 verzichtet. Insoweit bestehe Übereinstimmung dahin-gehend, dass diese Nachbesserung allein durch das Steuer-büro … durchgeführt werde. Nach Hinweis, dass damitKosten verbunden seien, die dem Lohnsteuerhilfeverein inRechnung gestellt würden, habe sich der Beklagte zu 2) mitdieser Vorgehensweise ausdrücklich einverstanden und wei-ter erklärt, dass diese Verpflichtung gegenüber dem Lohn-steuerhilfeverein bestehe und dem Grunde nach anerkanntwerde.

Der Kläger hat sodann entsprechende steuerliche Leistungenzur Erstellung der Steuererklärung für das Jahr 2008 durchdie Steuerkanzlei … durchführen lassen. Diese Arbeiten hatdie Steuerkanzlei mit Rechnung vom 6.11.2011 mit insge-samt 3.440,47 EUR berechnet. Trotz entsprechender Auffor-derung haben die Beklagten diese Rechnung bis heute nichtbeglichen. Der Kläger behauptet, dass die von der Steuer-kanzlei … in dieser Rechnung berechneten Arbeiten trotzdes bereits erlassenen Einkommenssteuerbescheides des FALeipzig vom 26.7.2011 zur Beseitigung von Fehlern in derSteuererklärung des Beklagten für das Jahr 2008 und damitzur Erlangung von Steuervorteilen notwendig und erforder-lich gewesen sowie steuerlich richtig und angemessen abge-rechnet seien.

Die von der Steuerkanzlei … erstellte Steuererklärung für dasJahr 2009 ergäbe – im Gegensatz zu dem Schätzungsbe-scheid des FA Leipzig vom 26.7.2011 – einen Erstattungsan-spruch zugunsten des Klägers in Höhe von 20.267,65 EUR.Indem die Beklagten die Steuererklärung für 2009 in dieserWeise nicht erstellt bzw. im Folgenden den Schätzungsbe-scheid des FA Leipzig nicht angefochten hätten, hätten sieihre steuerlichen Pflichten dem Kläger gegenüber nicht er-füllt, weshalb sie die verlorene Steuererstattung an diesen alsSchaden zu erstatten hätten.

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Die von der Steuerkanzlei … erstellte Einkommenssteuer-erklärung des Klägers für das Jahr 2009 sei nach steuerlichenGrundlagen und Maßgaben richtig und würde im Vergleichzum Schätzungsbescheid zu einer Steuererstattung in Höhevon 20.267,65 EUR führen. Zudem hätten die Beklagtenauch die notwendigen und erforderlichen Arbeiten der Steuer-kanzlei … zur Erstellung der Steuererklärung für das Jahr2009, abgerechnet mit Rechnung vom 27.8.2012, in Höhevon 6.850,45 EUR zu erstatten.

Der Kläger macht damit folgende Schadenersatzpositionengeltend:

Nachbesserungsarbeiten Einkommenssteuer-erklärung für das Jahr 2008: 3.440,47 EUR.Zuviel gezahlte Steuern auf GrundlageSchätzungsbescheid für 2009: 20.267,65 EUR.abzgl. Verlusterstattung: 146,56 EUR.Verspätungszuschlag für nicht eingereichteEinkommenssteuererklärung 2009: 350 EUR.Kosten für die Erstellung der Einkommenssteuer-erklärung 2009: 6.850,45 EUR.abzgl. Erstattung Aufwendungen:(Mitgliedsbeitrag für die Beklagte 2009) 184,07 EUR.

Der Kläger errechnet daraus eine Gesamtschadensumme inHöhe von 30.871,06 EUR.

(Anträge: ...)

Die Beklagten bestreiten zunächst die Passivlegitimation desBeklagten zu 2). Eine persönliche Haftung des Beklagten zu2) als Vorstandsvorsitzender der Beklagten zu 1) sei nichtmöglich. Eine Haftung auf Grundlage der § 823 Abs. 2 i.V.m.§§ 26, 57 Abs. 1 StBerG sei nicht möglich, da diese Vor-schriften kein Schutzgesetz darstellten. Andere Anspruchs-grundlagen für eine persönliche Haftung des Beklagten zu 2)seien nicht ersichtlich.

Darüber hinaus stünden dem Kläger die geltend gemachtenSchadenersatzansprüche nicht zu. Die Kosten für die Neuer-stellung der Steuererklärung 2008 seien nicht zu erstatten,da die von der Beklagten erstellte Steuererklärung nichtfalsch gewesen sei. Im Übrigen seien die abgerechnetenArbeiten nicht erforderlich gewesen. Die Beklagte habe sichim Übrigen bei dem Gespräch am 29.8.2012 nur mit derÜbernahme der Kosten für die Nachbesserung der Anlage„Vermietung und Verpachtung“ zur Einkommenssteuerer-klärung einverstanden erklärt, nicht aber zur komplettenNeuerstellung.

Die Abrechnung „Tätigkeiten zur Steuererklärung 2008“enthielte auch Leistungen, die von vornherein nicht Aufgabeder Beklagten gewesen wären. Den Verspätungszuschlag inHöhe von 350 EUR für die Einkommenssteuererklärung 2009könne der Kläger ebenfalls nicht erstattet verlangen, da sichder Kläger um fristgerechte Abgabe der Erklärung selbsthabe kümmern müssen. Jedenfalls habe er hier die entspre-chenden Fristen fahrlässig nicht beachtet, weshalb er keinenErsatz verlangen könne.

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Hinsichtlich der geltend gemachten zu viel gezahlten Steuernfehle es bereits an einer Anspruchsnorm, da der Kläger dieBeklagten mit der Erstellung der Einkommenssteuererklärungfür 2009 nicht beauftragt habe. Zudem bestreiten die Be-klagten, dass der Kläger im Jahr 2009 auf Grundlage desSchätzungsbescheides 20.267,65 EUR zu viel an Steuernbezahlt habe. Es werde bestritten, dass der Schätzungsbe-scheid falsch und die vom Kläger vorgelegte Steuerberech-nung richtig sei.

Ein Anspruch auf Erstattung der Steuerberaterkosten derSteuerkanzlei für die Erstellung der Steuererklärung 2009bestehe nicht, da diese Leistung von vornherein aufgrundder Bestandskraft des Schätzungsbescheides und der fehlen-den Möglichkeit, gegen diese Klage einzureichen, völlig un-nütz gewesen sei. Zudem enthalte die Rechnung der Steuer-kanzlei … Leistungen, welche nicht im Aufgabenkreis derBeklagten gelegen hätten. (…) •

Aus den Gründen:Die Klage ist zulässig und gegen die Beklagte zu 1) im teno-rierten Umfang auch begründet. Gegen den Beklagten zu 2)hat die Klage allerdings in der Sache keinen Erfolg.

I. Ansprüche gegen den Beklagten zu 2) als erster Vorsitzen-der des mitverklagten Vereins und zuständiger Sachbearbei-ter sind nicht ersichtlich. Für ein Fehlverhalten des Vereinsvor-standes oder anderer Organe eines Vereins haftet nach § 31BGB grundsätzlich der Verein, also die Beklagte zu 1), nichtaber das Organ selbst. Warum das hier anders sein soll, hatder Kläger nicht weiter vorgetragen.

Die vom Kläger bemühte deliktische Haftung auf Grundlageder § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 26, 57 Abs. 1 StBerG kommtnicht in Betracht. Es ist nicht ersichtlich, in welcher Weise derBeklagte zu 2) gegen ein zugunsten des Klägers wirkendesSchutzgesetz verstoßen haben könnte. Die insoweit zitiertenBestimmungen des Steuerberatungsgesetzes sind nicht ineiner Weise ausgestaltet, die die Annahme eines Schutzge-setzes rechtfertigen würde. Eine Rechtsnorm im Sinne des§ 823 Abs. 2 BGB muss dem Schutz des Einzelnen dienen.

Dabei reicht es nicht aus, dass die Bestimmung die Wirkunghat, dem Einzelnen zu nutzen. Ihr muss vielmehr nach demim Gesetz zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetz-gebers auch die Bestimmung sowie der Zweck zukommen,gerade dem Einzelnen einen Rechtsschutz zu verleihen (vgl.BGH, WPM 1966, 1148).

Wesentliches Kennzeichen eines Schutzgesetzes ist, dass esein bestimmtes Gebot oder Verbot und nicht nur allgemeineGrundsätze enthält (vgl. BGH, NJW 1965, 2007). Diesen An-forderungen werden die genannten Bestimmungen des Steuer-beratungsgesetzes nicht gerecht. Bei den §§ 26, 57 Abs. 1StBerG handelt es sich um Bestimmungen, die den Inhalt derTätigkeit des Steuerberaters und dessen Berufspflichten inallgemeiner Weise umschreiben und kennzeichnen. Damit wirdaber erkennbar kein besonderer Schutz gewährt, der über dieallgemeinen Schadenersatzvorschriften hinausgeht.

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II. Der Kläger kann von der Beklagten zu 1) Schadenersatzaus der Verletzung von Pflichten aus dem zwischen den Par-teien bestehenden Steuerberatervertrag aus § 260 Abs. 1i.V.m. §§ 611, 675 BGB in Höhe von Insgesamt 24.564,68EUR verlangen.

1. Zwischen den Parteien bestand bis zum Wechsel der Steuer-berater im Juli 2012 ein Mandatsverhältnis, jedenfalls soweites die gegenständlichen Vorgänge im Zusammenhang mitden Erklärungen für die Steuerveranlagung des Jahres 2008und auch 2009 betrifft. Die Behauptung der Beklagten, fürdas Steuerjahr 2009 läge eine Beauftragung zur Erstellungder Einkommenssteuererklärung nicht vor, kann nicht verfan-gen. Dies ergibt sich bereits aufgrund der unstreitigen Um-stände und der im Rechtsstreit vorgelegten Unterlagen.

Der Beklagten zu 1) lagen sämtliche für die Einkommens-steuererklärung des Klägers für das Jahr 2009 erforderlichenUnterlagen vor. Sie wurden vom Kläger persönlich überge-ben und letztendlich nach Steuerberaterwechsel von der Be-klagten am 18.7.2012 auch an die Steuerkanzlei … heraus-gegeben. Zudem hat der Beklagte zu 1) gegen den vom FALeipzig aufgrund der Nichtabgabe der Steuererklärung er-lassenen Steuerbescheid selbst Einspruch eingelegt. Nachdem Protokoll einer Besprechung vom 28.12.2012 hat dieBeklagte Erklärungen und Stellungnahmen auch zum Veran-lagungsjahr 2009 abgegeben.

Dabei hat sie eingeräumt, dass den Beklagten sämtliche fürdie Erstellung der Einkommenssteuererklärung 2009 erfor-derlichen Unterlagen vorgelegen hatten, sie ohne ersichtli-chen Grund eine Einkommenssteuererklärung nicht erstelltund eingereicht hatten, den Schätzbescheid gekannt undgeprüft zu haben und auch Einspruch gegen den Schätzbe-scheid eingereicht, diesen aber trotz Setzung einer Aus-schlussfrist nicht angefochten und auch letztlich die Klage-frist versäumt zu haben. Bereits aus diesen objektiven un-streitigen Erklärungen und Umständen wird deutlich, dassdie Beklagten davon ausgingen, auch zur Erstellung undEinreichung der Steuererklärung für das Jahr 2009 für denKläger beauftragt gewesen zu sein.

War die Beklagte zu 1) noch unstreitig mit der Erstellung derSteuererklärung 2008 beauftragt, so fehlen jedenfalls näher-gehende Anhaltspunkte und weiterer Vortrag der Beklagten,dass dieses Auftragsverhältnis dann für 2009 beendet wur-de. Zudem fehlen weitergehende Angaben dazu, warum dieBeklagte entsprechende Tätigkeiten für das Veranlagungs-jahr 2009 entfaltet haben sollte, ohne dass diese beauftragtworden wären.

2. Der Steuerberater, hier auch der eingeschränkt zur Steuer-hilfeleistung verpflichtete Lohnsteuerhilfeverein, die Beklagtezu 2), hat im Rahmen seines Auftrages den Mandanten umfas-send zu beraten und ungefragt über alle bedeutsamen steuer-lichen Einzelheiten und deren Folgen zu unterrichten. Insbe-sondere muss er seinen Auftraggeber möglichst vor Schädenbewahren. Dies gilt auch für Lohnsteuerhilfevereine, die nach§ 4 StBerG eine Befugnis zu beschränkten Hilfeleistungen inSteuersachen besitzen.

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Ihre entsprechende Verpflichtung, den Kläger bei der Erstel-lung der Einkommenssteuererklärungen für die Jahre 2008und 2009 vor Schäden zu schützen, hat die Beklagte zu 1)nicht wahrgenommen.

a) Die von der Beklagten zu 1) erstellte Steuererklärung fürdas Veranlagungsjahr 2008 war fehlerhaft. Im Ergebnis derdurchgeführten Beweisaufnahme durch Einholung des Sach-verständigengutachtens Dr. … steht fest, dass die Beklagtedie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und auchdie übrigen Einkünfte fehlerhaft ermittelt hatte. Im Ergebniseiner Prüfung der Gerichtsakte sieht es der Gutachter Dr. …als erwiesen an, dass die vom Beklagten erstellte Einkommens-steuererklärung 2008 mangel- bzw. fehlerbehaftet gewesenist.

Dem hat die Beklagte zu 1) im weiteren Verlauf des Verfah-rens auch nicht mehr widersprochen. Die zur Behebung die-ser von der Beklagten zu 1) verschuldeten Mängel und Fehlerin der Erklärung durch die Kanzlei … übernommenen Nach-besserungsarbeiten kann der Kläger im Rahmen des erfor-derlichen Aufwandes in Höhe von 214,91 EUR von der Be-klagten zu 1) als Schadenersatz verlangen. Die Parteien hat-ten sich unbestritten anlässlich einer Besprechung am28.8.2012 darauf verständigt, dass die Beklagte auf ihrNachbesserungsrecht für die Erklärung 2008 verzichtete unddie Nachbesserung allein durch das Steuerbüro … durchge-führt werde.

Die entsprechenden Kosten sollten dem Lohnsteuerhilfe-verein in Rechnung gestellt werden. Die danach vereinbarteKostentragung für Nachbesserungsarbeiten in Bezug auf dieEinkommenssteuererklärung 2008 umfasst allerdings bereitsvom Gegenstand der Vereinbarung lediglich die Nachbesse-rungskosten. Die insoweit notwendigen und erforderlichenNachbesserungskosten hat der Sachverständige Dr. … in sei-nem Gutachten und in den ergänzenden gutachterlichenStellungnahmen nachvollziehbar und plausibel herausgear-beitet.

Herr Dr. … gelangt zur Feststellung, dass es zur Berichtigungder Fehler im Einkommenssteuerbescheid 2008 einer voll-ständigen Neuerstellung der Steuererklärung, deren Kostender Kläger nunmehr geltend macht, nicht bedurft hätte. NachAnsicht des Gutachters hätten die betroffenen Sachverhaltedem FA erläutert werden können, was zur Folge gehabthätte, dass das FA diese Änderungen und nach Prüfung vonAmts wegen dann im Rahmen der Berichtigung der Steuer-festsetzung zu berücksichtigen gehabt hätte. Einer Vielzahlder von der Steuerkanzlei … abgerechneten Arbeiten hättees insoweit nach den überzeugenden Ausführungen desGutachters Dr. … nicht bedurft. (…)

Der Gutachter gelangt insgesamt nur in den abgerechnetenPositionen 8, 9, 11 und 13 zu einem berechtigten Nachbes-serungsaufwand, der dann insgesamt mit 214,91 EUR an-gemessen abgerechnet ist. Ansprüche für die Neuerstellungder Steuererklärung für 2008 stehen dem Kläger nicht zu.Entgegen der Ansicht des Klägers kommt es dabei auch nichtdarauf an, ob und inwieweit das FA Leipzig bzw. die dort

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zuständige Sachbearbeiterin auf einer Neuerstellung derSteuererklärung bestanden hätte.

Die Frage des Beweisthemas, ob entsprechende Neuerstel-lungsarbeiten notwendig und erforderlich waren, um die Feh-ler der Beklagten in der Steuererklärung zu korrigieren, istobjektiv und nach der Sach- und Rechtslage zu beurteilen undnicht abhängig von ggf. fehlerhaften Haltungen und Forderun-gen der Finanzverwaltung.

Der Gutachter Dr. … hat aber in seinem Gutachten und denErgänzungen nachvollziehbar und plausibel festgestellt, dasses im Rechtsbehelfsverfahren völlig ausreichend ist, dem FAden streitgegenständlichen Sachverhalt schriftlich darzulegenund die begehrte Änderung der Steuerfestsetzung im Wegeder Erläuterung der zu berichtigenden Positionen zu bean-tragen. Hierzu bedarf es nach Ansicht des Gutachters nichteiner Neuerstellung der Steuererklärung bzw. der Einkünf-teermittlungen.

Nach § 357 Abs. 3 AO soll im Rahmen des Rechtsbehelfs näm-lich angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt an-gefochten oder seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sinddie Tatsachen, die zur Begründung des Einspruchs dienen,und die Beweismittel anzuführen. Mit diesen Maßgabenhätte der Kläger dem FA gegenüber lediglich auf der Korrek-tur der mangelhaften Positionen bestehen und eine entspre-chende Beauftragung an die Steuerkanzlei … veranlassenkönnen. Soweit sich das FA Leipzig offenbar zu Unrecht aufeine komplette Neuerstellung beruft, was sicherlich zur Ver-einfachung der Prüfung durch das FA führen könnte, kann die-ses allerdings nicht dazu führen, die Beklagte mit Kosten zubelasten, die bei rechtlich zulässigem und gebotenem Verhal-ten nicht entstanden wären.

Der Kläger kann als Schadenersatz von der Beklagten dahernur die für die Berichtigung der Steuererklärung 2008 not-wendigen und erforderlichen Aufwendungen geltend ma-chen, die nach den überzeugenden Ausführungen des Gut-achters Dr. … insgesamt 214,91 EUR betragen.

b) In Bezug auf die Steuerfestsetzung für das Jahr 2009 hatsich die Beklagte zu 1) ebenfalls schadenersatzpflichtig ge-macht. Sie hat entgegen ihrer auftragsgemäßen Verpflich-tung die Einkommenssteuererklärung für den Kläger für dasJahr 2009 nicht erstellt und eingereicht, was zu dem Schätz-bescheid des FA Leipzig unter dem 26.7.2011 geführt hatte.

Die Beklagte zu 1) war vom Kläger mit Fax-Schreiben vom30.1.2011 auf die Erinnerung des FA Leipzig zur Abgabe derSteuererklärung sowie auch auf die Verlängerung der Fristzur Abgabe bis zum 22.5.2011 hingewiesen worden. Hieraufhatte der Beklagte zu 1) nicht mehr reagiert, weshalb esallein aufgrund des Fehlens der Steuererklärungen zu demSchätzbescheid gekommen ist. Insoweit besteht kein Zweifeldaran, dass allein die Beklagte zu 1) den Erlass des Schätzbe-scheides verschuldet hatte. Ein irgendwie geartetes Mitver-schulden des Klägers ist nicht erkennbar bzw. von der Be-klagten näher vorgetragen.

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rung 2009 vom Steuerberater berechtigterweise mit welchenGebühren angesetzt werden können. Den gutachterlichenFeststellungen des Dr. … schließt sich die Kammer in vollemUmfang an. Die Einwände des Klägers gegen diese Feststel-lungen sind durch die ergänzenden Ausführungen des Gut-achters Dr. … widerlegt bzw. nach Überzeugung der Kam-mer vollständig ausgeräumt. (…) •

GI Literatur-Hinweis

Arbeitsrecht

Der „Tschöpe“ Arbeitsrecht erscheint neu bearbeitet in der10. Auflage. Das gesamte formelle und materielle Arbeits-recht wird systematisch dargestellt. Ergänzend befasst sichdas Handbuch mit dem Arbeitnehmerüberlassungsrecht,dem Beschäftigtendatenschutz und Sozialversicherungs- undRentenrecht.

Umfassend aktualisiert wurde der „Tschöpe“ auch im Hin-blick auf die AÜG-Reform, das Bundesteilhabegesetz und dasFlexirentengesetz.

Die umfangreiche neue Rechtsprechung zu Ausschlussklau-seln, Ausschlussfristen, Massenentlassungen, Diskriminie-rungsrecht, Mindestlohn etc. wurde eingearbeitet.

Tschöpe (Hrsg.) Arbeitsrecht, Handbuch, 10. neu bearbeitete Auflage,2017, 3103 Seiten, gebunden. ISBN: 978-3-504-42045-1, 159,– €.

GI Literatur-Ecke

Gräfe: Haftung des Steuerberaters bei Unternehmens-krise und Insolvenzverschleppung des Mandanten, MDR2017, 549–551

Mielke: Verschärfung der Insolvenzverschleppungshaf-tung von Steuerberatern und Maßnahmen zur Haf-tungsvermeidung, DStR 2017, 1060

Thomas: Haftungs- und Versicherungsrecht bei Kartell-verstößen, VersR 2017, 596–601

Zudem liegt ein weiteres schuldhaftes Fehlverhalten des Be-klagten zu 1) darin, dass er gegen diesen Schätzbescheidzwar Einspruch eingelegt, diesen dann aber nicht mehr be-gründet hatte, sodass dieser zurückgewiesen worden ist.

Auch im weiteren Verlauf hat die Beklagte zu 1) nichts mehrunternommen, um die Rechtskraft des Schätzungsbescheidesvom 25.7.2011 zu verhindern. Auch insoweit fehlt weiterge-hender plausibler Vortrag des Beklagten dazu, dass der Klä-ger an diesen Umständen irgendetwas hätte ändern könnenmit der Folge, dass ihn ein Mitverschulden treffen könnte.

Durch die Bestandskraft des Schätzungsbescheides vom26.7.2011, der eine Steuererstattung nicht vorsah, ist demKläger ein Steuerschaden in Höhe von 20.267,65 EUR end-gültig entstanden. Bei diesem Betrag handelt es sich um diefür 2009 erwartbare Steuererstattung, wie sie sich aus dervon der Steuerkanzlei … erstellten Einkommenssteuererklä-rung des Klägers für das Jahr 2009 ergibt. Im Ergebnis derÜberprüfung durch den Sachverständigen Dr. … steht zurÜberzeugung der Kammer fest, dass die von der Kanzlei …erstellte Einkommenssteuererklärung des Klägers für das Jahr2009 nach steuerlichen Maßgaben und Bedingungen richtigist und im Vergleich zum Schätzungsbescheid des FA LeipzigII vom 26.7.2011 zu einer Gesamterstattung an Steuern von20.267,65 EUR führt.

Dies hat der Gutachter in seinem Ursprungsgutachten und inden ergänzenden gutachterlichen Stellungnahmen plausibel,nachvollziehbar und detailliert beschrieben. Diesen Feststel-lungen schließt sich die Kammer in vollem Umfange an. Et-waige Einwände der Parteien gegen diese Feststellungen,insbesondere diejenigen der Beklagten, hat der Gutachtermit seinen ergänzenden Stellungnahmen ausgeräumt undwiderlegt. Insbesondere hat der Gutachter auch plausibeldargestellt, dass sich objektiv keine Anhaltspunkte dafürergeben, dass hier zu Unrecht Verluste aus Vermietung undVerpachtung geltend gemacht werden.

Dr. … hat erläutert, dass die abgeschlossenen Mietverträgeunbeanstandet geblieben und von der Finanzverwaltungsteuerlich anerkannt worden sind. Das hier vorliegende Miet-verhältnis ist nach den überzeugenden Ausführungen desGutachters Dr. … nicht steuerschädlich. Der Gutachter hatebenfalls ausschließen können, dass hier ein möglicher Ge-staltungsmissbrauch vorliegt, zumal dies auch deshalb ausge-schlossen erscheint, da der Finanzverwaltung die individuel-len Verhältnisse vor Ort, die Umstände der Besteuerung unddie Vertragsverhältnisse bekannt sind und daran bislangnichts beanstandet worden ist.

c) Schließlich kann der Kläger von der Beklagten zu 1) Scha-denersatz für die Erstellung der Steuererklärung für das Jahr2009 im Rahmen des Notwendigen und Erforderlichen ver-langen, dies allerdings nur in einem Umfang von 3.753,36EUR. Der Gutachter Dr. … hat in seinem Gutachten und denergänzenden Stellungnahmen nachvollziehbar, detailliert,plausibel und überzeugend dargelegt, welche Tätigkeitenund Leistungen zur Erstellung der Einkommenssteuererklä-

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RedaktionDr. Jürgen Gräfe, Rechtsanwalt, Fachanwalt für SteuerrechtFachanwalt für Versicherungsrecht (verantwortlich für den Inhalt)Rafael Meixner, Rechtsanwalt, HDI

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