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www.tu-chemnitz.de1Prof. Michael Sommer
Gifte
Vorlesung Naturstoffe und Grundlagen der Biochemie
Gifte2Naturstoffe und Grundlagen der Biochemie
Inhalt
Einleitung
Gifte und ihre Herkunft
Giftwirkung
maritime Gifte
Pilzgifte
Genussmittel, Drogen und Gifte
Gifte3Naturstoffe und Grundlagen der Biochemie
Tod des Großen Alexander durch Gift?
Veratrum album(weißer Germer)
Protoveratrin
Historisches
Gifte4Naturstoffe und Grundlagen der Biochemie
Proteingifte (Rizin) (LD50 = 0.0014 mg/kg)Eines der stärksten Gifte(aus der Rizinuß)
Historisches
Gifte5Naturstoffe und Grundlagen der Biochemie
Paracelsus (1493–1541) prägte den auch heute noch gültigen Grundsatz:„Dosis sola venenum facit“
(deutsch: „Allein die Menge macht das Gift“).
LD50 : 50% der (meist) Ratten bei dieser Dosis sterbenje geringer die notwendige letale Dosis (LD), desto stärker ist das Gift.
Historisches
Gifte6Naturstoffe und Grundlagen der Biochemie
Toxikologie ist die Wissenschaft der Gifte (Toxin gr. Gift)
Ethanol LD = 180 g (Mensch)
KCN LD = 250 mg P (weiß) LD = 50 mg
Letale Dosis (LD) gilt auch allgemein mg Dosis pro 70 kg-schwerer Mensch, tödliche Dosis z. B.:
Einleitung
Gifte7Naturstoffe und Grundlagen der Biochemie
Vergleich Toxizität:
LD50 = 70 mg/kg
LD50= 50 mg/kg
LD50 = 21 mg/kg (Maus)
Heroin (halbsynthetisch)
Nikotin (natürlich)
Sarin (synthetisch)
Einleitung
Gifte8Naturstoffe und Grundlagen der Biochemie
Einteilung nach Herkunft
Natürliche Gifte
Pilz- und Bakteriengifte
Maritime Gifte (Fische, Quallen, Muscheln, Algen)
Tierische Gifte (Insekten, Schlangen, Fische)
Pflanzengifte (Alkaloide)
Halbsynthetische Gifte (und Drogen, Vorstufe zumeist aus pflanzlichen Naturstoffen, zB
Herion aus Morphin, LSD aus Lysergsäure)
Chemische Gifte (KCN, Arsen, Dioxine)
Synthetische Gifte und Kampfstoffe (Sarin, VX)
Gifte9Naturstoffe und Grundlagen der Biochemie
Funktion von natürlichen Giften
Gifte und deren Sinn bzw. Nutzen der Giftefunktionale Gifte (Schutz, Abwehr, Jagd)zumeist Fauna:
Gifte10Naturstoffe und Grundlagen der Biochemie
Funktion von natürlichen Giften
Hypothese: viele Wirkstoffe in Pflanzen, z.B. Alkaloide, Farbstoffe sind Abfälle des Stoffwechsels
(scheinbar) nichtfunktionale Gifte in Pflanzen (Flora, Pilze, Bakterien, Algen)
Gifte11Naturstoffe und Grundlagen der Biochemie
Giftwirkung
sehr verschiedene und komplexe Mechanismen ablaufen,
Wirkungsgrad und Latenzzeit hängt von der Verabreichung ab
Pflanzliche Gifte wirken meist spezifisch auf bestimmte
Zentren des (menschlichen) Nervensystems
betäubende Wirkung
krampferregende Wirkung
stimulierende, euphorisierende Wirkung (Rauschmittel)
Gifte12Naturstoffe und Grundlagen der Biochemie
Aufnahme von Giften
Giftwirkung kann über sehr verschiedene Mechanismen ablaufen, Wirkungsgrad und Latenzzeit hängt von der Verabreichung ab
Gifte13Naturstoffe und Grundlagen der Biochemie
Giftwirkung
Neurotransmitter sind biochemische Botenstoffe, die an chemischen Synapsen die Erregung von einer Nervenzelle auf andere Zellen übertragen
AcetylcholinDopamin
Serotonin
Gifte14Naturstoffe und Grundlagen der Biochemie
Maritime Gifte
Tetrodotoxin (Vierzähner)ist ein maritimes, tierisches Gift (LD50 = 0.7mg/kg)
Na-Kanal-Blocker
Zubereitung von Fugu in Japan
Gifte15Naturstoffe und Grundlagen der Biochemie
ist maritimes Gift einer Muschel, LD50= 0,0263 mg/kg(als Kampfstoff im Gespräch, da 2000 mal stärker als Sarin)
Saxitoxin
Na-Kanal-Blocker
Maritime Gifte
Gifte16Naturstoffe und Grundlagen der Biochemie
LD50 50 ng = 0.0035 mg/Kg
Maitotoxin22, http://de.wikipedia.org/wiki/Maitotoxin-1
Maitotoxin: Sequestrierung in Speisefischen
ist 10 000 mal stärker giftigals der Kampfstoff Sarin
Maritime Gifte
Gifte17Naturstoffe und Grundlagen der Biochemie
Die Würfelqualleist die bislang am giftigsten bekannte tierische Species – Menge des tödlich wirkenden Giftes (bislang ungeklärte Proteinstruktur) reicht für 250 Menschen, Hautkontakt
Maritime Gifte
Gifte18Naturstoffe und Grundlagen der Biochemie
Pilzgifte
Der Fliegenpilz, König der Pilze (Amanita muscaria)hat viele emotionale, künstlerische und skurille Aspekte durch sein Aussehen inspiriert
Gifte19Naturstoffe und Grundlagen der Biochemie
Pilzgifte
Fliegenpilz (Amanita muscaria)Muscarin ( LD50 = 0.23 mg/kg )
Wird nicht von Acetylcholesterase abgebaut
Gifte20Naturstoffe und Grundlagen der Biochemie
Fliegenpilz (Amanita muscaria)Ibotensäure (LD50 = 38 mg/kg) und Muscimol (LD50 = 22 mg/kg)
häufigste Vergiftungen durch diesen Pilz aufgrund Verwechslungen (Perlpilz, Wulstling)
Aktivierung des GABA Rezeptors
Pilzgifte
-CO2
Gifte21Naturstoffe und Grundlagen der Biochemie
Pilzgifte
Grüner Knollenblätterpilz (Amanita phalloides)ist der gefährlichste Giftpilz!
Amanin gehört zu den Amatoxinen: (8 AS, Cyclooligopeptide)
Gifte22Naturstoffe und Grundlagen der Biochemie
Pilzgifte
Die Amatoxine und Phallotoxine sindresistent gegen Erhitzen in Wasser und Trocknen. Diese werden auch nicht durch die Enzyme im Magentrakt gespalten. Durch die Ringstruktur und der bicyclenartigen Anordnung des Peptids wird der Angriff von außen abgeschirmt.
Giftwirkung: WW mit RNA Polymerase, Blockierung von Proteinbiosynthesen (Bildung von Enzymen, Membranrezeptoren, Strukturproteinen, und Hormone blockiert oder beinträchtigt)
Amatoxine und Phallotoxine
Gifte23Naturstoffe und Grundlagen der Biochemie
Pilzgifte
Spitzgebuckelter und Orangefuchsiger Raukopf (Cortinarius rubellus)
enthält Orellanindiglucosid (LD = 9-90 mg/kg)NephrotoxinPilz galt früher als Marktpilz !
Orellanin
Gifte24Naturstoffe und Grundlagen der Biochemie
Pilzgifte
Coprin
Faltentintling (Coprinus atramentarius) nur giftig bei Ethanolgenuss, bewahrt mehrere Tage nach Verzehr
seine Wirkung
Gifte25Naturstoffe und Grundlagen der Biochemie
Pilzgifte
Giftwirkung des Coprins bei Alkoholgenuss
Gifte26Naturstoffe und Grundlagen der Biochemie
Pilzgifte
Frühjahrslorchel (Gyromitra infula)
Giftwirkung durch frei gesetztes Methylhydrazin(Blutgift)
wird frei gesetzt beim Kochen des Pilzes:Koch erleidet Vergiftung durch Dämpfe-Verzehrer kann gesund bleiben
sehr tückische Giftwirkung
[80]
Gifte27Naturstoffe und Grundlagen der Biochemie
Botulinumtoxin (Clostridium botulinum)Proteingift(bislang stärkstes bekanntes Gift, LD50 =0,0000021 mg/kg) Behindert Vesikelfunktion und
Ausschüttung von Acetylcholin Ubiquitär im Erdboden Fleischhaltige Lebensmittel Nitrit verhindert Wachstum des
Bakteriums
Bakteriengifte
Gifte28Naturstoffe und Grundlagen der Biochemie
Genussmittel, Drogen, Gifte
Gesetzlich erlaubte Genussmittel in der heutigen Gesellschaft sind Kulturgut
Auch die Genussmittel sind psychotrope Substanzen mit Suchtpotential
Alkohol und Nikotin weisen ähnlichesSuchtpotential auf wie Kokain und THC
Gifte29Naturstoffe und Grundlagen der Biochemie
“Development of a rational scale to assess the harm of drugs of potential misuse“ D. Nutt, L. A. King, W. Saulsbury, C. Blakemore, The Lancet 2007, 369, 1047-1053.
MethylphenidatMethadon
Barbiturate Benzodiazepine
Genussmittel, Drogen, Gifte
Gifte30Naturstoffe und Grundlagen der Biochemie
Tabak und Alkohol werden nicht vom Betäubungsmittelgesetz erfasst
“Development of a rational scale to assess the harm of drugs of potential misuse“ D. Nutt, L. A. King, W. Saulsbury, C. Blakemore, The Lancet 2007, 369, 1047-1053.
Gifte31Naturstoffe und Grundlagen der Biochemie
Pervitin, Methamphetamin, Meth, Crystal (synthetisch)(Panzerschokolade, Stuka-Tabletten und Hermann-Göring-Pillen) enthält das gleiche Molekül wie Crystal oder Speed. Vielfältige Verwendung in Kriegssituationen (2. Weltkrieg, Vietnam) Hitler war ab 1943 Pervitin-abhängigbis 1975 in der Bundeswehr und NVA benutzt
Genussmittel, Drogen, Gifte
Gifte32Naturstoffe und Grundlagen der Biochemie
Amphetamine (Phenylethylamine): „Weckamine“
Genussmittel, Drogen, Gifte
Ephedrin(natürlich, Ephedra sinica)
Allg. Amphetaminstruktur
Noradrenalin(körpereigener Neurotransmitter)
Meth-Amphetamin(Crystal, Pervetin)
Methamphetamin übt keine direkte Rezeptorwirkung trotz chem. Ähnlichkeit mit körpereigenen Neurotransmittern aus
schüttet Noradrenalin aus
Gifte33Naturstoffe und Grundlagen der Biochemie
Tetrahydrocannabinol ist nicht basisch
Hanfpflanze (Cannabis sativa)
Genussmittel, Drogen, Gifte