GIZ-Brief Rio+20 (2/2012)

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Aus der Arbeit des Entwicklungsdienstes Brief > Umweltbildung > Grüne Wirtschaft > Aufforstung Heft 2/3.2012 | G 54747 Rio+20

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Interview mit dem ehemaligen Umweltminister Nicaraguas zu Rio-Konferenzen, Umweltschutz und dem Klimawandel. Beitrag Seite 21.

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Aus der Arbeit des Entwicklungsdienstes

Brief

> Umweltbildung

> Grüne Wirtschaft

> Aufforstung

Heft 2/3.2012 | G 54747

Rio+20

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spektRum

INHALt

Svenja Schuchmann

tadschikistan -

„Aus dem pamir, für den pamir“ 18

Florian Doerr -

Interview mit Dr. Jaime Incer Barquero

Nicaragua - Wir müssen

respektvoll mit der umwelt umgehen 21

E

tHemA

Bastian Beege

Ruanda -

Oase der Freiheit und Begegnung 4

Juliet Kothe

kamerun - malen gegen die konvention 6

Namibia hat bemerkenswerte Fort-

schritte in Richtung nachhaltige

entwicklung gemacht. so wurde ein

umweltmanagementgesetz verab-

schiedet, das Grundlagen für den

umweltschutz schafft. es gibt eine

Vielzahl von Initiativen, die sich zum

Beispiel mit dem thema erneuerbare

energie befassen. Die GIZ unter-

stützt Namibia bei der entwicklung

einer Green

economy-strategie.

seite 15

Junge erwachsene für umweltschutz zu begeistern, das ist Arnon Dattner in Nicaragua mit

seiner Organisation sONAtI gelungen. Denn ein großes problem sei das fehlende umweltbewusstsein,

meint er und, um dies zu ändern, müsse man die erwachsenen von morgen erreichen.

sONAtI bietet umweltunterricht in schulen und zahlreiche Aktivitäten

für Jugendliche. seite 28

Anja Wucke

Allianzen und pioniere sind gefragt 8

Gregor Peter

Ruanda - Zu Wohlstand durch mehr Wald 12

Silke Feldmann

Namibia - ein grüner Faden

in der Wirtschaftspolitik 15

gizBrief 2/3.2012

Das Jugendzentrum kimisagara in Ruanda bietet

Jugendlichen Raum für kulturelle und sportliche

Aktivitäten, ist aber vor allem ein kompetenz-

zentrum für Frieden und zivile konfliktbearbeitung.

eine Friedensfachkraft der GIZ unterstützt das

Zentrum bei seinen Aktivitäten. Ihr traum

ist es, dass sich das Zentrum zu einer Art

regionaler Bildungsakademie

entwickelt. seite 4

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eDItORIALim Juni dieses Jahres fand in Rio de Janeiro, 20 Jahre nach

der ersten Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und

Entwicklung, eine Folgekonferenz zum Thema Nachhaltigkeit statt.

Die Erwartungen waren hoch, doch konkrete Vereinbarungen

zu Umsetzungszielen konnten in Rio nicht getroffen werden.

Zu unterschiedlich sind die Positionen der teilnehmenden Staaten

und Beschlüsse können nur einstimmig gefasst werden. Dennoch gilt es den Blick

nach vorne zu richten und alle Möglichkeiten zu nutzen, um weltweit Weichen für

eine nachhaltige Entwicklung zu stellen. Anja Wucke, Leiterin des GIZ-Vorhabens

Rioplus – Umweltpolitik und nachhaltige Entwicklung, nahm an der Konferenz teil

und berichtet darüber.

Nachhaltige Entwicklung ist das Leitprinzip der GIZ. Sie unterstützt im Auftrag

der Bundesregierung – vor allem des Bundesministeriums für wirtschaftliche

Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) – ihre Partner dabei, ihren eigenen Weg

zu einer nachhaltigen Entwicklung zu definieren und zu beschreiten. Einen wichtigen

Beitrag dazu leisten auch die Entwicklungshelferinnen und Entwicklungshelfer der

GIZ. In dieser Ausgabe berichten sie zum Beispiel über ein Aufforstungsprogramm

in Ruanda, den Aufbau einer „grünen Wirtschaft“ in Namibia und Tadschikistan,

über Umweltbildung in Nicaragua und über die Bedeutung von Biosphären-

reservaten in Ecuador und Nicaragua. In einem Interview spricht Dr. Jaime Incer

Barquero, der ehemalige Umweltminister Nicaraguas und engagierte Umwelt-

schützer, über die Auswirkungen des Klimawandels auf sein Land und die Region,

aber auch über Erfolge der Umweltinitiativen in Nicaragua und die Begeisterung

der Jugend für Umweltaktionen.

Seit dem 1. Juli 2012 hat die GIZ einen neuen Vorstand. Vorstandssprecherin ist

Tanja Gönner, die weiteren Vorstandsmitglieder sind Dr. Christoph Beier, Tom Pätz,

Hans-Joachim Preuß und Cornelia Richter. Dr. Bernd Eisenblätter, ehemaliger

Vorstandssprecher, sowie Prof. Dr. Jürgen Wilhelm und Adolf Kloke-Lesch sind

zum 30. Juni 2012 in Ruhestand gegangen. In dieser Ausgabe stellen wir Ihnen

den neuen Vorstand vor.

Ich möchte Sie noch einmal daran erinnern, dass in diesem Jahr wegen der

geplanten Neukonzeption des GIZ-Briefes nur drei Ausgaben erscheinen werden.

Mit diesem Heft halten Sie die zweite Ausgabe in Händen, es folgt noch

eine weitere im Spätherbst.

Maria Ehrke-Hurtado

Liebe Leserin, lieber Leser,

3hier 2

Andreas Schubert

ecuador - Das Biosphärenreservat

„macizo del Cajas” 25

Jonas Freist-Held

Nicaragua - umweltbildung

für die erwachsenen von morgen 28

kuLtuR

OFFeNe steLLeN 39

BLICkpuNkt

Neuer Vorstand der GIZ 31

Die GIZ ist ein tolles unternehmen!

Interview mit prof. Dr. Jürgen Wilhelm 32

Rückkehrerinitiativen in Deutschland 34

Literatur 36

Impressum 39

Jürgen Wilhelm, seit

1998 Geschäftsführer

des DeD und seit 2011

Vorstandsmitglied der

GIZ, ist zum 30. Juni

2012 in Ruhestand

gegangen. In einem

Interview blickt er

auf diese Zeit als die

prägendste seines

Berufslebens zurück.

entwicklungshelferinnen

und entwicklungshelfer

sieht er auch weiter als festen Bestandteil

der deutschen internationalen

Zusammenarbeit. seite 32

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Ruanda

Oase der Freiheit und BegegnungDas Jugendzentrum von Kimisagara

Das Jugendzentrum von Kimisagara bietet jungen Menschen einen Raum, Meinungen frei zu äußern und mit Menschen aus an-deren Ländern der Region in Austausch zu treten – im Namen des Friedens und der Versöhnung.

„Medien müssen allein schon aus Sicher-heitsgründen zensiert werden“, ruft Alex, ein junger Mann, wild gestikulierend. „Ein freier Journalismus würde politische Insta-bilität nach sich ziehen.“ Soweit eine der vielen offiziellen politischen Sichtweisen in Ruanda, die öffentlich in Frage zu stellen sich normalerweise niemand traut. Doch an diesem Nachmittag erhebt sich eine junge Frau Anfang 20 von ihrem Stuhl und wi-derspricht: „Medien sollen politischen Miss-brauch und Korruption aufdecken. Medien-freiheit ist eines der wichtigsten demokrati-schen Prinzipien.“ Applaus brandet im Saal auf. Über das Gesicht von ZFD-Fachkraft

Maren Kröger huscht ein Lächeln: „Das ist es, was mich am Jugendzentrum von Kimi-sagara fasziniert: Es ist ein freier Raum, der Platz für Kreativität und Kritik lässt. Viel-leicht freier, als überall sonst in Ruanda.“

Es ist gerade diese Kreativität, die es Jugend-lichen erlaubt, sich offen auszudrücken: Die Diskussion um die Medienfreiheit ist eine inszenierte Debatte – eine speziell entwi-ckelte Methode, bei der Jugendliche eigent-lich lernen sollen, Konflikte friedlich mit Argumenten auszutragen. Doch eine freie Berichterstattung ist in Kimisagara mehr als nur ein Gedankenspiel: Im Radioprojekt „Heza“ stellen 20 Journalisten allwöchent-lich ein halbstündiges Radioprogramm zu friedenspolitischen Themen auf die Beine, welches über die US-Welle „Voice of Ame-rica“ ausgestrahlt wird. 700.000 Menschen hören die Sendung allein in Ruanda, via In-ternet erreichen die Botschaften der „Heza“-

Jugendlichen die ganze Welt. Botschaften, die man in Ruanda sonst nicht unbedingt zu hören bekommt. „Wir nehmen mitunter Positionen ein, die wir auf lokalen Radiosen-dern kaum verbreiten könnten“, sagt „Heza“-Chefredakteur Olivier Isatibasumba. „Das Jugendzentrum bietet uns hingegen einen gewissen Schutz – wobei die Amerikaner und die Deutschen eine wichtige Rolle spielen.“

Doch das Jugendzentrum von Kimisagara (Maison des Jeunes Kimisagara) genießt zu-allererst den Segen der ruandischen Regie-rung: Ende der 80er Jahre als Begegnungs-stätte errichtet und nach den Zerstörungen während des Genozids wieder aufgebaut, wurde es 1999 zum Internationalen Kom-petenzzentrum für Frieden und zivile Kon-fliktbearbeitung ernannt. Seit 2002 versucht Kimisagara diesem Anspruch gerecht zu werden. Unterstützung erhält das Zentrum dabei im Auftrag des Bundesministeriums

Zu den friedensfördernden Projekten des Jugendzentrums gehört auch das Fußballturnier „Fußball für den Frieden“.

© M

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für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) vom Zivilen Friedens- dienst der GIZ. Da wäre zunächst das regel-mäßige kulturelle, Sport- und Beratungs-angebot, das von den 30 Mitgliedsorganisa-tionen im Jugendzentrum auf die Beine ge-stellt wird – von Fußball, Musik und Tanz bis hin zur Rechts- und Drogenberatung. Hinzu kommen die friedensfördernden Projekte und Aktivitäten wie „Football for Peace“, „partizipatives Theater“ oder „Friedensjournalismus.“

erfolgreiche regionale Vernetzung

„Mitunter werden von uns täglich rund 500 Jugendliche betreut“, schätzt Maren Kröger, die seit drei Jahren als ZFD- Fachkraft der GIZ im Jugendzentrum arbeitet. Die 34-Jährige betrachtet sich selbst als „Türöffner“. Sie berät beim Projektmanagement und stellt Kontakt zu Gebern her. Vor allem setzt sie sich für die regionale Vernetzung ein und damit den Anspruch des „Inter nationalen Kompetenzzentrums“ in die Tat um. „Kimisagara ist schon lange ZFD-Partner und hat in dieser Zeit viele Methoden der zivilen Konfliktbearbeitung für Jugendliche entwickelt und auf den hiesigen Kontext übertragen“, zeigt sich Kröger selbstbe-wusst. „Wir profitieren von unseren vielen Kontakten, um auch mit den Nachbar-ländern in Austausch zu treten.“

Beispiele aus jüngerer Zeit lassen sich viele finden: Beim Great Lakes Youth Summit in der Hauptstadt Kigali nahmen tausende Jugendliche aus Ruanda und seinen Nach- barländern an den Workshops und öffent- lichen Vorführungen teil. Das Projekt „Fußball für den Frieden“ hat bereits mehrere internationale Tourneen hinter sich. „Heza“ organisiert Trainings für junge Journalisten aus Ruanda, Burundi und der demokratischen Republik Kongo. Und eine Friedens-Theatergruppe aus Uganda hat anlässlich der 10-Jahresfeier des ZFD einen einwöchigen Workshop für die Kimisagara-Jugendlichen veranstaltet.

Zuletzt wurde sogar ein Modulkatalog entwickelt, in dem verschiedene Trainings-methoden der zivilen Konfliktbearbeitung vorgestellt werden. Interessierte aus den Ländern der Große-Seen-Region können im Prinzip aus einem Katalog auswählen – und das Jugendzentrum kümmert sich dann um die Vermittlung beziehungsweise Um-setzung der Methoden. „Kimisagara und der ZFD in Ruanda insgesamt sind ein Muster-beispiel für eine starke länderübergreifende Vernetzung“, hebt der ZFD-Programmko-ordinator der GIZ Thomas Rößer hervor.

Und das durchaus aus gutem Grund, wie ZFD-Fachkraft und Ruanda-Experte Mi-chel Muhirwa zu berichten weiß. „Ruanda und seine Nachbarländer kennen oft ganz ähnliche Probleme und Konflikte – wie sie diese handhaben, ist allerdings sehr unter-schiedlich.“ Gerade deshalb sei es besonders wichtig, voneinander zu lernen.

Und so hat nicht zuletzt das Jugendzentrum von Kimisagara noch viel vor. „Mein Traum ist es, dass sich das Zentrum mit seinem An-gebot eines Tages selbst finanzieren kann“, verrät Maren Kröger. „Quasi eine Art Bil-dungsakademie.“ Und natürlich ein Ort, an dem junge Menschen ihrer Kreativität und ihren Gedanken auch weiterhin freien Lauf lassen können.

Bastian Beege

Bastian Beege ist Entwicklungsstipendiat

der GIZ in Ruanda.

Partizipatives Theater im Jugendzentrum in Kimisagara:

Das Publikum ist aufgefordert, die Aufführung zu kommentieren.

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malen gegen die konventionKünstlerinnen in Kamerun

Die zeitgenössische Kunst hat in Kamerun ein Problem: Sie wird kaum wahrgenom-men und die Kunstszene ist eher eine gesellschaftliche Randerscheinung. Die Autorin, Juliet Kothe, begegnete den drei Künstlerinnen Aza Mansongi, Kristine Tsala und Justine Gaga bei ihrer Ausstellungs-eröffnung im Haus der Deutschen Koopera-tion in der Hauptstadt Jaunde.

Drei Frauen, als zeitgenössische Künstlerin ist jede von ihnen Außenseiterin, aber auch Vorreiterin in Kamerun. Ungewollt enthüllt ein Journalist am Abend der Vernissage die gesellschaftliche Wahrnehmung: Er hätte gar nicht gewusst, dass es weibliche Künstler in Kamerun gäbe. An diesem Abend der Ausstellung lerne ich Lebenswege kennen, die der angestrebten Selbstbestimmtheit afrikanischer Frauen ein konkretes Gesicht geben. Ihr Schöpfungsdrang ist stärker als die prekäre finanzielle Situation und der kritische Blick der Gesellschaft und der Familie, die mit Ablehnung auf diese Gegen entwürfe zum Herkömmlichen schauen.

Aza, Kristine und Justine müssen die doppelte Kraft aufbringen: zum einen als Künstlerinnen und zum anderen als Frauen in einem politischen und gesellschaftlichen

System, das ihre Belange missachtet. Oft scheitert die soziale Integration alternati-ver Lebensmodelle an der unbeugsamen Tradition. Als Mann müsse man schon ein Philosoph sein, um wie der Künstler Samuel Dallé im gemeinsamen Künstlerkollektiv mit zwei Frauen zusammenzuarbeiten, so Kristine.

Kamerunische Kunst ist oft Referenz an das Leben und das Umfeld der Künstler. So fordern die drei Afrikanerinnen mit ihren Motiven ihre weibliche Identität ein. Auf Azas Bildern finden wir feminine Ge-sichter, für sie „bildliche Symphonien“ oder „Bibliotheken verschiedenster Ausdrucks-formen“. Kristine spricht vom Ideal einer modernen Amazone. Zwischen dieser und einem Mann gäbe es keine Unterschiede mehr. So baut sie aus bunten Farben, Papier und Stoff ihre schlanken und eleganten „Ikonen der Weiblichkeit“. Justine Gaga versagt sich gänzlich einer Reduktion auf das bloße Geschlechterklischee. Ihre Ein-stellung folgt der Simone de Beauvoirs, die bemerkte, dass man nicht als Frau zur Welt komme, sondern dazu gemacht werde. Justines zentrales Bildmotiv, eine schwarze

Aza Mansongi

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Kunstwerk

von Aza Mansongi

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Justine Gaga

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Zwei Bilder

von Justine Gaga

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und geschlechterlose Silhouette, verweist auf ihre Forderung eines Menschseins ohne geschlechtliche Zuordnung.

kunst braucht Öffentlichkeit

Es ist einer vierten Frau zu verdanken, dass die Deutsche Kooperation in Kamerun einigen Künstlern zur Sichtbarkeit verhilft: Uli Bossler, die seit 2010 Ausstellungen im Haus der Deutschen Kooperation organisiert. Die Rolle des Hauses als Aus-stellungsort offenbart aber auch die Hemm-nisse, kamerunische zeitgenössische Kunst bekannt zu machen: seien es die geringen Möglichkeiten zur öffentlichen Präsentation der Werke, die hohen Zugangsbarrieren zu internationalen Kunstmärkten durch die Visumsproblematik oder die Zurückhaltung des Staates als Kunstförderer. Da es keinen Kunstunterricht in Schulen und keine ent-sprechende Kunstkritik in der Presse gibt, fehle die Vermittlung eines zeitgenössischen Kunstbegriffs und deswegen bestehen die Ressentiments gegenüber zeitgenössischer Kunst als Ausdruck westlichen Kulturim-perialismus fort, sagt Annette Schemmel, die im Rahmen einer Dissertation die Kunstszene Dualas erforscht. Die Mehrheit der Gesellschaft erwarte von den Kunst-schaffenden vor allem die Bestätigung einer kulturellen Identität, und diese konservative Haltung spiegelt sich laut Schemmel in Ka-meruns Kulturpolitik wieder.

Bestimmt ist auch der Zusammenschluss in Künstlerkollektiven wie die „3Kokoricos“, das Aza und Kristine zusammen mit dem Künstler Samuel Dallé gründeten und deren Name eine Anlehnung an den kraftvollen Schrei des Hahns ist, ein Versuch, Alterna-tiven zu schaffen. Finanzielle Unterstützung erhält die Gruppe durch fünf Mäzene aus Frankreich und den USA.

Weil es die Öffentlichkeit ist, welche die Künstler ausgrenze, sei der Weg hin zu einer positiven Wahrnehmung nur über einen Mentalitätswandel der öffentlichen und privaten Sphäre zu erreichen, so Mari-

lyn Douala-Bell, Galeristin und Initiatorin von Doual’art, einem zentralen zeitgenös-sischen Kunstzentrum in Duala. Eine Ge-meinschaft, die das Ökonomische mehr als das Spirituelle oder Emotionale beachte, ignoriere kreatives Schaffen. Eine Öffnung der Gesellschaft gegenüber Themen der Kunst ist daher ihr erklärtes Ziel. Marilyn Douala-Bell will die Mütter und Väter der Künstler für deren Lebensmodelle sensibi-lisieren. Diese Herangehensweise legt den Fokus zwangsläufig auch auf Kunstpro-jekte des öffentlichen Raums. Justine Ga-gas eigenschaftslose Schattenpersonen sind dem Stadtbewohner deshalb auch schon auf Bäumen und Hauswänden begegnet.

Am Ende des Abends habe ich viel gelernt. Ich lernte drei Menschen kennen, die durch ihre Lebensgeschichte Fragmente einer für mich schwer zu durchdringenden Gesell-schaft freilegten. Ich verstehe die Bedeutung sozialen Außenseitertums. Aber vor allem habe ich etwas über Frauen gelernt, die kei-ner vorgefertigten Idee von Emanzipation folgen, sondern deren gelebte Wirklichkeit

von der Bereitschaft zur Neugestaltung und beeindruckenden Eigenschaften wie Hart-näckigkeit über alle Widrigkeiten hinweg erzählt.

Juliet Kothe

Juliet Kothe ist Kulturwissenschaftlerin und

arbeitet seit November 2011 für das GIZ-

Regionalbüro in Jaunde als Kommunikations-

expertin.

Kristine Tsala

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Kunstwerk

von Kristine Tsala

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InfoDie Homepages der drei künstlerinnen:

http://justinegaga.jimdo.com/

http://tsalakristine.jimdo.com/

http://azamansongi.jimdo.com/

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Allianzen und pioniere sind gefragt

Eindrücke von der Konferenz Rio+20

Mehr als 100 Staats- und Regierungschefs trafen sich vom 20. bis 22. Juni 2012 zum

UN-Nachhaltigkeits-Gipfel in Rio de Janeiro. Die Erwartungen, es werde zu umsetzungsorientierten

Ergebnissen kommen, waren hoch. Doch es wurden nur Prozesse angestoßen, anstatt Ziel-

vereinbarungen zu treffen. Verständlich, dass die Ergebnisse gerade engagierten Verfechtern

einer nachhaltigen Entwicklung nicht weit genug gehen.

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Allianzen und pioniere sind gefragt

eurokrise und Wirtschaftsprobleme beherrschen zurzeit die Nachrichten. Da ist es schwierig, Aufmerksamkeit für ein „sperriges“ Thema wie

nachhaltige Entwicklung zu gewinnen. Und doch ist Nachhaltigkeit gerade vor dem Hintergrund der der-zeitigen Wirtschaftslage so aktuell wie nie. „Eine Wirt-schaftsordnung, die die ökologische, ökonomische und soziale Dimension von Nachhaltigkeit nicht mitdenkt, ist nicht für die Herausforderungen des 21. Jahrhun-derts geeignet und zerstört mittelfristig ihre Grundla-gen“, warnte Hans-Jürgen Beerfeltz, Staatssekretär im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), im vergangenen Jahr bei den „Eschborner Fachtagen“.

Seit mindestens 20 Jahren beschäftigt das Thema Nach-haltigkeit die Entwicklungszusammenarbeit. Erstmals stellte im Jahre 1992 der „Rio-Gipfel“ nachhaltige Entwicklung in den Mittelpunkt. Damals wurden die Rio-Prinzipien und die Agenda 21 verabschiedet, sowie die drei Konventionen zu Klima, Biodiversität und De-sertifikationsbekämpfung aus der Taufe gehoben – es herrschte Aufbruchstimmung. Bereits zehn Jahre da-nach auf dem UN-Gipfel für Nachhaltige Entwicklung in Johannesburg waren die Ergebnisse weniger weit-reichend.

Zwei Jahrzehnte nach der ersten Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio fand nun wieder ein Gipfel der Vereinten Nationen zum Thema Nachhaltigkeit in der brasilianischen Metropole statt. Was stand diesmal auf der Agenda und was ist dabei herausgekommen?

„the Future We Want“

Der Gastgeber Brasilien setzte sich sehr stark für die Verabschiedung eines Abschlussdokumentes mit dem Titel „The Future We Want“ ein. Durch seine engagierte Verhandlungsführung, konnte vermutlich ein Schei-tern des Gipfels nach zähen Verhandlungen verhindert werden. Allerdings entspricht das 53-seitige Abschluss-dokument nur dem kleinsten gemeinsamen Nenner von 191 Staaten. Auch wenn die Verhandlungen unter den Vereinten Nationen im Vergleich zu G8 oder G20 am stärksten legitimiert sind, so schränkt das Prinzip der Einstimmigkeit bei Verhandlungen die Chance auf weitreichende Entscheidungen doch sehr ein.

Das erste Schwerpunktthema des Gipfels, Green Economy im Kontext von nachhaltiger Entwicklung und Armuts-minderung, wurde zunächst kontrovers gesehen. Den ei-nen – unter anderem der EU – ging es um die Frage, wie viel Umweltschutz durch die verschiedenen Konjunktur-förderprogramme erreicht wird, die zur Überwindung der Wirtschaftskrise aufgelegt werden und wie durch gezielte steuerliche Anreize, Preissignale und Förderpro-gramme, Ökosysteme und Biodiversität erhalten oder regeneriert werden können. Die EU wollte eine Green Economy Roadmap verabschieden, mit konkreten Zeit-zielen für die Umsetzung mit Blick auf saubere Energie, Ressourceneffizienz, Trinkwasser- und Sanitärversorgung und den Schutz der Ökosysteme und Ozeane. Andere, vor allem einige Entwicklungsländer, sahen auch die Ge-fahr von Ökoprotektionismus und Handelshemmnissen durch erhöhte Umweltstandards. Im Abschlussdokument wird nun erstmals Green Economy als ein wichtiges Mittel

Der deutsche Pavillon auf dem

Nachhaltigkeitsgipfel in Rio im Juni 2012

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zur Erreichung nachhaltiger Entwicklung anerkannt. Die Prioritäten der Umsetzung werden jedoch auf nationaler Ebene festgelegt.

Weiterhin war man sich in Rio einig, dass das Brutto-inlandsprodukt kein ausreichendes Maß zur Messung von Wohlstand ist. Mit dem Vorschlag einer erweiterten Bemessungsgrundlage wurde die Statistikkommission der Vereinten Nationen beauftragt.

Das zweite Schwerpunktthema der Rio+20-Konferenz war die institutionelle Reform innerhalb der Vereinten Nationen im Bereich nachhaltige Entwicklung. Auch hier gab es nicht den erhofften großen Durchbruch: Die angestrebte Aufwertung des Umweltprogramms UNEP (United Nations Environment Programme) zu einer Weltumweltorganisation konnte nicht erreicht werden, stattdessen soll UNEP durch universelle Mitgliedschaft aller 193 Staaten im Verwaltungsrat und eine verbesserte Finanzierung gestärkt werden. Die bisher wenig effiziente Nachhaltigkeitskommission der Vereinten Nationen CSD (Commission on Sustainable Development) soll durch ein hochrangiges politisches Forum ersetzt werden. Beide Reformen erscheinen im Vergleich zu den Zielen der EU halbherzig. Nachdem auch kein globaler Nachhaltig-keitsrat oder Ombudsmann für zukünftige Generationen Mehrheiten fand, kündigte UN-Generalsekretär Ban Ki-moon am Rande der Konferenz an, einen Sonderberater für künftige Generationen zu benennen.

Globale Nachhaltigkeitsziele

Der „globale Blick“ schärft das Bewusstsein für die End-lichkeit der Ressourcen und lässt keinen Zweifel daran, dass die Belastbarkeit von Ökosystemen begrenzt ist. In diesem Zusammenhang steht die Debatte um globale Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals – SDGs), die auf Vorschlag der Regierungen von Kolum-bien und Guatemala das dritte Schwerpunktthema der Konferenz waren. Der Beschluss, bis 2014 universell gül-tige, globale Nachhaltigkeitsziele zu erarbeiten, kann, im Falle seiner Realisierung, als das wohl weitreichendste Er-gebnis der Rio+20-Konferenz bewertet werden. Zusam-men mit den Post-2015-Millenniumentwicklungszielen sollen die SDGs ein gemeinsames Zielesystem bilden, das die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit – Ökologie, Soziales und Ökonomie – abbildet. Gleichwohl wird die Erarbeitung eines konsistenten Zielesystems, das in Ent-wicklungs- und Industrieländern gleichermaßen Akzep-tanz findet, noch eine große Herausforderung sein.

Schnell wurde während der Verhandlungen deutlich, dass es – nicht zuletzt wegen der Finanzkrise – keine Bereitschaft für neue Finanzzusagen geben würde. Stattdessen soll die Generalversammlung der Vereinten Nationen eine Arbeitsgruppe einsetzen, die das beste-hende Finanzierungsinstrumentarium überprüfen und Empfehlungen für die Finanzierung einer nachhaltigen Entwicklung bis 2014 vorlegen soll. Es gab allerdings

Eine der zahlreichen Diskussionsrunden im deutschen Pavillon: (v.l.n.r.) René Castro Salazar (Umweltminister Costa Rica),

Kai Schlegelmilch (Vize-Präsident Green Budget Europe), Benedict Libanda (CEO Environmental Investment Fund, Namibia),

Jürgen Maier (Geschäftsführer Forum Umwelt und Entwicklung), Heiko Warnken (Referatsleiter Umwelt und nachhaltige Ressourcennutzung, BMZ),

Silja Dressel (Sektorvorhaben Rioplus, GIZ), Jochen Flasbarth (Präsident Umweltbundesamt).

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eine Vielzahl von freiwilligen Zusagen von Regierungen, UN-Organisationen und aus Wirtschaft und Wissen-schaft, die auf der Homepage von Rio+20 registriert und einsehbar sind.

Vielfalt der themen

Ähnlich wie das Vorhaben Rioplus – Umweltpolitik und nachhaltige Entwicklung –, das bereits bei allen Vorverhandlungen in New York eine beratende und beobachtende Rolle für das federführende Referat im BMZ eingenommen hat, waren Kollegen aus dem Aus-land mit ähnlicher Rolle gegenüber ihren Partnerregie-rungen dabei. Neben den eigentlichen Verhandlungen fand eine Vielzahl von Veranstaltungen statt. Allein die UN hatte 500 Side-Events (begleitende Veranstaltun-gen) organisiert. Es wird geschätzt, dass Regierungen, Wirtschaft und Zivilgesellschaft etwa weitere 3.000 Veranstaltungen innerhalb der zehn Tage Beiprogramm zu den Vorverhandlungen und dem Gipfeltreffen orga-nisiert haben. 23 davon fanden im deutschen Pavillon statt, wobei die GIZ die Koordination des Bühnen-programms im Auftrag des deutschen Entwicklungs-, Umwelt- und Außenministeriums sowie des Bundes-verbands der Deutschen Industrie übernommen hatte. Sieht man sich die Themen der Veranstaltungen an, wird die Themenvielfalt deutlich: Von der Verleihung eines Gender-Preises für weibliche Führungspersönlich-keiten, die sich in Projekten der nachhaltigen Entwick-lung engagieren, über Umwelt- und Sozialstandards und nachhaltiges Wirtschaften bis hin zu Energie- und Ressourceneffizienz, Bewertung von Ökosystemleistun-gen, ökologischer Fiskalreform und Green Economy.

Allianzen knüpfen

Nachdem die Staatengemeinschaft auf dem Gipfel vor allem Prozesse angestoßen hat anstatt die Umsetzung beschleunigende Ziele zu verabschieden, müssen nun Pioniere voran gehen und Allianzen unter Reform-willigen geknüpft werden. Vorreiter können von ver-schiedenen Motiven geleitet werden. Dazu gehören, die Machbarkeit von Reformen zu demonstrieren – so wie die Energiewende Deutschlands international hohe Aufmerksamkeit hervorruft – und glaubwürdig zu sein, also um Ziele verhandeln und zugleich auch im eigenen Land zu handeln, um diese zu verfolgen. Wettbewerbs-fähig zu bleiben, da Ressourceneffizienz mit steigender Knappheit ökologische und wirtschaftliche Vorteile bringt und Innovationen hervorbringt, die Nachfrage und somit neue Märkte eröffnen und Arbeitsplätze

befördern, sind weitere Gründe. Vorreiter aus der Wirt-schaft beklagten in Rio allerdings, dass sie an Grenzen stoßen, wenn sie Innovationen breitenwirksam umzu-setzen versuchen. Hierfür brauchen sie die entsprechen-den staatlichen Rahmenbedingungen beziehungsweise Anreize. Unter dem Slogan „getting the metrics and in-centives right“ – also Messparameter und Anreize richtig auswählen beziehungsweise setzen – arbeitet die GIZ in verschiedenen Bereichen im Kontext von Green Eco-nomy. Um die Integration von allen drei Dimensionen der Nachhaltigkeit in Reformprozessen stärker hervor-zuheben, sprechen wir zunehmend von „inclusive Green Economy“. Dabei spielen „Change Agents“ (Betreiber von Wandel) eine wichtige Rolle für die GIZ, um in ihren vielfältigen Netzwerken und mit einem maßge-schneiderten Beratungsangebot breitenwirksame und zukunftsfähige Veränderungen zu befördern.

Anja Wucke

Anja Wucke, Leiterin des Sektorvorhabens Rioplus -

Umweltpolitik und Nachhaltige Entwicklung, Abteilung

Umwelt und Klima der GIZ.

InfoNachhaltige entwicklung als Leitprinzip der GIZ

Nachhaltige Entwicklung versteht die GIZ als Zusammenspiel von sozialer Verantwortung,

ökologischem Gleichgewicht, politischer teilhabe und wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit.

Nur dieses Zusammenspiel ermöglicht den heutigen und künftigen Generationen ein

Leben in Sicherheit und Würde. Die heutigen Herausforderungen einer nachhaltigen

Entwicklung lassen sich nur durch einen ganzheitlichen Ansatz lösen. Daher setzt

die GIZ auf unterschiedlichen Ebenen an: lokal und national, aber auch länder-

übergreifend und in globalen Foren. Sie fördert das Zusammenwirken von Staat,

Privatwirtschaft und Zivilgesellschaft und unterstützt Menschen, Organisationen

und die Gesellschaft bei ihren Lern- und Veränderungsprozessen hin zu einer nach-

haltigen Entwicklung. Bei der Förderung nachhaltiger Entwicklung kommt es auf

angepasste Lösungen an. Die GIZ trägt dazu bei, dass ihre Partner eigenständig und

selbstverantwortlich an den Aushandlungsprozessen nachhaltiger Entwicklung teilhaben

und unterstützt sie bei der Umsetzung des Verhandlungsergebnisses. Sie stellt die

Mitwirkung aller Beteiligten sicher und befähigt Menschen, Entwicklungs- und Trans-

formationsprozesse eigenverantwortlich weiterzuführen.

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Das Mittagessen wird auf einem kleinen Holzkohleofen zubereitet.

Die steigende Nachfrage nach Holz erhöht den Druck auf die Waldflächen.

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Ruanda

Zu Wohlstand durch mehr WaldNationales Aufforstungsprogramm soll Umweltschutz und Wirtschaftswachstum verbinden

Kann die Umwelt geschützt und

gleichzeitig mehr Wohlstand erreicht

werden? Mit einem ambitionierten

Aufforstungsprogramm beabsichtigt

die ruandische Regierung, eine weitere

Zerstörung der Umwelt zu verhindern,

die Lebensgrundlage der Bevölkerung

zu sichern und mit der Fortswirtschaft

Einkommensmöglichkeiten zu schaffen.

Dieser Ansatz findet,

ganz im Sinne des Rio-Prozesses,

internationale Unterstützung.

Zufrieden geht Eugénie Mukagisagara, zuständig für das Aufforstungsprogramm im Distrikt Rwama-gana, durch die Reihen der jungen Baumsetzlinge.

Auf rund 12 Hektar wurden im vergangenen Jahr auf dem zuvor nur mit Gras bewachsenen Berghang fast 20.000 Eukalyptus-Setzlinge angepflanzt. Im gesamten Distrikt sollen es nach dem Entwicklungsplan 2011/2012 insgesamt rund 820.000 werden.

Der Distrikt Rwamagana stellt dabei keine Ausnahme dar. Nach dem nationalen Aufforstungsprogramm sollen in allen 30 Distrikten Ruandas zwischen 2010 und 2020 pro Jahr insgesamt rund 40 Millionen neue Bäume ge-pflanzt werden. Durch die massiven Neuanpflanzungen – vor allem auf unbewaldeten Hügeln sowie entlang von Straßen – sollen die mit Wald bedeckten Landesflächen innerhalb von zehn Jahren um rund 240.000 Hektar auf insgesamt rund 790.000 Hektar ansteigen und damit ab 2020 etwa 30 Prozent der gesamten Landesfläche einnehmen.

Neben der Ausweitung der Waldflächen beabsichtigt die ruandische Regierung auch, Wälder künftig im verstärk-ten Maße als Wirtschaftsfaktor zu nutzen. So sollen die mit der Forstwirtschaft erwirtschafteten Umsätze in der Dekade 2010/2020 von rund 3,1 Milliarden auf etwa 14 Milliarden Dollar ansteigen.

Der von der ruandischen Seite gewählte Ansatz, eine umweltverträgliche Wirtschaftsentwicklung zu er-reichen, um eine dauerhafte Sicherung der Lebens-grundlage sowie eine Erhöhung des Wohlstandes zu garantieren, stellt ein wesentliches Merkmal des Auf-forstungsprogramms dar. Die Integration der Prinzipien für eine nachhaltige Entwicklung sowohl im nationalen Aufforstungsprogramm als auch in anderen nationalen Politiken und Programmen (unter anderem Vision 2020, Economic Development and Poverty Reduction Strategy, Environment Protection Policy) unterstreicht die Bedeu-tung, die die ruandische Regierung der Umsetzung der Beschlüsse von Rio beimisst.

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Der Präsident der

Kooperative Kokomurwa,

Maurice Bizimana, in

einer Baumschule.

Den Anstoß für den Einsatz für eine nachhaltige Ent-wicklung gab die Erkenntnis, dass eine Fortführung der bisherigen Lebens- und Wirtschaftsweise angesichts des rasant ansteigenden Bevölkerungswachstums zwangs-läufig zu einer unumkehrbaren Zerstörung der Lebens-grundlagen und einer Verschärfung der Armut führt. Dazu Dismas Bakundukize, Direktor des nationalen Forstprogramms: „Wenn wir jetzt nicht handeln und den Baumbestand nicht deutlich vergrößern, dann wer-den wir in nur wenigen Jahren einen deutlichen Anstieg der Armut erleben.“

Nutzungsdruck durch hohe Bevölkerungsdichte

Ruanda gehört mit einer Fläche, die nur unwesentlich größer ist als die von Rheinland-Pfalz, zu den kleinsten Ländern Afrikas. Gleichzeitig ist Ruanda mit einer Be-völkerung von 11,4 Millionen und mit 430 Einwohnern pro Quadratkilometer mittlerweile das am dichtesten besiedelte Land Afrikas. Eine Folge der hohen Bevölke-rungsdichte war bereits in der Vergangenheit ein hoher Nutzungsdruck auf die vorhandenen Waldflächen, da immer größere Landesteile für Siedlungen und landwirt-schaftliche Nutzflächen zur Sicherung des Wohnbedarfs sowie der Lebensmittelversorgung gebraucht wurden. Verschärft wurde der Druck auf die Waldgebiete zudem durch die Tatsache, dass bis heute Holz sowie Holzkohle die Hauptenergieträger in Ruanda sind und vor allem als Brennmaterial für die Zubereitung von Mahlzeiten verwendet werden.

Seit 1965 sind die natürlichen Waldflächen aufgrund der hohen Nutzung um über 65 Prozent zurückge-gangen. Eine solche Entwicklung konnte nicht ohne negative Konsequenzen für die Umwelt bleiben. Ein hoher Verlust an Biodiversität, aber auch an nährstoff-reichen Böden in Folge von Bodenerosion sind neben einem stetigen Absinken des Grundwasserspiegels heute zentrale Umweltprobleme in Ruanda. Die ne-gativen Effekte auf die Umwelt zu reduzieren war ein zentraler Beweggrund der ruandischen Regierung das Aufforstungsprogramm zu starten. Allerdings zeigt sich, dass der Erhalt der Biodiversität hierbei nur eine untergeordnete Rolle spielt. Dieser Umstand ist vor allem der Tatsache geschuldet, dass die Möglichkeiten, im dicht besiedelten Ruanda Flächen für naturnahe Wälder bereitzustellen, sehr begrenzt sind. Eine nen-nenswerte Ausnahme stellt allerdings das Gishwati Area Conservation Program dar, in dessen Rahmen der ehemalige Gishwati Naturwald zumindest auf einer Fläche von rund 3.000 Hektar (derzeit: rund 600

Hektar, 1990: rund 8.800 Hektar) wiederhergestellt werden soll.

Ein weiteres wichtiges Ziel des Aufforstungsprogramms ist eine dauerhafte Sicherung der Versorgung der Bevöl-kerung mit Holz als Brenn- und Baumaterial. Die von der Bevölkerung bevorzugte Baumart stellt dabei der Eu-calyptus dar. Aus ökologischer Sicht ist Eucalyptus zwar nicht die optimale Lösung, da seine Wurzeln dem Boden im starken Maße Wasser entziehen und so eher zu einem Absinken des Grundwasserspiegels beitragen. Die Be-deutung der vergleichsweise anspruchslosen und schnell wachsenden Bäume liegt deshalb eher beim Schutz vor Bodenerosion und der positiven Beeinflussung des Mik-roklimas.

Gegenwärtig übersteigt die Nachfrage nach Holz (rund 12 Millionen Kubikmeter pro Jahr) deutlich die Holz-menge, die derzeit unter der Voraussetzung einer nach-haltigen Nutzung der vorhandenen Waldflächen gewon-nen werden kann (2 Millionen Kubikmeter pro Jahr). Ohne das Aufforstungsprogramm wäre folglich mit einem weiteren Fortschreiten der Entwaldung, einem drastischen Anstieg der Holzpreise sowie einer weiteren Bodenverarmung und einem Rückgang der Ernteerträge zu rechnen. Zunehmend würden pflanzliche Reste, an-statt sie als natürlichen Dünger auf die Felder aufzutra-

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Enisse Uwimpuhwe

erklärt Gregor Peter

die Funktionsweise

ihrer Biogasanlage.

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gen, als Brennmaterial genutzt. Aus diesem Grund leistet das Aufforstungsprogramm einen wichtigen Beitrag zur Sicherung der Lebensgrundlage und hilft, die Armut der ländlichen Bevölkerung zu reduzieren.

Ein wesentliches Anliegen des Aufforstungsprogramms ist es schließlich, den Forstsektor zu einem nennenswer-ten Wirtschaftsfaktor, zu einer Green Economy, zu ent-wickeln. Maurice Bizimana, Präsident der Kooperative Kokomurwa: „Mit der Schaffung von neuen Arbeits-plätzen im unmittelbaren und mittelbaren Umfeld der Forstwirtschaft bietet sich eine hervorragende Chance, mehr Einkommen und Wohlstand zu schaffen und da-bei gleichzeitig den Anforderungen des Umweltschutzes gerecht zu werden.“

es bleiben weitere Herausforderungen

So richtig und ambitioniert die mit dem Aufforstungs-programm verbundenen Zielsetzungen ohne Zweifel sind, zeigt sich doch, dass noch einige dicke Bretter gebohrt werden müssen: Die Finanzierung der Sollzahl von Baumsetzlingen pro Jahr ist von Seiten der ruandi-schen Regierung nicht gesichert, weshalb das Ziel, dass bis 2020 rund 30 Prozent des Landes mit Wald bedeckt sein sollen, kaum zu erreichen sein wird. Das Bevölke-rungswachstum ist weiterhin hoch. Da gegenwärtig pro

Jahr die Bevölkerung um rund 300.000 Einwohner zu-nimmt, wird auch in naher Zukunft der Nutzungsdruck auf Waldflächen und die Nachfrage nach Holz hoch sein. Die wirtschaftlichen Aktivitäten, die unmittelbar und mittelbar mit der Forstwirtschaft verbunden sind, sind noch sehr gering entwickelt. Sie beschränken sich derzeit vor allem noch auf von Kooperativen geführte Baumschulen, Schreinereien, staatliche Beschäftigungs-programme mit hoher Arbeitsintensität, die Herstellung von Naturprodukten (Honig, Kosmetik, Medizin und anderes) und Holzkohleherstellung, wobei letztere dem Anspruch einer Green Economy sicher nicht gerecht wird. Das Potenzial für eine Verbesserung von Verwaltung, Management und Vermarktung von Wäldern ist nur zu geringen Teilen ausgeschöpft. Die staatlichen Instituti-onen auf lokaler Ebene sind noch zu schwach aufgestellt und private Investoren (noch) nicht präsent, um eine op-timale Nutzung der Wälder zu gewährleisten. Auf Seiten der Bevölkerung bestehen noch erhebliche Vorbehalte, auf ihren Feldern Bäume anzupflanzen (Agroforstwirt-schaft), aus Sorge, dass diese den Ernteertrag vermindern und zu hohen Kosten führen könnten.

Auch durch den Aufbau eines Programms für Biogas-anlagen soll der Holzverbrauch in Ruanda reduziert werden. Alternative Energiequellen zu etablieren ist ein wichtiger Ansatz. Zurzeit wird jedoch eine flächen-deckende Installierung von hauseigenen Biogasanlagen durch relativ hohe Investitionskosten und einen hohen Wasserbedarf noch erschwert.

Das Beispiel Ruanda zeigt: Der Ansatz, durch die Förde-rung der Forstwirtschaft sowohl die Umwelt zu schützen als auch die Wirtschaft zu fördern, um eine nachhaltige Entwicklung zu sichern, ist richtig. Auch wenn der Weg dorthin beschwerlich sein mag. Für ein dichtbesiedeltes Land wie Ruanda ist es sicherlich ein alternativloser Weg.

Gregor Peter

Gregor Peter war 2010 bis 2012 Entwicklungshelfer

der GIZ in Ruanda.

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916 Solarplatten erleuchten seit September 2011 das Dorf Tsumkwe im Nordosten Namibias.

Die ländlichen Gebiete sollen zunehmend von Solarenergie profitieren.

Namibia

ein grüner Faden in der WirtschaftspolitikDie GIZ unterstützt Namibia bei der Entwicklung einer Green Economy-Strategie

Namibia hat bemerkenswerte Fortschritte in Rich-

tung nachhaltige Entwicklung gemacht. So wurde

ein Umweltmanagementgesetz verabschiedet, das

Grundlagen für den Umweltschutz schafft, es wurden

regionale Flächennutzungspläne entwickelt und es

gibt eine Vielzahl von Initiativen, die sich zum Bei-

spiel mit dem Thema erneuerbare Energie befassen.

Dennoch bleibt auch noch viel zu tun.

In Namibia scheint die Sonne fast 350 Tage im Jahr, aber abgesehen vom Tourismus bietet der Sonnen-reichtum bisher wenig Vorteile für die afrikanische

Bevölkerung, denn ein Großteil des Landes ist Wüs-tengebiet. Aber das soll sich ändern: Seit September vergangenen Jahres versorgt die Sonne, dank einer EU-Entwicklungsförderung in Höhe von 240.000 Euro, ein im Nordosten gelegenes Dorf mit Solarenergie. Genauer gesagt sind es 916 Solarplatten mit jeweils 240 Watt in Kombination mit Dieselmotoren, die dieser marginalisierten Gemeinde Zugang zu Energie ermög-lichen. Energieminister Isak Katali ist der Meinung, dass das Tsumkwe Solar Diesel Hybrid Power Plant ein gelungenes Projekt ist und hofft, dass in den nächsten Jahren weitere Orte, die nicht am nationalen Stromnetz angeschlossen sind, mit Solarenergie versorgt werden können.

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Natürlich sei er sich der finanziellen Implikationen be-wusst, erklärte Katali der namibischen Tageszeitung Namibian Sun und brachte damit auch das Problem auf den Punkt: Die hohen Kosten der Solarenergie verhin-dern den Durchbruch für erneuerbare Energien. Den-noch sind die Vorteile der nachhaltigen Entwicklung im Bereich erneuerbarer Energien und Wasserversorgung in Namibia bekannt. Alternative Energieerzeugung, sei es durch Sonne, Wind oder Wasser, kann einen wesentli-chen Beitrag zur Armutsbekämpfung leisten. Außerdem gibt es in diesem Bereich bereits wichtige Akteure und zahlreiche bemerkenswerte Projekte und Ideen, wie zum Beispiel die Entbuschung: Durch die Überweidung der Savanne und der dadurch ungenutzten Grundwasser-ressourcen haben tiefenverwurzelte Hartholzpflanzen an Raum gewonnen. Die Verbuschung führt allerdings nicht nur zum Verlust von landwirtschaftlichen Nut-zungsgebieten, sondern bedroht auch die heimische Savannenlandschaft mit ihren Tier- und Pflanzenarten. Die namibische Regierung hofft, durch landesweite Ent-buschungsprojekte langfristig zwischen fünf- bis zehn-tausend Arbeitsplätze zu schaffen und mithilfe der durch die Verbrennung erzeugten Energie zur Stromproduk-tion beitragen zu können.

Vorzeigeprojekt in dieser Hinsicht ist die „Energy for Future“-Initiative der Ohorongo-Zementfabrik bei Otavi im Norden des Landes, bei der durch großflächige Entbuschung Brennstoff für die Öfen der Zementfabrik entsteht. „Bei Otavi steht nicht nur das sauberste Ze-mentwerk weltweit, wenn man die Emissionen betrach-tet, sondern bis zu 80 Prozent der Energieversorgung können aus Biomasse realisiert werden“, lobte Dirk Niebel, Bundesminister für wirtschaftliche Zusammen-arbeit und Entwicklung, das Projekt während seines Namibia-Besuchs im August 2011. Er bezeichnete dies als „Projekt mit wegweisendem Charakter“, berichtete die namibische „Allgemeine Zeitung“. Auf einem Wirt-

schaftsforum kurz zuvor hatte Niebel erklärt, dass dies 55.000 Tonnen Steinkohle pro Jahr einspare.

Namibia hat auch in anderen Bereichen bemerkens-werte Fortschritte in Sachen nachhaltige Entwicklung erzielt. Dazu gehören das 2007 verabschiedete Umwelt-managementgesetz, die rechtliche Grundlage für den Umweltschutz im Land durch Umweltverträglichkeits-prüfungen (UVP) und Strategische Umweltprüfungen (SUP). Integrierte regionale Flächennutzungspläne und das Community-based Natural Resource Management schließen Namibias weltbekannte, kommunale Natur-schutzgebiete ein, ebenso wie die gemeinsam genutzten Wälder-, Wasser- und Fischressourcen. Außerdem verfügt Namibia über einen florierenden, naturnahen Tourismussektor, unterstützt durch einen fortschrittli-chen Gesetzesrahmen, der den Tourismus mittels Kon-zessionen auch auf staatlichem Land ermöglicht. Es gibt Initiativen zur Wasseraufbereitung und Entsalzung so-wie Ausschüsse, die sich um die Nutzung von nationalen und grenzüberschreitenden Wasser reservoirs kümmern und eine Vielzahl von Initiativen zu erneuerbaren Ener-gien und Energieeffizienz.

Weichenstellung für grünes Wirtschaften

Trotzdem mangelt es an einer nationalen Strategie und vor allem an Green Economy-fördernden Projekten. Deshalb entwickelt das Ministerium für Umwelt und Tourismus seit Juli 2011 Richtlinien für eine „Grüne Wirtschaft“ in Namibia. Unterstützt wird es dabei im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) von der GIZ. Der Prozess startete mit der Entwicklung einer Green Economy-Definition. Außerdem wurden Arbeits-gruppen gebildet, die die verschiedenen Bereiche (zum Beispiel Tourismus, Bergbau) und Interessensgruppen einbeziehen. Das Ergebnis ist ein 92 Seiten umfassendes Dokument (Draft Country Report to the United Nations Commission on Sustainable Development: Namibia), welches anlässlich der UN-Konferenz für nachhaltige Entwicklung in Rio de Janeiro, bekannt als die Rio+20 Conference for Sustainable Development, Namibias Stra-tegie für eine grünere Wirtschaft darstellt.

Der „grüne“ Faden zieht sich jedoch auch durch andere Richtlinien der Wirtschaftspolitik: Green Economy-Initi-ativen werden erstmals in der neuen Industrie-Richtlinie ebenso wie im aktuellen so genannten National Deve-lopment Plan 4 berücksichtigt. Im Auftrag des Bundes-ministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und

Eine „Entbusch ungs -

maschine“: Die Zement-

fabrik Ohorongo schneidet

mit riesigen Maschinen

überschüssigen Busch ab

und verwendet das Klein-

holz für die eigenen

Brennöfen.

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Entwicklung beteiligten sich GIZ-Mitarbeiter als Berater an der Erarbeitung von Richtlinien, insbesondere in den Bereichen Wirtschaft und Beschäftigung (Partnerschaft für ein breitenwirksames Wachstum) und im unter anderem im Umweltministerium angesiedelten Umwelt- und Klimateam, welches Biodiversität und nachhaltiges Landmanagement in Namibia fördert.

Auch das vom BMZ finanzierte Global Compact Net-work Namibia (das lokale Netzwerk des UN Global Compact) durfte bei der Entwicklung der Green Eco-nomy-Richtlinien mitwirken. Das namibische Netzwerk kümmert sich mit Unterstützung der GIZ seit 2008 um das Thema „Nachhaltige Entwicklung im Privatsektor“ und versucht den Privatsektor durch Workshops, Be-ratung und mit PPP-Projekten (PPP – Public Private Partnership) zu mobilisieren und für Green Economy zu sensibilisieren.

Förderung einer nachhaltigen Industrieentwicklung

Das insgesamt positive Bild hat jedoch auch seine Schat-tenseite: Green Economy ist für Namibia, wie vielleicht auch für viele andere Entwicklungsländer, ein Schlag-wort, mit dem ein Großteil der Einwohner nicht viel anfangen kann. Armut, Arbeitslosigkeit und Gesundheit sind die Themen, die Priorität haben. Der Bevölke-rungsanteil derer, die unter der Armutsgrenze leben, liegt bei 55,8 Prozent (UNDP 2005), dazu kommt eine Arbeitslosenrate von knapp 50 Prozent und eine HIV-Rate von 13 Prozent, ganz zu schweigen von den erheb-lichen Problemen im Bildungssektor sowie Korruption, Stadtmigration, Wassernot und anderes mehr.

So sehen viele Namibier die von den entwickelten Län-dern angestrebte „grüne“ Wirtschaftsweise im Hinblick auf ökologische Nachhaltigkeit und soziale Inklusion (Einbeziehung) als ein weitentferntes Ideal. „Und überhaupt, wir sind nicht schuld an dem Umweltschla-massel”, meinte kürzlich ein Teilnehmer eines Green Economy-Workshops. Darüber hinaus ist Namibia, was die Wirtschaft und die Arbeitsplätze betrifft, vom Bergbausektor, insbesondere der Uranindustrie, abhän-gig. Gesellschaftlich trägt der Uranabbau einiges zur Entwicklung Namibias bei, ökologisch jedoch haben die Minen eine negative Auswirkung (Strahlung, Abfall) auf die sensible Umwelt.

Namibia konnte in Rio seine grüne Politik der inter-nationalen Gemeinschaft präsentieren. „In Namibia kann die Grüne Wirtschaft durch effiziente und nach-

haltige Nutzung aller Ressourcen das Wohlbefinden der Menschen erhöhen. Namibia wird umweltgerechte Investitionen mit technologisch innovativen Produkti-onssystemen fördern, die nachhaltige Wege bieten, um das Land zu einem Industrieland zu führen.“ Außerdem organisierte das Ministerium zusammen mit dem Bun-desministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in Rio eine Veranstaltung zum Thema „Managing Natural Resources in Namibia for a Green Economy“ (Management natürlicher Ressourcen in Namibia für grünes Wirtschaften), die große Resonanz fand. Namibia will den Blick auf eine „grünere“ Zukunft richten – auf Partnerschaften mit dem Privatsektor und der Zivilgesellschaft.

Namibia konnte in Rio auch die internationale Emissi-onshandelsindustrie und Anwender und Anbieter genau jener Art von erneuerbaren Energien und energieef-fizienten Technologien ansprechen, die es dem Land ermöglichen würden, sich auf einen Kurs in Richtung nachhaltiger Industrieentwicklung zu begeben. Einem Kurs, der der Wirtschaft und der Gesellschaft des Landes zugutekäme.

Silke Feldmann

Silke Feldmann arbeitet für die GIZ als Projektleiterin

des Global Compact Network Namibia.

Informationen zum Global Compact finden sie unter: http://www.unglobalcompact.org

„Buschreste“:

Das „Energy for

Future-Projekt“ in

Namibia schafft mit

Entbuschung Energie-

versorgung durch

Biomasse und hilft

dadurch auch den

Farmern, die das

freigewordene Land

landwirtschaftlich

nutzen können.

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Tadschikistan

„Aus dem pamir, für den pamir“Green Economy in Tadschikistan

Was bedeutet nachhaltiges Management natürlicher Ressourcen konkret?

Im Pamir Gebirge geht es dabei um die Entwicklung eines Forst-

managements, welches die Interessen der Bevölkerung und den Schutz

des Waldes miteinander verbindet. Eine Maßnahme ist die Herstellung

und Verbreitung energieeffizienter Produkte.

Svenja Schuchmann gibt Einblick in die Arbeit vor Ort.

Bevölkerung heizte und kochte mit billiger, aus anderen Teilen der Sowjetunion gelieferter Kohle.

Nach der Unabhängigkeit des Landes 1991 begann ein sechsjähriger Bürgerkrieg. Sowohl der Schutz des Waldes durch die Forstbehörde als auch die Lieferungen mit subventionierter Kohle brachen zusammen. In ihrer Not begann die Bevölkerung, unkontrolliert Feuerholz aus dem Wald zu holen sowie den hier heimischen Tereskenstrauch zu roden. An dieser Situation hat sich bis heute nicht viel geändert: Noch immer verfügt die Forstbehörde nicht über die notwendige Ausstattung, die Gesetze zum Schutz des Waldes umzusetzen. Holz und Tereskensträucher stellen auch heute den größten Anteil der verwendeten Energieressourcen vieler pami-rischer Familien dar, die diese zum Kochen und Heizen benutzen.

Aufgrund des fehlenden Erosionsschutzes durch die Bäume und Sträucher kam es bereits in einigen Regio-nen zur Wüstenbildung. Vor hundert Jahren war noch etwa 25 Prozent Tadschikistans mit Wald bedeckt, heut-zutage sind es nur noch 3 Prozent. Im Pamir macht die von Wald bedeckte Fläche nur noch 0,7 Prozent aus; die gilt es zu erhalten. Doch wie kann man diesem negativen Kreislauf entgegenwirken, in dem eine stetig wachsende Bevölkerung einen immer größeren Druck auf die vor-handenen natürlichen Ressourcen ausübt?

Das Projekt „Nachhaltiges Management natürlicher Ressourcen in Gorno-Badakhshan“, dass die GIZ im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) durchführt, hat die Entwicklung eines gemeinschaftlichen Forst-managements im Pamir zwischen der lokalen Bevölke-rung und der regionalen Forstbehörde angestoßen. Die Nutzer des Waldes werden direkt in den Schutz des Waldes eingebunden und von der örtlichen Forst-behörde dazu angeleitet.

Große Nachfrage nach energieeffizienten produkten

Eine andere Möglichkeit, dem Kreislauf der un kon-trollierten Nutzung natürlicher Ressourcen entgegenzu-wirken, ist die Herstellung und Verbreitung energieeffi-zienter Produkte. Auch das gibt es im Pamir: 2010 grün-deten lokale Handwerker die Produktions- und Liefer-genossenschaft „Zindagi“, was auf Tadschikisch „Leben“ bedeutet. Ihre Mitglieder haben sich auf die Herstellung energieeffizienter Produkte spezialisiert, um so den Druck auf die natürlichen Ressourcen zu verringern.

Auenwald in Barvoz, Pamir.

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Früher wuchs hier dichter Wald“, erzählt der 63-jährige Bauer Farrukh Karamshoev aus der Nähe von Khorog im Pamir Gebirge. Jetzt schaut

er mit kummervollem Blick auf die spärlichen Bäume und Sträucher. „In diesem Winter wurde das Feuerholz richtig knapp“, setzt er nach. Vielen Familien im Pamir-Gebirge, dem sogenannten Dach der Welt, erging es ähnlich. Als Tadschikistan noch Teil der Sowjetunion war, wurde der Wald durch die gut ausgestatte Forst-behörde und durch strenge Gesetze geschützt. Die

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Tadschikistan

„Aus dem pamir, für den pamir“Green Economy in Tadschikistan

Mit dem von der Genossenschaft produzierten, energie-effizienten Kochofen kann ein Haushalt zum Beispiel bis zu 60 Prozent Brennmaterial im Vergleich zu einem traditionellen Ofen oder einem offenen Feuer einspa-ren. Man stelle sich vor, was dies für den Wald- und Tereskenbestand im Pamir bedeuten würde, wenn jede Familie auf einem solchen Ofen kochen könnte! Ferner gehören zur Produktpalette der Genossenschaft wärme-isolierende Türen, Fenster mit Doppelverglasung, Wärmetauscher, Wassererhitzer und einiges mehr. (Der Wärmetauscher kann Energie von einem Material zum anderen übertragen. Die Wärmetauscher von „Zindagi“ werden am Ofenrohr angebracht und durch die so entstandene größere Oberfläche wird die Ab-wärme des Feuers in den Raum abgegeben und ent-weicht nicht durch das Ofenrohr.)

Sabrali Lutfaliev ist Mitglied der ersten Stunde. Er er-zählt: „Die energieeffizienten Produkte, die ich und die anderen Mitglieder der Genossenschaft herstellen, gibt es schon seit zwei, drei Jahren. Das Projekt ,Nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen in Gorno-Badakhshan‘ hat uns auf die Idee gebracht, diese Marktnische zu nutzen und Produkte herzustellen und zu verkaufen, die energieeffizient sind. Zusammen mit den Experten der GIZ haben wir die Produkte entwickelt.“ Lutfaliev schwärmt: „Am Anfang war ich skeptisch, aber die Produkte führen nicht nur dazu, den Druck auf un-sere Wälder zu verringern, nein, auch die Kunden sind begeistert. Ich habe dieses Jahr bereits viele Aufträge erhalten und komme mit der Produktion von doppel-verglasten Fenstern gar nicht nach.“ Die Produktion der energieeffizienten Technologie sichert Lutfaliev und den anderen Mitgliedern der Genossenschaft ein regelmäßi-ges Einkommen.

Vorteile der genossenschaftlichen Organisation

Aus der Notwendigkeit heraus, die großen Probleme in der Materialbeschaffung, Produktion und im Vertrieb, denen die einzelnen Handwerker alleine gegenüber-standen, gemeinsam zu überwinden, entstand die Idee, eine Genossenschaft zu gründen. Sie werden hierbei im Auftrag des BMZ von der Firma AFC Consulting unterstützt. Denn insbesondere kleine und mittlere Unternehmen haben es in Tadschikistan schwer. Laut einer Umfrage der Weltbank von 2009, identifizierten die befragten Unternehmen den Zugang zu Elektrizität und Kapital sowie hohe Steuerabgaben als die größten Hindernisse für ihre Entwicklung. Ferner hemmt die schlechte Infrastruktur den Transport von Materialien

und der fertigen Ware. So wird zum Beispiel innerhalb einer Studie der Asiatischen Entwicklungsbank von 2011 zum Transportsektor Tadschikistans festgestellt, dass 80 Prozent der circa 14.000 Kilometer Straßen des Landes mehr als reparaturbedürftig sind.

Seit es die Genossenschaft gibt, übernimmt diese den Einkauf der Materialien sowie den Vertrieb der Pro-dukte. Die Materialien müssen in Großeinkäufen, die zwei bis dreimal Mal pro Jahr stattfinden und die für die einzelnen Handwerker unbezahlbar wären, in der 16 Autostunden entfernten Hauptstadt Duschanbe und im benachbarten China und Kirgisistan beschafft werden. Ferner stellt „Zindagi“ den Handwerkern eine Schreinerei nebst Holztrocknungsanlage und eine Schlosserei zur Verfügung. In den Werkstätten werden vor allem Halbfabrikate produziert, die an die Hand-werker verkauft werden. Darüber hinaus informiert

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Eine Frau bereitet das

Essen auf einem ener-

gie effizienten Kochofen.

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„Zindagi“ die Kunden über die Funktionsweise der Produkte und über die Tatsache, dass durch die Nut-zung energieeffizienter Produkte nicht nur Geld und Zeit eingespart werden, sondern dass dadurch auch ein Beitrag zum Erhalt der Umwelt geleistet wird. Nicht zu-letzt achtet die Genossenschaft auf die Einhaltung von Qualitätsstandards und organisiert Trainings für ihre Mitglieder. Das letzte Training fand erst kürzlich statt: Acht Handwerker und zwei Lehrlinge optimierten fünf Tage lang ihre Fähigkeiten in der Fensterherstellung. Livius Härer, Entwicklungshelfer und Schreinermeister aus Berlin, leitete das Training und fühlt sich in seiner Arbeit bestätigt: „Ich freue mich über die Begeisterung, mit der die Mitglieder an die Sache herangehen und über die Bereitschaft, noch mehr dazu zu lernen.“ Die Genossenschaft hat sich zum Ziel gesetzt, durch die Mitgliedsbeiträge und durch Anteile an dem Verkauf der Produkte, Ende dieses Jahres finanziell auf eigenen Füßen zu stehen. „Bis dahin muss die Management-struktur verbessert und die Produktion erhöht werden“, meint Entwicklungshelfer Härer. An Nachfrage man-gelt es nicht, momentan warten 80 Kunden auf ihre Bestellungen.

Durch die Zusammenarbeit von „Zindagi“ mit einer örtlichen Mikrofinanzorganisation werden auch Kunden mit geringem Einkommen gewonnen. Die Mikrofinanz-organisation vergibt Mikrokredite für energieeffiziente Produkte und berät durch ihre Außendienstmitarbeiter die Bevölkerung auf den Dörfern zu den energieeffizi-enten Produkten und den Konditionen eines Kredites. Familien mit geringem Einkommen profitieren insbe-sondere von Brennstoffeinsparungen, da sich ihre Le-benssituation durch geringere Ausgaben für Brennmate-rialien oder durch die Zeiteinsparung, diese zu sammeln, erheblich verbessert. Darüber hinaus ist geplant, auch lokale Händler in den Vertrieb der Produkte einzubin-den. Diese erhalten eine Schulung in der Funktionsweise der Produkte sowie deren Vorteile für die Umwelt. Ferner können die Produkte auch an Nichtregierungs-organisationen und internationale Organisationen, die in Tadschikistan und im benachbarten Afghanistan tätig sind, vertrieben werden. Zum Beispiel können im Schul-bau doppelverglaste Fenster, gut schließende Türen und energieeffiziente Öfen ihre Verwendung finden. In den Schulen müsste dann weniger geheizt werden, es wäre nicht so zugig und die Kinder wären weniger krank.

„Zindagi“ ist ein erfolgreiches Beispiel für Green Eco-nomy. Durch die Verbreitung energieeffizienter Techno-logien gelingt es, den Druck auf die natürlichen Ressour-cen zu verringern, zur Entwicklung der Privatwirtschaft in der Region beizutragen und die Lebensqualität der Bevölkerung zu verbessern.

Die Pamiris sind stolz darauf. Der Werbespruch von „Zindagi“ bringt dies zum Ausdruck: „S Pamira, dlja Pamira – Aus dem Pamir, für den Pamir.“

Svenja Schuchmann

Svenja Schuchmann ist Entwicklungsstipendiatin für

Öffentlichkeitsarbeit und Wissensmanagement im

GIZ-Projekt „Nachhaltiges Management natürlicher

Ressourcen in Gorno-Badakhshan“ in Tadschikistan.

Fenster aus Herstellung der Genossenschaft.

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Nicaragua

Wir müssen respektvoll mit der umwelt umgehen Interview mit Dr. Jaime Incer Barquero, dem ehemaligen Umweltminister

Nicaraguas, über Umweltschutz, den Klimawandel und Rio-Konferenzen.

Nicaragua hat ausgedehnte Wälder, zwei der größten Seen Lateinamerikas und sehr fruchtbare

vulkanische Böden. Diesen Reichtum der Natur gilt es zu bewahren. Einer der renommiertesten Wissenschaftler

in Latainamerika, der sich für den Erhalt der Natur stark macht, ist Dr. Jaime Incer Barquero.

GIZ-Entwicklungsstipendiat Florian Doerr befragte ihn zu seinen Erfahrungen und Visionen.

Dr. Incer, 20 Jahre sind seit der Konferenz von Rio 1992, der ersten großen internationalen Umweltkonferenz, vergangen. Was ist seitdem geschehen?

Als Umweltminister Nicaraguas durfte ich an dieser Konferenz teilnehmen. Ich denke, es gab seither in vie-lerlei Hinsicht Erfolge und Fortschritte. Naturschutz war mit eher romantischen Vorstellungen verbunden, bis er durch diese Konferenz einen Stellenwert in der Entwicklungsdebatte bekam. Die Aufmerksamkeit wurde auf die natürlichen Ressourcen, den Schutz der Wälder, den Erhalt der Wassereinzugsgebiete und die Biodiversität gelenkt und seitdem wurden viele Ver-einbarungen und Übereinkommen unterzeichnet. Es wurde viel erreicht, nicht nur in Nicaragua, sondern in allen zentralamerikanischen und auch in anderen Entwicklungsländern, um das Verständnis für die Be-

deutung der Ökologie für die Entwicklung der Völker weiter voranzutreiben.

Was sind die größten Errungenschaften auf nationaler und zentralamerikanischer Ebene und welche Heraus-forderungen stehen dem gegenüber?

In Zentralamerika arbeiten wir mit anderen Ländern in einer regionalen Instanz (Zentralamerikanische Kom-mision für Umwelt und Entwicklung CCAD-SICA) zusammen, die einen ständigen Erfahrungsaustausch fördert. Die Entwicklung unserer Länder hängt weit-gehend von der verantwortlichen Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen und vom Umweltschutz ab. Wir sind landwirtschaftlich geprägte Länder: Boden, Wasser, Wald und die Artenvielfalt sind das Fundament unserer agro-ökologischen Landwirtschaftsproduktion.

Florian Doerr

im Gespräch mit

Dr. Jaime Incer

Barquero.

Page 22: GIZ-Brief Rio+20 (2/2012)

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Der Erhalt dieser Systeme ist für uns überlebenswichtig. Nicaragua ist ein im zentralamerikanischen Vergleich privilegiertes Land. Es ist nicht nur das größte, sondern hat auch die ausgedehntesten Wälder, zwei der größten Seen in Lateinamerika, sehr fruchtbare vulkanische Böden und es liegt zwischen zwei Ozeanen woraus sich verschiedene Vorteile ergeben. Vor allem gibt es eine sehr dynamische Bevölkerung, die ein Bewusstsein für den Stellenwert der Natur entwickelt hat. Die Verein-barungen von Rio haben zu einem Erwachen im Sinne einer aktiven Beteiligung der Regierungen und der Zi-vilbevölkerung geführt.

Nicaragua zählt zu den vom Klimawandel am stärksten betroffenen Ländern. Welche Bedeutung wird großen Kon-ferenzen wie Rio+20 beigemessen und welche Auswirkun-gen haben sie auf Nicaragua?

In den letzten Jahren ist die Sorge um die ökologische Verletzlichkeit der Länder der Karibik, speziell der In-seln und der niedrigen zentralamerikanischen Gebiete durch den Klimawandel aufgekommen. Wir haben eine Reihe meteorologischer Phänomene beobachtet, von denen viele so katastrophal wie Hurrikane und tropische Stürme waren, die immense Schäden an Leben und Eigentum in Zentralamerika angerichtet haben. Es gibt nun mehrere Organisationen (wie Fundenic-SOS oder das Centro Humboldt), die untersuchen, wie wir uns an diese Veränderungen anpassen und die Auswirkungen dieser Veränderungen auf unsere Gebiete abschwächen können. Die Sorge über den Klimawandel und dessen Auswirkungen auf Nicaragua ist mittlerweile nicht nur

an Universitäten oder Schulen, sondern auch auf Kon-ferenzen und in den Medien zu einem wichtigen Thema geworden. Wir müssen uns respektvoll gegenüber der Umwelt verhalten, dann wird die Umwelt uns helfen, diese Veränderungen auszuhalten. Wichtig ist die Rettung des Nicaragua-Sees, da dieser aufgrund seiner Größe derzeit die wertvollste Wasserressource, nicht nur für Nicaragua, sondern für ganz Zentralamerika, ist. Sollte der Klimawandel noch extremer werden, wird die einzige Trinkwasserquelle der Nicaraguasee sein. Ge-wässer- und Umweltschutz erfordert auch Waldschutz, da der Wald das Klima reguliert, den Regen auffängt, das Wasser filtert und unsere ober- und unterirdischen Quellströme fließen lässt.

In Ihrer Amtszeit als Umweltschutzminister haben Sie die ersten Naturschutzgebiete eingerichtet.

Ich hatte das Glück, in dieser Zeit an globalen und regi-onalen Treffen teilzunehmen, um eine neue Ordnung, eine neue Harmonie zwischen Ökologie und Ökonomie zu etablieren. Bei meinem Amtsantritt gab es nur drei Naturschutzgebiete. Ich habe erkannt, dass Nicara-gua mehr als 70 potenzielle Gebiete hat, die man zu Schutzgebieten erklären könnte. Zwei der wichtigsten Errungenschaften war die Schaffung der großen Reser-vate tropischen Regenwaldes: Das Biosphärenreservat Bosawás, welches im zentralen Norden Nicaraguas liegt, und die Biosphäre Río Indio Maíz, die in der südlichen Karibikseite Nicaraguas liegt. Das Reservat Bosawás ist eines der größten Reservate tropischen Regenwaldes in Mittelamerika. Das Reservat Indio Maíz bildet einen Teil des zentralamerikanischen Biotopverbundes. Ich möchte an dieser Stelle erwähnen, dass wir bei diesen frühen Bemühungen um den Erhalt und die Verwal-tung der Reservate zusammen mit der bäuerlichen und indigenen Bevölkerung, die in der Regel in diesen Reservaten leben, stets sehr effektiv von der deutschen Entwicklungszusammenarbeit unterstützt wurden.

Es ist einfach, Umweltschutzgesetze zu erlassen, oft mangelt es aber an den Mitteln und Voraussetzungen, diese auch umzusetzen. Wie sieht das in Nicaragua aus?

Wir haben natürlich gute Gesetze, aber vielleicht man-gelt es uns an der Fähigkeit, sie durchzusetzen und die Vorteile des Umweltschutzes deutlich zu machen. Wir haben in den letzten Jahren kontinuierlich in der Presse, im Radio und im Fernsehen gearbeitet, um die Öffent-lichkeit über den natürlichen Reichtum und unsere Schutzbemühungen zu informieren. Dies ist eine genera-

Der Nicaraguasee mit

dem Vulkan Concepción

im Hintergrund.

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tionsübergreifende Herausforderung. Aber wir verstehen, jetzt besser als vor 30 oder 20 Jahren, welche Korrekturen wir vornehmen müssen. Auch wenn Gesetze manchmal aufgrund mangelnder Ressourcen oder Mobilität nicht umgesetzt werden können, so gibt es inzwischen doch ein Umweltbewusstsein der nicaraguanischen Bevölkerung, vor allem der Menschen, die auf dem Land, in den Wald-gebieten, an Seen und Flüssen leben. Sie wollen diese Ökosysteme schützen, weil sie ein wesentlicher Bestand-teil des eigenen Überlebens sind.

Im Jahr 2007 waren Sie Teil einer Initiative, den ersten nicaraguanischen Umweltfonds „Fondo Natura“ zu grün-den. Welche Hoffnungen waren damit verbunden?

Ich habe schon vor meiner Amtszeit, während meiner Zeit an der Universität, ein Konzept über die Bedeu-tung der natürlichen Ressourcen entwickelt. Damals war es selbst auf universitärer Ebene schwierig, die Idee der Ökologie als überlebenswichtige Wissenschaft zu vertreten, die auch zur Verbesserung des Lebens, der Gesundheit und zur Bildung beiträgt. Es gelang mir, Studiengänge einzurichten, die die ersten Absolventen in den Bereichen Umwelt und natürliche Ressourcen hervorbrachten. Danach begann eine neue Etappe: Die Förderung von Naturschutz durch die Einrichtung von Schutzgebieten. Mit Unterstützung von Freunden konnte ich vor 30 Jahren eine Finanzierung erhalten, um den ersten Nationalpark in Nicaragua einzurichten. Dann wurde ich Minister und konnte diese Idee nicht nur auf ein, sondern auf 77 Schutzgebiete ausweiten, mit dem Potenzial einer vernünftigen Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen.

2006 wurde ich von der National Geographic Society in Washington D.C. mit dem Titel „lateinamerikanischer Führer des Umweltschutzes“ ausgezeichnet. Das Preis-geld habe ich dem Fondo Natura (Umweltfond) der Organisation Fundenic zukommen lassen, die heute die führende Nichtregierungsorganisation (NRO) für Naturschutz in Nicaragua ist. Ich hoffe, dass deutsche NROs mit uns zusammenarbeiten werden, um uns gemeinsam für den Naturschutz einzusetzen. Nicaragua ist ein Land, in dem sich Naturschutz lohnt, weil es das Land mit den umfangreichsten natürlichen Ressourcen in Zentralamerika ist.

Sie haben einmal scherzhaft gesagt, dass die Nationalblume Nicaraguas Plastikmüll sei, da er überall zu finden ist. Wie kann eine Verhaltensänderung vor allem der jungen Men-schen bewirkt werden?

Ich habe viel Begeisterung für die Jugend. Jeden Tag gibt es mehr Menschen, die sich an unseren Kampagnen be-teiligen. Wenn wir eine Aufräumaktion in einem See, an einer Lagune oder an einem Strand machen, haben wir schnell Freiwillige, die bei den Reinigungsarbeiten mit-machen und danach fragen, was die nächste Aktivität ist, an der sie teilnehmen können. Und das macht mir große Freude, denn in fast 40 Jahren meines beruflichen Lebens sah ich, dass es schwierig ist, über Ökologie zu reden, aber jetzt ist die Situation viel besser und ich habe wirk-lich Lust, all diese jungen Leute zu treffen. Wir haben auch Fernseh-Programme, in denen wir erzählen, wie und warum man am Umweltschutz teilhaben sollte. Aber wir werden immer auch die Unterstützung der internati-onalen Entwicklungszusammenarbeit brauchen, um ein starker Meinungsführer im Land zu sein.

Sie erwähnten die Rolle der Zivilgesellschaft. Wie weit kann die Zivilgesellschaft mit Organisationen wie Fondo Natura/Fundenic-SOS den Staat beim Umwelt-schutz unterstützen und, wo nötig, ersetzen?

Der Beitrag der NROs ist von entscheidender Bedeu-tung, weil sich in diesen Organisationen der größte Enthusiasmus für den Umweltschutz abseits behördli-cher Regelungen, Kapazitäten oder Gesetzesbeschlüsse sammelt. Jeder Einzelne in diesen Organisationen will aus Überzeugung zum Umweltschutz beitragen. In den vergangenen 20 Jahren sind die nichtstaatlichen Organisationen angewachsen, eine erfolgreicher als die andere, und so haben wir viele Mängel der Regierung auffangen können.

Im Biosphärenreservat

Bosawas leben die

Mayangas im Einklang

mit der Natur.

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Hier möchte ich folgendes sagen: Die Entwicklungs-zusammenarbeit darf nicht darauf fokussiert sein, was eine Regierung macht oder nicht macht, sondern auf das Wohl und den Nutzen für die Bevölkerung, um de-ren Lebensqualität zu verbessern. Eine intakte Umwelt ist die Grundlage für Nahrung, Gesundheit, Bildung und Wohlstand der Bevölkerung. Deshalb betonen wir die Wichtigkeit, Wassereinzugsgebiete und Wälder zu erhalten, aber dies innerhalb eines Nutzungssystems, das Schutzbemühungen und wirtschaftliches Überleben verbindet. Und deshalb brauchen wir in Nicaragua die Unterstützung der deutschen Entwicklungszusammen-arbeit in Bezug auf das gesamte Ökosystem. Wasser ist wichtig, aber Wald ist auch wichtig, genauso wie Boden, Klima, die Landwirtschafts- und Wirtschaftstätigkeit und das Verhalten der Bevölkerung für ihr eigenes Überleben.

Letzten Monat fand der Weltgipfel Rio+20 statt. Was halten Sie von den Ergebnissen?

Ich denke die Ergebnisse sind etwas frustrierend. Bei jedem dieser Treffen gibt es Widerstände, selbst die bereits bestehenden Verträge und Übereinkünfte ein-zuhalten. Das Paradoxe an dieser Situation ist, dass der Klimawandel alle fünf Jahre bedrohlicher wird, und dass, statt eine Lösung zur Verringerung des Ver-schmutzungsgrades der Atmosphäre zu suchen, immer eine Ausrede gesucht wird, genau dies zu verschieben. Deshalb kann es Rio+25, Rio+30 geben, vielleicht sogar Rio+100, ohne das sich viel geändert hat.

Es wäre gut, wenn die Länder, die tatsächlich die Kapa-zität besitzen, den Klimawandel zu bekämpfen, etwas mehr Interesse zeigen würden, ihre Verpflichtungen zu erfüllen. Am Ende betrifft dieser nicht nur unsere ver-letzlichen tropischen Länder, sondern die gesamte Erde.

Was wären denn konkrete Maßnahmen?

Die Industrieländer sollten nicht nur ihre CO2-Emissi-onen reduzieren, sondern auch etwas zur Kompensation tun, zum Beispiel große Wälder schaffen, damit die Natur für die eigene Dekontaminierung arbeitet, indem sie Sauerstoff produziert und Kohlenstoff bindet. Diese konkrete Maßnahme ist in allen Ländern einfach umzu-setzen. Durch Temperatur und Feuchtigkeit haben aber besonders wir in den Tropen eine sehr hohe Fähigkeit der Natur sich zu regenerieren. Dies sollte ein weltwei-tes Bewusstsein dafür schaffen, dass wir in den Tropen die Formel und die Hoffnung haben, den Kohlenstoff durch eine nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder zu bekämpfen. Dafür brauchen wir aber Unterstützung.

Wärend die EU auf konkrete Regeln zum Umweltschutz setzt, gibt es Länder wie Indien und China, die dadurch ihre ökonomisches Wachstum gefährdet sehen.

Ich denke hier geht es um die Rettung des Planeten. Diese Länder sollten sich nicht durch Zukunftspro-jektionen einer besseren Wirtschaft begeistern lassen, sondern sollten mehr als „Weltbürger“ denken und sich unseren Planeten als großes „Heimatland“ vorstellen. All diese egoistischen Positionen müssen zum Wohl der Menscheit aufgegeben werden.

Dr. Incer, vielen Dank für das Gespräch.

Das Gespräch führte Florian Doerr, GIZ-Entwicklungs-

stipendiat bei Fundenic in Nicaragua.

Dr. Incer 2011

mit Studenten der

Universität für Agrar-

wissenschaften

während einer

Säuberungsaktion an

der Lagune Xiloa.

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Der Nationalpark Cajas ist Kernzone des Biosphärenreservats „Macizo del Cajas“.

Ecuador

Das Biosphärenreservat „macizo del Cajas” Motor für eine nachhaltige Entwicklung im Süden Ecuadors

Spätestens seit dem Weltgipfel in Rio de Janeiro

(1992) spielen der Schutz der Umwelt und die

Förderung einer nachhaltigen Entwicklung eine

wichtige Rolle in vielen Ländern Lateinamerikas.

So wurde 2008 in der Verfassung Ecuadors der aus

dem Kichua stammende Begriff „Sumak Kawsay“

(auf Deutsch etwa Lebensqualität) verankert.

Er soll das Modell einer auf ökonomischem

Wachstum basierenden Gesellschaft ablösen.

Die möglicherweise „grünste“ Verfassung der Welt

gibt der Natur einklagbare Rechte.

ecuador hat zurzeit vier von der UNESCO aus-gewiesene Biosphärenreservate, vornehmlich im Umfeld von großen Nationalparks im Amazonas-

gebiet, auf den Galapagos Inseln und deren marinem Umfeld. Sie wurden auf Betreiben des Umweltministe-riums geschaffen. Ein Biosphärenreservat ist eine geo-grafisch definierte Region, die ein oder mehrere Schutz-gebiete von globaler Bedeutung einbezieht. Es kann Städte und ländliche Gebiete, landwirtschaftliche und industriell genutzte Flächen und natürliche Ökosysteme umfassen. Hier werden unter weitreichender Mitwir-kung der dort lebenden Menschen umweltverträgliche und nachhaltige Nutzungen gefördert. Biosphärenreser-vate stehen auf drei thematischen Säulen: Nachhaltige Produktion und Entwicklung, Schutz der Kerngebiete sowie Austausch und gegenseitiges Lernen. Wichtig ist, dass diese drei Säulen etwa gleich stark sind.

Im Jahr 2009 entstand die Idee, ein fünftes Biosphären-reservat im Cajas-Massiv auszuweisen. Die ecuadoriani-

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schen Anden bilden zwei Ketten oder Kordilleren, die in gewissen Abständen von tief einschneidenden Fluss-tälern unterbrochen werden, welche das interandine Hochtal entwässern. Das Cajas-Massiv liegt zwischen den in den Pazifik mündenden Flüssen Río Cañar und Río Jubones. Es handelt sich um einen Gebirgsblock, der von der Küstenebene bis auf über 4.500 Meter auf-steigt, ein Hochplateau bildet und dann auf der anderen Seite ins Tal von Cuenca abfällt. Cuenca, drittgrößte Stadt Ecuadors, ist Weltkulturerbe. Im Zentrum des Massivs liegt der Nationalpark Cajas mit seinen Para-mos (Vegetationsform der Tropen in den Höhenlagen der Gebirge mit einer außergewöhnlichen Artenvielfalt und von enormer Bedeutung als Wasserspeicher). Hier entspringt das Trinkwasser, das von mehr als einer halben Million Menschen genutzt wird, das etwa 30 Prozent der Ecuadorianer mit Strom aus Wasserkraft versorgt und riesige Bananen und Kakaoplantagen in der Küstenebene bewässert.

erfolge im umweltmanagement

Im Bereich des Umweltmanagements (Wasser und Abwasser, Abfallwirtschaft, Recycling, Umweltdienst-leistungen) wurden vor allem im Kanton Cuenca große Fortschritte gemacht. Cuenca hat seit über zehn Jahren eine Kläranlage, die zurzeit etwa 70 Prozent des städti-schen Abwassers aufbereitet. Weiterhin gibt es etwa 30 kleinere Kläranlagen im ländlichen Teil des Kantons. Cuenca hat ein gut funktionierendes Müllentsorgungs-system, das auch die Entsorgung von stark umweltge-fährdenden Stoffen wie Altöl und Batterien einschließt,

sowie ein Recyclingsystem mit Kompostierungsanlage und Wiederverwertung von Rohstoffen.

Rings um das Cajas-Massiv gibt es Beispiele für natur-verträgliche und nachhaltige Nutzungen. Im Anden-hochland hat sich der agro-ökologische Anbau (eine Vorstufe zum biologischen Anbau) stark ausgedehnt. Ein breites Angebot von Früchten und Gemüse wird naturverträglich angebaut und auf verschiedenen Märk-ten von den Erzeugern verkauft. Ein wichtiges Thema ist die nachhaltige Viehzucht. Dazu müssen die Erträge auf den für Viehzucht geeigneten Weideflächen verbes-sert werden. Gleichzeitig müssen die Flächen entlang von Flussläufen und an Hängen renaturiert werden. Im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) unterstützt die GIZ die Wasser- und Telefonfirma ETAPA des Kantons Cuenca dabei, in verschiedenen Wasserein-zugsgebieten Maßnahmen umzusetzen, die sowohl den Milchbauern als auch den Bürgern der Stadt Cuenca zu Gute kommen. Bei den ersten steigen die Erträge, für die zweiten verbessert sich die Wasserqualität. Von großer Bedeutung sind ebenfalls Agroforstsysteme, das Anpflanzen von Bäumen auf Feldern und Weide-flächen, sowie als „lebende Zaunpfähle“ auf der Grenze von Ländereien. Agroforstsysteme tragen dazu bei, dass der Boden gehalten wird und Erosionsprozesse und Landrutsche verhindert werden.

Im Küstentiefland erstrecken sich für den Export be-stimmte Bananen- und Kakaoplantagen. Zum Großteil handelt es sich um konventionellen Anbau, mit allen

Biobananen für den

fairen Handel.

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seinen Begleiterscheinungen, wie Pestizideinsatz durch Flugzeuge, Anbau in Monokulturen, intensive Bewäs-serung. Seit einigen Jahren nimmt jedoch auch hier der biologische Anbau zu und die Produkte werden immer häufiger über Mechanismen des Fair Trade in den inter-nationalen Handel gebracht.

erwartungen an das Biosphärenreservat

In erster Linie sollen im auszuweisenden Biosphärenre-servat natur- und sozialverträgliche sowie nachhaltige Wirtschaftsformen gefördert und ein institutioneller Rahmen für eine nachhaltige Entwicklung geschaffen werden. Im Mittelpunkt steht die Verbesserung der Le-bensbedingungen der Menschen – vor allem im benach-teiligten ländlichen Raum.

Der thematische „rote Faden“ des Biosphärenreservats Cajas sind die Umweltdienstleistungen, wobei der Schwerpunkt eindeutig im Bereich Wasser liegt. In den letzten Jahren wurden im Rahmen der neuen Ver-fassung die Zuständigkeiten neu definiert und es fand eine Dezentralisierung statt. Die Verantwortung für be-stimmte Themenbereiche wurde auf die Lokalregierun-gen übertragen. Die Lokalregierungen müssen sich jetzt besser koordinieren und stärker kooperieren, was jedoch noch nicht immer gegeben ist, vor allem wenn es politi-sche Differenzen gibt. Ein Koordinierungsgremium für das Biosphärengebiet wird zu einer verbesserten Zusam-menarbeit der verschiedenen Regierungsebenen, des Pri-vatsektors und der Zivilgesellschaft beitragen. Hierbei geht es nicht darum, eine neue Institution zu schaffen, sondern bestehende Institutionen besser zu vernetzen.

Bisher sind die Beispiele für eine nachhaltige Entwick-lung und Nutzung meist örtlich begrenzt. Durch das im Aufbau befindliche Biosphärenreservat werden sie jedoch einem größeren Personenkreis bekannt gemacht. Die positiven Erfahrungen in Cuenca, im Bereich der nachhaltigen Viehzucht, werden mittlerweile anderen Kantonen vermittelt.

Aufbau, Management und Anerkennung des Biosphä-renreservats werden von einem multi-institutionellen Team vorangetrieben, das sich aus Vertretern verschie-dener Ministerien und Lokalregierungen zusammen setzt. Von der ersten Stunde an wird das Team von der GIZ im Auftrag des BMZ unterstützt. Ein Entwurf für den Antrag an die UNESCO auf Anerkennung als Biosphärenreservat wurde formuliert und in den letzten Monaten den verschiedenen Lokalregierungen (Provin-

zen, Kantone), sowie anderen wichtigen Akteuren vor-gestellt. So konnte ihre Beteiligung und Unterstützung weitestgehend sichergestellt werden. Gleichzeitig wurde an einem Modell für das Management des Biosphären-reservats gearbeitet, in das die Erfahrungen anderer Bio-sphärenreservate in Ecuador und aus anderen Ländern eingeflossen sind.

Der Antrag wird im September dieses Jahres über die Zentralregierung in Quito an die UNESCO in Paris geschickt. Wir rechnen mit einer Anerkennung durch die UNESCO bis spätestens Dezember 2012. Bereits jetzt wurde das Biosphärenreservat fest in die Planung der ecuadorianischen Regierung einbezogen und wird so Bestandteil der Programme für eine nachhaltige Bewirt-schaftung und Entwicklung in Ecuador sein.

Andreas Schubert

Andreas Schubert ist Entwicklungshelfer der GIZ

in Ecuador.Die Inka Ruinen

Cojitambo bei Azogues

sind Teil

des Nationalparks.

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Nicaragua

umweltbildung für die erwachsenen von morgenBeispielhaftes Engagement für den Umweltschutz

Junge Menschen, die erfahren, welche Umwelt-

probleme es gibt und wie sie entstehen, werden sich

als Erwachsene anders verhalten und bewusster mit

der Natur umgehen. Das ist die Hoffnung von SONATI,

einer Organisation für Umweltbildung in Nicaragua.

Und erste Erfolge zeigen, dass dies der richtige

Weg ist. Die jungen Erwachsenen jedenfalls sind mit

Begeisterung bei der Sache und auch in der Bevölke-

rung wächst das Bewusstsein für den Umweltschutz.

Die Kreativität, die Ideale und der Mut der Jugend der Welt sollten mobilisiert werden, um eine welt-weite Partnerschaft zu schaffen und so eine nach-

haltige Entwicklung herbeizuführen und eine bessere Zukunft für alle zu sichern.“ So lautet der Grundsatz 21 der Rio Deklaration über Umwelt und Entwicklung aus dem Jahre 1992. Das ist auch die Auffassung von Arnon Dattner, Noni genannt. 2009 kam er in die alte Kolonial- und Studentenstadt León in Nicaragua und gründete die Umweltorganisation Sociedad y Naturaleza Internacional, kurz SONATI. „Gesetze sind viel zu weit weg von den Menschen“, findet der 38-jährige Israeli, „das Allerwichtigste ist es, die Begeisterung der Men-schen zu entfachen, die Natur zu schützen und zu lieben und sich für den Umweltschutz einzusetzen.“ Deshalb setzt er sich für Umweltbildung ein und findet, dass sie immer gratis sein sollte. Dafür braucht SONATI jedoch Geld. Um von externen Geldgebern unabhängig zu sein, hat Noni ein Hostel und einen „Tour Operator“ in die Organisation integriert. Zudem haben Einheimische und auch die Reisenden selbst die Möglichkeit, sich

Die drei weltwärts-

Freiwilligen arbeiten

gemeinsam mit

nicaraguanischen

Jugendlichen an einem

Wandbild aus

Recyclingmaterialien.

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Nicaragua

umweltbildung für die erwachsenen von morgenBeispielhaftes Engagement für den Umweltschutz

aktiv einzubringen und zum Beispiel an der Rezeption des Hostels, als Tourguide oder im Bereich der Umwelt-bildung mitzuarbeiten. Der Tourismus finanziert so die lokale Umweltbildungsarbeit. Über die Art und Weise wie Tourismus sich positiv auf nachhaltige Umweltent-wicklung auswirken kann, wurde auch 1992 intensiv auf der Rio Konferenz diskutiert. Arnon Dattner hat mit seinem Projekt einen wichtigen Beitrag zur Umset-zung der Rio-Deklaration geleistet und innovative Wege im Bereich der Umweltbildung aufgezeigt.

Obwohl es in Nicaragua einige der besten Umweltge-setze der Welt gibt, sieht die Realität leider anders aus. „Die Politik interessiert sich wenig für die Umwelt. Umweltthemen stehen nicht auf der Agenda“, hat Noni festgestellt, „warum auch, es interessiert die Bevölke-rung ja auch nicht.“ Ein großes Problem ist das fehlende Umweltbewusstsein. Viele Menschen werfen ihren Müll achtlos auf die Straße oder verbrennen ihn. „Sie wissen nicht, dass sie der Natur schaden. Die Menschen brennen den Wald ab, fällen die Bäume und fragen sich dann, warum sie kein Wasser mehr haben oder es zu Erosionen kommt“, sagt er. Sie geben die Schuld dafür zum Beispiel dem Klimawandel, anstatt die Ge-schehnisse mit ihrem eigenen Verhalten in Verbindung zu bringen. Es gäbe nur eine Möglichkeit, dies zu ver-ändern: Die Menschen müssen die Zusammenhänge verstehen und lernen, die Natur zu schätzen. „Wenn der Umweltschutz öffentliches Interesse erfährt, wird sich auch die Politik das Thema auf die Fahnen schreiben“, ist sich Noni sicher. Dieses Ziel zu erreichen ist Teil der Arbeit von SONATI.

Wissen vermitteln und spielend lernen

Sein Team hat sich Noni aus jungen, motivierten und umweltbewussten Nicaraguanerinnen und Nicaragu-anern zusammengestellt. Sie waren zunächst als Frei-willige für SONATI tätig und sind heute festangestellt. Unter seiner Anleitung haben sie eine halbjährige Ausbildung zum Umweltguide erhalten. Cristhiam Osmar Berrios Montes, 23 Jahre, war einer der ersten: „In Nicaragua ist die Situation sehr kompliziert. Die Armut ist ein großes Problem. Viele Menschen leben den heutigen Tag und machen sich keine Gedanken darüber, was morgen sein wird“, analysiert er die Situa-tion in seinem Land. Es sei schwer, die Einstellung der Menschen zu ändern, die ihr ganzes Leben so gelebt ha-ben. Deswegen hat SONATI das Hauptaugenmerk auf die Jugendlichen gelegt. „Die Umweltbildung, die die Jugend von heute erhält, wird die Veränderung der Um-

welt von morgen ausmachen. Es ist wichtig, dass man die Vorteile sieht, die verantwortungsbewusstes und nachhaltiges Handeln bringt, Vorteile für sich selbst, für die Familie und die Freunde. Schon immer habe ich mich für die Umweltarbeit interessiert, aber nie eine ge-eignete Organisation gefunden, deren Arbeit verspricht, nachhaltig Früchte zu tragen“, sagt er. In SONATI hat er sie gefunden.

Heute, drei Jahre nachdem die Organisation ins Le-ben gerufen wurde, arbeitet SONATI schon mit über 10.000 Jugendlichen und mehr als 15 Schulen in un-terschiedlichsten Projekten zusammen und ist interna-tional vernetzt. Seit 2011 kooperiert SONATI mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammen-arbeit (GIZ), die im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung das Projekt unter anderem mit drei weltwärts-Freiwilli-gen unterstützt. In diesem Rahmen arbeite ich seit Au-gust 2011 bei SONATI und bin neben anderem für den Recyclingpark verantwortlich. Auf einer Grünfläche in

SONATI organisiert

Ausflüge mit Kindern,

um ihnen Umwelt-

themen nahe zu bringen.

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der Stadt soll langfristig ein Spielplatz aus Recyclingma-terialien, wie zum Beispiel alten Reifen, Glas- und Plas-tikflaschen entstehen. Carolin Kern, ebenfalls weltwärts- Freiwillige, arbeitet überwiegend mit Jugendlichen an Wandbildern aus alten Flaschendeckeln, Schuhsohlen oder Glasüberresten. Zusammen mit ihr und einer wei-teren weltwärts-Freiwilligen, Lea Wippo, arbeite ich im Projekt „Colegio verde“ (grüne Schule). Dabei handelt es sich um einen Wettbewerb, an dem zehn Schulen mit jeweils einem Jahrgang teilnehmen und an Umweltpro-jekten wie den Wandbildern oder dem Recyclingpark mitwirken. SONATI hält Vorträge zu Umweltthemen an den Schulen und am Ende des Schuljahres treten diese in einem Wettbewerb zu ihrem Umweltwissen gegeneinander an. Die Gewinner dürfen sich über einen Ausflug auf den Vulkan Telica freuen, der eines der Toptouristenziele der Region ist.

Ein ganz besonderes Projekt ist ein Umweltguide-Kurs, an dem pro Jahr sieben Schülerinnen und Schüler ab neun Jahren teilnehmen. Neben der Vermittlung von Fachwissen über Fauna und Flora können die Kinder hier auch kostenlos Englisch lernen. SONATI erhofft sich, dass aus diesen Kursen verantwortungsbewusste junge Menschen hervorgehen, die sich leidenschaftlich für den Umweltschutz einsetzen und ihr Wissen weiter-geben.

In umweltbildung investieren zahlt sich aus

In diesem Jahr ist SONATI eine Kooperation mit dem nicaraguanischen Bildungsministerium eingegangen und liefert Materialien für einen Umweltunterricht im gesamten Bundesstaat León. „Heute stoßen wir fast überall auf offene Türen“, freut sich Noni, „aber das war nicht immer so. Am Anfang wollte fast niemand etwas von uns und vom Umweltschutz wissen“, erinnert er sich.

Durch harte Arbeit, zahlreiche Aktionen, wie ein jähr-lich stattfindendes Umweltfestival und viele Gespräche, hat SONATI das Interesse der Menschen geweckt und ist heute der Bevölkerung ein Begriff: „SONATI ist für mich nicht nur ein Hostel, sondern vor allem eine Schule des Umweltbewusstseins, wo Menschen jeden Alters lernen, die Umwelt zu schützen“, sagt etwa Jose Louis Juarez Mendoza. Und die junge Architekturstu-dentin Alejandra Mendez ist der Meinung, dass die Arbeit von SONATI sehr wichtig für die Entwicklung Nicaraguas ist. Vor allem lobt sie das Konzept des nach-haltigen Tourismus. Und auch viele Touristen kommen zu SONATI, um das Projekt zu unterstützen. Simon Gygax aus der Schweiz ist zu Besuch im Hostel. Er hat auf seiner Reise durch Zentralamerika festgestellt, dass die Umweltverschmutzung eines der größten Probleme ist. „Beim Busfahren wird alles rausgeschmissen. Ganze Müllhalden lagern am Straßenrand“, stellte er fest. „Die Arbeit von SONATI setzt an der richtigen Stelle an und ich freue mich, so ein Projekt mit einem kleinen Beitrag unterstützen zu können.“ „In Umweltbildung zu inves-tieren ist eine nachhaltige Investition. Es gibt hier aber noch viel zu tun“, sagt der 21-jährige Niklas Gadelii aus Schweden.

Dessen ist sich auch Arnon Dattner bewusst. Für die Zukunft hat er große Pläne: „Ich möchte ein großes, professionelles Netzwerk für kostenlose Umweltbildung aufbauen, zuerst in ganz Nicaragua, dann in Zentral-amerika und dann weltweit.“

Jonas Freist-Held

Jonas Freist-Held ist weltwärts -Freiwilliger

der GIZ in Nicaragua.

Im „Recyclingpark“

haben die Jugendlichen

Bänke aus alten

Autoreifen gebaut.

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Neuer Vorstand der GIZ

k Zum 1. Juli 2012 hat ein neuer Vorstand das Ruder der GIZ über-

nommen. Vorstandssprecherin ist Tanja Gönner, die weiteren Vorstands-

mitglieder sind Christoph Beier, Tom Pätz, Hans-Joachim Preuß und

Cornelia Richter. Tanja Gönner ist Juristin und durch ihre politische Tätig-

keit in Baden Württemberg, unter anderem als Umweltministerin, bekannt

geworden. Ihre politischen Mandate hat sie jedoch niedergelegt, um sich

ganz ihren Aufgaben in der GIZ zu widmen. Christoph Beier, Tom Pätz

und Hans-Joachim Preuß gehörten bereits dem alten GIZ-Vorstand an.

Neu dazu gekommen ist auch Cornelia Richter, langjährige Mitarbeiterin

der GTZ/GIZ in leitender Funktion. Bernd Eisenblätter, der vorherige

Vorstandssprecher, und die Vorstandsmitglieder Jürgen Wilhelm und

Adolf Kloke-Lesch sind zum 30. Juni 2012 in den Ruhestand gegangen.

Der neue Vorstand stellte sich am 13. Juli 2012 den Mitarbeiterinnen

und Mitarbeitern im Rahmen einer offiziellen Einführungsveranstaltung

in Bonn und Eschborn vor. Der neue Fünfer-Vorstand sei eine gute Mi-

schung unterschiedlicher Personen, Temperamente und Erfahrungen,

stellte Staatssekretär Hans-Jürgen Beerfeltz, der auch Aufsichtsrats-

vorsitzender der GIZ ist, bei diesem Anlass fest. „Mit der neuen GIZ

verfolgen wir drei Ziele: Erstens wird die bilaterale deutsche Techni-

sche Zusammenarbeit integriert geplant und durchgeführt – und zwar

nachfrage- und wirkungsorientiert. Zweitens ermöglicht der erweiterte

Gesellschaftszweck ein Wachstum des Unternehmens unabhängig von

Aufträgen des BMZ und sichert so Arbeitsplätze. Drittens wird die GIZ

noch wirtschaftlicher, indem sie Ressourcen noch effizienter einsetzt

und so mehr ,Muskeln aufbaut‘.“

Tanja Gönner verwies auf einen Vorteil ihres Neuseins. „Ich habe keine

Vergangenheit in einer der Vorgängerorganisationen. Ich bin GIZ.“ Ihr

imponiere, dass die Kolleginnen und Kollegen die Integration gemein-

sam anpackten, das habe sie in den wenigen Tagen bereits beobachten

können. „Auf die bisherigen Erfolge können Sie sehr stolz sein. Und die

noch offenen Baustellen werden wir zu einem guten Abschluss führen.“

Für das Unternehmen wünscht sie sich Kontinuität in der grundlegen-

den strategischen Ausrichtung, aber auch Bereitschaft zu Veränderung.

„Ich möchte Sie dafür gewinnen, die neuen Herausforderungen mit

Veränderungsbereitschaft und Engagement, aber auch mit großer Zu-

versicht anzunehmen.“ Die GIZ sei „die“ Umsetzerin der Bundesregierung

in der internationalen Zusammenarbeit für nachhaltige Entwicklung.

„Nachhaltigkeit ist Kern unserer Arbeit.“ Eine „Diversifizierung 2.0“ sei

wichtig, um den Sprung in der Beauftragung durch private Unternehmen

vollziehen zu können. „Wir erfahren zurzeit eine große Unterstützung der

Bundesregierung. Erfolgversprechende Ansatzpunkte sehe ich beispiels-

weise in der Umsetzung der Energiewende in Deutschland oder der

Modernisierung der Berufsbildung in Europa.“ Diesen Prozess werde

sie mit großem Interesse weiter verfolgen.

Die zweite neue Frau im Vorstand, Cornelia Richter, kann auf langjährige

Erfahrungen in der Entwicklungszusammenarbeit zurückblicken: Aus-

landsaufenthalte, ihre Arbeit beim Deutschen Institut für Entwicklungs-

politik (DIE), im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit

und Entwicklung (BMZ) und seit 1989 bei der GTZ/GIZ. Sie machte klar:

Hier steht eine, die den Betrieb kennt. Die GIZ sei ein lernendes Unter-

nehmen, für dessen gemeinsame Unternehmenskultur jede Mitarbeiterin

und jeder Mitarbeiter verantwortlich sei. „Wir wollen als führender

Dienstleister für innovative und nachhaltige Lösungen unser Know-how

anbieten und als umsetzungsstark bei Auftraggebern und Kooperations-

partnern wahrgenommen werden.“

Tabata Kunze

Staatssekretär

Hans-Jürgen Beerfeltz,

Tom Pätz,

Cornelia Richter,

Christoph Beier,

Hans-Joachim Preuß,

Tanja Gönner (v. l. n. r.)

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Die GIZ ist ein tolles unternehmen! Interview mit prof. Dr. Jürgen Wilhelm

Über viele Jahre hat Jürgen Wilhelm die internationale Zusammen-

arbeit für nachhaltige Entwicklung entscheidend mitgestaltet:

seit 1979 als Referent und Referatsleiter im Bundesministerium für

wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), seit 1998

als Geschäftsführer des DED und seit dem 1. Januar 2011 als Vor-

standsmitglied der GIZ. Jürgen Wilhelm ist nun in den Ruhestand ge-

gangen. Von „Ruhestand“ kann aber noch lange keine Rede sein, wie

er der Redaktion des GIZ-Briefes bestätigt. Im folgenden Interview

wirft er einen Blick zurück auf die Zeit beim DED und in der GIZ.

Als Sie 1998 Geschäftsführer des Deutschen Entwicklungs-

dienstes wurden, wollten Sie ein politischer Geschäftsführer sein.

Was waren Ihre Ziele, wo lagen Schwierigkeiten und auf welche

Erfolge blicken Sie zurück?

Das Wort vom politischen Geschäftsführer war stets entwicklungs-

politisch und zu keinem Zeitpunkt parteipolitisch gemeint. Entwick-

lungspolitisch war der DED damals als wichtiges Instrument der

bilateralen Zusammenarbeit anerkannt, arbeitete aber zumeist

isoliert. Er kooperierte selten mit GTZ, KfW oder gar internationalen

Institutionen. Etwa 80 Entwicklungshelfer/-innen (EH) von damals

nicht mehr als 780 waren in Kooperationsprojekten tätig. Im Jahr

vor der Fusion, also 2010, waren von den rund 1.150 EH etwa die

Hälfte bereits in Kooperationsprojekten tätig. Viele EH hatten da-

mals kein Fahrzeug, kaum Mittel, um die notwendigen Aktivitäten

durchführen zu können. All‘ dies ist durch die Zusammenarbeit ins-

besondere mit InWent, GTZ und KfW im letzten Jahrzehnt deutlich

verbessert worden. Vor allem aber hat sich die Wirkung der deut-

schen Entwicklungszusammenarbeit (EZ) dadurch spürbar erhöht,

und das ist aus der Sicht unserer Partner das Wichtigste.

Bundesminister Dirk Niebel (im Bild rechts) verabschiedete Jürgen Wilhelm in den Ruhestand.

Zu den Gästen zählte auch der Berater des palästinensischen Präsidenten, Minister Abdallah al-Frangi (Mitte).

Page 33: GIZ-Brief Rio+20 (2/2012)

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Was waren wichtige Stationen in dieser Zeit?

Sicher waren der Einstieg des DED in den Zivilen Friedensdienst

und die Erhöhung der Zahl der Entwicklungshelfer sowie die guten

Jahre mit dem neuen Instrument „weltwärts“ die einschneidendsten

Reformen. Dazu gehört aber auch die Einrichtung Deutscher Häuser

der Entwicklungszusammenarbeit, die für unsere Partner wichtige

Anlaufstellen geworden sind. Innerhalb des DED bildete der Umzug

von Berlin nach Bonn im Jahr 2000 die signifikanteste Station.

Durch den enormen Personalwechsel wurden an alle Mitarbeiterin-

nen und Mitarbeiter, die bei uns blieben, ungeheure Anforderungen

gestellt, die wir aber mit gutem Teamgeist und straffer Führung

glänzend gemeistert haben.

Welche Ereignisse und Begegnungen sind Ihnen besonders

in Erinnerung geblieben?

Die Zusammenarbeit mit dem Verwaltungsrat war zwar nicht

immer einfach, aber es ist sicher auch dem verstorbenen langjäh-

rigen Vorsitzenden Dr. Runge zu verdanken, dass der DED seinen

Reformweg gehen konnte. Hier und bei vielen Kollegen des BMZ

gab es große Unterstützung.

Begegnungen hat es derart viele gegeben, dass ich keine Namen

nennen möchte. Eindrucksvoll und sympathisch für mich insgesamt

ist mir, übrigens nicht nur während meiner Zeit beim DED, geblieben,

unter welch‘ bescheidenen Lebensbedingungen unsere Partner mit

voller Zuversicht, enormem Fleiß und mit wie viel Klugheit ihre Le-

benssituationen gemeistert und außerdem zumeist noch solidarisch

für und mit anderen gearbeitet haben. Ein Verhalten, das übrigens die

Arbeitseinstellung unserer EH auch immer wieder auszeichnete.

14 Jahre Ihres Berufslebens haben Sie dem DED und

zuletzt der GIZ gewidmet. Was bedeutet diese Zeit für Sie,

wenn Sie auf Ihr berufliches Lebenswerk zurückblicken?

Die Zeit als Geschäftsführer des DED war sicher die prägendste

meiner beruflichen Laufbahn, zumal ich selbst auch den DED

prägen durfte. Da ich von Anfang an eine Fusion der drei Orga-

nisationen InWent, GTZ und DED offensiv und öffentlich begrüßt

habe – was mir manch kritische Bemerkung einbrachte – war

die im vorigen Jahr begonnene Integration nach der rechtlichen

Fusion auch eine Erfüllung meiner entwicklungspolitischen

Wunschvorstellung. Der DED war darauf sehr gut vorbereitet.

Dass es zurzeit noch ein wenig holpert und hier und da Missver-

ständnisse entstehen, ist völlig normal und muss mit Augenmaß,

Empathie und Klugheit gemeistert werden. Auch werden die EH-

Zahlen im kommenden Jahr wieder nach oben gehen; dessen bin

ich ganz sicher. „Dellen“ hat es im Zyklus der Entsendung immer

wieder gegeben.

Was wünschen Sie der GIZ für ihre weitere Arbeit?

Die GIZ ist ein tolles Unternehmen! Jeder, der hier arbeitet, ist

in gewisser Weise privilegiert und kann stolz und selbstbewusst mit

den Partnern an der Verbesserung der ökonomischen, politischen,

sozialen und ökologischen Situation auf Augenhöhe arbeiten.

Wo gibt es eine vergleichbare Arbeitssituation, die derart befriedi-

gen kann?

Wie sehen Sie die Zukunft der Entwicklungshelferinnen und

Entwicklungshelfer?

Sie sind ein fester und nicht wegzudenkender Bestandteil der

deutschen und internationalen Zusammenarbeit, der Qualität sichert

und im Rahmen der EZ für eine unmittelbare Verbindung zu den

Menschen steht, für die die Reformen und Veränderungen gedacht

sind. Die Konzentration der Zusammenarbeit mit und durch die EH

– wie übrigens häufig auch der CIMler – auf die lokale Ebene ist

ein unverzichtbarer Bestandteil der EZ. Und auch die positiven Wir-

kungen der Rückkehrer auf die deutsche Gesellschaft dürfen nicht

vergessen werden.

Wie werden Sie der GIZ verbunden bleiben?

Das wird sich zeigen. Zurzeit habe ich einen Gutachterauftrag

im Rahmen der Stadtentwicklung, der helfen soll, Wege für eine

verbesserte Kooperation zwischen dem Deutschen Städtetag, der

GIZ und Engagement Global zu finden, damit die Städte ihr wuch-

tiges Potenzial besser in die internationale EZ einbringen können.

Sicher spielt dabei meine jahrzehntelange Erfahrung in der Kom-

munal- und Landespolitik eine Rolle. Wenn sich darüber hinaus in

Zukunft hin und wieder Aufgaben stellen sollten, bei denen ich für

die GIZ aufgrund meines persönlichen und politischen Netzwerkes

nützlich sein könnte, werde ich dafür gerne zur Verfügung stehen.

Als politisch und gesellschaftlich engagierter Mensch werden

Sie auch darüber hinaus weiterhin aktiv sein. Welche Pläne haben

Sie für die nächsten Jahre?

Ich bin noch bis zum Ende des Jahres 2014 als Vorsitzender der

Landschaftsversammlung des Landschaftsverbandes Rheinland

in Köln gewählt. Dieser sehr große Verband mit mehr als 15.000

Mitarbeitern spielt in NRW eine bedeutende Rolle in der Sozial- und

Kulturpolitik. Ferner werde ich mich als Rechtsanwalt niederlassen

und mit einer Berliner Kanzlei zusammenarbeiten, sie vor allem

wissenschaftlich beraten. Zudem werde ich meinen Aufgaben als

Professor an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf nachkom-

men. Und dann gibt es ja noch die Familie!

Professor Wilhelm, ich danke Ihnen für das Gespräch.

Page 34: GIZ-Brief Rio+20 (2/2012)

gizBrief 2/3.2012E BLICkpuNkt

h i e r

„Globale Nachbarn“ für Zukunftsprojekt gesucht

Arbeitskreis für entwicklungspolitik und selbstbesteuerung

k Schon mal darüber nachgedacht, die Zukunft gemeinschaftlich

zu planen? Das Projekt GlobaLokal bietet dafür das ideale Lebens-

und Arbeitsumfeld. Ziel ist die Verbindung von gemeinschaftlichem

Wohnen mit entwicklungsorientierten Aktivitäten und interkulturellem

Austausch. Die Initiatoren haben langjährige Erfahrung in der Entwick-

lungszusammenarbeit und der Humanitären Hilfe. GlobaLokal ist offen

für Menschen, die am Aufbau dieses Vorhabens mitarbeiten wollen.

Das Projekt wendet sich besonders an Menschen, die in der Entwick-

lungszusammenarbeit aktiv sind oder sich für interkulturellen Aus-

tausch und Völkerverständigung einsetzen und darüber hinaus auch

an Rückkehrer/-innen aus der Entwicklungszusammenarbeit sowie

an Menschen mit einer Zuwanderungsgeschichte. Interessierte aller

Altersgruppen und unterschiedlicher Herkunft sollen für dieses

Vorhaben gewonnen werden.

Mit einem breiten Spektrum an kulturellen und sozialen Erfahrungen

können neue Perspektiven und Einsichten aus der Praxis beispielsweise

in Schulen, Universitäten, Initiativgruppen vermitteln werden. Ein Ziel

ist es, fachbezogene Angebote wie auch Kurse und Seminare für die

breite Öffentlichkeit anzubieten. Damit wird Entwicklungspolitik sicht-

barer und die breite Bevölkerung kann stärker eingebunden und für ein

Engagement gewonnen werden. Weitere Ideen von GlobaLokal sind ein

sogenanntes Rückkehrerhaus, die Einrichtung von Bürogemeinschaften,

Werkräumen und Ateliers – je nach Interesse sowie finanziellen Mög-

lichkeiten des Projektes.

Seit April 2012 ist GlobaLokal Mitglied im Netzwerk Frankfurt für

gemeinschaftliches Wohnen e.V.. Die nächsten Schritte bis Ende 2012:

ein erstes Treffen von Interessierten, die Gründung einer juristischen

Person „GlobaLokal“ (Verein, Genossenschaft, GmbH) und die Klärung

der Standortfrage. Bis Ende 2014 soll die Objektauswahl, die Identifizie-

rung und Einbindung von Kooperationspartnern und die Erarbeitung

von Detailplänen (Finanzierung, Organisation, Architektur) erfolgen.

Die Umsetzung des Projekts ist bis zum Jahr 2016 im Rhein-Main-

Gebiet geplant.

Kontakt und weitere Informationen für Interessierte und Neugierige:

Edmund Gabriel / Mathias Sommer, Telefon: 01 76-5 675 28 07

E-Mail: [email protected]

k Der Arbeitskreis für Entwicklungspolitik und Selbstbesteuerung

(AES) ist ein gemeinnütziger Verein in Bayern, der sich Ende der 60er

Jahre gebildet und heute etwa 60 Mitglieder hat. Sie zahlen eine

freiwillige „Entwicklungssteuer“, um glaubwürdig Gerechtigkeit und

Solidarität zu praktizieren.

Der AES fördert Projekte, die nach folgenden Kriterien ausgewählt

werden:

k Sie müssen von der einheimischen Bevölkerung selbst gewollt

und getragen werden.

k Sie sollen einer großen Gemeinschaft zugutekommen, ökologisch

verträglich sein und die Eigeninitiative fördern.

k Schwerpunktmäßig werden Bildungs- und Ausbildungsprojekte,

vor allem für Frauen, unterstützt.

k Der AES gibt Starthilfe für Kleinprojekte, die nicht von größeren

Organisationen gefördert werden.

k In Deutschland unterstützt der AES Initiativen, die zu einem

veränderten Bewusstsein und zu einer verantwortungsvollen

Lebensführung beitragen.

k Bevorzugt werden Projekte gefördert, zu denen ein unmittelbarer

Kontakt gehalten werden kann.

Der Arbeitskreis ist auch für Anfragen von Entwicklungshelfer/-innen

offen, die durch ihre Kontakte im Partnerland für Projekte Geldgeber

suchen. Wer also auf Grund seiner mehrjährigen Arbeit und Erfahrung

vor Ort ein Projekt unterstützen möchte, das von einheimischer Seite

initiiert wird, kann sich an den AES wenden. Interessenten können

auch zur Mitgliederversammlung im Frühjahr oder Herbst kommen und

dort das Projekt direkt vorstellen. Bei Zusage einer finanziellen Förde-

rung betreuen sie dann das Projekt, halten den Kontakt und berichten

(schriftlich und/oder mündlich) von der „erfolgreichen“ Durchführung.

In der Regel finanziert der AES Projekte mit Beträgen von bis zu

6.000,- Euro; in Ausnahmefällen kann ein Projekt auch mehrere Jahr

lang gefördert werden.

Die nächste Mitgliederversammlung findet am 6. Oktober 2012 in

Ruhpolding/Bayern statt. Aktive oder ehemalige Fachkräfte aus dem

Entwicklungsdienst sind herzlich eingeladen, im Arbeitskreis mitzu-

arbeiten, ihn zu unterstützen und zu beraten.

Kontakt und Anfragen an: Dr. Dietmar Stoller

E-Mail: [email protected], Telefon: 08382-40 90 66

Website: http://www.aes-ev.de

Rückkehrerinitiativen in Deutschland

Page 35: GIZ-Brief Rio+20 (2/2012)

h i e r

3534

Das Baumpflanzprogramm von „pro Benin“

k 1990 gründeten ehemalige Entwicklungshelfer den gemeinnützigen Verein

„Pro Benin“. Aktuell zählt „Pro Benin“ über 100 Mitglieder, die fast alle einmal

als Entwicklungshelfer in Dahomey beziehungsweise Benin gearbeitet hatten.

Begonnen haben die Aktivitäten mit Emmanuel Zannou, Absolvent der land-

wirtschaftlichen Fachhochschule Sékou. Er errichtete in Dassa-Zoumé mit Hilfe

von „Pro Benin“ eine kleine Baumschule zur Versorgung des lokalen Marktes.

Dort bildete er im Vereinsauftrag zehn junge Baumschuler aus, die sich in ihren

jeweiligen Dörfern ebenfalls mit privaten Baumschulen niederließ und von

Produktion und Verkauf ihrer angezogenen Bäume leben.

In der Nähe der Baumschulen bildeten sich in den verschiedenen Dörfern

Pflanzergruppen, die von „Pro Benin“ kleine Pflanzprämien pro Baum als Aner-

kennung erhalten, sobald ein neugepflanzter Baum eine Trockenzeit überlebt hat.

Die Erfassung und Zählung dieser neu gepflanzten Bäume erfolgt durch neutrale

Zähltrupps. Hauptsächlich werden Teakbäume, veredelte Obstbäume, Ölpalmen,

Schattenbäume, Einfriedungshecken und andere Gehölze angepflanzt. Neben

Frucht- und Forstbäumen wird auch Wert auf Erhalt und Anzucht von Medizi-

nalpflanzen gelegt. Die Bäume werden auf Privatgrundstücken unter Anleitung

durch die dafür von „Pro Benin“ entlohnten Baumschuler gepflanzt und

individuell gepflegt.

Im Süden Benins entstanden so bereits kleine Obstanlagen und Haine, während

sich im Norden anstelle von Buschweiden eine parkähnliche Agroforstwirtschaft

ausbreitet. Wichtig ist „Pro Benin“, dass der Gesamtbaumbestand erhalten bleibt

beziehungsweise wieder wächst. Von 1992 bis 2011 wurden knapp eine Million

Bäume im Rahmen des Projekts angepflanzt.

Wer den Verein unterstützen oder

weitere Informationen erhalten möchte,

kann sich an den Vorsitzenden, Wolfgang Welle, wenden.

[email protected]

http://probenin.privat.t-online.de/Emmanuel Zannou bei der Orangenernte in einer von „Pro Benin“

unterstützten Obstbaumpflanzung.

© P

ro B

enin

k Am 24. Juni 2013 jährt sich das Gründungsdatum des ded zum 50. Mal.

Eine Initiative von ehemaligen Entwicklungshelferinnen und Entwicklungshelfern

sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern organisiert ein Begegnungsfest,

das vom 24. bis 26. Mai 2013 im Biosphärenreservat Schorfheide,

nördlich von Berlin stattfinden wird.

Eine schöne Gelegenheit, ehemaligen Kolleginnen und Kollegen wieder zu treffen,

sich auszutauschen, aber auch zu diskutieren, welche Rolle der Entwicklungs-

dienst in der heutigen Zeit spielen kann.

Anmeldung und weitere Informationen unter:

www.ded50.de oder [email protected]

Begegnungsfest im Jahr 2013

Page 36: GIZ-Brief Rio+20 (2/2012)

gizBrief 2/3.2012E BLICkpuNkt

h i e r

Brücken zwischen entwicklungs-

forschung und entwicklungspolitik

3 Das Verhältnis zwischen Wissenschaft

und Praxis ist allzu oft von Missverständ-

nissen geprägt. Die Praktiker beklagen

sich über praxisferne Konzepte aus dem

akademischen Elfenbeinturm und die

Wissenschaftler wundern sich, dass ihre

aus Theorie und Empirie abgeleiteten

Vorschläge nur selten umgesetzt wer-

den. Vor diesem Dilemma ist auch die

Entwicklungspolitik nicht gefeit. Umso

besser, dass Brücken existieren zwischen

Entwicklungsforschung und Entwick-

lungspolitik. Michael Bohnet baut solche Brücken. In seiner

fast 700 Seiten umfassenden Aufsatzsammlung blickt der

emeritierte Professor für Volkswirtschaftslehre und ehema-

lige Abteilungsleiter des BMZ zurück auf „40 Jahre Brücken

zwischen Entwicklungsforschung und Entwicklungspolitik“.

In rund 30 Aufsätzen behandelt er unter anderem Entwick-

lungstheorien, Empirische Entwicklungsforschung, Grund-

fragen der Entwicklungspolitik, soziokulturelle Fragen der

Entwicklungspolitik und Wirtschaftsethik sowie das Thema

Evaluierung. Mit Beiträgen aus den 1960er und 1970er

Jahren gerät die Lektüre rasch zur Zeitreise und ist dabei

doch häufig erstaunlich aktuell. Die Ausgangsthese eines

grundlegenden Aufsatzes aus dem Jahr 1969, nachdem die

wissenschaftliche Revolution für die Entwicklungsländer

janusköpfige Folgen hatte und daraus der modernen Wis-

senschaft die Aufgabe erwächst, „das Unheil der wachsen-

den sozialen Ungleichheit in der Welt zu bekämpfen, das

sie mit verursacht hat,“ hat nichts an Aktualität verloren.

Die Quintessenz seines Schaffens verdichtet Bohnet in dem

aktuellen Aufsatz „Praxis ist geronnene Theorie“. Darin

untersucht er sieben Übertragungsmechanismen wissen-

schaftlicher Erkenntnis in die Praxis und veranschaulicht

anhand von 18 Beispielen von Post-Washington-Konsensus

bis Finanzmarkttransaktionssteuer: Mit den richtigen Trans-

missionsriemen ist es möglich, wissenschaftliche Erkennt-

nisse in gute Praxis umzusetzen.

Dr. Jörn Fischer,

Mitarbeiter der GIZ

Bohnet, michael: 40 Jahre Brücken zwischen entwicklungs-

forschung und entwicklungspolitik, Verlag scientia-Bonnensis,

Bonn 2011, 687 seiten, 49,90 euro.

stichwort: Brücken

mama mutig

3 Im Dorf Umoja leben nur Frauen und Kinder. Sie

bauen an einer friedvollen Zukunft und einer gesell-

schaftlichen Veränderung. Gemeinsam mit der preis-

gekrönten Journalistin Birgt Virnich erzählt Rebecca

Lolosoli aus ihrem Leben, das zu einem Kampf gegen

die Rechtlosigkeit der Frauen in Kenia geworden ist.

Als Tochter eines großen Samburu-Chiefs wächst

Lolosoli heran. „Ich war sein Sonnenschein“, sagt sie

über ihr Verhältnis zu ihrem Vater. Als sie fünf Jahre

alt ist, überträgt er ihr die Verantwortung für eine

kleine Ziegenherde, eine Aufgabe, die bei den Sambu-

rus reine Männersache ist. Als junge Ehefrau eröffnet

Lolosoli gegen den Willen ihres Schwiegervaters einen

Laden, der schnell zum Treffpunkt für Frauen wird.

Ihr Mut und ihre Entschlossenheit werden von den

Frauen bewundert, von den Männern jedoch missbilligt.

Sie wird in ihrem Laden brutal zusammengeschlagen.

Ihr Mann unternimmt nichts zu ihrem Schutz. Lolosoli

schildert die Flucht vor ihrem Mann nach Nairobi und

ihr Leben in der Großstadt.

Anschaulich und beeindruckend beschreibt Lolosoli,

warum sie mit anderen Frauen zusammen das Dorf

„Umoja“ gründete, was auf Suaheli „Einheit“ bedeutet.

Gemeinsam fühlen die Frauen sich stark. Für ihre Kin-

der bauten sie eine Schule und bilden sich selbst in

Workshops weiter. Sie züchten Ziegen, betreiben einen

Campingplatz und verkaufen traditionelle Perlenketten.

Viele der Frauen sind von britischen Soldaten verge-

waltigt und von ihren Ehemännern immer wieder

geschlagen worden. Sie flüchteten aus Zwangsehen

oder vor Genitalverstümmelungen.

Lolosoli wirbt weltweit für Umoja

und tritt auf internationalen Konfe-

renzen auf. Im März 2010 wird sie in

den USA mit dem Vital Voices Fern

Holland Global Leadership Award

ausgezeichnet. Ihr Buch ist ein sehr

eindrucksvoll geschriebener Bericht

über das Leben der Frauen in Kenia.

Anne Baaden,

Dozentin in der Erwachsenenbildung

und freie Journalistin.

Rebecca Lolosoli, Birgit Virnich: mama mutig.

Wie ich das erste Frauendorf Afrikas gründete.

südwest Verlag, münchen 2011, 232 seiten, 17,99 euro.

stichwort: mama mutig

Literatur

Page 37: GIZ-Brief Rio+20 (2/2012)

3736

Bauplan für eine nachhaltige Welt

3 Eigentlich liegt es auf der Hand: Wir wissen um die Lage der Welt

und wissen im Grunde auch, welche Alternativen zum derzeitigen

System es gibt. In den zwanzig Jahren, die seit dem ersten Erdgipfel

in Rio 1992 vergangen sind, wurde viel geforscht, berichtet und auch

ausprobiert. Aber von der angestrebten Nachhaltigkeit ist die Welt

dennoch meilenweit entfernt.

Der aktuelle Bericht „Zur Lage der Welt 2012“ des Worldwatch Ins-

titute führt uns dies deutlich vor Augen: Faktenreich stellt der erste

Teil des Buches die Situation in verschiedenen Bereichen dar, von der

beschworenen „grünen Wirtschaft“ über Verkehr und Stadtplanung

bis hin zum Wachstumsparadigma. Beispiele und Konzepte dafür, wie

wir es besser (= nachhaltiger) machen könnten, werden beschrieben.

Unweigerlich fragt man sich, warum wir dennoch weiterhin so wenig

tun. Ist der Wandel hin zur Nachhaltigkeit zu teuer? Von wegen. Die

„Nebenwirkungen“ unseres derzeitigen Lebensstils kommen uns teuer

zu stehen: wirtschaftliche Verluste, Ressourcenknappheit, Gesund-

heitsbelastungen, Unfälle – die Aufzählung ließe sich schier endlos

fortführen.

Der zweite Teil des Buches stellt eine Reihe konkreter Strategien vor,

die zu einem nachhaltigen Wohlstand für alle führen können. Neben

den Bereichen Landwirtschaft, Bauen und politische Teilhabe werden

hier auch die unpopuläreren Themen wie Begrenzung des Bevölke-

rungswachstums, Deckelung des Tierbestandes (bezogen auf Nutz-

aber auch Haustiere), Konsumverzicht und Wachstumsrücknahme

nicht ausgelassen. Das Maßnahmenpaket erscheint angesichts der

dramatischen Lage der Welt logisch und notwendig. Doch werden

wir den Mut aufbringen, es tatsächlich umzusetzen?

Aufhänger für den Bericht war der Nachhaltigkeitsgipfel in Rio

im Juni 2012, doch er geht weit darüber hinaus und sollte eher als

Blaupause für die Zeit danach begriffen werden.

Er fokussiert nicht auf das Schwerpunktthema von Rio, die „grüne

Wirtschaft“, sondern auf eine „Politik der Transformation“, die ent-

schlossener und mit einer positiven Zukunftsvision Entscheidungen

treffen muss, damit es zu einem nachhaltigen Wohlstand für alle

kommen kann. Doch alleine auf die Politik sollten wir uns nicht

verlassen. Wie der Vorsitzende des Worldwatch Institute, Robert Engel-

man, in der Einleitung (S. 17) schreibt: „Was auch immer Präsidenten,

Parlamente und Konferenzen zu Wege bringen, in vielen Fällen sind

es gesellschaftliche Bewegungen und engagierte Menschen, die die

wichtigsten Veränderungen anstoßen.“

ZUR LAGE DER WELT 2012

ZUR

LA

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DER

WEL

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12 Worldwatch Institute (Hrsg.)

in Zusammenarbeit mit der

Heinrich-Böll-Stiftung und Germanwatch

Rio 2012 und die Architektur einer weltweiten grünen Politik

Nachhaltig zu einem Wohlstand für alle

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Die globale Landwirtschaft steht am Scheideweg: Beinahe ein halbes Jahrhundert nach dem Beginn der Grünen Revolution leidet ein großer Teil der Weltfamilie immer noch chronisch Hunger, obwohl niemals zuvor mehr Nahrungsmittel produziert wurden. Im Juli 2009 startete das Worldwatch Institute (WWI) ein zweijähriges Projekt, um agrarwissenschaftliche Inno-vationen zu erfassen und zu bewerten. Ein Ergebnis dieses Projekts ist der vorliegende, mittlerweile 27. Bericht der renommierten Reihe »Zur Lage der Welt«. Das Buch stellt praktische und nachhaltige Lösungen vor, die Hunger und Armut auf der Welt verringern können – von der Tropfbewässe-rung über die Dachbegrünung, von der Agroforstwirtschaft bis hin zu neuen Projekten zum Schutz der Böden. Ein spezieller Beitrag zeigt, wie sich solche Bemühungen durch eine entsprechende Agrar- und Handelspolitik der EU verstärken lassen.

Die deutsche Ausgabe erscheint in Zusammenarbeit mit der Heinrich-Böll-Stiftung und Germanwatch.

Die vollständige Umsetzung

des Rechtes auf Nahrung kann

nicht einfach den Mechanis-

men des Marktes überlassen

werden.Olivier De Schutter, UN-Sonderberichterstatter

für das Recht auf Nahrung

19,95 Eurowww.oekom.de

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(Hrs

g.)

Ein empfehlenswertes Buch zum Thema nachhaltige Entwicklung,

mit vielen Fakten und einer sehr genauen Vorstellung davon, wie

ein nachhaltiger Wohlstand für alle funktionieren und wir dorthin

kommen könnten.

Daniela Baum,

freie Redakteurin und Beraterin.

Worldwatch Institute (Hrsg.) in Zusammenarbeit

mit der Heinrich-Böll-stiftung und Germanwatch (Hrsg.):

Zur Lage der Welt 2012: Nachhaltig zu einem Wohlstand für alle.

Rio 2012 und die Architektur einer weltweiten grünen politik.

oekom verlag münchen, 2012, 288 seiten, 19,95 euro.

stichwort: Wohlstand für alle

Page 38: GIZ-Brief Rio+20 (2/2012)

gizBrief 2/3.2012E BLICkpuNkt

h i e r

sie können die vorgestellten Bücher gewinnen.

Dazu senden Sie eine

postkarte mit dem jeweiligen stichwort bis zum 29. Oktober 2012

an die GIZ-Brief Redaktion, Friedrich-ebert-Allee 40, 53113 Bonn.

Alle Einsendungen nehmen teil, der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

Das Stichwort finden Sie im Anschluss an jede Rezension.

Die Gewinnerinnen

der Literaturverlosung aus dem GIZ-Brief 1/2012:

Anne Groß, Freiburg

Felicitas Kaiser, Fritzlar

Monika Schwarz, Obersontheim

Über alle Grenzen hinweg wirksam: Gütekraft

3 Wie kann man gewaltbereiten Personen oder Perso-

nengruppen wirksam entgegentreten, ohne selber Gewalt

anzuwenden? Wie können Menschen auf friedlichem Wege

gegen Unterdrückung, Ausbeutung oder andere schwere

Missstände vorgehen? Gibt es dafür Konzepte, die welt-

weit funktionieren, unabhängig von Religion und Weltan-

schauung der Beteiligten? Diese Fragen hat der Essener

Friedensforscher Martin Arnold anhand der Konzepte von

Hildegard Goss-Mayr, Mohandas K. („Mahatma“) Gandhi

und Bart de Ligt untersucht: Eine Katholikin, mit deren Hilfe

die Diktaturen auf den Philippinen und auf Madagaskar

friedlich beendet werden konnten, ein Hindu, der Indien zur

Unabhängigkeit führte und ein Anarchist, der die Holländer

nach dem Ersten Weltkrieg von dem Recht auf Kriegs-

dienstverweigerung überzeugte. Lassen sich in der Arbeit

dieser drei Vordenker Gemeinsamkeiten finden?

Martin Arnold zeigt, dass trotz aller religiösen und ideolo-

gischen Unterschiede die Gemeinsamkeiten so groß sind,

dass man von einem zugrunde liegenden Wirkungsmodell

sprechen kann: Gütekraft. Dieses Modell geht weit über

das hinaus, was sich die meisten Menschen unter gewalt-

losem Widerstand vorstellen. Kern des Modells ist ein

Menschenbild, das davon ausgeht, dass alle Menschen zu

Wohlwollen, Gerechtigkeit und Wahrheit neigen und sie

grundsätzlich dazu in der Lage sind, Gutes zu tun - selbst

wenn sie für schweres Unrecht verantwortlich sind. Folge

dieses Menschenbildes ist eine Haltung, die darauf verzich-

tet, andere anzuklagen und als Gegner anzusehen, sondern

in jeder Situation versucht, den Dialog aufrecht zu erhalten

und andere als Unterstützer zu gewinnen. Damit diese

Haltung des Wohlwollens und der Güte ihre Kraft auch

gegen schwere Missstände entfalten kann, sind geeignete

Methoden des Widerstands und eine intensive Vorbereitung

nötig. Alternative Strukturen müssen aufgebaut werden,

damit ein Aufstand langfristig Erfolg

haben kann.

Nicht nur für Friedensfachkräfte

sind diese Bücher eine Bereicherung,

sondern für alle, die auf konstruktive

Weise Missstände beseitigen und

neue Möglichkeiten der Partizipation

und der Stärkung der Autonomie

(empowerment) kennenlernen wollen.

Gütekraft ist kein leichter Weg. Sie

erfordert Mut, Durchhaltevermögen

und einen langen Atem. Doch es ist

ein Weg, der mit hoher Wahrschein-

lichkeit zum Ziel führt, wie Arnold

in vielen faszinierenden und oft

ergreifenden Beispielen zeigt.

Der Essener Friedensforscher stellt ein Modell vor, das in vielen Bereichen

seine Wirkung entfalten kann: in der Familie, in der Politik, im Umweltschutz oder

in den großen Konflikten der Weltpolitik. Mit Gütekraft erreicht man mehr.

Mirjam Mahler,

von 2005 bis 2009 Friedensfachkraft in Ecuador.

martin Arnold: Gütekraft – Hildegard Goss-mayrs christliche Gewaltfreiheit.

Verlag Bücken & sulzer, Overath 2011, 149 seiten, 12,50 euro.

martin Arnold: Gütekraft – Gandhis satyagraha.

Verlag Bücken & sulzer, Overath 2011, 411 seiten, 24,80 euro.

martin Arnold: Gütekraft – Bart de Ligts humanistische Geestelijke Weerbaarheid

Verlag Bücken & sulzer, Overath 2011, 321 seiten,17,90 euro.

martin Arnold: Gütekraft. ein Wirkungsmodell aktiver Gewaltfreiheit nach Hildegard

Goss mayr, mohandas k. Gandhi und Bart de Ligt. mit einem Geleitwort von Johan Galtung.

Nomos-Verlag, Baden-Baden 2011, 284 seiten, 19 euro.

stichwort: Gütekraft

Page 39: GIZ-Brief Rio+20 (2/2012)

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3938

Die Gewinnerinnen

der Literaturverlosung aus dem GIZ-Brief 1/2012:

Anne Groß, Freiburg

Felicitas Kaiser, Fritzlar

Monika Schwarz, Obersontheim

gizBrief 2/3.2012OFFeNe steLLeN

Herausgeber:

Deutsche Gesellschaft für

Internationale Zusammenarbeit

(GIZ) GmbH

Friedrich-Ebert-Allee 40,

53113 Bonn

Vorstand:

Tanja Gönner (Sprecherin)

Dr. Christoph Beier,

Tom Pätz,

Dr. Hans-Joachim Preuß,

Cornelia Richter

Redaktion:

Marion Frank (V.i.S.d.P.)

Maria Ehrke-Hurtado

[email protected]

Namentlich gekennzeichnete

Beiträge geben die persönliche

Meinung der Verfasser wieder.

Fragen zum Abonnement:

[email protected]

Redaktionsbeirat:

Daniela Baum, Dr. Jörn Fischer,

Renate Holzer, Dorothea Otremba,

Susanne Schmitz, Till Winkelmann

Gestaltung: kippconcept gmbh, Bonn

titelfoto: Florian Doerr.

Druck: SZ Offsetdruck-Verlag GmbH

Gedruckt auf FSC-zertifiziertem Papier

Nachdruck frei bei vollständiger

Quellenangabe. Bitte ein Beleg-

exemplar an die GIZ-Brief Redaktion

senden.

Als Bundesunternehmen unterstützt die GIZ die Bundesregierung dabei, ihre Ziele in der internationalen

Zusammenarbeit für nachhaltige Entwicklung zu erreichen. Mit der Entsendung von qualifizierten Fach-

kräften als Entwicklungshelferinnen und Entwicklungshelfer leistet die GIZ einen Beitrag zu einer dauer-

haften Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen vor Ort.

Berater für umweltprojekte in peru

k Die GIZ sucht zurzeit für die Beratung der Umweltabteilung der Stadtverwaltung von Lima, Peru,

eine Umweltingenieurin oder einen Umweltingenieur, nach Möglichkeit mit Schwerpunkt in städtischem

Umweltmanagement. Das GIZ-Projekt „Stärkung des Umweltministeriums“ will die Umweltabteilung der

Stadt Lima dazu befähigen, die Zusammenarbeit zwischen Zentralstaat und den Städten und Regionen zu

verbessern. Konkret geht es darum, ein Umweltobservatorium einzurichten und beim Entwurf und der Um-

setzung nachhaltige Umweltprojekte zu beraten sowie die beteiligten Akteure bei der Einführung von mo-

dernen Mechanismen der Umweltfinanzierung (wie zum Beispiel Zahlung für Umweltdienstleistungen) zu

unterstützen. Kenntnisse und Erfahrungen in diesen Themenbereichen sowie sehr gute Spanischkenntnisse

in Wort und Schrift sollten vorhanden sein. (JOB-ID: 12254-PE-LE) Folgende Qualifikationen sollten Sie

mitbringen: Kenntnisse und Erfahrung Umweltstatistiken und/oder Umweltobservatorien im städtischen

Bereich sowie städtischen Umweltprojekten zu erstellen, Erfahrungen im Umweltmanagement und mit

Umweltfinanzierungsmechanismen sowie mit Umweltindikatoren im städtischen Bereich. Wünschenswert

sind auch Kenntnisse im Bereich der Luftreinhaltung und Arbeitserfahrungen im öffentlichen Sektor im

spanischsprachigen Ausland.

stärkung der Zivilgesellschaft in Haiti

Die GIZ arbeitet in Haiti im Handlungsfeld Demokratieförderung in den Bereichen Dezentralisierung und

Stärkung der Zivilgesellschaft und unterstützt unter anderem die Partnerorganisation Reseau National de

Defense des Droits Humains, eine der führenden Menschenrechtsorganisation. In Haiti ist das Thema Men-

schenrechte von besonderer Bedeutung, das zivilgesellschaftliche Lobbying aber noch auf wenige Akteure

beschränkt, die sich zudem in der Hauptstadt Port-au-Prince konzentrieren. Die GIZ sucht für diese Part-

nerorganisation eine Beraterin/einen Berater für Organisationsstärkung und partizipative Bildungsarbeit.

Zu den Aufgaben gehört eine Organisationsanalyse der Regionalgruppen und die darauf aufbauende Be-

ratung, die Weiterentwicklung bestehender und die Konzeption neuer Fortbildungsmodule, die Fortbildung

der Mitglieder der Regionalgruppen sowie die Unterstützung bei der Konzeption von Öffentlichkeitsarbeit

zu Menschenrechtsthemen. (JOB-ID: 10193-HT-ZG)

Wenn sie sich bewerben möchten, sollten Sie über praxiserprobte Beratungskompetenz, Kenntnisse und

Erfahrung in partizipativer Erwachsenenbildung sowie über sehr gute Französischkenntnisse und Konflikt-

und Gendersensibilität verfügen. Notwendig ist zudem die Bereitschaft, das haitianische Creole zu erlenen.

Weitere Informationen zu den beiden genannten Arbeitsplätzen erhalten Sie bei Birgit Tielmann-Khali,

Telefon 0228 / 44601119, E-Mail: [email protected] oder unter Angabe der ID-Nummer auf der

GIZ-Website unter www.giz.de/de/jobs/stellenmarkt_entwicklungsdienst.html. Dort können Sie sich auch

direkt bewerben.

Die GIZ …

… ist der weltweit führende Dienstleister in der internationalen Zusammenarbeit für nachhaltige Entwick-

lung. Als Entwicklungshelfer/in der GIZ erhalten Sie ein umfangreiches Leistungspaket. Dazu gehört auch

die gezielte fachliche und persönliche Vorbereitung. Ihre Vertragslaufzeit beträgt mindestens zwei Jahre,

mit der Option der Verlängerung..

Besuchen Sie den Stellenmarkt des Entwicklungsdienstes auf der GIZ Website unter

www.giz.de/entwicklungsdienst/de. Dort können Sie sich auch direkt bewerben.

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4/2012

Jugend braucht Zukunft

www.giz.de

Page 40: GIZ-Brief Rio+20 (2/2012)

Im Auftrag des

www.bmz.de/chancengeber

Chancen für Bildung

Eliza Kwaitana aus Malawi profitiertvon einem speziellen von der Bundes -regierung unterstützten Programm fürSchulabbrecher. Sie will jetzt den Schul-abschluss nachholen und Ärztin werden.

Ich lade Sie ein:Unterstützen Sie Entwicklung

und werden Sie Chancengeber

für eine bessere Welt.

Ihr Dirk Niebel

Chancen_Bildung_01_2011_efc_01072011 01.07.11 13:05 Seite 1