GlaubeundErkenntnis - IMAGO MUNDI · 2019. 2. 18. · GlaubeundErkenntnis...

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Glaube und Erkenntnis Christliche ZweinMonatsschrift für Parapsychologie, Seelenkunde und Schicksalsforschung. Verlag, Druck und Verwaltung: Postscheck: München 58156. Ave nti n us.Ve rla g Josef Kral a Co.‚ Abensberg Ndb. Verantwortlich der Herausgeber: Josef Kral in Abensberg. Telefon 13 —- Abonnement halbj. DM 2.- —- Keine Anzeigen Nr. 7 Postverlagsort Abensberg Ndb. 15. November 1952 O O Glaube, Wissenschaft und Erkenntnis Eine Bilanz des Herausgebers Mit dieser Nummer schließt der zweite Jahrgang die unerklärlichen, alle bisherige Naturerkenntnis um— von „Glaube und Erkenntnis“, so daß eine Rückschau und in gewissem Sinne auch eine Bilanz notwendig er. scheint. Als Aufgabe und Ziel unserer Zeitschrift haben wir in den ersten Nummern bezeichnet: Mitarbeit an den Forschungsaufgaben der Parapsychologie und Aus- wertung deren Ergebnisse für den christlichen Glau- ben. In Verfolgung dieser Aufgabe dann die Beweis- kraft der animistischen, der spiritistischen und der dämonistischen Hypothesen zu untersuchen, das Ge- sicherte und Mögliche vom Unbeweisbaren und Aber- glauben abzusondern, soweit das möglich ist. Es sei, schrieben wir damals, unsere Ansicht, daß nach dem gegenwärtigen Stand der Forschung die okkulten bzw, parapsychologischen Phänomene nicht restlos animi— stisch, das heißt als Bewirkung natürlicher Seelen— fähigkeiten (im Sinne einer sterblichen Lebenskraft) erkannt werden können. Daher animistische Erklärung, soweit möglich, spiritualistische, soweit nötig. Die Kardinalfrage der Menschheit ist die Frage nach dem persönlichen Ueberleben des Todes, der Un- sterblichkeit der menschlichen Seele, Für den religiösen Glauben, als eine andere Art der Erkenntnis, ist diese Frage natürlich keine Frage. Kann aber das bewußte, individuelle Fortleben, die Unsterblichkeit der Menschenseele, durch die Wissen- schaft bewiesen werden? Darum geht es uns. Die Parapsychologie ist ein Zweig der Naturwissen— schaft und als solcher ist ihre Aufgabe die Fest- stellung der Naturerscheinungen und ihrer Be— ziehungen zueinander. Die Bewertung dieser na- turwissenschaftlichen Forschungsergebnisse ist dann Aufgabe der Geisteswissenschaften, der Philosophie und des religiösen Glaubens. Allem dem, was wir als Ziel und Aufgabe bezeich- neten, haben wir heute nichts hinzuzufügen, als daß alles, was wir an neuen Einsichten durch die para- psychologische Forschung bis heute gewonnen haben, die Unsterblichkeit der menschlichen Seele und das Fortleben nach dem Tode beweist Auch die Forscher der sogenannten animistischen Richtung, wel- che alle Phänomene psychischer wie physikalischer Natur als natürliche Anlagen der Menschenseele wäh— nen und mit Energieumwandlungen, Strahlungen ma- terieller Art, mit unbekannten Naturkräften also, er- klären, lassen die Fragen nach der Unsterblichkeit der Seele offen oder verwidreln sich in der Aufstellung von immer neuen Hilfshypothesen in unlösbare Wi» dersprüche. Ein Beispiel: C. G. Jung, wohl der bedeutendste Tiefenpsychologe unserer Zeit, bejaht durchaus alle stoßenden, wunderlichen und schreckhaften Erschei- nungen des Spuks und der Besessenheit. Im Vorwort zu dem großen Werk der bekannten Parapsychologin F. Moser „Der Spuk“ (1950), zu dem Jung selbst ein eigenes Spukerlebnis beisteuerte, sagt er, daß diese Vorgänge keinen Beweis für die Unsterblichkeit der menschlichen Seele liefern. In einem Interview mit dem Herausgeber der Zeitschrift für Parapsychologie Dr. P. Ringger aber, 1952, erklärt Jung: „Zwar könne man Unsterblichkeit und Geister wissenschaftlich nicht beweisen, doch spreche nichts dagegen und einiges da- für, daß man bei gewissen Phänomenen mit trans— zendenten Einflüssen zu rechnen habe.“ Jung gab auch ohne weiteres zu. daß es in einzelnen Fällen von Besessenheit Mühe mache, dieselben lediglich auf Per- sönlichkeitsspaltungen zurückzuführen. Er betonte dann allerdings mehrfach, daß hier die exakte Wissen- schaft aufhöre. Dieser Feststellung schließen wir uns voll an, ja wir sind Jung dankbar dafür, daß er die Grenzen zwischen Natur- und Geisteswissenschaften so klar abge- steckt hat. ‚.Transzendente Einflüsse“ im Spuk zu sehen, heißt doch nichts anderes, als das Bestehen einer jenseitigen Welt anerkennen. Wichtige Mitteilung Es freut uns, unseren Lesern mitteilen zu können, daß von nächster Nummer an ein Gelehrter von inter- nationalem Ruf als Soziologe und Theologe, der Hoch- wiirdigste Zisterzienserabt Herr Dr. Alois Wiesinger, die Schriftleitung von „Glaube und Erkenntnis“ über- nehmen wird. Der Prälat ist Verfasser des Buches „Okkulte Phänomene im Lichte der Theologie“, dessen zweite, neubearbeitete Auflage noch vor Weihnachten erscheinen wird. Der Verlag. Inhalt des Heftes 11.1.: Glaube. Wissenschaft und Erkenntnis. des Herausgebers. Artseele und Geistseele. Von Robert Ernst. Zur Psychologie des Yoga. Von Dr. Eduard Frank. Der Irrwahn der Seelenwanderung. Von Ludw. Endres. Die Kreatur im christl. Weltbild. Von Prof. Dr. Koexel. Das dänische Materialisationsmedium Einer Nielsen. Von Dr. Hans Gerloi’i’. Macht und Ohnmacht des Todes. Von Dr. Bergenthal. Neue Bücher und Schriften. Eine Bilanz

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  • Glaube und ErkenntnisChristliche ZweinMonatsschrift

    für Parapsychologie, Seelenkunde und Schicksalsforschung.Verlag, Druck und Verwaltung:Postscheck: München 58156.

    Ave nti n us.Ve rla g Josef Kral a Co.‚ Abensberg Ndb. —— Verantwortlich der Herausgeber: Josef Kral in Abensberg.

    Telefon 13—- Abonnement halbj. DM 2.- —- Keine Anzeigen

    Nr. 7 Postverlagsort Abensberg Ndb. 15. November 1952

    O OGlaube, Wissenschaft und ErkenntnisEine Bilanz des Herausgebers

    Mit dieser Nummer schließt der zweite Jahrgang die unerklärlichen, alle bisherige Naturerkenntnis um—von „Glaube und Erkenntnis“, so daß eine Rückschauund in gewissem Sinne auch eine Bilanz notwendig er.scheint.

    Als Aufgabe und Ziel unserer Zeitschrift haben wirin den ersten Nummern bezeichnet: Mitarbeit an denForschungsaufgaben der Parapsychologie und Aus-wertung deren Ergebnisse für den christlichen Glau-ben. In Verfolgung dieser Aufgabe dann die Beweis-kraft der animistischen, der spiritistischen und derdämonistischen Hypothesen zu untersuchen, das Ge-sicherte und Mögliche vom Unbeweisbaren und Aber-glauben abzusondern, soweit das möglich ist. Es sei,schrieben wir damals, unsere Ansicht, daß nach demgegenwärtigen Stand der Forschung die okkulten bzw,parapsychologischen Phänomene nicht restlos animi—stisch, das heißt als Bewirkung natürlicher Seelen—fähigkeiten (im Sinne einer sterblichen Lebenskraft)erkannt werden können. Daher animistische Erklärung,soweit möglich, spiritualistische, soweit nötig.

    Die Kardinalfrage der Menschheit ist die Frage nachdem persönlichen Ueberleben des Todes, der Un-sterblichkeit der menschlichen Seele,Für den religiösen Glauben, als eine andere Art derErkenntnis, ist diese Frage natürlich keine Frage.Kann aber das bewußte, individuelle Fortleben, dieUnsterblichkeit der Menschenseele, durch die Wissen-schaft bewiesen werden? Darum geht es uns.

    Die Parapsychologie ist ein Zweig der Naturwissen—schaft und als solcher ist ihre Aufgabe die Fest-stellung der Naturerscheinungen und ihrer Be—ziehungen zueinander. Die Bewertung dieser na-turwissenschaftlichen Forschungsergebnisse ist dannAufgabe der Geisteswissenschaften, der Philosophieund des religiösen Glaubens.

    Allem dem, was wir als Ziel und Aufgabe bezeich-neten, haben wir heute nichts hinzuzufügen, als daßalles, was wir an neuen Einsichten durch die para-psychologische Forschung bis heute gewonnen haben,die Unsterblichkeit der menschlichen Seele unddas Fortleben nach dem Tode beweist Auch dieForscher der sogenannten animistischen Richtung, wel-che alle Phänomene psychischer wie physikalischerNatur als natürliche Anlagen der Menschenseele wäh—nen und mit Energieumwandlungen, Strahlungen ma-terieller Art, mit unbekannten Naturkräften also, er-klären, lassen die Fragen nach der Unsterblichkeit derSeele offen oder verwidreln sich in der Aufstellungvon immer neuen Hilfshypothesen in unlösbare Wi»dersprüche.

    Ein Beispiel: C. G. Jung, wohl der bedeutendsteTiefenpsychologe unserer Zeit, bejaht durchaus alle

    stoßenden, wunderlichen und schreckhaften Erschei-nungen des Spuks und der Besessenheit. Im Vorwortzu dem großen Werk der bekannten ParapsychologinF. Moser „Der Spuk“ (1950), zu dem Jung selbst eineigenes Spukerlebnis beisteuerte, sagt er, daß dieseVorgänge keinen Beweis für die Unsterblichkeit dermenschlichen Seele liefern. In einem Interview mitdem Herausgeber der Zeitschrift für ParapsychologieDr. P. Ringger aber, 1952, erklärt Jung: „Zwar könneman Unsterblichkeit und Geister wissenschaftlich nichtbeweisen, doch spreche nichts dagegen und einiges da-für, daß man bei gewissen Phänomenen mit trans—zendenten Einflüssen zu rechnen habe.“ Jung gabauch ohne weiteres zu. daß es in einzelnen Fällen vonBesessenheit Mühe mache, dieselben lediglich auf Per-sönlichkeitsspaltungen zurückzuführen. Er betontedann allerdings mehrfach, daß hier die exakte Wissen-schaft aufhöre.

    Dieser Feststellung schließen wir uns voll an, ja wirsind Jung dankbar dafür, daß er die Grenzen zwischenNatur- und Geisteswissenschaften so klar abge-steckt hat. ‚.Transzendente Einflüsse“ im Spuk zusehen, heißt doch nichts anderes, als das Besteheneiner jenseitigen Welt anerkennen.

    Wichtige Mitteilung

    Es freut uns, unseren Lesern mitteilen zu können,daß von nächster Nummer an ein Gelehrter von inter-nationalem Ruf als Soziologe und Theologe, der Hoch-wiirdigste Zisterzienserabt Herr Dr. Alois Wiesinger,die Schriftleitung von „Glaube und Erkenntnis“ über-nehmen wird. Der Prälat ist Verfasser des Buches„Okkulte Phänomene im Lichte der Theologie“, dessenzweite, neubearbeitete Auflage noch vor Weihnachtenerscheinen wird. Der Verlag.

    Inhalt des Heftes 11.1.:Glaube. Wissenschaft und Erkenntnis.

    des Herausgebers.Artseele und Geistseele. Von Robert Ernst.Zur Psychologie des Yoga. Von Dr. Eduard Frank.Der Irrwahn der Seelenwanderung. Von Ludw. Endres.Die Kreatur im christl. Weltbild. Von Prof. Dr. Koexel.Das dänische Materialisationsmedium Einer Nielsen.

    Von Dr. Hans Gerloi’i’.Macht und Ohnmacht des Todes. Von Dr. Bergenthal.Neue Bücher und Schriften.

    Eine Bilanz

  • Wie diese andere, die transzendente, Welt aussiehtund was in ihr vorgeht, das zu erklären, ist gewißnicht Sache der exakten Wissenschaft, sondern derPhilosophie und des religiösen Glaubens. Ob, wennich sdion eine transzendente Welt anerkenne, alle dieschier an Allsichtigkeit und Allmacht grenzenden Lei-stungen der menschlichen Seele von einer sterblichenMenschenseele gewirkt und bewirkt werden könnenoder bereits eine unsterbliche Menschenseele voraus—setzen, — ist eine Frage der Logik, des Willens unddes Glaubens gleicherweise. Die Schlußfolgerung, eineunsterbliche Seele, ist somit eine Sache der Vernunft,der Philosophie und des Glaubens, wobei wir unterPhilosophie einen gesunden Realismus verstehen, derdie Dinge als wirklich, nicht als bloßes, vom Men-schen bewirktes, subjektives Gehimphänomen erklärt

    Es ist auffällig, wie sich gerade in der jetzigen Zeitdie Spukvorfälle häufen. Allein in den letzten sechsWochen beschäftigte sich die Presse mit starken Spuk-vorgängen in Neudorf bei Bruchsal, in Damm bei We-sel und in Regensburg. Wir werden darüber noch aus-führlicher berichten, besonders über den RegensburgerSpuk mit seinen geradezu unglaublichen und erschüt-ternden Vorgängen, die in ihrer Tatsächlichkeit selbstvon den schärfsten Gegnern übersinnlicher Möglich-keiten, anerkannt werden mußten.

    Was steckt hinter diesen, unsere bisherige Natur-erkenntnis auf den Kopf stellenden Dingen, hinter die-sen aufregenden, koboldartigen, aber auch mitunterquälerischen Ereignissen?

    Ist der Spuk, besonders in seiner personengebunde-nen Besessenheitsform‚ lediglich Erscheinung einer un-bekannten Naturkraft, ein aus dem Unterbewußtseindurch Energiestrahlungen lebendig und wild geworde-ner Traum, ein pathologischer Zustand also?

    Ein Schweizer Verlag (Paul Haupt in Bern) brachtevon dem Psychiater Dr. Edgar Michaelis, der durchseine psychoanalitischen Werke bekannt geworden ist,eine Schrift heraus (112 Seiten, DM 6.50) betitelt:„Geisterreich und Geistesmacht“. Der Autor unter-sucht darin den Heilungskampf des evangelischenPfarrers J. Chr. Blumhardt, dem es nach zwei—jährigem, erschütterndem Kampf gelang, die BesesseneGottliebin Dittus durch Gebet und Beschwörung zuheilen. Mit dem Ausruf „Jesus ist Sieger“ verließenschließlich die Dämonen die gequälte Person.

    Michaelis versucht eine medizinisch-tiefenpsycholo—gische Klärung dieses klassischen Besessenheitsfalies,der nach ihm nicht dämonische Besessenheit, sondernseelische Erkrankung war, die schließlich durch dieGebetskraft Blumhardts geheilt wurde. Wer dieHeilungsgeschichte der Gottliebin Dittus, wie siePfarrer Blumhardt seinerzeit in einem vertraulichenBericht an seine württembergische Kirchen-Oberbe-hörde in Stuttgart niedergelegt hatte (der Bericht istdann gegen den Willen des Verfassers an die Oeffent—lichkeit gelangt), aufmerksam studiert, wird auch beiweitherzigster Auslegung tiefenpsychologischer Wer-tungen nicht überzeugt werden können, daß alle dieserätselhaften und furchtbaren Dinge „natürlich“ imSinne seelischer Krankheit erklärt werden können.

    Zu dieser Ueberzeugung sind nicht nur wir gekom—men. Auch Professor E. Benz hält (Siehe „Neue Zei-tung“, 24. Juni 1950) diese Erklärung nicht für aus-reichend. Wörtlich heißt es am Schlusse der Kritik:„Da an zahlreichen Stellen der Krankheitsgeschichteder Gottliebin Dittus Phänomene hervortreten, dieeindeutig auf den Einbruch eines jenseitigen Bereicheshinzuweisen scheinen, die ja von neutralen Beobach-tern gleichfalls wahrgenommen wurden, bleibt dasRätsel der Realität der Dämonen auch jetzt noch un-gelöst.“

    Weiter: Ist der Spuk „magische, bzw. schwarz-magische Einwirkung“ von außen her, wie Jung fürmöglich hält? Dabei bleibt aber die Frage unbeant-wortet, wer oder was des Magiers Kräfte bewirkt.Mit dieser Erklärung haben wir nicht vie1 gewonnen,da die Kernfrage nur verlagert wird.

    Ist der Spuk durch die Seelen Verstorbenerbewirkt, von Armen Seelen aus dem Läuterungszu-stand, dem Fegfeuer der kirchlichen Lehre? Daß Ver-storbene mit Gottes Zulassung auf Erden wieder er-

    scheinen können zu irgendeinem Zweck als Bittende

    oder Helfende, als Boten, Mahner und Warner, lehrt

    uns der Glaube. Daß es sich beim Spuk aber au s -schließlich um solche „Arme Seelen“ handelt, istnicht anzunehmen. Die Sinnlosigkeit, das koboldartigeTreiben, aber auch die schädigenden, böswilligen undoft quälenden Handlungen lassen es nicht glauben.

    Ist im Spuk d ämonis che Besessenheit wirksam?Diese Erklärung ist naheliegend, auch die Parapsy-chologie kann sie nicht abstreiten, sie gehört ja nichtmehr in ihr Forschungsgebiet. Christus hat, wie wiraus der Heiligen Schrift wissen, sowohl Krankheitengeheilt, als auch Dämonen ausgetrieben. Daß Christuseinmal die Dämonen in eine Herde Schweine fahrenließ, bezeugt, daß er eindeutig zwischen krankhafterund dämonischer Besessenheit unterschied.

    Daß also Spuk, sowohl von Verstorbenen, den „Ar—men Seelen“. bewirkt werden kann, als auch von Dä-monen, ist christliche Lehre.

    Verschiedene Forscher auf dem Gebiete der Para-psychologie —— und nicht die unbedeutendsten darun-ter, wie Carl du Prel —— nahmen an, die Seele sei eini-ge Zeit nach dem Tode noch allem Irdischen varhaf-tet, ihrem Guten und Bösen, Leidenschaften und Be—gierden, aber auch allem Schönen und Lieben ausihrem Erdenleben. Im Glauben einiger Naturvölkerfinden wir ähnliche Anschauungen.

    In einem soeben im Verlag Otto Walter in Oltenund Freiburg erschienenen Werk (mit kirchlicherDruckerlaubnis) „Die Seelenreise“, Wiedergeburt, See-lenwanderung oder Aufstieg durch die Sphären“. 258Seiten, 11.75 Fr. von Alfred Rosenberg mit einer Emp—fehlung des Münchener Theologieprofessors Dr. Mich.Schmaus, der schreibt, daß das Werk ein Geschenkfür alle bedeute, „welche von der Frage nach demSchicksal des Menschen jenseits des Todes bewegtwerden“. In den „Anmerkungen“ dieses verdienstvol-len Buches, das zweifellos noch manche Federn in Be—wegung setzen wird, heißt es unter anderem: „Es istanzunehmen, daß es sich bei einem Teil der Phäno-mene des Spuks und der Gespenster nicht um direkteManifestationen der Seelen Verstorbener handelt, son-dern viehnehr um ihre „Larven“, das heißt um fluidaleNachwirkungen der irdischen Taten und Emotionender Seele, während sich diese selber bereits auf demLäuterungsweg der Jenseitsorte befindet.

    Die verschiedenen Deutungsversuche, von denen derletzgenannte zweifellos große Wahrscheinlichkeiten insich birgt — eine wissenschaftliche Sicherheit gibt esauf dem ganzen Gebiete nicht —, schließen alle dieUnsterblichkeit der Menschenseele ein,folgern sie oder setzen sie voraus.

    Wenn wir aus dem Problem der okkulten oder para-psychologischen Phänomene heute hier den Spuk her-ausgegriffen haben, so, weil er so ziemlich das ganzeGebiet des Uebersinnlichen einschließt, die psychischenPhänomene wie Telepathie = Gedankenübertragung,Telästhesie = Hellsehen, Halluzinationen und Visionen,Geistererscheinungen, wie auch die physikalische Seitewie Telekinetik = Aufhebung der Schwerkraft, Levi-

  • tationen, Teleplastik, Energieumwandlungen und ak-kustisdie Erscheinungen von Klopftönen bis zu Don-nerschlägen usw.

    Die Parapsychologie als Naturwissenschaft, frei vonAberglauben und Scharlatanerie, liefert uns den V er —

    standesbeweis für die Unsterblichkeit dermenschlichen Seele im Kampf gegen den Materialis—mus und Atheismus unserer Zeit, gibt der Glaubens-überzeugung innere Sicherheit und den Weg frei indas Reich der Verheißung.

    Artseele und GeistseeleVon Kaplan Robert E r n s t, Eupen

    In der Lehre vom Wesen des Menschen ist die Lehre,ob die Geistseele das einzige Wirkprinzip im Menschensei, wohl eine der wichtigsten. Schon in der mittel-alterlichen Scholastik war diese Frage umstritten;heute ist sie durch biologische und psychologische Stu—dien wieder in den Vordergrund getreten.

    Daß der Mensch eine unsterbliche Geistseele besitzt,wird in philosophischen Kreisen kaum bezweifelt.Schwerwiegende vorphilosophische, ethische, metapSy-chische und theologische Gründe beweisen es.

    Schwieriger ist die Frage, ob der Mensch außer sei—nem geistigen Lebensprinzip noch ein vitales Le-bensprinzip besitzt, mit anderen Worten, ob diemenschliche Geistseele auch des Menschen vitalesWirkprinzip ist, oder ob im Menschen außer der Geist-seele auch eine menschliche vitale „Artseele“ vor-handen sei. Letztere Auffassung scheint am bestenden Tatsachen zu entsprechen; denn:

    l. Die menschliche, vorphilosophische Selbsterfah-rung hat stets einen Dualismus im Menschen ange-nommen. Der Mensch fühlt sich als Geist und Leib;und zwar erlebt der Mensch seinen Leib, mit seinensinnhaften Trieben, nicht als ein unbestimmtes Etwas,sondern als eine treibende oder hemmende Lebens-kraft mit oft eigengesetzlicher arationaler Dynamik.

    2. Die nur Geistseele-Auffassung gibt auch keinehinreichende Antwort auf das Problem von Krankheitund Tod. Wenn die Geistseele die alleinige Herrsche-rin im Menschen ist, warum gibt es dann noch eineDegeneration im menschlichen Leib? — Scotus hatversucht, diese Schwierigkeit durch die Annahme der„forma corporeitatis“, des sogenannten Körpergestalt.prinzips zu lösen. Gewiß bietet uns diese Auffassungeine Erklärung für die Hemmungen, die die Geistseelevon selten des Körpers erlebt. Aber Scotus beachtetnicht, daß diese Hemmungen nicht nur Hemmungeneiner trägen Masse, sondern sehr oft vitale Lebens—äußerungen sind.

    3. Die Aehnlichkeit des Menschen (dem Leibe nach)mit den Tieren ist eine unleugbare Tatsache, und wirfinden keinen genügenden Grund, zu behaupten. derMensch habe nicht auch teil an der einen Lebens-entelechie, an dem einen „elan vital“ aller Lebewesen.Gewiß, der Mensch hat Geist: er hat Selbstbewußtsein;

    4. aber gerade diese Gegensätzlichkeit von Selbstbe-wußtsein und Un-Bewußtsein liefert uns wiederumeinen Beweis für das Bestehen einer vitalen Artseeleim Menschen. Damit unser Leib sich recht entwickele‚brauchen wir durchaus kein Bewußtsein von den Le-bensfunktionen unseres Leibes zu haben. Es ist sogarein Zeichen echter Gesundheit, wenn wir „leib-ver—gessend“ leben können.

    5. Menschliche Zellen und Organe können längereZeit in einer entsprechenden Nährlösung auch ohneGeistseele fortleben und sich entwickeln. Diese Zellenstehen also noch immer in der Kraftsphäre einer vi-talen Seele, die auch nach der Trennung der Geist—seele vom Leibe, in manchen Organen oder Zellen wei—terleben kann.

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    6. Die Entstehung zweier Menschen aus einem Ur-Embryo ist unerklärbar, wenn wir annehmen, daß derMensch vom ersten Augenblick seines embryonalenDaseins als einziges Formprinzip nur seine Geistseelehat. Dagegen ist diese Zweiteilung leicht erklärbar unddurchaus verständlich, wenn wir annehmen, daß alleLebewesen einer Art ein und dieselbe vitale Artseelehaben. Es teilt sich mithin keine Wesensform, auchbraucht Gott keine neue zu erschaffen, sondern dieeine Vitalseele lebt nun in beiden Zwillingswesenweiter. Die Geistseele selbst wird dann, wie auch Tho-mas annahm, später unmittelbar von Gott erschaffenund dem genügend entwickelten Menschheitsorganis-mus eingesenkt.

    7. Mit Recht unterscheidet Klages im Menschen denießenden Lebensstrom und die Tathandlungen desGeistes. Das Leben strömt unbewußt und rhythmisch,der Geist dagegen erkennt. und handelt bewußt undpunktuell. Der Geist ist als eine selbständige Machtin den Rhythmus des Lebens „eingebrochen“; er istein Novum zu der dem Menschen mit dem Tier ge—meinsamen vitalen Lebenskraft. Leider nennt Klagesdieses ‚.Novum“, das heißt den Geist, den „Wider-sacher der (Vital-)Seele“.

    Daß diese Auffassung keineswegs im Widerspruchmit der Lehre der Kirche steht, haben wir anderswoeingehend dargelegt. (Vgl. die Mai/'Juni-Nummer dervom Verfasser herausgegebenen Monatsschrift „Hei-land“: „Des Menschen Artseele und Geistseele“. VerlagBraun. Engen; für Deutschland: Buchhandlung Hacker,Gröbenzell bei München, Graßlfingerstraße 1221/2). -Hier sei nur darauf hingewiesen, daß die Bestimmun-gen des VIII. Konzils (869—870) nur die Ansicht ver—urteilen. es gäbe im Menschen zwei Vernunftseelen.(Denz. 338.) Auch enthält die Erklärung des Konzilsvon Vienne unter Klemens V. im Jahre 1312 keineVerurteilung des Duo-Dynamismus im Menschen. Des-halb schreibt der katholische Philosoph und TheologeKardinal Mercier: „Die Väter des Konzils (von Vienne)haben in unmittelbarer und ausdrücklicher Weise be-haupten wollen, daß die intellektuelle Seele — gleich-viel. ob sie allein sei, oder ob sie in demselben geisti—gen Substrat mit einer vegetativen und einer sensi-tiven Seele verbunden sei ——— den Körper des Menschenunmittelbar, an sich wesentlich informiert... Was dieMehrzahl der Formen angeht, soweit sie die substan-tiellen Prinzipien des Seins und der Tätigkeit immenschlichen Kompositum sind, so ist sie gewiß nichtvon der Verurteilung des Konzils ins Auge gefaßtworden; daher ist sie auch nach wie vor dem Konzilvon Vienne andauernd behauptet worden von zahlrei-chen scholastischen Doktoren, unter denen in ersterReihe die Theologen und Philosophen der Franziska-nerschule stehen.“ (Psychologie. Kempten, 1907, S. 310).

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    Was ist und wie wirkt nun die Geistseeleim Menschen

    Auf Grund psychologischer Erfahrungen und meta-physischer Erwägungen erscheint uns die Geistseele alsein in sich bestehendes, für jedes Menschenindividuum

  • einzeln. unmittelbar von Gott erschaffenes, erkennt-nisfähiges Wirkprinzip.

    Die Geistseele steht über dem vitalen Lebensstrom.Das Panzen- und Tierindividuum besteht nicht in

    sich, sondern in seiner Art, nur als Durchgangspunktseiner Artseele. Es hat nur Wert und Sinn, sofern esdas Leben seiner Art darstellt und an seine Nachfah-ren weitergibt. Es ist nur ein Glied in der ununter—brochenen Kette aller Artindividuen. — Anders derMensch als Geistwesen. Denn die menschliche Geist-seele hat als überstofflidi-übervitales Lebensprinzipihr eigenes Dasein, ihre eigene Existenz und ihrenEigenwert. Sie ist fähig, durch ihre universal offeneErkenntniskraft zu einem Brennpunkt und Spiegel desgesamten Universums zu werden. Sie ist durch ihrefreie Willensmacht nicht Funktion einer blinden Le-benskraft, sondern selbstbestirnmendes Gestaltprinzip,Die Geistseele des Menschen steht über dem vitalenLebensstrom, alles erkennend und sich selbst be—stimmend.

    Freilich müssen wir daran festhalten, daß Geist undLeib eine Natureinheit sind. Beide bilden ein gemein-sames Dasein.

    Jedoch erscheint es uns unannehmbar, daß die Geist-seele vom ersten Augenblick ihres Daseins den ani-malischen Menschen in allen seinen Teilen und Glie—dem durchlebt. Es ist ein vorphilosophisches, allgemeinpsychologisches „Gefühl“, daß die Geistseele „irgend-wo“ im Haupt ihren urSprünglichen Sitz hat. DieseAuffassung unvoreingenommener Naturmenschen wirdnoch bestärkt durch die Tatsache, daß der Mensch zuBeginn seines Erdenlebens seine Glieder manchmal alsfremd, als Nicht-Ich betrachtet. Erst nach und nachgewinnt das Kind das Bewußtsein, daß sein ganzerKörper zu seinem Ich gehört.

    Ein Wesensmerkmal des Geistes ist nämlich das Be.wußtsein. Da, wo der Geist sich seines Daseins be-wußt ist, da ist er; das, was er mit seinem Bewußt-sein umfaßt, ist in seiner Geistsphäre. Alles aber, wasaußerhalb der Bewußtseinssphäre liegt, scheint unsauch außerhalb der Daseinssphäre des Geistes zu lie-gen. Die Geistseele ist eben etwas Unstoffliches undmithin ein ausdehnungsloses Etwas. Sie ist nicht da,wie ein stoffliches Wesen, durch ein stofflich-quanti-tatives Im-Raum-Sein; sie ist im menschlichen Orga-nismus und überhaupt in der quantitativen Welt nurwo sie tätig ist. Diese Tätigkeit aber muß ihr, da sieein Geistwesen ist, bewußt werden.

    Das Hineinwachsen der Geistseele in den Leib ge—schieht dadurch, daß die Geistseele sich nach und nachihrer Organe und Glieder bewußt wird. Richtiger ge—sprochen wächst die Geistseele nicht in die Gliederund die Organe hinein, denn sie hat keine Ausdeh-nung und vermag auch keine zu haben, sondern sienimmt die Organe und Glieder in ihr Dasein und inihre Wirkkraft hinein. So wird die Geistseele die Be-herrscherin ihrer leiblichen Organe und Glieder. DasIdealziel wäre es. durch ruhige Konzentration dieGesamtheit aller Nervenprozesse unter die Herrschaftdes Bewußtseins und vor allem des Willens zu brin-gen. Auf diese Konzentration bauen alle Systeme auf,welche weitgehende Selbstbeherrschung erstreben. Sehrausgiebig hat zum Beispiel der Berliner NervenarztJ. H. Schultz das Prinzip der ruhigen Konzentration inseinem erfolgreichen „Autogenen Training“ entwickelt.

    Neben Autosuggestion und Konzentration dienenauch Sport und Turnen der Eroberung und Beherr-schung des Leibes. Besonders werden bei schulmäßigaber ungezwungen geübten Turnübungen die Bewe—gungen der Gliedmaßen rational erfaßt und harmo-nisch geordnet.

    Glaube und Erkenntnis

    DU ew’ges WORT, erzeugt aus tiefstem GrundeDer reinen Wahrheit, die Gott selber ist,Uns schlug der Offenbarung Sonnenstunde,Da DU als Mensch im Fleisch erschienen bist.

    Als Weg und Stab, der hin zum Leben weist.Schenkst DU zum Erbe uns Dein TESTAMENT.Darin der GEIST uns sonnenhaft umkreist,Daß nicht der Irrtum uns von DIR je trennt.

    So nimm des Glaubens Opfer an,Herr Christ:Wir schwören ab der blinden Wissensbarheit,Weil wir erkannt, geschaut, daß DU es bist,

    Der jeden Zweifel führt zur lichten Klarheit.Gott lebtl Und aller Menschen Freiheit istGesichert nur in dieser Christuswahrheit.

    Franz Wanderer

    Diese Beherrschung des Leibes durch die Geistseelekann scheinbar grenzenlos gesteigert werden VieleUntersuchungen zeigen, daß willensmäßige Innerva-tion durch immer größere Willensübung und Konzen—tration immer tiefer in das vitale Leibwesen hineinge-tragen werden können.

    Manche Psychologen sinddurch geübte Konzentration sogar die Ausstrahlungleuchtender Lichteffekte, die Entstehung stigmenähn-licher Wunden und selbst Levitation in den Bereichdes Natürlichen treten.

    ‘ Auch wird eine starke Geistseele viel leichter denLeib in einem tatvollen Gesundheitszustand erhalten,als eine stoffversklavte Geistseele. In einem geistigzentrierten Menschen werden alle Lebensfunktionenund Lebenstätigkeiten sich viel normaler entwickelnund entfalten als in einem geistig zentrifugal-zersplit—terten Menschen.

    Da die menschliche Geistseele in ih’rem tiefstenSein überzeiträumlich ist, vermag sie auch über ihrenLeib hinaus zu erkennen, zu wirken und zu sein.Hierin gründet die Möglichkeit der Telepathie, derTeleästhesie, der Radiästhesie, der Telekinese usw. DerGeistrnensch ist eben fähig, geistig auszustrahlen undseine Umgebung gestaltend oder zerstörend zu beein-flussen. Jedoch muß der Mensch, um dieses Ziel zuverwirklichen, sich seiner geistigen Macht bewußtwerden. Er darf sich nicht vital leben lassen, sonderner muß wissen, daß er als Geistwesen eine beherr-schende Macht ist. Der Mensch ist eben mehr als einIndividuum im detenninistischen, dahinutenden Le-bensstrom. Er ist eine Person mit geistiger Gestal—tungskraft. Er vermag durch selbstbewußte, selbst—sichere Erfassung und Beseelung seiner Glieder undseiner Umwelt weitgehend zu gestalten, nach demBilde. das ihm als Idealbild seines Selbst und seinerUmwelt vorschwebt.

    sogar der Ansicht, daß

    „Das Göttliche Wort ist im Munde und Herzen je-des Menschen, wenn er die Welt des Irdischen in sichschweigen macht“ Franz v. Baader, 1841

    t

    „Die Tatsachen der experimentellen Metapsychikrückten oft bis an die Möglichkeit des Weiterlebensheran; doch beweisen konnten sie es nid'it.“ Ch. Richet

  • Zur Psychologie des YogaVon Dr. Eduard Frank

    Einen einzigen gibt es. der den Gedankeneingeben könnte, ihn in die Nähe Jesu zurücken: Buddha. Dieser Mann bildet ein gro-fies Geheimnis. Er steht in einer erschrecken-den, fast übermenschlichen Freiheit; zugleichhat er eine Güte, mächtig wie eine Weltkraft.Vielleicht wird Buddha der letzte sein, mitdem das Christentum sich auseinanderzuset-zen hat. Was er christlich bedeutet, hat nochkeiner gesagt.

    Es ist eine unieugbare Tatsache, daß Asien im Laufeder letzten Jahrzehnte immer deutlicher in das abend-ländische Blickfeld trat. Dadurch erfolgten auch gei-stige Begegnungen, die dringend eine Auseinanderset—

    zung fordern. Die Stellungnahme des Europäers isn

    durch eine dreifache Haltung gekennzeichnet: Die erste

    besteht in einer skeptisch-ironischen Ablehnung, diezweite in einer fast vorbehaltlosen Glaubenswilligkeitund die dritte in einer sachlich aufgeschlossenen Prü-fungsbereitschaft.

    Eine aus der Fülle der Fragen. die uns der Ostengestellt hat, ist das Problem des Yoga. Welches Inter-

    esse ihm entgegengebracht wird, zeigt die ständig an-schwellende Literatur über dieses Gebiet. Von denersten in breiteste Kreise dringenden Erlebnissen PaulBruntons‘) bis zu dem aufsehenerregenden Bekennt-

    nisbuc‘n Paramhansa Yoganandas’), von dem Berichtdes Sizilianers Lanza del Vasto”) bis zu den Tagebuch-

    aufzeichnungen Hans Hassos von Veltheim-Ostrau’)reicht die Reihe der Veröffentlichungen. die über dasSuchen nach den Erlebnis- und Erkenntniswerten desYoga berichten. Eine andere Gruppe von Werken ver-sucht, die Problematik des Yoga wissenschaftlich zu

    erfassen. Namen wie J. W. Hauer”) Heinrich Zimmer”),Helmuth von Glasenapp’), J. H. Schultz"), Emil Abegg.J. J. Jenny, Maxim Bing”) deuten die verschiedenenRichtungen an. Praktische Auswertung der Technikdes Yoga versuchten (neben Schultz) H. Kerneiz”) undder in der Schweiz wirkende Selva Raja Yesudian").Mit diesen Namen und Werken sind die wesentlich-sten Auseinandersetzungsweisen angedeutet. Wollteman den Rahmen weiter spannen. dann müßten hierauch die Ergebnisse der Arbeiten Wiesingers”), EugenHerrigels") und manch anderer mit einbezogen werden.

    Aus diesem knappen Ueberblick ergeben sich nunfür den Betrach‘er drei Fragen. Erstens: Was ist Yogaund welche Bedeutung hat er für den Asiaten? Zwei-tens: Was bedeutet die Begegnung mit dem Yoga fürden Menschen des Westens? Und drittens: Welche Auf-gaben stellt der Yoga der Parapsychologie?

    l. Für den Asiaten ist der Yoga die Lehre von einerbestimmten asketischen Seelentechnik. die einerseitsdie Seele vom irdisch-materiellen Dasein ablösen undzum Erlebnis des Göttlich—Absoluten hinführen sou.Der Weg führt durch Uebungen zu höheren Bewußt-seinszuständen und ist begleitet vom Erwachen wun-derbarer Kräfte. Der Hindu. der Buddhist, der Anhän—ger des Zen, der chinesische Taoist bedient sich dieserTechnik in gleicher Weise. Entscheidend für den ech-ten Yogi ist aber der Umstand, daß die ihm auf sei-nem Uebungsweg zufallenden höheren Fähigkeiten nie-mals Selbstzweck sein sollen, sondern immer nur Mit--tel zur Erreichung des Endziels —— der Vereinigungmit dem Absoluten. Jede Zurschaustellung um einesäußeren Effektes willen wird streng abgelehnt. Der

    Weg zu dem letzten. schwer zu erreichenden Ziel führtüber verschiedene, genau bezeichnete Stufen. Diewichtigsten sind gewisse Sitzhaltungen (Asana), Atem-regulierung (Pranayama), das Zurückziehen der Sinne

    Romane Guardini. .

    von der Außenwelt (Pratyahara), das Fixieren derAufmerksamkeit auf einen bestimmten Punkt (Dhara-

    na), die Meditation (Dhyana) und schließlich der End-zustand der Versenkung (Samadhi). '

    2. Die — worüber wir uns klar sein müssen —— auchheute noch für uns begrenzte Kenntnis der Technikdes Yoga hat dem Westen immerhin manche Ansatz-punkte gegeben. In erster Linie versuchte man sichjener Elemente zu bedienen, die psychotherapeutischeWirkungen erzielten. Hier haben vor allem J. W.Hauer“) und J. H. Schultz bahnbrechend gewirkt.Schultz beabsichtigt, „den Realbestand der Yoga-Tra-d:tion ebenso zu erobern, wie frühere Forschung ausdem mystischen Magnetismus die rationale Hypno-therapie entstehen ließ“. Damit allerdings klammerter aus dem großen Komplex des Yoga nur ein kleinesTeilgebiet aus. Während die Beherrschung gewisserKörperfunktionen für den Asiaten bloß Nebenerschei-nungen eines geheimnisvollen psychologischen Vor-gangs sind, bedeuten sie für den PsychotherapeutenSelbst- und Endzweck. Der Standort hat sich also we-sentlich verschoben. Aehnlich die Einstellung von H.icrneiz, der im Hatha Yoga vor allem die „sowohlüberlieferte wie vernünftige und selbst erfaßbare Artder Körperbeherrschung und sorgsame Ausnutzungder körperlichen Kräfte“ des Menschen zu vermittelnsucht. Auch hier ist nur ein bestimmter Ausschnitt er-faßt, ein Ausschnitt. der letztlich gleichfalls dem the-rapeutischen Gebiet angehört. In diese Gruppe fallenauch die Bestrebungen Jesudians.

    Eine andere Sicht bedeutet die Betrachtung des Yogaals Mittel zur Vertiefung des meditativen Lebens. Indiese Richtung zielen die Untersuchungen K. B. Rit-ters”. Er schließt sich an Schultz an. wenn er seinepsychologische Technik der Meditation in der Haupt—sache auf möglichste Entspannung des ganzen Kör-pers und damit auch der ganzen Seele sucht. Auch hierzeigt sich wieder. daß manche Richtungen des christ—lich-abendländischen Strebens nach vertieften Metho—den des Gebetes indirekt von der Technik des Yogabeeindruckt verden. F. Wulfw) erkennt die Anregun-gen, die auf dem Umweg über die Tiefenpsychologiein das Geistesleben fließen und weiß, daß sie „nichtwenig von den Anschauungen und Meditationsmetho-den östlicher Religionen beeinflußt“ sind. So findenwir denn den Einfluß der Technik des Yoga sowohlin der Psychotherapie des Westens, als auch überalldort. wo man Mittel zu einer Intensivierung des Ge-betslebens sucht. Kritische Auseinandersetzungen vom

    tandpunkt des Theologen klingen bei Feuling“) auf.Wenn aber Thomas Ohm”) formuliert: „Hüten wir unsvor dem Hochmut, als könnten wir nichts von denNichtchristen Asiens lernen“. dann gibt das Gewichtdieser Stimme auch dem zu denken, der gerne unbe—quemen geistigen Anliegen ausweichen möchte.

    3. Wieder von einer anderen Plattform aus be-trachtet die Medizin die vom Yoga hervorgerufenenZustände. Bing und Jenny weisen auf die Untersuchun-gen von F. A. Weiß (1936) hin. der Samadhi (die höch-ste Stufe des Yoga) in physiologischer Hinsicht als einestarre Form von Katalepsie mit Reduzierung aller mo-torischen und sensiblen. aber auch der vegetativenVorgänge wie Atmung und Puls auf ein Minimum, dasgerade noch zur Erhaltung des Lebens ausreicht, zuerklären sucht. Damit sollen auch die „ganz wenigenFälle von wirklichem Scheintod indischer Fakire“ ver—ständlich werden. Versuche an der amerikanisdienYale University wollen die chemischen und physio-logischen Veränderungen erhellen, die bei gewissen

  • Atemübungen des Yoga auftreten. Man fand, daß sich

    der Sauerstoffverbrauch während der Uebungen um

    etwa zwanzig Prozent erhöhte. Die Frequenz betrug

    einen Atemzug pro Minute. Dabei war auffallend. daßsich bei verminderter Atmungsgeschwindigkeit ein er—

    höhter Sauerstoffverbrauch ergab!Aber auch die medizinischen Beobachtungen konn -

    ten abermals nur ein kleines Teilproblem erfassen.

    Wie groß der Fragenkreis ist, den der praktische Yogaaufwirft, geht besonders einleuchtend aus der „Auto-

    biographie“ Yoganandas hervor. Die seltsamen Ge-

    schehnisse, die er aus eigenem Erleben berichtet, um-

    fassen nahezu das gesamte Gebiet der Paraphänomene‚mögen sie nun paraphysikalischer oder parapsycholo-gischer Art sein. Der besondere Wert dieser Aufzeich.

    nungen besteht darin, daß hier nicht ein Europäer von

    außen her an den Yoga herantritt, sondern ein Inder,

    selbst ein Yogi, zum erstenmal von seinem Werdegangund den Erlebnissen, die ihm widerfuhren, berichtet.Stets wird versucht, die Brücke zur westlichen Wissen-schaft zu schlagen (Bilokation, Levitation, Nahrungs-losigkeit, Dematerialisation, Rematerialisation u. a.).Nicht immer glückt dies. Denn es fällt dem Menschendes Westens schwer, alles als bare Münze hinzuneh-men — auch dort, wo der Autor Erklärungen aus demGeiste der abendländischen Wissenschaft und ihrerExperimentaltechnik versucht. Immerhin bleibt einbedeutender, glaubwürdiger Rest, der zeigt, daß diebisherigen psychologischen und medizinischen Unter—

    suchungen vorerst nicht ausreichen, um befriedigendeErklärungen zu geben. Aber gerade deshalb ergibtsich die Forderung, das Problem Yoga und Technik

    des Yoga, mehr als bisher mit den Mitteln parapsycho—

    logischer Forschung aufzuhellen. Denn seine Bedeu-tung in der asiatischen Welt steht seit Jahrhunderten

    unmnstritten fest. Durch die Berührung dieses Geistes—lebens mit dem Abendland ist die Notwendigkeit sei-

    ner Erforschung gerade durch den Westen unabweis-bar geworden.

    l) Paul Brunton, Yogis, 1937. _=) Paramhansa Yogananda, Autobiographie eines Yogi,

    1950.3) Lanza del Vasto, Pilgerfahrt zu den Quellen, 1951.‘) Hans Hasso von Veltheim-Ostrau, Tagebücher aus

    Asien, 1951.5) J. W. Hauer, Der Yoga als Heilsweg, 1932.6) Heinrich Zimmer, Der Weg zum Selbst. 1944.’) Helmuth von Glasenapp, Der Stufenweg zum Gött-

    lichen, 1948.8) J. H. Schultz, Das autogene Training, 1932.9) Ciba-Zeitschrift. Wehr/Baden, 1950, Bd. 4, Nr. 43."') H. Kerneiz, Der Hatha Yoga, 1938.u) Selva Raja Yesudian und E. Haich, Yoga in den

    zwei Welten / Sport und Yoga, 1952.12) Alois Wiesinger, Okkulte Phänomene im Lichte der

    Theologie, 1948.l3) Engen Herrigel, Zen, 1948.1‘) J. W. Hauer, Yoga und Psychotherapie (V. Kongreß

    für Psychotherapie, Leipzig 1930).l5) Karl Bernhard Ritter, Ueber die Meditation als Mit-

    tel der Menschenbildung, Kassel o. J.*6) Friedrich Wulf, S.J.‚ Vom Wesen und der Einübung

    des Gebetes. (Geist und Leben, 1948, Heft 3).17) D. Feuling, Das Leben der Seele, 1950.19‘) Thomas Ohm, Asiens Kritik am abendländischen

    Christentum, 1948.

    Der Irrwahn der SeelenwanderungVon Pfarrer Ludwig Endres

    Es gibt einen Glauben, der die Pforte zum Jenseitsfür die Rückkehr so weit offen läßt wie für den Hin-übergang; es ist der Glaube an die Seelenwanderung.das heißt an die Wiedergeburt, Wiederverkörperung(Re-inkarnation) der abgeschiedenen Seele. DieserGlaube hat seine Heimat im Fernen Osten, im indi—schen Bereich und kam von da über Aegypten nachGriechenland und dem Westen. Unter dem Einußdes Christentums erlosch er immer mehr, hat sich aberdurch die Theosophie und Anthroposophie im Abend-land wieder weiter verbreitet. Die vielen Abarten die-ses Glaubens haben folgenden Grundgedanken: DerMensch, der sittlich vollkommen, das heißt von allemIrdischen losgelöst stirbt, geht in Brahman, das höhereselige Leben ein. „Die anderen kehren zur Erde zu-rück, um dort je nach ihren früheren Taten guter oderschlechter Verkörperungen teilhaftig zu werden.“(Strauß: Indische Philosophie, München 1924.) DieseWiederverkörperung geschieht in höheren oder niede-ren Menschenkasten, aber auch in Tieren bis hinabzu Insekten. Besonders anschaulich ist diese Lehre inTibet, dem Land unzähliger Mönche, ausgebildet.

    Der geistig Geschulte stirbt dort allein; zu den an-deren ruft man einen Mönch, meist einen Würdenträ-ger, den Lama. Er versucht den Sterbenden zu lehren,was er im Leben versäumt hat, die Loslösung vomIrdischen. Nach dem Tode beginnt der abgeschiedeneGeist eine gefährliche Wanderung im Jenseits. DieLeiche bleibt bis zu acht Tagen unbestattet. Währenddieser Zeit gibt der Lama dem Verstorbenen immernoch Ratschläge für das rechte Wandern im Jenseits.Hört sie sein Geist, dann findet er den Weg zu denGöttern. Wer aber sein Erdenleben nur widerwillig

    hingab, dem nützen die Ratschläge nichts; er verfälltdrüben einer verhängnisvollen Täuschung. Er glaubteine Grotte zu sehen, in der er ausruhen kann undtritt ein. Diese Grotte ist aber der Schoß einer mensch-lichen Mutter oder eines Muttertieres Damit hat seineWiedergeburt begonnen.

    Es gibt aber unter den Menschen auch Verkörperun-gen höherer Wesen, die auf Erden eine Sendung alsweltliche oder geistliche Obere haben. Sie heißen Tul-kus. Wenn ein Tulku gestorben ist, wartet man etwazwei Jahre; dann gehen Hofbeamte auf die Suche nachseiner Wiederverkörperung. Man fragt Sterndeuter undHellseher. Glaubt man das richtige Kind gefunden zuhaben, so wird die entscheidende Probe gemacht: Ge-genstände aus dem Besitz des Verstorbenen werdenmit fremden gemischt; das Kind muß durch Auswahlbeweisen, daß es sein früheres Eigentum wiederer-kennt. (Die telepathische Beeinussung liegt hier klar.)Frau David-Neel erlebte persönlich die Einführungeines wiedergeborenen Tulku in sein früheres Kloster.Im Palast wurde Tee gereicht. Der Tulku, ein kleinerJunge, verlangte eine andere Schale aus chinesischemPorzellan, die er bis auf das Zeichnungsmuster genaubeschrieb. Niemand wußte davon. Da beschrieb derKnabe eine bemalte Truhe, die in einer Rumpelkam-mer stehen sollte. Nach einer halben Stunde war inder Truhe die Schale gefunden. Selbstverständlich warjetzt alles doppelt überzeugt, den wiederverkörpertenTulku zu besitzen. Diese Dinge müssen mit Hellsehenund Telepathie zusammenhängen.

    Wir haben aber damit einen Beweis ben‘ihrt, denman für die Wahrheit der Seelenwanderung anführt:Es gibt Menschen, die sich an ein früheres Leben er-

  • innern zu können glauben. Um die Jahrhundertwendelebte in Genf ein Ladenmädchen, das als Medium„Helene“ berühmt wurde. In der Trance spielte sie

    mit Vollendung das Leben einer indischen Prinzessindes 15. Jahrhunderts. Sie sprach dabei eine unver-ständliche Sprache, der aber eine Reihe richtiger Wor-te der indischen Sprache Sanskrit beigemischt waren.Sie hielt sich natürlich für eine Wiederverkörperung.Es gelang nicht, das Rätsel ihrer Kenntnisse zu lösen.Man rechnete damit, daß unter den Sitzungsteilneh-mern einmal ein Sanskritkenner war, ja, daß vielleichteine Fernübertragung aus dem Geist eines indischenGelehrten vorlag.

    Ich habe Zeitungsausschnitte vor mir, nach deneneine englische Stenotypistin sich als Hoffräulein des16. Jahrhunderts, eine andere als wiederverkörperteMaria Stuart fühlt. Ein Polizist beschrieb gar fünffrühere Lebensläufe. Häufig zeigt sich in diesen Fäl-len eine überraschende Kenntnis der damaligen Ver-hältnisse und Ereignisse. Es muß dann sorgfältigst ge—prüft werden. wie sich die Person unbewußt odertelepathisch diese Kenntnisse erworben haben könnte.Darum sind oberflächliche Zeitungsberichte wertlos.Jede denkbare okkulte Quelle müssen wir dem Irr—wahn der Seelenwanderung vorziehen. Es könnte so-gar sein, daß alle Vorgänge der Geschichte in demallgegenwärtigen Weltäther (akasha nennt ihn die in-dische Philosophie) einen Eindruck hinterlassen haben.In dieser Aetherchronik oder in einem allumfassendenB-"Ienschheitsgedächtnis könnte eine befähigte Seele ‚il-les finden, was je geschah. Uns Abendländern erscheintein solcher Gedanke als unglaubliche Phantasie. Wasist aber heute unglaublich? Wenn ich vor hundert Jah-ren einem gescheiten Manne eine kleine Rolle feinstenDrahtes gezeigt und gesagt hätte: in diesem Draht istdie Aufführung einer Beethoven-Symphonie durch eingroßes Orchester festgebannt und kann jederzeit her—ausgeholt werden, hätte er nicht auch erwidert: einetolle, unglaubliche Phantasie. Heute ist sie im Magnet-tonverfahren Wirklichkeit geworden. Wenn Menschenso Unglaubliches erfinden, kann der Schöpfer nichtnoch Unglaublicheres geschaffen haben?

    Als Beweis für die Seelenwanderung werden auchdie ‚.Wunderkinder“ angeführt, die im frühesten Altervollendete Meisterschaft etwa in Musik zeigen. Dassoll Erbe aus früherem Leben sein, kann aber ebensoaus einem besonders günstigen Spiel der Erbanlagenerklärt werden.

    Der Glaube an eine Seelenwanderung ist ein Irr-tunt. auf dessen Grund wie immer ein Kern Wahrheitliegt. Diese Wahrheit ist die Erkenntnis. daß das Er-denleben oft sinnlos erscheint: Hochbegabte müssenfrüh sterben. Taugenichtse werden alt; Gute habenUnglück und Schlechte genießen das Leben; die einenmühen sich um geistigen Aufstieg, andere lassen siehemmungslos sinken. A11 das schreit nach Ausgleich.Die Denker Asiens suchten ihn in der Wiederverkör-perung. Sie könnte aber höchstens die verdiente Strafebringen. Die andere Aufgabe. die sittliche Vervoll-kommnung, kann auf diesem Viege nicht geschehen.Man müßte doch wissen, worin man im früheren Le-ben versagt hat. Dieses Wissen aber fehlt fast immer.Die christliche Offenbarung zeigt uns mit ihrer Jen—seitslehre die rechte sittliche Weltordnung und denAusgleich: „Es ist dem Menschen gesetzt, einmal zusterben; dann folgt das Gericht" (Hebr. 9, 27). Dieses„einmal“ bedeutet nicht irgendeinmal; es ist das Zahl-wort „ein einzigmal“. Hiemit ist die Lehre der Wie-derverkörperung unvereinbar; darum kommt sie fürden Christen nicht in Betracht.

    Wir schauen auf den Anfang unserer Betrachtungenzurück. Die Offenbarung lehrt uns, daß unsere Totenleben. Sie haben das Ziel erreicht; darüber freuen

    wir uns. Wir dürfen ihnen Liebe und Hilfe erweisen;dafür danken wir. Wie sie im einzelnen leben, bleibtein Geheimnis. Christliche Denker haben dicke undgelehrte Bücher über die Lehre von den letzten Din—gen geschrieben, die man wissenschaftlich Eschatologienennt. Die kürzeste und wahrste Eschatologie schriebder originelle, gescheite Elsässer Pfarrer Karl Pfleger.1m Gedankenaustausch mit seinem Freund, dem Philo-sophen Wust, war auch die Rede von diesen letztenDingen. Da faßte Pfleger im Brief vom 20. Dezember1937 die ganze Eschatologie in nur vier Worte zusam-men: „Wir wern mal schaun!“ Um unsere ernstenUeberlegungen nicht mit einem halb scherzhaftenWorte zu schließen. geschehe es mit einem Wort Kants:„Der Tod ist nicht die Hemmung des Lebens, sonderndie Befreiung von den Hindernissen eines vollständi»gen Lebens.“

    Auffallende Freitage zu Beginnund Ende des letzten Weltkrieges

    Von A. Schwenninger

    Man hat schon des öfteren darauf aufmerksam ge.macht, daß Beginn. Verlauf und Ende des letzten Welt-krieges irgendwie geheimnisvoll in ein geradezu reli-giöses Koordinatensystem eingeordnet sind (Vgl. zumBeispiel P. Franz Jos. Maus OFMCap.. „Biblisch-gött-liches Geschichtsdenken und -lenken“ in: Natur undKultur 42 (1950) 304——306). Diese Vermutung verstärktsich, wenn man bedenkt, daß auch der Freitag dabeieine auffallende Rolle gespielt hat, insofern bedeut-same Ereignisse ausgerechnet auf ihn gefallen sind.Als Beitrag zum Kapitel „Zufall oder Fügung?“ sinddie folgenden Daten und Tatsachen auf jeden Fall be—merkenswert :

    l. 9. 39: Herz-Jesu—Freitag: des zweitenVeltkrieges.

    6 10. 39: Herz-Jesu—Freitag: Reichstagsrede Hitlersmit sogenanntem Friedensangebot an die West-mächte.

    Beginn

    10. 5. 40: Freitag: Kriegsbeginn im Westen.14. 6. 40: Freitag: Einzug in Paris.21. 6. 40: Freitag: Waffenstillstandsbedingungen in

    Compicgne.19. 1. 40: Freitag: Reichstagssitzung mit letztem An-

    gebot an England.

    27. 9. 40: Freitag: Dreimächtepakt —— Achsenbildung.25. 10. 40: Freitag: Bombenattentat im Bürgerbräu-

    keller (7 Tote bei der 7. Gedenkfeier der Macht-ergreifungl)

    8. 11. 40: Freitag: Italienische Luftwaffe wird zumersten Male gegen England eingesetzt.

    G. 4. 41: Karfreitag: Beginn des Balkanfeldzuges.

    23. 6. 4—1: Freitag: Russische Offensive an der Mit-telfront.

    14. 7. 44: Freitag: Russische Offensive an der Süd—front.

    12. 1 45: Freitag: Mammutoffensive bei Sandomir.

    23. 2. 45: Freitag: Ruhr-Offensive im Westen.23. 3. 45: Freitag: Rheinübergang der Alliierten.30. 3. 45: Karfreitag: Einbruch ins Münsterland.

    20. 4. 45: Freitag: Hitlers letzter Geburtstag.(56 = 8x7).

    27. 4. 45: Freitag: Zusammentreffen der alliiertenTruppen bei Torgau.

    4. 5. 45: Herz-Jesu-Freitag: Kapitulation Keitels fürNordwestdeutschland (Holland, Dänemark, U-Boote usw.).

  • \

    Die Kreatur im christlichen WeltbildVon Prof. Dr. A. Koegel.

    Goethe sagt einmal: Alles erhalte der Mensch beider Geburt mitgegeben, nur eines nicht, worauf esam meisten ankomme: die Ehrfurcht. Diese müssedurch Bild un g erworben werden.

    Die Richtigkeit dieser Feststellung erschüttert beieinigem Nachdenken. Letzten Endes ist Mangel anEhrfurcht das Kainsmai aller Untergänge und dasMenetekel für alle. denen Untergang droht.

    Andererseits wurde und wird jede höhere Entwick—lungsebene alles Geschaffene mit Einschluß derMenschheitsgeschichte nur über eine Stufe der Him-melsleiter „Ehrfurcht“ erstiegen. Die bisher letzte undhöchste dieser Stufen lautet für den Menschen: Liebedeinen Nächsten wie dich selbst, liebe auch deineFeinde!

    Goethe sagt, daß Ehrfurcht nur durch Bildungerworben werde. Es ist klar, daß man ganz im SinneGoethes den Begriff „Bildung“ so weit und so trans-zendent als möglich fassen muß. Seine „Bildung“ hatmit einfachem Wissenserwerb nicht genug, sie meintvielmehr die vollkommene Gestaltswerdung der Per-sönlichkeit unter Ausrichtung an den metaphysischenKategorien des Wahren, des Schönen und des Guten.Sie vollzieht sich durch Bauen und Wachsen von denuntersten Grundfesten zu den obersten Gipfeln. Sowar denn auch Goethes Bildung fundiert auf derSchau und Erfahrung des Wesens und der Gestaltge-setze der außermenschlichen Kreatur (Goethe als Na-turforscher) und stieg von dieses Basis hinauf zu denGipfeln seines Seher- und Künstlertums, immer aberwieder dazwischen die Fundamente überprüfend undverstärkend. In Goethes Bildungsbegriff fehlt auchnicht die ehrfürchtige Anerkennung des christlichenGnaden- und Liebeswunders:

    Gerettet ist das edle Glied der Geisterwelt vom Bösen.„Wer immer strebend sich bemüht, den können wir

    erlösen,“Und hat an ihm die Liebe gar von oben teilgenommen.Begegnet ihm die selige Schar mit herzlichem Will—

    kommen!

    Das UntEn und das Oben also hat sich der mensch-lichen Person einzubilden, daß ihr Ehrfurcht darauserwachse, „auf die es am allermeisten ankommt“.

    Hat unsere Welt von heute so weiser AnleitungFolge geleistet, ist sie im Besitze der Ehrfurcht? Mankann die Frage leider nur verneinen. Obwohl jeder-mann mehr denn je die Ohren klingen von Freiheit,Brüderlichkeit, Menschlichkeit und Weltfrieden,

    herrscht in Wirklichkeit überall Unterdrückung

    Feindseligkeit, Grausamkeit und Kriegsbereitschaftoder gar wirklicher Krieg. Der Friede aber, wie ihnChristus versprochen hat (Meinen Frieden hinter-lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch, nichtwie (ihn) die Welt gibt, gebe ich euch.) (Joh. 24, 27.),dieser Friede ist heute der Welt ferner als je. Dem

    ist leider so, selbst wenn man nur die Beziehungvon Mensch zu Mensch betrachtet. Noch viel dunklerwird der Aspekt, wo man ihn auf den Zustand der„Ktisis“ in unserem Tagen einstellt. “Ktisis“ ist dasgriechische Wort im Text des Römerbriefes? Es wird

    bald mit „Schöpfung“, bald mit „das Geschaffene“

    bald endlich mit „Kreatur“ übersetzt. Die meistenUebersetzer denken dabei an die gesamte belebte und

    unbelebte Kreatur, mit besonderem Rechte aber an

    die erstere, da ihr Seelenleben uns erkennbar oder er-ahnbar ist.

    Auf. den ersten Blick bietet sich uns, wenn wir dieFrage nach dem Unterschied zwischen Mensch undTier anschneiden, ein doppelter Aspekt, der wissen.schaftliche auf der Entwicklungslehre basierende undder religiös christliche. Bedient man sich des ersteren,so muß von jeder Fähigkeit, die am Ende der Ent-wicklungslinie auftritt, angenommen werden, daß siemindestens potentiell schon auf tieferen Stufen vor-handen war, wonach der Unterschied zwischen Menschund Tier nur graduell, nicht prinzipiell sein kann. DasGleiche ergibt sich aus dem religiösen Aspekt, was be—sonders in Paulus, Römer 8, betont wird. Hievon wirdweiter unten noch die Rede sein. (Erstaunlicherweisehaben aber leider die Anhänger beider Aspekte inder überwiegenden Zahl nicht die zu erwartende, er-kenntnismäßige und praktische Konsequenz gezogen.)

    Der Nachweis, ob und in welcher Form in der außer-menschlichen Kreatur Vorstufen des menschlichen Gei-stes auffindbar sind, ist schwierig. Einschlägige Ver—suche sind selten und nur mit geringen und schwan-kenden Ergebnissen gemacht worden. Unter anderemhat sich Bernhard Bavink in seinem Buche „Das Uebelin der Welt“, München 1947, mit der Frage befaßt, ob..Hochwerte“ (das Nützlich-Notwendige, das Schöne,das Gute, das Wahre, das Numinose) in der außer-menschlichen Natur realisiert sind. Er glaubt dieseFrage bejahen zu dürfen.

    Viel gewichtiger ist eine Feststellung des heute füh—renden und anerkannten Parapsychologen Prof. J. B.Rhine (Duke University USA), daß ASW (außersinn—liche Wahrnehmung), Pk (Psychokinese) und anderehierher gehörige Phänomene mit den höheren Schich-ten des Geistes in Einklang stehen. „Sie sind den Vor.gängen auf der höheren Stufe des Urteilens, Wertensder Fantasie und dergleichen zugehörig.“ Ueber Vor—kommen von ASW, Pk, Spuk und dergleichen bei Tie—ren liegt nun ein so reiches und gut gesichertes Be-obachtungsmaterial vor, daß man nicht mehr igno-rieren kann, daß auch die Tiere solche Fähigkeitenbesitzen und mit ‚ähnlichen menschlichen in Beziehungtreten können. Woraus wiederum geschlossen werdenkann, daß sie, wie der Mensch Anteil an den= „Hoch-werten“ haben.

    Nun wie steht es heute um die Beziehung „Ktisis --Mensch?“ Hierauf antwortet allgemein gültiger als jeein alter Vers: „Die Welt ist vollkommen allüberall,wo der Mensch nicht hinkommt mit seiner Qual.“ Ge-rade unser Jahrhundert hat unter dem Panier „Ratiound Technik“ das Angesicht der Erde verwüstet unddie Existenz der Ktisis mehr als je gefährdet. WasRoheit und Gedankenlosigkeit früherer Jahrhundertein zahllosen Einzelverfehlungen nicht vermochten, dashat die systematische Inthronisation engstirniger Ver-standesentwicklung und fehlgeleiteter technischerUeberheblichkeit in schauerlicher Weise vollzogen. Esist keine Frage, daß solchergestalt nicht nur die Exi-stenz des Menschengeschlechtes, sondern mit ihr zumzweitenmale die der schuldlosen Ktisis in Frage ge-stellt ist. Das aber wird heute wenigen, selbst wahr-haft frommen Menschen klar. So kommt es, daß manimmer wieder hier und dort die Klage hört, das Chri-stentum (auch das Neue Testament) habe sich umdiese Seite der menschlichen Seelenbildung zu weniggekümmert. In der Lehr- und Lebenspraxis vielerchristlichen Gemeinschaften mag dies mehr oder weni.ger zutreffen. Hier erschallt eben überall als beson-ders vordringlich erachtet der Notruf SOS (Retteteure Seele, wobei der Ton auf eure liegt statt auf

  • Seele). Wäre das letztere der Fall, so wäre dieKtisis mit eingeschlossen. „die Liebe von oben hätteteilgenommen“ und vollkommene Hilfe träte in naheund nähere Sicht. Nur wer zuerst Ehrfurcht vor all e mGeschaffenem, vor scheinbar lebloser und belebter Kti-sis erworben hat, der wird sie auch erwerben gegen-über seinen menschlichen Mitbrüdern und so gnaden-halber auch vor dem allmächtigen Schöpfer Himmelsund der Erde. Dies alles ist aber im Buch der Bücherund in der reinen Lehre des Christentums tief und festverankert. Es muß nur gesehen und gewichtig genuggenommen werden.

    Schon in der Schöpfungsgeschichte und im Berichtvom Sündenfall wird klar gemacht, daß der Menschals Schuldner zwischen Gott und der übrigen Schöp-fung steht (Lies hiezu Max Huber „Mensch und Tier“—- Biblische Betrachtungen — Zürich 1951). Es sei ver—wiesen auf Moses I. 1, 26 „Lasset uns Menschen ma-chen, ein Bild, das uns gleich sei, die da herrschenüber die Fische im Meer, über die Vögel unter demHimmel und über das Vieh und über die ganze Erdeund über alles Gewürm. das auf Erden kriecht.“ DemMenschen wird hiemit die Herrschaft über die gesamteKtisis verliehen und es kann kein Zweifel sein, inwelchem Sinne der Schöpfer dieses Regiment von demnoch nicht gefallenen Menschen ausgeübt wissen woll-te, hatte er ihn doch erschaffen „als ein Bild, das unsgleich sei“. In Moses I. 2, 19 steht geschrieben: „Dennals der Herr gemacht hatte von der Erde allerlei Tiereauf dem Felde und allerlei Vögel unter dem Himmel,brachte er sie zum Menschen, daß er sähe, wie er sienennte; denn wie der Mensch allerlei lebendige Tierenennen würde, so sollten sie heißen.“ Hiemit wird dochdem Menschen (allerdings wieder dem noch nicht ge-fallenen) geradezu das Amt eines Taufpaten, also daseines stellvertretenden Schirmherrn der Ktisis ver-üehen. '

    Adam und mit ihm die ganze Menschheit erlag derVersuchung, „zu sein wie Gott“ und es folgte die Ver-

    treibung aus dem Paradiese. Bei dieser Gelegenheitsprach der Schöpfer das schreckliche Wort: „Verfluchtsei die Erde um deinetwillen!“ Dieser Fluch ist auf-

    gehoben durch die Erlösungstat Jesu Christi und un-wirksam überall da, wo vom Menschen die Erlösungs-

    gnade in Anspruch genommen wird.Hören wir hiezu das einschlägige Kernstück des

    Neuen Testamentes‚ des Apostels Paulus Brief an dieRömer, Kapitel 8, Vers 18—25. (Zugrunde gelegt isteine Uebersetzung von Prof. Dr. E. Gaugler.) „Dennich halte dafür, daß die Leiden der gegenwärtigen Zeitnicht ins Gewicht fallen neben der Herrlichkeit. diean uns soll offenbar werden. Denn das sehnsüchtigeHarren der Schöpfung (Ktisis) wartet auf das Offen-barwerden (der Herrlichkeit) der Söhne Gottes. Dennder Nichtigkeit wurde die Schöpfung unterworfen,nicht weil sie es wollte, sondern um dessen willen,der sie unterworfen hat; (doch dies geschah) auf Hoff-nung hin. weil eben auch die Schöpfung (einst) befreitwerden wird vom Knechtsdienst der Vergänglichkeitzur Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes. Wirwissen ja, daß die ganze Schöpfung mitsammen seufztund insgesamt in Geburtswehen liegt bis anjetzt. Dochnicht nur (sie), sondern auch wir selbst, die (doch) dieErstlingsga-be des Geistes haben, auch wir selbst seuf-zen bei uns selbst unter dem Warten auf die Sohnes-einsetzung, die Erlösung unseres Leibes. Denn aufHoffnung hin sind wir gerettet! Eine Hoffnung aber,die man sieht, ist keine Hoffnung. Denn was einersieht, was hofft er es noch? Erhoffen wir aber, waswir nicht sehen, so warten wir (sein) in (gewisser) Ge-duld.“

    Nicht weil sie es wollte, nicht also aus eigenem Ver.schulden, wurde die Ktisis verucht, sondern weil sie

    von Gott vor dem Sündenfalle dem M e ns c he n un-terworfen werden war. „Von der Erde bist du genom—men und sollst wieder zu Erde werden.“ „Hiemit istmit dem Menschen alles Geschaffene der Nichtigkeit,dem Knechtsdienst der Vergänglichkeit und damit derSinnlosigkeit geweiht.“ (M. Huber), In richtiger Wür—digung der schuldlosen Verflechtung der Ktisis in denSündenfall des Menschen hat darum die Bibel auchnirgends nach-paradiesische Verderbtheit des Men-schen als „Vertierung“ gekennzeichnet. „Der Menschsinkt durch die Sünde nicht ins Tierische, sondern insDämonische und schließlich ins Satanische.“ (M. Huber).

    Aus dieser Unterworfenheit der Kreatur unter denMenschen und sein Verschulden wird auch das Tier-o p f e r des Alten Bundes verstanden. Der Kempunktdes Alten Testamentes war die Bundesschließung amSinai. Moses opferte einen jungen Stier und sprengtesein Blut zur Hälfte an den Altar, zur Hälfte auf dasVolk mit den Worten: „Das ist das Blut des Bundes,den Jehova mit euch geschlossen hat.“ Auch der Sün-denbock, der als Vertreter menschlicher Sünder in dieWüste gejagt wird, ist aus demselben Aspekt verständ—lich. Schon die Propheten indes begannen sich vomTieropfer abzuwenden und forderten menschliche Zer-knirschung und Gerechtigkeit an seiner Stelle. Chri—tus endlich, der Herr des Neuen Bundes, gab sich

    selbst zum Opfer für die Menschheit und für alleKreatur. Er hat nach den Evangelien nie geopfert oderein Opfer (im Sinne des Alten Bundes oder gar desHeidentums) vollzogen und auch in der von ihm ge-gründeten urchristlichen Gemeinde gibt es von Anfangan kein solches. Hiemit ist dargetan, was dann Paulus(Römer 8) ausführlich behandelt, daß nämlich dieKreatur vom Menschen und in ihm durch Jesus Chri-stus erlöst sei, soferne der Mensch von dieser GnadeGebrauch macht.

    Sind, abgesehen vom Römerbrief, der doch wohl alseine Verwertung mündlich überlieferter Herrenworteangesehen werden darf, in den Evangelien auf die Kti-sis bezugnehmende Stellen nur spärlich eingestreut. sosind diese wenigen dafür umso gewichtiger. Denkenwir zum Beispiel an das Symbol des Hirten und derHerde “(Joh. 10, 3). „Der Hirte ruft seine Schafe beimNamen“ oder an das Gleichnis vom verlorenen Schaf(Matth. 18, 12 und Luk. 15, 4) mit der liebevollen Für-sorge des guten Hirten für jedes einzelne seiner Tiereoder an (Matth. 6, 28): „Sehet die Lilien auf dem Felde

    . ich aber sage euch, daß auch Salomon in all sei-ner Herrlichkeit nicht bekleidet war, wie derselbeneine.“

    Besonders zu beachten ist die geheimnisvolle Stelle(Mark, 1, l3) „Und er war in der Wüste... und wardversucht von dem Satan und war bei den Tieren undEngel dienten ihm.“ Diese Stelle wurde törichterweisevielfach so gedeutet, daß man die Tiere als ein feind-liches, mehr dem Satan nahestehendes Element an-sehen wollte, während schon aus der Satzstellung her-vorgeht, daß hier Tiere, Engel und der Menschensohndem bösen Prinzip als unschuldiges und gottgefälligesgegenübergestellt werden.

    Johannes der Täufer nennt Jesus (Joh. l, 29) das„Lamm Gottes“ und Markus, Lukas und Johannes be.richten, daß der heilige Geist in Gestalt einer Taubeauf ihn herabgekommen sei. Wenn solche Vergleicheauch durch die Tatsache nahegelegt werden, daß Lammund Taube „reine“ Opfertiere im Sinne des jüdischenOpferrituals waren, so bezeugen sie doch, welch hoherSymbolisierung man im Kreise Christi die Kreaturfür würdig hielt.

    Uebrigens enthalten nicht nur die vier anerkanntenEvangelien, sondern auch die sogenannten „Apokry-phen“ deutliche Hinweise auf die Einstellung Christizur Ktisis (hier besonders zum Tier). Beispielshalber

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  • genannt sei ein Bericht aus einer sehr alten in Parisaufbewahrten koptischen Bibelhandschrift: „Und es be-gab sich, daß der Herr auszog aus der Stadt und gingmit seinen Jüngern. Und sie kamen an eine steileBergstraße. Sie fanden dort aber einen Menschen miteinem Saumtier. Das Tier aber war hingestürzt, denner hatte es überladen und er schlug es, daß es blutete.Und Jesus trat zu ihm und sprach: „Mensch, wasschlägst du dein Tier? Siehst du nicht, daß es zuschwach ist für die Last, und weißt du nicht, daß esSchmerzen leidet? Der Mensch aber antwortete: „Wasgeht das dich an? Ich kann es schlagen, soviel ich will,weil ich es gekauft habe als mein Eigentum um gutesGeld. Frage die, so bei dir sind, denn sie kennen michund wissen darum.“ Und etliche von den Jüngernsprachen: „Ja Herr, es ist wie er sagt. Wir haben ge—sehen, wie er das Tier kaufte.“ Aber der Herr sprachweiter: „Sehet denn nicht auch ihr, wie es blutet undhöret denn nicht auch ihr, wie es jammert und schreit?“Sie antworteten und sprachen: „Nein, Herr, daß esjammert und schreit, hören wir nicht.“ Jesus aberward traurig und rief: „Wehe euch, daß ihr nicht hört,wie es schreit und klagt zum himmlischen Schöpferum Erbarmen, dreimal wehe aber dem, über welchenes schreit und klagt in seinem Schmerz.“ Und er trathinzu und rührte es an und das Tier stand auf undseine Wunden waren heil. Zu dem Menschen abersprach er: „Führe es nun weiter und schlage es hin-fort nicht wieder, auf daß auch du Erbarmen findenmögest.“

    Auch an eine andere, von A. v. Reibnitz mitgeteilteApokryphenstelle sei hier erinnert. Sie stammt auseiner Bibelabschrift vom Jahre 325, die in einem tibe-tanischen Kloster verwahrt wird, und handelt von derLiebestat des Herrn an einem Obdachlosen und halbverhungerten Kätzchen. Christus spricht bei dieser Ge—legenheit: „Wahrlich, ich sage euch, diese Geschöpfesind Kinder Gottes wie wir. Sie sind auch e ure Brü-der und Schwestern. Wer ihnen zu essen und zu trin-ken gibt, gibt es mir. Und wer ihnen ein Leid antutoder sie nicht verteidigt, der tut mir Leids an und ver-teidigt mich nicht.“ Es ist ehrlich schade, daß so wich-tige Stellen nicht in das Buch der Bücher aufgenom-men wurden. Sie hätten gewaltigen Segen gestiftet.Sie waren aber wohl dem morgenländischen Volks-charakter sdiwer zugängig, während sie unseremabendländischen Empfinden keine Schwierigkeiten be.reiten.

    Schließlich muß man noch in aller Ehrfurcht denKernpunkt des Neuen Testamentes, die Einsetzung desheiligen Abendmahles in Betrachtung nehmen. Jesussegnet das Brot und spricht: „Dies ist mein Leib!“ Ersegnet den Wein und spricht: „Dies ist mein Blut, dasfür viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden.“Nicht der Mittelpunkt des Mahles, das Passahlamm,erfährt diese Auszeichnung —- es ist ja noch verhaftetdem blutigen Opferritual des Alten Bundes — sondernzwei Erzeugnisse der panzlichen Ktisis, das Brot undder Wein. Wer denkt da nicht an Moses I. 29/30: „Se-het da, ich habe euch gegeben allerlei Kraut, das sichbesamt . . . und allerlei fruchtbare Bäume, die sich be-samen, zu eurer Speise und allem Getier auf Erden...daß sie allerlei grünes Kraut essen.“ Im Paradiese waralso für alle tierische Kreatur und für den MenschenVegetarismus eingesetzt und zwar ein extremer, aufSamen und Früchte beschränkter. Bei der Stiftung desneuen Paradieses durch Jesus Christus klingt diesesMotiv deutlich wieder an.

    Paulus (1. Kor. 11, 23/24) fügt den Einsetzungswor-ten noch hinzu: „Tut dies zu meinem Andenken!“ Hie-mit hat der Herr gleichsam der ganzen Christenheitauferlegt, die Kreatur als Bruder zu betrachten undihrer in Fürsorge, Sanftmut, Liebe und Dankbarkeit

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    zu walten. Er wollte damit jene Ehrfurcht vor allem.Gesdiaffenem in die Herzen seiner Gemeinde pan-zen, ohne die weder echte Menschenliebe noch aufrich-tige Verehrung des Schöpfers Himmels und der Erdeund seines eingeborenen Sohnes möglich ist. Schrittdie Menschheit von der Furcht vor Jehova im AltenTestament unter Christus zur allgemeinen Menschen-und sogar zur Feindesliebe aufwärts, so war dies nurmöglich, weil die Lehre Christi richtig dahin verstan—den wurde, daß die vollkommene christliche Liebe denSchöpfer und alle seine Geschöpfe zu umfassen habe,wenn sie Frucht tragen soll.

    Die erleuchteten Geister der christlichen Geschichtewaren sich immer dieses Totalanspruches der Näch-stenliebe bewußt. Aber selbst der heilige Franz vonAssisi, die sanfteste, christusähnlichste Heiligengestaltder katholischen Kirche, gewann erst in reiferen Jah-ren, offenbar als Frucht seiner religiösen Einkehr undErleuchtung (Goethe würde sagen „Bildung“) jeneswunderbare Verhältnis zur Ktisis, das ihn so sehr vonden meisten anderen Heiligengestalten unterscheidet.Alle Geschöpfe, so groß oder klein sie sein mochten,lebendige und unbelebte (lese seinen großartigen „Son-nengesang“) nannte er Brüder und Schwestern; erliebte sie um des gemeinsamen Ursprungs willen undsorgte um des Vaters willen für alle, wo sie ihm ent-gegentraten, mit rührender Beissenheit.

    Der Heilige war hier seiner Zeit und der christlichenMenschheit weit vorangeschritten. In seinem Natur-verhältnis wurde ein falscher Trennungsstrich korri-giert und etwas nachgeholt, was die Christenheit bisdahin vernachlässigt hatte. „Wenn diese Einfühlungmit der Natur die Kirche auch in ihrer Gesamtheitnicht zu übernehnmn vermochte, verloren girg sie seit-dem nicht mehr. —— Diese Vorboten eines neuen Welt-gefühls bilden die größte Hoffnung der Menschheit.“(W. Nigg -— „Große Heilige“).

    Von Martin Luther haben wir einen Bericht seinesHausgastes, des Predigers Muihesius, der nicht ver-schwiegen werden soll. Als das Belferlein (LuthersHündlein) wieder einmal am Tische sich bemerkbarmachte und störte, fragte einer, ob nach der Aufer—stehung es in der anderen Welt auch unvernünftigeTierlein wie den Hund geben werde. „In alle Wege ja“antwortete Luther. „Denn der neue Himmel wird wiedie neue Erde nicht öde und wüst sein, sondern vollschöner Kreaturen! Da wird ein jedes Hündlein etwaein gülden Halsband haben, von edlem Gestein undan jedem Härlein wird ihm eine Perle sitzen. Dennder jetzigen Welt Pracht und Schmuck wird dazu die-nen müssen, die treuen Tiere zu lohnen.“

    Man kann also nicht sagen, das Testament Christiüber die Ktisis habe im Christentum keine Früchtegetragen, wohl aber möchte man stärkeren Hinweisin Lehre und Praxis der Christen wünschen. Aus-schließlicher Nützlichkeits- und Moralitätsstandpunktbliebe dabei allerdings eben so unfruchtbar wie ein-seitige, leicht in Hysterie umschlagende Senhentali -tät, Mitleid ist recht und menschenwürdig, aberEhrfurcht ist größer und begreift das Mitleid insich. „Wenn ich mit Menschen- und Engelzungen re-dete und hätte der Liebe nicht, so wäre ich ein tönen-des Erz und eine klingende Schelle.“ (Paul. 1. Kor. 13,1.)

    „Ein einziger ganz sicherer Fall der Bestätigungeines Verstorbenen würde für die irdischen Menschenmehr bedeuten als alles, was bisher die sogenannteKultur, einschließlich der Philosophie, für sie bedeu-tet hat.“ H. Driesch

    a:

    „Der Tod ist ein Menschenwahn. Denn Mensch seinheißt die Verkörperung einer Idee sein. Ideen abersind unsterblich.“ C. L. Schleich

  • Das dänische Materialisationsmedium Einer NielsenVon Dr. Hans Gerloff.

    Einer Nielsen war in vielen Kontrollsitzungen unterstrengen Bedingungen von bekannten Fachleuten ge-prüft und als Materialisationsmedium anerkannt wor-den, zuletzt gelegentlich des ersten internationalenParapsychologenkongresses 1921 in Kopenhagenunter Teilnahme auch von Schrenck-Notzing undIngenieur Grünewald. Er stand im Begriff, auf Ein-ladung auch in Oslo vor einem Prüfungsausschuß sichdurchzusetzen vor Wissenschaft und Oeffentlichkeitund so einer neuen Forschung von größter weltan-schaulicher Bedeutung zu Erfolgen und Erkenntnissenzu verhelfen. In einem großangelegten Feldzug seitensder Gegner unter Führung des Kopenhagener Blattes„Politiken“ wurde das ganze Unternehmen öffentlichtorpediert. Einer Nielsen als Betrüger und die For-scher als Betrogene hingestellt, jedenfalls ein so schwe—rer Suggestionsdruck auf alle Beteiligten ausgeübt.daß unter ungünstigsten Bedingungen, vor allem stärk-stem Mißtrauen der Prüfer, die Sitzungen negativ aus-fielen und es sogar auf der letzten entscheidendenSitzung am 5. März 1922 zu einer angeblichen „Ent-larvung“ kam, indem aus ursächlich ganz mißverstan-denen unzureichenden Indizien ein unberechtigterSchluß auf Täuschung gezogen wurde. Was entlarvtwurde, war in Wirklichkeit das Ungeschick und dieUnerfahrenheit der Prüfer, die sich ganz überwiegendaus Vertretern fremder Disziplinen zusammensetzten.Der Erfolg war jedenfalls, daß Einer Nielsen sich seitnunmehr 30 Jahren von aller Wissenschaft zurückge-zogen hat, die sich mit dem verfehlten Unternehmenin Oslo selbst den schwersten Schlag versetzte, vondem sie sich bis heute noch kaum wieder erholt hat.Die Wissenschaft braucht die Medien, um vorwärtszu-kommen, aber die Medien brauchen nicht die Wissen-schaft, sie können sich auf ihre privaten Kreise zu-rückziehen. die erklärlichenveise spiritistisch einge-stellt sind, um von Angriffen und Beschimpfungenverschont zu bleiben.

    Bei der Gründung der Gesellschaft für Parapsycho-logie in München im Herbst 1949 war ich mir klardarüber, daß man bei dem Mangel an bedeutendenMedien in Deutschland nach dem Ausland greifenmüßte. um der stagnierenden Forschung aufzuhelfen,mochte es auch große Opfer an persönlichem Einsatzfordern. Auf Grund alter Beziehungen nach meinerfrüheren Tätigkeit an skandinavischen Universitätenunternahm ich im Sommer 1950 eine Erkundungsreisenach Schweden und Dänemark und machte die per-sönliche Bekanntschaft Einer Nielsens. Nach Ausspra—chen und einem langen Briefwechsel sind wir heutegute Freunde, das heißt, wir besitzen gegenseitiges Ver—trauen zu einander, und das ist überhaupt die ersteGrundlage für den Umgang mit einem Medium. Wirkönnen über alle Schwierigkeiten und Gefahren mit-einander offen sprechen. Nach langen Vorverhandlun-gen über die Kontrollbedingungen vereinbarten wirfür den Januar mehrere Sitzungen in Kopenhagen inder Wohnung des Mediums. Es gelang mir, Herrn Dr.Erich Petersen, einen Naturwissenschaftler aus Flens-burg, der schon früher Sitzungen mit Einer Nielsenerlebt hatte, für die Teilnahme zu gewinnen, zumaler ießend dänisch sprach, während ich mir mitschwedisch helfen mußte. Diese Sitzungen waren kei-ne wissenschaftlichen in strengem Sinne, vielmehrBeobachtungs- oder Demonstrations-Sitzungen, die den Zweck verfolgten, den neuenTeilnehmern überhaupt erst einmal das merkwürdigeErlebnis von Vollmaterialisationen zuvermitteln. Ist doch die Tatsache dieser Erscheinung

    ll

    umstritten und wird besonders von der Naturwissen-

    schaft geleugnet, weil sie allen bekannten Naturge-setzlichkeiten zu widersprechen scheint und ihre Er—klärung so schwierig ist. Wir wollten also für uns eineendgültige Klarheit haben, ob es sich hier um Täu-schung oder Tatsachen handelte. Dementsprechend wa.ren wir ebenso wohlwollend und aufgeschlossen wie

    auf scharfe, nüchterne Beobachtung eingestellt, wirfühlten uns als Zeugen in höchstem Maße verantwort—lich, wenn wir mit unseren Erfahrungen vor der Oef-fentlichkeit auftreten wollten. Es folgen nun die Pro-tokolle der Sitzungen, die insofern immer noch un—vollständig sind, als die Nachforschungen zur Identi-fizierung der Erscheinungen zum Teil noch schweben.

    Protokoll der ersten Sitzung am 19. Januar 1952

    in Kopenhagen mit dem Medium Einer Nielsen.

    Um sieben Uhr abends, eine Stunde vor Beginn derSitzung, trafen Dr. Petersen und ich in der Wohnungdes Mediums ein, um die Vorbereitungen selbst ge-nau zu überwachen. Wir untersuchten den ständigenSitzungsraum und nahmen die Maße ab. Besonderseingehend besichtigten wir das Kabinett an der Seitedesselben und den allein darin befindlichen Stuhl.Dann stellten wir selbst mit Einer Nielsen die nöti—gen Stühle im flachen Bogen für die neun Teilnehmervor dem Kabinett auf. Auf die körperliche Visitationdes Mediums verzichteten wir, bis er sie uns selbstanbieten würde, was vor der zweiten Sitzung geschah.Darauf unterhielten wir uns mit Einer Nielsen undweiteren Besuchern im Wohnzimmer.

    Um acht Uhr begaben wir uns in den Sitzungsraum,der noch beleuchtet war und nahmen unsere Plätzeein. Dr. Petersen und ich saßen in der Mitte, eine Da-me zwischen uns. Die übrigen Teilnehmer, diesmalnur aus dem engsten Freundeskreis des Mediums, sa-ßen ebenfalls im Wechsel von Damen und Herren.Einer Nielsen hielt zuerst eine kurze Begrüßungsan-sprache mit anschließendem Gebet und nahm bei of-fenem Vorhang seinen Platz auf dem Stuhl links imKabinett ein. Es folgte Gesang mehrerer religiöserLieder, bis das Medium langsam in Tranceschlaf fiel.Jetzt sprach durch dieses sein geistiger Leiter Mi ca,der uns alle begrüßte, besonders die beiden deutschenGäste, einige Erklärungen und Anweisungen gab, so—dann seinen Segen erteilte. Danach sprachen einigeandere Stimmen aus dem Medium, besonders die deskleinen Knud, der erzählte, er kenne eine arme Fa-milie hier. in der sehr schwere Zustände herrschten,wo auch drei kleine Kinder seien; er wolle gerne hel-fen, könne es aber nicht. Darüber fing er an zu wei-nen, was für ihn das Medium mit verzerrtem Gesichttat. Er antwortete dabei auf Fragen der Teilnehmer.Dann kam von Mica der Auftrag, die Lampen zu lö-schen, den Vorhang zu schließen, die rotblaue Decken-lampe einzuschalten. Diese leuchtete so viel, daß manjeden Teilnehmer deutlich erkennen konnte vor demschwarzen sehr dünnen zweiteiligen Vorhang. DieHände, die wir anfangs auf unseren Knieen liegenhatten, mit der Innenfläche nach oben wegen behaup.teter Strahlung, wurden nun zu einer Kette geschlos-sen. Wir saßen dabei so dicht neben einander, daßwir uns mit den Armen berührten. Der Raum warverriegelt, wir warteten auf das Erscheinen der Ge-stalten, während weitergesungen wurde.

    1. Plötzlich erschien von rechts aus der Seitenöff-nung des Vorhanges eine mittelgroße weiße Ge stalt,die schnell zur Mitte eilte und sofort wieder durdiden mittleren Spalt verschwand. Sie hatte einen wei-

  • ten Teleplasmamantel an mit spitzer Kapuze, BeimVerschwinden og der Mantel weit nach. Niemandwußte, wer das sein konnte, offenbar gestattete ihrdie hohe Uchtempfindlichkeit kein Verweilen.

    2. Dann trat aus der Mitte des Vorhangs eine etwasüber mittelgroße Gestalt heraus und stand sehr ru-hig dicht links vor mir, das Gesicht mir zugewandt,ohne ein Wort zu reden. Ich bemühte mich ange-strengt, das Gesicht zu erkennen, wir fixierten unsbeide auf diese Weise. Deutlich erkannte ich das Ge-sicht von Mica, das mir aus einer Zeichnung wohl-vertraut war. Unter einer turbanartigen Kopfbedek-kung, eingerahmt von einem Schleier, tiefliegende,dunkle Augen, schwarzer Voll- und Schnurrbart, dieganze Gestalt in ein orientalisch weites, faltenreichesweißes Gewand gehüllt. Leider machte ich den Feh-ler. ihn nicht anzusprechen, was er sicher erwarteteund ich mir für das nächstemal vornahm, so zog ersich wieder zurück.

    3. Unmittelbar danach erklang eine ungewöhnlichhohe singende Mädchenstimme schon hinter dem Vor-hang und gleich darauf trat eine mittelgroße weiblicheGestalt in Schleiergewändern heraus, sehr lebhaft, be—grüßte uns alle lachend wie alte Bekannte. Es wardie Rita, das Phantom eines 1914 mit 16 Jahren

    ' verstorbenen Mädchens, das auf allen Sitzungenkommt, sich besonders leicht materialisiert. Sie plau-dert und scherzt, zeigt immer gern auf ihr schönesweißes Gewand, fragte auch diesmal in ihrer kind-lichen Weise, ob wir es gut sehen könnten, zog dieFalten auseinander, zeigte ihre Arme und Händedicht vor unseren Augen.

    4. Eine ungewöhnlich hohe Gestalt folgte langsamund würdig, schritt an uns vorbei. sprach einige Wor-te der Begrüßung. nannte ihren Namen: Es war Ga -briel, ein „missionierender Geist“, dessen letzte In-karnation mehrere Jahrhunderte zurückliegen soll.

    5. Dann erschien rechts an der Seite eine weiblicheGestalt: Nikoline. als Mutter des Mediums be-kannt, und kündigte an, daß sogleich auch ihre Mut-ter. die Bedstemoder (Großmutter) kommen würde.

    6. Tatsächlich erschien darauf aus dem Spalt in derMitte ein tiefgebücktes altes Mütterchen, grüßtefreundlich und winkte, um bald darauf wieder zu ver.schwinden, während die Mutter rechts davon erfreutzusah und mit den ihr nächsten Besuchern sprach. DasAuftreten von zwei Gestalten gleichzeiitg ist für dieEchtheit der Erscheinungen beweisend.

    7. Eine große männliche Gestalt trat vor den Vor-hang, nannte ihren Namen Emanuel. begrüßte undsegnete uns. Sie stand lange vor uns, hob nacheinan-der beide Arme. zog das weite weiße Gewand zurückund zeigte sie uns nackt in ganzer Länge. von auf-fallend brauner Farbe. Seine Bewegungen waren ho-heitsvoll. langsam und selbstbewußt.

    8. Eine weibliche Gestalt trat herein, nannte ihrenNamen Stella. Näheres vergl. die zweite Sitzung.

    9. Endlich erschien der lange erwartete kleine BubeKnud, der mit zwölf Jahren 1910 in Helsingör ver-storben sein soll, ein ausgelassener Bursche, der mitVorliebe Telekinesen tollster Art treibt, lacht, weint,auf jeden Fall mit den Leuten seinen Spaß haben will.Diesmal stand er neugierig vor uns, klatschte dannvor Freude rasend schnell in die Hände, was mandeutlich sah, ohne aber ein Geräusch zu hören; manhatte den Eindruck. daß er am liebsten auf uns zu-gesprungen wäre, sich aber zurückhielt und offenbarnicht wußte. was er machen oder sagen sollte. So zoger sich diesmal ohne Taten zurück, um wiederzu-kommen.

    10. Ein zweites Mal kam Rita, diesmal so über-miitig, daß sie fragte, ob sie uns etwas vortanzen

    12

    sollte, was alle lachend bejahten. Wirklich nahm sieihr weißes Gewand zierlich in die Hände und wiegtesich vor uns eine Weile hin und her, ein natürlichesKind, lachend und plaudernd, um dann Abschied zuwinken und zu verschwinden.

    11. Eine gar wunderliche Erscheinung war dannJ oe, ein früherer Zirkusclown, eingewickelt in einenHaufen dichte, faltige Laken. er spricht in einem fort.fast kreischend, wie einst, da er in die Manege trat,und bewegt den Körper hin und her. Er ist um 1880in Landskrona (Schweden) geboren.

    12. Die nächste Gestalt war E l se, die verstorbeneTochter der anwesenden Frau M. Andersen.

    13. Es folgte die Gestalt einer jungen Frau mit Nasmen Marie, die bekannt ist als die bei der Geburtverstorbene Mutter der Gräfin Bille-Brahe-Selby. einegeborene Gräfin Wedel.

    14. Eine große männliche orientalische Gestalt istA‘bdullah, angeblich ein früherer arabischer Kaut—mann. Er stand lange vor uns, wies dann auf seinenUnterkörper hin, indem er das Gewand hob. Er wolltedamit zeigen, daß er keine Beine hatte wie die mei-sten anderen Phantome, also in der Luft schwebte,nur halb materialisiert. Er legte offenbar Wert darauf.daß wir uns von dieser merkwürdigen Tatsache über-zeugen sollten.

    15. Von besonderer Bedeutung war das Auftretender Gestalt des verstorbenen Geistlichen, ProbstesMartenson-Larsen, der durch sein Buch gegenden Spiritismus bekannt geworden war: „Das Blend—werk des Spiritismus“. Gegen Lebensende schon solier diese Arbeit sehr bereut haben. Auf diesen Um-stand hatte Dr. Petersen in einem Rundfunkvortragein Hamburg Bezug genommen, nachdem er auf einerfrüheren Sitzung seine Erscheinung beobachtet hatte.Nachträglich hatte Dr. Petersen aber gebeten, den Na—men des Geistlichen zu streichen Jetzt erschien erwieder und sagte sofort zu Dr. Petersen auf dänisch:„Du hättest nicht bange sein sollen, meinen Namenzu nennen.“ Ersichtlich war Dr. Petersen davon sehrbeeindruckt. p

    16. Den Höhepunkt der Sitzung bildete aber dasAuftreten des schwedischen Geistlichen Ma rtin Lil-jeblad. der bei Lebzeiten an vielen Sitzungen mitEiner Nielsen teilgenommen und viele fotografischeAufnahmen von Bedeutung gemacht hatte. Er war eineifriger Vorkämpfer des Spiritismus geworden, hatteihn in die schwedische Kirche einführen wollen. wardeshalb vom Amte enthoben und nach vielen Unter-suchungen pensioniert worden. Er war jedenfalls einguter Kenner des Mediums, wenn auch seine kleinenSchriften keinen wissenschaftlichen Charakter tragenMit ihm war ich seit meiner Reise im Juli 1950 gutbefreundet. Meine Erwartung war auf ihn gerichtet.Zweimal erschien er. Beim ersten Male trat er nahevor mich und winkte mir, indem er seinen NamenMartin sagte. Da ich schon vor der Sitzung vorberei-tet worden war, wie ich mich verhalten sollte, führteich die Hände der beiden neben mir sitzenden Damenhinter meinem Rücken zusammen, um die Kette nichtzu unterbrechen, was eine Störung der Phänomenehätte bedeuten können, und erhob mich, folgte mitkleinen Schritten der Gestalt des Freundes. Ich sahnämlich, daß er sein langes Gewand nachschleppte,und ich wollte ihm doch nicht auf die „Schleppe“ tre-ten. Als wir durch den Vorhang traten, flüsterte e:mir deutlich auf schwedisch zu: „Hans, sieh dich vor.berühre mich nicht!“ Offenbar wäre ihm eine körper-liche Berührung schmerzhaft gewesen. Drinnen imKabinett war es völlig dunkel. Ich stand einen Augen.blick und wartete. Plötzlich wurde meine linke Handvon der des Mediums fest ergriffen, und Micas lauteStimme sprach durch ihn triumphierend: „Jetzt, lieber

  • Freund, fühlst du die Hand des Mediums in deiner,daß es hier im Stuhle sitzt und seinen Körper, undauf der anderen Seite steht dein alter Freund Mar-tin!“ Während dieser Worte führte die Hand die meineüber Brust und Knie des Mediums. Dann hörte ich dieStimme des Freundes auf der rechten Seite von miran meinem Ohr: „Jetzt lege ich meine Hand auf deineSchulter!“ Diesen Satz hatten wir bei meinem Besuchin Hälsingborg 1950 besprochen, als mir Liljeblad vondem materialisierten dänischen Pastor Christensen er-zählte, der diese Worte sprach, als beide fotografiertwerden sollten. Das Bild habe ich. Bewußt wieder-holte er diesen Satz. Im gleichen Augenblick fühlteund hörte ich zu meiner Ueberraschung sehr deutlicheinen kräftigen Freundeskuß auf meiner rechten Wan-ge. Die Berührung war dabei ganz natürlich warmund etwas feucht. Die Berührung auf der Schulterspürte ich kaum, so leicht war sie. Liljeblads ganzesBenehmen war wie im Leben sehr ruhig und sicher.Die Situation bei diesem außerordentlichen Erlebniswar nicht so. daß ich mit dem guten Martin eine län-gere Diskussion womöglich kritischer Art hätte begin-nen können. Ich dankte ihm mit ein paar freundlichenWorten, drückte meine Freude über dieses unvergeß-liche Wiedersehen aus und zog mich dann wieder aufmeinen Stuhl draußen zurück unter Beobachtung dergleichen Vorsicht. Liljeblad war am 6. August 1951 anMagenkrebs gestorben, noch ehe er mir eine langeListe von Fragen hatte beantworten können,

    l7. Endlich erwähne ich das Erscheinen meiner 1923verstorbenen Mutter, die mir im Leben besondersnahe gestanden hatte. Schon im Anfang der Sitzunghatte mir Mica angekündigt. daß sie kommen würde.Das erste Mal sah ich diese Gestalt stumm dicht linksvor mir stehen, ohne daß ich das Gesicht erkennenkonnte und wußte, wer es sein sollte. Sie öffnete dieerst gefalteten Arme Und streckte sie zu mir aus. Ichfragte, wer sie sei, erhielt aber keine Antwort. Ent-weder war sie zu schwach zum Reden, wie es beierstmaligen Materialisationen vorkommt, oder zu er—griffen. Dann verschwand sie, vermutlich um mehr Kraftzu holen. Kurz danach stand sie wieder vor mir. Dienebensitzenden Damen stießen mich sofort an mit demBemerken, es müsse eine mir Nahestehende sein. Wie.der öffnete sie die Arme zu mir und rief diesmalleise, aber deutlich meinen Namen. Ich sagte nurkurz, wie ich mich freute über dieses Wiedersehenund einige Worte des Dankes, versehentlich aufschwedisch. Leider benahm ich mich zu sachlich

    nüchtern. Beide Male war mein Blick abgelenkt durchihre Bekleidung, denn während sie sonst in das üb—liche weite weiße Gewand gehüllt war, sah ich, wäh-rend sie die Arme öffnete, quer über dem Körpereine Menge eigentümlicher Streifen Stoffes von wei-ßer und grauer Farbe wie gedrehte Bänder laufen.Das Gesicht konnte ich leider nicht erkennen, da eswegen der Lidimmpfindlichkeit besonders der Augenzu sehr verdeckt war. Ich versäumte, sie um eine Be-rührung, einen Kuß auf die Stirn zu bitten, nahm mirdas aber für die zweite Sitzung vor. Leider erschiersie nicht wieder.

    Wir warteten weiter, da eine Pause eingetreten war,aber vergebens, Micas Stimme sagte durch das Me-dium, daß die Kräfte desselben erschöpft seien unddie Sitzung geschlossen würde. Alle Teilnehmer ver-ließen den Raum bis auf die Sekretärin, die EinerNielsens Erwachen aus dem Trance abwartete.

    18. Nachzutragen ist noch eine besonders schöne Ge-stalt, nämlich die eines Mädchens von etwa dreizehnJahren, vermutlich die im Kreise wohlbekannte Eli—sabeth, zierlich schlank in glatt herabfallendem Ge-wand, das ganz auffallend weiß leuchtete. Die Kon-turen waren so klar wie bei keiner anderen vorher:Sie leuchtete aus sich selbst intensiv! Erst stand sieregungslos in der Mitte vor uns, betrachtete uns alle,ohne zu reden. Plötzlich aber schien sie in die Knieezu sinken, das Leuchten nahm wohl noch zu, so ver—harrte sie eine Weile. Dann stand nur noch der Kopfmit dem Hals über dem Boden, verharrte wieder et-was, um hinter dem Vorhang zu verschwinden, wäh-rend ein Teil des Gewandes nachgezogen wurde. Hierwurde offenbar bewußt eine schöne Dematerialisationin Stufen, aber ohne Auflösung in Nebel vorgeführt.

    Sofort nach der Sitzung versammelten sich die Teil-nehmer im Wohnzimmer, wo ich nach der gemeinsa-men Erinnerung aller die verschiedenen Gestalten undihr Verhalten zu Protokoll brachte. Die Phänomenedauerten von 8.30 bis 9.30 Uhr. Dem Medium war beidem nachfolgenden geselligen Zusammensein keineErmüdung anzumerken, was bei seinem jetzigen Altervon 57 Jahren. wo seine Kräfte im Abnehmen sind,bemerkenswert ist. Der Gesamteindruck dieser erstenSitzung war außerordentlich überzeugend von derTatsächlichkeit der Materialisationnicht nur in subjektiver Hinsicht. Die Haltung derTeilnehmer war völlig normal, das heißt rührend be-obachtend, zuweilen gespannt, zuweilen sehr heiteroder ernst.

    Macht und Ohnmacht des TodesVon Dr. Ferdinand Bergenthal

    Der Dichter: Nun. liebe Freunde, die Blätter be-ginnen zu fallen: sagt, was dünket euch vom Tode?

    Fritz: Der Tod geht mich nichts an. Ich lebe! Wenner mich angeht, bin ich tot. Dann geht mich nichtsmehr an, auch der Tod nicht!

    Wolfgang: Auch ein Standpunkt; freilich ein —-unmöglicher.

    Fritz: Unmöglich? Wieso?

    Wolfgang: Mir scheint, man kann dem Tode nichtso einfach aus dem Wege gehen. Dazu ist er zumächtig. Der Tod ist der schlechthin allgemeineBefund. Wohin du schaust, schaut dich der Tod an.Jedes Hälmchen, jeder Baum und jedes Tier, jederMensch, jedes Volk, jeder Stern, ja das Weltallselbst ist vom Tode gezeichnet, ist unerbittlich demTode verfallen.

    Fritz: Richtig! „Darum laßt uns heute leben, mor—gen können wir es nicht mehr.“

    Wolfgang: Glaubst du wirklich, das sei die men-

    schenwürdige Antwort auf die furchtbare Frage,die der allbezwingende Tod stellt? Das heißt,schlimmer als der Vogel Strauß verfahren.

    Fritz: Und was sollen wir denn tun?Der Dichter: Des Menschen Wesen heißt: Be-

    s i n n u ng! —Fritz: Dann also besinnen wir uns! Ich fürchte sehr,

    wir werden nicht über das hinauskommen, wasschon gesagt ist: Alles ist dem Tode verfallen. Erist die Grenze schlechthin, die graue, leere Mauer,die Vernichtung, das Nichts. Das is t die Besinnung.Schulmäßig ausgedrückt: Der Tod ist das, was alleDinge miteinander gemeinsam haben; er ist der„Allgemeinbegriff“ schlechthin.

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  • Der Dichter: Ist der Allgemeinbegriff des Men-schen Letztes? Hat und besitzt er in ihm seineeigentliche Wahrheit? . . .

    Wolfgang: Da fällt mir ein: Goethe sagt einmal,der Begriff töte.

    Der Dichter: Da meint er freilich nicht den Be-griff schlechthin; er meint den Begriff, den derrechnende Verstand handhabt, wenn er Summenzieht. Wie sehr der tötet, bereit ist, das Beste inuns zu erschlagen, dafür hatten wir eben geradeein „sprechendes Beispiel“.

    Wolfgang: In der Tat: der Tod ist allen gemein-sam: wenn das heißen soll, daß er Wesen, Zeit undEnde von allem ist, dann tötet der Begriff wirklich.Dann ist unsere einzige Möglichkeit die ehrlicheVerzweiflung; alles andere ist Schöngerede.

    Der Dich ter: Du hast Recht, Wolfgang. Der großerussische Denker Solowjew sagt einmal: Warumpreisen wir eigentlich den Sokrates dafür, daß erHerr wurde über die Mikroben der schlimmen Lei-denschaften in seiner Brust und über die schlim-meren Mikroben der öffentlichen Plätze in Athen,wenn über ihn zuletzt die schlimmsten aller Mi-kroben, die der Verwesung, Herr werden? AlleDichtung, alle Rühmung und Feier der Blumen,der Kinder, der Sterne, der Helden und Heiligen:all das wäre im Grunde doch nur ein schlechterSpaß . . .