Gliederung:

71
Gliederung: 01. Einführung 02. Leitbilder 03. Tarifverhandlungen 04. Gesamtwirtschaftliche Verteilungstheorie 05. Institutionelle Unterschiede 06. Finanzpolitik 07. Geschichte der Sozialversicherung 08. Rentenversicherung 09. Krankenversicherung 10. Arbeitslosenversicherung 11. Vermögenspolitik 12. Bildungspolitik

description

Gliederung:. 01. Einführung 02. Leitbilder 03. Tarifverhandlungen 04. Gesamtwirtschaftliche Verteilungstheorie 05. Institutionelle Unterschiede 06. Finanzpolitik 07. Geschichte der Sozialversicherung 08. Rentenversicherung 09. Krankenversicherung 10. Arbeitslosenversicherung - PowerPoint PPT Presentation

Transcript of Gliederung:

Page 1: Gliederung:

Gliederung:

01. Einführung

02. Leitbilder

03. Tarifverhandlungen

04. Gesamtwirtschaftliche Verteilungstheorie

05. Institutionelle Unterschiede

06. Finanzpolitik

07. Geschichte der Sozialversicherung

08. Rentenversicherung

09. Krankenversicherung

10. Arbeitslosenversicherung

11. Vermögenspolitik

12. Bildungspolitik

Page 2: Gliederung:

Kapitel IX: Die Krankenversicherung

Teil II

Page 3: Gliederung:

Gliederung:

01. Zielsetzungen

02. Instrumente

03. Allokative Effizienz

04. Distributive Effizienz

Page 4: Gliederung:

Gliederung:

01. Zielsetzungen

02. Instrumente

03. Allokative Effizienz

04. Distributive Effizienz

Page 5: Gliederung:

Frage 3: Wie werden die allokativen Aufgaben der GKV gelöst? (1)

Zweifel daran, ob die GKV in der BRD die allokativen Ziele befriedigend realisiert, kamen vor allem im Zusammenhang mit der Ausgabenexplosion im Gesundheitswesen auf.

Die Entwicklung der Ausgaben: Die Ausgaben in der gesetzlichen Krankenversicherung

(GKV) sind in der Zeit von 1970 - 80 explosionsartig angestiegen.

Vor allem in der Zeit von 1990 – 2005 erfolgte erneut ein dramatischer Anstieg der Ausgaben der GKV (in DM):

1970: 25,3 Mrd. 1980: 89 Mrd. +252% 1991: 182 Mrd. +104% Wiedervereini- 2000: 132 Mrd. € (264 Mrd. DM) +45% gung 2009: 168 Mrd. € (337 Mrd. DM) +28%

Page 6: Gliederung:

Frage 3: Wie werden die allokativen Aufgaben der GKV gelöst? (3)

Im Vergleich hierzu sind die Bruttolohneinkommen, aus denen letztlich die Ausgaben der GKV finanziert werden müssen, bedeutend geringer angestiegen:Bruttolohn- und Gehaltssumme (in DM): 1970: 307 Mrd 1980: 709 Mrd + 130%

Wiedervereinigung 1991: 1314 Mrd. +85% 2000: 883 Mrd. € (1767 Mrd. DM) +34% 2010: 1020 Mrd. € (2040 Mrd.DM) +3%

Page 7: Gliederung:

Frage 3: Wie werden die allokativen Aufgaben der GKV gelöst? (4)

Auch die Ausgaben in der Privaten Krankenversicherung (PKV) sind im gleichen Zeitraum seit den 90er Jahren sogar in stärkerem Maße angestiegen:

Entwicklung in der PKV(in DM): 1970: 3 Mrd. 1980: 8 Mrd. + 167%

Wiedervereinigung 1991: 17 Mrd. +113% 2000: 15 Mrd. € (31 Mrd. DM) + 88% 2009: 24 Mrd. € (48 Mrd. DM) + 60%

Page 8: Gliederung:

Ausgaben-/-Einkommens-Steigerungen in %

1970 1980 1990 2000 2010

Wiedervereinigung

Page 9: Gliederung:

Frage 3: Wie werden die allokativen Aufgaben der GKV gelöst? (5)

Ein Vergleich zwischen der Struktur der Ausgaben in der GKV und in der PKV zeigt, dass die Nachfrage in der PKV offensichtlich schwergewichtig bei anderen Ausga-benposten liegt:

Page 10: Gliederung:

ZahnbehandlungKrankenhausArzneimittelÄrzteBarleistungen

Page 11: Gliederung:

Frage3: Wie werden die allokativen Aufgaben der GKV gelöst? (6)

Ein vollständiges Bild über die unterschiedliche Ausga-benentwicklung in der GKV und in der PKV gewinnt man nur, wenn man auch die absoluten Ausgaben pro Kopf eines Vollversicherten miteinander vergleicht:

GKV PKV1970 1980 1994 1970 1980 1994778 2422 4490 418 1145 2176

Page 12: Gliederung:

Frage 3: Wie werden die allokativen Aufgaben der GKV gelöst? (7)

Bestimmungsgründe für die Ausgabenentwicklung: Fand ein überproportionaler Anstieg der Nachfrage nach

Dienstleistungen statt? Entsprechend einem Theorem von J. Fourastie wird mit

zunehmendem Wachstum des Inlandsproduktes ein im-mer größerer Anteil für Dienstleistungen ausgegeben.

Dieser Anstieg kann einmal darauf zurückgeführt wer-den, dass die Mengennachfrage nach Dienstleistungen bei zunehmendem Wohlstand ansteigt oder aber auch da-rauf,

dass die Preise für Dienstleistungen stärker ansteigen als die der Industriegüter.

Page 13: Gliederung:

Frage 3: Wie werden die allokativen Aufgaben der GKV gelöst? (8)

Entsprechend der These von Fourastie äußert sich Wohlstand gerade darin, dass der einzelne quantitativ mehr Dienstleistungen nachfragen kann.

Es ist jedoch fraglich, ob die Ausgabenexplosion im Ge-sundheitswesen schwergewichtig mit dieser Entwick-lungstendenz allein erklärt werden kann.

Gegen eine solche Deutung spricht einmal der Umstand, dass in der Bundesrepublik die von Fourastie prog-nostizierte Tendenz zur Dienstleistungsgesellschaft erst für die letzten Jahrzehnte des vergangenen Jahrhunderts nachgewiesen werden konnte,

zum andern, dass die Nachfrage gerade in dieser kurzen Zeit sprunghaft angestiegen ist.

Page 14: Gliederung:

Frage 3: Wie werden die allokativen Aufgaben der GKV gelöst? (9)

Fand ein überproportionaler Anstieg der Preise im Dienst-leistungssektor aufgrund eines geringeren technischen Fort-schritts statt? Es ist fraglich, ob die These von Fourastie, im Dienstlei-

stungssektor finde kein technischer Fortschritt statt, auch heute noch aufrechterhalten werden kann.

Die Entwicklung im Computerbereich dürfte sich gerade auch im Dienstleistungssektor produktivitätssteigernd auswirken.

Page 15: Gliederung:

Frage 3: Wie werden die allokativen Aufgaben der GKV gelöst? (10)

Sicher ist, dass im Gesundheitsbereich ein sehr großer medizinischer Fortschritt stattfand;

dieser hat sich allerdings aufgrund gewisser Fehlanreize im Gesundheitsbereich weniger kostensenkend als nur qualitätsverbessernd ausgewirkt.

Dieser Umstand kann in der Tat z. T. für eine über-proportionale Kostenentwicklung im Gesundheitswesen verantwortlich gemacht werden.

Page 16: Gliederung:

Frage 3: Wie werden die allokativen Aufgaben der GKV gelöst? (11)

Fand eine Ausgabenausweitung durch neue Gesetze statt? Der sprunghafte Anstieg der Ausgaben im GKV-Bereich

hängt sicherlich entscheidend damit zusammen, dass in dieser Zeit durch einige Reformgesetze der Bundesregie-rung sowie durch die Beschlüsse der Selbstverwaltungs-organe der Leistungskatalog der GKV stark ausgeweitet wurde.

Hier interessiert die Frage, ob diese starke Ausgabenaus-weitung dem Wunsch der Wähler entspricht oder auf-grund einer Fehlsteuerung im politischen System ent-standen ist.

Gegen die These, dass diese Ausweitung von den Wählern in diesem starken Maße gewünscht wurde, spricht der Umstand, dass die Bereitschaft zu Beitragssteigerungen gering ist.

Page 17: Gliederung:

Frage 3: Wie werden die allokativen Aufgaben der GKV gelöst? (12)

Fand eine Ausweitung des Versichertenkreises statt? Zweifelsohne muss das Mengenwachstum in der GKV z.

T. einfach darauf zurückgeführt werden, dass in dieser Zeit, zwischen 1970 und 1975, der Mitgliederbestand an-gestiegen ist. Aber auch die Pro-Kopf-Ausgaben in der GKV sind in dieser Zeit stark angestiegen;

darüber hinaus zeigt der Vergleich mit der PKV, dass auch das absolute Ausgabenniveau pro Vollversichertem in der GKV wesentlich höher liegt als in der PKV.

Page 18: Gliederung:

Versicherungsmitglieder / Bevölkerung 1970 = 100

Bevölkerung 1970: 61 Mill. Mitglieder: 31 Mill.

Page 19: Gliederung:

Frage 3: Wie werden die allokativen Aufgaben der GKV gelöst? (13)

Gibt es schlechtere Risiken in der GKV? Der Umstand, dass in der GKV pro Mitglied wesentlich

höhere Ausgaben anfallen, wird bisweilen darauf zurück-geführt, dass in der GKV insgesamt schlechtere Risiken versichert werden als in der PKV.

Die PKV könne die Versicherung von Personen, die ein besonders hohes Risiko aufweisen, ablehnen oder sie könne bei Vorliegen schlechter Risiken so hohe Versiche-rungsaufschläge vorsehen, dass diese Personen davor abgeschreckt werden, sich in der privaten Versicherung versichern zu lassen.

(Nach dem jüngsten Urteil des Bundesverfassungsgerich-tes sind die Privaten Krankenkassen allerdings nun ver-pflichtet, auch Kranke zum Basistarif zu versichern.)

Page 20: Gliederung:

Frage 3: Wie werden die allokativen Aufgaben der GKV gelöst? (14)

Im Gegensatz hierzu sei die GKV gezwungen, jeden zu versichern, der entweder versicherungspflichtig oder ver-sicherungsberechtigt sei.

Hieraus ergebe sich zwangsläufig ein höheres Durch-schnittsrisiko bei den GKVs.

Dieser Umstand hängt jedoch entscheidend von zwei Faktoren ab: Einmal davon, dass im Rahmen der GKV eine

Umverteilung zu Lasten der Empfänger mit höherem Einkommen stattfindet, was automatisch dazu führt, dass der mehr verdienende, dann, wenn er dazu berechtigt ist, in die für ihn billigere oder qualitativ bessere PKV abwandert.

Page 21: Gliederung:

Frage 3: Wie werden die allokativen Aufgaben der GKV gelöst? (15)

Das schlechtere Durchschnittsrisiko hängt jedoch darüber hinaus auch damit zusammen, dass in der GKV starke Fehlanreize zur Inanspruchnahme der GKV-Leistungen bestehen

und aus diesen Gründen die Kosten überhöht sein dürften.

Die einzelnen Risiken streuen auch innerhalb der GKVs.

Um eine gleichmäßigere Belastung zu erreichen, wur-de zunächst ein Risikoausgleich (näheres siehe Frage 4), später ein Gesundheitsfonds eingeführt.

Page 22: Gliederung:

Frage 3: Wie werden die allokativen Aufgaben der GKV gelöst? (16)

Lässt sich der starke Anstieg der Ausgaben der GKV mit einem Wegfall von Kontrollmechanismen erklären? Schon die bisherigen Überlegungen kamen zu dem Er-

gebnis, dass die explosionsartige Ausgabensteigerung u. a. auch mit gewissen Fehlanreizen in der GKV zusammen-hängt. So wird in der Literatur auf folgende Fehlanreize hingewiesen:

Das Versorgungsniveau wird kollektiv festgesetzt. Dadurch, dass das Leistungsniveau politisch (durch den

Staat sowie die Selbstverwaltungsorgane) festgelegt wird, entscheidet der Tendenz nach der Bedarf der Mehrheit über den erwünschten Umfang. Die Mehrheit ist jedoch eher risikoscheu.

Page 23: Gliederung:

Frage 3: Wie werden die allokativen Aufgaben der GKV gelöst? (17)

Dies bedeutet, dass auch diejenigen, die durchaus bereit wären, ein gewisses Risiko selbst zu tragen, gezwungen sind, sich dem Bedarf der Mehrheit anzupassen.

Es tritt eine exzessive Nachfrage aufgrund eines Nulltarifs bei der Inanspruchnahme auf. Auch wenn die Ausgaben der GKV nahezu ganz aus den

Mitgliedsbeiträgen finanziert werden, besteht trotzdem eine Tendenz zu einer exzessiven Nachfrage, da bei der Inanspruchnahme (ohne eine Selbstbeteiligung) die Lei-stung nahezu zum Nulltarif angeboten wird.

Page 24: Gliederung:

Frage 3: Wie werden die allokativen Aufgaben der GKV gelöst? (18)

Der einzelne Versicherte ist deshalb bestrebt, mehr Nach-frage auszuüben, als es seinem eigentlichen Interesse ent-spricht.

Allerdings gilt diese Aussage für jede Versicherung, auch im Prinzip für die PKV.

Diese kennt jedoch eine Reihe von Kontrollmechanismen (Übergang zu Wahltarifen und Rückerstattungsprämien bei Nichtinanspruchnahme der Versicherung), aufgrund derer die Fehlanreize in der PKV gering gehalten werden können.

Page 25: Gliederung:

Frage 3: Wie werden die allokativen Aufgaben der GKV gelöst? (19)

Missbrauch macht sich in der PKV auf lange Sicht nicht in gleichem Maße bezahlt wie in der GKV;

der Missbrauch führt nämlich nicht nur zu generellen Beitragserhöhungen, die von allen zu tragen sind, unab-hängig davon, ob sie für die Ausgabensteigerungen ver-antwortlich sind,

entscheidender ist der Umstand, dass die PKV selektive Anreize (z. B. in Form von Wahltarifen) gewähren kann, aufgrund derer die Gruppe derjenigen, die vom Miss-brauch profitieren, immer geringer wird, sodass es immer schwerer fällt, die selbst verursachten Ausgaben-steigerungen auf andere abzuwälzen.

Page 26: Gliederung:

Frage 3: Wie werden die allokativen Aufgaben der GKV gelöst? (20)

Ist eine überhöhte Nachfrage wegen des Arbeitgeberbeitrags zu erwarten? Auch dann, wenn man dieses moral-hazard-Problem

außer Acht lässt und davon ausgeht, dass der Versicherte im eigenen Interesse die GKV nur im notwendigen Aus-maß in Anspruch nimmt, da sich jede übermäßige Inan-spruchnahme über kurz oder lang in gestiegenen Bei-tragssätzen äußert, gilt es folgendes zu berücksichtigen:

Der vom Arbeitnehmer zu entrichtende Beitrag macht nur die Hälfte der tatsächlich anfallenden Kosten aus.

Page 27: Gliederung:

Frage 3: Wie werden die allokativen Aufgaben der GKV gelöst? (21)

Auch dann, wenn der Arbeitgeberbeitrag im Endergebnis vom Arbeitnehmer allein getragen werden muss, (die Arbeitskosten werden gesamtwirtschaftlich bestimmt und die Arbeitgeberbeiträge werden weitgehend überwälzt),

führt trotzdem die Teilung der Versicherungsbeiträge dazu, dass der Versicherte die Kosten der GKV unter-schätzt und deshalb eine höhere Nachfrage als sie im eigenen Interesse erwünscht wäre, ausübt.

Page 28: Gliederung:

Frage 3: Wie werden die allokativen Aufgaben der GKV gelöst? (22)

Es lässt sich ein Bias zugunsten des qualitativen Fortschritts feststellen: Der bereits erwähnte Bias zugunsten eines qualitätsstei-

gernden und zuungunsten eines kostensenkenden medi-zinischen Fortschritts hängt damit zusammen, dass der Patient nicht unmittelbar entsprechend seiner Inan-spruchnahme für die von ihm verursachten Kosten auf-kommen muss.

Der Patient hat stets das Interesse, die qualitativ beste Leistung in Anspruch zunehmen, auch dann, wenn die dadurch verursachte Kostensteigerung in keinem Ver-hältnis zu der Qualitätssteigerung steht.

Page 29: Gliederung:

Frage 3: Wie werden die allokativen Aufgaben der GKV gelöst? (23)

Ärztehonorare nehmen zum Teil zweimal am technischen Fortschritt teil. Teilnahme am technischen Fortschritt kann sich in un-

serer Gesellschaft in zweifacher Weise vollziehen; auf der einen Seite nehmen die Selbständigen am techni-

schen Fortschritt dadurch teil, dass bei gleichen Erlösen die Kosten gesenkt werden können und damit die Ge-winnspanne größer wird.

Auf der anderen Seite partizipieren die Unselbständigen am technischen Fortschritt dadurch, dass kollektiv für alle Arbeitnehmer Tariflohnerhöhungen im Ausmaß des Produktivitätsfortschritts erkämpft werden.

Page 30: Gliederung:

Frage 3: Wie werden die allokativen Aufgaben der GKV gelöst? (24)

Die Ärzte sind auf der einen Seite selbständig und profitieren bei gleichen Honorarsätzen immer dann vom technischen Fortschritt, wenn dieser darin besteht, dass für die Durchführung einer Leistung insgesamt weniger Zeit benötigt wird oder bestimmte Leistungen nun auch von weniger qualifizierten Kräften durchgeführt werden können.

Auf der anderen Seite finden jedoch für die Ärzte ähnlich wie für die Unselbständigen Kollektivverhandlungen mit den Krankenkassen statt, in denen die Gebührensätze kollektiv angehoben werden.

Page 31: Gliederung:

Frage 3: Wie werden die allokativen Aufgaben der GKV gelöst? (25)

Aufgrund einer geringen Wahlbeteiligung finden im Rahmen der Selbstverwaltung nur geringe Kontrollen der Versiche-rung statt. Soweit die Leistungen in den Selbstverwaltungsorganen

festgelegt werden, muss weiterhin berücksichtigt werden, dass die Beteiligung der Arbeitnehmer an den Sozial-wahlen längst nicht der Beteiligung an politischen Wah-len entspricht, sodass die in politischen Gremien notwen-dige Wählerkontrolle hier nicht voll zum Zuge kommt.

Page 32: Gliederung:

Frage 3: Wie werden die allokativen Aufgaben der GKV gelöst? (26)

Reformmaßnahmen: Konzertierte Aktion 1977 wurde ähnlich wie bereits früher für den Arbeits-

markt auch für das Gesundheitswesen eine Konzertierte Aktion eingeführt.

Die Aufgabe dieser Konzertierten Aktion bestand darin, Richtlinien für das Ausmaß der jährlichen Ausgaben-steigerungen in einem gemeinsamen Gespräch aller betei-ligten Gruppen festzulegen.

Diese Richtlinien sind im großen und ganzen nicht zwin-gend. Es wird an das Verantwortungsbewusstsein der Be-teiligten appelliert.

Ähnlich wie bei der Konzertierten Aktion auf dem Ar-beitsmarkt stellten sich auch im Gesundheitswesen in den ersten Jahren der Einführung anfängliche Erfolge he-raus.

Page 33: Gliederung:

Frage 3: Wie werden die allokativen Aufgaben der GKV gelöst? (27)

Auf dem Arbeitsmarkt reduzierten sich die Lohnsteige-rungsraten, im Gesundheitswesen die Wachstumsraten der Ausgaben.

Dieser Erfolg war jedoch in beiden Bereichen auf wenige Jahre beschränkt: Die Konzertierte Aktion auf dem Ar-beitsmarkt brach zusammen;

die Wachstumsraten der Ausgaben im Gesundheitswesen stiegen in den weiteren Jahren wieder an.

Die theoretische Diskussion um die Effizienz einer Politik der moral suasion hat gezeigt, dass dieser Ablauf in der Konzertierten Aktion sowohl im Bereich des Arbeits- wie des Gesundheitsmarktes nicht zufällig war.

Page 34: Gliederung:

Frage 3: Wie werden die allokativen Aufgaben der GKV gelöst? (28)

In Notzeiten ist es durchaus möglich, durch Appelle an die gesamtwirtschaftliche Verantwortung die Bevölke-rungsgruppen dazu zu bewegen, zeitweise ihre eigenen Interessen zurückzustellen.

Diese Appelle können jedoch nur vorübergehend wirken. Langfristig setzt sich das Eigeninteresse durch.

Von der Einrichtung der Konzertierten Aktion gehen zusätzlich Fehlanreize aus, da inkonformes Verhalten nicht bestraft, sondern belohnt wird.

Page 35: Gliederung:

Frage 3: Wie werden die allokativen Aufgaben der GKV gelöst? (29)

Die gesamtwirtschaftlichen Nachteile einer solchen Poli-tik, die in Preissteigerungen bestehen, werden von der Gesamtheit und nicht nur von den Gruppen getragen, die diese Preissteigerungen durch ihr Verhalten verursacht haben, da Preissteigerungen alle Konsumentengruppen belasten.

Je dezentraler das System ist, um so größer ist die Wahr-scheinlichkeit, dass zunächst vereinzelte Gruppen aus der Konzertierten Aktion ausbrechen.

Page 36: Gliederung:

Frage 3: Wie werden die allokativen Aufgaben der GKV gelöst? (30)

Da ein solches Verhalten materiell prämiert wird, konfor-mes Verhalten jedoch materiell bestraft wird, werden die Anreize zu inkonformen Verhalten im Zeitablauf immer stärker.

Ein weiterer Nachteil einer Konzertierten Aktion besteht darin, dass sich die Richtlinien stets nur auf den gesamt-wirtschaftlichen Durchschnitt beziehen, nicht jedoch auf das konkrete Verhalten des einzelnen.

Da strukturelle Veränderungen stets zu erwarten sind, ist es gesamtwirtschaftlich durchaus erwünscht, dass die Ausgaben einzelner Gruppen überdurchschnittlich, die anderer Gruppen hingegen unterdurchschnittlich anstei-gen.

Page 37: Gliederung:

Frage 3: Wie werden die allokativen Aufgaben der GKV gelöst? (31)

Die Konzertierte Aktion ist überhaupt nicht in der Lage, für das Verhalten einzelner Teilgruppen Richtlinien zu entwickeln.

Orientierungsdaten laufen weiterhin dort, wo Ausgaben in Verhandlungen festgelegt werden, Gefahr, aus Grün-den der Verhandlungslogik überschritten zu werden.

Die jeweils fordernde Gruppe wird davon ausgehen, dass die in den Richtlinien festgelegte Wachstumsrate bereits gesamtwirtschaftlich sanktioniert ist und

wird ihre Verhandlungsmacht dafür einsetzen, etwas mehr als den Durchschnitt zu erreichen.

Da alle Gruppen unter diesem Erfolgszwang stehen, wird im Endergebnis das Ausmaß der Orientierungsgrößen notwendigerweise überschritten.

Page 38: Gliederung:

Frage 3: Wie werden die allokativen Aufgaben der GKV gelöst? (32)

Eine weitere Gefahr einer solchen Politik der Orien-tierungsdaten besteht darin, dass sie notwendigerweise die zu akzeptierenden Ausgabensteigerungen an Kosten-werten ausrichtet.

Damit entsteht ein Interesse, das eher an der Entwicklung und Behauptung als an der Senkung von Kosten orien-tiert ist.

Es entfallen dann die in einem marktwirtschaftlichen Prozess immanenten Rationalisierungseffekte, sodass auf lange Sicht diese Politik gerade die Ausgabensteige-rungen auslöst, die sie eigentlich verhindern soll.

Page 39: Gliederung:

Frage 3: Wie werden die allokativen Aufgaben der GKV gelöst? (33)

Einführung einer Selbstbeteiligung In der Literatur wird die Frage diskutiert, ob die Ein-

führung einer Selbstbeteiligung und von Wahltarifen bes-ser in der Lage wäre, die Ausgabensteigerung im Gesund-heitswesen auf ein vernünftiges Maß zu reduzieren.

Hierbei wird vor allem an die Einführung eines Selbst-behaltes gedacht, bei dem die einzelnen Versicherten die Ausgaben der Inanspruchnahme ärztlicher und sonstiger Leistungen bis zu einem bestimmten Höchstbetrag selbst übernehmen,

wobei dieser Höchstbetrag nach sozialen Kriterien ge-staffelt werden könnte.

Page 40: Gliederung:

Frage 3: Wie werden die allokativen Aufgaben der GKV gelöst? (34)

Der Vorschlag einer Einführung von Wahltarifen unter-scheidet sich vom Vorschlag einer Selbstbeteiligung vor allem darin, dass der einzelne selbst darüber entscheiden kann, ob und in welchem Maße er einen Teil des Krank-heitsrisikos übernehmen will.

Da gerade im Hinblick auf das Risikobewusstsein große Unterschiede in der Bevölkerung gegeben sind, dürfte dieser Vorschlag einer Einführung von Wahltarifen dem Vorschlag der Selbstbeteiligung vorzuziehen sein.

Page 41: Gliederung:

Frage 3: Wie werden die allokativen Aufgaben der GKV gelöst? (35)

Gegen die Pläne einer Selbstbeteiligung bei der Inan-spruchnahme ärztlicher Leistungen sowie der Einfüh-rung von Wahltarifen wird eingewandt,

dass Selbstbeteiligung zu einer Verschleppung der Krankheit führe und damit langfristig sogar das Kosten-niveau erhöhen könne und

dass darüber hinaus eine Selbstbeteiligung die er-wünschte Umverteilung zugunsten der stärker vom Krankheitsrisiko Betroffenen und der Empfänger niedri-ger Einkommen vereitele.

Wichtig ist jedoch allein, dass Patienten wie Arzt ein In-teresse daran erhalten, bei den anstehenden Entschei-dungen einen vernünftigen Kompromiss zwischen Kos-tenhöhe und Qualität zu erzielen.

Page 42: Gliederung:

Frage 3: Wie werden die allokativen Aufgaben der GKV gelöst? (36)

Inwieweit eine Umverteilung zugunsten der stärker vom Krankheitsrisiko Betroffenen durch die Einführung einer Selbstbeteiligung verhindert wird, hängt entscheidend vom Verhalten der Versicherten ab.

Wenn bei einer Einführung der Selbstbeteiligung - wie erhofft - insbesondere die Kosten bei den sogenannten Bagatellfällen von den Patienten selbst übernommen wer-den, kann davon ausgegangen werden, dass die Möglich-keit zur Umverteilung eher ansteigt als zurückgeht.

Page 43: Gliederung:

Frage 3: Wie werden die allokativen Aufgaben der GKV gelöst? (37)

Im heutigen System wird ein Großteil der Ausgaben-summe von Bagatellfällen bestritten, von denen jedoch fast jeder in etwa gleichem Umfang betroffen wird.

Da es sich um fest eingefahrene Verhaltensweisen han-delt, wird man - auch dann, wenn eine Einführung von Wahltarifen auf lange Sicht erfolgreich ist - nicht erwar-ten können, dass sich unmittelbar nach Einführung die-ser Reformmaßnahmen abrupte Änderungen ergeben.

Eine Änderung von Verhaltensweisen kann sich nur all-mählich vollziehen und kann nur in dem Maße eintreten, in dem die Zusammenhänge zwischen Ausgabenbelas-tungen und Verhalten den einzelnen Versicherten be-wusst werden.

Page 44: Gliederung:

Frage 3: Wie werden die allokativen Aufgaben der GKV gelöst? (38)

In der Zwischenzeit folgte der Gesetzgeber der Vorstel-lung der Selbstbeteiligung.

So wurde vor allem die Praxisgebühr eingeführt. Danach muss beim ersten Arztbesuch im Quartal eine feststehen-de Gebühr bezahlt werden.

Diese Gebühr widerspricht dem Grundsatz, dass der 1. Gang zum Arzt nicht mit einer Selbstbeteiligung belastet werden sollte.

Zwar gingen die Krankheitsausgaben danach zunächst zurück.

Es ist jedoch fraglich, ob dieser Erfolg anhält.

Page 45: Gliederung:

Frage 3: Wie werden die allokativen Aufgaben der GKV gelöst? (39)

So ist z. B. bekannt, dass wegen starker Selbstbeteiligung im Zahnarztbereich viele Patienten kostenintensive Be-handlungen zeitlich vorzogen.

Dies führt automatisch dazu, dass nur im ersten Jahr der Reform die Kosten geringer ausfallen.

Wettbewerb zwischen Kassen In der Vergangenheit war ein Wettbewerb zwischen

gesetzlichen Krankenkassen nur für Angestellte vorge-sehen. Die Reformgesetze Anfang der 90er Jahre sehen auch für Arbeiter eine Wahl zwischen mehreren Kassen vor.

Page 46: Gliederung:

Frage 3: Wie werden die allokativen Aufgaben der GKV gelöst? (40)

Zu den Kernstücken der Krankenversicherungsreform der Großen Koalition zählt die Einführung eines vom Staat ver-walteten Gesundheitsfonds. In diesen Fonds werden einerseits die Beitragseinnahmen

der Arbeitnehmer sowie der Arbeitgeber, andererseits Steuerzuschüsse von Seiten des Staates eingezahlt.

Die Krankenkassen sind gehalten, hierbei die Sozial-versicherungsbeiträge zunächst einzuziehen und an die neue Zentralbehörde zu überweisen.

Page 47: Gliederung:

Frage 3: Wie werden die allokativen Aufgaben der GKV gelöst? (41)

Die bisher unterschiedlichen Beitragssätze der Kranken-kassen werden durch einen einheitlichen Beitragssatz ab-gelöst, der durch das Bundesgesundheitsministerium fest-gelegt wird,

wobei der Arbeitgeberanteil auf seinem bisherigen Ni-veau eingefroren wird.

Krankenkassen, die mit den ihnen aus dem Gesundheits-fonds zugeteilten Mitteln nicht auskommen, können zu-sätzliche Beiträge (bis 8 € pro Monat ohne Einkommens-prüfung, bei höheren Pauschalsätzen beschränkt auf 1% des Einkommens) von ihren Mitgliedern erheben.

In ähnlicher Weise haben die Kassen auch die Möglich-keit, bei geringer Inanspruchnahme einen Teil der Beiträge zurückzuerstatten.

Page 48: Gliederung:

Frage 3: Wie werden die allokativen Aufgaben der GKV gelöst? (42)

Nach Kriterien der Morbidität (Krankheitsanfälligkeit) werden dann diese Einnahmen des Gesundheitsfonds den Krankenkassen zur Finanzierung ihrer Ausgaben zuge-teilt,

wobei die Höhe der Zuteilungen so zu wählen ist, dass 90% der erwarteten Erkrankungen durch die Fixierung eines morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleiches abgedeckt sind.

Der Gesundheitsfond tritt somit an die Stelle des bishe-rigen Risiko-Strukturausgleichs zwischen den gesetzli-chen Krankenkassen.

Page 49: Gliederung:

Fazit: (3a)

In der ersten Hälfte der 70er Jahre stiegen die Ausgaben im Gesundheitsbereich um 138% an, während zur gleichen Zeit das Volkseinkommen nur um 63% zunahm.

In den Folgejahren ist es nicht gelungen, dieses überhöhte Niveau zurückzufahren.

Es ist nicht möglich, dieses explosionsartige Wachstum der Gesundheitsausgaben auf die allgemeine Entwicklung zu einer Dienstleistungsgesellschaft zu erklären.

Diese Entwicklung setzte in der BRD sehr viel später ein, auch die These, dass im Dienstleistungssektor kaum technischer

Fortschritt stattfindet ist weder im allgemeinen noch speziell im Gesundheitssektor richtig.

Ein beachtlicher Anteil des tatsächlichen Anstiegs in den Aus-gaben des Gesundheitsbereiches ist darauf zurückzuführen, dass die Anzahl der Pflichtversicherten um etwa 3 Millionen ange-stiegen ist und dass gleichzeitig der Leistungskatalog ausgeweitet wurde.

Page 50: Gliederung:

Fazit: (3b)

Allerdings bleibt die Frage, wie es möglich war, dass das Parlament diese Ausgabensteigerungen beschlossen hat, obwohl Einigkeit darüber bestand, dass das hierdurch verursachte Aus-gabenniveau von fast allen Parteien als zu hoch angesehen wurde.

Der Anstieg in den Ausgaben für Gesundheit lässt sich z. T. auch damit erklären, dass innerhalb der gesetzlichen Krankenver-sicherung die sozialen Kontrollmechanismen nicht reibungslos funktionieren und dadurch systematische Fehlanreize ausgeübt werden.

So findet ein Bias zugunsten des qualitativen (und zuungunsten des kostensenkenden) technischen Fortschrittes statt.

Die Nachfrage ist exzessiv, da die Beiträge nicht bei der Inan-spruchnahme, sondern periodisch erhoben werden.

Der Umstand, dass die Arbeitgeber die Hälfte des Beitrages zah-len, täuscht einen zu geringen Preis der Gesundheitsleistungen vor.

Page 51: Gliederung:

Fazit: (3c)

Auch die politische Kontrolle der Selbstverwaltung ist wegen zu geringer Beteiligung bei den Sozialwahlen nicht ausreichend.

Unmittelbar nach Auftreten der Kostenexplosion Mitte der 70er Jahre schuf man ähnlich wie auf dem Arbeitsmarkt eine Konzer-tierte Aktion, bei der in periodischen Abständen Politiker, Kas-senärztliche Vereinigungen, Krankenkassen und die Tarifpartner nicht bindende Vorschläge der Ausgabenbegrenzungen machen.

Ähnlich wie auf dem Arbeitsmarkt brachte die Konzertierte Aktion auch hier nur in den Anfangsjahren einen gewissen Er-folg.

Dieser langfristige Misserfolg erklärt sich damit, dass Interessen-gruppen nur in vorübergehenden Notzeiten bereit sind, aus Ge-meinwohlüberlegungen heraus auf die Durchsetzung von Einzel-interessen zu verzichten,

Page 52: Gliederung:

Fazit: (3d)

dass weiterhin Fehlverhalten materiell belohnt und nicht bestraft wird und

dass die Ausrichtung der Preise an Kostenwerten jedes Inter-esse an kostensenkendem Fortschritt verringert.

Die vergangenen Regierungen versuchten u. a. die Kostenex-plosion durch Einführung einer begrenzten Selbstbeteiligung bei der Inanspruchnahme der Krankenkassen zu dämpfen.

Gegen eine Selbstbeteiligung wurde eingewandt, dass sie zur Verschleppung von Krankheiten führe und damit die Krank-heitskosten sogar noch anstiegen.

Dieser negative Effekt kann allerdings vermieden werden, wenn man nicht den ersten Gang zum Arzt mit einer Selbst-beteiligung an den Kosten belegt.

Page 53: Gliederung:

Fazit: (3e)

Weiterhin wird gegen eine Selbstbeteiligung eingewandt, dass auf diesem Wege das ursprüngliche Ziel jeder Krankenversicherung, die Umverteilung zugunsten der Kranken, in sein Gegenteil ver-kehrt werde, da die Selbstbeteiligung gerade den Kranken treffe.

Inwieweit dieser Vorwurf richtig ist, hängt wiederum von der Art der Selbstbeteiligung ab.

Wenn es gelingt, die Inanspruchnahme der Kassen bei Bagatell-fällen zu reduzieren, können die knappen Geldmittel verstärkt für die Behandlung der schwereren Krankheitsfälle eingesetzt werden.

Während der Rot-Grünen Regierung wurde eine gewisse Selbst-beteiligung, insbesondere eine beim 1. Gang zum Arzt innerhalb eines Quartals zu entrichtende Praxisgebühr eingeführt.

Page 54: Gliederung:

Fazit: (3f)

Anfang der 90er Jahre wurde der Wettbewerb zwischen den Krankenkassen intensiviert. Vor dieser Zeit konnten nur Ange-stellte zwischen einer Versicherung bei einer AOK oder bei einer Ersatzkasse wählen.

Diese Wahlmöglichkeit wurde nun auch für die Arbeiter ge-schaffen.

Allerdings wird von einem verschärften Wettbewerb nur dann eine effizienzsteigernde Wirkung ausgehen, wenn die einzelnen Krankenkassen das Recht erhalten, unterschiedliche Leistungs-kataloge und damit auch unterschiedliche Beitragssätze anzu-bieten.

Der ungleichen Belastung der einzelnen Kassen aufgrund unter-schiedlicher Risiken versuchte man durch Einführung eines Risi-koausgleichs zu begegnen.

Page 55: Gliederung:

Fazit: (3g)

Die Große Koalition hat nun die Bildung eines Gesundheitsfonds beschlossen, wonach die Beiträge an diesen Gesundheitsfonds fließen.

Nach Kriterien der Morbidität werden dann diese Einnahmen des Gesundheitsfonds den Krankenkassen zur Finanzierung ihrer Ausgaben zugeteilt.

Der Beitragssatz wird einheitlich festgelegt, Krankenkassen, die mit den Beitragseinnahmen nicht auskommen, haben die Mög-lichkeit, in begrenztem Maße zusätzliche Beiträge zu erheben.

Page 56: Gliederung:

Gliederung:

01. Zielsetzungen

02. Instrumente

03. allokative Effizienz

04. distributive Effizienz

Page 57: Gliederung:

Frage 4: Wie werden die distributiven Aufgaben der GKV gelöst? (1)

Versicherungspflichtgrenze und Beschränkung des Versiche-rungsrechtes auf Arbeitnehmer bewirken eine Umverteilung zugunsten der nicht ganz Armen, zu Lasten der nicht ganz Reichen.

Die Beitragsbemessungsgrenze bewirkt, dass die reicheren Mitglieder einen unterproportionalen Beitrag zu entrichten haben. Soweit es die Geldleistungen betrifft, verringern sich

zwar auch die Geldleistungen, insofern wird Äquivalenz gewahrt,

im Hinblick auf die Sachleistungen wird jedoch die Ver-teilungszielsetzung durchbrochen.

Page 58: Gliederung:

Frage 4: Wie werden die distributiven Aufgaben der GKV gelöst? (2)

Der Arbeitgeberbeitrag wird auf die Arbeitnehmer abge-wälzt, da in den Lohnverhandlungen durch die Arbeitgeber-beiträge der Spielraum für Lohnzugeständnisse vermindert wird.

Der Umstand, dass Arbeitnehmer mit günstigen Risiken zu den Ersatzkassen oder zu Betriebskassen abwandern können, verhindert eine Umverteilung zugunsten der schlechten Risi-ken.

Das hohe Ausmaß der Umverteilung in der GKV verstärkt das moral-hazard-Verhalten.

Da jede Umverteilung in der GKV zu einer Verzerrung der Beitragsäquivalenz führt und dies Fehlanreize auslöst, wäre es günstiger, wenn die Verteilungsziele außerhalb der Versi-cherung angestrebt würden.

Page 59: Gliederung:

Frage 4: Wie werden die distributiven Aufgaben der GKV gelöst? (3)

In dem bisherigen System der gesetzlichen Krankenkassen waren die Risiken sehr unterschiedlich verteilt.

Es gab Krankenkassen, die in Regionen angesiedelt waren, die überdurchschnittlich hohe Risiken aufwiesen. Dement-sprechend war auch der Beitragssatz dieser Krankenkassen überdurchschnittlich hoch.

Dies widerspricht natürlich der Idee des Risikoausgleiches zwischen Gesunden und Kranken.

Gleichzeitig war man der Meinung, dass es für Krankenkas-sen mit „schlechten Risiken“ unzumutbar sei, mit den übrigen Krankenkassen in einen Wettbewerb einzutreten.

Page 60: Gliederung:

Frage 4: Wie werden die distributiven Aufgaben der GKV gelöst? (4)

Aus diesen Tatsachen heraus entstand die Idee eines Risiko-Ausgleiches zwischen den Krankenkassen mit hohem und mit niedrigem Risiko.

Die Folge war, dass die Krankenkassen mit hohem Erfolg und deshalb niedrigen Beitragssätzen einen Teil ihrer „Ge-winne“ an die übrigen Krankenkassen mit Defiziten abzu-führen haben.

Diese Art von Risiko-Ausgleich behindert jedoch den Wett-bewerb.

Eine Kasse, die einen Teil ihres Erfolges wieder abführen muss an die Kassen, die nicht so erfolgreich gewirtschaftet haben, hat nur geringe Anreize, seine Erfolge zu vergrößern.

Page 61: Gliederung:

Fazit: (4a)

Auch im Hinblick auf die distributiven Ziele der GKV sind mehrere Ineffizienzen zu erwarten.

Der Umstand, dass Arbeitnehmer ab einer bestimmten Ein-kommensgrenze (2011: 49.500 € Jahresverdienst Brutto) nicht mehr versicherungspflichtig waren, bedeutete, dass gerade die Empfänger höherer Einkommen nicht zur Umverteilung zu-gunsten der Empfänger niedriger Einkommen herangezogen wer-den können.

Auch der Umstand, dass es eine Beitragsbemessungsgrenze (2011: 44.550 € Jahresverdienst Brutto) gibt, trägt dazu bei, dass der effektive Beitragssatz von der Beitragsbemessungsgrenze ab mit wachsendem Einkommen zurückgeht, was eindeutig der Ziel-setzung einer vertikalen Umverteilung widerspricht.

Die durch den Arbeitgeberbeitrag intendierte Umverteilung zu Lasten der Unternehmungen wird immer dann vereitelt, wenn es den Unternehmungen gelingt, diese Kosten auf den Güterpreis vor- oder auf die Löhne zurück zu wälzen.

Page 62: Gliederung:

Fazit: (4b)

Die nichtversicherungspflichtigen Arbeitnehmer haben vor allem dann ein Interesse, zu einer privaten Versicherung abzuwandern, wenn sie ein unterdurchschnittliches Krankheitsrisiko aufweisen und deshalb in einer privaten Versicherung mit geringeren Bei-trägen rechnen können.

Dieser Umstand führt dazu, dass sich die schlechten Krankheits-risiken bei den gesetzlichen Krankenkassen ballen, mit der Folge, dass der notwendige Beitragssatz einer gesetzlichen Kranken-kasse höher liegt als bei den privaten Krankenkassen.

Obwohl private wie gesetzliche Krankenkassen dem Phänomen des moral hazard (der missbräuchlichen Ausnutzung der Kran-kenkassen) ausgesetzt sind, kann die gesetzliche Krankenver-sicherung moral-hazard-Verhalten weniger effizient unterbin-den.

Page 63: Gliederung:

Fazit: (4c)

Die Bereitschaft zu Missbrauch steigt in dem Maße an, in dem ein Missverhältnis zwischen Leistung und Beitragshöhe entsteht.

Der Umstand, dass im Rahmen der GKV zusätzliche Umver-teilungsziele angestrebt werden, bedeutet für die Mehrheit der Versicherten, dass die Beitragshöhe im Vergleich zur PKV höher ausfällt und

dass damit ein höherer Prozentsatz der Versicherten zu einer missbräuchlichen Inanspruchnahme der Krankenkassen bereit ist.

Diese Unterschiede zwischen privaten und gesetzlichen Kranken-kassen in der Frage des "moral hazard" werden dadurch noch verschärft, dass die PKV vorwiegend über die Einführung von Wahltarifen, die GKV hingegen über die Einführung von Selbst-beteiligung das Phänomen des moral hazard in den Griff zu bekommen versucht.

Page 64: Gliederung:

Fazit: (4d)

Bei Einführung von Wahltarifen bestehen jedoch für diejenigen, die die Kassen missbräuchlich ausnutzen, geringere Möglich-keiten, die Kosten dieses Missbrauchs auf die übrigen Versiche-rungsnehmer abzuwälzen.

Damit werden jedoch Anreize gesetzt, den Missbrauch zu redu-zieren.

Da die weitergehenden distributiven Ziele der GKV nur sehr un-vollkommen realisiert werden können und da darüber hinaus wegen der mit der Umverteilung verbundenen Veränderung in den Beitragssätzen stets negative Allokationseffekte auftreten, entsteht die Frage, ob es nicht sinnvoller wäre, wenn die beab-sichtigten weitergehenden Umverteilungsziele außerhalb der Ein-richtungen der sozialen Sicherheit verfolgt würden.

Page 65: Gliederung:

Fazit: (4e)

Um die unterschiedlichen Belastungen, denen die einzelnen Kran-kenkassen ausgesetzt sind, zu vermindern, wurde unter den gesetzlichen Krankenkassen ein Risikoausgleich eingeführt.

Die Krankenkassen mit hohen Überschüssen haben danach einen Teil ihrer Überschüsse an die Krankenkassen mit hohen Defiziten abzuführen.

Diese Art von Risikoausgleich vermindert jedoch den Wettbe-werb der Kassen untereinander.

Die Große Koalition hat schließlich einen Gesundheitsfonds ein-gerichtet, der von den Beiträgen und Staatszuschüssen finanziert wird. Die Beiträge werden einheitlich festgesetzt. Der Gesund-heitsfond teilt den Kassen je nach Morbidität der Mitglieder Fi-nanzierungsmittel zu. Die Kassen haben die Möglichkeit, Zusatz-beiträge zu erheben, sowie Beiträge teilweise zurückzuerstatten.

Page 66: Gliederung:

Fragen zu Kapitel 9b: (1)01. Worin äußerte sich die Finanzkrise der 70er Jahre?

02. War von diesen explosionsartigen Anstiegen in den Ausgaben nur die Gesetzliche Krankenversicherung betroffen?

03. Worin äußerten sich jedoch die Unterschiede im Ausgaben-wachstum zwischen GKV und PKV?

04. Hat das Ausgabenwachstum der GKV in den 70er Jahren etwas zu tun mit der allgemeinen Tendenz zur Dienstleistungsgesell-schaft?

05. In welchen zwei Ausgabenarten äußert sich nach J. Clark das Ansteigen der Ausgaben für Dienstleistungen?

06. Welche Rolle spielt bei Clark der technische Fortschritt für den Anstieg der Preise im Dienstleistungssektor?

07. Gilt die Aussage Clark‘s für die Bedeutung des technischen Fort-schritts auch für den Gesundheitsbereich?

Page 67: Gliederung:

Fragen zu Kapitel 9b: (2)08. Warum haben die Preissteigerungen im Gesundheitssektor den-

noch etwas mit der Art des technischen Fortschrittes zu tun?

09. Inwiefern lässt sich der starke Anstieg in den Ausgaben der GKV darauf zurückführen, dass über die Nachfrage kollektiv (innerhalb eines politischen Kalküls) entschieden wird?

10. Was versteht man unter einer exzessiven Nachfrage im Versi-cherungsbereich?

11. Warum ist die Gefahr des moral hazard in der PKV geringer als in der GKV?

12. Welche beiden Argumente werden gegen eine Selbstbeteiligung an den Ausgaben für Krankheit genannt?

Page 68: Gliederung:

Antworten zu Kapitel 9b: (1)01. Die Finanzkrise der 70er Jahre äußerte sich vor allem darin,

dass die Ausgaben der GKV während dieser Zeit um ein viel-faches des Volkseinkommens anstiegen.

02. Auch in der PKV stiegen die Ausgaben während dieses Zeitrau-mes stark an.

03. Während in der GKV insbesondere der Anteil der Krankenhaus-ausgaben anstieg, erhöhte sich in der PKV in dieser Zeit der An-teil der Kosten in der Zahnbehandlung.

04. Das Ausgabenwachstum der GKV in den 70er Jahren kann schon deshalb nichts mit der Tendenz zur Dienstleistungsgesell-schaft zu tun haben, da diese in der BRD sehr viel später begann.

05. J. Clark ging von einem Anstieg der Ausgaben für Dienstleis-tungen sowohl für die Mengennachfrage als auch die Preise für Dienstleistungen aus.

Page 69: Gliederung:

Antworten zu Kapitel 9b: (2)06. J. Clark ging davon aus, dass sich der technische Fortschritt vor

allem nur in der Industrie auswirken konnte.

07. Entgegen den Aussagen von Clark fand im Gesundheitswesen in den letzten Jahrzehnten sogar ein sehr starker medizinischer Fortschritt statt.

08. Der medizinische Fortschritt äußerte sich vor allem in Verbesse-rungen der Qualität und sehr viel weniger in Kostensenkungen.

09. Bei einer kollektiven Nachfrage kommt im Rahmen einer Demokratie die Meinung der Mehrheit zum Zuge; diese ist je-doch besonders risikoscheu.

10. Von einer exzessiven Nachfrage spricht man immer dann, wenn die Nachfrage nach einem Gut stärker steigt als es dem Nutzen-optimum entspricht.

11. Die Gefahr des moral hazard ist in der PKV geringer als in der GKV, da es hier weniger gelingt, die Kosten des Missbrauchs auf die Gesamtheit der Versicherten abzuwälzen.

Page 70: Gliederung:

Antworten zu Kapitel 9b: (3)12. Gegen eine Selbstbeteiligung an den Krankheitskosten wird an-

geführt, dass sie zu einer Verschleppung von Krankheiten führe und auf diesem Wege die Krankheitskosten erhöhe und dass da-rüber hinaus auf diesem Wege gerade diejenigen belastet wer-den, welche in besonderem Maße von dem Krankheitsrisiko be-troffen sind.

Page 71: Gliederung:

Ende