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12. DEUTSCHE FILMTAGE 2017 PROGRAMM 03.11 – 09.11.2017 Cinema Eforie Freitag, 03.11. Eröffnung der Filmtage 20:00 In Zeiten des abnehmenden Lichts von Matti Geschonneck (2017, 100‘) Im Anschluss Q&A mit Drehbuchautor Wolfgang Kohlhaase Samstag, 04.11. 15:30 Die Mitte der Welt von Jakob M. Erwa (2016, 115‘) 18:00 Zeigen was man liebt von Frank Göhre, Torsten Stegmann & Borwin Richter (2016, 84‘) Im Anschluss Q&A mit Regisseuren Torsten Stegmann & Borwin Richter 20:15 Unterwäschelügen von Klaus Lemke (2016, 81‘) Im Anschluss Q&A mit Hauptdarstellerin Mela Feigenbaum Sonntag, 05.11. 16:00 Offline – Das Leben ist kein Bonuslevel von Florian Schnell (2017, 87‘) 18:00 Selbstkritik eines bürgerlichen Hundes von Julian Radlmaier (2017, 99‘) 20:00 Casting von Nicolas Wackerbarth (2017, 91‘) Montag, 06.11. 18:00 Die letzte Sau von Aron Lehmann (2016, 86‘) 20:00 Die Einsiedler von Ronny Trocker (2016, 110‘) Im Anschluss Q&A mit der Produzentin Susanne Mann Dienstag, 07.11. 18:00 Der traumhafte Weg von Angela Schanelec (2016, 86‘) 20:00 Gleissendes Glück von Sven Taddicken (2016, 102‘) 1

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12. DEUTSCHE FILMTAGE 2017 PROGRAMM 03.11 – 09.11.2017

Cinema Eforie

Freitag, 03.11. Eröffnung der Filmtage20:00 In Zeiten des abnehmenden Lichts von Matti Geschonneck (2017, 100‘)

Im Anschluss Q&A mit Drehbuchautor Wolfgang Kohlhaase

Samstag, 04.11. 15:30 Die Mitte der Welt von Jakob M. Erwa (2016, 115‘)

18:00 Zeigen was man liebt von Frank Göhre, Torsten Stegmann & Borwin Richter (2016, 84‘) Im Anschluss Q&A mit Regisseuren Torsten Stegmann & Borwin Richter

20:15 Unterwäschelügen von Klaus Lemke (2016, 81‘)Im Anschluss Q&A mit Hauptdarstellerin Mela Feigenbaum

Sonntag, 05.11.16:00 Offline – Das Leben ist kein Bonuslevel von Florian Schnell (2017, 87‘)

18:00 Selbstkritik eines bürgerlichen Hundes von Julian Radlmaier (2017, 99‘)20:00 Casting von Nicolas Wackerbarth (2017, 91‘)

Montag, 06.11.18:00 Die letzte Sau von Aron Lehmann (2016, 86‘)20:00 Die Einsiedler von Ronny Trocker (2016, 110‘)

Im Anschluss Q&A mit der Produzentin Susanne Mann

Dienstag, 07.11.18:00 Der traumhafte Weg von Angela Schanelec (2016, 86‘)20:00 Gleissendes Glück von Sven Taddicken (2016, 102‘)

Mittwoch, 08.11.18:00 Als Paul über das Meer kam von Jakob Preuss (2017, 93‘)20:00 Der geilste Tag von Florian David Fitz (2016, 113‘)

Donnerstag, 09.11.19:00 Kinokonzert mit Live-Musik von Simona Strungaru Symphonics

Die Austernprinzessin (1919, 57‘) und Die Puppe (1919, 68‘) von Ernst Lubitsch

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Evelin Hust, Institutsleitung Goethe-Institut Bukarest

Wir freuen uns sehr, Sie auch in diesem Jahr zu den Deutschen Filmtagen in Bukarest begrüßen zu dürfen! Das diesjährige Programm bietet mit 13 herausragenden Spielfilmen und Dokumentationen gute Unterhaltung für die ganze Familie, sowie Anlass zum Nachdenken.Ozana Oancea hat für die 12. Ausgabe der Filmtage die anspruchsvolle Aufgabe der Filmauswahl übernommen und ein Programm zusammengestellt, das eine große Bandbreite des aktuellen deutschen Films zeigt. Bevor sie die Filmtage kuratorisch begleitete, war sie hauptsächlich als Schauspielerin tätig, bekannt unter anderem durch First of all, Felicia. Auch in Deutschland und der Schweiz spielte sie bereits im Rahmen der Ruhrfestspiele in deutscher Sprache.Der Eröffnungsfilm In Zeiten des abnehmenden Lichts verarbeitet den Zusammenbruch des Sozialismus in der DDR in metaphorischer Weise. Der Regisseur Matti Geschonneck - mit dem wunderbaren Drehbuch von Wolfgang Kohlhaase, der unser Gast sein wird - porträtiert dort eine Familie, die ebenfalls vor dem Zerfall steht. Damit beleuchtet der Film auf detaillierte und glaubwürdige Art einen wichtigen Abschnitt der neueren deutschen Geschichte, was ihn als Eröffnungsfilm ideal macht.Das weitere Programm ist in Filmpaaren angelegt, die sich mit spezifischen politischen, gesellschaftlichen sowie persönlichen Themen auseinandersetzen und sich teils recht unterschiedlicher Filmsprachen bedienen. Wir steigen am Samstag ein mit der Würdigung der Münchner Gruppe, die in den 1960/70er Jahre den Film revolutionieren wollte – und werden die beiden Regisseure Torsten Stegmann und Borwin Richter von Zeigen was man liebt zu Gast haben, wie auch die Hauptdarstellerin des nach Prinzipien der Münchner Gruppe gedrehten Films Unterwäschelügen, Mela Feigenbaum. Am Montag werden wir zwei Filme zeigen, die sich mit dem „modernen“ Bauern beschäftigen, und wir freuen uns auf die Produzentin Susanne Mann von Ronny Trockers Die Einsiedler. Weitere Themen drehen sich unter anderem um Künstler und den Schaffensprozess, Migranten und Abenteurer, und natürlich um Mann und Frau! Damit werfen diese Filmtage ab und zu ein Schlaglicht auf die Vergangenheit, sind aber meistens im absoluten Hier und Jetzt.An den Nachmittagen am Wochenende zeigen wir zwei Jugendfilme, die wichtige aktuelle Themen aufgreifen – Identitätsfindung und reale vs. fiktive Identitäten – und sie auf authentische und zugleich humorvolle Art und Weise verhandeln.Ein besonderer Leckerbissen und gleichsam das Finale bilden die eigens für unsere Filmtage von Simona Strungari vertonten und live eingespielten Stummfilmklassiker Die Austernprinzessin und Die Puppe von Ernst Lubitsch! Es bleibt mir noch, Ihnen viel Vergnügen für die kommenden Filmtage zu wünschen und ich bedanke mich bei Ozana Oancea, unseren Volontären, unserem Gastgeber Eforie und allen weiteren Partnern, die dieses Festival möglich gemacht haben.

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Ozana Oancea, Kuratorin

Wir heißen Sie zum 12. Mal herzlichst willkommen zu den Deutschen Filmtagen. Für mich ist es die erste Erfahrung als - ich fürchte mich das Wort aufzuschreiben - Kuratorin der Filmzusammenstellung. Diese Erfahrung würde ich jederzeit wiedermachen, mit der ganzen Verantwortung, die eine solche Aufgabe mit sich bringt.Ich kann nur hoffen, dass die Filme, die mich am meisten interessiert haben auch für Sie Stoff zum Nachdenken, zum nostalgisch Werden, Lächeln (und Lachen) bietet oder auch - warum nicht - zum Aktionismus.

Der Eröffnungsfilm, In Zeiten des abnehmenden Lichts, ist eine inhaltsreiche, spannende und aufs szenische Detail achtende Verfilmung, basierend auf dem Bestseller von Eugen Ruge. Wolfgang Kohlhaase, der Drehbuchautor (bei den DFT 2015 waren seine Filme Solo Sunny und Als wir träumten zu sehen), komprimiert den Stoff des Romans auf den Moment der Geburtstagsfeier des 90-jährigen, senilen Stalinisten Wilhelm Powileit und behandelt auf tragikomische Weise den Verfall einer Familie und eines Systems.

Wir gehen noch einen Schritt zurück in die Vergangenheit, in die Zeit der 60er und 70er Jahre und schauen einen aus Archivmaterialien zusammengestellten Dokumentarfilm über den Versuch der Münchener Gruppe das deutsche Kino zu revolutionieren. Film als Leidenschaft, als Experiment, als Spiegel der Dinge, die man mag – unkompliziert: Zeigen was man liebt. Es folgt ein Beispiel dieser Art von Film, die Klaus Lemke, der Cowboy, Rocker, Neo-Anarchist, Non-Konformist, Hipster und Improvisator heute noch praktiziert: Unterwäschelügen.

Die Filme, die das folgende Programm bilden, sind immer paarweise zu einem Thema ausgewählt worden: Künstler. Suche (Selbstkritik eines bürgerlichen Hundes und Casting), Bauer. Heute (Die letzte Sau und Die Einsiedler), Mann. Frau (Der traumhafte Weg und Gleissendes Glück), Reisen. Welten (Als Paul über das Meer kam- Tagebuch einer Begegnung und Der geilste Tag), Jugend. Entdeckung (Die Mitte der Welt und Offline- Das Leben ist kein Bonuslevel).

Mehr von den oben genannten Filmen und von dem Abschlussabend, Lubitsch. Strungaru (Die Puppe und Die Austernprinzessin), auf den folgenden Seiten.

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12. DEUTSCHE FILMTAGE PROGRAMM 03.11 – 09.11.2017 Cinema Eforie(alle Filme laufen in der Originalsprache mit rumänischen Untertiteln)

Freitag, 03.11. Eröffnung der Filmtage

In Zeiten des abnehmenden Lichts: das Ende des Herbstes im Ural-Gebirge, zur Zeit der Kartoffelernte, wenn sich die Utopien auflösen, sich die Rhythmen verlangsamen, kurz vor dem Schluss.

Während einer Familienfeier verursacht die Abwesenheit des geflüchteten erwachsenen Enkels des 90-jährigen Genossen Powileit (Bruno Ganz) eine Katastrophe: der für die zahlreichen Gäste grandios angerichtete Tisch bricht unter der Last der üppigen Speisen zusammen, eine Metapher für den großen Sturz der DDR - gebrechlich, geschwächt und überdekoriert. (Ozana Oancea)

20:00 In Zeiten des abnehmenden Lichts von Matti Geschonneck (2017, 100‘)

OV: Deutsch / rumänische Untertitel | ohne Altersbeschränkung

Ost-Berlin im Frühherbst 1989: Wilhelm Powileit (Bruno Ganz) wird 90 und lässt diesen Geburtstag mit stoischer Gelassenheit über sich ergehen. Seit 75 Jahren überzeugter Kommunist, ist er einst aus Nazi-Deutschland geflohen und war im Exil in Mexiko. Heute aber bringen ihm junge Pioniere ein Ständchen, und er wird mit Orden behängt. Während Wilhelm hartnäckig verleugnet, dass sein Ideal einer besseren Welt nur eine Chimäre war, und die großen Hoffnungen von einst in Bürokratie und Angst erstickt sind, verlässt die junge

Generation das Land. Auch in seinem privaten Umfeld gibt es Risse, die nicht mehr zu kitten sind.

Matti Geschonneck wurde 1952 in Potsdam geboren. Er studierte vier Jahre Regie am Staatlichen Institut für Kinematographie (WGIK) in Moskau und brachte 1991 sein Kinodebut mit Moebius. Er gewann 2012 den Deutschen Fernsehpreis in der Kategorie Bester Fernsehfilm und den Grimme-Preis für Das Ende einer Nacht.

Samstag, 04.11.

Leichtigkeit, Jugend, Freiheit, Waghalsigkeit, Frechheit, Anarchie, wer Lust darauf hat, wer genau das erlebt, zeigt es in seinen Filmen - Zeigen was man liebt (was sich übrigens ins Rumänische unglaublich schwierig übersetzen lässt).Torsten Stegmann hatte die Idee durch die Zusammensetzung von Interviews und Ausschnitten aus den Filmen der Münchner Gruppe die Frage zu stellen, ob sich die Ideen von damals heute immer noch bewähren. Seine beiden Co-Autoren Borwin Richter und Frank Göhre standen ihm zur Seite in der Durchführung seines Projektes, das ironischerweise ohne Förderung von Filmfonds oder Privatsendern zustande kommen musste.

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Klaus Lemke ist der einzige Regisseur der Gruppe, der noch immer die Ideen der Münchener Gruppe in seinen Filmen umsetzt. Heute würde man das Coolness nennen, eine Coolness, die nur in der eigenen innersten Tiefe zu finden ist (und nicht auf der Yogamatte oder bei H&M!), die man nicht herunterladen kann. Klaus Lemke produziert manchmal sogar zwei Filme im Jahr ohne finanzielle Unterstützung.Unterwäschelügen verfügt über diese Coolness, die Lemke beim Dreh ohne ein fixes Drehbuch, mit unverschämtem Charme und zusammen mit Laiendarstellern, die er auf der Straße oder bei H&M entdeckt, erzeugt.

Das Filmpaket des Abends wird von der Projektion des Jugendfilms Die Mitte der Welt angeführt, der sehr gut in die Stimmung dieser Leichtigkeit und Coolness einführt, die den zweiten Tag der DFT charakterisiert. (Ozana Oancea)

15:30 Die Mitte der Welt von Jakob M. Erwa (2016, 115‘) OV: Deutsch / rumänische Untertitel | ab 16 Jahren

Der siebzehnjährige Phil ist auf der Suche. So wenig er über seine Vergangenheit und vor allem seinen Vater weiß, so chaotisch ist seine Gegenwart mit seiner Mutter, Glass, die mal wieder einen neuen Liebhaber hat, mit seiner Zwillingsschwester, Dianne, die sich immer mehr in ihre eigene Welt zurückzieht, mit Tereza und Pascal, die auch zu Phils Patchworkfamilie gehören und sogar mit seiner besten Freundin Kat. Und dann passiert es: ein neuer Schüler betritt nach den Sommerferien die Klasse und Phil verliebt sich sofort unsterblich. Das Chaos ist perfekt. Phils Suche nach seiner Mitte der Welt wird immer drängender.

Jakob M. Erwa ist ein österreichischer Filmregisseur, -produzent und Drehbuchautor, der 1981 in Graz geboren wurde. Von 2001 bis 2007 studierte er an der Münchener Filmhochschule und sein Abschlussfilm Heile Welt erhielt den Diagonale-Preis für den besten österreichischen Film 2007 und den German Independence Award auf dem Filmfest Oldenburg für den besten deutschen Film.

18:00 Zeigen was man liebt von Frank Göhre, Torsten Stegmann & Borwin Richter (2016, 86‘) OV: Deutsch / rumänische Untertitel | ab 16 Jahren

Zeigen, was man liebt: die Frauen, die Autos, die Jungs, die Kneipen, die Flipperautomaten, die Suche nach Geld. Das waren für die „Münchner Gruppe“ in den 60er und 70er Jahren Ankerpunkte ihrer Leidenschaft, aus denen heraus sie Filme machte, und mit denen sie sich gegen die Abkehr vom deutschen Genrekino stellte und gegen die Intellektuellen des Oberhausener Manifests antrat. Rudolf Thome, Max Zihlmann, Klaus Lemke, Werner Enke, Martin Müller und die erste Regisseurin der Bundesrepublik überhaupt, May Spils zogen aus, um

dem deutschen Film das Lebensgefühl einer jungen Generation zu geben, die sich nicht mehr von Papas Kino abgrenzen musste, weil es für sie keine Rolle mehr spielte.

Frank Göhre lebt in Hamburg und ist deutscher Drehbuchautor, geboren 1943 in Tetschen. Bekannt wurde er unter anderem durch den Film Abwärts und die Kiez-Trilogie und später durch Drehbücher für den Tatort. Torsten Stegmann, geboren 1961 in

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Hamburg arbeitet als Filmemacher, Kurator und Musiker, ist Gründer des Elbblick-Festivals und Direktor sowie Produzent und Drehbuchautor von den Filmen Krasser Move und Rollo Aller! 4. Borwin Richter, geboren 1965, ist ebenfalls gebürtiger Hamburger und arbeitet als Coach und Moderator. Er publizierte die TV-Serie „Der Kommissar“ – und das Lebensgefühl der Achtundsechziger Generation.

20:00 Unterwäschelügen von Klaus Lemke (2016, 81‘)OV: Deutsch / rumänische Untertitel | ab 16 Jahren

Henning Gronkowski spielt wieder einmal fast sich selbst: einen Checker- Tagedieb, der mit allen Damen, die ihm über den Weg laufen, irgendwas hat, aber eigentlich nichts Richtiges; besagte Frauen – Feigenbaum und Lowfire in gleichfalls autobiografisch angeheizten Performances – sind Künstlerinnen oder Nacktmodels, vor allem aber Diven des Alltags; gegen die Henning null Chance hat … Eine Werbung für das Leben: Denn so wahnsinnig und triebhaft und extrem, wie auf der Leinwand verheißen, geht es zwar nie zu, aber immer noch krass und heiß und durchtrieben genug. Durch gut besetzte Rollen wirkt Lemkes Film in keinem Moment ziellos oder langweilig, sondern vielmehr jung und direkt, eben nach den schon damalig von Lemke propagierten Werten und Maßstäben, wie ein deutscher Film sein soll – am besten ohne Drehbuch, mit vielen Konversationen über Sex und zugespitztem, aber dennoch pointiertem Witz und Charme.

Klaus Lemke ist 1940 geboren und wuchs in Düsseldorf auf. Nach abgebrochenem Studium der Philosophie und Kunstgeschichte wandte er sich dem Film zu und schaffte den Durchbruch 1967 mit seinem Film 48 Stunden bis Acapulco für den er 1968 den Bambi bekam. Einen weiteren Erfolg verzeichnete Lemke mit dem Film Rocker, eine Hommage an Hamburg.

Sonntag, 05.11.

Schauspieler und Regisseure sind die Personen, die uns ins Kino bringen. Am heutigen Tag der Deutschen Filmtage schauen wir uns zwei „Kulissenfilme“ an. Stilistisch und inhaltlich unterscheiden sich beide sehr, doch führen sie uns beide in eine Welt des Beginns, die wir normalerweise nie zu sehen bekommen, nicht einmal in Making-Ofs.

Radlmaier, dessen Erstlingsfilm Ein Proletarisches Wintermärchen bei den DFT 2015 gezeigt wurde und der von dem Kurator Andrei Rus damals als «der erfrischendste Newcomer im zeitgenössischen deutschen Kino» bezeichnet wurde, bringt mit Selbstkritik eines bürgerlichen Hundes dieselbe Diskursart wieder: locker, aber gleichzeitig sehr ernsthaft. Er spricht über den Versuch „an eine andere Welt zu glauben, und das Bewusstsein, selbst an der Veränderung dieser anderen Welt mitzuwirken“. Julian Radlmaier, die Filmfigur, begleiten „ein paar Idioten gegen den Weltgeist“, die von Freunden oder Bekannten gespielt werden.

Ein Casting ist vielleicht der peinlichste Teil der Arbeit eines Schauspielers. Schauspieler, die Schauspieler spielen. Vorsprechen für eine Rolle; eine Serie reifer Schauspielerinnen, die die Regisseurin um eine Chance zur Bewährung anbetteln. Eine Kollektion improvisierter Szenen - denn es wurde ohne ein ausführliches Drehbuch gedreht, sondern nur aufgrund eines genau beschriebenen Bogens, der den SchauspielerInnen dann Schritt für Schritt präsentiert wurde - echte emotionale und intellektuelle Herausforderungen, die

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den Beteiligten und jetzt auch dem Publikum großen Spaß bereiten. Es geht schließlich um eine unverhoffte Gelegenheit, einen Einblick in diesem Koagulationsprozess des Filmprojekts zu bekommen, der mit höchster und rührender Authentizität geschildert wird.

Das Filmpaket des Abends wird begleitet von der Projektion des Jugendfilms Offline- Das Leben ist kein Bonuslevel, eine schnelle, effektvolle (und moralisierende) Reise aus der virtuellen in die reale Welt. (Ozana Oancea)

16:00 Offline – Das Leben ist kein Bonuslevel von Florian Schnell (2017, 87‘)

OV: Deutsch / rumänische Untertitel | ab 12 Jahren

Der schüchterne Jan verbringt die meiste Zeit des Tages im Internet. Als wagemutiger Krieger Fenris kämpft er sich als einer der Besten durch das Computerspiel „Schlacht um Utgard“.Doch ausgerechnet während der Vorbereitungen für ein wichtiges Turnier wird sein Account gehackt. Jan weiß, wer dahintersteckt: der dunkle Magier Loki. Um sich seine digitale Identität zurückzuerobern, bleibt Jan nichts anderes übrig, als sich ohne

technische Hilfsmittel auf die Reise in die echte Welt zu machen. Es beginnt eine aufregende Reise, bei der die Realität für Jan sowohl zum Gegner als auch zum stärksten Verbündeten wird.

Florian Schnell, geboren 1984 in Lörrach, studierte zunächst Szenische Künste, wechselte dann an die Filmakademie Ludwigsburg. Für Hybris bekam er den Deutschen Nachwuchspreis. Sein Abschlussfilm Offline – Das Leben ist kein Bonuslevel wurde in zahlreichen Festivals weltweit gezeigt.

18:00 Selbstkritik eines bürgerlichen Hundes von Julian Radlmaier (2017, 99‘)

OV: Deutsch und Englisch / rumänische Untertitel | keine Altersbeschränkung

Ein bürgerlicher Windhund gesteht, wie er vom Filmemacher zum Vierbeiner wurde: Weil er gerade keine Förderung bekommt, sieht Julian sich gezwungen, einen Job als Erntehelfer anzunehmen. Als er der jungen Kanadierin Camille weismacht, es handele sich dabei um die Recherche für einen kommunistischen Märchenfilm, in dem sie die Hauptrolle spielen soll, will sie ihn begleiten und Julian spinnt romantische Fantasien. So landen die beiden in der trügerischen Idylle einer ausbeuterischen Apfelplantage. Für Julian wird es zunehmend schwieriger, den kommunistischen Filmemacher zu performen und eine versuchte Revolution endet in Ratlosigkeit. Da kommen die Spatzen in den Bäumen mit einem unerhörten Plan…

Julian Radlmaier, geboren 1984, ist deutsch-französischer Filmemacher. Radlmaier studierte an der dffb Regie und gewann für seinen Kurzfilm Ein Gespenst geht um in

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Europa den Preis der deutschen Filmkritik. Sein aktueller Film Selbstkritik eines bürgerlichen Hundes ist sein Abschlussfilm und wurde auf dem Internationalen Film Festival in Rotterdam erstmals gezeigt.

20:00Casting von Nicolas Wackerbarth (2017, 91‘)OV: Deutsch / rumänische Untertitel | ab 12 Jahren

Für ihren ersten Fernsehfilm – ein Remake von Fassbinders Die bitteren Tränen der Petra von Kant – sucht Regisseurin Vera die Idealbesetzung. Während Produzent und Team an Vera verzweifeln, freut sich Gerwin über die Mehrarbeit. Denn er verdient sein Geld als Proben-Anspielpartner und spricht Dialogsätze für die prominenten Bewerberinnen ein. Als der männliche Hauptdarsteller plötzlich abspringt, wittert Gerwin seine Chance.Casting wirft einen schonungslosen Blick

in die Abgründe menschlicher Beziehungen, die gesteuert sind durch Macht, Leidenschaft und Verzweiflung. Doch ganz nebenbei fördert Wackerbarth auch bittere Wahrheiten über Machtverhältnisse und Abhängigkeiten in der deutschen Fernsehbranche zu Tage.

Nicolas Wackerbarth, geboren 1973, absolvierte eine Schauspielausbildung an der Bayrischen Theaterakademie August Everding in München. Er war Teil des Theaterensembles im Schauspielhaus Frankfurt und in den Ensembles der Bühnen der Stadt Köln. Daraufhin studierte er Filmregie an der dffb in Berlin und zeigte seinen Kurzfilm Halbschatten auf den Filmfestspielen in Cannes.

Montag, 06.11.

Beide Filme, die wir heute vorführen, handeln vom modernen Bauer.

Ronny Trockers lyrischer Debütfilm, der in Venedig seine Premiere feierte, ist visuell höchstbeeindruckend. Der kleine Bauernhof, oben auf dem Berg, wird zusammen mit dem alten Ehepaar zugrunde gehen. Drei ihrer Kinder sind in einer Lawine ums Leben gekommen, der einzige überlebende Sohn, versucht sich ein besseres Leben im Marmorbruch zu erarbeiten. Mit kräftigen Maschinen entnimmt er dem Berg seinen Kern.

Aron Lehman erzählt ungefähr dieselbe Geschichte, die eines Landwirts, der sich gezwungen sieht seinen elterlichen Bauernhof zu verlassen. Alles fällt auseinander für den Bauern Huber, der einen tragikomischen, manchmal musikalischen Kampf gegen die Ungerechtigkeiten der industrialisierten Welt führt. (Ozana Oancea)

18:00Die Einsiedler von Ronny Trocker (2016, 110‘)OV: Deutsch / rumänische Untertitel

| ab 12 Jahren

Albert ist auf einem abgelegenen Bergbauernhof im nirgendwo der Alpen aufgewachsen. Obwohl er bereits Mitte

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30 ist, zieht seine omnipräsente Mutter Marianne immer noch die Fäden in seinem Leben. Albert, der als fleißiger Arbeiter auf dem Marmorbruch zwar eine einigermaßen sichere Stelle hat, findet im Tal nur schwer Anschluss. Das Leben in Gesellschaft muss der introvertierte Bauernsohn erst langsam erlernen. Wie ein verstoßenes Tier, das in sein vertrautes Revier zurückkehrt, schleicht er sich manchmal auf den Hof, um dort heimlich im Heulager zu übernachten. Mit Paola (eigentlich Boglarka genannt), einer ungarischen Gastarbeiterin scheint indessen endlich Bewegung in Alberts Gefühlswelt zu kommen. Er steckt in einer Zwickmühle und hat drei Tage um sein Leben zu ordnen und über seine Zukunft zu entscheiden.

Ronny Trocker ist ein 1978 in Bozen geborener Regisseur, der zunächst einige Jahre als Toningenieur in Berlin arbeitete. 2004 zieht er nach Argentinien um dort Film an der Universidade del Cine in Buenos Aires zu studieren. Seit 2006 veröffentlichte er mehrere Kurzfilme und lebt und arbeitet heute in Brüssel, Berlin und Paris.

20:00Die letzte Sau von Aron Lehmann (2016, 86‘)OV: Deutsch / rumänische Untertitel | ab 12 Jahren

Es sind schwarze Tage für den Schweinebauern Huber. Sein Hof ist pleite. Die kleine Landwirtschaft ist nicht länger gegenüber den Agrarfabriken konkurrenzfähig. Und als schließlich vom Himmel ein Meteorit fällt und Hubers Hof in Schutt und Asche legt, hat Huber nichts mehr – er beginnt ein Leben als Heimatloser, als Vagabund und Indianer. Er ist jetzt ein Rebell und begegnet auf seiner Reise Menschen, denen es ähnlich erging wie ihm. Kleine, die von den Großen kaputt gemacht wurden. Für diese Kleinen erhebt

sich Huber zum Widerstand und wird zum Symbol für Unruhe und Freiheit. Huber tut, was er für richtig hält. Denn in einer Welt, in der ein gesunder, fleißiger und ehrlicher Mensch nicht mehr in der Lage ist, für sich selbst zu sorgen, kann etwas nicht stimmen. Seine Botschaft: So geht´s nicht weiter! Und Recht hat er.

Aron Lehmann, geboren 1981, ist deutscher Filmregisseur und Drehbuchautor. Er studierte an der Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“ in Potsdam-Babelsberg Regie. Nach mehreren Kurzfilmen veröffentlichte er 2011 seinen ersten Langfilm Kohlhaas oder die Verhältnismäßigkeit der Mittel, der das Filmfest München in der Kategorie Neues Deutsches Kino eröffnete.

Dienstag, 07.11.

Die Unsagbarkeit, die Neuheit der möglichen gemeinsamen Erlebnisse von Mann und Frau, die qualvolle Dialektik zwischen dem Bedürfnis Verbindungen herzustellen und den unsichtbaren Widerstandskräften, die deren Erfüllung entgegenwirken, sind die Themen des Abends. Sinnlichkeit bekommt bei Angela Schanelec und bei Sven Taddicken ganz neue Valenzen. In ihren Interviews zitiert Angela Schanelec einen Satz von Claude Lévi-Strauss: „…der Mensch ist ein Lebewesen und damit ein leidendes Wesen, noch bevor er ein denkendes Wesen ist“ und sagt, dass die wirklich schönen Dinge auf einmal ein gewisses Licht bekommen. Der traumhafte Weg ist purstes Licht von Anfang bis Ende.Sven Taddicken beschreibt die Innenwelt seiner Figuren in dunkleren, dumpferen, nächtlicheren Tönen. Er geht sie aber taktvoll und intelligent an und hält sich von Urteilen ganz zurück. In Gleissendes Glück bauen sich Ambiguität und Ambivalenz durch die

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hervorragende Interpretation der Darsteller auf. Purste Schauspielkunst von Martina Gedeck und Ulrich Tukur. (Ozana Oancea)

18:00Der traumhafte Weg von Angela Schanelec (2016, 86‘)OV: Deutsch und Englisch / rumänische Untertitel | ab 12 Jahren

Griechenland 1984. Kenneth, ein englischer Musiker, und Theres, eine junge Deutsche, singen auf der Straße, um sich ihre Ferien zu finanzieren. Sie lieben sich. Als Kenneth die Nachricht erhält, dass seine Mutter verunglückt ist, reist er überstürzt nach Hause und lässt Theres zurück. Ihm wird bewusst, wie sehr er sie braucht, aber sein Versuch, sie erneut zu gewinnen, scheitert. 30 Jahre später, in Berlin. Ariane, eine 40jährige Fernsehschauspielerin, trennt sich in einer Krise von ihrem Mann, einem erfolgreichen Anthropologen. Er zieht in ein Appartement am Hauptbahnhof. Von seinem Fenster sieht er einen Obdachlosen. Es ist Kenneth, der nicht weiß, dass auch Theres inzwischen in Berlin lebt.

Angela Schanelec, geboren 1962, ist deutsche Schauspielerin, Professorin, Regisseurin und Drehbuchautorin. Sie studierte Schauspiel von 1982 bis 1984 in Frankfurt am Main an der Hochschule für Darstellende Kunst. 1990 begann sie außerdem ein Studium der Filmregie an der Deutschen Film- und Fernsehakademie in Berlin. Für ihren Film Marseilles erhielt sie von der Deutschen Filmkritik den Preis für das beste Drehbuch. Seit 2012 ist sie Professorin für narrativen Film an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg.

20:00Gleissendes Glück von Sven Taddicken (2016, 102‘)OV: Deutsch / rumänische Untertitel | ab 16 Jahren

Gefangen in einer scheiternden Ehe verliert Helene Brindel ihre Hoffnung endgültig, als sie sich auch noch von Gott verlassen fühlt. In dem gefeierten Gehirnforscher und Ratgeberautor Eduard E. Gluck sieht sie ihren Schlüssel zur Selbstbefreiung. Doch der charismatische Professor hat mit seinen ganz eigenen Dämonen zu kämpfen. Als er und Helene aufeinander treffen, entsteht ein magischer Sog zwischen zwei scheinbar gegensätzlichen Menschen. Zögernd

bewegen sie sich aufeinander zu – und begeben sich in eine Welt, in der Liebe Prüfung und Verheißung gleichermaßen ist. Beim Internationalen Filmfestival von Karlovy Vary wurde Gleissendes Glück als bester europäischer Film und mit dem Preis der internationalen Filmkritik ausgezeichnet.

Sven Taddicken, geboren 1974 in Hamburg, studierte von 1996 bis 2002 Regie an der Filmakademie Baden-Württemberg und wurde während seines Studium bereits für einige Kurzfilme wie El Cordobés von 1999 mit dem Kurzfilmpreis des Filmfests Dresden ausgezeichnet. Sein erster Langspielfilm war Mein Bruder der Vampir, der ebenfalls während seines Studiums entstand und mit dem Publikumspreis auf dem Filmfestival Max Ophüls Preis ausgezeichnet wurde.

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Mittwoch, 08.11.

Die Zusammenstellung des Abends könnte vielleicht etwas bizarr erscheinen. Was verbindet einen Dokumentarfilm über einen Migranten aus Kamerun - Als Paul über das Meer kam - Tagebuch einer Begegnung - und eine Komödie mit zwei jungen, abenteuerlichen, humorvollen Männern, die beide an tödlichen Erkrankungen leiden - Der geilste Tag? Die Gemeinsamkeit ist geographisch und funktioniert in beide Richtungen. Paul legt die Strecke von Afrika nach Deutschland zu Fuß, mit dem Boot, dem Bus, dem Auto, dem Fahrrad zurück auf der Suche nach einem neuen Anfang. Er wird von Jakob, dem Filmemacher, der sich nicht vornimmt 100% hinter der Kamera zu bleiben, begleitet, betrachtet, manchmal auch unterstützt.

Umgekehrt, ergreifen Andi und Benno die Flucht aus Deutschland nach Kenia. Für beide bedeutet die Reise nach Afrika, im Flieger und hinterher im Wohnwagen, schöne Landschaften, Adrenalin und Wiederfinden (oder zumindest Klären) einer alten Liebe und, für einen der Beiden, die Rettung.

Es geht also an diesem Abend um den Geburtsort und den selbst gewählten Todesort, in zwei Varianten: Doku vs. Kassenschlager (Der geilste Tag steht auf zweiter Stelle in der deutschen Box Office). (Ozana Oancea)

18:00Als Paul über das Meer kam von Jakob Preuss (2017, 93‘)OV: Deutsch, Französisch und Spanisch / rumänische Untertitel | ab 6 Jahren

Paul ist ein Migrant aus Kamerun. Er hat sich durch die Sahara bis an die Küste Marokkos durchgeschlagen, wo er auf eine Chance wartet, über das Meer nach Europa zu gelangen. Hier lernen sich Paul und Filmemacher Jakob Preuss kennen. Dieser ist zu dem Zeitpunkt gerade auf einer Recherchereise entlang Europas Außengrenzen. Paul gelingt es kurz darauf, einen Platz in einem Schlauchboot nach Spanien zu ergattern. Er überlebt – während die Hälfte seiner Mitpassagiere auf der zweitägigen Überfahrt stirbt. Doch anstatt psychologischer Betreuung erwartet ihn auf der anderen Seite Abschiebehaft. Nach seiner Freilassung trifft Jakob Paul in Granada wieder. Jakob muss sich entscheiden: Wird er Paul aktiv bei seinem Streben nach einem besseren Leben helfen oder bleibt er der beobachtende Filmemacher?

Jakob Preuss, geboren 1975, ist deutscher Dokumentarfilmer. Er studierte Jura in Köln und Paris und Europäische Studien in Warschau. Bekannt wurde er als Dokumentarfilmer durch The Other Chelsea, eine Studie über Bergbauarbeiter in der Ostukraine. Für die Dokumentation erhielt Preuss mehrfache Auszeichnungen wie den Max-Ophüls-Preis 2011 in der Kategorie beste Dokumentation, den First Steps Award und den Grimme-Preis 2012.

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20:00Der geilste Tag von Florian David Fitz (2016, 113‘)OV: Deutsch / rumänische Untertitel | ab 12 Jahren

Der kauzige, überambitionierte Pianist Andi und der eher in den Tag lebende Benno haben nur eine einzige Sache gemeinsam: Sie werden bald sterben. Sie ergaunern sich Geld und reisen nach Afrika. Ein Albtraum für den hypochondrischen Andi, aber auch für Benno eine große Herausforderung, da er sich dort zum ersten Mal seiner Vergangenheit stellen muss. Diese Reise

birgt nicht nur Gefahren, sondern führt die beiden in etlichen lustigen, tragischen, dramatischen und auch gefährlichen Momenten an ihr eigentliches Ziel: Den geilsten Tag und der Erkenntnis, dass man sein Leben selbst in die Hand nehmen muss, um es nicht zu verpassen.

Florian David Fitz, geboren 1974, arbeitet als Schauspieler, Drehbuchautor und Regisseur. Er absolvierte eine Ausbildung in Schauspiel und Gesang in Boston. Bekanntheit erlangte er durch Auftritte in den Filmen Männerherzen und Vincent will Meer, bei dem er außerdem das Drehbuch schrieb. 2010 wurde Fitz für seine Rolle in Vincent will Meer mit dem Bambi ausgezeichnet, 2011 bekam er den Deutschen Filmpreis in der Kategorie Bester Film und Fitz in der Kategorie Bester Hauptdarsteller.

Donnerstag, 09.11.

19:00 Die Austernprinzessin (1919, 57‘) und Die Puppe (1919, 68‘) von Ernst Lubitsch

Die Austernprinzessin handelt von dem schwerreichen amerikanischen Geschäftsmann Quaker, der sein Vermögen mit Meeresfrüchten verdient und deshalb überall als “Austernkönig” bekannt ist. Seine temperamentvolle Tochter, die “Austernprinzessin”, will unbedingt einen europäischen Adeligen heiraten. So gerät sie an den mittellosen Prinz Nucki, von dessen Mittellosigkeit die Tochter nichts weiß. Doch Prinz Nucki schickt zunächst seinen Diener und Freund Josef vor und in der Annahme, einen echten Prinzen vor sich zu haben, heiratet die ungestüme Millionärstochter den Dienstboten bei der erstbesten Gelegenheit. Damit setzt sie eine turbulente Ereigniskette in Gang, die zu einem Happy End für alle Beteiligten führt.

Die Puppe dreht sich um den jungen Lancelot, der ein schüchterner Bursche ist. Er hat nicht die geringste Lust zu heiraten. Umso größer ist seine Unlust, als sein Onkel, der Baron de Chanterelle ihm sagt, er solle heiraten. Das ist

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entschieden zu viel für Lancelot, und so ergreift er die Flucht ins Kloster. Als die gierigen Mönche von der Mitgift erfahren, die Lancelot bei vollzogener Hochzeit von seinem Onkel bekommen würde, überreden sie ihn, zum Schein zu heiraten: eine weibliche, aufziehbare Puppe. Lancelot willigt ein, aber die Puppe zerbricht kurz vor der Trauung. Nun muss ganz schnell Ersatz her. Ossi, die Tochter des Puppenmachers Hilarius, erklärt sich bereit, die Puppenrolle zu spielen, bis ihr Vater Ersatz liefert. Lancelot ahnt nichts von der echten Puppe, bis sie ihn schließlich aufklärt…

Ernst Lubitsch wurde 1892 in Berlin geboren. Zunächst absolvierte er eine Lehre zum Stoffhändler. Nachdem er in Deutschland erste Erfolge als Regisseur hatte, siedelte er in den 1920er Jahren in die USA über und schaffte dort als erster europäischer Regisseur den Durchbruch in Hollywood. Kurz vor seinem Tod erhielt Lubitsch den Ehrenoscar für sein Lebenswerk.

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