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327 Ernst von Kardorff GOFFMANS ANREGUNGEN FÜR SOZIOLOGISCHE HANDLUNGSFELDER I. GOFFMANs Einfluß Es dürfte nur wenige "Schulsoziologen" (GOULDNER 1974) geben, die einen ähnlich weitreichenden Einfluß auf einzelne Bindestrichsoziologien, vor allem auf Medizin und Psychiatriesoziologie, auf die Soziologie abweichenden Verhaltens, auf Kriminologie und Subkulturforschung, auf Organisationssoziologie und Professionalisierungsforschung, auf die Analyse personenbezogener Dienstleistungen, auf die Kleingruppenforschung und ihre jeweiligen Arbeitsfelder sowie auf ein größeres Publikum ausgeübt haben als Erving GOFFMAN. Dabei ist GOFFMAN nicht als Begründer einer eigenen soziologischen Schulrichtung hervorgetreten wie etwa Talcott PARSONS, Herbert BLUMER, George HOMANS oder Harold GARFINKEL. Gleichwohl lassen sich enge Bezüge zu so verschiedenen klassischen Positionen wie etwa der Soziologie Georg SIMMELs, zum Symbolischen Interaktionismus und zur DURKHEIMschen Tradition einer Soziologie, die Soziales nur durch Soziales zu erklären versucht, herstellen. Mit seinem umfangreichen Werk (vgl. das Schriftenverzeichnis am Ende des Bandes) hat GOFFMAN eine Vielzahl von Forschern und Praktikern in ganz unterschiedlichen Arbeitsfeldern erreicht . Darüberhinaus sind seine Forschungsergebnisse und mehr noch sein analytischer Blick zur Beschreibung von Interaktionen in situierten Kontexten zum selbstverständlichen Bestand soziologischen und mehr noch sozialpsychologischen Grundwissens geworden . Im folgenden interessiert jedoch nicht vorrangig GOFFMANs unstreitiger Einfluß auf die Soziologie selbst, sondern die Frage nach den Gründen für den erstaunlichen Erfolg von GOFFMANs Arbeiten in einigen

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Ernst von Kardorff GOFFMANS ANREGUNGEN FÜR SOZIOLOGISCHE HANDLUNGSFELDER I. GOFFMANs Einfluß Es dürfte nur wenige "Schulsoziologen" (GOULDNER 1974) geben, die einen ähnlich weitreichenden Einfluß auf einzelne Bindestrichsoziologien, vor allem auf Medizin und Psychiatriesoziologie, auf die Soziologie abweichenden Verhaltens, auf Kriminologie und Subkulturforschung, auf Organisationssoziologie und Professionalisierungsforschung, auf die Analyse personenbezogener Dienstleistungen, auf die Kleingruppenforschung und ihre jeweiligen Arbeitsfelder sowie auf ein größeres Publikum ausgeübt haben als Erving GOFFMAN. Dabei ist GOFFMAN nicht als Begründer einer eigenen soziologischen Schulrichtung hervorgetreten wie etwa Talcott PARSONS, Herbert BLUMER, George HOMANS oder Harold GARFINKEL. Gleichwohl lassen sich enge Bezüge zu so verschiedenen klassischen Positionen wie etwa der Soziologie Georg SIMMELs, zum Symbolischen Interaktionismus und zur DURKHEIMschen Tradition einer Soziologie, die Soziales nur durch Soziales zu erklären versucht, herstellen. Mit seinem umfangreichen Werk (vgl. das Schriftenverzeichnis am Ende des Bandes) hat GOFFMAN eine Vielzahl von Forschern und Praktikern in ganz unterschiedlichen Arbeitsfeldern erreicht . Darüberhinaus sind seine Forschungsergebnisse und mehr noch sein analytischer Blick zur Beschreibung von Interaktionen in situierten Kontexten zum selbstverständlichen Bestand soziologischen und mehr noch sozialpsychologischen Grundwissens geworden . Im folgenden interessiert jedoch nicht vorrangig GOFFMANs unstreitiger Einfluß auf die Soziologie selbst, sondern die Frage nach den Gründen für den erstaunlichen Erfolg von GOFFMANs Arbeiten in einigen

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gesellschaftlichen Praxisfeldern. Was leisten sie für die Analyse dieser Praxisfelder und welche praktischen Erkenntnisse ergeben sich aus seinen essayistisch brillianten Schriften, die aber weder aus praktischen Problemstellungen heraus entwickelt noch auf Problemlösung hin konzipiert wurden, sondern sich auf soziologische Grundlagenfragen wie etwa eine soziologische Theorie des Selbst oder auf eine allgemeine Theorie sozialer Interaktionsordnung richten? Mit seinen Analysen des Verhaltens von Individuen in situierten Kontexten bewegt sich GOFFMAN an der sowohl theoretisch für die Soziologie als auch für die gesellschaftliche Praxis entscheidenden Schnittstelle an der der "stumme Zwang" (Marx) gesellschaftlicher Verhältnisse in Form konventionell geregelter Situationen auf die direkten Interaktionen der um ihre persönliche Identität und Integrität, um die Darstellung ihrer biographischen Kontinuität und um ihre Karrieren, um ihre gesellschaftliche Anerkennung und die Wahrung ihres Gesichts sowie um ihr soziales Überleben bemühten Individuen trifft. Damit geraten die unterschiedlichen aktiven und passiven Strategien der mikrosozialen "Herstellung" sozialer Wirklichkeit in situierten Kontexten alltäglicher wie außergewöhnlicher face to face Interaktionen in den Mittelpunkt einer soziologischen Strukturanalyse. Auch wenn sich in GOFFMANs Arbeiten keine auf Problemlösungen gerichtete Analysen noch entwickelte Handlungsperspektiven zu sozialer Intervention oder Veränderung finden, weisen seine Arbeiten vielfältige praxisrelevante Anregungen und Anwendungsbezüge auf; das reicht von der Selbstaufklärung der Handelnden über die selbstverständlichen Routinegründe und die situativen "Rahmungen" ihres Alltagshandelns, eine analytische Kritik von Interaktionsordnungen bis zu Perspektiven einer Veränderung von Handlungsparadigmen. Jeder Versuch einer unmittelbaren "Anwendung" oder Übertragung seiner Arbeiten auf Praxiszusammenhänge würde jedoch die Wirkungsweisen nicht nur von GOFFMANs Arbeiten, sondern des größten Teils soziologischer Forschung mißverstehen (vgl. hierzu auch BECK/BONSS 1989).

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II. GOFFMANs Paradigma und seine Attraktivität für Praxisbereiche Daß sozialwissenschaftliches Wissen nicht als "solches" unverändert praktisch wird oder auch nur werden kann, gilt heute als sozialwissenschaftlicher Allgemeinplatz (BECK/BONSS 1989). Sozialwissenschaftliches Wissen muß, wie LUHMANN (1981) formuliert, in "Anwendersysteme" transformiert werden (vgl. RONGE 1989). Die vielfältigen desillusionierenden Erfahrungen bei der Umsetzung sozialwissenschaftlicher Erkenntnisse in die Praxis (vgl. BECK 1982) haben deutlich gemacht, daß die z.T. auch heute noch verbreitete Vorstellung einer linearen Transformation sozialwissenschaftlichen Wissens auf dem Wege einer Vereinfachung und anwendungsbezogenen Einschränkung oder praxisbedingten "Verunreinigung" der wissenschaftlichen Theorien sich nicht mehr halten läßt: Wenn man von Anwendersystemen spricht, dann bedeutet dies, die Praxis als einen Bereich mit eigenen Strukturen und Funktionsmechanismen zu begreifen. Damit stehen sich wissenschaftliches und praktisches Wissen als zunächst zwei strukturverschiedene Bereiche (unterschiedliche Sichtweisen, Codierungsformen, Sprachspiele, Zielsetzungen, Handlungsbedingungen, vgl. RIEDMÜLLER u.a. 1982) gegenüber, deren Verhältnis durch einen "Ableitungsmechanismus" kaum angemessen zu beschreiben wäre. Deshalb richtet sich eine zentrale Frage auf die Wirkungsweisen sozialwissenschaftlichen Wissens in derartigen Anwendersystemen. Daraus ergibt sich als weiterführende Frage: wie müssen wissenschaftliche Aussagen formuliert werden, damit sie an die "Theorien der Praxis" (BOURDIEU), d.h. an die aus den Handlungslogiken und aus deren (Selbst ) Thematisierungsformen rekonstruierbaren Wissensformen "angeschlossen" werden können und somit zur Veränderung (Funktionalisierung, Weiterentwicklung, Umformung, Revolutionierung, metaphorischer und mimetischer Aneignung) der Praxis beitragen können. GOFFMAN selbst hat diese Fragen nicht thematisiert. Ich möchte im folgenden an einigen Beispielen das Anregungspotential und die Verwendungstauglichkeit von GOFFMANs Untersuchungen illustrieren.

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Die Bedeutung seiner Arbeiten für gesellschaftliche Handlungsfelder dürfte dabei nicht so sehr in den systematischen Ausführungen seines theoretischen Hauptwerkes "Rahmenanalyse" (1974, dt. 1977) als vielmehr in dem in seinen Detailstudien entwickelten Paradigma zur Untersuchung sozialer Interaktionen in situierten Kontexten liegen. Die Attraktivität der dort ausgearbeiteten Konzepte ergibt sich aus ihrer hohen Anschlußfähigkeit an handlungstheoretische und strukturtheoretische Ansätze sowie vor allem an die Erfahrungen von Praktikern in unterschiedlichen Handlungsfeldern. Diese Anschlußfähigkeit zeigt sich auf folgenden Ebenen: hinsichtlich der a) Verknüpfbarkeit mit funktionalistischen, strukturtheoretischen und handlungstheoretischen Konzeptionen sozialwissenschaftlicher Forschung; letzteres gilt insbesondere für Ansätze aus der Ökonomie (subjektive Nutzenökonomie), aus der Sozialpsychologie und der Organisationsforschung; b) der Gegenstandsnähe (im Sinne der "grounded theory" von GLASER/STRAUSS 1967) seiner analytischen Konzepte, die im Sinne etwa von DENZINs Forderung nach "sensitizing concepts" (DENZIN 1970) sowohl eine "dichte Beschreibung" (GEERTZ 1983) der sozialen Interaktion als auch eine strukturtheoretische Darstellung von Interaktionsordnungen erlauben; c) der methodologischen Grundhaltung einer genauen qualitativen Beobachtung von Interaktionen in "natürlichen" Settings, die den Forschungsprozess leitet; GOFFMAN hat hier in der "Rahmenanalyse" nicht zufällig Bezüge zur Praxis der ethologischen Forschung hergestellt; d) des Perspektivenwechsels bei der Reflexion auf die Praxis, der in der Frage besteht, wie Situationen, jenseits subjektiver Motivlagen und Wertorientierungen, die konkreten Handlungsvollzüge der Interaktionspartner bestimmen. zu a) Obwohl GOFFMAN in seiner "Rahmenanalyse" den Versuch einer eigenständigen und umfassenden allgemeinen Theorie sozialer Interaktionsordnungen unternommen hat, weisen seine Konzepte eine große Offenheit zur Verknüpfung mit anderen theoretischen Konzeptionen auf; so lassen sich seine Untersuchungen über Situationen,

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über das Selbst, über Karrieren, etc. als ergänzende Bestandteile in übergreifende theoretische Erklärungsmuster einbauen. Die von einigen Autoren kritisierte Unverbundenheit seiner Konzeptionen erweist sich im Hinblick auf praktische Problemstellungen gerade als Vorteil: ohne den Zwang, einzelne Erfahrungen im Rahmen einer übergreifenden Theorie deuten zu müssen, lassen sich Segmente alltäglicher Routinen in ihrer realen gesellschaftlichen Isoliertheit untersuchen und für praktische Zwecke (neu) interpretieren. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit sind es vor allem folgende Theoreme aus GOFFMANs Studien, die sich zu einer derartigen eklektischen Nutzung anbieten: Definition der Situation Interaktionsordnung Selbst Rollendistanz Karriere Informationskontrolle totale Institution1. zu b) Die qualitative, auf genaue Beobachtung von Interaktionsverläufen gegründete Methode GOFFMANs ermöglicht eine Beschreibung von Interaktionsverläufen, in denen Interaktionspartner sich wenn auch verfremdet wiedererkennen können. Abgesehen von den didaktischen Vorzügen dieses Ansatzes, gewinnen GOFFMANs Beschreibungen eine Dichte, die der Komplexität alltäglicher privater und beruflicher Situationsanforderungen gerecht wird. zu c) GOFFMANs methodologische Grundhaltung, die von einer leidenschaftslosen präzisen Beschreibung der bei der Herstellung der situativen Wirklichkeit beobachtbaren Handlungsvollzüge ausgeht, vermeidet eine vorschnelle Bewertung des Handelns und eröffnet oft erst über den Umweg der kunstvollen Verfremdung einen Raum für verständigungsorientiertes Handeln2.

1 Die Aufzählung und Erläuterung dieser Begriffe zielt hier nicht auf eine Rekonstruktion der theoretischen Bemühungen GOFFMANs, sondern auf die Verwendungstauglichkeit dieser Konzepte in verschiedenen gesellschaftlichen Praxisbereichen. 2 GOFFMANs distanzierte Beschreibung der Akteure in sozialen Situationen ist in der qualitativen Forschung allerdings nicht unumstritten und wirkt angesichts der Diskusstionen um die Rolle des Forschers als

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zu d) Diese normative Abstinzenz ermöglicht einen überraschenden Blickwechsel, der die festgefahrenen Gewohnheiten und die im Alltagshandeln unterstellten Selbstverständlichkeiten entalltäglicht. Hier erhält die Praxis die Möglichkeit, die Reflexivität der Sozialordnung in distanzierender Betrachtung als handlungsbestimmendes Moment im alltäglichen sozialen Austausch bewußt wahrzunehmen. Man könnte fast sagen, daß in diesen Analysen die Selbstreflexivität der Interaktionsordnung der modernen Gesellschaft "zu sich selbst" kommt. Zusammengefaßt bilden GOFFMANs Beschreibungen von Alltagsereignissen einen scharfen Kontrasteffekt zu den eingeschliffenen, alltäglichen und routinisierten Deutungsmustern der sozialen Akteure. Mit KNAUTH/WOLFF (1988) könnte man hier von einer "Juxtaposition" als einer spezifischen Form der Verwendung sozialwissenschaftlichen Wissens sprechen, für die sich GOFFMANs Analysen besonders eignen (vgl. 3.2). Zum anderen lassen sich alltägliche Situationen aus GOFFMANs Perspektive so schildern, daß sie von den Handelnden auch als eine plausible Alternative zu ihrer bisherigen Wahrnehmung gedeutet werden können. Damit lassen sich Situationen der Alltagspraxis in einer praxistauglichen Form verwissenschaftlichen (vgl. v. KARDORFF 1988).

Interaktionssubjekt irritierend: "(...) one might assume that he was observing his subjects through a one-way mirror, like an experimental psychologist (...). He seems to be looking down on his subjects, and his style is lofty and sardonic. This is neither humanistic nor reflexive soziology" (RICHARD 1986: 322). Abgesehen von dieser etwas moralisierenden Kritik verweist sie auf eine theoretische Schwäche GOFFMANs, die für die Erfassung der empirischen Daten folgenreich ist: GOFFMANs Blick "vom anderen Stern" tendiert zur Unterschätzung der Möglichkeiten sozialer Veränderung durch subjektives Engagement.

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III. GOFFMANs Anregungen im Bereich der Medizin, der Psychiatrie und der Analyse und Bewältigung sozialer Probleme und sozia ler Abweichung Ich wähle exemplarisch drei Bereiche aus, an denen ich GOFFMANs Anregungspotential illustrieren möchte: erstens das beinahe schon klassische Beispiel, in dem GOFFMANs Arbeiten die Diskussion und Praxis eines Anwendungsbereichs bereits nachhaltig beeinflußt haben, die Psychiatrie und Medizinsoziologie (3.1 und 3.2), zweitens ein Theorie und Praxisfeld, in dem die GOFFMANschen Arbeiten die anwendungsbezogene Forschung erheblich weitergebracht hat: die Analyse von (abweichenden) "Karrieren" (3.3) und endlich ein Praxisfeld, auf das GOFFMANs Analysen bislang noch nicht systematisch bezogen wurden, das aber weiterführende Einsichten verspricht, das Feld der Mikropolitik (3.4). Eine Gemeinsamkeit dieser Bereiche liegt darin, daß es sich um gesellschaftlich zunehmend bedeutsamer werdende Praxisfelder der modernen Dienstleistungsgesellschaft handelt (vgl. GROSS 1982), in denen Dienstleistungspersonal und Klienten aufeinandertreffen. Bei den dort stattfindenden Interaktionen geht es um eine gemeinsame "Herstellung" von Gütern (Wohlfahrt, Konsum, Beziehungen), um die Definition von Problemen (gesund/krank; normal/verrückt; konform/abweichend), Situationen (normal/krisenhaft; ernsthaft/gespielt/ironisch) und Rollen (Anbieter/Konsument, Arzt/Patient, etc.) sowie um das Aushandeln von Organisationsprinzipien und Interaktionsformen innerhalb der jeweils untersuchten Organisationen (Kliniken, Betriebe, Kaufhäuser, Gefängnisse, etc.). Normen, Organisationspläne und Dienstvorschriften sowie professionelle Standards einerseits und traditionelle Handlungsmuster, Erwartungen und Kompetenzen der Klienten andererseits passen dabei nicht einfach ineinander; in den jeweiligen Situationen müssen die verschiedenen Komponenten von den Beteiligten interaktiv umgesetzt und aufeinander abgestimmt werden, damit z.B. eine ärztliche Behandlung überhaupt beginnen, ein therapeutisches Gespräch in Gang kommen oder ein Kaufvertrag geschlossen werden kann. Die aktive "Herstellung" derartiger Passungen stellt die Handelnden oft vor komplizierte Entscheidungen und führt zu strategischen und taktischen Zügen, bei denen von allen Beteiligten der Rahmen der vorgegebenen Situation

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gewahrt werden muß, wenn es zu einer erfolgreichen Interaktion kommen soll. Diese für die moderne Gesellschaft insgesamt, besonders aber für den Dienstleistungsbereich entscheidende Schnittstelle, an der sich soziales Handeln ereignet, bildet den Fokus von GOFFMANs Arbeiten. Und hier liegen auch die zentralen Anknüpfungspunkte für Anwendungs perspektiven seines Ansatzes. GOFFMANs Studien stellen die Bedeutung der sozialen Orte heraus, an denen etwas "los" ist: er analysiert die sozial und psychisch bedeutsamen Interaktionen, die dort, gleichsam als beständige Ventilierung, gegenseitige Normalitätskontrollen und korrekturen bei Situationsdefinition, Rollenfindung und Identitätsbestimmung ablaufen. In einer gesellschaftlichen Situation der "neuen Unübersichtlichkeit" (HABERMAS 1985) und zunehmender Individualisierungsprozesse (BECK 1986) scheinen derartige Aushandels und Bestätigungsprozesse immer größere Bedeutung zu gewinnen. Über die Dynamik der dabei ablaufenden mikrosozialen Prozesse der situativen Arrangments der Handelnden liegen jedoch erst wenige und vor allem eher psychologische, auf die Motive der Beteiligten gerichtete Analysen vor. GOFFMANs Perspektive kann hier als Korrektiv einer einseitig psychologischen Sichtweise dienen und die oft verleugnete Logik strategischer Elemente der Situationsherstellung (Darstellung, Sicherung und Erweiterung von Macht und Vorteilen, Verdeckung der wahren Absichten, Wahren des Gesichts, etc.) zu Bewußtsein bringen. 1. Fallanalyse Psychiatrie Der Diffusionsmechanismus des soziologischen Wissens vollzieht sich, wie bereits angedeutet, nicht im Sinne einer einfachen Anwendung soziologischer Erkenntnisse auf den jeweiligen Praxisbereich: für die Wirkung von GOFFMANs Analysen im Bereich der Psychiatrie und Medizin gilt, daß ein bestimmter Typus soziologischer Analysen, die das jeweilige Praxisfeld zu Illustrationszwecken soziologischer Theorieprobleme und Fragestellungen als Gegenstand gewählt haben, auf eine Phase der Orientierungslosigkeit, des Umbruchs und des Neubeginns innerhalb der betreffenden Praxisbereiche selbst trifft. Dies gilt insbesondere für die Psychiatrie.

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Für die Psychiatrie läßt sich der angedeutete Wirkmechanismus an den zwischen 1954 und 1957 entstandenen und 1961 unter dem Titel "Asylums" (dt. 1972) veröffentlichten Studien Erving GOFFMANs über das Innenleben totaler Institutionen, insbesondere der psychiatrischen Anstalten, zeigen. Obwohl die Studien weder mit dem Ziel einer Veränderung der psychiatrischen Praxis oder einer Verbesserung der Lage psychiatrischer Patienten unternommen worden waren, noch den Charakter administrativer Auftragsforschung trugen, sind sie zu einem wesentlichen Bezugspunkt für die Reformdiskurse über die Psychiatrie in den 60er und 70er Jahren geworden. Die Provokation dieser Studien für die Psychiatrie liegt nicht in ihrem wissenschaftlichen, an internen Forschungsproblemen der Soziologie orientierten Ziel, das GOFFMAN (dt. 1972: 11) so umschreibt: "Hauptsächlich geht es darum, eine soziologische Darstellung des Selbst zu entwickeln". Die Provokation liegt vielmehr in der politisch folgenreichen Perspektive, in der GOFFMAN das Selbst wie auch die Institution gleichermaßen zum Thema macht: "Das Selbst als dargestellte Rolle ist (..) kein organisches Ding, das einen spezifischen Ort hat (...). (Der Darsteller) und sein Körper bilden nur den vorübergehenden Aufhänger für etwas gemeinsam Hergestelltes. Und die Mittel, um ein Selbst zu produzieren und zu behaupten, liegen nicht bei dem Aufhänger; in der Tat sind diese Mittel oft in den sozialen Institutionen verankert" (dt. 1969: 231). Folgerichtig legt GOFFMAN dann zunächst sein Augenmerk auf die Institutionen, die die Handlungsspielräume und Strategien des Selbst bestimmen und begrenzen. Zuerst definiert er die psychiatrische Anstalt, analog zum Gefängnis, zur Kaserne oder zum Kloster als "totale Institution", deren Hauptmerkmal ein von der übrigen Gesellschaft abgeschnittenes und in engen Grenzen streng reglementiertes Leben ist: "Das zentrale Merkmal totaler Institutionen besteht darin, daß die Schranken, die normalerweise diese drei Lebensbereiche voneinander trennen aufgehoben sind: 1. Alle Angelegenheiten des Lebens finden an ein und derselben Stelle unter ein und derselben Autorität statt. 2. Die Mitglieder der Institution führen alle Phasen ihrer alltäglichen Arbeit in unmittelbarer Gesellschaft einer großen Gruppe von Schicksalsgenossen aus, wobei allen die gleiche Behandlung zuteil wird und alle die gleiche Tätigkeit gemeinsam verrichten müssen. 3. Alle Phasen des Arbeitstages sind exakt geplant (...) die ganze Folge der Tätigkeiten wird von oben durch ein System expliziter formaler Regeln und durch einen Stab von Funktionären

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vorgeschrieben. 4. Die verschiedenen erzwungenen Tätigkeiten werden in einem einzigen rationalen Plan vereinigt, der angeblich dazu dient, die offiziellen Ziele der Organisation zu erreichen" (GOFFMAN dt. 1972: 17)3. Dieser Analyserahmen führt GOFFMAN dazu, die Innenansicht der psychiatrischen Klinik aus dem Blickwinkel des subjektiv wahrgenommenen Handlungsraums und der erschlossenen Handlungsroutinen und möglichkeiten sowie der von außen beobachtbaren Interaktionen ihrer Insassen zu untersuchen. Im Hinblick auf die Sichtweise der Psychiatrie ist dieser Blick insofern revolutionär, als "fast die gesamte wissenschaftliche Literatur über Geisteskranke (...) vom Standpunkt des Psychiaters aus verfaßt" wurde (GOFFMAN dt. 1972: 8). Damit wird die auf der medizinischen Sozialisation beruhende diagnostische Kompetenz der Psychiater problematisiert. Die Wirkung von GOFFMANs Analysen in der interessierten Öffentlichkeit und innerhalb der Psychiatrie wird zudem durch die Art der methodischen Ergebnisgewinnung gesteigert. Da es sich um eine durch teilnehmende Beobachtung gewonnene und sich in der Darstellung wertfrei objektivierend gebende minutiöse Beschreibung des Alltags in der Anstalt handelt, konnten GOFFMANs Ergebnisse nicht einfach als interessierte Denunziation der Psychiatrie abgetan werden. Unvoreingenommene Psychiater und andere Kenner des Bereichs konnten darüberhinaus die GOFFMANschen Beobachtungen leicht bestätigen, wenn sie sich nur der Mühe des "taking the role of the other", d.h. hier der fiktiven Übernahme der Patientenrolle in den beschriebenen Situationen unterzogen.

3 Dieses präzise und instruktive Bild, das GOFFMAN von totalen Institutionen zeichnet, scheint gleichwohl überzogen, weil es erstens den präzisen empirischen Blick auf die vielfältigen Differenzierungen innerhalb eines Typs derselben Institutionskategorie sowie auf die Unterschiede zwischen verschiedenen Institutionen, die in die Kategorie "totale Institution" fallen, trübt und weil es zweitens die "Systemumwelten" totaler Institutionen als Einfluß- und Veränderungsvariable weitgehend ausklammert (vgl. hierzu: RICHARD 1986). Dies beeinträchtigt allerdings den analytischen Wert von GOFFMANs Charakterisierung der Struktur und Mechanismen totaler Institutionen nicht, zwingt bei empirischen Erhebungen aber zu schärferer Differenzierung.

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Die von GOFFMAN in der Tradition des Symbolischen Interaktionismus (vgl. BLUMER 1973) praktizierte Perspektive einer Beschreibung "von innen" und unter Gesichtspunken asymmetrischer Handlungschancen: "von unten" bringt sozusagen "von selbst" psychiatriekritische Reaktionen hervor; Kritiker innerhalb und außer halb der Psychiatrie verwenden in der Folgezeit GOFFMANs Studien bis heute als psychiatriepolitische Argumentationshilfen. Mit GOFFMANs Analysen wird die soziale Situation der Patnten im System der Anstalt zum erstenmal wissenschaftlich begründet diskursfähig. Hier zeigt sich der historisch eher seltene Fall einer gelungenen Verwissenschaftlichung der vorwissenschaftlichen, moralischen Empörung über die Zustände in der Psychiatrie im Medium soziologischer Kritik. Indem GOFFMAN die Anstalt als sozialen Mikrokosmos institutionell definierter sozialer Arrangements untersucht, erhält die Kritik an der Anstalt einen grundsätzlichen Charakter. Es geht nicht mehr allein um die Kritik an einzelnen, schlecht geführten Anstalten, sondern um das Prinzip Anstalt selbst, in der Insassen und Personal gleichermaßen in einem circulus vitiosus alltäglicher Interaktionsroutinen die Existenz der totalen Institution und ihrer Logik beständig von neuem bekräftigen. Der Einfluß der GOFFMANschen Arbeiten auf die Kritik und Reform der Psychiatrie wie auch auf die Versozialwissenschaftlichung ihrer Diskurse und Praktiken kann kaum hoch genug veranschlagt werden. In den vielfältigen popularisierten Versionen und unter Einbeziehung der unterschiedlichsten moralischen und politischen Optionen haben sich die GOFFMANschen Analysen in den psychiatrischen Diskurs eingenistet. Dabei wird sowohl ausdrücklich, oft nur rhetorisch, auf GOFFMAN Bezug genommen; daneben läßt sich aber auch feststellen, daß GOFFMANsche Sichtweisen, ohne zitiert zu werden, Eingang in praktische Begründungsmuster gefunden haben man könnte hier davon sprechen, daß sozialwissenschaftliches Wissen in der Praxis "aufgehoben" wurde. So haben sich die Protagonisten der Anti Psychiatrie und die Vertreter der italienischen Reformpsychiatrie gleichermaßen auf GOFFMANs Arbeiten berufen wie kritische Journalisten und Studenten der

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Psychologie, Sozialarbeiter und Ärzte. Dies gilt auch für die "Modernisierer" innerhalb der Psychiatrie, die sich in ihren Forderungen nach einem Ausbau der ambulanten Vor und Nachsorgeeinrichtungen im Sinne einer gemeindenahen Sozialpsychiatrie immer wieder auf GOFFMANs Analysen der destruktiven Wirkungen der Anstalt berufen. Selbst die konservative Anstaltspsychiatrie sah sich genötigt auf die GOFFMANschen Arbeiten und die daran an schließenden Kritiken der psychiatrischen Praxis mit einer philantropisch motivierten und patriarchal durchgeführten Humansierung der Anstalten zu reagieren. In GOFFMANs Arbeiten, insbesondere in seinem Aufsatz "Die moralische Karriere des Geisteskranken"(1961a; dt. 1972), ist noch ein weiterer Sprengsatz enthalten, der den paradigmatischen Kern der psychiatrischen Krankheitsauffassung erschüttert, zumindest aber ihren Geltungsbereich einschränkt und zu einer erweiterten Sichtweise zwingt. GOFFMAN zeigt, daß die Diagnose einer Person als "geisteskrank" ihr "soziales Schicksal" (dt. 1972: 128) entscheidend prägt. Seine These, daß die medizinische Diagnose zugleich eine soziale Rollenzuweisung mit der möglichen Folge dauerhaften sozialen Ausschlusses der etikettierten Person bedeutet, beinhaltet eine grundlegende Infragestellung der universellen Geltung des "medizinischen Modells" (vgl. v. KARDORFF 1978) der Psychiatrie. Nach GOFFMAN beruht die Attribution von Geisteskrankheit darauf, daß ein Individuum kognitive und emotionale Äußerungen über sich und die soziale Umwelt abgibt sowie entsprechende Verhaltensweisen zeigt, die systematisch und uneinfühlbar von den gesellschaftlichen Selbstverständlichkeiten abweichen. Der Geisteskranke verletzt soziale Konventionen; mit dem Etikett "Geisteskrankheit" reagiert das professionelle Handlungssystem Psychiatrie auf die bereits in der familiären und beruflichen Umwelt des Betroffenen vorgängig vollzogene Ausgrenzung ("Verrückter") und zeichnet damit den weiteren Weg der institutionalisierten "Patientenkarriere" vor (vgl. III.3.). Innerhalb der Psychiatrie haben diese im Rahmen der Labeling Theorie (in der Nachfolge von LEMERT 1951; BECKER 1973; SCHEFF 1973; MATZA 1974 und anderen; vgl. zusammenfassend KEUPP 1976)

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weitergeführten Untersuchungen heftige Kontroversen entfacht, die bis heute die Diskussionen um die Praxis und den gesellschaftlichen Status der Psychiatrie bestimmen. Dies gilt um so mehr als trotz aller Deinstitutionalisierungsprozesse im psychiatrischen Bereich das Anstaltswesen nach wie vor eine der zentralen Säulen der Versorgung darstellt. Darüberhinaus regen GOFFMANs Untersuchungen des Verhaltens in totalen Institutionen auch dazu an, im Psychiatriebereich (exemplarisch für andere gesellschaftliche "Sonderwelten") das Verhal ten ehemaliger Psychiatriepatienten in den von unsichtbaren Mauern umschlossenen "ambulanten Ghettos" gemeindenaher Treffpunkte der Sozialpsychiatrie zu analysieren, insbesondere jene prekären Bereiche, in denen die sozialen Kreise der Stadtteilbewohner sich mit denen der Bewohner therapeutischer Wohngemeinschaften und den Besuchern ambulanter Rehabilitationseinrichtungen schneiden. Derartige Analysen können zum Verständnis der Mechanismen wechselseitiger Strategien der Selbsteinschließung in einer von Vorurteilen geprägten und durch Ausgrenzungsmechanismen gekennzeichneten Umwelt beitragen und für die praktische Sozialarbeit wertvolle Hinweise für konkrete Eingliederungshilfen liefern. Ein Modell für solche Analysen hat GOFFMAN auch in seiner Untersuchung über "Stigma Techniken zur Bewältigung beschädigter Ich Identität" (1963b, dt. 1967) an Beispielen aus "peinlichen" Situationen, in die Körperbehinderte, Blinde, Homosexuelle und chronisch Kranke geraten, demonstriert. Er zeigt dort, wie Versuche der Normalisierung oft nur um den Preis der Selbstverleugnung oder des Aufbaus von "Sonderwelten" gelingen. Eine an GOFFMAN orientierte Untersuchung der Durchsetzungsstrategien gegenüber einer derartigen Ausgrenzungs "mechanik" , z.B. in Selbsthilfezusammenschlüssen und ihrer Rückwirkungen auf derartige Gruppen steht noch aus. Das Beispiel "Psychiatrie" wurde hier exemplarisch für den Gesamtbereich der Veränderungen im Selbstbild und in den Verhaltensweisen von "Insassen" und "Personal" gewählt. Zu anderen, von GOFFMAN selbst angesprochenen Bereichen wie Militär und Gefängnis kommen in Forschung und Praxis noch die Bereiche Verwaltung, Altenpflege, Drogenberatung, religiöse Sekten, etc. hinzu. Gegenwärtig werden in der Bundesrepublik in GOFFMANscher

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Methodik und Perspektive durchgeführte Studien als Argumentationshilfen bei der Diskussion über die Neugestaltung der stationären Versorgung und Betreuung alter Menschen in Alten und Pflegeheimen verwendet. Beispiele dafür sind die Analysen der Strukturen in Alten und Pflegeheimen von KNOBLING (1987), die sich explizit auf GOFFMANs Arbeiten beziehen. Die Autorin analysiert eine Vielzahl typischer Konfliktsituationen im Altenheim aus der Sicht der Pflegebedürftigen und des Pflegepersonals (Intimpflege, Essensausgabe/Füttern, An und Auskleiden, Umgang mit Aggressionen, Betreuung Sterbender, etc.) mit Hilfe der von GOFFMAN entwickelten Instrumentarien; daraus gewinnt sie Vorschläge für eine ver änderte bedürfnisbezogene Aus und Weiterbildung des Pflegepersonals. Sowohl aus GOFFMANs Analysen der totalen Institution als auch aus seinen Überlegungen zur Veränderung des Selbst in derartigen Einrichtungen hat HUMMEL (1982) ein Konzept zur Öffnung der Altersheime entwickelt und in gemeinwesenorientierten Konzepten umgesetzt. 2. Medizin Die Medizin als moderne Dienstleistungsorganisation mit hochgradig spezialisierter Professionalität ist in besonderer Weise auf Kooperation des Personals untereinander und auf die Koordination verschiedener Tätigkeitsbereiche sowie vor allem auch auf die Zusammenarbeit mit den Patienten und Patientinnen bei der nur gemeinsam erfolgreich möglichen Herstellung ihres "Produkts" Gesundheit (Heilung, Schmerzlinderung, Rehabilitation, Umgang mit chronischen und unheilbaren Krankheiten, psychosoziales Wohlbefinden) angewiesen. Die klassische Parsonianische Definition der spezifischen Rollenverpflichtungen und entlastungen, die mit dem Krankenstatus verbunden sind, gehen in einer Art Verdoppelung der gesellschaftlichen Realität von einem bereits sozial hergestellten Zustand aus, dessen Zustandekommen selbst erklärungsbedürftig bleibt. GOFFMANs Analysen gehen hier über dieses "normative Paradigma" (WILSON 1973) hinaus, indem sie zeigen, daß und wie Aspekte des Krankenstatus, Behandlungsintensität und dauer, usw. von komplizierten, strategischen und situationsabhängigen "Verhandlungen" (auf verbaler und non verbaler Ebene) zwischen Personal und Patienten bestimmt werden. Mit

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dem Nachweis einer die formellen Organisationsabläufe überformenden Interaktionsordnung sui generis wird die formalen Organisationen und professionalisierten Dienstleistungen unterstellte Handlungsrationalität grundlegend in Frage gestellt und der Blick auf das "Unterleben" der Institutionen gerichtet. Mikroanalysen von GOFFMAN selbst aber auch von Autoren in seiner Tradition, wie etwa SUDNOW (1973) oder ROTH (1963), der das Aushandeln der Entlassungszeitpunkte zwischen Patienten und Personal quer zu den offizielle "Fahrplänen" der Institution analysiert hat zeigen inwieweit normative Handlungsselbstverständnisse von beständig in durchaus geordneter Weise hergestellten Netzen eines "Unterlebens" der jeweiligen Organisation, etwa eines Krankenhauses, bestimmt wird. Patienten setzen hier passiv durch ihr Aussehen, ihr Alter und aktiv durch ihre "Darstellungen" (wie z.B. forderndes Auftreten, Signalisierung von "guten Beziehungen" zum Chefarzt, etc.) eine eigene Dynamik des Behandlungsprozesses in Gang, der dem Personal obwohl es (oft gezwungenermaßen) Mitspieler ist häufig nicht zu Bewußtsein kommt. An GOFFMAN orientierte Analysen können diese naturwüchsige Mechanik transparent und damit diskursfähig machen. Eine Dokumentation des bedeutenden und weitverzweigten Einflusses von GOFFMANs Arbeiten (insbesondere 1961a, dt. 1972; 1961b, dt. 1973; 1963b, dt. 1967) auf Medizinsoziologie (vgl. zum Krankheitsmodell vgl. GERHARDT 1983; etwa Krankenrolle vgl. KIRCHGÄSSLER 1985) und medizinische Versorgungspraxis kann in diesem Rahmen nicht geleistet werden. Seine Analysen in "Rollendistanz Spaß am Spiel" (1961b, dt. 1973) etwa sind vor allem unter dem Aspekt professioneller Hierarchien und Konkurrenzen im alltäglichen Klinikbetrieb, aber auch unter professionstheoretischen Gesichtspunkten von Interesse: die Analyse der Signalisierungen von Status und Hierarchie (Chefarzt, ärztin/Assistenzärzte, innen/Pfleger und Schwestern) in den Interaktionsroutinen des beruflichen Alltags, des Aushandelns und Bestätigens von Status bei der Arbeit, die Herausarbeitung der feinen Unterschiede, die bei der Behandlung von Patienten entlang moralischer Bewertungsstandards, z.B. bei der Akutversorgung von Personen unterschiedlicher Herkunft ("Penner"/gute Bürger) und verschiedenen Alters praktiziert werden (alte pflegebedürftige Menschen/jugendliche Verkehrsopfer; vgl. dazu: SUDNOW 1973).

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Diese Analysen haben die aus der soziologischen und psychologischen Organisationsforschung bekannte Bedeutung informeller Interaktionsprozesse innerhalb "totaler Institutionen" im Detail herausgearbeitet und darüber vermittelt zu einer Sensibilisierung der medizinischen Versorgungspraxis sowie zu Veränderungen des Umgangs mit Patienten in Kliniken geschärft. Zugleich haben sie den Blick für die informellen Blockaden bei Veränderungen in Organisationsabläufen beigetragen. Bislang ist dieses in GOFFMANs Analysen gerade für institutionelle Reformprozesse nutzbare Potential in der Praxis allerdings noch kaum systematisch ausgeschöpft worden. Ein Ansatzpunkt, wie sich das Aufklärungs und Veränderungspotential von GOFFMANs Analysen praktisch nutzbar machen ließe, soll im folgenden kurz beschrieben werden: Ausgehend von einer genauen Beobachtung und Befragung von Praktikern in einem spezifischen Berufsfeld, etwa in einem Altenheim, lassen sich Situationen schildern, die den Beteiligten aus ihrem (beruflichen) Alltag wohlvertraut sind und für die sie eingeschliffene und veränderungsresistente Deutungsmuster entwickelt haben, sogenannte berufsfeldtypische Erzählungen. Dabei handelt es sich um immer wiederkehrende, für das Berufsfeld charakteristische Beschreibungen von Standardsituationen, konflikten, krisen, lösungen, etc.. In diesen berufsfeldtypischen Standarderzählungen verdichten sich die alltäglichen beruflichen Erfahrungen der Praktiker in der Form professionsspezifscher Deutungs und Verarbeitungsmuster. In der Art dieser Erzählungen als auch in ihren typischen Inhalten lassen sich Konzeptionen der alltäglich hergestellten sozialen Wirklichkeit des Berufs dechiffrieren, die Ansatzpunkte für (sozial )wissenschaftliche Um und Neuinterpretationen bieten und für Veränderungen und Innovationen nutzbar gemacht werden können. Diesen exemplarischen Erzählungen (z.B. über Pflegeroutinen und deren Begründungen) kann man die aus der GOFFMANschen distanzierten Perspektive gewonnenen Deutungsmuster derselben Handlungsvollzüge gegenüberstellen (vgl. Juxtaposition bei WOLFF/KNAUTH 1988). Dabei handelt es sich darum, daß vertraute Sachverhalte in sozialwissenschaftlicher Perspektive gleichsam neu erzählt werden. Diese Umdeutung der praktischen Alltagsroutinen schafft bei den Praktikern Ansatzpunkte, sich Handlungsvollzüge auch anders vorstellen zu können (vgl. v. KARDORFF 1988). Bei der Arbeit einer derartigen Umdeutung erfährt das Praktikerwissen eine Erweiterung von Handlungräumen, in dem es in einem neuen Bezugsrahmen neu,

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zunächst in kritisch aufklärerischer Absicht und später in Verbindung mit veränderten Zielperspektiven auch normativ neu verortet wird. Der Soziologe arbeitet hier gleichsam in der Rolle eines "Klinikers" (im Sinne des "klinischen Soziologen" bei DEWE/RADTKE 1989), dessen spezifische Leistung dabei in einer "Verwandlung" sozialwissenschaftlichen Wissens besteht (vgl. hierzu: KEUPP et al. 1989). An diesem Beispiel ließe sich die systematische Verwendbarkeit von GOFFMANs Analysen für praktische Veränderungen diskutieren. 3. "Karrieren" Im Hinblick auf die Untersuchung abweichenden Verhaltens lassen sich GOFFMANs Studien sowohl hinsichtlich ihres theoretischen Einflusses als auch in ihren praktischen Auswirkungen als paradigmatisch bezeichnen. Dies hängt vor allem mit seiner Anwendung des Konzepts "Karriere" (vgl. 1961a, dt. 1972) für die lebensgeschichtlich oft weitreichenden Folgen gesellschaftlicher Etikettierungsprozesse abweichenden Erlebens und Verhaltens zusammen. Auch wenn GOFFMAN nicht der erste war, der die Etikettierung abweichenden Verhaltens als Folge sozialer Definitions und Zuschreibungsprozesse beschrieben hat (vgl. z.B. bereits LEMERT 1951), so hat sein Aufsatz "Die moralische Karriere des Geisteskranken" (zuerst 1959, in: 1961a, dt. 1972) weit über seinen engen thematischen Rahmen hinaus die Ausarbeitung der sog. labeling approach (vgl. KEUPP 1976) maßgeblich beeinflußt. Die in der Kriminologie (in der Bundesrepublik v.a. etwa ab 1972 im neugegründeten "Kriminologischen Journal") intensiv geführten Diskussionen über alltägliche und institutionelle Formen der Ausgrenzung und ihre zerstörerischen Auswirkungen auf das Selbstbild und die Zukunft(serwartungen) der Ausgegrenzten hat zu vielfältigen Reformbemühungen im Strafvollzug Anlaß gegeben (im Bereich der Jugendkriminalität etwa die Praxis gemeinnütziger Arbeit statt Strafhaft); die einschlägigen Anstrengungen richteten sich dabei auch auf das Vorfeld des gesellschaftlichen Ausschlusses, bei dem Auffällige in einen Zirkel von Abweichungszuschreibungen mit der Folge einer schrittweisen

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Übernahme der Abweichungsrolle bis zu ihrer institutionellen Festschreibung durch Diagnosen und Gerichtsurteile geraten. Das Konzept der "Karriere" verdeutlicht zum einen, daß Abweichung weitgehend Ergebnis einer "sozialen Konstruktion" ist, die sich über einen oft langandauernden Zeitraum in einer Vielzahl alltäglicher Interaktionsprozesse herstellt, bis die Schwelle zur institutionellen Abweichungsfeststellung und festschreibung vollzogen wird. GOFFMAN zeichnet dabei nach, wie auch der Abweichler sein Selbst (d.h. seine Wahrnehmungen und Handlungsentwürfe) in diesen Interaktionsprozessen verändert; dies gilt insbesondere für den zweiten zentralen Aspekt in GOFFMANs "Karrierekonzept": die Prägungen des Selbst durch die Institution und ihre festgelegten Strukturen des "people processing". Mit dem Karrierekonzept werden, jenseits aller relevanten psychologischen Deutungen biographischer Entscheidungen die strukturellen Momente gesellschaftlicher "Normalformen" und die Logik ihres Zwangs deutlich, den sie auf die Konzeptionen des Selbst der Betroffenen wie auf die auf verschiedenen Stufen der Karriere wegfallenden und noch verbleibenden Handlungsalternativen ausüben. Mit der Übertragbarkeit des am Beispiel von Psychiatriepatienten entwickelten Karrierekonzepts auf Praxisbereiche des Strafvollzugs, der Sozialarbeit und anderen gesellschaftlichen Sozialisationsinstanzen, etc. eröffnen sich vielfältige systematische Beschreibungs (vgl. PERRUCCI/TARG 1982) und praktische Nutzungsmöglichkeiten z.B. im Rahmen gemeinwesenorientierter und an sozialer Vernetzung ausgerichteter Sozialarbeit. 4. Mikropolitik In seiner bemerkenswerten Studie "Politik als Ritual" (1964, dt. 1976) hat Murray EDELMAN die herausragende Rolle der strategischen und taktischen Verwendung von Symbolen und Ritualen als relativ eigenständige Dimension politischer Entscheidungsprozesse herausgearbeitet. Er stellt allerdings ohne Bezug auf GOFFMAN das Zustandekommen politischer Entscheidungen in den Rahmen einer hochkomplexen Interaktionsordnung ritueller Praktiken und ideologischer Symbolisierungen zwischen politisch administrativem System, Massenbewegungen und öffentlichen Kontroversen. Dabei zeigt sich,

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daß der Vorgang des Politikmachens die jeweiligen Entscheidungsgegenstände, die involvierten Interessenlagen, ideologischen Positionen und strukturellen Handlungsbegrenzungen mit einer relativ eigenständigen Handlungslogik überzieht, die die subjektiven Ängste der Bürger beruhigen und die der sinnlichen Erfahrbarkeit weitgehend entzogene Politik vermitteln sollen. Diese Eigenlogik der verschiedenen Politiken erweist sich als folgenreich hinsichtlich der schließlich ausgehandelten Entscheidungsalternativen, des Zeitpunktes und der Art der Umsetzung von Beschlüssen, der gewählten Entscheidungsträger, der Breite der Konsense, der eingegangenen Kompromisse, der getroffenen Nebenabsprachen, etc. Damit wird der Blick auf den häufig ver nachlässigten Bereich des mikropolitischen Zustandekommens politischer Entscheidungen im direkten face to face Kontakt zwischen Politk, Verwaltung und Öffentlichkeit in verschiedenen strukturierten und informellen Situationen (Ausschußsitzungen, in den "Pinkelpausen der Politik", an Stammtischen, in Hinterzimmern von Honoratioren, auf Wählerversammlungen, auf Empfängen, in Parlamenten, usw.) und die dabei jeweils explizit und implizit geltenden Regeln, kurz: auf die mikropolitische Ordnung und ihre Konventionen gelenkt. Das "Machen von Politik" wird damit zu einem Sonderfall des sowohl vom Symbolischen Interaktionismus und hier vor allem von GOFFMAN (1974) und mit anderem Akzent von der Ethnomethodologie beschriebenen "rhetorischen Charakters sozialer Ordnung" (WOLFF 1976). Die politologische Analyse EDELMANs bedarf einer interaktionstheoretischen Ergänzung und Fundierung, zu einem umfassenden Verständnis des Zustandekommens von Politik auf der Ebene ihrer alltäglichen von Personen in Interaktions und Kommunikationsprozessen geleisteten Gestaltung. GOFFMANs Arbeiten liefern hier Anregungen zu einer noch zu formulierenden Theorie der mikropolitischen Grundlagen politischer Entscheidungsprozesse. Vor allem in seinen Analysen Strategic Interaction (1969, dt. 1981a) thematisiert GOFFMAN u.a. an Beispielen aus der Praxis von Geheimdiensten, Diplomatie und Kriegsführung, die er als Spielsituationen im Rahmen einer Gewinn Verlust Matrix charakterisiert, Problemlagen, die auch in der Politik von entscheidender Bedeutung sind: strategische Züge, wie Täuschungsmanöver zur Verdeckung der eigentlichen Absichten oder zur Aufdeckung von Skandalen, Versuche der "Authentizitätserzeugung" (GOFFMAN dt. 1981a: 29), Prozesse der

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Koalitionsbildung, Wirkmechanismen von Versprechungen und Drohungen sowie die Techniken des Ausdrucksverhaltens und der "Darstellungen", die in derartigen Situationen Kommunikation über politische Inhalte überlagern und verdecken. Darüberhinaus finden sich in seinen Arbeiten Interaction Ritual (1967, dt. 1971b), Encounters (1961b, dt. 1973) und in Relations in Public: Microstudies of the Public Order (1971, dt. 1974) eine Vielzahl alltäglicher und am Rande der Alltäglichkeit liegender Verhandlungssituationen, in denen die Beteiligten mittels "face working" und anderen Darstellungstechniken versuchen, ihr Gesicht zu wahren, angemessene Ehrerbietung zu zeigen, Status und Einfluß zu signalisieren, Folgebereitschaft anzudeuten oder einzuklagen, Handlungen zu rechtfertigen, Takt zu zeigen oder stillschweigende Übereinkünfte zu durchbrechen. Viele dieser Situationen tauchen im Kontext der konkreten Produktion von Politik in deutlich akzentuierter Form hervor; so z.B. wenn grüne Parlamentarier sich weigern, übliche Formeln nachzusprechen oder Bekenntnisse abzulegen, in Turnschuhen und ohne Kravatte im Parlament auftreten, wenn auf Podiumsdiskussionen Namen Verantwortlicher genannt und durch gezielte Provokation Skandale erzeugt werden, wenn politische Kontrahenten nach heftigen Parlamentsdebatten beim gemeinsamen Bier vertraulich werden, um sich Kooperations und Konsensmöglichkeiten offenzuhalten, wenn Abgeordnete auf Fraktionssitzungen vor wichtigen Entscheidungen auf die Parteiräson verpflichtet werden, wenn Interessenvertreter ihr eigenes Anliegen als segensreich für das Gemeinwohl darzustellen versuchen, wenn durch taktische Formulierungen gegenüber der Öffentlichkeit Zeit gewonnen werden soll, wenn Konflikte im Vorfeld öffentlicher Politikrituale abgepuffert und inopportune Begleitumstände und Folgen von Entscheidungen ausgeklammert werden sollen, etc. Im Rahmen der Analyse z.B. kommunalpolitischer Entscheidungen verweisen GOFFMANs Analysen auf die impliziten Logiken scheinbar irrationaler Verhaltensweisen von politischen Entscheidungsträgern: Wenn etwa ein Chefarzt einem Sozialarbeiter des Sozialpsychiatrischen Dienstes Hausverbot an seiner Klinik erteilt, weil dieser ohne vorherige Anmeldung eine Patientin besucht hat, die er schon vor der Klinikaufnahme in seinem Dienst betreut hat, und aus diesem Verhalten im kommunalpolitischen Gesundheitsausschuß gegen die Sozialpsychiatrie Front macht und seine Ablehnung der Kooperation noch zusätzlich durch die im informellen Gespräch eingestreute Bemerkung

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"begründet", daß der Sozialarbeiter außerdem einen Ohrring trage, dann zeigt dies, wie sehr die Einhaltung formaler Hierarchien und Standards angemessener Darstellung (ein seriöser Sozialarbeiter trägt eben keinen Ohrring) gleichsam "hinter" den Postulaten fachlich interdisziplinärer Kooperation die Akzeptanz von Arbeitsformen steuert. Die Kenntnis derartiger Mechanismen gibt die Möglichkeiten zu einer Politik des Unterlebens der politischen Institutionen. Die GOFFMANsche Auffassung von der Mikropolitik der Institutionen macht deutlich, wie sehr "Rahmungen" und macchiavellistische Strategien auch in fortschrittlich ideologisierten Handlungszu sammenhängen das "Unterleben" von Institutionen und die Dynamik von Gruppen prägen. Die Aufdeckung solcher strategischer Elemente und die Kenntnis ihres Funktionierens ermöglicht sowohl die Entwicklung von Gegenstandsnähe als auch die Überschreitung von Grenzen; damit gewinnt der Typus GOFFMANscher Analysen auch einen (gebremst) subversiven Charakter.

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IV. Begrenzungen GOFFMANs Beschränkung auf das sichtbare expressive Verhalten weist einige Erklärungslücken für das Verständnis menschlichen Verhaltens auf: zunächst die Ausblendung von Motiven und Interessen der jeweiligen Handlungsbeteiligten. Präziser formuliert: GOFFMAN arbeitet mit Motivunterstellungen, die ein bestimmtes Menschenbild voraussetzen (vgl. GOULDNER 1974) das nutzenkalkulierende Individuum in der spätkapitalistischen Konsumgesellschaft, das sich nach taktischen und strategischen Gesichtspunkten verhält. Dieser unterstellte Rationalismus blendet widersprüchliche und ambivalente Motivkonstellationen aus, deren Verständnis aber für die Deutung vieler alltäglich beobachtbarer Handlungssequenzen unerläßlich sind; damit hängt zweitens ein Defizit zusammen auf das u.a. HOCHSCHILD (1981, dt. 1990) verweist: auf das Fehlen einer soziologischen Theorie der Gefühle, in der der "innere Dialog", der Handlungsentscheidungen vorausgeht, rekonstruierbar wird. Darüberhinaus bedarf es einer strukturellen Verknüpfung verschiedener Situationen auf einer mittleren Aggregationsebene, für die GOFFMAN kein Modell vorlegt. "Man bewegt sich, wie Harvey Farbermann kritisiert, 'von einer zerrissenen Insel der Wirklichkeit' zur nächsten und die gesamte Arbeit, mit der wir einer sozialen Situation den Anschein von Wirklichkeit verleihen, muß jedesmal von vorne beginnen" (HOCHSCHILD 1981). Einige der kritisierten Defizite seines Ansatzes dürften unter anderem mit der methodischen Präferenz GOFFMANs für die teilnehmende Beobachtung zusammenhängen. Im Unterschied zur Mehrzahl der qualitativen Sozialforscher arbeitet GOFFMAN nicht mit Verfahren einer hermeneutischen Rekonstruktion von Gesprächen. Das führt dazu, daß in seinem Konzept der situativen Interaktionsanalyse die Tatsache, daß Menschen zwar in viele analytisch begrenzbare soziale Situationen und ihre Logik verwoben werden, aber ihre dort gezeigten Verhaltensweisen von weit über die jeweiligen Situationen hinausreichenden ganzheitlichen Deutungsmustern bestimmt werden, zuwenig Berücksichtigung findet. Dafür bieten sich das Konzept des "gemeinsamen Wissens" bei MEAD (vgl. HAFERKAMP 1983) und vor allem das aus der Schützschen Tradition stammende Konzept der "Lebenswelt" an (LUCKMANN 1980). Wenn es richtig ist, daß

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Menschen auch aufgrund der in ihren lebensweltlichen Deutungsmustern vorliegenden Relevanzhorizonte und Antizipationen handeln, bedeutet dies, daß bestimmte situative Verhaltensweisen, etwa von pflegebedürftigen alten Menschen, die etwa für Angehörige personenbezogener Dienstleistungsberufe von handlungspraktischer Bedeutung sind, nur aus dem Gesamt einer in lebensweltlichen Begriffen rekonstruierten Lebensgeschichte verständlich werden können. Eine nur unter dem Gesichtspunkt strategischen Handelns rekonstruierte Verhaltenssequenz, die sich auf eine isolierte Situation bezieht, dürfte häufig den vom Handelnden subjektiv gemeinten Sinn einer in Lebensgeschichte(n) und Zukunftsentwürfe eingebetteten Handlungskette verfehlen. Die im Alltagsbewußtsein der Handelnden präsenten Situationsdeutungen bedürfen gleichsam einer hermeneutischen Rekonstruktion im Rahmen des spezifischen Weltbildes der handelnden Personen. Trotz dieses Einwands behalten GOFFMANs Analysen ihren spezifischen Wert in dem Verweis auf die institutionellen Vorgaben, auf die im situativen Aufeinandertreffen wirksamen Darstellungszwänge und die impliziten strategischen Elemente, die den alltäglichen Interaktionen durch ihren geordneten Charakter Erwartbarkeit und Handlungssicherheit verleihen, und auch kleinste Abweichungen jenseits der inhaltlichen (über Kommunikationsprozesse zu klärenden) Differenzen zu einem Problem gestörter und wiederherzustellender sozialer Ordnung machen.

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V. Das Pathos der Distanz als Garant handlungsfähiger Identitäts bildung GOFFMANs Beitrag zu einer praktischen Psychologie des Alltags In seiner Kritik an Erving GOFFMAN moniert Alvin GOULDNER (1974), daß die in GOFFMANs Analysen beschriebenen Interaktionsformen lediglich den Sozialcharakter der amerikanischen Mittelschichten in der modernen kapitalistischen Konsumgesellschaft repräsentierten, nicht jedoch als allgemeine Aussagen über die Logik sozialer Situationen und identitätsbildender Prozesse begriffen werden könnten. COLLINS und MAKOVSKY (1972) gehen in ihrer Argumentation in eine ähnliche Richtung, wenn sie darauf verweisen, daß der von GOFFMAN beobachtete rituelle Charakter sozialer Interaktionen sich durch die zunehmend informeller werdenden Umgangsformen im amerikanischen Alltag verändert habe und von daher die starke Betonung von Phänomenen wie der "Wahrung des Gesichts" oder von "strategischer Interaktion" übertrieben sei. Das von GOFFMAN gezeichnete Bild typischer sozialer Situationen dürfte jedoch die reale Zerissenheit der privaten und beruflichen Alltage in der modernen Gesellschaft angemessen repräsentieren, ohne dabei schon den erforderlichen sozialstrukturellen Hintergrund zu liefern. Der aber auch grundlegend gemeinte Hinweis auf die prinzipielle historische Blindheit von GOFFMANs Ansatz berührt hier eine Grundfrage aller Bemühungen um eine allgemeine Gesellschaftstheorie; auch bei GOFFMAN wird die Gefahr einer formalistischen und (sprach )positivistischen Entleerung durch Übergeneralisierung vor allem in seinen letzten Arbeiten sichtbar. In zwei Punkten scheint mir jedoch eine Relativierung der Kritik an GOFFMAN angebracht: Mit Hilfe seines Ansatzes kann man den Soziologen als "verall gemeinerten Anderen" begreifen, "der aufgrund der für wissen schaftliches Handeln konstitutiven Handlungsentlastetheit die pragmatisch bedingten Verkürzungen und Verzerrungen der subjek tiven der Akteure aufheben kann" (BUDE 1989: 12). Sein distanzierter Blick auf die alltäglichen Interaktionen, seine "kalte" Beschreibung zwischenmenschlichen Handelns zeigt, daß eine persönliche Identität und Unverletzlichkeit nur auf rechtzuerhalten ist, wenn Formen sozialer und psychischer Identität und Integrität in

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strategischen Interaktionen situa tionsspezifisch hergestellt und gewahrt werden können. Diese Bedingung, die für die unerläßliche Fähigkeit zur Rollenüber nahme (vgl. dt. GOFFMAN 1973) entscheidend ist, dürfte von der historisch jeweils durchgesetzten Vergesellschaftungsform relativ unabhängig sein. Der Individualisierungsprozeß in modernen Gesellschaften (ELIAS 1980; SENNETT 1983; BECK 1986) hat zu einer Ausdifferenzierung individuellen Erlebens und zu erhöhter Selbstreflexivität mit der Konsequenz des "unglückli chen Bewußtseins" (HEGEL) des Individuums in der Moderne ge führt, so daß Selbstbeobachtung und Identitätsbildung ange sichts veränderter Sozialbeziehungen und sich wandelnder norma tiver Standards zur Verortung des Individuums in der Gesell schaft zunehmend wichtiger geworden sind. Psychologie und Psychotherapie haben in vielfältiger Weise auf die damit ver bundenen Irritationen der Subjekte reagiert. Die Suche nach dem "wahren Selbst" (HOCHSCHILD 1981, dt. 1990) nach "Authentizi tät" und echter Kommunikation haben dabei den sozialen Charak ter des Selbst, der in der MEADschen Konzeption des "Me" ent wickelt wurde, in den Hintergrund gedrängt. Die Psychologie hat übersehen, daß die Suche nach der Chimäre des "wahren Selbst" lebendige soziale Interaktion tendenziell verunmöglicht, weil sie damit den Handlungsspielraum der Individuen systematisch einschränkt (vgl. SENNETT 1983) und damit der modernen Form der Vergesellschaftung im "Schnittpunkt sozialer Kreise" (SIMMEL 1908) nicht angemessen erscheint. GOFFMANs Analysen der Formie rung des sozialen Selbst dürften hier auch praxisbezogen wei terführen. Seine Auffassung, daß es in Interaktionsprozessen nicht in erster Linie um "Menschen und ihre Situationen, son dern um Situationen und ihre Menschen" (GOFFMAN 1967, dt. 1971b: 9) gehe, lassen sich als Ergänzung und Korrektur psycho logischer Theorien des Selbst begreifen. Hier dürfte ein fruchtbarer Ansatzpunkt zur Entwicklung einer umfassenden (Sozial )Psychologie des Alltags liegen. BIBLIOGRAPHIE: Die bibliographischen Angaben zu den Arbeiten von GOFFMAN beziehen sich auf das Schriftenverzeichnis von GOFFMAN am Ende des Buches.

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