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GPS-Beobachtungsverfahren * Von E. Nagel, München Navigationsverfahren Einzelpunkt-Navigation Wie in den vorangegangenen Beiträgen bereits dargestellt, ist das ursprüng- liche GPS-Verfahren, die Einzelpunkt-Navigation aus reinen Codebeobach- tungen, mit einem Genauigkeitsbereich von 1 m bis ca. 100 m für die Auf- gaben des Vermessungswesens meist zu ungenau. Dies ist im wesentlichen auf künstliche Verschlechterung durch militärische Stellen und die Einflüsse aus dem Satellitensegment (Bahnfehler, Uhrenfehler, Ionosphäre) zurückzu- führen. Dferentielles Veahren (DGPS) als Navigationsvehren Wie ebenfalls bereits in den vorherigen Beiträgen besprochen, nutzt das dif- ferentielle Verfahren die Tatsache, daß die im Raumsegment liegenden Hauptfehlerquellen der Einzelpunktnavigation für benachbarte Empfänger genähert gleich sind und somit bei der Differenzbildung weitgehend heraus- fallen. Bei DGPS als Navigationsverfahren empfängt eine Basisstation (Referenzstation) mit bekannten Koordinaten die Signale aller sichtbaren Satelliten und berechnet hieraus Korrekturen, die dem bewegten Empfänger übermittelt und diesem zur Korrektur der Meßgrößen bei den von ihm ange- • • messenen Satelliten dienen. Die Ubermittlung kann z. B. per Postversand, über Telephonleitungen (Telephonmodem) oder über eine Funkstrecke (Funkmodem) erfolgen. Hauptanwendung ist eine Echtzeitnavigation in Quasi-�chtzeit (RT-DGPS), wozu Funkübertragung (LW, MW , UKW, 2m- Band) notwendig ist. In Deutschland sind hierzu verschiedene DGPS-Dien- ste der Vermessungsverwaltungen (AdV) geplant. Charakteristiken des DGPS-Verfahrens sind: Nutzung von Code-Messungen Unbekannte sind nicht Koordinatendifferenzen, sonde absolute Koor- dinaten X, Y, Z im WGS 84. * Nach einem Vortrag, gehalten beim Seminar »Einführung in die Praxis der GPS-Messungedes DVW-Landesverein Bayern 15. März 1996 in München Mitteilungsblatt DVW-Bayeni 411996 577

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GPS-Beobachtungsverfahren *

Von E. Nagel, München

Navigationsverfahren

Einzelpunkt-Navigation

Wie in den vorangegangenen Beiträgen bereits dargestellt, ist das ursprüng­

liche GPS-Verfahren, die Einzelpunkt-Navigation aus reinen Codebeobach­tungen, mit einem Genauigkeitsbereich von 1 m bis ca. 100 m für die Auf­gaben des Vermessungswesens meist zu ungenau. Dies ist im wesentlichen

auf künstliche Verschlechterung durch militärische Stellen und die Einflüsse

aus dem Satellitensegment (Bahnfehler, Uhrenfehl er, Ionosphäre) zurückzu­

führen.

Differentielles Verfahren (DGPS) als Navigationsverfahren

Wie ebenfalls bereits in den vorherigen Beiträgen besprochen, nutzt das dif­

ferentielle V erfahren die Tatsache, daß die im Raumsegment liegenden

Hauptfehlerquellen der Einzelpunktnavigation für benachbarte Empfänger

genähert gleich sind und somit bei der Differenzbildung weitgehend heraus­

fallen. Bei DGPS als Navigationsverfahren empfängt eine Basisstation

(Referenzstation) mit bekannten Koordinaten die Signale aller sichtbaren

Satelliten und berechnet hieraus Korrekturen, die dem bewegten Empfänger übermittelt und diesem zur Korrektur der Meßgrößen bei den von ihm ange-

• •

messenen Satelliten dienen. Die Ubermittlung kann z. B. per Postversand,

über Telephonleitungen (Telephonmodem) oder über eine Funkstrecke (Funkmodem) erfolgen. Hauptanwendung ist eine Echtzeitnavigation in

Quasi-�chtzeit (RT-DGPS), wozu Funkübertragung (LW, MW, UKW, 2m­Band) notwendig ist. In Deutschland sind hierzu verschiedene DGPS-Dien­

ste der Vermessungsverwaltungen (AdV) geplant.

Charakteristiken des DGPS-Verfahrens sind:

• Nutzung von Code-Messungen • Unbekannte sind nicht Koordinatendifferenzen, sondern absolute Koor­

dinaten X, Y, Z im WGS 84.

* Nach einem Vortrag, gehalten beim Seminar »Einführung in die Praxis der GPS-Messungen«

des DVW-Landesverein Bayern am 15. März 1996 in München

Mitteilungsblatt DVW-B ayeni 411996 577

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• Der bewegte Empfänger und die Referenzstation müssen im Gegensatz zu den im nächsten Abschnitt besprochenen cm-genauen Relativverfah­

ren nicht zeitgleich dieselben Satelliten beobachten.

Die Genauigkeit der Positionierung mit DGPS erreicht heute auch bei kur­zen Strecken bestenfalls 0,5 m (Standardabweichung). Dies liegt an der Ungenauigkeit der Code-Messungen. Trotzdem ist das Vermessungswesen stark an diesem GPS-V erfahren interessiert. Stellt es doch ein kostengün­stiges und schnelles Verfahren zur Gewinnung von Geometriedaten für

Geoinformationssysteme dar.

Eine Genauigkeitssteigerung ist nur durch Nutzung von Trägerphasen-Mes­sungen möglich (siehe Relativ-GPS).

Relativ-GPS

Relativ-GPS wird von Nutzern eingesetzt, die cm-Genauigkeit benötigen.

Im Gegensatz zum Verfahren des Differentiellen GPS (DGPS), bei dem aus Code-Beobachtungen und übermittelten Pseudostrecken-Korrekturwerten direkt die absoluten Koordinaten des Empfängers im WGS84 ermittelt wer­

den, wird bei Relativ-GPS der Relativ-Vektor (Differenzvektor) zwischen zwei Empfängern als Unbekannte betrachtet.

Verfahren:

Wie beim DGPS werden wesentliche Fehler durch Differenzbildung zwi­schen zwei Empfängern ausgeschaltet. Deshalb sind bei DGPS mindestens

zwei Empfänger nötig. Charakteristisch für das Relativ-Verfahren ist; daß beide Empfänger gleiche Satelliten zu gleicher Zeit beobachten müssen (Unterschied zum DGPS !).

Um cm-Genauigkeit zu erreichen, werden beim Relativ-GPS Phasenmes­sungen an der Trägerwelle (Wellenlänge ca. 20 cm) genutzt, die mit Milli­

metergenauigkeit aufgelöst werden können. Neben der hohen Auflösung der

Trägerphasenmessung trägt zur Genauigkeit des Relativverfahrens auch bei, daß der Einfluß von Mehrwegausbreitungen auf Trägerphasenmessungen wesentlich geringer ist als bei der Codephasenmessung.

Trotzdem werden aber auch bei Relativ-GPS Code-Messungen genutzt, nämlich zur schnellen Bestimmung der zunächst unbekannten Zahl ganzer Trägerwellen in der Meßstrecke (Initialisierung oder Ambiguity-Lösung).

578 Mitteilungsblatt DVW-Bayern 4/1996

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Die Koordinatendifferenzen zwischen Referenzempfänger und der Emp­fangsantenne lassen sich mit folgenden Beobachtungsverfahren bestimmen:

• »Statisches Verfahren« • »Schnelle Statik« • » Wiederbesetzung « • »Stop und Go« • » Kinematic«

Die genannten V erfahren lassen sich heute unter gewissen Bedingungen

auch bereits in Echtzeit auswerten ( siehe Abschnitt Echtzeit-GPS).

Statistisches Verfahren

Das Statische Verfahren ist das klassische Relativ-GPS- Verfahren für große Distanzen und höchste Genauigkeit. Es wird für die Neubestimmung oder

• • • •

Uberprüfung von übergeordneten Festpunktfeldem, für die Uberwachung tektonischer Verschiebungen, Deformationsmessungen usw. eingesetzt.

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Referenz (dx, dy, d�J

WGS84

X

Statisches Verfahren (Static DGPS)

Mitteilungsblatt DVW-Bayem 4/1996

Rover y

579

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Verfahren: Alle verfügbaren Empfänger (mindestens zwei) messen über längere Zeiträume auf ausgewählten Punkten gleichzeitig die Trägerphasen von

möglichst vielen Satelliten. Eine solche Messung wird als >>Session« • •

bezeichnet. Uber die gesamte Session sollten mindestens vier Satelliten von allen Empfängern simultan beobachtbar sein. Kurze Zeitintervalle mit nur

drei Satelliten können überwunden werden.

580

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99 Gruhno

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• 76 Zimmerwald

Session-Nummer 9 Punktnummer

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Mitteilungsblatt DVW-Bayern 411996

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Die Meßdauer wächst mit dem Punktabstand bis zu mehreren Stunden. Für Strecken bis 20 km beträgt die Beobachtungszeit typisch etwa eine Stunde. Punktabstände bis 1 000 km sind mit Static möglich. Für längere Strecken

sollten zur Eliminierung der ionaspbärischen Einflüsse Zweifrequenzemp­

fänger verwendet werden.

Genauigkeit:

Mit »Static« ist bis zu Pu.nktabständen von 100 km eine Lagegenauigkeit von 5 mm + 1 ppm erreichbar.

Gewährleistung der Zuverlässigkeit:

Die Nachbarschaftsgenauigkeit wird dadurch sichergestellt, daß die in Ses-• •

sions beobachteten Aufstellungsgruppen mit einer Uberlappung aneinander-

gereiht werden.

Eine durchgreifende Kontrolle erfolgt durch Wiederholungsmessungen mit anderem Satellitenfenster sowie ggf. auch anderem Beobachter und Emp­fangsgerät.

Fazit:

Das Statische Verfahren benötigt lange Beobachtungszeiten und einen

großen logistischen Aufwand. Es wird im allgemeinen bei Punktabständen ab 20 km angewendet und ersetzt heute die Triangulation. Für kurze Strecken bis maximal 10 Kilometer stehen heute schnelle Beobachtungsver­fahren mit Meßzeiten von nur wenigen Minuten zur Verfügung, die in den nächsten Abschnitten besprochen werden.

Schnelle Statik (Rapid-Static)

Die gewünschte kurze Beobachtungszeit von wenigen Minuten pro Punkt bei Strecken bis 10 km liefert das Relativ -GPS-V erfahren »Rapid Static«, dem heute wohl am häufigsten angewendeten GPS-V erfahren mit cm­Genauigkeit.

Verfahren:

Wie bei jedem Relativ-Verfahren sind mindestens zwei Empfänger nötig. Ein Empfänger beobachtet während der gesamten Messung auf einem festen Punkt. Dieser sog. Referenzempfänger kann auf einem koordinierten oder einem beliebigen Punkt aufgestellt werden. Die bewegten Empfänger wer­den vor dem Transport zum nächsten Punkt abgeschaltet, so daß auf dem neuen Punkt wiederum eine Lösung der Mehrdeutigkeit (Initialisierung) durchgeführt werden muß.

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-

-

. .

Q = Rover

Voraussetzungen:

An

I

A. All.

6. = Referenzpunkt 1 ,2

Sofort ist erkennbar, daß Rapid-Static ohne eine schnelle Initialisierung

wenig Sinn macht. Voraussetzungen für die schnelle Lösung der Phasen­

mehrdeutigkeit und damit kurze Beobachtungszeiten sind:

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• Einsatz von Zweifrequenzgeräten

• Nutzung von Code- und Trägerphasenmessungen

mindestens vier, möglichst fünf oder mehr Satelliten in günstiger geo­

metrischer Konstellation

• eine geeignete Software zur schnellen Ambiguity-Lösung.

• Außerdem muß der Empfänger anzeigen, ob die bereits gewonnenen

Beobachtungen mit statistischer Wahrscheinlichkeit für eine Lösung der Phasenmehrdeutigkeit ausreichen.

• Die schnelle Ambiguity-Lösung ist bis Entfernungen von ca. 10 km

möglich.

• Abschattungen können die Beobachtungszeit deutlich verlängern.

• Bei kritischen Abschattungen müssen günstige Satellitenfenster gewählt

werden.

Genauigkeit: bis 10 km: 5 - 10 mm + 1 ppm.

Kontrolle: Zweitaufnahme mit neuer Referenzstation

Fazit:

Wegen der kurzen Beobachtungszeiten und cm-Genauigkeit im Entfer­

nungsbereich bis etwa 10 km ist Rapid-Static heute das Standardverfahren

bei der Verdichtung der Festpunktfelder vierter Ordnung und des KFP-Fel­

des sowie der Schaffung von Festpunktfeldern für Ingenieurprojekte. In der

Praxis wird derzeit der Entfernungsbereich auf ca. 6 km beschränkt.

Wiederbesetzung (Reoccupation)

Dieses Relativ-Verfahren wird angewendet, wenn aufgrund von Abschat­

tungen und wegen der Zahl und Geometrie der Satelliten eine Ambiguity­

Lösung nicht möglich ist.

Verfahren:

Wie bei Rapid Static wird mit den Rovern nur wenige Minuten beobachtet.

Die Referenzstation mißt kontinuierlich während der gesamten Messung

einschließlich Zweitbesetzung. Die Rover werden beim Transport zwischen

den Punkten abgeschaltet. Dieselben Punkte werden nach ein bis zwei Stun­

den bei möglichst veränderter Satellitenkonstellation ein zweites oder wei­

tere Male aufgestellt, um bei der Auswertung eine eindeutige Ambiguity-

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Lösung zu erhalten. Die weiteren Aufstellungen dienen aber nicht zur Genauigkeitssteigerung.

Das V erfahren entspricht einer Messung mit sehr vielen Satelliten und daher einer erleichterten Bestimmung der Phasenmehrdeutigkeiten in einer kürze­ren Zeit. Wirtschaftlich ist die Methode nur bei kurzen Distanzen zwischen den Stationen. Die Verwendung eines Zweifrequenzempfängers ist nicht notwendig und auch nicht sinnvoll.

Ergebnis:

Das V erfahren Wiederbesetzung liefert wie »Rapid Static« Differenzvekto­ren zwischen der Referenzstation und den Rovern im WGS 84.

Kontrollen:

Eine durchgreifende Kontrolle erfolgt durch unabhängige Zweitmessung mit einer anderen Referenzstation. Die Messungen der Wiederbesetzung dienen nur der Erleichterung der Ambiguity-Lösung, nicht für eine durch­

greifende Kontrolle.

Fazit:

»Reoccupation« wird auf Problempunkten eingesetzt, um die Phasenmehr­deutigkeiten auch bei Einsatz von Einfrequenzempfängern leichter lösen zu können. Wegen des hohen Zeitaufwands wird dieses Verfahren bisher kaum eingesetzt.

Stop and Go

»Stop and Go« findet Anwendung bei einer großen Zahl von Punkten auf engem Raum im offenen Gelände.

Verfahren:

Wie bei Rapid Static bildet ein Empfänger die Referenzstation. Die Rover bewegen sich von Station zu Station, werden aber dabei im Unterschied zu

Rapid-Static beim Transport zwischen den Punkten nicht abgeschaltet. Die

Ambiguity-Lösung bleibt während der Bewegung zum nächsten Punkt

erhalten.

Zu Beginn der Messung wird eine Ambiguity-Lösung (Initialisierung) durchgeführt. Hierzu gibt es mehrere Möglichkeiten:

a) Rapid-Static-Initialisierung

b) Stationierung der Referenzstation auf einem bekannten Punkt mit WGS

84-Koordinaten.

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Mitteilungsblatt DVW-Bayern 4/1996

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c) Antennenaustausch (Antenna swap) ohne Unterbrechung des Kontakts

der Antennen zu den Satelliten

Bedingungen für Stop and Go:

• Zweifrequenzgeräte, geeignete Software • Eine Unterbrechung des kontinuierlichen Kontakts der bewegten Emp­

fänger zu mindestens 4 Satelliten bedeutet den Verlust der Information

über die Phasenmehrdeutigkeit Bisher bedeutete dies ein mehrere Minu­ten dauerndes Verbleiben auf einem Punkt zur Neuinitialisierung. Seit

der Verfügbarkeit von OTF-Verfahren (»On the .Fly)« kann die Phasen­mehrdeutigkeit bereits wieder während der Bewegung zum nächsten Punkt automatisch gelöst werden.

Ergebnis: Differenzvektoren im WGS 84

Genauigkeit: 1 - 3 cm + 1 ppm

Kontrollen:

Schutz vor groben Fehlern wird durch Rückkehr der Rover auf den Start­punkt erreicht. Durch eine Zweitmessung mit geänderter Referenzstation ist eine weitere Kontrolle und Genauigkeitssteigerung möglich.

Fazit:

Das V erfahren »Stop and Go« bietet sich an bei .einer größeren Zahl eng

zusammenliegender Punkte, besonders im offenen Gelände. Die neuerdings verfügbare OTF-�nitialisierung macht das Verfahren aber auch bei Abschat­

tungen interessant. Von Vorteil sind die sehr kurzen Beobachtungszeiten bei

Genauigkeit im cm-Bereich.

Kinematisches Verfahren (True Kinematic)

Das Kinematische Verfahren dient zur Positionierung von bewegten Land-, Wasser- und Luftfahrzeugen bis zu Geschwindigkeiten von ca. 100 km/h bei Genauigkeitsanforderungen im Zentimeterbereich.

Verfahren: .

Das Verfahren ist weitgehend identisch mit dem Verfahren Stop and Go.

Wesentlicher Unterschied ist, daß die Rover-Empfänger dauernd in Bewe­

gung sind. Deshalb müssen die Positionen der Rover mit Zeitmarken identi­fiziert werden.

Die Phasenmehrdeutigkeiteil müssen zu Beginn der Messung gelöst werden (Initialisierung), wobei für eine schnelle Lösung Code- und Trägerphasen-

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messungen dienen. Zur Erhaltung der Mehrdeutigkeitslösung während der

Messung muß der Kontakt zu den bewegten Empfängern und den Satelliten

bestehen.

Reißt der Kontakt ab (Abschattungen, Störungen der Satellitenfunktion oder

zu hohe Geschwindigkeit), erfolgt eine neue Initialisierung. Hierbei braucht

nicht auf den Ausgangspunkt zurückgegangen werden. Wie beim Verfahren

»Stop and Go« hat auch hier die Initialisierung während der Bewegung

(Initialisierung »Ün the Fly«) wesentliche Fortschritte gebracht.

Genauigkeit: Wie bei Stop and Go

Bedingungen für das Verfahren Kinematic:

• Zweifrequenzgeräte zur schnellen Initialisierung

• geeignete Software

• günstige Satellitenkonstellation mit 5 oder mehr Satelliten

• möglichst kurze Strecken zwischen Referenz und Rover

• sehr hohe Speicherkapazität bei hohen Aufzeichnungsraten,

z. B. 1 Sekunde

Ergebnis:

Das Kinematische Verfahren liefert mit Zeitmarken vetsehene Differenz­

vektoren zwischen Referenz und Rover im WGS 84.

Fazit:

Wie das Verfahren >>Stop and Go« dürfte Kinematic bei massiveren

Abschattungen nur relativ selten sinnvoll einsetzbar sein. Die heute verfüg­

bare OTF-Initialisierung hat hier deutliche Verbesserungen gebracht.

Echtzeit-GPS

N avigation�verfahren in Echtzeit

Die GPS-Einzelpunktnavigation wurde von Anfang an als Echtzeitverfahren

zur Bestimmung von Position, Höhe, Kursrichtung und Geschwindigkeit

konzipiert.

Mitteilungsblatt DVW-Bayern 411996 587

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Bei dem bereits besprochenen Differentiellen GPS-Navigationsverfahren

(DGPS) kann die Auswertung je nach dem Zeitpunkt des Empfangs der Kor­

rekturdaten entweder nach der Messung (postprocessing) oder in (Quasi-) Echtzeit erfolgen (RT-DGPS).

z

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(dx d Referenz ' Y, d:z:J

WGS84

X

Relativ-GPS in Echtzeit

Rover y

Die im Vermessungswesen geforderte cm-Genauigkeit wird, wie bereits dargestellt, nur mit dem Relativ-Verfahren erreicht. Die auf der Referenz­station und den Rovern aufgezeichneten Daten werden in der Regel nach der Messung zusammengeführt und ausgewertet (post-processing). Unter gewissen Bedingungen kann die Auswertung heute auch bereits in Echtzeit erfolgen. Real-time GPS ist somit kein neues Meßverfahren. Vielmehr erfolgt lediglich die Auswertung in Echtzeit Mögliche Meßverfahren sind Rapid Static, Stop and Go und Kinematic. Einige Arbeiten des Vermes­sungswesens lassen sich ohne Echtzeitauswertung nicht realisieren (z. B. Absteckungen).

588 Mitteilungsblatt DVW-Bayern 4/1996 •

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Für Echtzeit-GPS mit cm-Genauigkeit werden die 11eßdaten des Referenz­

empfängers zum Rover per Funk übertragen, Korrekturdaten ermittelt und

die Differenzvektoren zwischen Referenzempfänger und Rover im WGS 84

berechnet. Auch GK-Koordinaten lassen sich in Echtzeit ermitteln, wozu

entweder für ein größeres Gebiet gültige Transformationsparameter verwen­det werden (Genauigkeit ca. 10 cm) oder eine ausreichende Zahl von Paß­punkten für eine Transformation vom WGS 84 in das örtlich gültige

Gebrauchs-GK-System zu bestimmen ist. Die Reichweite hängt von der

Geländegestalt und der Art der Datenübertragung zwischen Referenzstation

und Rover ab. Bei dichter Bebauung ohne direkte Sichtverbindung zwischen

den Funkstationen ist mit Schwierigkeiten zu rechnen. Außerdem wird die

Reichweite begrenzt von der Distanz, bis zu welcher die Phasenmehrdeutig­

keiteil gelöst werden können. Real-time-GPS mit cm-Genauigkeit ist derzeit

bis max. etwa 10 km möglich.

Bedingungen für GPS mit cm-Genauigkeit sind:

- fünf oder mehr Satelliten mit gutem GDOP (günstige Geometrie)

- Funkverbindung muß bestehen

- die Phasenmehrdeutigkeit muß lösbar sein

Genauigkeit: Static: 5 mm + 1 ppm, Rapid Static: 5 - 10 mm + 1 ppm,

Stop and Go, Kinematic: 10 mm + 2 ppm.

Punktauswahl •

Bei der Auswahl von GPS-Punkten spielen ihre spätere praktische Nutzbar­

keit, die Empfangsqualität der Satellitensignale und die Möglichkeit der

Transformation der Ergebnisse in das Gebrauchskoordinatensystem eine

Rolle.

Bezüglich der praktischen Nutzbarkeit von GPS-Punkten ist auf leichte

Erreichbarkeit mit dem Fahrzeug und schnelles Auffinden zu achten. Darü-.. ber hinaus ist die Sicherheit der Vermarkung und eine leichte Uberprüfbar-

keit auf unveränderte Punktlage wichtig. Mit Rücksicht auf spätere terrestri­

sche Anschlußmessungen sollte mindestens ein koordiniertes Anschlußziel •

sichtbar sein. Bei Referenzstationen sollte aus Kostengründen darauf geach-

tet werden, daß die Ausrüstung möglichst unbeaufsichtigt bleiben kann.

Außerdem muß eine zuverlässige Stromversorgung gewährleistet sein. Eine Aufstellung des Referenzempfängers auf einem koordinatenmäßig bekann­ten Punkt ist nicht unbedingt notwendig. Wichtiger ist ein guter Empfang ohne Abschattung.

Mitteilungsblatt DVW-Bayern 411996 589

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Die Empfangsqualität der Satellitensignale hängt ab von

• Abschattungen durch Bauwerke, Bewuchs usw.,

• Reflexionen an Gebäuden, Drahtgittern usw.(»Multipath«),

• Rückkoppelungen des GPS-Antennensignals mit Kabeln,

• elektromagnetischen Feldern von Stromkabeln und

• Interferenzen von Mikrowellen-Kommunikationssignalen (z. B. Richtfunkstrecken).

Deshalb sind bei der Punktauswahl über die Beachtungen von Abschattun­

gen hinaus folgende Vorsichtsmaßnahmen zu empfehlen:

• Möglichst keine Messungen auf Punkten in der Nähe von evtl. reflek­tierenden Oberflächen, z. B. Drahtgeflechtzäune, Gebäude mit Metall­

verkleidung, große Gas- oder W assertanks, große Hinweisschilder aus Metall, asphaltierte Parkplätze, parkende Autos.

• Keine Messung direkt unter Freileitungen. Abstand zu Starkstromleitung�n mindestens 100 m. (Anm.: Nach Herstellerangaben sollen Empfänger der neuesten Generation

auch Messungen unter Hochspannungsleitungen erlauben.)

• Nähere Umgebung von Mikrowellensendem möglichst meiden.

Für die Punktauswahl ist auch die Möglichkeit einer sachgemäßen Trans­

formation der WGS-84-Koordinaten in das GK-Gebrauchskoordinatensy­

stem relevant, wozu GPS-Messungen auf mindestens drei Vergleichspunk­ten nötig sind, die nicht auf einer Geraden liegen. In der Praxis werden über

das gesamte Meßgebiet gleichmäßig verteilte Transformationspunkte ausge­

wählt, die das Feld der Neupunkte möglichst vollständig einschließen. Evtl.

vorhandene Punkte des DREF-Bezugssystems mit seinen Verdichtungs­

stufen sind dabei bevorzugte Paßpunkte, weil sie neben dem Übergang nach

GK auch den Anschluß an das national und europaweit einheitlich definierte

GPS-Bezugssystem (siehe nächster Abschnitt) ermöglichen.

Bezugssysteme ·

Jede Vermessung benötigt Anschlußpunkte im zugrundeliegenden Koordi­

natensystem. Bei Vermessungen mit GPS dienen die Satelliten mit ihren

dreidimensionalen WGS 84-Koordinaten als Anschlußpunkte. Deshalb lie­

fert GPS das Ergebnis im WGS 84. Das in den Festlegungen des WGS 84

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enthaltene dreidimensionale orthogonale Koordinatensystem mit Ursprung im Erdmittelpunkt ist genähert erdfest, rotiert also (quasi fix) mit der Erde gegenüber dem Weltraum.

Die Bewegung der Satelliten ist nur von den im Weltraum auf sie wirkenden

Kräften abhängig und wird zunächst in einem Koordinatensystem berechnet, das quasi fix mit dem Weltraum (den Fixsternen) verbunden ist. Um die Koordinaten der Satelliten im WGS 84 zu erhalten, ist eine Transformation

der Koordinaten vom weltraumfesten zum erdfesten Koordinatensystem nötig, bei der die Lage der Erdrotationsachse im Weltraum und insbesonde­re die Rotationsgeschwindigkeit der Erde eine wichtige Rolle spielen.

Beim WGS 84 ist das quasi-erdfeste System durch die Koordinaten der fünf Stationen des sog. »Kontrollsegments« (siehe Beitrag Schließer) repräsen­

tiert. Dieses System ist mit einer Genauigkeit von ein bis zwei Metern (ohne

Selected Availability, SA) realisiert, was für praktische Aufgaben der Navi­gation vollkommen ausreichend ist. Die globale Plattentektonik mit Bewe­gungsraten von zwei bis fünfzehn cm pro Jahr kann beim WGS 84 somit vernachlässigt werden.

Aus den Koordinaten der Kontrollstationen und den vom Kontrollsystem durchgeführten Beobachtungen werden die Satellitenkoordinaten in ihrer zeitlichen Abfolge (Ephemeriden) bestimmt. Ein GPS-Nutzer berechnet nun aus den Satellitenephemeriden und seinen eigenen Beobachtungen seine Position, die somit niemals genauer als ein bis zwei Meter sein kann.

Das IERS Terrestrial Reference Frame, ITRF

Für Vermessungen mit cm-Genauigkeit muß auch das zugrundeliegende

Bezugssystem durch Punkte entsprechender Koordinatengenauigkeit festge­legt sein, was wegen der genannten Plattentektonik mit jährlichen Bewe­gungen von bis zu 15 cm sicherlich nicht einfach zu verwirklichen ist. Die­

ser Aufgabe hat sich der Internationale Erdrotationsdienst (IERS- Interna­tional Earth Rotation Service) angenommen und ein weltweites Netz von über hundert Beobachtungsstationen eingerichtet, deren Koordinaten durch globale Verfahren (z. B. SLR = Satellite Laser Ranging, VLBI = Very Long

Baseline Interferometry, LLR =Lunar Laser Ranging usw.) bestimmt wer­

den. Die Koordinaten dieser Stationen des IERS definieren das Interna­

tionale Terrestrische Bezugssystem (ITRF = International Terrestrial Refe­

rence Frame).

Die ITRF-Koordinaten weisen eine Genauigkeit im Bereich weniger cm auf und verändern sich wegen der Plattentektonik ständig. In diesem Zusam­

menhang von Bedeutung ist, daß das ITRF und das WGS 84 im Rahmen

Mitteilungsblatt DVW-Bayern 411996 59 1

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ihrer jeweiligen Genauigkeit übereinstimmen, so daß das genauere ITRF an die Stelle des WGS 84 treten kann. Die repräsentativ für je ein Jahr berech­neten ITRF-Koordinaten müssen deshalb mit Jahreskennungen versehen werden.

Das European Terrestrial Reference Frame = ETRF

Cagliarig)

IRoumellil �

• stationäres Lasersystem o moblies Lasersystem • stationäres VLBI-System o moblies VLBI-System

Der auf der eurasischen Platte liegende Anteil des ETRF mit seinen Koordi­naten zur Epoche 1989.0 diente, ergänzt durch weitere mobile VLBI-Statio­nen, zur Definition des Europäischen Terrestrischen Bezugssytems ETRF

. .

(European Terrestrial Reference Frame). Das ETRF besteht aus rund 20 Punkten mit einem Abstand vom mehreren hundert bis über tausend Kilo­

meter.

Das European Reference Frame 1989 = EUREF-89 = »A-Netz«

Ausgehend von den Koordinaten der rund 20 Stationen des ETRF wurde

1989 eine erste Verdichtung des europäischen Bezugssystems durch GPS­

Messungen durchgeführt. Dieses Bezugssystem mit der Bezeichnung

EUREF-89 besteht aus 93 Punkten in 17 europäischen Ländern mit einem

Punktabstand von rund 200 bis 500 km.

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. ß ..

Die Punkte des EUREF-89 bilden das GPS-Netz der Hierarchiestufe A, das sog. »A-Netz«. In Bayern und seinen Randbereichen liegen vier Punkte des A-Netzes (Bayer. LV A, 1995, S. 25).

Das DREF 9 1 (Deutsches GPS-REFerenznetz) = »B-Netz«

Eine weitere Verdichtung des EUREF-89 im Jahre 1991 mit GPS-Messun­gen lieferte einen Festpunktrahmen mit Punktabständen von rund 40 bis

etwas über 100 km. In Bayern und seines Randbereichen liegen 23 DREF­Punkte, das sog. »B-Netz« (Bayer. LV A, 1995, Seite 25). Das »B-Netz« ist

in der Abbildung zum Statischen Verfahren dargestellt. Die dunklen Punkte

sind die EUREF-Punkte, die hellen Punkte die Neupunkte.

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Mitteilungsblatt DVW-Bayern 4/1996 593

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Das »C-Netz«

Eine weitere Verdichtungsstufe mit der Bezeichnung »C-Netz« wird von

den Landesvermessungsbehörden der Länder mit Punktabständen von etwa

20 bis 25 km bestimmt. In Bayern sind die Messungen für die rund 140

Punkte des C-Netzes Anfang 1995 abgeschlossen worden (Bayer. LV A, .

1995, S. 25).

Das »D-Netz«

Für praktische Arbeiten im Lagefestpunktfeld werden derzeit vom Bayer.

Landesvermessungsamt im Anschluß an das C-Netz mit hoher Genauigkeit (Verfahren »STATIC«) geeignete Zentralpunkte im Abstand von etwa 10

bis 12 km bestimmt. Diese Punkte bilden das sog. »D-Netz« und dienen der weiteren Verdichtung des Lagefestpunktfeldes bis herunter zum KFP-Feld

in einem Umkreis von bis zu ca. fünf km um den Zentralpunkt Das bedeutet, daß mit Hilfe des D-Netzes neue GPS-Punkte mit dem schnel-

.

len V erfahren » Rapi.d-Static« im europaweit einheitlich definierten Refe-

renzsystem ETRF bestimmt werden können. Hier ist zu bemerken, daß die Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwal­

tungen der Länder der Bundesrepublik Deutschland (AdV) im Jahre 199 1

beschlossen hat, » ... das System ETRF als einheitliches, europaweit gelten­

des, gemeinsames, auch für die Basisinformationssysteme Landesvermes­sung und Liegenschaftskataster geltendes Bezugssystem einzuführen, um

eine über die Landesgrenzen hinausgehende interdisziplinäre Bereitstellung und Verarbeitung von boden- und raumbezogenen Daten zu gewährleisten«.

Für praktische Zwecke können die dreidimensionalen ETRF-Koordinaten mit der durch den Abstand der benutzten ETRF-Punkte gegebenen räumli­

chen Auflösung in ebene rechtwinklige Koordinaten (GK, UTM) umge­

rechnet werden. Bei Anschluß an D-Netz-Punkte sind dies Bereiche mit

einer Ausdehnung von ca. drei bis sechs km. Abweichungen zu den örtlichen GK-Gebrauchskoordinaten zeigen die Netz­spannungen auf. Für den örtlichen Anschluß von Kataster- und Ingenieur­vermessungen an ein ETRS-Gebrauchsnetz (heute GK) dürften noch

umfangreiche Neumessungen des KFP-Feldes mit GPS im ETRF notwendig 0

se1n.

DGPS - Dienste

Bei DGPS als Navigationsverfahren mit einer Genauigkeit von 0,5 m bis einige m sowie bei Relativ-GPS mit cm-Genauigkeit werden, wie bereits

erwähnt, Beobachtungen auf einer Referenzstation benötigt. Bisher wurden

594 Mitteilungsblatt DVW-Bayern 4/1996

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die Referenzstationen meist mit eigenen GPS-Empfängem besetzt. Für die

Zukunft zeichnet sich aber ab, daß verstärkt auf die Daten von permanent

arbeitenden Referenzstationen zurückgegriffen werden kann.

Dabei können folgende V orgehensweisen unterschieden werden:

• Die von einem Betreiber vorgehaltenen Daten der R�ferenzstation

werden für nachträgliche Berechnungen (Postprocessing) verwendet. • Die Streckenkorrektionen der Referenzstation werden in Echtzeit

genutzt (normales DGPS). • Streckenkorrektionen der Referenzstation und zusätzlich Träger­

phasenglättungeil auf der bewegten Station (carrier smoothed DGPS)

werden genutzt. • pie auf der Referenzstation gemessenen Trägerphasendaten werden in

Echtzeit genutzt.

DGPS-Dienste für Navigation, GIS-Datenerfassung, Umwelt usw.

DGPS-Dienste für den Genauigkeitsbereich von bestenfalls 1 m (Naviga­

tion, GIS, Umwelt, Polizei, Verkehrsleitsysteme usw.) werden weltweit von

kommerziellen Anbietem, den für See-, Luft- und Landverkehr zuständigen • •

Behörden und von den Vermessungsverwaltungen aufgebaut. Die Ubertra-

gungsrate für die Korrekturdaten beträgt je nach Satellitenzahl und Zeittakt . 50 bis etwa 200 Bit pro Sekunde, so daß zur Übertragung neben UKW auch

die weitreichenden Lang- und Mittelwellensender geeignet sind. Dabei wird

ein international vereinbartes Datenformat, das RTCM - Format (Radio Technical Committee for Marine Services), benutzt. Die Reichweite beträgt

• •

einige hundert Kilometer. Globale DGPS-Dienste nutzen zur Ubertragung

der Korrekturdaten die maritimen Kommunikationssatelliten INMARSA T.

In der BRD wird für diesen Genauigkeitsbereich von der AdV der EPS (Echtzeit-Positionierungs-Service) mit einer Genauigkeit von ein bis drei m

aufgebaut. Für Bayern ist die Nutzung von EPS bereits nahezu landesweit möglich.

Derzeit sendet der Bayer. Rundfunk die Daten über seine UKW-Sender München-Ismaning und Dillberg bei Nürnberg aus. Benötigt wird ein UKW-Rundfunkempfänger für den Sender Bayern 3 im RDS (Radio Data System), ein RDS-Decoder, der das Format RTCM liefert, und ein GPS­Empfänger mit RTCM-Eingang. Einige Hersteller bieten gebrauchsfertige Lösungen an. Daneben entsteht in Zusammenarbeit zwischen dem Institut

für Augewandte Geodäsie in Frankfurt und der Deutschen TELEKOM ein

DGPS-Dienst auf Langwelle. Die Endgeräte dürften demnächst verfügbar •

se1n.

Mitteilungsblatt DVW-Bayern 411996 595

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Präzise DGPS-Dienste (PDGPS-Dienste) •

Bei Genauigkeitsanforderungen im cm-Bereich sind, wie bereits erwähnt,

Trägerphasenmessungen und eine Lösung der Mehrdeutigkeiten auf der

Nutzerseite nötig. Dazu müssen die Trägerphasenbeobach�ungen der Refe­

renzstationen zum Nutzer übertragen und dort in Echtzeit zusammen mit den • •

Nutzerdaten ausgewertet werden. Da die hier notwendige Ubertragungsrate • •

von etwa 2.400 Bits pro Sekunde Ubertragungskanäle im Dezimeter- und Meterband (VHF, UHF) erfordert, liegen derzeit die wesentlichen Engpässe

in der V erfügbarkeit geeigneter Kommunikationskanäle.

Die AdV baut derzeit neben dem bereits genannten EPS drei präzise DGPS­

Dienste auf, nämlich

• HEPS (Hochpräziser Echtzeit- Positionierungs-Service), Genauig-

keit 1 - 5 cm, Korrekturdatenübertragung samt Trägerphasen über Funk

im 2 m- Band. In Deutschland sind derzeit etwa 14 Referenzstationen für HEPS in Betrieb. Bayern betreibt seit 1995 eine entsprechende Refe­

renzstation. Ein eigener Sender für den Münchner Raum strahlt die Kor­

rekturen aus, Reichweite ca. 20 km.

• GPPS (Geodätischer Präziser Positionierungs-Service ), Genauigkeit 1 cm, Postprocessing nach ca. 15 Min., Wählverbindung. Deutschland­

weit sind derzeit rund 60 Referenzstationen in Betrieb oder im Aufbau.

Teilbereiche des Bundesgebiets sind bereits flächendeckend versorgt.

Das Bayer. Landesvermessungsamt betreibt bereits seit 1995 eine geeig­

nete hochgenaue Referenzstation.

• GHPS (Gedätischer Hochpräziser Positionierungs-Service), Genau-igkeit besser 1 cm, Postprocessing, Verwendung von präzisen Satelliten­ephemeriden.

Qualitätssicherung

Für den Vermessungsfachmann ist auch beim »High-Tech«-Verfahren GPS

vermessungstechnische Sorgfalt unerläßlich. Dazu gehören eine stabile Ver­markung, eine eindeutige Punktbezeichnung sowie eine exakte Zentrierung und Horizontierung. Besondere Aufmerksamkeit muß der Messung und

Dokumentation der Antennenhöhe gelten, weil GPS vom Prinzip her ein

3D-V erfahren ist.

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. Lange Basislinien sollten bei Nacht beobachtet, bei den schnellen Verfahren nach Möglichkeit günstige Beobachtungsfenster und keine zu langen Punkt­

ketten pro Beobachtungsfenster gewählt werden.

Unabhängige Kontrollen durch Doppelmessungen, Schleifenschlüsse oder

Kombination mit klassischen terrestrischen V erfahren bleiben nach wie vor

eine Selbstverständlichkeit für den V ermessungsfachmann. Dies gilt be­sonders auch für die heute in großer Breite angewendeten »schnellen« Ver­fahren.

Literatur:

·Bauer, M.:

Bayerisches

Landesvermessungsamt

Euler, H. -1.:

Hankemeier, P.:

Illner, M.:

Illner, M.:

Nagel, E.:

Pahler, K.:

Seeber, G.:

Sigl, R.:

GPS-Meßtechniken und Auswerteverfahren in kleinräumi­

gen Netzen, Der Vermessungsingenieur, 2/96.

»Das Bayer. Landesvermessungsamt«, Heft 12

der Schriftenreihe der Bayer. V ermessungsverwaltung,

S. 24-27,München, 1995.

Statische I Kinematische Echtzeitvermessung mit GPS,

in: GPS-Leistungsbilanz "94,

DVW-Schriftenreihe, 18, 1995.

DGPS-Dienste der Vermessungsverwaltungen,

SPN, 3/1995.

GPS-Systembeschreibung, in: GPS-Leistungsbilanz

"94, DVW-Schriftenreihe, 18, 1995.

Aspekte der Planung von GPS-Beobachtungen,

in: GPS-Leistungsbilanz "94,

DVW-Schriftenreihe, 18, 1995.

Das Globale Positionierungssystem (GPS) und sein

Einsatz im V ermessungswesen,

Mitteilungsblatt des DVW-Bayern, 111989.

Satellitengestützte Positionierungsdienste der Bayer.

Vermessungsverwaltung - Hilfsmittel zur Erfassung

von Geodaten, Vortrag bei der 10. Informationsveranstal­

tung über Graphische Datenverarbeitung, München, 1996 .

Grundprinzip der Vermessung mit GPS,

Der Vermessungsingenieur, 2/96.

Satellitenpositionierung - Bearbeitung geodätischer

Festpunktfelder in der Zukunft,

Mitteilungsblatt des DVW-Bayern, 111989.

Mitteilungsblatt DVW-Bayern 411996 597