Graphische Statik räumlicher Kräftesysteme mit Hilfe der dualen Kräfteabbildung

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2. angew.Math.Meoh. Bd. 20 Nr. 3 Juni 1940 174 S a u e r , Graphische Statik rgumlicher Kdftesysteme gelten. Das deckt sich aber vollstlndig rnit der zuvor abgeleiteten Bedingung G1. (12). Im Diagramm (Bild 10) bedeutet das, dab die anfilngliche Steilheit der Y-Kurve kleiner als 45O sein SOU, denn nur dann ist bei dem vorliegenden Kurventyp kein Schnittpunkt mbglich. 6. Zusammentassung. Jeder Kreisel ,besitzt restliche Unwuchten, die beim Lauf Zentri- fugalmomente hervorrufen. Es ist untersucht worden, wie die Trilgheikmomente eines Kreisel- geriites zu wilhlen sind, damit die durch die Zentrifugalmomente erregten Schwingungen niljglichst klein bleiben. Damit keine Resonanz von Kreiseldrehung und Nutationsfrequenz auftritt, muP zwischen den Tragheitsmomenten des Kreiselkbrpers und denen der kardanischen Hiingung die Beziehung (12) erfiillt sein. Diese Bedingung besagt, dab das Trilgheitsnioment der Hilngung eine bestimmte Mindestgrbfie haben muk. 1st das nicht der Fall, so kann man die Bedingung durch VergrOfierung der Trilgheitsmomente der Hlngung nachtrilglich befriedigen. Dabei ist ein Vergrbfiern des Trilgheitsmomentes der Kreiselkappe wirksarner, als ein Ver. grbfiern des Trilgheitsrnomentes des Kardanringes. Die Resonanzkurve eines Kreiselgeriltes rnit elastischer Kreiselwelle behiilt mindestens eine Unendlichkeitsstelle, die bei t)bereinstimmung der durch die elastische Welle ver- ursachten Querschwingung mit der Umlauffrequenz des Kreisels auftritt. Ihre Lage wird durch die Wirkung der Kreiselkrilfte etwas verschoben. Der verliingerte Kreisel ist ungiinstig, da fiir ihn eine meist sehr hoch liegende zweite Resonanzstelle auftritt. Aber auch Kreiselkbrper rnit kugelfbrmigern Tr!igheitsellipsoid sind unbrauchbar, da fiir sie die wahrscheinliche GrOPe des durch Herstellungsfehler hervor- gerufenen Fehlerwinkels zwischen Symmetrieachse und Haupttrlgheitsachse am grbfiten ist. Dieser Fehlerwinkel ist aber fiir den Lauf oberhalb der kritischen Drehzahl mafigebet~d. Das giinstigste Trilgheit smomentenverhilltnis fiir einen syrnnietrischen Kreiselkbrper 14.8 12 liegt etwa bei 1/B und ist unabhilngig von der Elastizitilt der Kreiselwelle. Graphische Statik raumlicher Kraftesysteme mit Hilfe der dualen Krafteabbildung. Von Robert Sauer ill Aachen. nter einer projektiven Krilfteabbildung') versteht man eine ebene oder riiumliche Ab. U bildung von Krilften, bei der die Wirkungslinien aller Krlfte projektiv transformiert werden und jedes Gleichgewichtssystem wieder in ein Gleichgewichtssystem iibergeht. In der vorliegenden Arbeit wird eine beeonders einfache projektive Krlfteabbildung, die d u a1 e K r ii f t e a b b i 1 d u n g , eingefiihrt und zur Lbsung der Grundaufgaben der graphischen Statik rtiumlicher Krilftesysteme benutzt. Dabei zeigt sich, dab die duale Abbildung die friiher von R. v. MisesP) und von W. Pragera) angegebenen Abbildungen in einer besonderen Weise miteinander verkntipft, indem die Kraftvektoren eines Bundels nach v. Mises und die Momentvektoren eines Biindels nach Pr ag e r transforrniert werden. Durch diese Verkoppelung der M i s e s schen und Pr a g e r schen Abbildungen, die sich zwangslilufig aus dem Begriff der dualen Krilftetransformation ergibt, werden die Konstruktionen der graphischen Statik rlum- licher Krilftesysteme erheblich vereinfacht. 1. Pliickersche Kraftkoordinaten. Wir erinnern zunachst an die bekannte Darstellung einer an einern starren Kbrper angrei fenden Kraft (eines ,linienfliichtigenu Vektors) durch Pluckersche Koordinaten (Bild 1): Der in der Wirkungslinie g angreifende Kraftvektor wird bei Annahme eines festen Nullpunktes 0 in ein. deutig bestimmter Weise ersetzt durch den nach 0 parallel verschobenen Kraftvektor r und das Kriiftepaar rnit dem Momentvektor den wir ebenfalls von 0 aus antragen wollen; r ist der Ortsvektor eines beliebigen Punktes A der Wirkungs- linie g. Die 2x3 Koordinaten der Vektoren €,f in einem rechtwinkeligen Koordinatensystem mit 0 als Nullpunkt, nilmlich k,, Ic, , k, , k, , k, , %, , nennen wir die P 1 ii c k e r. - f=rXf . . . . . . . (l), Bild 1. 1) R. Sauer: Math. Ann. Bd. 110 (1934). 8. 464 bjs 472 n. 2. angew. Math. Meah. Bd. 14 (1934), 9. 193 bis 198. 2) 2. Math. u. Phys. Bd. 64 (1917), 8. 2U9 bis 232 U. 2. angew. Math. Mech. Bd. 4 (19241, 8. 212. 3) 2. angew. Math. Mech. Bd. 16 (1926). 8. 341 bin 865.

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2. angew.Math.Meoh. Bd. 20 Nr. 3 Juni 1940 174 S a u e r , Graphische Statik rgumlicher Kdftesysteme

gelten. Das deckt sich aber vollstlndig rnit der zuvor abgeleiteten Bedingung G1. (12). Im Diagramm (Bild 10) bedeutet das, dab die anfilngliche Steilheit der Y-Kurve kleiner als 45O

sein SOU, denn nur dann ist bei dem vorliegenden Kurventyp kein Schnittpunkt mbglich.

6. Zusammentassung. Jeder Kreisel ,besitzt restliche Unwuchten, die beim Lauf Zentri- fugalmomente hervorrufen. Es ist untersucht worden, wie die Trilgheikmomente eines Kreisel- geriites zu wilhlen sind, damit die durch die Zentrifugalmomente erregten Schwingungen niljglichst klein bleiben. Damit keine Resonanz von Kreiseldrehung und Nutationsfrequenz auftritt, muP zwischen den Tragheitsmomenten des Kreiselkbrpers und denen der kardanischen Hiingung die Beziehung (12) erfiillt sein. Diese Bedingung besagt, dab das Trilgheitsnioment der Hilngung eine bestimmte Mindestgrbfie haben muk. 1st das nicht der Fall, so kann man die Bedingung durch VergrOfierung der Trilgheitsmomente der Hlngung nachtrilglich befriedigen. Dabei ist ein Vergrbfiern des Trilgheitsmomentes der Kreiselkappe wirksarner, als ein Ver. grbfiern des Trilgheitsrnomentes des Kardanringes.

Die Resonanzkurve eines Kreiselgeriltes rnit elastischer Kreiselwelle behiilt mindestens eine Unendlichkeitsstelle, die bei t)bereinstimmung der durch die elastische Welle ver- ursachten Querschwingung mit der Umlauffrequenz des Kreisels auftritt. Ihre Lage wird durch die Wirkung der Kreiselkrilfte etwas verschoben.

Der verliingerte Kreisel ist ungiinstig, da fiir ihn eine meist sehr hoch liegende zweite Resonanzstelle auftritt. Aber auch Kreiselkbrper rnit kugelfbrmigern Tr!igheitsellipsoid sind unbrauchbar, da fiir sie die wahrscheinliche GrOPe des durch Herstellungsfehler hervor- gerufenen Fehlerwinkels zwischen Symmetrieachse und Haupttrlgheitsachse am grbfiten ist. Dieser Fehlerwinkel ist aber fiir den Lauf oberhalb der kritischen Drehzahl mafigebet~d.

Das giinstigste Trilgheit smomentenverhilltnis fiir einen syrnnietrischen Kreiselkbrper 14.8

12

liegt etwa bei 1/B und ist unabhilngig von der Elastizitilt der Kreiselwelle.

Graphische Statik raumlicher Kraftesysteme mit Hilfe der dualen Krafteabbildung.

Von Robert Sauer i l l Aachen. nter einer projektiven Krilfteabbildung') versteht man eine ebene oder riiumliche Ab. U bildung von Krilften, bei der die Wirkungslinien aller Krlfte projektiv transformiert

werden und jedes Gleichgewichtssystem wieder in ein Gleichgewichtssystem iibergeht. In der vorliegenden Arbeit wird eine beeonders einfache projektive Krlfteabbildung, die d u a1 e K r ii f t e a b b i 1 d u n g , eingefiihrt und zur Lbsung der Grundaufgaben der graphischen Statik rtiumlicher Krilftesysteme benutzt. Dabei zeigt sich, dab die duale Abbildung die friiher von R. v. MisesP) und von W. Prage ra ) angegebenen Abbildungen in einer besonderen Weise miteinander verkntipft, indem die Kraftvektoren eines Bundels nach v. Mises und die Momentvektoren eines Biindels nach Pr a g e r transforrniert werden. Durch diese Verkoppelung der M i s e s schen und Pr a g e r schen Abbildungen, die sich zwangslilufig aus dem Begriff der dualen Krilftetransformation ergibt, werden die Konstruktionen der graphischen Statik rlum- licher Krilftesysteme erheblich vereinfacht.

1. Pliickersche Kraftkoordinaten. Wir erinnern zunachst an die bekannte Darstellung einer an einern starren Kbrper angrei fenden Kraft (eines ,linienfliichtigenu Vektors) durch P l u c k e r s c h e K o o r d i n a t e n (Bild 1):

Der in der Wirkungslinie g angreifende Kraftvektor € wird bei Annahme eines festen Nullpunktes 0 in ein. deutig bestimmter Weise ersetzt durch den nach 0 parallel verschobenen Kraftvektor r und das Kriiftepaar rnit dem Momentvektor

den wir ebenfalls von 0 aus antragen wollen; r ist der Ortsvektor eines beliebigen Punktes A der Wirkungs- linie g. Die 2 x 3 Koordinaten der Vektoren €,f in einem rechtwinkeligen Koordinatensystem mit 0 als Nullpunkt, nilmlich k,, Ic , , k, , k, , k, , %, , nennen wir die P 1 ii c k e r .

- f = r X f . . . . . . . (l),

Bild 1.

1) R. S a u e r : Math. Ann. Bd. 110 (1934). 8. 464 bjs 472 n. 2. angew. Math. Meah. Bd. 14 (1934), 9. 193 bis 198. 2) 2. Math. u. Phys. Bd. 64 (1917), 8. 2U9 bis 232 U. 2. angew. Math. Mech. Bd. 4 (19241, 8. 212. 3) 2. angew. Math. Mech. Bd. 16 (1926). 8. 341 bin 865.

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Z. angew. Math. Mech. 17k Bd. 20 Nr. :i Juni 1910 s a u e r , Graphisohe Statilt rtiumlicher Krlftesysteme

schen Koordinaten der gegebencn Kraft und fassen sie im Symbol

zusammen. R = € , V = k , , k , , k 3 , % , , E 2 , Z 3

Die P1 ii c k e r schen Koordinaten sind an die aus (1) folgende notwendige Bedingung

0 = f f = k , Z, + k , c , + k , Z, . . . . . . . . . . . (2) gebundtm Jm tibrigen aber sind sie willkurlich vorgebbar, d, h. irgend 6 Zahlen, die nicht alle verschwinden uad der Nebenbedingungen (2) geniigen, bestimmen stets genau eine Kraft R als P 1 u c k e r sche Koordinaten.

S o n d e r f a l l e : a) !+3 = p , 0 (d. 11. Mornentvektor @ = 0) stellt eine Kraft dar, deren Wirkungslinie g durch

den Nullpunkt 0 geht. b) 1132 = 0 , s (d. 11. Kraftvektor m = 0) stellt ein Kraftepaar dar mit dem Momentvektor E.

Als Wirkungslinie betrachten wir in diesem Fall die unendlich ferne Schnittgerade der zu E senkrechten Parallelebenenschsr.

2. Definition der dualen Krltteabbildung. Wir definieren die d u a 1 e K r 5i f t e a b b i 1 d u n g durch die Gleicliungen

- - - k ' , = k , , k ' ,=k , , k f 3 = E 3 , E l = c k 1 , k ' , = c & , k ' , = c k , ( c + O ) . . . (3).

Sie ordnet jeder h a f t R = €, f mit den Koordinaten ki, & umkehrbar eindeutig eine Bildkraft $V=€',F mit den Koordinaten k'i,x'i zu; denn wenn die ki,%i Kraftkoordinaten sind und daher die Bedingung (2) erfullen, gilt nach (3) auch

If? = k', L',+ k', I f , + k ' 3 P s = c (k , I, + k, Z,+ Z, k,) = c f I = O , d. h. auch die k'i,Zfi sind Kraftkoordinaten. Der Faktor c in (3) ist eine beliebige niclitver- schwindende Konstante, die je nacli den Mafiverhiiltnissen der vorliegenden Aufgabe zweck- mabig gewillrlt werden kann.

Fur das Folgende geniigt es, die geometrische Bedeutung der dualen Krilfteabbildung nur fiir die beiden Sonderfillle a) und b) der Nr. 1 anzugeben:

a) KrOf te p = p , O d e s B t i n d e l s 0. Aus f i = 0, d. h. y1 =F, =& = 0 und aus (3) folgt fur die Bildkraft !#'= p,' F:

P'l= P1 1 P * 2 =PI 7 $3 = c I) , ; p f 3 =Fi = j '2 = 0 . . . , . . (4).

Wegen Wirkungslinie g' des Bildkraftvektors p' in der XY-Ebene. Wir liaben damit den Satz:

= j7, = 0 liegt der Momentvektor p' der Bildkraft in der 2- Achse und demnach die

D i e d u a l e K r a f t e a b b i l d u n g t r a n s f o r m i e r t d i e K r i i f t e p=p,O, d. h. s B m t l i c h e K r a f t e d e s R a u m s , d e r e n W i r k u n g s l i n i e n g d e n P u n k t 0 e n t h a l t e n , i n d i e K r a f t e V'=p', @', d e r e n W i r k u i i g s l i n i e n g' i n d e r X Y - E b e n e l i e g e n ( = K r & f t e I e l d d e r XY-Ebene) .

AuQerdem ergibt sich aus (4) folgende K o n s t r u k t i o n d e r B i l d k r a f t p' (Bild 2): Der Grundrifi des Kraftvektors p in der X Y-Ebene liefert Gr6fie und Richtung des Bildkraft- vektors p'. Die Wirkungslinie g' des Bildkraftvektors p' ist parallel zum Grundrifi der Wirkungslinie g der gegebenen Kraft im Abstand OG' = c tg (p = spitzer Neigungswinkel von g gegen die XY-Ebene). Die Vektoren F6', p', p bilden eio Rechtssystem.

Bild 2 (links).

Bild 3 (rechts).

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2. angew. Math. Meoh. Bd. 21) Nr. 3 Juni 1940 176 S a u e r , Graphische Statik rPumlicher Krtlftesystelne

Die Wirkungslinie g' der Bildkraft hat hiernacli die Gleichung p2x-p,tj-cy,=*. . . . . . . . . . . (5).

Ausnnhmefall: Die Krtifte '!# mit der 2-Achse als Wirkungslinie pl=p, = 0, QI = k 3 bilden sich wegen

p f i =p' , =yfS = O ab in die Kraftepaare !?Y der XZ-Ebene; die z-Koordinate pa der gegebeneii Kraft p bestimmt das Moment $3 = cp , des Bildkraftepaars p'.

( "1 b) K r l f t e p a a r e %lI=O,i i i . Aus m = 0 , d. 11. m,=m,=m,=O und aus (3) folgt ftir die Bildkraft 'iDI'=m',iit':

(6). I -r - -, - - W L ' , = C W ~ ~ , m , = c m , , m r 3 = Z S ; m ' , = w b 2 = m 3 = 0 . . . . .

Wegcn m', = m', = 0 steht der Bildkraftvektor m' senkrecht auf der XY-Ebene und wir

D i e d u a l e K r l f t e a b b i l d u n g t r a n s f o r m i e r t d i e K r i i f t e 'iDI=O, E, d. h. s i i m t l i c h e K r L f t e p a a r e d e s R a u m s , i n d i e K r l f t e 'iDI'=m',ml, d e r e n W i r k u n g s l i n i e n h', s e n k r e c h t a u f de r X Y - E b e n e s t e h e n ( = P a r a l l e l - k r l f t e b t k n d e l s e n k r e c h t z u r XY-Ebene) .

AuDerdem ergibt sich aus (6) folgende K o n s t r u k t i o n d e r B i l d k r a f t W (Bild 3): Die zKomponente des Momentvektors E liefert GrBfie und Richtung des Bildkraftvektors m'. Die Wirkungslinie h' des Bildkraftvektors m' ist parallel zur 2-Achse im Abstand OM'= c .ctg Q:

(47 = spitzer Neigungswinkel von fi gegen die XY-Ebene). 0 M' ist senkrecht zur Ebene des Neigungswinkels v und die Vektoren 0 3 , E, nt' bilden eiu Rechtssystem,

haben damit den Satz:

Der Spurpunkt M' der Wirkungslinie h' der Bildkrsft hat hiernacli die Koordinaten

Ausnahmefall:

'in XM' = - c = m2 y J p = + c 2 . . . . . . . . . . .

m, ' mS

Die Krlftepaare mit den Momentvektoren tii in der X Y-Ebene (Zia = q~ = 0) bilden sich wegen m', = m', = mfS = O ab in die Krhftepaare 9JY mit den zu iit parallelen Moment- vektoren iii' = c E .

Die Abbildungen eines VektorbIindels 0 nach a) in ein ebenes Vektorfeld und nacli b) in ein Parallelvektorbiindel wurden schon von R. v. Mises') und von W. P r a g e r 3 ) benutzt. Wir werden darauf in Nr. 4 zurtkckkommen.

3. Eigenschaften der dualen Kriifteabbildung. Ehe wir zeigen, wie sich die duale Krtiite- abbildung ftkr die Konstruktionen der graphischen Statik rtiumlicher Krlftesysteme verwerten lLDt, stellen wir hier die wichtigsten Eigenschaften der dualen Krtifteabbildung zusammen.

Die grundlegende m e c h a n i s c h e Eigenschaft, auf der die praktische Verwendbarkeit der dualen Krlfteabbildung beruht, bringt folgender Satz zum Ausdruck :

J e d e m G l e i c h g e w i c h t s s y s t e m R1, &,. ... f i N e i n e s s t a r r e n K B r p e r s e n t s p r i c h t b e i d e r d u a l e n K r l f t e a b b i l d u n g w i e d e r e i n G l e i c h - g e w i c h t s s y s t e m RrI, Ru, , . ., RN u n d u m g e k e h r t .

Beweis: Die Gleichgewichtsbedingungen -

f , + fn + * * + fN =o, f I + 71, + ' ' ' + T N = 0 des gegebenen Krlftesystems werden durch (3) in die Gleichgewichtsbedingungen

€'r+f'n+. - . + f ' N = O , T I + q , + . . . + 7 N = 0 des Bildkrlftesystems transformiert.

folgenderrnahen aussprechen: Die grundlegende g e o rn e t r i s c h e Eigenschaft der dualen Kriifteabbildung l&bt sich

D i e W i r k u n g s l i n i e n g d e r g e g e b e n e n K r a f t e u n d d i e W i r k u n g s - l i n i e n g' der B i l d k r a f t e s t e h e n i n e i n e r d u a l e n p r o j e k t i v e n B e z i e h u n g , d. h. d e n G e r a d e n g e i n e s B i i n d e l s e n t s p r e c h e n s t e t s d i e G e r a d e n y' e i n e r E b e n e u n d d e n G e r a d e n g e i n e r E b e n e e n t s p r e c h e n s t e t s d i e G e r a d e n g' e i n e s Bt inde ls . D i e P u n k t k o o r d i n a t e n 5, y, z d e r S c h e i t e l der g - B i l n d e l u n d d i e E b e n e n k o o r d i n a t e n zc', v', d, d e r z u g e o r d n e t e n g ' . E b e n e n s i n d ve rkn tkpf t d u r c h d i e G l e i c h u n g e n

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S a ue r , Graphische Statik raumlicher Krlftesysteme 177 Z. angew. Mntli. Mech. Bd. 20 Nr. 3 Jnni 1!)4U

Da dieser Satz nur theoretisches Interesse hat und im folgendcn nicht benutzt wird, wollen wir auf die Angabe des Beweises, der einige liniengeometrisclie Vorkenntnisse erfordert, verzichten. Wir beschrlnken uns darauf, den Satz an den beiden Sonderfallen a) und b) von Nr. 2 zu besttitigen:

a) Das Geradenbundel mit dem Scheitel 0 wird in die XY-Ebene abgebildet. 6 Die Geraden der unendlich fernen Ebene (= Wirkungslinien d& Krilftepaare des Raunls) werden in das Parallelgeradenbundel rnit dem unendlich fernen Punkt der Z-Achse als Scheitel transformiert.

Wie wir eingangs crwiihnten, bezeichnet man Krlfteabbildungen, bei deneri die Wirkungs- linien projektiv transformiert werden und die Gleichgewichtsbedingungen erlialten bleiben, als p r o j e k t i v e K r a f t e a b b i l d u n g e n . Aus den beiden vorhergehenden SLtzen folgt:

D i e d u a l e K r t i f t e a b b i l d u n g i s t e i n e s p e z i e l l e p r o j e k t i v e K r i l f t c -

4. Verwendung der dualen Krafteabbildung in der graphischen Statik. Jedes an einem starren K6rper angreifende Kraftesystem kann beksnntlich ersetzt werden durch eine am Nullpunkt 0 angreifende Einzelkraft 13 = p , 0 und ein Kriiftepaar !Dl = 0, fi . Nach den Sonder- fallen a) und b) von Nr. 2 werdeu bei der dualen Krgfteabbildung die in 0 angreifenden Krafte in Bildkrafte V'=p ' , 8' der XY-Ebene und die Krilftepaare 93 in Bildkrilfte '%I?' = m', fi' seiikrecht zur X Y-Ebene transformiert.

Wir crhalten daher in der X Y-Ebene als Bild- ebene folgencle A b b i l d u n g e i n e s b e l i e b i g e n r i i u in l i chen K r a f t e s y s t e i i i s (Bild 4):

a) einen in einer Geraden g' der Zeichenebene linienfliichtigen Vektor p' ,

F) einen Vektor m', der in einer zur Zeichen- ebene senkrechten Geraden linienflficktig ist und durch seinen GrundriP M' sowie durch einen AufriP oder eine Umklappung gegeben werden kano.

Die 4 das Kriiftesystem $3, Cm bestimmenden Elemente g', p', M', m' bezcichnen wir fortan kurz

nennen wir gelegentlicli das Bild d e r G e r a d e n g.

a b b i l d 11 n g.

- - - - I-* : @vs

als B i l d d e s g e g e b e n e n K r i l f t e s y s t e m s , g' Bild 4.

Aus der Erhaltung der Gleichgewichtsbedingungen (vgl. Nr. 3) folgt : A 11 e Z u s a m m e n s e t z u n g e n b z w. Z e r 1 e g un g e n r iiu m 1 i c 11 e r K r L f t e -

s y s t e m e l a s s e n s i c h i n d e r Z e i c h e n e b e n e d u r c h f t i h r e n , i n d e m m a n m i t d e n H i l f s m i t t e l n d e r e b e n e n g r a p h i s c h e n S t a t i k e i n e r s e i t s d i e V e k t o r e n p' u n d a n d e r e r s e i t s d i e V e k t o r e n m' z u s a m m e n s e t z t bzw. ze r l eg t .

Die Abbildungen eines Vektorbiindels 0 a) in die Vektoren p' einer Bildebene oder b) in die Vektoren m' senkrecht zu einer Bildebene wurden schon in Arbeiten VOLI R. v. Mises ' ) utid W. P r a g e r 3 ) benutzt. Wlihrend es sich dort aber zunilchst nur um Kriiftesysteiiie eines BIindels handelte. kbnnen wir hier allgemeine rhmliche KrLftesysteme konstruktiv erfassen. Dabei fiihrt die dude Krlfteabbildung zwangsltiufig dazu, dafi wir die Kraftvektoren nach v. M i s e s gemah a) und die Momentvektoren nach P r a g e r gemafi b) abbilden. Diese sich hier naturgemgfj ergebende Verkoppelung der M is e s schen und P r ag e r schen Abbildungen wird in Nr. 5 und 6 durch einfache und durchsichtige Konstruktionen for die graphische Statik allgemeiner raumlicher Krlftesysteme auch ihre praktische Rechtfertigung finden.

5. Abbildung von Einzelkriiften und Kraftschrauben. Wir wenden jetzt das Abbildungs- verfahren von Nr. 4 auf Einzelkrlfte und Kraftschrauben an.

I. A h b i l d u n g e i n e r E i n z c l k r a f t . Wenn das Krlftesystem aus einer Einzelkraft $I?=€,? besteht, sind bei der Zerlegung

nacli Nr. 4 in $3 = p , 0 und Cm = 0, E die Vektoren 9, % mit den Vektoren f , T V O I ~ Nr. 1 (vgl. Bild 1) identisch. Nach (2) gilt also

und weiter mit Hilfe von (7)

Durcli Vergleich mit (5) folgt der Satz:

0 = f f = p E = p l lrL, + p 2 G* -t p 3 z3 pz xhl' -pi YAP - c & = 0 .

In i B i l d g', p' , M' , m' l i e g t d e r P u n k t M' d a n n uncl n u r c lann a u f d e r G e r a d e n g', w e n n d a s g e g e b e n e r a u m l i c h e K r t i f t e s y s t e m s i c h a u f e i n e E i nz e l k r a f t r e d 11 xi e r t.

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Z. angew. Math. Mech. Bd. 20 Nr. 3 Juni 1940 178 S a u e r , Graphifiche Statik r&mlicher Krifftesystome

In Bild 4 ist ein nicht auf eine Einzelkraft reduzierbares Krllftesystem, 'in Bild 6 da- gegen eine Einzelkraft dargestellt.

B e s t i m m u i i g d e r K r a f t R nus i h r e m B i l d g',p',M',m': a) Der Kraftvektor p und damit die Richtung der Wirkungslinie g ist durch g' und p'

allein festgelegt ; die diesbezugliche Konstruktion wurde sclion in Nr. 2 (vgl. Bild 2) behandelt. p ) Der Spurpunkt S der Wirkungslinie g ergibt sich aus g', p', M', nt' nach folgender

Konstruktionsvorschrift (Bild 6) :

Man ziehe den Vektor q'= 0 F' von der Lilnge __ senkrecht zu g' und zwar so, dafi q', p', in' ein Reclitssystem bilden. Der Spurpunkt S der Wirkuiigslinie g ist daiin der Sclinitt- punkt der Geraden O M ' mit der Parallelen zu g' durch F'.

Beweis: Nach (1) ist E = r X p , wobei jetzt 1c den Ortsvektor fi des Spurpunktes S mit den Koordinaten xs, ys (zs = 0) bedeuten soll. Daraus folgen die 3 Komponentengleichungen

Im'I IP'I

-

- - - m, = ySp:, - 2 8 p2, m2 = ~ , i3 , -2, I ) $ , m3 = P, - YS I ) , .

- - Wegen B , = 0 erhalt mail 5, = --, m2 y8 =?!

Y S 2'3 also nacli (7)

d. h. der Spurpunkt S liegt auf der Geraden 0 M'. Ferner ist die z-Komponente des Moment- vektors iii der gegebenen Kraft einerseits definitionsgemlh gleich q' X p', andererseits auf Grund von (6) wegen m', = m'* = 0, m', = Z, gleich m'; daher bilden qf l p', m' ein Rechtssystem und, da p' und q' auherdem senkrecht sind, hat man

2 s : ys=xM': YYy' ,

lm'l= 19' x P'I = 19'1 * I P'I * Sonderfillle und Ausnahmefiille : a) Wenn die. Wirkungslinie der Kraft durch den Nullpunkt 0 gelit, wird m' = 0 und M'

b) Wenn die Kraft in ein Krilftepaar entartet, wird p ' = O und g' unbestimmt; das Bild

c) Wenn die Wirkungslinie der Kraft die 2-Achse schneidet, entartet nach Nr. 2 m' in

d) Wenn die Wirkunrrslinie der Kraft auf der Bild.

unbestirnmt, das Bild der Kraft reduziert sich auf g',p'.

der Kraft reduziert sich auf M',m'.

ein Krilftepaar; im Bild der Kraft ist M' der unendlich ferne Punkt der Geraden g'.

ebene senkrecht steht, entarten nach Nr. 2 m' und p' in Kriiftepaare; im Bild der Kraft rficken M' und g' ins Unendliche.

Urn nicht zu weit.lilufig zu werden, wollen wir von nun an die beiden Ausnahmehlle 'c) und d) von der Be- trachtung ausschliehen.

11. A b b i l d u n g z w e i e r Kr l l f te . Zwei Kriifte Ye, und RII seien vorgegeben durch ihre

Bilder gVI, f1, M f r , m', und s'~, p f n , M f I l , dlI (Bild 7). Der Fallunterscheidung nach parallelen, sich schneiden- den oder windschiefen Wirkungslinien gl, gIr der ge- gebenen Krilfte YeI, Sell entspricht folgende Fallunter- scheidung im Bild der Kriifte:

W e n n g'I=g'n, s i n d gI, gn p a r a l l e l . W e n n gf1 v e r s c h i e d e n ist v o n glut s e t z e m a n p'r,p'lI u n d m'I,m',Izum r e s u l t i e r e n - d e n V e k t o r p ' ~ b z w . mlR z u s a m m e n .

t

Hild 7.

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179 %. augew. Math. Mecl. Bd. 30 Nr. 3 Juiii 19411 S a u e r , Graphische Statik rlumlicher Kraftesysteme

F a l l s dann d e r G r u n d r i f i p u n k t M R von m ' ~ a u f d e r A n g r i f f s l i n i e gIIH v o n p ' ~ l i e g t , s c h n e i d e n s i c h d i e W i r k u n g s l i n i e n gI, g,I und RI, RI, l a s s e n s i c h zur r e s u l t i e r e n d e n K r a f t $R rnit dem Bild Q ' ~ , @ ' ~ , M ' ~ , I X ' ~ z u s a m m e n s e t z e n ; l i e g t dagegen M'R n i c h t a u f g ' R , d a n n s i n d d i e W i r - k u n g s l i n i e n gI, gII windschief .

Eine Kraft R = t , f und ein Kraftepaar !R = 0, F fafit man bekanntlich unter der Bezeichnung 1< r a f t s c 11 r a u b e zusamiiien, wenn der Kraftvektor f von $2 und der Momentvektor I; von 93 parallel sind.

Aufierdem schicken wir folgende Definition voraus (vgl. Bild 8): Eiri Punkt R' der Bildebene heifit A n t i p o l einer Ge- raden g' der Bildebene, wenn die Verllngerung des Lotes OG' zu g' iiber 0 hinaus den Punkt R' enthitlt und die Strecken OG', 1 1 . OR' in der Beziehung OG' OR'= c2 stehen.

Fur das Rild einer Kraftschraube gilt dann folgender Satx (Bild 8):

E i n e K r a f t R rnit dem B i l d g', p', W , m' u n d e i n K r a f t e p a a r 93 rnit dem B i l d R', F' b i l d e n e i n e K r a f t - s c h r a u b e , w e n n R' d e r A n t i p o l von g' ist.

111. A b b i l d u n g e i n e r K r a f t s c h r a u b e .

- - - - - - - - - - - - - - - - - -

g' M' Beweis: Nach (7) hat R' die Koordinaten /// B'w Bild h. XH' = - c =- - r2 , ylp = f c 2 - r

r3 r3

und nach (5) wird 0' voni Lot aus 0 ini Punkt G' rnit den Koordinaten

geschnitten. Da p und f parallel sind, also

gilt, folgt aus den vorhergehenden Gleichungen

womit die Sehauptung bewiesen ist.

6. Grundaufgaben der graphischen Statik raumlicher Kraftesysteme. Zuni Schluwe zeigen, wir, wie man mit Hilfe der dualen Krafteobbildung zwei Grundaufgaben der graphischen Statik raumlicher Krgftesysteme h e n kann.

Aufgabe I: Vorgegeben i s t d a s Bi ld g', p', M', m' e i n e s K r a f t e s y s t e m s , d a s s i c h nicl i t auf e i n e E i n z e l k r a f t u n d n i c h t auf e i n K r i t f t e p a a r r e d u z i e r e n soll . G e s u c h t i s t d a s Bi ld d e r d a s K r l f t e s y s t e m e r s e t z e n d e n K r a f t s c h r a u b e.

Konstruktion (Bild 9) : Man falle das Lot 0 G' aus 0 auf g' und ermittle

auf der Verlitngeivng von 0 G' iiber 0 den Antipol R' der Geraden g' (vgl. Nr. 5, 111). Dann bestimme man den Sclinittpunkt M', der Geraden g' uiid R'M' und zerlege den Vektor in' in die parallelen, in R' und M', angreifenden Vektoren r' und m',. Damit ist das Kraftesystem g', p', ill', m' zerlegt in die Kraft mit dem Bild g', (= g'), p', (= p'), MI*, m', und das Krafte- paar rnit dem Bild R', r'; nach Nr. 5, I11 bildet die Kraft g',, p',, M',, m', mit dem Kraftepaar R', t' die gesuchte Kraftschraube.

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Z. angew. Math. Mecli. I80 Blic~llbcs~rccllllrigeii Bd. 211 Nr. A Juni 194t1

Aufgabe 11: V o r g e g e b e n i s t d a s R i l d g', p' , M' m' c i n e s K r a f t e s y s t e m s , das s i c h n i c h t a u f e i n e E i n z e l k r a f t u n d n i c l i t auf e i n K r i i f t e p a a r r e d u z i e r c n s o l l , s o w i e d e r S p u r p u n k t U u n d d a s H i l d a' e i n e r G e r a d e n a. G e s u c h t i s t d a s B i l d d e s d a s K r i l f t e s y s t e m e r - s e t z c n d e n K r a f t k r e u z e s , d e s s e n e i n e W i r k u n g s l i n i c d i e G c . r a d e a i s t .

Konstruktion (Hild 10):

Bild 10.

Wir wilhlen den Spurpunkt U als Nullpunkt 0 dt:r dualen Kriifteabbildung; g', p', M', m' bzw d sei das Bild des gegebenen KrZlftesystems bzw. der Wirkungslinie a in bezug auf diesen Nullpunkt. D a m zielie man durcli den Schnittpunkt P' von g' und a' und den Punkt M' die Gerade b' und zerlege den Vektor p' nach den Geraden a' und I)' in die Komponenten p', und pfII. Damit ist das Kraftesysteni g', p', M', m' zerlegt in die Kraft mit den1 Bild a', pfr, deren Wirkungslinie a durch O = U geht, und in die Kraft mit dem Bild b', Mf1I (= M ' ) , m'n (= m'); die Krafte a', # I I

iind b', pfI1, WIr, mfn bilden das gesuchte Kraftkreuz. Die Konstruktion versagt, wenn M' auf a' liegt; in

diesem Falle ist a eine Nullinie des durcli das gegeberie Kraftesystem bestimmten Nullsystems. 129

BUCHBESPRECHUNGEN V I W Z WEINIG, - 1 e r o d y n a n i i k d e r L u f t -

Y c' 11 r a u b e. X\'1 f 484 S. UI. 374 Abb. Berlin 1940, Verhg ,Julius Springer. Preis geb. 48 M.

I)ic eiiigehende Behandlung eines solchen Spezial- gebietes, wie es die Aerodynaniik der Luftschraube tlarstellt, kornnit einern schon Imge gehegten Wunsclie eiitgegen. Zwar gab es viele uiid p t e Sonderarbeiten, auch ausamrnenfasseritlf~ Darstel- lungen, abpr die ersteren blieben meist oline ZII- mnrnenliang niiteinander, und die letzteren starn- men griil3tenteils aus llterer Zeit, so dad wichtige Trile tler neueren Entwicklung fehlen. Das vor- liegeiide Buch von Weinig fullt diese Lucke aus und erweitert dazu unsere Kenntnis von der Luft- rclir:iube nach verschiedenen Richtungen hin sebr diehlich.

l)ie .\ufgabeii unil Fragen, die ein Lelirbucli ilirsrr Art aufzuzeigen hat, sind:

ICrkeiintnis der theoretischen Gruntllagen. (iegebenlieiten der praktisclien .4usfUhrungeii. \Vie ist eine Schraube zii berechneii? Wie sind die besteii Verhlltnisse zii finden? Wie ist eine vorgelegte Schraube ZII beurteilen'? Wic verlillt sicli ein Propeller unter verschie-

llrnen Betriebsbedingungen? Wie kann die bisherige Tlieorie verfeinert

wertlen? Llber slle diese Diiige gibt das Bucli erschiip-

tvndr Auskunft. Dankenswert ist schon im Eingang die selir grode Zahl von Zahlenangaben und von Verfaliren fur die Xufmessung und Errnittlung fest- steliender geornetrischer und physikalischer Dakn bei vorgelegten Luftschrauben (Gewichte, Trlgheits- monicnte, Abrnalje ausgeftihrter Schrauben usw.).

Die frulier iiblichen verschiedenartigen Betrach- tungsweisen fur die €'ropeller als Strabltheorie, Fliigelblattheorie, Wirbeltheorie warm nur Zuni Tcil durch sachliche, dem Gegenstand angepal3te Gcsichtspunkte entstanden, vielmebr jedoch aus dtsr historischen Entwicklung heraus bedingt. Fur dir verschiedensten Zwecke wurde bald die eine, bald die andere Lehre henutzt, man komhinierte sie ;iuch wohl far bestimmte Rechenaufgaben (Karman, Bienen, Glauert u. a.). In dem Buche wird dies ersetzt durch eine Darstellung, die dem Problem vie1 mehr uiid unrnittelbarer angepaBt ist: zu-

nlchst ,,die Elernentarschraube": sic ist fur schwache und g r o h Belastung exakt berechenbar, die Reibung ladt sich rnitberucksichtigeii, und vor allern lehrt diese Theorie den Einflull von Stei- gung untl Blattbreite wie Leistung aucli unter ver- schiedenen Betriebsverlilltnissen vollkommen exakt beurteilen. Man kann dirse Lehre von der Ele- rnentarschraube ah die wichtigste und vielfach schon genugende Annbherung an die genaue Schraubentlic~orie ansprechen.

Viele wertvolle Erkenntnisse (auch aus eigeneii Arbeiten des Verfassers) sintl in diesem ersten groden Absclinitt untergebracht. Bernerkenswert erscheint unter anderen die exakte Darstellung von Schub- uncl Ilrelirnoment in Ahhlngigkeit vom Fortschrittsgrail 1. Die danach fur kleine Stei-

ungsverhaltnisse vereinfachten Formeln und biagramme betleuten eine Rechtfertigung fiir die von verscliiedenen Autoren als erste Nlherung an- genomniene lineare bxw. quadratische -4bhlngigkeit dieser GriiDen von 1.

Interessant ist auch das eingescliobene Kapitel uber T,eitvorriclitungen, weil es die Theorie gegen- llufiger Schrauben in sich scliliel3t. Dabei werderi aucli sonst selten vorkornrnentle, aber fur die zii- kunftige Entwicklung (fiir sehr schnelle Flugzeuge) wichtige Erkenntnisse gewonnen und austlrucklicli Iierausgestellt. Aucli die scliwierigen Falle un- gleichrnll3iger Scbraubenstriirnuiigen (z. B. Schrflg- anblasen) behandelt das Bucli in seltener .\iisfuhr- lichkeit.

Die folgericlitige Weiterentwirklung fulirt claim zur ,,Gesamtscliraube" (und zwar: 1. schwach- belastete Schraube niit sehr groSer Fliigelzalil, 2. Luftschraube mit endlieher Fliigelzahl), die durch radiale Zusammenziehung des Schraubenstrables und durch Drucktinderung in dernselben von der Elementarschraube unterschieden ist. Hier ist tlas wichtige Problem der gtinstigsten Schubverteilung xuerst nlherungsweise und dann als exakte Rnnd- wertaufgabe durchgefuhrt.

In diesern, wie auch in den anderen Kapiteln ist die Darstellung so gelialten, daS nach eineni kurzen Liberblick uber die zu erwartenden Resultate, die jedesmal hinzugenommenen Erweiterungen und Verfeinerungen der Tbeorie (Reibung, endliche Flugelzabl usw.) Schritt fur Scbritt nacheinander