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Green Economy - Wieso wollen wir mehr Nachhaltigkeit und tun doch so wenig dafür? Renate Schubert, 29. Mai 2013

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Green Economy -Wieso wollen wir mehr Nachhaltigkeit und tun doch so wenig dafür?

Renate Schubert, 29. Mai 2013

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Ausgangspunkt: Mehr globale Nachhaltigkeit scheint gefragt Treibhausgasemissionen sollten weltweit auf einem Niveau

gehalten werden, das die globale Temperatur um nicht mehr als 2°C ansteigen lässt

Global Commons wie Land und Meer sollten weltweit so genutzt werden, dass keine irreversiblen Schäden an Öko-systemen verursacht werden, welche die Nutzungsmög-lichkeiten künftiger Generationen massiv beeinträchtigen

Energie sollte künftig verstärkt aus erneuerbaren Quellen, insbesondere in Form von Sonnenenergie kommen

Der Abbau nicht erneuerbarer Mineralien und Erze sollte ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltig erfolgen

2Vortrag Wädenswil - 29. Mai 2013

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Ziel dabei offenbar:

Möglichst viele Optionen für künftige Generationen erhalten, damit diese nach ihren eigenen Vorstellungen ein gutes Leben führen können.

Aber: Wir wissen nicht, welche Werte oder Vorstellungen in Zukunft wichtig sind

Daher sollten wir jetzt einen Weg beschreiten, der künftigen Generationen freie Entscheide ermöglicht

3Vortrag Wädenswil - 29. Mai 2013

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Nachhaltige Technologien sind vorhanden

Aus technischer Sicht sind viele Möglichkeiten vorhanden, wie weniger CO2 emittiert werden kann, wie Meere oder Land nachhaltiger genutzt werden können, wie Energie aus erneuerbaren Quellen gewonnen werden kann oder wie Ressourcen schonend abgebaut werden können

Der Einsatz dieser Technologien kommt allerdings häufig erst dann zustande, wenn durch geeignete Instrumente nachgeholfen wird

Entsprechende Instrumente fehlen aber teilweise, sind zu schwach oder betreffen nicht die „richtigen“ Akteure

Wieso ist das so???

4Vortrag Wädenswil - 29. Mai 2013

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Frage: Sind unsere Werte doch nicht nachhaltig?

Definition: Werte als «geteilte Auffassungen» von Wünschenswertem

Gesellschaftliche Werte; individuelle Werte Wertewandel: Allmähliche Veränderung von Werthaltungen

einzelner Individuen, die sich schliesslich in einer Veränderung von gesellschaftlichen Werten manifestiert

Theorie des Wertewandels von Inglehart (1977, 1998): intergenerationelles Vordringen postmaterieller Ein-stellungen nach dem zweiten Weltkrieg

5Vortrag Wädenswil - 29. Mai 2013

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Wertewandel: Empirische Studien

World Values Survey (WVS): Umfangreicher, globaler Datensatz zu Werten und zum Wertewandel, massgeblich geprägt durch Inglehart und seine Theorie

Seit 1981 wurden mehr als 330’000 Personen in 97 Ländern befragt

Pro Land und Erhebungswelle je 1’000-3’500 standardi-sierte Interviews (face-to-face) (repräsentative Stichprobe)

Jüngste Daten: 5. Erhebungswelle (2005-2008) Ausserdem: Andere Studien, etwa Eurobarometer

(Meinungsumfragen in EU-Ländern, seit 1973)

6Vortrag Wädenswil - 29. Mai 2013

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Wertewandel in Europa

7Vortrag Wädenswil - 29. Mai 2013

“Die drei Massnah-men, die die EU vorrangig behandeln sollte”  

Jahr Umweltschutz (% EU)2005 192006 202007 222008 33

Eurobarometer 2001, 2002, 2005, 2006, 2007, 2008

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Wertewandel in Europa

Veränderungen im Umweltverhalten (2007 vs. 2011)

8Vortrag Wädenswil - 29. Mai 2013

SPECIAL EUROBAROMETER 365, Attitudes of European citizens towards the environment, S. 24

http://ec.europa.eu/environment/pdf/EB_summary_EB752.pdf

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Akzeptanz in Deutschland

Bundesweite Befragung des Bundesumweltministeriums (2’000 Personen, November 2011 – Januar 2012):

87% unterstützen Bau von Windparks im Meer

79% unterstützen Bau von Windrädern an Land

77% unterstützen Bau von Solaranlagen ausserhalb von Siedlungen

ABER:

Nur 42% unterstützen Bau neuer Hochspannungsleitungen

Nur 35% unterstützen dafür zusätzl. Holzeinschlag in Wäldern

9Vortrag Wädenswil - 29. Mai 2013

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Wertewandel in Europa

10Vortrag Wädenswil - 29. Mai 2013

Zunahme in %-Punkten zwischen 1990 und 2000

Austria BelgiumCzech Republic

Denmark Finland FranceGermany

Iceland

Ireland ItalyNetherlands

Portugal

SpainSweden

Great Britain

Government should reduce environmental pollution

Strongly agree

-1.50% 3.70% 5.50% 2.50% -2.50% 19.10% 4.30% 0.60% 13.40% -0.30% 0.30%-

33.10% 15.80% -1.40% 13.10%

Agree 4.20% -3.40% 10.20% -1.50% 14.70% -8.70% 5.20% 4.30% -3.70% 1.40% 3.40% 16.70% -0.70% 8.40% 7.80%

Disagree

-1.50% -0.70% -9.20% -2.50% -5.60% -9.90% -8.20% -0.90%-

10.50% -1.70% 5.70% 15.10%-

13.60% 7.20%-

17.70%

Strongly disagree -1.10% 0.40% -6.50% 1.40% -6.70% -0.60% -1.30% -4.00% 0.80% 0.60% -9.40% 1.30% -1.40%

-14.20% -3.10%

Data: World Values Survey: http://www.wvsevsdb.com (eigene Berechnungen)29. Mai 2013

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Wertewandel in anderen Regionen

11Vortrag Wädenswil - 29. Mai 2013

Zunahme in %-Punkten zwischen 1990 und 2000

Argentina Canada Chile Mexico United States China India Japan Republic

of Korea

Government should reduce environmental pollution

Strongly agree

14.90% 8.20% 26.40% 13.10% 7.60% -8.70% -0.70% 3.80% -2.50%

Agree -0.40% 2.20% -10.50% 4.00% -4.20% -1.80% 3.50% -4.20% 18.90%

Disagree -12.10% -11.30% -12.80% -14.80% -3.90% 10.30% -7.30% 0.30% -7.50%

Strongly disagree

-2.50% 0.90% -3.00% -2.20% 0.40% 0.10% 4.50% 0.10% -9.00%

Data: World Values Survey: http://www.wvsevsdb.com (eigene Berechnungen)

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Akzeptanz in anderen Regionen

Für welche Massnahme würde Sie in einer nationalen Abstimmung votieren? (Österreich, Bangladesh, Finnland, Deutschland, Norwegen, USA)

Ja Nein Indifferent (in %)

Auto-Motoren mit gerin-

gerem Benzinverbrauch 76 13 11

Höhere Steuern für Gas, Öl,

Kohle, Kerosin 44 44 12

Internationaler CO2-Markt 56 22 22

Forschung für erneuerb. Energ. 93 3 4 Bostrom et

al. 2012

Konsum generell einschränken 57 21 22

12Vortrag Wädenswil - 29. Mai 2013

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Zwischenfazit:

Doch, in vielen Ländern weltweit scheint die Bevölkerung durchaus starke Präferenzen für nachhaltiges Wirtschaften zu haben

Die Präferenzen für Nachhaltigkeit sind weltweit im Durchschnitt über die letzten drei Jahrzehnte stärker geworden

Das faktische Verhalten vieler Akteure scheint jedoch mit diesen Werten/Präferenzen nicht übereinzustimmen

Wieso ist das so???

13Vortrag Wädenswil - 29. Mai 2013

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Ursache 1: Falscher institutioneller Rahmen

Die nationale und internationale Politik gibt nachhaltigem Umgang mit Ressourcen keine Priorität. Verbindliche, langfristig ausgerichtete Nachhaltigkeitspolitiken fehlen. Ansatzpunkt: Energiestrategie in Deutschland

Nicht immer erhalten diejenigen Akteure, die sich nachhaltig verhalten, direkt eine „Belohnung“, sondern andere (Beispiel Mieter-Vermieter-Problem)

Bei der Ausbeutung seltener Erden beobachten wir ein Staatsmonopol und die Notwendigkeit sehr hoher Anfangsinvestitionen; die Bereitschaft von Konsumenten, mehr für nachhaltig ausgebeutete seltene Erden zu zahlen, «kommt nicht am richtigen Ort an»

14Vortrag Wädenswil - 29. Mai 2013

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Ursache 2: Falsche Preise

Die Energie-/Elektrizitätspreise sind fast überall so tief, dass ungenügende Anreize zum Sparen und für technologische Innovationen (erneuerbare Energien!) gegeben werden

Die Energiepreise sind so tief, weil fossile und nukleare Energieerzeugung in den meisten Ländern subventioniert wird und weil die gesellschaftlichen Kosten (negative Ex-ternalitäten) nicht in die Preise eingerechnet (internalisiert) sind

Dabei widerstrebende Ziel aus den Bereichen Sozialverträglickeit und ökologische Nachhaltigkeit

15Vortrag Wädenswil - 29. Mai 2013

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Ursache 3: Unwissen, Unkenntnis, Verunsicherung

Empirische Studien zeigen, dass viele Akteure die laufenden Energiekosten nicht kennen und potentielle Ersparnisse mental nicht einordnen können

Die meisten Akteure sind nicht in der Lage, Kosten-Nutzen-Analysen durchzuführen bzw. Optionswerte zu berechnen

Viele Akteure wissen fast nichts über die kurz- und vor allem langfristigen Folgen nicht-nachhaltiger Land- und Meeresnutzung bzw. Ressourcenabbau

Viele Akteure sind durch widersprüchliche Berichte zum Klimawandel verunsichert

Viele Akteure sind durch eine Vielzahl ähnlicher, aber durchaus unterschiedlicher Labels verunsichert

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Ursache 3: Unwissen, Unkenntnis, Verunsicherung

Manche Probleme als Folge nicht nachhaltiger Ressour-cennutzung werden kaum wahrgenommen, weil sie in der Erfahrungswelt der Akteure (Bsp.: Klimawandel) oder in den Medien (noch) nicht präsent sind (Bsp.: Shrimp-Farming; Offshore-Windenergie) (availability bias)

Andererseits: Manche Phänomene bleiben (vorüber-gehend) besonders im Gedächtnis, wegen eigener Erfahrungen oder lebhafter Berichte (Bsp.: Flut in England; «The day after tomorow») (availability), weil Kausalitäten hergestellt werden (Bsp.: heisser Sommer wg. Klima-wandel) (representativity) oder weil Beobachtungen nicht zu Theorien passen (Bsp.: kalter Winter passt nicht zu Klimawandel) (kognitive Dissonanz)

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Ursache 4: Trägheit und «Budget»-Mentalität

Viele Akteure scheuen den Aufwand einer Verhaltens-änderung (Beispielsweise: Wechsel des Stromanbieters oder des Stromtarifs; Verzicht auf Standby; Benutzen des ÖPNV; Renovation/Sanierung von Haus oder Wohnung), vor allem wenn keine «soziale» Kompensation in Sicht ist (vgl. auch «mental accounting»)

Viele Akteure werden in einem Bereich nachhaltiger, kompensieren dies aber durch weniger Nachhaltigkeit in anderen Bereichen (Moral Licensing und Rebound-Effekt) (Beispiele: Kompensation der THG Emissionen von Flugreisen + mehr solche Reisen; Hybridcar + Anschaffung von weiterem Auto; Offset Flugreisen + zusätzliche TV-Geräte)

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Ursache 5: Unsicherheit über das Verhalten anderer

Wenn Akteure nicht wissen, wie sich die anderen verhalten werden, sind sie nicht bereit, Nachteile in Kauf zu nehmen, solange sie befürchten, sie seien die einzigen und alle anderen würden von diesem Verhalten nur profitieren (Prisoners‘ Dilemma Problem)

In diese Kategorie fällt auch das NIMBY-Phänomen (Not In My Backyard): Akteure finden Nachhaltigkeit eigentlich gut (Werte!), sind aber nicht bereit, etwas dafür zu tun. Nachhaltig sollen sich die anderen verhalten

Die Bereitschaft, gewisse Kosten zu tragen, erfordert die Überzeugung, dass auch andere Kosten tragen

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Ursache 6: Zeit- und Risikopräferenz

Viele Akteure sind vor allem an ihrem Wohlbefinden in der Gegenwart und der nahen Zukunft interessiert, nicht jedoch an dem, was in der ferneren Zukunft passiert (hohe Diskontrate)

Je unsicherer die Akteure über Geschehnisse in der Zukunft sind, desto stärker fokussieren sie auf die Gegenwart und die nahe Zukunft; Langfristdenken fehlt!

Viele Akteure haben wenig Wissen über künftige Ressour-cennutzung bzw. deren Folgen und sie haben auch keine Strategien, um sich entsprechendes Wissen anzueignen (s.o.: Unwissen, Trägheit, etc.)

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Ursache 6: Zeit- und Risikopräferenz

Verluste einer bestimmten Höhe bringen in der Regel sehr viel mehr disutility mit sich als das, was gleich hohe Gewinne an Nutzen erbringen («losses loom larger than gains», Kahneman/Tversky) Risikoaversion; geringe Bereitschaft, neues nachhaltiges Verhalten auszuprobieren

21Vortrag Wädenswil - 29. Mai 2013

Quelle: Daniel Kahneman; and Amos Tversky (1979): Prospect Theory: An Analysis of Decision under Risk. Econometrica, Vol. 47(2),S. 279.

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Ursache 7: Liquiditätsbeschränkungen

Viele Akteure haben nur eingeschränkte finanzielle Eigenmittel oder beschränktes Fremdkapital zur Verfügung, um sich nachhaltig zu verhalten

Vielfach würden, zumindest vorübergehend, mehr Investi-tionskosten (hohe upfront Kosten) und auch höhere laufende Kosten anfallen

Bei Liquiditätsproblemen steigt in der Regel die Gegenwartspräferenz

Im Übrigen: Präferenzen für nachhaltiges Wirtschaften sind umso stärker zu finden, je grösser das Pro-Kopf-Einkommen ist

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Zwischenfazit

Zahlreiche Effekte, vor allem auch sozialpsychologischer Art, sorgen dafür, dass nachhaltige Technologien nicht implementiert werden, obwohl weltweit Akteure Präfe-renzen für Nachhaltigkeit haben und obwohl nachhaltige Technologien zur Verfügung stehen

Es sind Instrumente zu identifizieren, wie dieses Gap überwunden werden kann und wie Verhaltensänderungen zu vermitteln sind (soziale Innovationen)

23Vortrag Wädenswil - 29. Mai 2013

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Instrumente zur Vermittlung von Verhaltensänderungen

(1) Klare Politik und geeignete Institutionen

Die nationale und internationale Politik muss dem nachhaltigen Umgang mit Ressourcen klare Priorität geben; dies ist die Basis für entsprechendes Verhalten der Privaten

Gebote/Verbote: Beispiel Autozulassungen in China (Hubraum muss sinken; 10% Hybrid-/Elektroautos)

Geeignete Institutionen auf Makro- und Mikroebene müssen geschaffen werden (internationale Kooperationen, Infrastrukturen, Förderbanken etc.)

Es braucht in allen Ländern weltweit einen starken gestaltenden Staat UND eine starke und engagierte Bürgerbeteiligung

24Vortrag Wädenswil - 29. Mai 2013

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Instrumente zur Vermittlung von Verhaltensänderungen

(2) Angemessene ökonomische Anreize

Nicht-nachhaltige Subventionen sind abzuschaffen

Negative Externalitäten sind zu internalisieren (CO2-Preis)

Nachhaltiges Verhalten ist durch temporäre Massnahmen zu fördern (etwa durch vergünstigte Kredite, Versiche-rungen, Unterstützung bei der Markteinführung nach-haltiger Technologien, neue Geschäftsmodelle)

Nichtnutzung und Schutzmassnahmen sind finanziell zu kompensieren

Eine soziale Abfederung ist vorzusehen für Phasen, in denen die nachhaltige Nutzung zu höheren Preisen für die Nutzer führt und Substitutionen (noch) nicht möglich sind

25Vortrag Wädenswil - 29. Mai 2013

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Instrumente zur Vermittlung von Verhaltensänderungen

(3) Geeignete Information und Kommunikation

Informationen über Folgen von Nicht-Nachhaltigkeit bzw. über Möglichkeiten nachhaltiges Verhalten sind in geeigneter Form und auf geeigneten Kanälen abzugeben

Wichtig dabei: Social Media und Netzwerke aller Art nutzen Kann Unsicherheit reduzieren, Vertrauen schaffen, Vorbildfunktion haben

Umwelterziehung in Schulen ist zu stärken

Vielfalt der Label ist zu reduzieren; „verwertbare“ Aussagen

Rebound-Effekte sind zu verringern, etwa auch im Rahmen von (moderierten) Netzwerk-Diskussionen; Rolle von Wissenschaftlern dabei?!

26Vortrag Wädenswil - 29. Mai 2013

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Instrumente zur Vermittlung von Verhaltensänderungen

(3) Geeignete Information und Kommunikation

Effekte der Massnahmen:

Stärkere Langfristorientierung durch glaubwürdige politische Vorgaben, verbesserte Information und verbesserte Fähigkeiten zur Informationsverarbeitung

Reduktion von Unsicherheiten bei Entscheidungsprozes-sen durch Austausch bei Social Media und Netzwerken;

Erträge von nachhaltigem Verhalten können tatsächlich und in der Wahrnehmung grösser, Risiken kleiner werden

Allerdings: Effekte hängen von der ökonomischen Situation und von der sozio-kulturellen Einbettung der Akteure ab

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Instrumente zur Vermittlung von Verhaltensänderungen

(3) Geeignete Information und Kommunikation

Framing von Wahrnehmungsprozessen Darstellung des Umgang mit Ressourcen in Medien aller Art und in der Kunst durch Wissenschaft und Politik mitgestalten; Foren für den Austausch von Wahrnehmun-gen/Meinungen aktiv unterstützen

Nudges zur Überwindung der Trägheit Beispiele: Default-mässiger Wechsel des Stromtarifs bei ewz Zürich; default-mässiger Einbau von Stromsparlampen

Problem: paternalistischer Ansatz; Eingriffe ähnlich wie bei positiven Externalitäten

Vorteil: Akteur kann nicht nur der Staat sein

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Instrumente zur Vermittlung von Verhaltensänderungen

(3) Geeignete Information und Kommunikation

Spannender Ansatz dabei auch: Gamification 2012 von Deloitte zu einem der 10 wichtigsten Technologie-Trends erklärt (= soziale Innovation)

Idee: Übertragung von Elementen aus Computerspielen auf reale Welt, zur Erhöhung von Spass und Motivation

Typische Elemente: Sichtbarer Status und Ranglisten, Fortschrittsbalken, Missionen, Kollaborationen und Wettbewerbe, sofortiges feedback, virtuelle Währungen, Handel oder Tausch von Belohnungen

Problem: Verdrängen von intrinsischer Motivation

Vorteil: Individuell unterschiedliche Antriebe aufgegriffen

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Fazit I

Offenbar wollen wir wirklich mehr Nachhaltigkeit; allerdings schlägt sich ein entsprechender Wertewandel bisher nur wenig in entsprechenden Verhaltensänderungen nieder

Neben institutionell-politischen und ökonomischen Barrieren sind hier zahlreiche andere Faktoren als Hindernisse anzusehen

Eine erfolgreiche Einflussnahme muss an diesen Barrieren und Hindernissen ansetzen

Neben einer entschlossenen Politik und besseren Institu-tionen sind ökonomische Anreize, mehr Wissen/Infor-mation und bessere Kommunikation wichtig

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Fazit II

Soziale Innovationen (Neue Geschäftsmodelle, Netzwerke, Social Networks, Nudges, Games usw.) sind wichtig zur Überwindung der Trägheit, zur Förderung von Vertrauen/ Kooperation und zur Unterstützung des Langfristdenkens

Unterschiedliche Akteure werden unterschiedlich auf die Instrumente reagieren; die Reaktionen hängen auch davon ab, wer jeweils die Instrumente vorschlägt und durchsetzt

Es braucht einen gestaltenden Staat (für den nachhaltiger Umgang mit Ressourcen prioritär ist) UND einen starken Einbezug von Bürgern, sozialen Netzwerken und Medien

Das Ganze ist wie ein Puzzle - Ein einfaches Rezept „fürs Zusammensetzen“ gibt es nicht!

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BMU/BfN (2012): Naturbewusstsein 2011 - Bevölkerungsumfrage zu Natur und biologischer Vielfalt. Berlin/Bonn: BMU/BfN.

Bostrom, A., O’Connor, R.E., Böhm, G. et al.(2012): Causal thinking and support for climate change policies: International survey findings, Global Environmental Change 22, 210-222.

European Commission – Eurobarometer: http://ec.europa.eu/public_opinion/index_en.htm Inglehart, R. (1977): The Silent Revolution. Changing Values and Political Styles among Western

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and classification. In: Parsons, T. and Shils, E. (eds.): Toward a General Theory of Action. Cambridge, MA: Harvard University Press, 388-433.

Leiserowitz, A., Kates, R., and Parris, T. (2006): Sustainability values, attitudes, and behaviors: a review of multinational and global trends. Annual Review of Environment and Resources 31, 413-444.

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World Values Survey: www.worldvaluessurvey.org / http://www.wvsevsdb.com

Quellen

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