Grenzenlose Mobilität? Deutsche Auslandsbevölkerung...

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68 Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland – Deutschland in der Welt Grenzenlose Mobilität? Deutsche Auslandsbevölkerung in Europa Toni Breuer und Dieter Müller Auslandsdeutsche oder Deutsche im Aus- land? Sprachlogisch sind beide Aus- drucksweisen gleichbedeutend. Im tat- sächlichen Sprachgebrauch wird der Be- griff der Auslandsdeutschen aber vorzugsweise auf deutsche Bevölkerung angewendet, die teilweise schon im 18. Jh. nach Osteuropa (Banater Schwaben) bzw. nach Russland (Wolgadeutsche) aus- gewandert ist ( Beitrag Mammey/Swi- aczny, Bd. 4, S. 132). Die damaligen Aus- wanderungen erfolgten aus wirtschaftli- cher Not und waren meist endgültiger Natur. Dies gilt gegenwärtig für Deutsche im Ausland nicht mehr. Die weltwirtschaftliche Entwicklung der letzten Jahrzehnte hat vor allem in Mittel- und Westeuropa eine Fülle von gesellschaftlichen Veränderungen ge- bracht. In diesem Zusammenhang muss auch der Begriff der Auswanderung, for- mal definiert durch die Verlagerung des Wohnsitzes über nationale Grenzen hin- weg, inhaltlich neu bewertet werden. Auswanderung oder Lebens- stil? Ein Studienjahr im Ausland qualifiziert für internationale Arbeitsaufgaben. Ein Auslandsaufenthalt kann eine notwendi- ge Etappe in der beruflichen Karriere sein. In hoch qualifizierten Berufen ermöglicht die moderne Teletechnologie die perma- nente oder zeitweise Verknüpfung von Arbeit und Freizeit an klimatisch attrakti- ven Auslandsstandorten. Ein Freizeit- hauserwerb im Ausland sichert einen temporären Rückzugsort in naturnaher oder klimatisch alternativer Umgebung, der später nicht selten zum Altersruhesitz für Rentner wird (HALL/MÜLLER 2004). Migration ins Ausland bedeutet damit nicht mehr zwingend eine dauerhafte Verlegung des Wohnsitzes. Die Gründe für eine zunehmende in- ternationale Mobilität und die damit einhergehende Umwertung einer nicht mehr als zwanghaft und endgültig emp- fundenen Auswanderung reichen von touristischer Reiseerfahrung über sin- kende Beförderungskosten bis zur Inter- nationalisierung der Weltwirtschaft. Damit verbunden sind veränderte Wahrnehmungsperspektiven und Ver- haltensweisen der Nachkriegsgenera- tion in Europa, die unter dem Begriff des Lebensstils zunehmend raumprägen- de Bedeutung erlangen (HELBRECHT 1997; KRÄTKE 2002). Gewisse Formen der Auswanderung können solchen neu- en Lebensstilen zugeordnet werden. Dazu gehört die Nutzung von Alters- wohnsitzen im Ausland. In der jüngeren internationalen Lite- ratur wird deshalb die traditionelle Un- terteilung der Mobilität in dauerhafte Migration und zeitlich befristeten Tou- rismus kritisiert (HALL/WILLIAMS 2002). Verwiesen wird einerseits auf die Unzu- länglichkeit, mit Hilfe eines zeitlichen Schwellenwerts Migration von Touris- mus zu unterscheiden, andererseits auf die kaum zu entwirrende Verflechtung von arbeits- und freizeitbezogener Moti- vation. Viele der vermeintlich endgülti- gen Migrationen enden mit einer Rück- wanderung ins Heimatland. Im Gegen- satz dazu behalten manche Freizeithaus- besitzer ihre Auslandsimmobilien bis zum Lebensende und halten sich im Ru- hestand mehr im Ausland als im Hei- matland auf. HALL und MÜLLER (2004) schlagen deshalb vor, von einem Mobi- litätskontinuum auszugehen. Deutsche in Europa Der Vorteil immer durchlässiger wer- dender Grenzen in Europa in Verbin- dung mit der Zunahme temporärer Aus- landsaufenthalte wirft für die Dokumen- tation ausländischer Bevölkerung grundsätzliche Probleme auf. Die defini- torischen Kriterien der verschiedenen Länder sind außerordentlich heterogen. Verschiedene nationale Meldegesetze, ihre unterschiedliche Durchsetzung bzw. die mangelhafte Meldemoral im Aus- land ermöglichen weder eine umfassen- de Analyse der deutschen Auslandsbe- völkerung noch die Dokumentation deutscher Grundeigentümer im Aus- land. Vor allem bei temporärem Wohn- aufenthalt im Ausland werden die meis- ten Deutschen innerhalb Europas bestenfalls näherungsweise als Touristen erfasst. Für eine differenzierte Situati- onsbeschreibung und -analyse müssen daher Fallstudien herangezogen werden. Erwartungsgemäß finden sich die größten Zahlen deutscher Wohnbevöl- kerung – mit Ausnahme der Nachbarn im Osten (Polen und Tschechien) – in den Anliegerstaaten . Dies spricht dafür, dass es sich hierbei vorzugsweise um Deutsche handelt, die bei grenz- überschreitend agierenden Wirtschafts- unternehmen tätig sind. Dabei paust sich der deutsche Sprachraum durch: Während z.B. die deutsche Bevölkerung im benachbarten Österreich weitgehend gleich verteilt ist, werden in der Schweiz die deutschsprachigen Kantone offenkundig bevorzugt . Die französi- schen Departements Elsass und Lothrin- gen werden wegen ihrer Grenznähe von Deutschen bevorzugt, die unterschiedli- che Preisniveaus in den nationalen Im- mobilienmärkten nutzen (MICHNA 2002). Das dürfte partiell auch für die Benelux-Staaten gelten, die zudem Ziel- gebiete für qualifizierte deutsche Be- schäftigte sind. Gemessen an der absoluten Größen- ordnung spielen die Länder Süd- und Nordeuropas als Wohnstandorte für Deutsche eine eher nachrangige Rolle.

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68Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland – Deutschland in der Welt

Grenzenlose Mobilität? Deutsche Auslandsbevölkerung in EuropaToni Breuer und Dieter Müller

Auslandsdeutsche oder Deutsche im Aus-land? Sprachlogisch sind beide Aus-drucksweisen gleichbedeutend. Im tat-sächlichen Sprachgebrauch wird der Be-griff der Auslandsdeutschen abervorzugsweise auf deutsche Bevölkerungangewendet, die teilweise schon im 18.Jh. nach Osteuropa (Banater Schwaben)bzw. nach Russland (Wolgadeutsche) aus-gewandert ist (�� Beitrag Mammey/Swi-aczny, Bd. 4, S. 132). Die damaligen Aus-wanderungen erfolgten aus wirtschaftli-cher Not und waren meist endgültigerNatur. Dies gilt gegenwärtig für Deutscheim Ausland nicht mehr.

Die weltwirtschaftliche Entwicklungder letzten Jahrzehnte hat vor allem inMittel- und Westeuropa eine Fülle vongesellschaftlichen Veränderungen ge-bracht. In diesem Zusammenhang mussauch der Begriff der Auswanderung, for-mal definiert durch die Verlagerung desWohnsitzes über nationale Grenzen hin-weg, inhaltlich neu bewertet werden.

Auswanderung oder Lebens-stil?Ein Studienjahr im Ausland qualifiziertfür internationale Arbeitsaufgaben. EinAuslandsaufenthalt kann eine notwendi-ge Etappe in der beruflichen Karriere sein.In hoch qualifizierten Berufen ermöglichtdie moderne Teletechnologie die perma-nente oder zeitweise Verknüpfung vonArbeit und Freizeit an klimatisch attrakti-ven Auslandsstandorten. Ein Freizeit-hauserwerb im Ausland sichert einentemporären Rückzugsort in naturnaheroder klimatisch alternativer Umgebung,der später nicht selten zum Altersruhesitzfür Rentner wird (HALL/MÜLLER 2004).Migration ins Ausland bedeutet damitnicht mehr zwingend eine dauerhafteVerlegung des Wohnsitzes.

Die Gründe für eine zunehmende in-ternationale Mobilität und die damiteinhergehende Umwertung einer nichtmehr als zwanghaft und endgültig emp-fundenen Auswanderung reichen vontouristischer Reiseerfahrung über sin-kende Beförderungskosten bis zur Inter-nationalisierung der Weltwirtschaft.Damit verbunden sind veränderteWahrnehmungsperspektiven und Ver-haltensweisen der Nachkriegsgenera-tion in Europa, die unter dem Begriffdes Lebensstils zunehmend raumprägen-de Bedeutung erlangen (HELBRECHT

1997; KRÄTKE 2002). Gewisse Formender Auswanderung können solchen neu-en Lebensstilen zugeordnet werden.Dazu gehört die Nutzung von Alters-wohnsitzen im Ausland.

In der jüngeren internationalen Lite-ratur wird deshalb die traditionelle Un-terteilung der Mobilität in dauerhafteMigration und zeitlich befristeten Tou-rismus kritisiert (HALL/WILLIAMS 2002).

Verwiesen wird einerseits auf die Unzu-länglichkeit, mit Hilfe eines zeitlichenSchwellenwerts Migration von Touris-mus zu unterscheiden, andererseits aufdie kaum zu entwirrende Verflechtungvon arbeits- und freizeitbezogener Moti-vation. Viele der vermeintlich endgülti-gen Migrationen enden mit einer Rück-wanderung ins Heimatland. Im Gegen-satz dazu behalten manche Freizeithaus-besitzer ihre Auslandsimmobilien biszum Lebensende und halten sich im Ru-hestand mehr im Ausland als im Hei-matland auf. HALL und MÜLLER (2004)schlagen deshalb vor, von einem Mobi-litätskontinuum auszugehen.

Deutsche in EuropaDer Vorteil immer durchlässiger wer-dender Grenzen in Europa in Verbin-dung mit der Zunahme temporärer Aus-landsaufenthalte wirft für die Dokumen-tation ausländischer Bevölkerunggrundsätzliche Probleme auf. Die defini-torischen Kriterien der verschiedenenLänder sind außerordentlich heterogen.Verschiedene nationale Meldegesetze,ihre unterschiedliche Durchsetzung bzw.die mangelhafte Meldemoral im Aus-land ermöglichen weder eine umfassen-de Analyse der deutschen Auslandsbe-völkerung noch die Dokumentationdeutscher Grundeigentümer im Aus-land. Vor allem bei temporärem Wohn-aufenthalt im Ausland werden die meis-ten Deutschen innerhalb Europasbestenfalls näherungsweise als Touristenerfasst. Für eine differenzierte Situati-onsbeschreibung und -analyse müssendaher Fallstudien herangezogen werden.

Erwartungsgemäß finden sich diegrößten Zahlen deutscher Wohnbevöl-kerung – mit Ausnahme der Nachbarnim Osten (Polen und Tschechien) – inden Anliegerstaaten �. Dies sprichtdafür, dass es sich hierbei vorzugsweiseum Deutsche handelt, die bei grenz-überschreitend agierenden Wirtschafts-unternehmen tätig sind. Dabei paustsich der deutsche Sprachraum durch:Während z.B. die deutsche Bevölkerungim benachbarten Österreich weitgehendgleich verteilt ist, werden in derSchweiz die deutschsprachigen Kantoneoffenkundig bevorzugt �. Die französi-schen Departements Elsass und Lothrin-gen werden wegen ihrer Grenznähe vonDeutschen bevorzugt, die unterschiedli-che Preisniveaus in den nationalen Im-mobilienmärkten nutzen (MICHNA

2002). Das dürfte partiell auch für dieBenelux-Staaten gelten, die zudem Ziel-gebiete für qualifizierte deutsche Be-schäftigte sind.

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69Grenzenlose Mobilität? Deutsche Auslandsbevölkerung in Europa

Die regionale Verteilung legt den Schlussnahe, dass es sich überwiegend um deut-sche Beschäftigte und ihre Familienange-hörige handelt. Dies dürfte sich bei groß-maßstäblicher Betrachtung auch im FalleSkandinaviens als richtig erweisen.

Für Spanien dagegen trifft diese Er-klärung nur sehr bedingt zu: Einerseitswird dort zwar die Bindung der Deut-schen an die großen Ballungs- undWirtschaftszentren (Madrid, Barcelona)sichtbar, andererseits ist jedoch eineklare Bevorzugung der Inseln und Küs-ten offensichtlich �. Diese Standortewerden sowohl von deutschen Beschäf-tigten im Tourismusgewerbe geprägt alsauch von deutscher Ruhestandsbevölke-rung. Spanien besaß schon zu Zeiten derFranco-Diktatur recht liberale Bodenge-setze, die es Ausländern leicht mach-ten, dort Grundeigentum zu erwerben,das teilweise jetzt als Altersruhesitz ge-nutzt wird.

Die deutsche Auslandsbevölkerung ist inden meisten Ländern Europas (soweit do-kumentierbar) im letzten Jahrzehnt des20. Jhs. angestiegen. Davon ausgenom-men sind die Mittelmeer-AnliegerstaatenSpanien, Italien und Griechenland. DieZunahme kann sicherlich durch einewachsende Bedeutung des europäischenArbeitsmarktes für qualifizierte Beschäf-tigte erklärt werden. Die AttraktivitätSüdeuropas ist hingegen stärker freizeitbe-zogen. Möglicherweise hat das Inkrafttre-ten des Schengener Abkommens im Jahre1995 dazu beigetragen, dass dievornehmlich freizeitorientierte deutscheWohnbevölkerung auf den mediterranenHalbinseln häufiger saisonal pendelt und/oder die Notwendigkeit einer förmlichenMeldepflicht geringer achtet.

Im Alter lockt SpanienDie Verteilung der deutschen Wohnbe-völkerung auf der Iberischen Halbinsel

muss nach Altersgruppen differenziertinterpretiert werden: In den Ballungs-räumen bzw. Wirtschaftszentren wieMadrid, Barcelona, Lissabon oder Portosind über 70% der Deutschen im er-werbsfähigen Alter. Davon zu unter-scheiden sind die deutschen Residentenin Küstenprovinzen und auf Inseln, diegleichzeitig als Standorte des internati-onalen Tourismus von Bedeutung sind.Absolut betrachtet sind die beiden ka-narischen Provinzen die Spitzenreiter,gefolgt von Alicante, den Balearen undMálaga (Costa del Sol). Auch die süd-portugiesischen Küstenprovinzen (Al-garve, Alentejo Litoral) verzeichnengemeinsam mehr Deutsche als die Städ-te Porto und Lissabon. Relativ gesehenist in den Küstenprovinzen der Anteilder über 65-Jährigen jeweils signifikanthöher als in den Städten: Alicante undMálaga je ca. 25%; Santa Cruz de Tene-rife über 20%. In diesen Zahlen scheintdie eigenständige Kategorie deutscherAltersresidenten auf �.

Der gleichzeitig hohe Anteil erwerbs-fähiger deutscher Bevölkerung stehtdazu nicht im Widerspruch, weil vieledeutsche Auslandsbeschäftigte im Tou-rismusgewerbe tätig sind. Deutsche Ru-heständler schätzen gerade diese

deutschsprachige Infrastruktur. Auf denBalearen ist der Anteil der deutschenSeniorenbevölkerung geringer alsgemeinhin angenommen. Von der Aus-bildung reiner Rentner-Siedlungenkann dort ohnehin keine Rede sein(FRIEDRICH/KAISER 2001).

Auf den Kanarischen Inseln ist der An-teil deutscher Senioren (älter als 55 Jah-re) hingegen sehr hoch. Im Jahr 2000 wa-ren in den Einwohnermelderegistern derGemeinden 7163 Deutsche über 55 Jahreals Wohnbevölkerung registriert. Exper-ten schätzen ihre tatsächliche Zahl aberauf mehr als 50.000. Die Hochburgen desinternationalen Fremdenverkehrs werdenauch als Wohnorte bevorzugt. Aus demklimatischen Nord-Süd-Gegensatz des inder Passatwindzone gelegenen Archipelsfolgt im Jahresverlauf für die beidenHauptinseln Teneriffa und Gran Canariaeine bipolare Verteilung �. Die Bereit-stellung geplanter Ferienhaussiedlungenfür ausländische Immobilieneigentümerbegann in den 1960er Jahren im NordenTeneriffas (RIEDEL 1971). Heute ist des-halb die „deutsche Kolonie“ in Puerto dela Cruz am stärksten überaltert � �.

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70Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland – Deutschland in der Welt

Urbanisationen in Appartements; mehrals ein Drittel begnügt sich dabei mitWohnungsgrößen zwischen 40 und 60m², denn rund 70% nutzen ihre Woh-nung nur saisonal als Zweitwohnsitz,und zwar bevorzugt in den Wintermona-ten von November bis März. Diejeni-gen, die ihren Altersruhesitz auf den In-seln ganzjährig nutzen, sind mit 30% inder Minderheit. Mehr als zwei Fünfteldieser Dauerresidenten verfügen zudemüber eine Wohnung in Deutschland,und im Fall von erheblicher Altersge-brechlichkeit schließen die meisten vonihnen eine Rückkehr nach Deutschlandnicht kategorisch aus (BREUER 2003).

Dieses Beispiel verdeutlicht, dass diebisherigen definitorischen Konzeptio-

nen von „Auswanderung“ der Realitäteiner postfordistischen Gesellschaft mittransnationalen Mobilitätsmusternnicht mehr gerecht werden. Das gilt ingleicher Weise für das Beispiel deut-scher Immobilienbesitzer in Schweden.

Ferienhäuser in SchwedenViele deutsche Ferienhausinteressentenfinden ihre Traumhäuser in Schweden.So stieg die Anzahl der deutschen Feri-enhausbesitzer in Schweden zwischen1991 und 1996 von etwa 1500 auf über5500 an (MÜLLER 1999). Das Bild ei-nes schwedischen Freizeithauses unterdeutscher Flagge verursachte Irritationund Misstrauen gegenüber den deut-schen Zuzüglern und führte zu einer De-

batte in den schwedischen Medien.Ähnliche Reaktionen sind von der Ba-leareninsel Mallorca bekannt. Der Im-mobilienkauf bedeutet dabei keinesfallsimmer auch eine definitive Auswande-rung der Eigentümer.

Teile des ländlichen Raums inSchweden haben seit längerer Zeit un-ter der Abwanderung und der Überalte-rung der Bevölkerung gelitten. Diedaraus resultierenden günstigen Immo-bilienpreise und die relativ kurze Ent-fernung machen das Binnenland Süd-schwedens zu einem attraktiven Reise-ziel für Deutsche, nicht zuletzt für Ein-wohner Berlins und Hamburgs . DasSchwedenbild vieler Deutscher basiertdabei nicht auf eigenen Erfahrungen im

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Land, sondern auf dessen Vermittlungdurch die Medien. Insbesondere dasWerk der schwedischen Kinderbuchau-torin Astrid Lindgren scheint einewichtige Rolle für die soziale Konstruk-tion des Schwedenbildes zu spielen,nicht zuletzt dank der schwedischenFremdenverkehrswerbung in Deutsch-land. Dennoch muss festgehalten wer-den, dass die deutschen Ferienhausbe-sitzer eine heterogene Gruppe mitjeweils sehr verschiedenen Präferenzenund Motiven für den Ferienhauserwerbbilden.

Die Verbreitung des deutschen Feri-enhausbesitzes gleicht einer Kolonisie-rung des ländlichen Raums Schwedens.Die ersten deutschen Ferienhausbesitzerwirkten steuernd, indem sie Freundeund Bekannte in ihre Ferienhausgegendzogen, die dann ihrerseits häufig Immo-bilien in benachbarten Gebieten erwar-ben. Die wichtigsten Standortfaktorenfür die Wahl der Ferienimmobilie sindsomit die Erreichbarkeit, der Preis unddas soziale Netzwerk.

Der Kursverfall der schwedischenWährung 1992 und die daraus resultie-renden niedrigen Immobilienpreise wa-ren eine zentrale Voraussetzung für diesteigende Anzahl deutscher Ferienhaus-eigentümer. Die schwedische Mitglied-schaft im Europäischen Wirtschaftsratund später der EU haben dazu beigetra-gen, den Ferienhauserwerb in Schwedenzu erleichtern. Die deutschen Käufe um-fassen fast 50% der ausländischen Im-mobilienkäufe in Schweden. Förderlichfür die Zunahme der Zahl der deutschenHauseigentümer in Schweden warsicherlich die Spezialisierung einigerschwedischer Immobilienmakler aufden deutschen Markt, was das räumli-che Verteilungsmuster beeinflusst hat.Nur wenige Ferienhäuser liegen weiterals 300 km von den Fährhäfen entfernt�, wobei ländliche attraktiver alsstadtnahe Räume sind. Gebiete mit ei-ner jetzt schon hohen Anzahl deutscherHauseigentümer werden wahrscheinlichauch in Zukunft eine weitere Steigerungerfahren.

Obwohl viele Ferienhausbesitzer denWunsch nach sozialer Integration in dielokale Gemeinschaft haben, bereitetdies größere Probleme als erwartet. Dieortsansässige lokale Bevölkerung gehtim Regelfall einer Erwerbstätigkeit inder nächsten Stadt nach. Deutsche Be-wohner erleben daher nicht den idylli-schen ländlichen Raum, den sie aus Fil-men und Texten zu kennen glauben. Siepassen sich jedoch der veränderte Situa-tion an, suchen Kontakte zu anderenFreizeitbewohnern und rekonstruierendie schwedische Kulturlandschaft in derdirekten Nachbarschaft des Hauses ge-mäß ihren eigenen Vorstellungen.

71Grenzenlose Mobilität? Deutsche Auslandsbevölkerung in Europa

Viele deutsche Hausbesitzer verhaltensich wie (Langzeit-)Touristen, diehäufig wiederkehren und relativ lan-ge am Urlaubsort verweilen. Gleich-zeitig stieg in den beliebtesten Frei-

zeithausgebieten in den 1990er Jah-ren auch die Zahl der dauerhaft an-sässigen deutschen Bevölkerung amstärksten. Dies dürfte Ausdruck einerzunehmenden Umwidmung der ehe-

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maligen Freizeitwohnsitze in Alters-ruhesitze sein.

EntwicklungsperspektivenDie anfänglich genannten Gründe füreine steigende Zahl von Deutschen imAusland werden an Bedeutung weiterzunehmen. Neben der wachsenden An-zahl der Rentner ist dabei auch an diesteigende internationale berufliche Er-fahrung und die verbesserten Sprach-kenntnisse der Deutschen zu denken.Alles andere als ein weiteres Ansteigen

der deutschen Bevölkerung im Auslandwäre daher eine Überraschung. Wahr-scheinlich ist aber auch, dass trotz zu-nehmender transnationaler Mobilität inEuropa deren Dokumentation und wis-senschaftliche Analyse immer wenigerexakt ausfallen dürften. Hier liegt einewichtige Zukunftsaufgabe für das Euro-päische Statistische Amt in Brüssel unddie Konzeption von Volkszählungen ineiner erweiterten Europäischen Uni-on.�

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