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Gretsch G5422TG Electromatic HollowbodySnow Crest White

Jauchzen vor GlückGretschs G5422TG ruft Erinnerungen an die White Falconaus dem eigenen Hause wach – und damit auch großeErwartungen. Die opulente Optik samt vergoldeter Hardwareund den neuen Blacktop-Filter’Trons trägt dazu einengehörigen Teil bei. Ready, set, go, man, go!

GRETSCH G5422TG ELECTRO-MATIC HOLLOWBODYSNOW CREST WHITE

FACTS

Herkunft Korea

Korpus Ahorn, gesperrt, fünflagig

Decke Ahorn, gesperrt, fünflagig

Hals Ahorn, eingeleimt

Halsprofil U-Profil, moderat

Griffbrett Palisander

Griffbrettradius 12“

Sattelbreite 43 mm

Bünde 22 Medium: 2,2 x 1,4 mm

Mensur 62,5 cm/24,6“

Pickups 2 x Blacktop Filter’Tron

Regler Volume Bridge, Volume Neck, Master Volume, Master Tone

Schalter Dreiweg-Toggle

Hardware vergoldet, Adjust-o-matic-Bridge mit Secured Rosewood Base, Bigsby B60, Vintage-

style-open-back-Mechaniken

Gewicht 3,15 kg

Linkshänder nein

Internet www.gretschguitars.com

Empf. VK-Preis 1.188,- €

Preis-Leistung

Eine Gretsch aus dem Koffer zu nehmen und zu spielen, hat immer was von einer Fahrt in einem dicken Ami-Schlitten. Es ist irgendwie von allem ein wenig zu viel. Hier die Optik, da der Hubraum, Vernunft ist auch kein echtes Argu-ment, aber eines ist sicher. Nein, nicht die Rente, Nobbi, was wir meinen, ist:

Spaß! Eine Gretsch klingt nie wie eine andere Gitarre, sie ist auch nicht nah dran an irgend-welchen Paulas oder Strats, sie ist etwas völlig Eigenständiges, eben ein echter Klassiker.

Ähnliches kann man auch von Gretsch-Playern behaupten, als da wären: Chet Atkins, Eddie Cochran, Brian Setzer, Billy Duffy, The Edge und nicht zuletzt Jack White: Ge-

schmacksgaranten mit durchaus unter-schiedlichen klangästhetischen Vorstel-lungen.

Das originäre natürliche Umfeld ei-ner Gretsch ist aber, da brauchen wir nicht drüber zu diskutieren, Country, Rockabilly und Rock’n’Roll aller Cou-

leur. Ein Problem haben die meisten Gretsch-Damen dann leider doch: ihren

Preis. Eine senkrechte Gretsch kostet ein-fach ein paar Scheinchen, für manche

auch ein paar Scheinchen zu viel. Gretsch bietet mit der Electromatric-

Serie eine Serie in der preislichen Mittelklasse um die tausend Euro, was den Traum von einem solchen amerikanischen Hot-Rod dann wieder in greifbare Regionen rücken lässt.

Hohlkörper deluxeDie G5422TG ist ungeachtet ihrer durchaus etwas prot-zigen Erscheinung eine recht

unprätentiös konstruierte Gi-tarre. Sie ist eine Hohlkons-

truktion, verzichtet also auf den Sustainblock, der Decke und

Boden miteinander verbindet; ledig-lich eine Verstärkung für die Montage

der Pickups und der Brücke hat man unter die Decke geleimt. Den Kontakt zum Boden

stellen zwei kleine Pfosten her. Dies dürfte die Decke ebenfalls effektiv am Aufschwingen hindern, gleichzeitig bleibt aber mehr Hohl-raum zur Verfügung, was im direkten Ver-gleich mit einer Gibson ES-335 für deutlich mehr akustische Anteile sorgt. Ansonsten fol-gen die gewölbte Decke, der ebenso geformte Boden und die Zargen dem bewährten Rezept und bestehen aus gesperrtem Ahorn, übrigens in klassischer Manier fünflagig.

Auch der Hals besteht aus Ahorn. Ob, und wenn ja, aus wie vielen Teilen der Hals be-steht, lässt sich aufgrund der deckend weißen

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TEST & TECHNIK e-gitarre

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Lackierung nicht sagen. Das Griffbrett besteht aus Palisan-der und beherbergt neben den 22 Bünden mit Stäbchen mittleren Formats noch die Gretsch-typischen Hump-Blocks aus weißem Pearloid. Mir persönlich hätten die dezenteren Thumbnail-Inlays, wie sie Chet Atkins und Brian Setzer bevorzugen, optisch besser gefallen. Die Hump-Blocks sind indes die unangefochtenen Könige im Gretschiversum, wenn es um die Ablesbarkeit der Lage geht. Side-Dots kom-plettieren den Gesamtüberblick.

Schönheit muss leidenIn Richtung Kopfplatte laufen die werksseitig aufgezogenen .010-.046er-Saiten über einen Graphtech-Sattel aus dem Material Nubone, einem harten Kunststoff, der klanglich in die Nähe von echtem Knochen kommen soll. Ge-stimmt werden die Saiten von vergoldeten Open-Back-Mechaniken, die ihren Dienst zwar verrichten, in keiner Weise aber mit modernen Kollegen von Schaller oder Sperzel mithalten können. Außer vom Aussehen her, da haben sie die Nase vorn.

Eine Adjust-o-matic-Bridge mit Palisan-dersockel, übrigens aufgesetzt, aber mit zwei Stiften zur Positionierung ausgestattet, bietet den Saitenauflagepunkt am Korpus, bevor es in das Vibrato aller Gitarristenträume geht. Ja, aller, verdammt noch mal, ein Bigsby ist der Hammer. Kein Vibrato schaut besser aus, kei-nes lässt einen Akkord so schön mit einem Schimmer versehen.

Eingehängt werden die Saiten an den all-seits unbeliebten Stiften, die Durchfädelvari-ante ist deutlich angenehmer. Wenn man die Ballends mitsamt ihrer Wicklung aber über ei-nen größeren Schraubenzieher oder Stift gut vorbiegt, kann man das Herunterrutschen der Ballends von den Stiften ganz gut im Zaum halten. Wer schön sein will, muss leiden. Das gilt ganz besonders für die Bigsby-Freunde.

Zwei EinspulerBei der äußeren Erscheinung nimmt der Indie-Bengel Reißaus, und die Ledernacken-, par-don, Lederjackenfreunde jauchzen vor Glück. Zwei Blacktop-Filter’Trons, beides Einspuler, stehen zur Verfügung. Angewählt werden sie über einen Dreiweg-Toggle, der die klas-sischen Varianten bietet: Steg, Steg/Hals, Hals.

Zur Kontrolle der Lautstärke

und des Tons steht je Pickup ein Volume-Poti

zur Verfügung. Das Tone-Poti müssen sie sich teilen. Letztlich kommt noch das Gretsch-ty-pische Master-Volume hinzu.

Klanglich bewegt sich diese Gretsch im weiten Feld amerikanischer Roots-Music, als da wären Country, Rockabilly, Blues und ger-ne auch mal etwas Richtung Swing. Ein ange-zerrter Röhrenamp, ein Federhall und ein we-nig Slapback-Delay lassen einen in ver-gangenen Zeiten schwelgen, als der Rock’n’Roll noch gefährlich war, Marty McFly eine „Pepsi ohne“ bestellte und eine damals noch gar nicht erfundene 335 meisterte.

Es twangt und knackt unabhängig von der Schalterstellung, dass es eine wahre Freude ist. Der Stegpickup liefert attackreiche und höhenbetonte Rhythmussounds, während er bei Sololinien in den hohen Lagen ganz schön scharf wird – für Rockabilly genau richtig. Anders wird es am Hals, der deutlich weniger Schärfe und Twang aufweist. Zwar ist der Sound ungebrochen von ordentlich Attack und Biss geprägt, ihm geht aber die Schärfe des Stegpickups ab. Wer gerne arpeggierte Flächen spielt, der findet das passende Klang-ambiente in der Mittelstellung, die herrlich knochig-glockig-hohl um die Ecke schielt.

Schnelle Pickings übertragen die Blacktops ebenso gut wie kerniges Riffing in Malcolm-Manier. Dafür sollte man jedoch überlegen, ein paar Schippen in Sachen Saitenstärke dr-aufzulegen. Angesichts der kurzen Mensur von 24,6“ (62,5 cm) sei es ohnehin empfohlen, der Dame einen Satz .011er aufzuziehen.

Das bleibt hängenEine Gretsch ist wie ein dicker, alter Cadillac: nicht schnell, nicht billig und auch nur be-grenzt einsetzbar. Dafür aber eben auch gei-ler, stylischer und individueller als der übliche Einheitsbrei. Dank der Electromatic-Instru-mente geht das Gretsch-Erlebnis auch deutlich günstiger über die Bühne. Die Qualität geht völlig in Ordnung, der Straßenpreis von knapp unter tausend Euro ebenfalls.

Stephan Hildebrand

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