GROSS WARTENBERGER imatbla · 1989. 12. 31. · des dortigen Klerus, Graf Ludwik Zyberk- Plater,...

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GROSS WARTENBERGER imatbla Mitteilungsblatt für Familie - Kultur und Zeitgeschehen Jahrgang 49/ISSN 0017-4599 JuWAugust 2005 Nr. 4 Ein Liedchen nur Der Windhauch säuselt ein Liedchen mir zu Es kommt wie aus alten Zeiten. Sein Klang sagt mir; wo ich zu Hause bin, er singt uon der Heimat, der weiten... Dort, wo meine Mutter mich einst gebar, dort, wo ich geschützt und geborgen war, dort zogs mich uor Jahren oft sehnsuchtsvoll hin Dort gab es den Baum, den Garten und das Haus, Gerüche, so altvertraute. Da kannte ich jeden Hain, jeden Strauch und alle Töne und Laute. Dort stieg einst mein Drachen hoch in den Wind weit über das Dach der Remise. Dort suchte ich Ostereier als Kind auf der blühenden Frühlingswiese. Und mein Jagdrevier war der Mühlenteich, da baute ich Schifflein und fühlte mich reich, ja, das alles gehorte mir! Ich hatte im Garten mein eigenes Beet, kutschierte den Pferdewagen... Doch dann wurde alles uom Winde verweht in düsteren, stürmischen Tagen. Das ist alles unter meiner Haut, ist ein Teil meines inneren Lebens. Und nichts von dem, was ich hörte und sah und erlebte. war jemals uergebens. Das säuselt der Windhauch -was sagte er noch mit der leisen Melodie, die zärtlich durch meine Seele zieht (?). Meine Heimat oergesse ich nie! Er sagte, halte die Heimat in Ehren, niemand kann es dir wirklich verwehren. denn das Leben geht weiter ohne Verweilen über die Jahre, über die Zeit! Und ist nicht die Welt von Osten bis Westen, von Süden bis Norden, uom tiefsten Meer bis hin zu den Sternen dir neue Heimat schon geworden? Die Grenzen verschwinden in Zeit und in Raum. Em Windhauch ist alles - unendlicher Traum! ‘\ Lothar Kalle / ,i ’ / .---.- __-_ ,^_^ ,.^_ ,, ^“~ .__ ------- .--- -. ._ -.“.I. ~.l_““l”” ._. _ _ _,_, ^.^^.^ ,-I_--- .-..- i

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  • GROSS WARTENBERGER

    imatbla Mitteilungsblatt für Familie - Kultur und Zeitgeschehen

    Jahrgang 49/ISSN 0017-4599 JuWAugust 2005 Nr. 4

    Ein Liedchen nur Der Windhauch säuselt ein Liedchen mir zu

    Es kommt wie aus alten Zeiten.

    Sein Klang sagt mir; wo ich zu Hause bin,

    er singt uon der Heimat, der weiten...

    Dort, wo meine Mutter mich einst gebar,

    dort, wo ich geschützt und geborgen war,

    dort zogs mich uor Jahren oft sehnsuchtsvoll hin

    Dort gab es den Baum, den Garten und das Haus,

    Gerüche, so altvertraute.

    Da kannte ich jeden Hain, jeden Strauch

    und alle Töne und Laute.

    Dort stieg einst mein Drachen hoch in den Wind

    weit über das Dach der Remise.

    Dort suchte ich Ostereier als Kind

    auf der blühenden Frühlingswiese.

    Und mein Jagdrevier war der Mühlenteich,

    da baute ich Schifflein

    und fühlte mich reich, ja, das alles gehorte mir!

    Ich hatte im Garten mein eigenes Beet,

    kutschierte den Pferdewagen...

    Doch dann wurde alles uom Winde verweht

    in düsteren, stürmischen Tagen.

    Das ist alles unter meiner Haut,

    ist ein Teil meines inneren Lebens.

    Und nichts von dem, was ich hörte und sah

    und erlebte. war jemals uergebens.

    Das säuselt der Windhauch -was sagte er noch

    mit der leisen Melodie,

    die zärtlich durch meine Seele zieht (?).

    Meine Heimat oergesse ich nie!

    Er sagte, halte die Heimat in Ehren,

    niemand kann es dir wirklich verwehren.

    denn das Leben geht weiter ohne Verweilen

    über die Jahre, über die Zeit!

    Und ist nicht die Welt von Osten bis Westen,

    von Süden bis Norden,

    uom tiefsten Meer bis hin zu den Sternen dir

    neue Heimat schon geworden?

    Die Grenzen verschwinden in Zeit und in Raum.

    Em Windhauch ist alles - unendlicher Traum!

    ‘\ Lothar Kalle / ,i ’

    / .---.- __-_ ,̂ _ ̂ ,.^_ ,, “̂~ .__ ------- .--- -. ._ -.“.I. ~.l_““l”” ._. _ _ _,_, .̂̂ .̂̂ ,-I_--- .-..- i

  • Seite 2 Groß Wartenberger Heimatblatt Nr. 4/2005

    Johannes Paul 11. und die Schlesier Der Tod von Johannes Paul 11. am 2. April markiert das Ende einer kirchlichen Ära.

    Mit über 26 Jahren hatte der zum Pontifex Maximus gewählte Erzbischof von Krakau, Karo1 Kardinal Wojtyla, das zweitlängste Pontifikat der Kirchengeschichte inne (ei- nige Quellen sprechen vom drittlängsten, wobei dabei der heilige Petrus mit rund 35 Jahren als der am längsten amtierende Papst gezählt wird. Kirchenhistorisch ist es jedoch

    äußerst problematisch, Petrus als Papst zu bezeichnen). Als am 16. Oktober 1978 die Stimme des dienstältesten Kardinaldiakons die traditio- nelle Botschaft ,,Habemus papam“ verkün- dete, konnten die meisten mit dem Namen des Gewählten nichts anfangen. ,,Der Mann aus einem fremdem Land‘, wie man über den neuen Papst sprach, war seit dem Tode

    des Deutschen Hadrian VI. 1523 das erste nichtitalienische Oberhaupt der katholischen Kirche und der erste Slawe auf dem Stuhle Petri. Dabei war Kardinal Wojtyla nicht der einzige Krakauer Oberhirte, der im Konklave eine große Rolle spielen konnte. Einer seiner Vorgänger beeinflußte die Papstwahl auf eine andere Weise. Am 20. Juli 1903 starb

    nach fast 25jährigem Pontifikat Papst Leo XIII. (187%1903), der sich mit seiner wichtigsten Enzyklika ,,Rerum novarum“ (1891) als erster Oberhirte mit den sozialen Problemen der Arbeiter beschäftigt und somit eine entscheidende Weichenstellung für die Sozialethik der katholischen Kirche

    gestellt hatte. Damals wurde meistens der zweite Mann im Vatikan, der Kardinalstaats- sekretär, zum Nachfolger des verstorbenen Papstes gewählt. Diese Funktion übte damals Mariano Kardinal Rampolla del Tindaro aus, und seine Kandidatur schien sicher zu sein. Kardinal Rampolla war ein überdurchschnitt- lich intelligenter Mann und ein pragmatischer Politiker und Diplomat. Er setzte sich für die Annäherung an die GroRmächte Frankreich,

    Deutschland und Rußland ein und war der österreichischen Monarchie gegenüber feind- lich eingestellt. Seine Kandidatur löste unter den Bischöfen im russischen Teil des geteil- ten Polens Panik aus, denn die fürchteten nicht unbegründet, daß Kardinal Rampolla enge Kontakte zum Zaren aufbauen wollte und dessen Bestrebungen zulassen würde, die

    russische Sprache in die katholische Liturgie einzuführen und die Rechte der katholischen Kirche einzuschränken, was für die ohnehin unterdruckten Polen ein furchtbares Schick- sal bedeutet hätte. So ersuchte ein Vertreter des dortigen Klerus, Graf Ludwik Zyberk- Plater, Audienz beim Krakauer Fürsterzbi-

    Schof Jan Maurycy Pawel Kardinal Puzyna de Kosielsko und stellte ihm die Situation dar. Kardinal Puzyna beschloß daraufhin, die Wahl Kardinal Rampollas um jeden Preis zu verhindern. Das wurde überein altes und fast schon vergessenes Exklusivrecht möglich. Dieses Recht war die Folgeerscheinung des immer schwächer werdenden Kirchenstaa-

    tes in der Neuzeit, bis dieser 1870 aufgelöst wurde. Bis dahin versprachen der deutsche Kaiser und die französischen wie spanischen Könige dem Kirchen+@ ihren Schutz unter der Voraussetzung, dalJ sie das Privileg ha- ben, bei der Papstwahl ihr Veto gegen einen ihnen unangenehmen Kandidaten einzule- gen. Von diesem Recht wurde oft Gebrauch

    gemacht, im 19. Jh. geschah dies jedoch äußerst selten. Nach 1870 vergaß Papst Leo VIII. einfach, dieses Recht aufzuheben. So reiste Kardinal Puzyna nach Wien, um Kaiser Franz Joseph zu sprechen. Auf dem Wiener Hof wurde er sehr geschätzt, was sich auch einmal dadurch gezeigt hatte, daß ihm der Kaiser nach Puzynas Kreierung zum

    Kardinal 190 1 höchstpersönlich die Biretta überreicht hatte. Franz Joseph kam dieser Vorschlag sehr gelegen, denn ihm war Ra- polla zutiefst verhaßt. Dieser machte keinen Hehl daraus, daß er die oppositionellen po- litischen Kräfte in der k. u. k. Monarchie unterstützte. Vor allem jedoch konnte ihm der Kaiser nie verzeihen, das Kardinal Rampolla

    nach dem geheimnisvollen Selbstmord des einzigen Sohnes des Kaisers, des Erzherzogs Rudolf, alles Mögliche getan hatte, um ein katholisches Begräbnis zu verhindern. Ram- polla seinerseits konnte dem Kaiser dessen Bündnis mit dem italienischen König nicht verzeihen. Mit dem kaiserlichen Veto reiste Puzyna zum Konklave, in dem er dieses verlas und somit

    die Kandidatur Rampollas verhinderte. Zum Papst wurde stattdessen der Patriarch von Venedig, Giuseppe Kardinal Sarto, gewählt. der sich den Namen Pius X. gab. Der neu ge- wählte Papst hob das Exklusivrecht auf und verbot den Weltmächten unter Androhung der Exkommunikation, sich jemals in den Verlauf des Konklaves einzumischen. Pius X.. der noch im 20. Jh. heilig gesprochen

    wurde, spielte für die Kirche eine wichtige Rolle. Auch wenn er von Kritikern als ,,Anti- modernistenpapst“ bezeichnet wurde, so mulJ man sich vor Augen führen, daß er wichtige liturgische Reformen eingeleitet hatte, die später Pius XII. erweitert, die dann letzt- endlich zum Zweiten Vatikanischen Konzil geführt haben. Die liturgische Jugendbewe- gung, die sich in Schlesien so stark entfalten konnte, ging auf diese Reformen zurück.

    Daß Johannes Paul 11. überhaupt zum Papst gewählt werden konnte, verdankt die Kirche

    dem damaligen Erzbischof von Wien, Franz Kardinal König (t 2004), der diesen Umstand in seinen Memoiren so festhielt: Kardinal König unterhielt sich vor dem Konklave mit dem polnischen Primas, Stefan Kardinal Wyszynski, und sagte ihm, daß die polnische Kirche einen guten Kandidaten stellen könn- te. Der Primas erwiderte lachend, daß er den Kommunisten einen guten Dienst erweisen

    würde, wenn er für immer aus Polen ausreis- te. Kardinal König antwortete ihm. daß er nicht Wyszynski meinte, sondern daß es noch jemanden gäbe. Der Primas winkte ab und sagte, daß Kardinal Wojtyla keine Chance habe, da er zu unbekannt und zu jung sei. Nachdem Kardinal Wojtyla die Wahl ange- nommen hatte, war es der Primas, der als erster zu ihm trat, um ihn die Hand zu küs-

    sen. Wyszynski sagte dem neuen Papst zwei Dinge, bevor er zurück nach Polen reiste, was Johannes Paul nie vergaß. Er solle die Kirche über die Schwelle des neuen Jahrtausends führen und dabei nicht vergessen, daß er Pole sei und bleibe. Insbesondere der letzte Aspekt

    war für die heimatvertriebenen Deutschen ein Punkt von besonderer Wichtigkeit, denn nicht wenige fürchteten sich davor, daß der Papst den nationalpolnischen Katholizismus fördern könnte. Dies trat jedoch nicht ein, denn Johannes Paul 11. stellte politische Aspekte nicht über die Seelsorge. Kurz vor seiner Wahl zum Papst verbrachte er einige Wochen mit Pri-

    mas Wyszynski in Deutschland, wo er sich über die Probleme der seit 1972 eingeschla- genen neuen Ostpolitik der Bundesrepublik und des Vatikans genauestens informieren konnte. Paul VI. versuchte nach der Neu- regelung der Bistümer in den ehemaligen deutschen Ostgebieten, die in der DDR be- findlichen kirchlichen Verwaltungsbezirke zu Bistümern zu erheben und sie somit aus der Deutschen Bischofskonferenz heraushisen.

    Auberdem sahen die Pläne vor, eine eigen- ständige Bischofskonferenz zu ernennen, was vom SED-Regime gefordert wurde. Diese Pläne stießen nicht nur in den Kreisen der Vertriebenen, sondern auch innerhalb der westdeutschen Bischöfe auf heftige Pro- teste. Der Tod von Paul VI. verhinderte die Realisierung, und Johannes Paul 11. ließ diese Pläne fallen, weil er einsah, daß sie nur

    den Kommunisten entgegenkamen, und den Katholiken nur schadeten. Eine der größten Errungenschaftendes Papst- es war seine entscheidende Rolle für den Nie- dergang des Kommunismus in Europa, den er durch sein diplomatisches Taktieren herbei-

  • Nr. 412005 GroR Wartenberger Heimatblatt Seite 3

    führte. So unterstützte er die Gewerkschaft

    ,,Solidamosc” und unterhielt engen Kontakt

    zu den USA, insbesondere zu Präsident Rc-

    agan und dem ehern. polnischstämmigen

    Sicherheitsberater von Präsident Carter,

    Zbigniew Brzezinski. Das Attentat vom 13.

    Mai 1% 1 ist ein sicheres Zeichen dafür, daß

    sich die Kommunisten in ihrer Existenz be-

    droht gesehen haben und das ,,Papstproblem”

    auf ihre Weise lösen wollten.

    Auch wenn sich Johannes Paul 11. besonders

    für seine Landsleute vehement einsetzte,

    blieb er das Oberhaupt der Katholiken,

    so daß ihm alle Gläubigen gleichermaßen

    wichtig waren. In erster Linie lagen ihm

    die Verständigung und die Versöhnung der

    Viilker am Herzen, was er ständig anmahnte.

    Schon 198 1 übergaben ihm Clemens Riedel

    und Prof. Georg Smolka im Namen der ka-

    tholischen Vertriebenen die Dokumentation

    ,,Schicksal Vertreibung - Aufbruch aus dem

    Glauben”. Die Bestrebung der Vertriebenen

    nach Versöhnung würdigte der Papst durch

    Verleihung des Silvesterordens ~ der höch-

    sten Auszeichnung für einen Laien ~ an

    Prof. Smolka, Clemens Riedel und Dr.

    Günther Michalkc (24.1O.I% 1).

    Die Reisen dcs Papstes nach Polen wurden

    für die Heimatvertriebenen mit besonderer

    Aufmerksamkeit verfolgt. da sic sich Un-

    terstützung für die deutsche Minderheit in

    Schlesien erhofften. Das Jahr 198.1 war

    diesbezüglich von besonderer Wichtigkeit,

    da der Papst anlälllich des 6OOjiihrigen Jubi-

    läums dcs Maricnbildcs auf Jasna G6ra auch

    den Annaberg besuchte. Im Vorfeld richteten

    die katholischen Vcrtricbcncnverbände ein

    Schreiben an ihn mit der Bitte, die deutsche

    Minderheit in ihrer Muttersprache IU grüßen,

    um ihr IU Teigen. da13 die Kirche sic nicht

    vcrgcsscn hatte. Dazu kam CS nicht, und die

    Vcrtricbcnen mußten noch mit Entscticn

    f’csthtcllcn. daß diese päpstliche Pilgcrrcisc

    von polnischen Katholiken IU nationalpol-

    nischen Manif’cstationcn ausgenutzt wurde.

    Auch wenn der Papst in seinen Rotschaf’tcn

    die Auf’f’ordcrung nach Frieden bckriifiigtc,

    so entstand der Eindruck. als ob er die polni-

    schen Aufstiindc in Schlesien segnen würde.

    Nach intensiven Brietkontakten von Clemens

    Riedel mit dem Vorsitzenden der Deutschen

    I~ischof’skonfereni, Kardinal Hiiffher. der die

    Schreiben an den Vatikan weiten-eichte, kam

    ein Antwortschreiben von Kardin;llstaatssc-

    kret;ir Casaroli mit der Zusicherung. da13 es

    der Heilige Vater äullerst bedaure. wenn

    \ich deutsche Heimatvertriebene durch das

    MiliveratBndnis, ~LI dem einige Abschnitte

    aus seinen Reden geführt haben, ,,in ihren

    Empfindungen vcrlct/t gefühlt” hätten.

    Dies blieb jedoch die einzige grobe Unstim-

    migkeit. da sich der Papst sonst für politische

    Zwecke und Manifestationen nicht vercinnah-

    men ließ, sondern seine Stimme stets für Frie-

    den, Gerechtigkeit und Versöhnung erhob.

    Im Jahre 1977 ernannte Johannes Paul 11.

    Alfons Nossol Lurn Bischof’ von Oppeln,

    der sich ungeachtet des kommunistischen

    Regimes und des Widerstandes innerhalb

    des polnischen Episkopates offen für die

    deutsche Minderheit einsetzte. Da13 sich der

    Bischof’ immer der Ilnterstützung seitens

    des Papstes in seinen Bestrebungen sicher

    sein konnte, was für die deutschstämmigen

    Schlesier ein groBer Trost. Der Papst war für

    die Anliegen der heimatvertriebenen schlesi-

    schen Katholiken stets auf’geschlossen, wie _ der Apostolische Visitator bei seinen Besu-

    chen im Vatikan immer feststellen konnte.

    Nichtsdestotrotz brachte das Jahr 1999 eine

    unerfreuliche Wende, als der Status der Apo-

    stolischen Visitatoren zurückgestuft wurde.

    womit sic nicht mehr direkt dem Papst,

    sondern der Deutschen Bischofskonferenz

    unterstanden, in der sie seitdem auch nicht

    mehr Vollmitglieder sind.

    Die anfänglichen Befürchtungen mancher

    Heimatvertriebener, der Papst werde in ers-

    ter Linie als Pole handeln, sind nicht einge-

    troff’cn. Johannes Paul 11. war stets bemüht,

    Grenzen zu sprengen und LU Versöhnung und

    Brüderlichkeit aufzurufen. Die Reaktion der

    Welt auf’seincn Tod zeigte uns, welche mo-

    ralische Größe dieser Papst gewesen war.

    Gregor Ploch

    Erinnerungen an hleumittelwalde

  • Seite 4 GroB Wartenbereer Heimatblatt Nr. 412005

    Zum 60. Todestag Kardinal Bertrams Am 6. Juli 1945 - vor nunmehr 60 Jahren - starb auf Schloß Johannesberg bei Jauer- nig im Alter von 86 Jahren der letzte deut- sche Erzbischof von Breslau, Adolf Kardinal ßertram. Es war dem am 14. März 1859 als

    Sohn eines Kaufmanns in Hildesheim ge- borenen Niedersachsen nicht an der Wiege gesungen, daß er einmal als Bischof das im Osten gelegene, räumlich größte deutsche Bistum mehr als 30 Jahre lang leiten und schließlich den Untergang dieser deutschen Erzdiözese erleben würde. Adolf Bertram war nach seinem Studium

    und der 188 1 empfangenen Priesterweihe zunächst lange Jahre in seinem Heimatbis- tum Hildesheim tätig und hat sicher nie daran gedacht, daß er diese seine niedersächsische Heimat einmal werde verlassen müssen. Vom einfachen ,,Hilfsarbeiter“ in der Hildeshei- mer Diözesanverwaltung stieg er schließlich

    bis zum Bischof auf (1906) und leitete dieses Diasporabistum als ausgezeichneter Verwal- ter und tüchtiger Seelsorger, wie er glaubte, bis der Tod ihm den Hirtenstab aus der Hand nehmen würde. Aber es sollte anders kom- men: Gottes Wege sind nicht immer vom Menschen geplante und erwartete Wege. Als 19 14 der Breslauer Fürstbischof Georg Kardinal Kopp starb, wurde Bertram als sein Nachfolger auf den Bischofsstuhl in der

    schlesischen Hauptstadt berufen. Er mag - wie sein späterer Weihbischof Joseph Ferche schreibt - ,,nicht ohne Bangen“ die neue Diözese betreten haben, die damals in einer Ausdehnung von etwa tausend Kilome- tern von der Ostseeküste bis zu den ßeskiden reichte. Es war eine der größten Diözesen der Welt. Außer der deutschen Sprache wurden

    an den Grenzen dieses Gebietes noch drei slawische Sprachen: polnisch, tschechisch und serbisch gesprochen. Trotz all dem hat sich der neue Bischof bald in sein künftiges Aufgabengebiet und in die Seele des schlesischen Volkes hineingefun- den und ist ein allerseits verehrter Oberhirte geworden.

    Freilich war Bertram keine ruhige Tätigkeit beschieden. Der verlorene Erste Weltkrieg hatte schlimme Folgen auch für das ost- deutsche Bistum Breslau. Bertram war zwar 1916 von Papst Benedikt XV. zum Kardinal erhoben worden - zunächst frei- lich wegen des Krieges ,,in petto“, erst 19 19 wurde die Ernennung veröffentlicht -, aber

    der Titel befreite ihn nicht von den auf ihn zukommenden Lasten, die ihm die politische Entwicklung auferlegte. Obgleich Oberschlesien - der Ostteil der Diözese Breslau - seit mehr als 600 Jah- ren nicht zu Polen gehört hatte, sollte eine

    Volksabstimmung über die Abtretung von Teilen dieses Landes an den neuerstandenen polnischen Staat entscheiden. Dem Breslauer Kardinal war es ein ernstes Anliegen, daß bei dieser Abstimmung kirchlicherseits kein Wahlmißbrauch getrieben wurde und

    daß vor allem die Kirchenräume und die Kanzeln von Wahlpropaganda freigehalten wurden. Überhaupt verbot der Kardinal den katholischen Geistlichen jede politische Tätigkeit, z.B. Teilnahme an Demonstrati- onsversammlungen, politische Reden und sonstige Agitation. Dabei zögerte er nicht,

    kirchliche Strafen anzudrohen. Obwohl mehr als 59 Prozent der Abstim- menden für den Verbleib des Landes bei Deutschland votiert hatten, wurde Ober- Schlesien geteilt und der Osten zu Polen ge- schlagen. Dieses abgetrennte Gebiet wurde bald auch vom Breslauer Bistum losgelöst

    und 1925 zu einem eigenen Bistum Katto- witzerhoben. Kardinal Bertram trennte sich sicher nicht leichten Herzens von diesem rein katholischen Gebiet seiner Diözese, aber so schmerzlich für ihn auch der Verlust eines so bedeutenden Teiles seines Bistums war, ,,traten doch alle Gefühlsmomente zurück vor den kirchlichen und seelsorglichen Erwägun- gen, mit denen er den Übergang dieser Ge- bietsteile in neue Verhältnisse vorbereitete,

    nachdem sie einmal unabänderlich geworden waren“ (K. Engelbert). Eine weitere Gebietsabtretung erlebte der Kardinal 1930. Die preuRischen Provinzen Brandenburg und Pommern, die fast völlig protestantisch geworden waren, waren 182 1 dem Bischof von Breslau als ,,Delegaturbe- zirk“ unterstellt worden. Hundert Jahre später

    hatte dieser Bezirk infolge der seelsorglichen Arbeit der schlesischen Priester immerhin so viele Katholiken, daß er 1930 zu einem eige- nen Bistum Berlin erhoben werden konnte. ,,Ohne Bitterkeit trennte sich das Fürstbis- tum Breslau von der seitherigen Delegatur Berlin, deren Erhebung zum Bistum aus seelsorglichen Gründen geboten war“ (E.

    ßrzoska). Im gleichen Jahr wurde Breslau zum Erzbistum erhoben; der Breslauer Erz- bischof wurde Metropolit der Ostdeutschen Kirchenprovinz. Wenige Jahre später kam eine neue schwe- re Last auf die deutschen Bischöfe und besonders auf den Vorsitzenden der Fuldaer Bischofskonferenz, Adolf Kardinal Bertram

    zu: 1933 übernahmen die Nationalsozialist- en die Macht in Deutschland. Über Betrams Haltung und seine Handlungsweise in dieser schwersten Periode seiner Amtszeit ist schon vieles geschrieben worden. Man wirft heu- te von mancher Seite dem Kadinal vor, er

    habe zu wenig lautstark protestiert. Es wird dabei zumeist übersehen, daß es notwendig ist, die Dinge aus der damaligen Zeit heraus zu beurteilen. Heute haben wir die Einsicht in das Quellenmaterial, und wir haben auch nicht die Verantwortung, die die Bischöfe in der damaligen schweren Zeit zu tragen

    hatten. Die Bischöfe und besonders Kardi- nal Bertram bemühten sich, in dieser noch niemals dagewesenen sehr schwierigen Lage der Kirche fiir die Gläubigen zu retten, was noch zu retten war. Da Kardinal Bertram Vorsitzender der Fuldaer Bischofskonferenz war, hatte er in diesem Kampf des national-

    sozialistischen Staates gegen die Kirche einen besonders schwierigen Stand. Sein Handeln mußte immer auch Folgen für die gesamte Kirche in Deutschland, nicht nur für die eigene Diözese, haben. Der Kardinal bemühte sich, durch schriftliche Proteste und Eingaben wenigstens ein Minimum an Ent-

    gegenkommen zu erreichen. Der Bischof von Berlin, Konrad Graf von Preysing, forderte ein schärferes Vorgehen. Kardinal Bertram wollte sich nicht dazu verstehen. Er fürchtete, daß seine Priester und vor allem die gläubi- gen Laien darunter zu leiden haben würden. Im Ganzen handelte Bertram, wie er es vor seinem Gewissen für richtig hielt, um für die Gläubigen weiterhin Gottesdienste und

    Seelsorge zu ermöglichen. Bertram hatte zwar - wie sein ehemaliger Geheimsekretär Franz Georg Ganse mitteilt, einen ausgesprochenen Sinn für korrekte und saubere kirchliche Verwaltung. Er wußte aber auch: Kirchliche Verwaltung fließt aus dem Hirtenamt der Kirche, und das bedeutet Sorge für die Seelen. Kirchliche Verwaltung mul3

    der Seelsorge dienen, und so war ihm die Seelsorge ein Hauptanliegen. Gewiß sieht die seelsorgliche Tätigkeit eines Bischofs anders aus als die eines Gemeindepfarrers. Beide aber gleichen sich im Verkündigungsamt, das der Bischof freilich auf weitere Kreise abstellen muR als der auf seine Gemeinde eingeschränkte Pfarrer, beide gleichen sich aber auch in der Feier der Liturgie, dcs

    Messopfers. Bertram wirkte vor allem durch seine Predigten und seine Hirtenschreiben. Der Seelsorger in ihm war stärker als der Politiker. Den seelsorglichen Erfordernis- sen und Notwendigkeiten ordnete er alles andere unter. So hatte er erreicht, daß bis zum Kriegsende und darüber hinaus die Seelsorgearbeit, die Gottesdienste und die

    Sakramentenspendung weitergeführt werden konnten. Auch nach Abtrennung des Ostens Ober- Schlesiens blieb immer noch ein größeres Gebiet beim Erzbistum Breslau, in dem

  • Nr. 412005 Groß Wadenbewer Heimatblatt Seite 5

    neben der deutschen auch die polnische Sprache gesprochen wurde. Bertram setzte sich ausdrücklich für die Seelsorge in der jeweiligen Muttersprache ein. ,,Ausschlag- gebend“, so schrieb er an den Oppelner Pfarrer Prälat Joseph Kubis, ,,ist allein das seelsorgliche Interesse, also die Rücksicht darauf, in welcher Sprache Verständnis und Herz für die religiöse Belehrung, Anleitung, Ermahnung und Erbauung am besten zu ge- winnen ist“. Der Kardinal ließ seine Hirten- briefe ins Polnische übersetzen und sorgte dafür, daß auch seine Priester die polnische Sprache erlernten. Bertram bemühte sich auch, die pastorale Struktur in seiner Diözese zu verbessern; er vermehrte die Seelsorgestellen, teilte übergroße Pfarreien und lieg zahlreiche Kirchen bauen bzw. vergrößern. Auch die Ordensgemeinschaften förderte Bertram, er unterstützte die Neubesiedlung des Klosters Grüssau durch die aus Prag vertriebenen deutschen Benediktinermönche. Anfang 1945 wurde das schlesische Land in den Strudel der Kriegsereignisse hin- eingerissen. Die Stadt Breslau wurde zur Festung erklärt. Auf Drängen seines Arztes verlief3 der fast 86jährige Kardinal seine Bischofsstadt und begab sich auf das im sudetendeutschen Anteil der Diözese ge- legene bischöfliche Schloß Johannesberg bei Jauemig. So blieb dem greisen Kardinal das Miterleben der Zerstörung Breslaus und seines Domes erspart.

    Am 6. Juli 1945, um 15.30 Uhr starb Adolf Kardinal Bertram auf Schloß Johannesberg, mehr als dreißig Jahre nach seinem Amtsan- tritt in Breslau. An eine Überführung in den Breslauer Dom war unter den damals gege- benen Umständen nicht zu denken. So wurde er auf dem Friedhof in Jauemig bestattet. Erst nach den politischen Umwälzungen im Osten konnte er am 9. November 199 1 in den Dom zu Breslau überführt werden. Der Erzbischof von München und Freising, Michael Kardinal Faulhaber, widmete ihm bei Beginn der ersten Fuldaer Bischofskonfe- renz nach Kriegsende im August 1945 einen Nachruf, in dem es he&: ,,Wie einstmals der grolle Bischof von Hippo, St. Augustinus, starb, als die Vandalen seine Bischofsstadt belagerten, so legte sich auch unser Kardinal in jenen grauenvollen Wo- chen zum Sterben nieder, in denen der Krieg in seinem furchtbaren Endstadium seine Bi- schofsstadt Breslau mit Tod und Verderben bedrohte. So still wie er immer von uns ging, wenn wir hier in Fulda versammelt waren, so still ist er auch jetzt für immer von uns gegangen, so still, daß mancher von uns wochenlang nicht einmal von seinem Tode wuRte und der wirkliche Tag seines Sterbens für uns erst seit kurzer Zeit feststeht.“ Wir katholischen Schlesier sehen in Kardinal Bertram den guten Hirten seines Bistums und den geistlichen Vater seiner Gläubigen.

    Werner Marschall LILLY: Schkrien in Kirche und Web 3105

    War Will-Erich Peuckert ein Seher? Der schlesische Schriftsteller, Volkstumsfor- scher und Historiker, Dr. Will-Erich Peuckert, der in diesem Jahre seinen 1 IO. Geburtstag feiern könnte, veröffentlichte im Jahre 1938 im Wiking Verlag Berlin die Novelle ,,Die Spur im Heubusch“. Er erzählte darin ein fiktives Erlebnis aus seiner Jugendzeit in Kaiserswaldau, er nennt es ,,Waldau“, im niederschlesischen Kreis Goldberg-Haynau, wo er als Bauernsohn Kindheit und Jugend verlebte. Die Erzählung spielt Anfang des 20. Jahrhunderts, als unter der Regie des polni- schen Reichstagsabgeordneten Korfanty versucht wurde, durch geheime Wühlarbeit unter den polnischen Saisonarbeitern, die Wiederherstellung eines polnischen Staates unter Einschluß Ostdeutschlands voranzu- treiben. Es war der alte Traum von einem grollen Polenreich von der Elbe bis zum Dnjepr, der ja, was viel zu wenig bekannt ist, schon lange vor Yalta geträumt wurde. Die Polen hatten in den 120 Jahren der Nicht- Existenz ihr Ziel der Wiederherstellung eines eigenen Staates niemals aufgegeben.

    Es ist verblüffend, ja beinahe gespenstisch, was Peuckert, noch vor Beginn des 2. Welt- krieges in seherischer Vorausschau zu Papier

    brachte. Ahnte er, daM seine Worte schon sieben Jahre später entsetzliche Wirklichkeit

    werden sollten‘? Wir begegnen hier bereits der polnischen Nachkriegsproblematik, die

    den Anspruch auf die ,,urslawischen Gebiete“ untermauern sollte. In Kürze die Handlung: Um das Jahr 1910 herum erregt ein Fremder in der Gegend von Haynau Verdacht, da er heimliche Treffen mit dort tätigen polnischen Saisonarbeitern arrangiert. Dem jungen Peuckert und seinen Freunden gelingt es, diesen Mann im Heu- busch, einem Wäldchen bei Kreibau, aufzu- spüren und geschickt dazu zu bringen, in der ,,Kaisereiche“ in Waldau ein Zimmer zu neh- men. Dort kommt es dann zu einem Gespräch zwischen Vater Peuckert als Ortsvorsteher und dem Fremden, der sich Kowalsky nennt. Kowalsky gibt sich als Pole zu erkennen und behauptet, lediglich die Mitgliedsbeiträge der ,,Liga Narodowa” einzusammeln. Es entwi- ckelt sich folgendes Gespräch: ,,So“, meinte mein Vater, ,,Polen aufrichten‘? Alles, was mal geteilt worden ist” ,,Alles, was einmal zu Polen gehörte”, fiel ihm Kowalsky gleich ins Wort. Wir merkten nicht, daß er etwas anderes meinte; wir dachten, er wiederhole nur Va- tem, - aber mein Vater begriff auf der Stelle. ,,Sie sind ein fixer Mann, lieber Kowalsky.“ Der wurde ganz rot, und mein Vater fuhr fort: ,,Erst wallt ihr das, was geteilt worden ist. Dann langt ihr sofort noch ein Ende weiter.” ,,Wir wollen nur das, was zu uns gehörte.“ ,,Ja“, lachte da der Vater, das weiß ich schon. Die Frage ist bloß, was hat Ihnen gehört?“ Das, sprach Kowalsky, wäre leicht zu ermit- teln. Es stünde in jedem Schulatlas drin. . . . ,,Jetzt fchlt’s bloß, daß Sie mir Elbe sa- gen.“ ,,Ja”, nickte Kowalsky gegen den Vater; ,,weshalb denn sollten wir nicht Elbe sagen? Denn Polen hat ja bis dahin gereicht.” ,,Was an der Elbe war, wollen wir jetzt lassen,“ sah Vater ihn an; ,,ich müßte Ihnen sonst sagen, dal.3 Ihre Geschichtskenntnisse brüchig sind. Sie wissen wohl selber, daß nicht die Polen, daß Liutitzen und Wenden dort saßen“ (Mensch, hätte ich das je von

  • Seite 6 Groß Wartenberger Heimatblatt Nr. 4/2005

    Vatern geahnt! Der konnte Geschichte!) Und er fuhr fort: ,,Aber wenn Ihre Gründe die sind, daß Ihnen gehört, was mal polnisch war, da wird Ihr Geschäft sich wohl nicht recht lohnen.“ ,,Weshalb nicht, Euer Hochwohlgeboren? Ob jetzt in den Landstrichen auch Deut- sche wohnen, sie sind doch eben mal unser gewesen.“ Er setzte dazu: ,,Unser Erbeigentum.“ Mein Vater schüttelte ernsthaft den Kopf. ,,Sie möchten uns gerne zu Spitzbuben machen. Was Sie jetzt sagen, das soll doch heilien, wir hätten Ihnen Ihr Land wegge- nommen. Aber ich warnte Sie schon vor dem Grunde. Denn wenn Sie mit so einem Grund kommen wollen, da muR ich Ihnen doch etwas entgegnen: noch eh’ es polnisch war, war es schon unser. Sie wissen, die Wandalen sind alte Deutsche, die haben bis weit über die Weichsel gesessen.“ Auf das stieß Hilger-Alfred mich an und sagte: ,,Du. dein Alter ist knorke. Der haut dem Korfanty verdammt eine rein.“ Und das war wahr, er gab es ihm tüchtig. Ich aber dachte jetzt etwas ganz anderes. Mir ging die Elbe nicht aus dem Kopfe. Wenn die das Land bis zur Elbe verlangten, da war natür- lich auch Schlesien dabei, denn Schlesien liegt ja noch östlich der Elbe. Dann sollte das also jetzt polnisch werden! Und Waldau polnisch! Und unser Besitztum, da sollte ein Pole die Wirtschaft bekommen! Und unser Garten und draußen der Wald mitsamt der Sandgrube, - und das Fohlen, das wir erst gestern Abend gekriegt, und alles polnisch! Es war bloß ein Glück, da13 Vater ihn hatte so eindecken können! Kowalsky aber war nicht zu belehren. Da meinte mein Vater: ,,Gern tut man’s nicht, man macht sich vor einem andern nicht grol3, und nicht sein Volk vor dem anderen Volke, - das scheint mir geschmacklos. Ich möchte aber denken, da13 wir dies Land haben und nicht mehr Sie, das ist doch nicht nur von selber gekommen.“ ,,Nein“, sagte Kowalsky, ,,es ward uns ge- nommen!” Er hätte am liebsten ,,gestohlen“ gesagt, aber das getraute er sich nicht vor Vater. ,,Schön“, antwortete ihm Vater, ,,es ward Ihnen genommen. Wir wollen von diesem Nehmen mal reden. Nämlich, da schreibt ein Leubuser Mönch, wie dieses Land aussah, als Sie es hatten. Die Polen, schreibt er, sind arm und träge. Es gibt keine Stadt im ganzen Lande, kein Salz, kein Eisen, nicht einmal Schuhe; sie pflügen mit einem hölzernen Pfluge. So also sah’s aus. Und Ihre Fürsten, - denn daß die späteren schlesischen Piasten aus Polen gekommen sind, wissen Sie wohl, - die haben die Deutschen ins Land geru- fen. Da sind wir gekommen. Wir haben das

    Land, das elend dalag, zur Blüte gebracht. Das Dorf hier heißt Waldau, Herr Kowalsky. Waldau bedeutet ein Dorf im Walde, denn in de; polnischen Zeit, Herr Kowalsky, ist alles hier Waldland gewesen und Moor. Wir haben gerodet, das Moor ausgetrocknet, und daß hier ein Dorf steht, das machten wir.“ ,,Mensch“, stieß mich Alfred von neuem an. Er machte nichts weiter -, er knuffte mich bloB, dal3 ich die Flecke acht Tage behielt. ,,Mensch!“ sagte er, ,,dein Vater kann mir verflucht imponieren!“ Wie er das sagte, - ich denk es noch heut, - da ging es mir kalt über den Rücken runter. Da war ich wahrhaftig stolz auf u& selber. ,,Und jetzt, Herr Kowalsky,“ fuhr Vater fort, ,,jetzt wollen Sie einernten was Sie nicht säten.“ in der Nacht, in der ein schweres Gewitter niedergeht, versucht Kowalsky zu fliehen. Peuckerts Freund Alfred Hilger ist entschlos- sen, dies zu verhindern. Auf dem Weg durch Regen und Sturm schief3 es ihm durch den Kopf: Denn wenn er versagte, - wer garantierte, was hieraus entstand, und ob den Polen ihr Plan nicht gelang, da13 sie das Land holten und alles verjagten? Es ril3 ihn ins Herz. Er dachte plötzlich, daß er aus allem dann fortgehen mülJte -, vom Schwemmteich fort, wo sie baden gehen konnten! Vom Mittelhofwalde und vom Wilhelmshain, in dem sie ihr heimliches Baumhaus hatten, vom Bahnhofspark fort mit der hohlen Eiche, von Vaters Hause -. Die einzelnen Orte tauchten ihm schemenhaft auf. Wie im Dunkel. Aber der Schmerz um sie brannte ganz heiß. Peuckert-Will und seine Freunde, soweit sie den 1. Weltkrieg überlebten, Hilger-Alfred, Scholz-Paul, Käse-Alfred, Kuhlich-Ernst und wie sie alle hießen, alle haben sie fortgehen müssen, wurden verjagt. Schlesien wurde polnisch, Waldau wurde polnisch, alles pol- nisch, und ein Pole bekam die Peucketi-Wirt- Schaft, den Garten und den Schwemmteich und den Heubusch und erntete ein, was er nicht gesät hatte. Wortwörtlich, wie Will- Erich Peuckert es 1938 in seinem Häusel in Haase1 aufschrieb, wortwörtlich ist alles so gekommen. Hat er damals vielleicht schon das Schreckliche, das nur sieben Jahre später über Schlesien hereinbrechen sollte, deutlich

    vorausgesehen? Er, der sich viel mit Hexerei, Geheimkulten und Okkultismus beschäftigte, er, Peuckert, war er ein Seher? Wie dem auch sei, bei diesen Visionen geht es uns wie dem Hilger-Alfred: ,,Es reißt uns ins Herz.“

    Sigismund Freiherr v. Zedlitz Einsender: W. v. Korn

    Nächster Re~a~ion~h~u~: 20.8.05!

    Rechtswandel durch Besser- wissen des Bundeskanzlers

    SPD-Kanzler spielt mit Einheit, Vertrie- benenrechten und Menschenwürde

    Prof. Dieter ßlumenwitz, Lehrstuhlin- haber für Staats- und Völkerrecht an

    der Universität Würzburg Das Gutachten, das der Völkerrechtler Jo- chen Frowein und Jan Barcz in Berlin und Warschau vorgestellt haben, befaßt sich mit der Restitution und Entschädigung für entschädigungslose Enteignungen in den früher zu Deutschland gehörenden, heute polnischen Gebieten. Erwartungsgemäß lehnt die von der Bundesregierung und von der polnischen Regierung in Auftrag gege- bene Untersuchung die bis in jüngste Zeit für ,,offen“ gehaltenen Ansprüche deutscher Heimatvertriebener kategorisch ab. Die Be- troffenen werten das vorgestellte Gutachten als reine Gefälligkeitsarbeit. Gleichwohl hat es grundsätzlich Bedeutung. Das am 10. November bekanntgemachte Dokument erläutert und präzisiert die War- schauer Erklärung Schröders, wonach es heu- te ,,keinen Raum mehr für Rechtsansprüche

    aus Deutschland“ gegen Polen geben soll. Sie versteht sich nicht als politische Deklaration, sondern als ,,völkerrechtlich bindender einsei- tiger Akt der Bundesrepublik Deutschland“. Die Bundesregierung ,,betrachtet“ mit dieser Erklärung alle aus Flucht und Vertreibung resultierenden Ansprüche von Deutschland gegen Polen als ,,rechtgrundlos“ und versagt

    künftig allen individuellen Forderungen aus den genannten Vorgängen die Unterstützung. Der Bundeskanzler regelt nicht, er verzichtet nicht (was nur in einem rechtsstaatskonfor-

    men Verfahren möglich wäre). Er deutet die deutsche Nachkriegsgeschichte mit Wirkung vom 1. August 2004 an neu. Die Opfer von damals, die Entschädigung fordern, sind heute ,,Täter“ und Deutschland wird seinen ganzen Einfluß geltend machen, um deren Klagen vor ausländischen und internationalen Gerichten zu unterbinden. Deutschland vor Schröder hat sich ge- täuscht! Bundesrat und Bundestag stellten bei der Verabschiedung des Lastenaus- gleichsgesetzes ausdrücklich fest, ,,daß die Gewährung und Annahme von Leistungen keinen Verzicht auf die Geltendmachung von Ansprüchen auf Rückgabe des von Vertriebenen zurückgelassenen Vermögens bedeutet“. An diesem vermögenswerte An- sprüche der Vertriebenen voraussetzenden Präambelsatz hat der Gesetzgeber bei allen Neuverkündungen dieses Gesetzes bis in jüngste Zeit festgehalten. In voller Kenntnis der Grenz- und Nachbarschaftsverträge des wiedervereinigten Deutschlands forderte der Außenminister in seiner Karlsruher Rede am

  • Nr. 412005 Groß Wartenberger Heimatblatt Seite 7

    4. September 1993 die ,,Rückgabe oder Ent-

    schädigung enteigneter Vermögenswerte” der

    Vertriebenen - allein die Zeit für ,,konkrete

    Verhandlungen sei noch nicht gekommen”.

    Anderslautenden Spekulationen widersprach

    Kanzler Kohl am 2 1. Januar 1997 in Prag mit

    der Feststellung: ,,Die Vermögensfrage, die

    bleibt natürlich offen.” SO Jahre Nachkriegs-

    zeit - Ideengeschichte und Staatspraxis,

    Verunsicherung und Neubestätigung - wer-

    den sie am 1. August 2004 Makulatur’? Nicht.

    weil so der Gesetzgeber entschieden oder

    das Bundesverfassungsgericht dekretiert hat,

    sondern weil es der Kanzler besser weiß.

    Die Forderung nach formlosem Rechtswan-

    del durch Besserwissen hat in der deutschen

    Sozialdemokratie Tradition. Nach dem Re-

    gierungswechsel im Jahre 1969 wurde das

    Einheitswahrungsgebot der Verfassung für

    obsolet und nicht mehr bindend erklärt,

    da angeblich irgendwann nach 1949 die

    staatliche Einheit verloren gegangen war.

    Demgemäh war das Festhalten an der Wie-

    dervereinigung Deutschlands die ,,Lebenslü-

    ge” der Bundesrepublik. Das nächste Opfer

    des Verfassungswandels durch Besserwissen

    ist die Menschenwürde. Hier beanspruchen

    der Bundeskanzler und sein Ethikrat die

    Deutungshoheit in Staat und Gesellschaft.

    Auf welchen neuen Deutungen sich das

    Verdikt ,,rechtsgrundlos“ in der bislang

    offenen Vermögensfrage stützt, interessiert

    nicht nur die Gruppe der Betroffenen. Die

    Vertreibung der Deutschen ist nach wie vor

    völkerrechtswidrig. Für das, was polnische

    Staatsorgane 1945 getan haben, soll Polen al-

    lerdings völkerrechtlich nicht haften, weil es

    ,,nur“ die Potsdamer Beschlüsse durchführte.

    Nach allgemeinen völkerrechtlichen Grund-

    sätzen begründet auch die blobe Mitwirkung

    an einem Delikt die Staatenhaftung. Werden

    durch die in den Beschlüssen angeordnete

    ,,ordnungsgemäße und humane Überführung

    deutscher Bevölkerungsteile” auch die un-

    bestreitbaren polnischen Exzesse und die

    Konfiskation des gesamten Vertriebenenver-

    mögens gedeckt? Die neue Deutung: Polen

    durfte das Privatvermögens der Vertriebenen

    als deutsche Reparationsleistung ansehen und

    die Bundesrepublik habe dagegen - gern%

    des auch im wiedervereinigten Deutschland

    nachzubefolgenden Teils VI Überleitungsver-

    trag - nie Einwendungen erheben dürfen.

    Wer historische Fakten und überkommene

    Völkerrechtsregeln so umdeutet, ermutigt die

    polnische Seite, auch die Reparationsfrage

    neu zu definieren.

    In der vergangenen Woche sind die Untersu-

    chungen der Gutachter des polnischen Se.jm,

    Mariusz Muszynski und Stefan Hambura, der

    deutschen Öffentlichkeit bekannt gemacht

    worden. Die Gutachter deuten den polnischen

    Reparationsverzicht vom 23. August 1953

    neu: Obwohl der Verzicht seinem ausdrück-

    lichen Wortlaut nach gegenüber Deutschland

    erklärt wurde, war angeblich nur die DDR

    gemeint - falsa demonstratio non nocet! Die

    Wiederholung dieser Erklärung durch den po-

    nischen stellvertretenden Aulknminister 1970

    anläUlich der Verhandlungen zum Warschauer

    Vertrag sei durch das Verhandlungsmandat

    nicht gedeckt gewesen. Von noch offenen

    polnischen Reparationsforderungen sei

    schließlich auch das Kanzleramt in Bonn im

    März 1990 im Vorfeld der deutsch-polnischen

    Verhandlungen ausgegangen.

    Die Umdeutung historischer und rechtlicher

    Fakten auf beiden Seiten vermag gerade in

    den deutsch-polnischen Beziehungen nicht

    die Rechtssicherheit und das Vertrauen zu

    schaffen, das die Zusammenarbeit beider

    Volker in einer immer engeren Union der

    Staaten Europas fordert.

    Einsender: W. von Korn

    Friedrich von Logau zum 350. Todestag Im Juli 2005 jährt sich der 350. Todestag des

    schlesischen Dichters Friedrich von Logau

    ( 1604-55). Geboren war er zu Nimptsch, ge-

    storben ist er in Liegnitz. Der Vergessenheit

    entrissen hat ihn Gotthold Ephraim Lessing

    ( 1729-8 1) im Jahre 1759 in seinen Literatur-

    briefen. Dort lesen wir: ,,Es kann sein, dat.3

    ich Ihnen hier einen ganz unbekannten Mann

    nenne. Dieser Zeitverwandte und Landsmann

    des großen Opitz ist, wie es scheinet, nie nach

    Verdienst geschätzt worden; und noch ein

    halbes Jahrhundert hin, so wäre es vielleicht

    ganz um ihn geschehen gewesen. Kaum, da13

    unsere Kunstrichter und Lehrer der Poesie

    seinen Namen anführen; weiter führen sie

    auch nichts von ihm an. Wieviel vortreffliche

    Beispiele aber hätten sie nicht aus ihm entleh-

    nen kiinnen! Sie hatten ihn also nie gelesen;

    sie wußten nicht, was an ihm war; und es

    wird sie ohne Zweifel befremden, wenn sie

    nun bald einen von unseren größten Dichtem

    in ihm werden erkennen müssen.”

    Seitdem ist Logau nicht wieder in Vergessen-

    heit geraten. Sein Hauptwerk, durch das er

    bekannt wurde, waren fast 4.000 Epigramme

    (Sinngedichte), die er als Gesamtausgabe

    1654 in Dresden herausgab, das Werk aber

    aus Bescheidenheit unter dem Namen Salo-

    mo von Golau veröffentlichte. Im Jahre 1984

    erschien die neueste Ausgabe der ,,Sinnge-

    dichte” durch Ernst Peter Wieckenberg im

    Reclam-Verlag Stuttgart.

    Martin Opitz und Friedrich von Logau

    zählte man früher zur 1. Schlesischen Dich-

    terschule. Noch Hermann Kluge spricht in

    seiner ,,Geschichte der deutschen Natio-

    nal-Literatur” 1895 von zwei schlesischen

    Dichterschulen.

    Davon ist man unterdessen abgekommen.

    Aber auf alle Fälle gab es in der ersten

    Hälfte des 17. Jahrhunderts in Schlesien ei-

    nen beachtlich groben Kreis von Dichtem.

    An bekannten Namen zählt man weit über

    ein Dutzend.

    Das ist insofern von grober Bedeutung und

    muß unser Erstaunen hervorrufen, weil sich

    dieser Dichterkreis mitten im 30jährigen

    Krieg ( 16 1% 1648) entwickelte und weit über

    Schlesien hinaus, ja, in ganz Deutschland be-

    kannt wurde. Was Martin Opitz ( 1597-1639)

    aus Bunzlau durch sein Werk ,,Büchlein von

    der deutschen Poeterei” ( 1624) angestoßen

    hatte, machte Schule.

    Nun könnte man freilich meinen, da0

    dieser Aufbruch deutscher Poeterei weit

    zurückliegt. Doch heute noch finden wir in

    unserem Evangelischen Gesangbuch Lieder

    aus dieser Zeit. Dazu gehören ,,Morgenglanz

    der Ewigkeit“ , ,,Mir nach spricht Christus,

    unser Held‘ , ,,Ich will dich lieben, meine

    Stärke” , ,,Liebe, die du mich zum Bilde

    deiner Gottheit hast gemacht“, ,,Gott sei

    Dank durch alle Weh“, ,,Komm, o komm,

    du Geist des Lebens“ und ,,Nun preiset alle

    Gottes Barmherzigkeit”. Auch die vielen

    Lieder eines Johann Heermann (1585

    1647) gehören dazu. Gerade von Heermann

  • Seite 8 Groß Wartenberger Heimatblatt Nr. 4/2005

    wissen wir um die Schrecken und Leiden des 30jährigen Krieges, die auch Schlesien nicht verschonten, wenngleich andere Landstriche Deutschlands schlimmer in Mitleidenschaft gezogen wurden. Eine unvorstellbare Verwiis- tung, Verrohung und Todesgrauen kamen über unser Vaterland. Da scheint es geradezu eine geistliche und geistige Gegenwehr gewesen zu sein, daR die schlesischen Dichter mit Hilfe der deutschen Sprache sich gegen alle apoka- lyptischen Stimmungen auflehnten. Arno Lubos in seiner ,,Geschichte der L,i- teratur Schlesiens“ meint, daß man heute nicht mehr von den ,,zwei Schlesischen Dichterschulen“ reden könne. Er kann aber nicht sagen, weshalb in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts gerade in Schlesien dieser ,,dichterische Aufbruch‘ erfolgte. Interessant ist aber, daß die zeitgenössische Dichtung zum Teil gesellschaftskritisch war, was be- sonders auf die Sinngedichte Friedrich von Logaus zutrifft. Mit Sarkasmus, Witz und Ironie nimmt er seine Zeitgenossen auf’s Korn. Ein Epigramm lautet: ,,Alumode-Kleider, Alumode Sinnen, wie sich s wundelf auJen, wandelt sich 5 auch innen. “ Tiefer läßt sein Gedicht ,,Technikus“ blicken:

    ,, Technikus kann ulle Suchen: Andre lehren, selhsten machen; Reiten kann er, fechten, tunzen,

    Bauen kunn er Stüdt’ und Schanzen, singen kunn er, messen, rechnen,

    Schön und zierlich kann er sprechen, Stadt und Land kann er regieren,

    Recht und Sachen kann er,führen, Alle Krankheit kann er dümpfen,

    Für die Wahrheit kann er kämpfen, Alle Sterne kann er nennen

    BM und Gutes kunn er kennen, Gold und Silber kann er suchen, ßrauen kunn er, hucken, kochen, i’flanzen kunn er, süen, pjiigen: und zuletzt erschrecklich lügen.

    Im Fürstentum Brieg gehörte Logau das Landgut Brockut, das später durch den

    Krieg zerstört wurde. Sein Vater starb, als er erst ein Jahr alt war. Die Mutter schickte ihn auf das Gymnasium in Brieg, und da er ein sehr guter Schüler war, stellte ihn Herzog Johann Christian unter seinen Schutz. Mit 21 Jahren begann Logau ein fünfjähriges Studium der Rechtswissenschaften an der Viadrina in Frankfurt/Oder. Aber Juristerei blieb ihm zeitlebens verhabt. Eines seiner Epigramme spricht das aus: Da ist übel sein, wo viel Juristen leben, Es muß daselbst viel Zank und wenig Rech- tens geben. Logau wird anschliegend Beamter am Hof seines Fürsten. Seine erste Frau stirbt früh, in zweiter Ehe mit der Tochter des Brieger Hofmarschalls wird er unglücklich. Im Jah- re 1644 wird er herzoglicher Rat. Bei Hof erlebt er barocke Pracht trotz des Krieges, Prahlerei, französierte Sitten, Kabalen und Betrügereien. Das alles widert ihn an und wird wohl zum Anlag seiner Epigramme. So schrieb er: Von des Hofes Hoflehen hast du viel gele- sen ? 0, das Lesen ist viel br.sser, als duselbsten sein gewesen. An Besoldung erhält er nur 700 Reichstaler jährlich, was durch den Verlust des Gutes nicht reicht, seine Familie zu ernähren. Früh- zeitig erkrankt er an der Gicht. SchlieMlich siedelt er mit seinem Herzog nach Liegnitz über. Man begreift seine depressive Lebens- einstellung, die er in folgenden Epigrammen zum Ausdruck bringt:

    Weißt du, was in dieser Welt mir um meisten wohlgefZillt:’

    Duj. die Zeit sich selbst verzehret und die Welt nicht ewig währet.

    Er starb in Liegnitz mit gerade mal S 1 Jahren. Mit einer gewissen Vorahnung schrieb er: Ob Sterben puusum ist, ,so Md ich mir doch ein, Dc$ Lieblicheres nicht ist, als nun gestor- ben sein. Reinhurd Leue

    uu.5: S?hlrsisc~her Gottr,sJkund 3/2005

    Kleine Geschichte Schlesiens neu aufgelegt

    Im Görlitzer Senfkorn Verlag Alfred Theisen ist in einer ak- tualisierten Fassung die seit Ende der 1990er Jahre vergriffe- ne ,,Kleine Geschichte Schlesiens“ des Historikers Dr. Helmut Neubach neu aufgelegt worden. Die 40 Seiten starke Schrift enthält eine kurze, prägnante, aber gleichzeitig ausgewogene, Darstellung der Geschichte Schlesiens. Sie bietet einen ide- alen Informationseinstieg für jeden, der sich mit den wesent- lichen Fakten und Entwicklungslinien der schlesischen Ge- schichte vertraut machen möchte. Ein UmfangreicherAnhang bietet eine Fülle von weitergehenden Literaturhinweisen sowie wertvolles Adressenmaterial zu schlesischen Instituti- onen und Kultureinrichtungen.

    Die ,,Kleine Geschichte Schlesiens“ ist zum Preis von 290 Em-o erhältlich bei: Schlesi- sche Schatztruhe, Brüderstraße 13,02826 Görlitz oder unter wwwschlesien-heute.de

    Erlebnisbericht über die Flucht 1945 und die Zeit danach

    Fortsetzung

    In den letzten Märztagen bekam unser Treck- führer den Befehl Gespanne und Leute zum Fronteinsatz zu schicken. Es wurden drei Fahrzeuge und 12 Personen dazu ausgewählt, darunter waren wir als Familie. Der Befehl hieß zurück nach Schlesien zur Bergung von Getreide und anderen Nahrungsgütern aus der Gefahrenzone. Genaues Ziel war nicht bekannt. Da Kinder nicht mit sollten, muhte meine Mutter das 9jährige Pflegekind nach Saaz zum DRK bringen, dieses geschah unter strenger Anweisung. Am nächsten Tag sind meine Mutter, ich und die Kleine nach Saaz gelaufen und haben sie dort abgegeben. Der Abschied war für uns sehr schmerzlich, sie wollte nicht dort im Heim bleiben. Bis heut haben wir kein Lebenszeichen erhalten. Bei dem DRK waren schon jede Menge verlo- rene, verlassene Kinder abgegeben worden, vom kleinsten bis zum 12. Lebensjahr. Unse- re Nachforschungen haben ergeben, daß die Kinder mit dem Zug nach Bayern gebracht wurden vor dem 8. Mai 1945. Zu unseren drei Wagen kamen noch einige von anderen Dörfern dazu, so zogen wir in einem kleinen Treck mit dazu gehörenden Personen in Richtung Schlesien. Ein Stück des Weges an der Elbe entlang über Leitmeritz, Lobo- sitz in Richtung Isergebirge bis Friedland an

    der Tafellichte und sind in Bad-Flinsberg in Schlesien angekommen. Der Einsatzort sollte Löwenberg sein, aber wir wurden umgeleitet, aus welchen Gründen auch immer, über Bad- Warmbrunn. Grüssau bei Landeshut immer am Gebirge entlang über Wüstegiersdorf, Neurode Richtung Glatz. Die Endstation war in Niederschwedelsdorf bei Bad Altheide im Glatzer-Kessel. Ein ,,Erholungs“-Tag war vorgesehen und am folgenden Tag war der Einsatz geplant. Das Quartier war eine Gaststatte, wo wir die nächste Zeit blieben und gut versorgt wurden. Einige Männer und mein Bruder fuhren dann mit den Fahrzeugen zum Einsatz in nördliche Richtung von Glatz zu einem Getreidespei- cher, die Fahrt dauerte mehrere Stunden, dort wurden die Wagen beladen, am Abend waren sie wieder zurück, entladen wurde am nächsten Tag, von den dortgebliebenen. Das Donnern der Kanonen war nicht zu überhö- ren, die Front rückte näher, unser Einsatz wurde nach einigen Tagen gestoppt. Am 6. Mai 1945 zogen wir wieder auf den Straßen umher. In Schwedelsdorf wurde schon für die Evakuierung vorbereitet, wir sollten wieder zurück nach Strojeditz zu unserem Treck. Es war fast wie ein Aprilscherz für uns. Also sind wir dieselbe Strecke zurück bis Fried- land bei Waldenburg, am 8. Mai bewegten

  • Nr. 412005 Groß Wartenberger Heimatblatt Seite 9

    wir uns aufTrautenau zu. An diesem Tag war es auf der StraMe wie bei einer Hasenjagd! Diese Strecke befuhren wir Flüchtlinge, die dort flüchtenden Bewohner, unsere Wehr- macht, verfolgt von den Russen. Auch unser Lehrer als Soldat. Die StralJen waren voller Wagen und Menschen, ein unmenschlicher Zustand, einer fuhr dem anderen hinterher, keiner wuRte wohin. Es war ein sehr heiBer Tag, alles rannte ums überleben! Am Nachmittag gegen 15.00 Uhr sind wir in RualischiSudetengau ca. 16 km vor Traute- nau, angekommen. Dort hatte uns ein Rus- se, hinter einem Bauernhof, auf eine Wiese eingewiesen. Dort haben wir erfahren, der Krieg ist zu Ende. Was wird nun aus uns, waren die Gedanken, welches Schicksal wird uns bevorstehen‘? Wir haben die Wagen auf einem Hügel zusamfnengestellt und die Tie- re erstmal versorgt mit Futter und frischem Wasser. Wir selbst haben unsere wenige Verpflegung, die wir noch hatten, verzehrt und dann den Rest des Tages in Ängsten verbracht. Von unserem Standort konnten wir dem Geschehen auf der StraRe zusehen. Am Straßenrand war eine Gruppe unserer Soldaten mit Pferdegespannen. Die Soldaten erwarteten dort ihr Urteil. ßis zum Abend hat sich noch kein Russe um sie gekümmert. Mein Bruder und ich selbst, gingen zur Stra- ße und wollten von den Soldaten erfahren, was wir machen sollten. Plötzlich rief uns ein Soldat, er möchte uns seine treuen Tiere anvertrauen, zwei herrliche Blauschimmel! Dazu auch gleich den Wagen, der voll mit Futter beladen ist, denn wir werden es für alle Pferde des Trecks noch brauchen. Von den anderen Fahrzeugen wurden noch einige Säcke draufgeladen. Er gab uns noch einige

    Brote als Verpflegung für uns. Seine Worte waren dann, wir brauchen nichts mehr, wir kommen alle nach Sibirien! Die anderen Soldaten schickten ihre Pferde auf die Wie- sc, in die Freiheit, die Wagen blieben am StraUenrand stehen. Für meinen Bruder und mich ein trauriger Anblick, was wird aus uns, etwa auch noch nach Sibirien! Am späten Abend kam ein Russe zu uns, er konnte etwas deutsch, wir müssen von dort fort, wir haben keine Wohnung also keinen festen Wohnsitz. Morgen früh sollen wir nach Hause fahren. Diese Nacht verbrachten wir auf unseren Wagen, an Schlaf war vor lauter Angst nicht zu denken. Die Pferde, die frei auf der Wiese umher liefen, wieherten bis in die Nacht hinein. Kurz vor Mitternacht kamen die Russen mit Lastkraftwagen gefahren, beladen mit Männern und Frauen, schon im Siegestau- mel, sangen und jubelten in die Stille der Nacht. In der Mitte des Fdhrzeuges hielten sie ganz aufrecht eine Fahne, dabei fuhren sie zu weit an den Straßenrand und kamen mit der Fahne an die Stromleitung. Es sprühten Funken, die Fahne brannte, Frau- en schrien und kreischten, das Fahrzeug hielt nicht an. Man hörte es noch bis in das Dorf. Am nächsten Morgen war die Straße men- schenleer, nur die Wagen der Soldaten stan- den noch am StraUenrand, von den Soldaten war nichts zu sehen. Die hatten beabsichtigt über die Berge noch zu entkommen. Rundherum war alles still und friedlich als wäre nichts geschehen, selbst die Pferde waren nicht mehr dort! Es warm, wie ein in Luft aufgelöstes Wunder! Fortsetzung folgt! Gretel Sturm

    Schlesien und die braunen Husaren

    Das Stammland aller Husaren ist Ungarn und von hier kommt auch der Name ,.Hußaren”. Es war im Mai 172 1, als der Generallientenant von Wathenow. Chef des Dragoner-Regiments Nr. 6, 7u Tilsit den Auftrag bekam, eine Kompanie von 30 Husaren anzuwerben. 1730 wurde die Berliner Husaren-Kompanie gebildet und am 24. Mai 173 1, es war ein Donnerstag, da sahen die Berliner erstmals preuliische Husaren. 17.77 wurden die preu- Uischen Husaren ein selbständiges Korps und 1739 wurden die Berliner Husaren zum Leib- Husaren-Korps ernannt. Ursache der Verstärkung der Husaren war der Anspruch auf Schlesien. 174 1. das Jahr der Schlacht bei Mollwitz, begannen die Preußen vor den Toren Breslaus Rekruten für ein neues Husaren-Regiment zu werben. Auch bei Ohlau wurden zu diesem Zweck Rekruten geworben. Aber das Regiment wurde erst 1742 formiert. Am 10. Mai 1742 zog das junge Regiment von Ohlau aus auf den Kriegsschauplatz. In der damaligen Zeitung ,,Schlesische Privile- gierte Staats-, Kriegs- und Friedens-Zeitung“ vom Sonnabend, den 12. Mai 1742, Ao l742- No SS, erschien über das junge Regiment + ein Artikel. Die braunen Husaren finden wir später im südlichen Oberschlesien wieder. Die Standorte wechselten häufig, als Beispiel seien die Standorte ßeuthen, Gleiwitz und Sordu genannt. Am 15. Januar 1743, unweit von Mittel- walde. wurden die braunen Husaren in ein Gefecht mit den Österreichern verwickelt. Weitere Gefechte folgten am 4. Februar 1743

    Der Soldatenfriedhof in Groß Nädlitz Herr von Bock (evangelischer Schlesier) gab mir die Fotos, die er vor ein paar Wochen im Friedenspark machte. Mein Cousin, Georg Spieler, hat nun endlich eine würdige Ruhestätte erhalten. Inge Braun

    sm-

  • Seite 10 Groß Wartenberger Heimatblatt Nr. 412005

    und am 14. Februar 1743 bei Plomnitz unweit von Habelschwert. Am 15. Dezember nahm das Regiment an der siegreichen Schlacht bei Kieselsdorf teil. Dies war im 2. schlc-

    sischen Krieg. Beim Ausbruch des siebenjährigen Krieges betrug die Stärke eines Husaren-Regiments 5 1 Offiziere, 110 Unterofliziere, IO Trom- peter und 1.320 Husaren. In einem Buch über die braunen Husaren wird auf Seite 15 ein Wartenbergisches Husaren-Regiment erwähnt. Folgende Schlachten werden genannt: Am 6. Mai 1757 bei Prag, am 18. Juni 1757 bei Kollin, am 5. November 1757 bei Breslau und am 5. Dezember 1757 bei Leuthen. Zu einem Kavallerie-Gefecht kam es am 26. Ok- tober 1758 bei Görlitz, wo der Feind sich auf der Landeskrone verschanzte. Im deutsch-französischen Krieg 1 X70- 187 1 wurde das braune Husaren-Regiment am 26. Juli 1870 in Marsch gesetzt und über Markt Bohrau und Zobten in die Gegend von Lauban. Am 29. Juli 1870 war Ruhetag in Schweidnitz. Hier erhielt das Regiment einen geänderten Befehl, der es über Jauer nach Liegnitz führte. Hier wurde das Regiment in drei Bahnzügen verladen, das Fahrziel war Castel gegenüber von Mainz. Am 2 1. Juni, nachmittags gegen 5.00 Uhr, kehrt das Regiment nach Ohlau zurück, wo es im Gasthof ,,Zum Löwen“ in Ohlau ein Festessen gab. Die 5. Eskadron fuhr bis Grottkau und marschierte gleich bis Münsterberg weiter. Die 3. Eskadron kehrte am 19. nach Strehlen zurück. Am 26. November gab es in der gan- zen Armee einen Trauergottesdienst für die im deutsch-französischen Krieg gefallene. Das Oflizierkorps versammelte sich am 4. Dezember in Breslau zu einem Festessen. Das Siegesdenkmal stand auf dem Schlob- platz in Ohlau, angebracht war ein Medaillon des Kaisers Wilhelm I., ein eisernes Kreuz mit der Aufschrift: ,,Ehre den gefallenen Kriegern”, eine Inschrift: ,,Zur Erinnerung an die Anwesenheit Seiner Majestät des Kaisers Wilhelm 1. zu Ohlau am 6. und 7. November 1874“, eine weitere Inschrift lautete: ,,Der ruhmreichen Waffentat der 1. Eskadron des 1. Schlesischen Husaren- Regiment Nr. 4 bei Ormes am 4. Dezember 1870”. Auf dem Sockel steht das von Seiner Majestat der Stadt geschenkte und von der I. Eskadron bei Ormes eroberte Geschütz. Von 2 1. bis 3 1. August IX79 nahm das Re- giment an Übungen zwischen Bernstadt und Namslau teil. Prinz Friedrich Karl wohnte dieser Übung bei und hatte Quartier in Wab- nitz genommen. Nun ein Auszug aus der Stammliste des braunen Husaren-Regiments, die bis 1830 reicht. Hier sind folgende Kommandeure aufgeführt: Oberst Graf Isidor von Hodlitz,

    1742 verabschiedet; Oberst Karl Gustav von Soldau, 1743 bis 1746, verstorben; Oberst Paul von Werner 1757 bis 1785. Auch dies soll nur ein Beispiel gewesen sein. Es blieben erhalten verschiedene Lis- ten, die Auskunft über Bewaffnung geben. über Garnisonen und deren Feldzüge und Schlachten bis 1807. Im Januar 18 19 waren in Oels der Stab und die 2. Eskadron stati- oniert, die 1. Eskadron in Bernstadt und die 4. in Namslau. IX23 war die 1. Eskadron nochmals in Bern- Stadt stationiert und die 4. in Namslau. 1850, am 9. November, befanden sich Stab und 1.

    s Eskadron in Oels. Das Heeresarchiv der preubischen Armee wurde 1945 durch Kriegseinwirkungen zum überwiegenden Teil vernichtet, darunter be- fanden sich auch die Truppenstammrollen und Offizierslisten. Dies erschwert natürlich aul5erordentlich eine geschichtliche Aufar- beitung der Militärgeschichte Schlesiens. Das Buch über die braunen Husaren erschien in Berlin 189.1 und belindet sich in einem Archiv. Manfred Form

    Jahreshauptversammlung der Landsmannschaft Schlesien in

    Velbert Am Sonntag, 24. April 2005, fand die dies- jährige Jahreshauptversammlung der Lands- mannschaft Schlesien in Velbert statt, bei der der Vorsitzende Damian Spielvogel eine positive Jahresbilanz der Tätigkeit ziehen konnte. Mit Freude wurde festgestellt, daß man im Berichterstattungsjahr auf zahlreiche und gut besuchte Veranstaltungen zurtickblik- ken konnte. Die von Karl-Heinz Schulz sehr gekonnt geleitete Jahreshauptversammlung, der auch die Bürgermeister Bernd Tondorf(CDU) und Wolfgang Werner MdL (SPD) beiwohnten, verlief sehr harmonisch. Den beiden Vertretern aus Politik wurden von Spielvogel in Aner- kennung um die Unterstützung der landsmann- schaftlichen Arbeit der Schlesier in Velbert die Schlesier-Medaillen in Silber überreicht. Sowohl Tondorf als auch Werner würdigten die gute und vielfältige Arbeit der Lands- mannschaft Schlesien, da das von den Schle- siern gepllegte Brauchtum eine Bereicherung der Stadt Velbert darstellt.

    Presseinformation der LM Schlesien

    Erinnerungen li . i an die alte Heimat

    Haben Sie alte Postkarten oder Fotos zuhau- se? Erinnern Sie sich an die eine oder andere Begebenheit aus der alten Heimat?

    Schreiben Sie uns! Gerne veriiffentlichen wir Ihre Erinnerungen!

    Preulller Verlag Groß Wartenberger Heimatblatt

    Dagmarstraße 8

    90482 Nürnberg

  • Nr. 412005 Grofi Wartenberger Heimatblatt Seite 11

    Groß Wartenberg, geblättert bei Joseph Franzkowski Die Mater adjuncta zu Ober-Stradam

    Die Urkunde vom 14. Januar 1376 nennt in der sedes Warthinbergensis die Pfarrkirche in Stradamum superior. Seit Einführung der Reformation finden wir sie mit Schollendorf vereinigt. Sie wurde 1629 wieder katholisch, kam 1633 abermals in protestantische Hände, mußte jedoch 1654 dem katholischen Kult endgültig zurückgegeben werden. Das Kir- chengebäude nebst Turm war aus Holz und befand sich damals in miberablem Zustande. Im Turme hingen zwei Glocken. Der Titel der Kirche war nicht gewif3, wahrscheinlich war sie dem Apostel Bartholomäus geweiht. Die Grundherrschaft besaf3 das Patronat. Die kirchlichen und pfarrlichen Verhältnisse lagen hier ganz im argen. Die Patrone hatten sich pfarrliche und kirchliche Vermögensstücke unrechtmäßigerweise angeeignet, weshalb ,,viel Streit und Irrungen“ entstanden. Eine Wiederherstellung der Kirchen- und Pfarrgebäude konnte erst auf langwierigem Prozeßwege erstritten werden. 1707, nach des Pfarrers Dominik Abgange, war es Paul von Dresky, der sich grolJer Ungerechtigkei- ten durch Entziehung kirchlichen Besitzes schuldig machte. Die Pfarräcker lagen an der Breslauer StraMe; rechts auf Görnsdorf zu, an der Görnsdorfer Grenze, die große Pfatrwiese. Um den unaufhörlichen Wider- wärtigkeiten aus dem Wege zu kommen, gab Pfarrer Josch im Einverständnis mit dem Erzpriester Libor, aber ohne Genehmigung der Bischöflichen Behörde die Pfarrwidmut von zwei Hufen Landes nebst drei schönen Wiesen dem Kirchenpatron gegen einen Jahreszins von 20 Talern bar und 5 Scheffel 7 Metzen Roggen und ebensoviel Hafer laut Vertrüg vom 25. November 1799 in Erbpacht. Nur ein kleiner Widmutsrest von 1 ha 27 a 8 1 ym ist der Kirche bis heut verblieben. Da der Erbpachtvertrag vom Jahre 1799 seitens der Geistlichen Behörde nicht genehmigt war, klagte Pfarrer Krause auf Herausgabe der zwei Hufen großen Widmut nebst drei Wiesen, Pfarrgebäude und Scheuer, verlor aber den Prozeß in allen drei Instanzen, weil die Verjährung auch gegen den Nutznießer eingetreten war (1863164). Der Erbpachtver- trag blieb also bestehen. Gottesdienst wurde ehemals jeden zweiten Sonntag, ferner am zweiten Weihnachts-, Oster- und Pfingsttage und am Bartholomäusfeste gehalten. Ein Di- sitationsprotokoll vom 20. März 1789 sagt, daß zu Ober Stradam wegen der verfallenen Kirche schon seit Jahren keine Gottesdienste

    statttinden. 1792 besaß die Kirche ein Ka- pitalvermiigen von 661 Rtl. Anstelle der 1798 eingestürzten Kirche wurde 1805 eine hiilzerne Kapelle errichtet. In den stehen gebliebenen alten Turm wurde 1799 eine neue Glocke aufgezogen. Die zweite Glo- cke stammt aus dem Jahre 1599. Pfarrer Krause setzte den Neubau einer massiven (am Bartholomäusfeste 1863 benedizierten) Kapelle durch, in welcher nur einmal im Jahr, am Sonntag nach Bartholomäi Gottesdienst gehalten wird. Der Kirchhof ist Eigentum der Kirche; die Grabstellengelder fließen der Kirchkasse zu.

    Die Filialkirche zu Görnsdorf D. d. Oels am Tage des Apostels und Evan- gelisten Matthäus (2 1. September 1503) Urkunden die Gebrüder Albrecht und Karl, Herzöge von Oels, daß Elisabeth, des Sieg- mund Pritzelwitz von Machnitz eheliche Hausfrau, etwan Heidhans von Görnsdorf eheliche Tochter, zu Vermehrung des Lobes und Dienstes Gottes der Kirche zu Görns- dorf im Wartenberger Weichbilde gelegen, zwei Mark jährlichen, vom Gute Elgut bei Pontwitz ihr zustehenden Zinses aufgclas- sen, welche Zuwendung dem Melchior von Rorau, als derzeitigem Lehnsherrn und Ob- risten Verweser gedachter Kirche bestätigt wird. Die Kirche zu Görnsdorf wurde, wie die übrigen Kirchen der Standesherrschaft, protestantisch. Sie war ein Sehrotholzbau und befand sich bei der Reduktion im Jahre 1654 in großer Verwahrlosung. Titel und Kirchweihtag standen damals nicht fest; später wird B. M. V. Assumpt. angegeben. Gottesdienst stand jeden dritten Sonntag, je- den dritten Hochfesttag und zu Maria Him- melfahrt statt. Das Kirchenvermögen (500 Rtl.) hielt der Grundherr als Kirchenpatron hinter sich mit dem Vorgcbcn, davon die Wie- derhcrstellung des Gotteshauses bewirken zu wollen, die aber nicht zur Ausführung kam, weshalb diese 500 Rtl. mit 5 % auf das Rit- tergut Giirnsdorf hypothekarisch eingetragen wurden, worüber unterm 3. September 1696 der Kirche Rekognition erteilt wurde. Ende 1733 wurde die Filialkirche zu Görnsdorf amtlich endgültig der Mutterkirche Schollen- dorfzugeschlagen; bis dahin war es nämlich streitig, ob sie Filia der Oberstradamer oder Schollendorfer Mutterkirche sei. Erst 1736 kam es zum Kirchbau, welchen der Patron Hans Ernst von Prittwitz im Einverständnis mit dem Erzpriester leitete. Der Kirche gehorte ( 1794) ein sechs Beete breites und

    ein Gewende langes Ackerstück, welches der Lauter als Entschädigung nutzte. In den Jahren 1852153 wurde die Kirche von- grundaus neu und massiv erbaut und am 23. Oktober 1853 durch Erzpriester Franz Hertel- Kreuzendorf benediziert. Der gegenwärtige Seitenaltar, welcher in der alten Holzkirche der Hauptaltar war, enthält folgende In- schrift: ,,Anno 1700 die 25. Mai erectum est hoc altare ad Dei gloriam honorem Bea- tissimae Virginis Mariae sub rectoratu Rev. patris Simonis Sigismund Dominik, Parochi Schollendorfensis et Goemsdorfensis. Mater misericordiae ora pro me maximo et indigno peccatore!“ Der Kirchhof ist Eigentum der Kirche; die Grabstellengelder fliel3en der Kirchkasse zu. Die Kapelle Ass. B. M. V. zu Ostrowine,

    Kreis Oels verdankt ihre Entstehung der Besitzerin des Ritterguts Ostrowine, Gräfin Henriette von

    Nassau geb. Gräfin d’oultremont. Schon unter den Vorbesitzern stand im herrschaft- lichen Walde, etwa 10 Minuten Weges von Schlot3 Ostrowine auf Polnisch Elgut zu ein massives Sommerhaus. Bei diesem ließ Gräfin von Nassau im Jahre 185 1 eine kleine Kapelle zu Ehren der seligsten Jungfrau und Gottesmutter Maria erbauen, um während ihres Sommeraufenthaltes zu Ostrowine in derselben täglich dem hl. Meßopfer bei- wohnen zu können. Die Benediktion dieser Waldkapelle geschah am 26. August 1852 im Beisein der Stifterin durch den damit beauf- tragten Erzpriester Pietzka unter Affistenz des Stadtpfarrers Kupietz-Wattenberg, des Pfarrers Kulawy-Rudelsdorf, sowie des Gräflichen Hausgeistlichen Lic. Beykirch. Inanbetracht des kirchlichen Notstandes der in und um Ostrowine zerstreut leben- den Katholiken nahm sich sehr bald Gräfin von Nassau letzterer an und errichtete nach Vereinbarung mit dem Herrn Fürstbischof bei dieser Kapelle eine eigene Seelsorgstelle, indem sie laut Verhandlung d. d. Ostrowine 4. September 1854 (landesherrlich genehmigt 12. März 1855) 6.000 Taler dergestalt auf ihr Rittergut Ostrowine gegen 5 o/c jährlich postnum. zu zahlende Zinsen unkündbar ein- tragen ließ, da0 diese Zinsen ausschließlich zur Besoldung des Geistlichen verwendet werden sollen, überdies noch 1.140 Reichs- taler auf Kultusbedürfnisse bei der Kapelle deponierte, die Kapelle erweitern, dabei auch ein Wohnhaus für den Geistlichen mit einem Unterrichtslokal erbauen IieB. Der von der

  • Seite 12 Groß Wartenberger Heimatblatt Nr. 412005

    Geistlichen Behörde im November 1854 hier angestellte Fundatist Ferdinand Schönwäl- der (geb. Neisse 1825, ord. 1848, demnächst Kaplan in Wattenberg) richtete, mit der Un- terstützung des überlasteten Rudeisdorfer Pfarrers beauftragt, regelmäßige Sonn- und Fcstagsgottesdienste ein, unterrichtete auch in der dabei eröffneten, von der Königlichen Regierung konzessionierten Privatschule. Dieser Einrichtung erwies sich als ein gro- ßes Bedürfnis und ein wahrer Segen für die ganze Umgegend. 1856 mul3te die Kapelle abermals erweitert bezw. umgebaut wer- den, worauf am 19. Oktober 1856, dem 23. Sonntage nach Pfingsten, ihre Benediktion durch Erzpriester Pietzka unter Aftistenz der Pfarrer Kupietz und Krause stattfand. Einen großen Verlust für die Kapellengemeinde bedeutete der Weggang des seeleneifrigen Fundatisten Schönwälder. Unentwegt hatte er den Lieblingsplan seiner frühesten Jugend: als Missionar unter den Ungläubigen zu wir- ken. verfolgt. Am 30. Juni 1858 verließ er Ostrowine, um am 9. Juli von Bremerhaven aus in Gemeinschaft mit einer gleichgesinnten Priesterschaar die Fahrt nach Amerika anzu- . treten. Dort Ende Juli angelangt, wurde ihm die in der neugegründeten Diözese Alton be- legene Niederlassung Oka als Wirkungskreis angewiesen. Schon kränklich, verschlimmerte sich sein Zustand zusehends. Nachdem er am 24. September noch mit großer Anstrengung das hl. Opfer dargebracht, überführte man ihn an demselben Tage zu den Barmherzigen Schwestern nach St. Louis. Am Morgen des 26. September empfing er mit großer Andacht die hl. Sterbesakramente und verschied eine halbe Stunde später. Am Nachmittage des 27. September wurde er auf dortigem Friedhofe still begraben. Schönwälders Nachfolger zu Ostrowine wurde Kaplan Matthias Filistin, bisher in Tillowitz, vom 1. Juli 1858 ab. Nach kaum einjähriger Wirksamkeit nach Namslau versetzt, folgte ihm Paul Kapuscinski vom 1. Juni 1859 ab, welcher aber, zum Pfarrer von Geschütz berufen, nur einige Wochen die Kapellengemeinde pastorierte. Der nächste Fundatist, Joseph Gillar, welcher Anfang Sep- tember antrat, waltete seines Amtes bis Ostern 1863. Unter ihm wurde mit Genehmigung des Ministers die bisherige Privatschule durch Verfügung der Königlichen Regierung vom 8. Mai 1860 zu einer öffentlichen katholischen Schule erhoben. und derselben die katholi- schen Kinder von Ostrowine, Polnisch Elgut, Görnsdorf und Schollendorf zugewiesen, dem Geistlichen vorläufig noch weiter die Unterrichtserteilung überlassen. Erst durch Verfügung vom 2 1. Januar 1867 wurde ein Lokaladjuvant angestellt. Der erste war Wil- helm Ruge, welcher 1874 nach Zedlitz bei Striegau abging. Nachdem inzwischen der Unterricht wieder vom Geistlichen erteilt

    worden, folgte Ostern IX76 der Lokaladju- vant Gollmann und als dieser im nächsten Jahre anderweitig plaziert wurde, hob die Königliche Regierung durch Verfügung vom 15. Dezember 1877 die Schule ganz auf, indem die katholischen Kinder den be- züglichen evangelischen Schulen gastweise zugewiesen wurden. Den schulplanmäßigen Religionsunterricht erhalten die Kinder in wöchentlich vier Stunden vom Geistiichen im katholischen Schullokal zu Ostrowine. Franz Schubert. bisher Kaplan in Landsberg, übernahm die Verwaltung am 4. April 1863. Genau 26 M Jahre harrte dieser allgemein be- liebte, von seinen Kirchkindem hochverehrte Seelenhirt in schwerer Zeit auf seinem Posten treulich aus. Am 8. November 1864 hielt er in der Kapelle feierliche Exequien für die am 26. Oktober auf Schloß Rahe bei Aachen verstor- bene Stifterin Gräfin von Nassau. Im Jahre 1872 schenkte Graf Octave d’Oultremont de Duras zu Brüssel der Ostrowiner Kapelle eine westlich an dieselbe anstobende Fläche von 7 Morgen 18 Quadratruten Landes aus dem Rittergut Ostrowine, welche als Kapellengrundstück Nr. 40 Ostrowine vom Stammgut gerichtlich abgeschrieben wurde. - Nachdem der Kirchhof zu Schollendorf als Begräbnisplatz nicht mehr benutzt wer- den durfte, errichtete Schubert einen neuen Begräbnisplatz zu Ostrowine, welcher am 16. September 1883 durch Erzpriester Zajadacz die kirchliche Weihe erhielt. Die folgenden Fundatisten siehe unter den Pfarrern von Schollendorf. Ein großer Nachteil erwuchs dem Funda- tisten dadurch. dal3 der derzeitige Besitzer von Ostrowine, Reichsfreiherr von Twickel, 1902 die zur Sicherung des stiftungsmäRi- gen Gehalts (900 Mark) auf Gut Ostrowine eingetragene Hypothek über IX.000 Mark kündigte, was allerdings das Gesetz vom 1. Januar 1900 ermöglichte, indes eine bedeu- tende Herabminderung des Fundatistenge- halts zur Folge hatte. Fortsetzung folgt!

    Einsender: Joh. Hellmann

    DalbersdorfNederstradam Am 2.7. feiert Edith Vanin ihren 80. Ge- burtstag. Wir wünschen Frau Vanin alles erdenklich Gute, weiterhin beste Gesundheit, Wohlergehen und Gottes Segen. Frau Vanin lebt in DöbelnSachse. Am 20.7. ist der große Geburtstag von Annemarie Frister geb. Igel. Dir, liebe Annemarie, von allen Niederstradamer al- les Liebe und Gute, vor allem die beste Ge- sundheit. Auch im Namen der Heimatgruppe Dresden/MeiUen für beide Jubilarinnen. Fr. Frister wohnt in Calbe/Saale.

    Joh. Hellmann

    Distelwitz Unser Ortstreffen in Falkenstein war ja schon vor zwei Monaten. Ich möchte es aber nicht versäumen allen Freunden. die von weit angereist waren. für ihr Kommen zu danken. Ein besonderes Dankeschon gilt aber den zwei Kursawe Frauen, die den guten selbstgebackenen Kuchen mitgebracht hat- ten. Das sind die Dinge, die dazu beitragen. unser Ortstreffen auch noch nach über 20 Jahren erfolgreich sind. So war es auch die- ses Mal wieder. Trotz zweier Absagen, die wegen einer Familienfeier bedingt waren, hatten wir vier Teilnehmer mehr als beim vorigen Mal. Der Jäkel Horst mit seiner Partnerin und auch der Willi Przybilla mit Frau sind einen Tag frtiher zurückgefahren. Aber sie waren trotzdem in Falkenstein. Horst Jäkel hatte ab Samstag eine Fernfahrt gebucht und der Willi Przybilla mußte zum SO. Geburtstag seines Sohnes am Samstag zurück sein. Helmuth Voigt und Frau Dietlinde Kühn haben in der Mühle beim Ausflug die hier veröffentlichten Fotos gemacht.

    Im Juni hatten Geburtstag: 7 1. am 9.6. Anita Przyhilla; 19. 3.6. Julia Rademacher; Wir wünschen beiden nachträglich alles Gute. Ernst Buchwald

    Das 11. Distelwitzer Treffen in FalkensteinKIpf. vom 5. Mai

    (Christi Himmelfahrt) bis 8. Mai 2005

    In den 1980er Jahren bei einem der Groß Wartenberger Treffen in Rinteln hatte Sieg- fried Kursawe die Idee, der engere Kreis der Distelwitzer sollte sich in der Oberpfalz zusammenfinden, wo Lotte Wegmann- Stahl geb. Schebesta Wurzeln geschlagen

    Die Kirche v. Fdkwstein.

  • Nr. 412005 Groß Wartenbereer Heimatblatt Seite 13

    VI. Fc/i\ f’iettu.5, Peter- der- Portnrr k’. Siql. f.ö~~fwl ,geh Arrc,. Uuc~lrc~lhrir7

    hatte. Lotte meinte, wenn Ernst Buchwald

    mitmacht. wäre das LU schaffen. Es ist

    seitdem im Zweijahresrhythmus LU schaf-

    fen gewesen, so da15 die Distclwitzer dies

    Jahr bereits zum elf’ten Male in Falkenstein

    zusammenkamen.

    Oft hatten begeisterte Teilnehmer in Rinteln

    davon erzählt. Nun endlich konnten wir es

    auch einmal selbst miterleben. Was würde

    uns erwarten?

    Nach langer Fahrt aus dem niirdlichsten

    Bundesland trafen wir am Abend vor Him-

    melfahrt in Falkenstein ein und f’andcn auch

    bald den Gasthof ,,Zur Post”, wo schon die

    etwa 28 Gäste aus Distelwiti und Umgebung

    zum Abendessen versammelt waren. Die Be-

    grüßung war sehr herzlich, die Bewirtung

    vorzüglich.

    Für die nächsten Tage hatte Ernst Buchwald

    ein schiines Programm Lusammengestellt.

    LU einem interessanten Nostalgie-Museum.

    Der ßesitzer, Alexander Frhr. von Eyb, führte

    uns durch die fünf Gebäude der ehemaligen

    Poststation der Familie von Thurn und Ta-

    xis, in denen das Museum untergebracht ist.

    Aus etwa drei Jahrhunderten sind gesammelt:

    landwirtschaftliche Maschinen und Geräte.

    Haushaltsgegenstände (z.B. Waschbretter,

    Kaffeemühlen, Backformen). Spielzeug

    (prächtige Puppen. Kaufläden), weibliche

    Handarbeiten, technische Gerätschaften

    (Radioapparate, Grammophone). Auch

    Oldtimer - bis hin zum Amphibienfahr-

    zeug - sind zu sehen. Vergangenheit wird

    aufdiese Weise anschaulich gemacht. Kinder

    können so vieles nacherleben: sie kiinnen

    waschen anno da/umal, sie sehen Kino wie

    früher und Kasperltheater. sie erleben Papitr-

    machen und Drucken wie zu Gutenbergs Ze-

    ten. An den Türen sind zahlreiche ,,Briefe”

    angeschlagen, in denen die Kinder berichten,

    wie gut ihnen das Ganze gefallen hat. Auch

    wir Distelwitzer waren beeindruckt.

    Am Nachmittag gab es im Gästeraum in

    Falkenstein Kaf’f’ee und Kuchen. Wie immer

    hatten die beiden Kursawef’raucn crstklassi-

    gcn schlesischen Mohn- und Streuselkuchen

    zu Hause gebacken und mitgebracht. Ursel

    Kursawe, Frau von Siegf’ried. und Hildegard.

    Günters Frau, ernteten höchste Anerkennung

    dafür.

    Am Abend führten uns Ernst Ruchwald

    und Siegfried Kursawe Dias von Distelwitr

    aus den späten Iwanziger Jahren bis zur

    Gegenwart vor. Als wir die beiden Dorf-

    schulen sahen. waren wir für Augenblicke

    in die Kindheit versetzt. Die beiden Lehrer.

    Stolpe (ev.) und Kuppe (kath.) traten wieder

    vor uns. Auf den Schülerbildern versuchten

    wir die einleInen XI identifizieren. ßilder

    vom Dorf mit Biirgermeister Schebesta,

  • Seite 14 Groß Wartenberger Heimatblatt Nr. 412005

    Lotte5 Vater, und von der Kirche weckten

    Erinnerungen. Heute ist das viillig erneuerte

    Haus der Familie Kuropka-Sczewczyk das

    schiinste in Distelwitz. Zum Schluß sahen

    wir Aufnahmen vom gegenwärtigen Groß

    Wartenberg (Sycow) mit der wicderher-

    gestellten Schloßkirche. Die letz,ten Bilder

    stammten von Siegfried Kursawe; ihn zieht

    es immer wieder in die alte Heimat. Da er

    auch polnisch spricht, kann er gute Kontakte

    knüpfen.

    Am Freitagvormittag stand der Besuch der

    Klostermühle Altenmarkt nahe Cham auf

    dem Programm. 1135 wurde die Mühle als

    eine der größten in der Oberpfalz urkundlich

    erwrihnt und war bis 1802 im Besitz verschie-

    dener Klöster. Das Ehepaar Rauscher hat die

    Mühle 1994 erworben und durch große Ei-

    genleistung und iiffentliche Forderung vor

    dem Verfall gerettet. Die noch vorhandene

    hundertjährige Mühleneinrichtung erstreckt

    sich über vier Stockwerke. Sic wurde uns

    durch den ,,Mühlengeist”, einen sachkun-

    digen und engagierten Mitarbeiter, erklärt.

    Wir staunten über die dokumentierten Sanie-

    rungsarbeiten. Anschließend wurden wir von

    Frau Rauscher zu dem von ihr vorbereiteten

    Mittags-Imbiß in die gemütliche Gaststube

    eingeladen. Wir ließen es uns gut schmecken

    und blickten dann noch kurz nebenan in den

    Bauernladen, der mit einheimischen Waren

    zum Kaufen verlockte.

    Zurück in Falkenstein. trafen wir uns nach

    einer kleinen Ruhepause zum Kaffeetrin-

    ken. Da überraschte uns Willi Przybilla mit

    einer Delikatesse: einer Kostprobe echter

    luftgetrockneter thüringischer Dauerwurst.

    Und abends spielten Sepp Wegmann. Sohn

    von Lotte geb. Schebesta. und sein Kom-

    pagnon mit flotten Melodien zum Tanz auf;

    Sepp sparte nicht mit witzigen bayerischen

    Einlagen. Er hatte vor Jahren seiner Mutter

    versprochen, die Distelwitzer in Falkenstein

    immer musikalisch zu unterhalten; das ge-

    lang ihm wieder vollauf. Wer nur konnte,

    schwang das Tanzbein. Die Stimmung war so

    begeisternd, daß zeitweise auch junge Mäd-

    chen der Wirtsfamilie mittanzten, während

    wir Älteren uns ausruhten und uns wohl ins-

    geheim wünschten, noch etwas von unserer

    früheren Beweglichkeit zu haben.

    Am Sonnabend, 07.05.05, fuhren wir nach

    Zinzenzell. Dort suchten wir die Gräber von

    Lotte geb. Schebesta und ihrer Familie auf.

    Ein liebevoll ausgewählter BlumenstraulJ

    sollte ein Zeichen der Dankbarkeit sein:

  • Nr. 4/2005 GroB Wartenberger Heimatblatt Seite 15

    Den Ortsplan von Distelwitz hut Frau Kühn angefertigt. Fruu Kühn ist eine geh. Gohlu aus Buchenhain und wur zum Zeitpunkt der Vertrei- bung 4 Jahre. Sie war in Distelwitz nicht bekannt. Ihre Mutter wohnte in Distelwitz. Daher ihr Interesse un diesem Ort.

    Lotte hatte sich nach dem Verlust der Heimat jahrelang für den Zusammenhalt der Distel- witzer eingesetzt. Als wir uns die barocke Zinzenzeller Kirche ansahen, erzählte uns Dora Buchwald, daß sie hier vor langen Jah- ren mit Ernst getraut worden ist. Während einer Brotzeit beim Höcherl-Wirt ging das Erzahlen weiter. Jeder hatte auf eigene Weise das Schicksal von Flucht und Vertreibung zu bestehen. Am Abend in Falkenstein meinte Ernst, vier Tage seien doch eigentlich viel zu kurz für das Wiedersehen. So dachte man beim Abschied schon an das nächste Treffen, voraussichtlich in zwei Jahren. Vermutlich werden es dann nicht mehr die Tage um Himmelfahrt sein, die wegen der Berufs- tätigkeit der Teilnehmer gewählt worden waren. Die Wirtsleute Max und Hildegard Zimmerer werden uns aber sicher gern in einer günstigen Zeit wieder ihre Gastfreund- schaft zeigen. Mit sehr herzlichem Dank an alle, die uns diese gemeinsamen Tage so schön gestaltet haben, und mit Blick auf die herrliche bayeri- sche Natur sagen wir ,,Auf Wiedersehen!“

    Christa Voigt geb. Boerner

    Dyhrnfeld Die Geburtstage in den Monaten Juli und August: 68. am 17.7. Manfred Wollny, Heimstät-

    tenweg 1 a, 98617 Meiningen; 60. am 23.7. Gerda Kawelke, Normannen-

    str. .53,46047 Oberhausen; 90. am 10.8. Herta Bunk, Karl-Marx-Str.

    16.07980 Berga an der Elster; 76. am 18.8. Otto Wollny, Bahnhofstr. 70,

    09 111 Chemnitz; Gerhard Kawelke

    Ober-Stradam Im Rahmen eines Gottesdienstfestes wurde am Sonntag Dekan Horst Blasius in der St. Georgskirche nach 6 !4 Jahren Dienst in Nördlingen und insgesamt 41 Jahren im Dienst der Evangelischen Kirche zusam- men mit seiner Frau Käte in den Ruhestand verabschiedet. Das Leben habe Horst Blasius immer über Grenzen geführt. Mit seiner Flucht aus Schle- sien, den Ausbildungen, erst als Industrie-

    kaufmann und dann zum Missionspfarrer, mit der Missionsarbeit in Melbourne oder seinem Dienst in Augsburg-Oberhausen. Horst Blasius ist der Sohn von Hede1 Blasius geb. Mai und Ehemann Fritz Blasius. Wir wünschen beiden einen gesegneten Ruhestand! Edith Greim

    Schieise Im Juli 77. am 5.7. Cäcille Weinert; 79. am 14.7. Hertha FUSS geb. Mlitzko; 75. am 16.7. Kurt Robok; 86. am 26.7. Martha Zugier; Im August 76. am 7.8. Klemens Doktor; 80. am 10.8. Gerhard Kosuch; SS. am 11.8. Helene Keltenich geb. Mund-

    ry; Liebe LeserInnen! Für den Fall von Ände- rungen, Abweichungen oder sonstigem bitte ich Sie, sich unter Telefon-Nummer 0 6144 / 14 43 mit mir in Verbindung zu setzen! Es bedankt sich Hubert Kawollek

  • Seite 16 Groß Wartenberger Heimatblatt Nr. 412005

    Ottendorf

    Neumittelwalde

    HerLlichen Glückwunsch lur goldenen

    Hochzeit am 30.07.2005 dem Ehepaar Helmut und Magdalene Söldner (geb. Heinze aus Ottendorf).

    Es gratulieren dem Paar von Herxn und

    wünschen noch viele schöne, gesunde und

    gemeinsame Jahre die Geschwister mit

    Familien.

    Der nächste Redaktionsschluß

    ist der 20. August 2005 für die

    September/Oktober-Ausgabe!

    Tischlerstadt Festenberg Erst jetzt erfuhren wir, daß unser Hcimat-

    freund Erhard Schreiber am 2. April 200.5 im Alter von 79 Jahren verstorben ist. Er

    wurde am 20. März 1926 in Festenberg gc-

    baren und verlebte dort auch seine Jugend.

    Die Heimatgruppe. vor allem der Tisch der

    Festenberger, werden ihn sehr vermissen. Er

    lebte in 04643 Wickelshain Nr. 13 und wurde

    am 7. April dort beerdigt. Joh. Hellmann

    Geschütz Das Fest der goldenen Hochxit i’cicrt nm

    6. August 2005 das Ehepaar Elisabeth und Werner 1,eowsky. wohnhaft in 75314 Ot- tenhauscn. Straubenhardtstr. 25.

    Die Goschützer Heimatfreunde wünschen

    Euch zu diesem Jubiläum alles erdenklich

    Gute und noch viele schiine Jahre im Kreise

    Eurer Lieben. Herta Kotzerke

    Liebe Heimatfreunde! Ich war wieder einmal in Neumittelwalde.

    Wie immer, Anfang Mai. In dieser Zeit sind

    die Heimattage und jedesmal cinc Menge

    los. Auf dem Sportplatz eine Reihe von

    Sportveranstaltungen und vcrschicdcne

    Wettkiimpte von Feuerwehren aus den

    umliegenden Orten. Alle Veranstaltungen

    tragen Volksfestcharakter und sind immer

    -ut besucht. 3 In diesem Jahr gab es allerdings /wei

    Veranstaltungen, wie sie bisher noch nicht

    stattgefunden haben.

    Vom Kirchturm der evangelischen Kirche

    wurde ein Seil hcruntcrgelassen. das am

    anderen Ende an einem Feuerwehrauto

    befestigt wurde, das auf dem Unterring

    stand. Daran konnten sich, entsprechend

    gesichert. mutige Einwohner herunterglei-

    ten lassen. Sogar der junge Pastor Miller

    licc> CS sich nicht nehmen, diese ,.Fahrt.‘ LU

    wagen. Entaprechcnden Beital1 gab’s für ihn

    und auch für alle anderen. Alle anderen. die

    diese Abfahrt nicht wagten, konnten sich

    ihre Stadt von oben ansehen. Ich habe diese

    Gelegenheit natürlich auch genutzt und auch

    noch gleich entsprechende Aufnahmen mit

    der Kamera gemacht. In den Tagen vor den

    Veranstaltungen haben viele fleil3ige Frnuen

    aus Neumittclwaldc das Innere der Kirche

    gereinigt und sehr schiin hergerichtet. An-

    dere Bewohner haben dann ihre Bilder edel

    Handarbeiten ausgestellt.

    Am Nachmittag wurde in der Kirche eine

    Diaschau durchgeführt. Es waren reprodu-

    /iertc Bilder von Alt-Neumittelwalde unter

    dem Motto: ,,Wie es früher einmal war“.

    Pastor Miller nutzte diese Gelegenheit. und

    sprach LU den Neumittelwalder Besuchern,

    die ja sonst nur in der Katholischen Kirche

    OI finden sind. Er bedankte sich bei allen

    und sprach die Hoffnung aus. daC> solche

    Veranstaltungen noch mehrfach stattfinden

    mögen.

    Vor der Kirche, auf dem Unterring, wurde

    ein ,,Verkehrsunfall” dargestellt. Polizei

    und Feuerwehr demonstrierten vor den

    Zuschauern. wie die Rettungskräfte tatig

  • L

    Nr. 412005 Groß Wartenberger Heimatblatt Seite 17

    werden. Außerdem nutzte die Polizei die 17. Es meldet sich dann meistens Theos Frau

    Situation. um gleich ein wenig Verkehrser- Sophie, aber sie holt dann den Theo schnell

    ziehurig durchzuführen. ans Telefon.

    Das Wetter war in diesen Tagen sehr schön, In der Zwischenreit habe ich auch die Adresse

    was von den Neumittelwalder Einwohnern vom Hans-Joachim Wohlfeil bekommen. Ich hat-

    entsprechend genutzt wurde. Von unserem tc in einem früheren Schreiben danach gefragt.

    Freund Theo und seiner Frau wurde ich wie Ich wünsche allen Heimatfreunden einen

    immer gut aufgenommen und der Abschied schönen Sommer, der auch zu einem Besuch

    bis zum nächsten Jahr fiel wieder schwer. von Neumittelwalde genutzt werden könnte.

    Theos Haus wurde im vorigen Jahr neu Die Autobahn nach Breslau ist noch nicht

    verputzt und schön hergerichtet. Alle Hei- fertig, aber die befahrbare Strecke ist jetzt

    matfreunde sind wie immer herzlich will- weitestgehend ,,glatt“!

    kommen, aber bitte vorher anmelden. Die Es grübt Euch

    Telefonnummer lautet: 00 48 / 62 / 7 85 66 Euer Heimatfreund H. Arlt

    Heimatfreunde Ostfelde auf den Spuren der Vergangenheit Breslaufahrt vom 04.05. bis OS.052005

    Fünf Tage voller unvergeßlicher Eindrucke er- lebten die Reiseteilnehmer in Niederschlesien. Am Mittwoch, den 04.05.2005 startete wieder ein Bus von Schönebeck in Sachsen-Anhalt mit 37 Heimatfreunden in Richtung Polen nach Breslau. Die Reisenden kamen vorwiegend aus Sachsen-Anhalt. Einige der Reiseteilnehmer hatten aber schon eine längere Anreise zu ihren Verwandten hinter sich, sie kamen z.B. aus Hessen, Niedersachsen und Bayern angereist, um in Niederschlesien alte Erinnerungen auf- zufrischen. Bevor die Fahrt Richtung Breslau gehen konnte, gab es Zusteigemöglichkeiten in Klein Rosenburg, Dessau, Je