Grünlanderneuerung alle FÜR und WIDER mit Fotos, Johann Jumer, Juli 2013

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Fachbeitrag für „Die Landwirtschaft“ August 2013 und das LK Web Internet Grünlanderneuerung - alle Für und Wider Autor: Dipl.-Ing. Johann HUMER Grünlandverbesserung, Grünlanderneuerung oder Grünlandregeneration sind synonyme (gleich bedeutende) Verfahren wobei mit Einsaat, Nachsaat oder Übersaat die volle Ertragsfähigkeit von Futterwiesen herstellt werden soll. Absicht dabei ist den spürbaren Ertragsrückgang bei Futterwiesen infolge Ausbreitung minderwertiger Pflanzenarten und zunehmender Lückigkeit der Narbe zu stoppen und umzukehren. Angestrebt werden dichte, ertragreiche und qualitativ hochwertige Futterbestände um hochleistende Rauhfutter verzehrende Wiederkäuer artgerecht ernähren zu können. Die eigenen langjährigen Erfahrungen zeigen aber, dass die oben angeführten Säverfahren und verwendeten eingesäten Gräserarten in der Regel leider keinen garantierten Erfolg bringen. In der überwiegenden Praxis werden in NÖ meist nur Teilerfolge bei Einsaaten beobachtet. Deshalb ist es gut alle Für und Wider vor einer geplanten Grünlanderneuerung zu kennen. Viele Futterwiesen haben einen unbefriedigenden Mix an Futterpflanzenarten. Oft dominiert minderwertiges Wiesenfutter aus Ungräsern wie Gemeiner Rispe, Wolligem Honiggras, Flechtstraußgras und Weicher Trespe. Auch ein einseitiger Kräutermix aus Doldenblütern, Hahnenfußarten, Platzräubern, Lückenfüller oder Giftpflanzen erfüllt die Futteransprüche nicht. Viele Wiesen liefern oft nur mehr die Hälfte ihrer natürlichen Ertragsfähigkeit; etwa nur mehr 6 t/ha Trockenmasse statt 12 t TM/ha. Fehlen hochwertige Futtergräser, können die hohen Futteransprüche an Futterstruktur und Energie nicht erfüllt werden. Dann können Zuchtrinder ihre Leistung nicht bringen zudem erkranken hochleistende Tiere infolge Energiemangels vermehrt an Stoffwechselkrankheiten und Unfruchtbarkeit. Minderwertiges Wiesenfutter wird von document.doc Seite 1/13

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Grünlandverbesserung, Grünlanderneuerung oder Grünlandregeneration sind Synonyme. Diese sehr ähnlich bis gleich bedeutende Verfahren stehen für: Einsaat, Nachsaat oder Übersaat von Futterwiesen. Damit soll wierder volle Ertragsfähigkeit von Wiesen herstellt werden soll. Absicht dabei ist den spürbaren Ertragsrückgang bei Futterwiesen infolge Ausbreitung minderwertiger Pflanzenarten und zunehmender Lückigkeit der Narbe zu stoppen und umzukehren. Angestrebt werden dichte, ertragreiche und qualitativ hochwertige Futterbestände um hochleistende Rauhfutter verzehrende Wiederkäuer artgerecht ernähren zu können. Die eigenen langjährigen Erfahrungen zeigen aber, dass die oben angeführten Säverfahren und verwendeten eingesäten Gräserarten in der Regel leider keinen garantierten Erfolg bringen. In der überwiegenden Praxis werden in NÖ meist nur Teilerfolge bei Einsaaten beobachtet. Deshalb ist es gut alle Für und Wider vor einer geplanten Grünlanderneuerung zu kennen.

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Fachbeitrag

für „Die Landwirtschaft“ August 2013 und das LK Web Internet

Grünlanderneuerung - alle Für und Wider

Autor: Dipl.-Ing. Johann HUMER

Grünlandverbesserung, Grünlanderneuerung oder Grünlandregeneration sind synonyme (gleich bedeutende) Verfahren wobei mit Einsaat, Nachsaat oder Übersaat die volle Ertragsfähigkeit von Futterwiesen herstellt werden soll. Absicht dabei ist den spürbaren Ertragsrückgang bei Futterwiesen infolge Ausbreitung minderwertiger Pflanzenarten und zunehmender Lückigkeit der Narbe zu stoppen und umzukehren. Angestrebt werden dichte, ertragreiche und qualitativ hochwertige Futterbestände um hochleistende Rauhfutter verzehrende Wiederkäuer artgerecht ernähren zu können. Die eigenen langjährigen Erfahrungen zeigen aber, dass die oben angeführten Säverfahren und verwendeten eingesäten Gräserarten in der Regel leider keinen garantierten Erfolg bringen. In der überwiegenden Praxis werden in NÖ meist nur Teilerfolge bei Einsaaten beobachtet. Deshalb ist es gut alle Für und Wider vor einer geplanten Grünlanderneuerung zu kennen.

Viele Futterwiesen haben einen unbefriedigenden Mix an Futterpflanzenarten. Oft dominiert minderwertiges Wiesenfutter aus Ungräsern wie Gemeiner Rispe, Wolligem Honiggras, Flechtstraußgras und Weicher Trespe. Auch ein einseitiger Kräutermix aus Doldenblütern, Hahnenfußarten, Platzräubern, Lückenfüller oder Giftpflanzen erfüllt die Futteransprüche nicht. Viele Wiesen liefern oft nur mehr die Hälfte ihrer natürlichen Ertragsfähigkeit; etwa nur mehr 6 t/ha Trockenmasse statt 12 t TM/ha.

Fehlen hochwertige Futtergräser, können die hohen Futteransprüche an Futterstruktur und Energie nicht erfüllt werden. Dann können Zuchtrinder ihre Leistung nicht bringen zudem erkranken hochleistende Tiere infolge Energiemangels vermehrt an Stoffwechselkrankheiten und Unfruchtbarkeit. Minderwertiges Wiesenfutter wird von Rauhfutter verzehrenden Rindern mit hohen Leistungen immer mehr verweigert, wird von der Praxis berichtet. Daher ist es wichtig die hochwertigen Futtergräser zu kennen und zum Wachsen zu bringen.

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Ungräser und Unkräuter als Ursache minderwertigen Wiesenfutters

Die Hauptursache für minderwertiges Wiesenfutter ist die Abnahme oder das Verschwinden der guten Massengräser wie Timothe, Wiesenschwingel und Knaulgras durch die immer frühere und häufigere Futternutzung. Inzwischen gibt es auch in NÖ Sieben-Schnittwiesen. Für hohe Energiegehalte im Futter ist die frühe Nutzung zur Zeit des Ährenschiebens wichtig. Der frühe Schnitt dünnt aber die guten Arten an Futtergräsern wie Timothe, Wiesenschwingel und auch Knaulgras immer mehr aus. Davon sind spätblühende und horstbildende Obergräser besonders betroffen, weil ihnen die natürliche Vermehrungsmöglichkeit genommen wird. In der Folge treten oft sehr anpassungsfähige niedrigwüchsige, ertragsmindernde Ungräser und Unkräuter wie Gemeine Rispe, Flechtstraußgras, Weiches Honiggras, Löwenzahn, Hahnenfuß, Doldenblütler und Giftpflanzen auf. Wer also bei früh geschnittenen Futterwiesen die Grünlandverbesserung unterlässt, muss mit der Zeit mit immer geringeren Erträgen rechnen. Auch Maulwürfe, Engerlinge, Schnakenlarven und mechanische Verletzungen der Narbe durch Fahrspuren, Erntegräte und Wildschäden sind Gründe, warum Wiesen immer wieder repariert werden müssen. Ohne Gegensteuerung durch Wiesenverbesserung führt das bei Dauerwiesen zu einem fortschreitenden Ertragsabfall bis 50%.

Um dauerhaft gutes Futter ernten zu können, muss alles unternommen werden um unsere besten, wuchsfreudigen Futtergräser zu fördern. Unsere besten Futtergräser können aber nur anwachsen und dann eine hohe Leistung bringen, wenn sie von Unkraut nicht bedrängt werden. Sie brauchen daher zum Aufwuchs und gutem Wachstum viel Freiraum, also offenen Boden als Wuchsfläche und genug Licht, Wasser und Nährstoffe. Fehlen diese Voraussetzungen, ist der Erfolg von Einsaaten zur Grünlandverbesserung gering.

Grünlanderneuerungsverfahren im Überblick

1. Umbruch im Sommer mit Neuanlage2. Neuanlage in einem Zug mit dem ROTOTILLER3. Unkrautbekämpfung im Herbst, Einsaat im Frühjahr 4. Dauergrünlanderneuerung mittels Einsaat, Nachsaat oder Übersaat5. Natürliches AUSSAMEN von Wiesen

Neuanlage durch Umbruch

Die Neuanlage durch Umbruch ist das sicherste Wiesenanlageverfahren von allen. Die gesäten Arten wachsen dabei fast immer gut an. Die Verunkrautung aus dem Altbestand ist am geringsten, wenn man die Wiesenansaat durch die Deckfrucht Hafer mit ca 70kg/ha unterstützt. Es ist zwar das teuerste Verfahren und mit einem Futterausfall von etwa einem Jahr, dafür aber auch die beständigste Wiesenverbesserung. Am sinnvollsten ist der Umbruch mit dem Pflug im Sommer mit einer Bodenbearbeitung (Egge) für die Ansaat bis Ende Sommer, weil der Futterausfall in Ertrag wie Qualität dabei am geringsten ist. Wenn der Umbruch erst im Herbst erfolgt kann die Ansaat erst im Frühjahr erfolgen und man verliert den wichtigen ersten Schnitt. Die Ansaat im Frühjahr ist im März bis April durchzuführen, wenn der Boden gut befahrbar ist und die ersten Gräser ergrünen. Sätechniken sind dabei: Sämaschine mit Kleinsamenstreuer, Saatstriegel oder per Hand bei Kleinflächen.

Saatgutmischungen für Wiesenneuanlagen

Wer Futterwiesen das erste Mal neu anlegt, dem wird geraten, die offiziellen österreichischen Standardmischungen für Dauerwiesen (A,B,C.D), Dauerweiden (G,H) oder Wechselwiesen (WM.WR) zu verwenden. Diese Mischungen gibt es in üblicher EU-Handelsqualität und in höherer ÖAG-Qualität. Die etwa 30% teurere ÖAG-Qualität verspricht Ampferfreiheit und die Garantie für besonders für Österreich bewährte, da intensiver geprüfte, Zuchtsorten. Eine sehr übersichtliche Darstellung aller Standard- und ÖAG-Handels-Saatgutmischungen finden Sie unter diesem Weblink HIER

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Düngeempfehlungen für Wiesenneuanlagen

Zur Einhaltung der Richtlinien für die sachgerechte Düngung SGD6 kann man den LK-Düngerechner nutzen. Die Bodenuntersuchung vor dem Umbruch ist immer sehr zweckmäßig. Sie ist mit etwa einem EURO je Jahr und Hektar eine sehr kostengünstige Information zum Nährstoffbedarf. Häufig liegt Düngebedarf pro Jahr für 3 bis 4 Schnittwiesen je ha insgesamt bei: 100 kg N, 70 kg P2O5 und 200 kg K2O. Die beste Stickstoffwirkung erreicht man mit 50% Wirtschaftsdünger-N und 50 % Mineraldünger-N. Diammonphosphat hat sich als Ersatz für das altbekannte Thomasphosphat bewährt.

Neuanlage in einem Zug mit dem Rototiller

Der Rototiller ist ein Bodenbearbeitungsgerät, das Keilzinken statt Frässchaufeln hat. Durch die Keilzinken ist er auf steinigen Böden einsetzbar. Damit treten die nachteiligen Effekte einer Bodenfräse wie Erosionsgefahr, Vermehrung von Wurzelunkräutern nicht auf. Der größte Vorteil ist, dass Bodenbearbeitung und Saat in einem Zug erledigbar sind und dass der Rototiller bei seichten wie steinigen Böden einsetzbar ist. Die Wiesennarbe soll vorher möglichst kurz gemäht werden, damit die Wurzelstöcke gut in den Boden eingearbeitet werden. Die Nachteile der Rototillersaat sind, dass bei einem Stopp während der Saat das Gerät angehoben werden muss, da sonst Fräsmulden und Erdhaufen entstehen. Außerdem sind etwas mehr Niederschläge als beim Umbruch für den guten Aufgang notwendig. Wenn viele Unkräuter im Altbestand sind, kann auch ein Teil wieder durchwachsen.

Rototiller mit Frontanbau, der Mittelweg zwischen Umbruch und Einsaat

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Unkrautbekämpfung im Herbst, Einsaat im Frühjahr

Der Vorteil dieses Verfahrens ist das relativ leichte und preisgünstige Ausschalten vieler Unkräuter im Herbst durch Herbizide, mit geringstem Futterausfall. Damit wird rasch ein freier Platz ohne Konkurrenz für die neue Saat geschaffen. Für Löwenzahn stehen 7 selektive Herbizide, für Spitzwegerich 5 selektive Herbizide zur Verfügung, die bei sachgerechter Anwendung eine 100%ige Wirkung etwa für 3 bis 5 Jahre versprechen. Nach der Karenzfrist für die Saat (siehe Beipacktext, meist nach 3 bis 6 Wochen) kann die Saat in den offenen Boden mit allen üblichen Grünlandsägeräten in den schon erwähnten Zeiträumen erfolgen. Bei rasch auflaufenden Unkräutern ist ein Reinigungsschnitt notwendig, um das rasche Anwachsen der Saat zu unterstützen. Das Verfahren hat eine mittlere Anlagesicherheit und einen tolerierbaren Futterausfall ab Sommer bis Herbst, wo ohnedies die schlechteren und geringeren Ernte- und Futterqualitäten anfallen. Der folgende erste Schnitt sollte schon die volle neue Ertragsfähigkeit bringen.

Wirkung der Herbstunkrautspritzung u. Nichtspritzung (Bildmitte mit verblühtem Löwenzahn) im Frühjahr, als Vorbereitung verunkrauteter Einsaatflächen

(Karrotte, 2012)

Dauergrünlanderneuerung mittels Einsaat, Nachsaat oder Übersaat

Sie erfolgt umbruchslos mittels Schlitzsaat, Striegel oder Eggen. Einsaat, Nachsaat, Übersaat oder Durchsaat bedeutet dass man Wiesensaatgut in eine bestehende Wiesennarbe sät. Je nach Konkurrenz der Altnarbe ist mit einem sehr verschiedenen Erfolg zu rechnen.

Springender Punkt bei Einsaaten

Die Wasserversorgung und der freie, offene Boden ist bei Einsaaten ein springender Punkt für den Erfolg. Von allen Verfahren der Grünlanderneuerung haben Einsaaten den höchsten Wasserbedarf. Die Altnarbe mit ihrem besseren Wurzelsystem ist nämlich der größte Wasser- wie Nährstoffkonkurrent für die junge Saat. Alle unsere leistungsfähigen Kulturgräser brauchen eine reichliche Niederschlagsversorgung. Einsaaterfolge mit über 800 mm Niederschlag sind daher logischerweise günstiger und darunter sind die Erfolgschancen dementsprechend schlechter.

Erfolgsbild von Einsaaten in NÖ

Langjährige Erfahrungen in Niederösterreich zeigen, dass Grünlanderneuerungen mit nur einmaliger Saat eher selten gelingen. Sichtbare Erfolge von Einsaat, Nachsaat oder Übersaat liegen in NÖ etwa nur bei 50 % für die einzelne Einsaat, egal mit welcher Sätechnik das erfolgt. Das Verfahren einer einmaligen Einsaat ist daher recht unsicher. Wenn nach 3 Jahren keine spürbare Ertragsverbesserung eingetreten ist, kann man davon ausgehen, dass die Einsaat ohne Erfolg war. Häufig werden Wiesen in NÖ meist in einem Abstand von 3 bis 8 Jahren eingesät. Damit sieht man, dass viele noch ein hohes ungenutztes Potential für bessere Futterwiesen haben. Erst die deutlich höhere Einsaatfrequenz mit mindestens 20 kg/ha Saatgut je Jahr, verspricht einen neuen Futterschub. Die jährlichen Einsaat, und drei Jahre hintereinander erhöht die Wahrscheinlichkeit zum gewünschten ertraglichen Erfolg. Wer den

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Umgang und Nutzen wiederholter Einsaaten erkannt hat, wird das ungenutzte Ertragspotential vieler Wiesen ausschöpfen. Nach eigener Einschätzung könnte so die Ertragsleistung von Futterwiesen leicht um 50% bis sogar 100% verbessert werden.

Einsaaten in Wiesenaltnarben - Provisorium und Kompromiss

Einsaaten in bestehende Wiesen sind deshalb ein Provisorium oder Kompromiss, weil alle Nachsaat-Techniken keine zuverlässliche Saatgutablage haben. Es fehlt einfach das ordentlich vorbereitete Saatbett, wie man es im Ackerbau hat. Somit ist kein zuverlässiger Samenaufgang in 1 bis 2 Wochen gewährleistet, so wie man das bei einer klassischen Wiesenneuanlage mit Umbruch, Bodenvorbereitung und präziser Saatablage kennt. Einsaaten mit ihrer trotzdem geringen Effizienz werden aber von vielen Grünlandbauern, vor allem in den Bergregionen bevorzugt. Erklärbar ist das, weil die klassische Bodenbearbeitung für eine Neuanlage in den bergigen Lagen, mit den heutigen immer schwerer gewordenen Bodenbearbeitungsgeräten, in dem oft recht hängigen und steinigen Gelände unmöglich ist.

Offener Boden - Voraussetzung für gute Einsaatwirkungen

Voraussetzung für eine gute Einsaatwirkung ist ein ausreichend offener Boden, wo die Samen Platz zum Keimen haben und wachsen können. Erst wenn die jungen Grassämlinge genug Licht haben, kommt es zum Wachstumsschub. Ist aber die Saatfläche noch mit vielen Graswurzelstöcken der alten Wiese bewachsen, verbrauchen sie das meiste Licht und Bodenwasser. Und den zarten jungen Gräsertrieben fehlt es an Licht wie Wasser. Je nachdem wie viele alte Graswurzelstöcke die junge Saat

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bedrängen, wird sie sich gut oder gar nicht entwickeln. Damit erklärt sich der oft geringe Einsaaterfolg bei Grünlanderneuerungen mittels Einsaaten.

Je öfter Wiesen eingesät werden, umso eher fällt der Samen auf offenen Boden und kann keimen. Mit der geduldig wiederholten Saat baut sich außerdem ein gewisses Samenpotential gesäter und noch ungekeimter Samen im Boden auf. Der Boden fungiert wie eine Samenbank, ähnlich wie es bei allen Samenunkräutern der Fall ist. Man denke allein an die riesige Samenbank die der Ampfer in vielen Wiesenböden hat. Wenn günstige Keim- und Wachstumsbedingungen herrschen, wenn also der Boden offen und genug feucht ist, besteht die Chance, dass ein Teil der ungekeimten Gräsersamen auch noch Monate bis Jahre nach der Saat keimen, so wie viele Kräutersamen. Deshalb hat die regelmäßige Saat eine hohe Bedeutung, weil in der Regel bei bewachsenen Wiesen mit einer einzigen Saat selten ein guter Aufgang gelingt.

Die richtigen Einsaatzeitpunkte

Am ehesten sind in Niederösterreich Einsaaten im Sommer erfolgsversprechend. Aber es gibt Ausnahmen. In der Regel ist der Sommer die niederschlagreichste Jahreszeit in Österreich und der Futternachwuchs der Altnarbe ist nicht so stark wie im Frühjahr. Das Frühjahr ist für Einsaaten dann besser und sinnvoller, ja sogar dringend notwendig, wenn größere Flecken im Frühjahr offenen Boden haben. Beispiele sind dafür: selektive Unkrautbekämpfung im Herbst von Ampfer, Hahnenfuß, Spitzwegerich, Bärenklau, Löwenzahn, Engerlingsbefall, Wildschäden oder Auswinterung.

Natürliches AUSSAMEN von Wiesen, Verbesserung bei niedrigem Mitteleinsatz

Eine Möglichkeit damit verkrautete Wiesen wieder zu ihrem Gräsergerüst mit guten Futtergräsern kommen, ist das natürliche Aussamen der Wiesen. Die wenigen Erfahrungen, die bislang vorliegen sind eher ermutigend. Interessanterweise vermehren sich dabei weniger die Problemkräuter sondern vielmehr unsere wichtigen und ertragreichen Obergräser. Dazu muss eine Wiese bis Anfang Juli ungemäht bleiben. Damit nicht der Bestand schon vorher zusammenbricht ist nur eine sehr mäßige Düngung sinnvoll. Zwischen 20 bis 40 kg N/ha sollte nicht überschritten werden. Empfehlenswert ist es, mit einem Streifen am Wiesenrand, oder einer kleineren Fläche zu beginnen. Man hat zwar nicht den vollen Leistungseffekt von Zuchtgräsern, dafür halten sich der Aufwand und der Futterausfall aus dem ersten Schnitt in Grenzen, da vor allem keine Technik für die Unkrautbekämpfung oder Saat notwendig ist. Sinnvoll ist das Verfahren vor allem für Betriebe, die nicht unbedingt Spitzenerträge anstreben, aber dennoch eine Verbesserung ihrer Futtererträge und -Qualitäten erreichen wollen, wenn auch auf einem niedrigerem Investitionsniveau.

Aussamungsfläche in Sankt Georgen in der Klaus.

Von der gesäten Grasart hängt der Erfolg von Nachsaatmischungen ab

Umstritten ist welche Nachsaatmischungen wirklich am besten taugen. Es gibt dazu keine klaren hilfebringenden Untersuchungen. Klar ist, dass sich in einer bestehenden Wiesenaltnarbe zunächst nur konkurrenzstarke und schnell anwachsende Arten am ehesten durchsetzen können. Konkurrenzstarke Arten sind: Englisches Raygras, Rotklee, Knaulgras, Glatthafer und Goldhafer. Nachsaatmischungen mit konkurrenzschwachen und langsam auflaufenden Arten in Wiesen werden sich kaum oder nur bei oft wiederholter Saat durchsetzen. Nach eigenen Erfahrungen sind das: Timothe, Wiesenschwingel,

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Rotschwingel, Luzerne und teils Wiesenrispe.

Futterarten und Kampfkraft von ÖAG-Nachsaat-Mischungen

und Ertragsmischungen

Pflanzenart Na Ni NiKK

wei Na tro Na weiErtragmischungen

nach HUMER Durchsetzungskraft

Englisches Raygras KONKURRENZSTARK

Knaulgras KONKURRENZSTARK

Glatthafer KONKURRENZSTARK

Goldhafer KONKURRENZSTARK

Rotklee KONKURRENZSTARK

Weißklee kurzfristig mittel

Luzerne konkurrenzschwach

Timothe konkurrenzschwach

Wiesenschwingel konkurrenzschwach

Rotschwingel konkurrenzschwach

Wiesenrispe konkurrenzschwach

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Tabelle: Untaugliche Effizienz der Einsaat von Timothe bei einmaliger und dreimaliger Frühjahreseinsaat mit 15 kg/ha ÖAG-Nachsaatmischungen des Wiesenverbesserungsversuchs von PÖTSCH (2012) in Gumpenstein und Piber. Die Median-Werte unter dem Mittelwert zeigen, dass mehr Versuchsvarianten unter als über dem Mittelwert lagen.

Der einzig bekannte Einsaatversuch mit den ÖAG-Mischungen NA und NI bei einer Saatmenge von 15kg/ha im Frühjahr von PÖTSCH (2012) zeigt, dass konkurrenzschwache Gräser wie Timothe und Wiesenschwingel, aber auch teils Wiesenrispe zu keiner klar erkennbaren Zunahme der eingesäten Art Timothe gebracht hat. Selbst die 3malige Einsaat auf Drei- und Vierschnittwiesen in Gumpenstein und Piber brachte weder mit dem Hatzenbichler-Übersaatstriegel noch der VREDO-Schlitzdrillsaat eine spürbare Erhöhung des Anteiles von Timothegras, obwohl das Saatgut 15% bzw. 20% Timothe enthielt. Das Ergebnis zeigt, dass diese Art von Einsaat oder Übersaat keine eindeutige positive Grünlandverbesserung im Pflanzenbestand brachte. Diese 5jährigen Ergebnisse stehen klar im Widerspruch zu den ÖAG-Nachsaatempfehlungen für Timothe, Wiesenschwingel und Rotschwingel in Nachsaatmischungen und der Wirkungseffizienz von Nachsaaten wie sie manche Grünlandexperten propagieren. Die unbefriedigende Wirkung von Einsaaten in NÖ deckt sich auch mit vielen Rückmeldungen und eigenen Befragungen aus der landwirtschaftlcihen Praxis. Auch der bekannte deutsche Grünlandexperte PD Dr. Martin Elsäßer schreibt 2009: „Bei Nachsaaten wird häufig eine wirkungslose Übersaat vorgenommen“. Mehr zur Einsaatwirkung aller eingesäten Gräser erfahren Sie unter: „Eingesäte Gräser und ihre reale Zunahme.pdf“

Fazit

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Erfolgreiche Grünlanderneuerungen hängen von sehr vielen Faktoren ab. Nur wer die wichtigen Faktoren wie Wachstumsbedingungen, Konkurrenzverhalten der Altnarbe und die Wuchseigenschaften der gesäten Gräser bestens kennt und bei der entscheidenden Wasserversorgung günstige Bedingungen hat, hat gute Voraussetzungen bei der schwierigen Wiesenverbesserung einer Dauerwiese.

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