Grundkurs Linguistik - isi.hhu.de · 2 Ich komme mit den Dialekten da her - und muss euch sagen- Es...

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Grundkurs Linguistik Dialekte & Sprachwandel 17.12.2015 Kathi Sternke [email protected]

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Grundkurs Linguistik

Dialekte & Sprachwandel

17.12.2015Kathi Sternke

[email protected]

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Ich komme mit den Dialekten da her

- und muss euch sagen-

Es weihnachtet heute sehr!

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Tassen

Wo würdet ihr den Dialekt verorten?Warum?

Was fällt auf?

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Themen

● Varietäten– Dialekt & Akzent

● Sprachwandelmechanismen– Die 2. Lautverschiebung

● (deutsche) Varietäten● Entstehung neuer Varietäten

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Varietäten

● Varietät = Abweichung vom Standard

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Varietäten

● Varietät = Abweichung vom Standard● Standardsprache = Regelgebunden,

festgesetzte Grammatik & Orthographie

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Varietäten

● Varietät = Abweichung vom Standard● Standardsprache = Regelgebunden,

festgesetzte Grammatik & Orthographie● Standard vs. Hochdeutsch

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Varietäten

● Varietät = Abweichung vom Standard● Standardsprache = Regelgebunden,

festgesetzte Grammatik & Orthographie● Standard vs. Hochdeutsch

– deutsche Dialektologie: Unterscheidung zwischen Hoch -, Mittel- & Niederdeutsch

– Unabhängig vom Standard!

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“Der hat 'n französischen Dialekt!”

“Die spricht sächsischen Akzent!”

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“Der hat 'n französischen Dialekt!”

??? Dialekt oder Akzent ???

“Die spricht sächsischen Akzent!”

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Akzent

● Akzent bezieht sich auf rein lautliche Sprecheigenschaften– “the way in which a speaker pronounces”

● “regionale/soziale Varietät” beinhaltet Phonologie, Grammatik und Lexikon

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Akzent

● Aussprache & Intonation die vom Standard abweicht– Vokallänge und generelle “pitch range” bestimmen

den Akzent● Monotonie / Sprachmelodie

– Gibt Aufschluss über soziale & regionale Herkunft eines Sprechers

– Für andere -akzentfreie- Sprecher normalerweise problemlos verständlich

– Kann auf eine andere L1 hinweisen

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Akzent

● Aussprache & Intonation die vom Standard abweicht– Vokallänge und generelle “pitch range” bestimmen

den Akzent● Monotonie / Sprachmelodie

– Gibt Aufschluss über soziale & regionale Herkunft eines Sprechers

– Für andere -akzentfreie- Sprecher normalerweise problemlos verständlich

– Kann auch auf andere L1 hinweisen

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Akzent

● Aussprache & Intonation die vom Standard abweicht– Vokallänge und generelle “pitch range” bestimmen

den Akzent● Monotonie / Sprachmelodie

– Gibt Aufschluss über soziale & regionale Herkunft eines Sprechers

– Für andere -akzentfreie- Sprecher normalerweise problemlos verständlich

– Kann auch auf andere L1 hinweisen

Sächsischer AKZENT, wenn NUR lautliche

Merkmale übertragen werden.

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“Der hat 'n französischen Dialekt!”

“Die spricht (mit) sächsischem Akzent!”

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Varietätenbegriff

● “Varietät” statt Dialekt, wegen teils negativer Konnotation von “Dialekt”– “Abweichung von der Norm”

– Substandard, rustikal, wenig Prestige

● “Varietät” ist differenzierbar– Regionale Varietät

– Soziale Varietät

– Standardvarietät

● Eher Wertungsfrei, mehr deskriptiv

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Dialekte: Ausbau

● Ausbau bedeutet:– Standardisierung:

● Genormte Orthographie● Phonetik, Morphologie & Syntax sind standardisiert

● Nutzung:– Offiziell: Als Landes-/Amtssprache

– Kulturell: selbstständige Literatur, kulturelle Texte, Theaterstücke...

– Wissenschaftlich: Niveauvolle wissenschaftliche Publikationen

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Dialekt: Grammatik & Orthographie

• Syntax und Morphologie ist mit der Standardsprache verwandt, kann jedoch abweichen

• Orthografie– Dialekte sind gesprochene Sprachformen, daher keine

normierte Orthografie

– Niederschriften orientieren sich an der standardisierten Orthografie und Phonem-Graphem Korrespondenzen

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Dialekt: Verhältnis zum Standard

• Abstand zwischen Sprachen bzw. Sprachvarietäten wird gemessen an den Übereinstimmungen in den Bereichen:– Lexikon

– Phonetik

– Morphologie

– Syntax

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• Hoher Ausbau: Standardvarietät– Ausbausprache häufig “Dachsprache” der Varietäten

• Eher geringer Abstand, untergeordnete Varietäten orientieren sich im Sprachwandel daran / Anpassung

• Geringer Ausbau: Dialekte– Keine eigene Orthographie

– Wenig Standardisierung

– Eher keine (zeitgenössische) Literatur

Dialekte: Ausbau

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Zwischenbilanz

● Standardsprache: – Normiert, schriftliche Verwendung

● Dialekt / regionale Varietät:– Primär gesprochene Verwendung, nicht normiert

● Akzent:– Lautliche Färbung der Sprache, bedingt durch

regionale/soziale Varietät oder andere L1

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?Rückfragen?

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Dialektaufteilung des Deutschen und die Relevanz der 2.

Lautverschiebung

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Die 2. (hochdeutsche) Lautverschiebung

• Grenzt hochdeutsche Dialekte von übrigen Germanischen Sprachen ab ca. 5. Jh a.d.

– Vollständigkeit der Verschiebung ist unterschiedlich zwischen süd und nord.

– Verschiebung von Plosiven

– Nicht alle Stufen sind überall vollständig vollzogen!

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Die 2. LV - Tenuesverschiebung

• Verschiebung von Tenues zu Affrikaten

Tenues = stimmlose

Plosive

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Die 2. LV - Tenuesverschiebung

• Verschiebung von Tenues zu Affrikaten– p pf oder f

• Punt – Pfund

• Dorp - Dorf

– t ts oder z• Tid – Zeit

• Water - Wasser

– k ch oder im Schwitzerdytsch kch (chind)

• Maken - machen

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Die 2. LV - Mediaeverschiebung

• Verschiebung von Mediae zu Tenues

Mediae = stimmhafte Plosive

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Die 2. LV - Mediaeverschiebung

• Verschiebung von Mediae zu Tenues– b p

• Krübbe - Krippe

– d t• Dag - Tag

– g k• Brügge - Brücke

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Beispiel 2. LV

• Nd.:Twelf apen eten Pannekoken• Nl.:Twaalf apen eten pannekoeken• Engl.:Twelve apes eat pancakes.• Hd.:Zwölf Affen essen Pfannkuchen.

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Ausbreitung der 2. LV

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Dialektgliederung auf Basis der Ausbreitung der 2. LV

• Horizontale Gliederung:– Hochdeutsch (südlicher Sprachraum)

– Niederdeutsch (nördlicher Sprachraum)– Auf Basis der Ausbreitung der 2. LV

• Getrennt durch das Isoglossenbündel “Benrather Linie”

– (Mitteldeutsch noch als zusätzliche Kategorie)

• Problematisch– Verschiebung nicht überall gleichmässig!

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Der deutsche Dialektraum

Niederdeutsch

Mitteldeutsch

Hochdeutsch

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Isoglosse

• Isoglossenbündel– Isoglosse?

• griechisch: iso – “gleich” & glossa – “Zunge/Sprache”

– Sprachliche Grenze• jedoch nicht zwischen 2 Sprachen sondern zwischen

Merkmalen:

– Isophon

– Isomorph

– Isolex

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Benrather-Linie & Rheinischer Fächer

• Benrather-Linie:– “maken-machen”-Linie

• Isoglossenbündel, da diverse Merkmale voneinander getrennt werden

• Viele Abweichungen im Rheinland

Rheinischer Fächer

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Benrather Linie & rheinischer Fächer

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Rheinischer Fächer

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Alles klar soweit?

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Varietäten des Deutschen

Weihnachtsnaach

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http://www.swr.de/swr1/bw/dialekte-im-land-die-weihnachtsgeschichte-einmal-anders/-/id=233362/did=14769022/nid=233362/1w5h6x2/index.html

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Entstehung neuer Varietäten

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Entstehung neuer Varietäten

● Kiezdeutsch– Primär mit jugendlichen Migrant*innen asoziiert

(Berlin & Hamburg)

– Wird oft als unvollständiges, falsches Deutsch bezeichnet

– “Sprachverfall”

– Ich mach dich Messer!

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Kiezdeutsch – ein Einblick

● Sprachlich innovativ und kreativ– Neue Informationsstruktur: “Morgen, ich geh Kino”

● Ökonomisch– Auslassung von Partikeln

● Neue Fremdwörter– Lan

– Wallah

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Kiezdeutsch – ein Einblick

● Aussprachevarianten beeinflusst von anderen Sprachen– z.B. Türkisch, Arabisch, Kurdisch....

● Mediale Verbreitung – Eher negative Darstellung in Comedy

– Verbreitung via Rap & HipHop → subkulturelle Varietät

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Heilige Weihnacht

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Hausaufgabe

● Vergleicht die 2 Gedichte– Welche Charakteristika zeichnen die Varietät aus – nenne

jeweils 3 Merkmale?● Phonologie● Grammatik● Lexikon

– Welche der beiden Varietäten wird eher im Süden und welche eher im Norden gesprochen? – nehmt Bezug auf die Phonologie basierend auf der 2.LV

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Danke für die AufmerksamkeitSchöne Feiertage!