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1 TECHNISCHE UNIVERSITÄT DRESDEN GEODÄTISCHES INSTITUT LEHRSTUHL INGENIEURGEODÄSIE Grundlagen der Geodäsie Studiengang Bauingenieurwesen Studiengang Wasserwirtschaft Univ. Prof. Dr.-Ing. habil. Michael Möser http://wwwgi.geo.tu-dresden.de/ig/

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TECHNISCHE UNIVERSITÄT DRESDEN GEODÄTISCHES INSTITUT

LEHRSTUHL INGENIEURGEODÄSIE

Grundlagen der Geodäsie Studiengang Bauingenieurwesen Studiengang Wasserwirtschaft

Univ. Prof. Dr.-Ing. habil. Michael Möser

http://wwwgi.geo.tu-dresden.de/ig/

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Inhaltsverzeichnis/Sommersemester 2003

1 Überblick zum Vermessungswesen 3 1.1 Geodäsie und Geoinformation ....................................................................................... 3 1.2 Bedeutung der Ingenieurvermessung für das Bauwesen................................................. 3

2 Geodätische Grundlagen 4 2.1 Längen - und Winkelmaße ........................................................................................... 5 2.2 Karten und Maßstab.................................................................................................... 6 2.3 Bezugssysteme............................................................................................................ 7 2.3.1 Bezugsflächen.......................................................................................................... 7 2.3.2 Koordinatensysteme.................................................................................................. 8 2.4 Koordinatenberechnung ............................................................................................... 10 2.5 Messgenauigkeit .......................................................................................................... 12

3 Distanzmessung 14

4 Winkelmessung 18 4.1 Theodolit ..................................................................................................................... 18 4.2 Satzweise Richtungsmessung ....................................................................................... 21 4.3 Elektronische Tachymeter............................................................................................ 22

5 Aufmessung und Absteckung 23 5.1 Festpunktfeld und Netzverdichtung ............................................................................... 23 5.2 Polygonzug.................................................................................................................. 24 5.3 Ähnlichkeitstransformation ........................................................................................... 25 5.4 Freie Standpunktwahl................................................................................................... 27 5.5 Aufmessung................................................................................................................ 28 5.6 Absteckung................................................................................................................. 31

6 Höhenbestimmung 34 6.1 Bezugsflächen und Höhensysteme ................................................................................ 34 6.2 Geometrische Höhenbestimmung.................................................................................. 35 6.3 Flächennivellement ...................................................................................................... 40 6.4 Höhenabsteckung ........................................................................................................ 41 6.5 Messung und Berechnung von Längs- und Querprofilen................................................. 42 6.6 Trigonometrische Höhenbestimmung............................................................................. 44

7 Trassierung 46 7.1 Trassierungselemente .................................................................................................. 46 7.2 Absteckung langer Geraden ......................................................................................... 46 7.3 Bogenberechnung und Bogenabsteckung....................................................................... 47 7.4 Kontrolle der Bogenabsteckung mit Pfeilhöhen.............................................................. 51 7.5 Sicherung der Absteckung............................................................................................ 52

8 Flächen- und Erdmengenberechnung 54 8.1 Flächenbestimmung ..................................................................................................... 54 8.2 Erdmengenberechnung................................................................................................. 56

9 Satellitenvermessung 58

Literatur 61

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1 Überblick zum Vermessungswesen

1.1 Geodäsie und Geoinformation

Als Vermessungskunde oder Geodäsie (griech.: geo: Erde, dasei: teilen) bezeichnet man nach Helmert (1885) die Lehre von der Ausmessung und Abbildung der Erdoberfläche. Sie umfaßt die Bestimmung von Form, Größe und Schwerefeld der Erde sowie ihre Be-schreibung in Plänen, Karten und Verzeichnissen. Im Vermessungswesen unterscheidet man folgende Teilgebiete:

• Erdmessung: Bestimmung der Gestalt und des Schwerefeldes der Erde • Astronomie und Satellitengeodäsie: Beobachtung von Fixsternen zur Festlegung von

Bezugssystemen; Messung zu künstlichen Satelliten • Landesvermessung: Bestimmung ausgewählter Vermessungspunkte • Topographie: Beschreibung der Geländeoberfläche hinsichtlich Relief, Bodenbede-

ckung, Siedlungen, Verkehrswegen für Pläne und topographische Karten • Photogrammetrie: Geländeaufnahme mit Spezialkameras; Auswertung der photogra-

phischen Bilder • Kartographie: Herstellung eines maßstäblichen, verkleinerten, verebneten, vereinfach-

ten und erläuterten Abbilds eines Teils der Erdoberfläche • Grundstücksvermessung: Festlegen und Abmarken von Grundstücks- bzw. Flur-

stücksgrenzen; Katastervermessungen (Grundbuch); Bodenordnung: Bewertung von Grund und Boden für Flurbereinigung und Umlegung

• Geoinformatik und Geoinformationssysteme: Raumbezogene Geodaten von Grund-eigentum, Topographie, Raumordnung und Umweltschutz

• Ingenieurgeodäsie: technische Vermessungen im Zusammenhang mit der Planung, Absteckung und Überwachung von Ingenieurbauwerken: Hochbau, Verkehrswegebau, Brücken, Tunnel, Türme, Stauanlagen, Industrieanlagen des Maschinenbaus

1.2 Bedeutung der Ingenieurvermessung für das Bauwesen

• Bereitstellung von Planungsunterlagen • Mitwirkung bei der Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen des Planungs- und Bo-

denordnungsrechts • Erarbeitung von Absteckungsberechnungen und Absteckungsplänen • Absteckung: Übertragung des Bauentwurfs in das Gelände • Erdmengenberechnungen, Baukontrolle • Katastervermessungen zur Schaffung eigentumsrechtlicher Voraussetzungen • Bauwerksüberwachungsmessungen zum rechtzeitigen Erkennen von Schäden

In der Bundesrepublik Deutschland werden große Teile des Vermessungswesens als ho-heitliche Aufgabe durch die Bundesländer wahrgenommen. Dafür sind in den Bundeslän-dern je ein Landesvermessungsamt und auf Kreisebene staatliche Vermessungsämter zu-ständig. Daneben gibt es private Vermessungsbüros, die teils für Grundstücksvermessun-gen zugelassen (Öffentlich bestellter Vermessungsingenieur - ÖbVI), teils auf Ingenieur-vermessungen spezialisiert sind. Die Deutsche Bahn AG, die Wasser- und Schifffahrtsver-waltung, die Flurbereinigungs-, Forst- und Straßenbauverwaltung sowie die Bundeswehr haben einen eigenen Vermessungsdienst.

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2 Geodätische Grundlagen

Messgrößen und Messverfahren

− Horizontal- bzw. Lagemessung mittels Winkel- und Streckenmessungen ⇒ 2D (x,y) - Koordinaten und Höhen oder 3D-Koordinaten (x,y,z) − Vertikal- bzw. Höhenmessung durch Bestimmung von Höhenunterschieden − Kombinierte Horizontal- und Vertikalmessung mittels Tachymetrie

− Das Ergebnis örtlicher Lage- und Höhenmessungen kann digital (Koordinaten, Höhen) und analog (Karten, Profile) dokumentiert werden

Für die Ausführung einer Vermessung gelten folgende Prinzipien:

(1) Ordnungs- und Nachbarschaftsprinzip

Es wird „vom Großen ins Kleine“ gearbeitet, d.h. nachgeordnete Vermessungen werden in ein vorhandenes Netz eingepaßt.

(2) Zuverlässigkeitsprinzip (Kontrolle)

Jedes Mess- und Berechnungsergebnis ist durch unabhängige Kontrollen zu prüfen.

(3) Genauigkeit und Wirtschaftlichkeit

Die Genauigkeit einer Messung kann durch Messung überschüssiger Maße und entspre-chender Mittelbildung gesteigert werden. Eine Messung kann in ihrer Qualität nur beurteilt werden, wenn mehr Maße gemessen werden, als zur eindeutigen Bestimmung der gesuch-ten Größe notwendig gewesen wären.

Die Messungen werden nicht so genau wie möglich, sondern nur so genau wie nötig ausgeführt.

(4) Nachweise

Die Messungsergebnisse sind Feldrisse und Zahlen- bzw. Koordinatenverzeichnisse, die wie Urkunden zu betrachten sind. Das Ergebnis örtlicher Lage- und Höhenmessungen kann digital (Koordinaten, Höhen) und analog (Karten, Profile) dokumentiert werden.

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2.1 Längen - und Winkelmaße

Länge: Meterdefinition vom 21. Oktober 1983 (Paris)

Das Meter ist die Länge der Strecke, die Licht im leeren Raum während der Dauer von

1/299 792 458 Sekunden durchläuft.

Winkel: Einteilung des Vollkreises

• Sexagesimalsystem 360° (Grad) 1° = 60' (Min) = 3600" (Sek); 1' = 60" • Zentesimalsystem 400 gon (Gon): 1 gon = 1000 mgon (Milligon), 1 mgon = 10-3 gon.

Die abgeleitete SI-Einheit des ebenen Winkels ist der Radiant (rad). Das Winkelmaß ist durch die Kreiselemente „Bogenlänge“ und „Radius“ definiert. Der Radiant ist eine Ver-hältniszahl [m/m] und somit dimensionslos.

Ein Radiant ist der ebene Winkel zwischen zwei vom Mittelpunkt eines Kreises ausge-henden Strahlen, die auf dem Umfang einen Betrag b von der Länge des Radius r aus-schneiden.

Abb. Einteilung des Vollkreises

Der Winkel, welcher dem Bogenmaß 1 rad entspricht (griechische Buchstabe ρ), dient als Umwandlungsfaktor für die Berechnung kleiner Winkel, von Kreisbogenlängen oder zu Genauigkeitsabschätzungen, weil bei kleinen Winkeln sich die Werte für Sinus, Tangens und Radiant nicht wesentlich unterschieden.

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2.2 Karten und Maßstab

Karte

Plan

Der Maßstab einer Karte ist das lineare Verkleinerungsverhältnis aller abgebildeten Ent-fernungen im Vergleich zu ihren tatsächlichen Größen in der Natur. Unter dem Maßstab M bzw. dem Maßstabsverhältnis M = 1 : m einer Karte, eines Planes versteht man das Ver-hältnis

m

MkeNaturstrec

KartePlaneckeZeichenstr 1),(==

mit m als Maßstabszahl − Karten mit m ≤ 5000 sind großmaßstäblich − Karten mit m > 5000 sind kleinmaßstäblich

Topographische Karten

Bezeichnung und Maßstab Kurzbezeichnung Herausgeber Deutsche Grundkarte 1 : 5000

DGK 5 Kataster- und Vermessungsämter

Topographische Karte 1 : 25 000

TK 25 Landesvermessungsämter

Topographische Karte 1 : 50 000

TK 50 ′′

Topographische Karte 1 : 100 000

TK 100 ′′

Topographische Übersichtskarte 1 : 200 000

TÜK 200 Bundesamt für Kartographie und Geodäsie Frankfurt/Main und Leipzig

Internationale Weltkarte 1 : 1 000 000

IWK ′′

Katasterkarten

Die Katasterkarten (Liegenschafts- oder Flurkarten) sind Bestandteil des Liegen-schaftskatasters und dienen zum Nachweis von Eigentumsverhältnissen an Grund und Bo-den. Die Maßstäbe variieren zwischen 1 : 500 für bebautes Gelände, 1 : 1000 für landwirt-schaftlich genutztes Gelände und 1 : 2000 für Waldgebiete.

Technische Karten

− Planung: 1 : 500 (Stadtgrundkarte) bis 1 : 10 000 (Flächennutzungspläne) − Bauausführung: 1 : 250 bis 1 : 500 (Leitungs- und Absteckungspläne) − Bestandskarten im Straßen- und Eisenbahnwesen, z.B. 1 : 2 500 − Leitungskataster der Versorgungsunternehmen: 1 : 200 bis 1 : 1000

Thematische Karten

Diese Karten zeigen ein bestimmtes Thema (Geologie, See, Klima, Bevölkerung), wobei der Grundriss einer topographischen Karte verwendet wird (1 : 5 000 bis 1 : 1 Mio).

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2.3 Bezugssysteme

2.3.1 Bezugsflächen

Die Herstellung einer Karte ist die Verebnung eines Teiles der Erdoberfläche. Für diesen Kartenteil oder für den Lageplan wird eine Bezugsfläche benötigt. Diese Bezugsfläche muss sich dem jeweils zu betrachtenden Teil der Erdoberfläche so anschmiegen, dass eine Abbildung unzulässig große Verzerrungen, also Verfälschungen der tatsächlichen Situation ausschließt.

Die geodätischen Messungen finden auf einer gekrümmten Fläche - der Erdoberfläche - statt. Die Erdoberfläche kann als eine Kugelfläche angenommen werden. Messungen ha-ben jedoch ergeben, dass die Kugel an den Polen etwas abgeplattet ist. Damit ergibt sich eine Rotationsellipsoidfläche.

Das Geoid wird durch die ruhende von Gezeiten unbeeinflußte unter den Kontinenten fort-gesetzt gedachte Meeresoberfläche dargestellt. Das Geoid ist diejenige Gleichge-wichtsfläche, die sich in jedem Punkt rechtwinklig zur Richtung der Schwerkraft einstellt.

Die tatsächliche Erdfigur - das Geoid - ist mathematisch nicht geschlossen darstellbar und als Bezugsfläche für ein einheitliches Koordinatensystem ungeeignet.

Abb. Geoid und Rotationsellipsoid

Die Fläche die sich dem Geoid am besten anschmiegt ist das Rotationsellipsoid. Ein wich-tiger Parameter beim Rotationsellipsoid ist die Abplattung.

Das Rotationsellipsoid wird nur dort angewandt, wo es sich um die Erde als Ganzes han-delt oder zumindest um große Teile. Überall dort wo es sich um kleinere Teile (bis 200 km) handelt wird die Erde als Kugel angenommen.

Die Erde kann durch eine Tangentialebene angenähert werden. Man kann auf diese Weise Teile der Erdoberfläche bis zu einem Umkreis von R = 20 km darstellen - ohne dass die Ungenauigkeiten, d.h. Verzerrungen so groß werden, dass sie sich störend bemerkbar ma-chen.

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2.3.2 Koordinatensysteme

Die Lage von Punkten auf der Erde wird mit einem Koordinatensystem eindeutig definiert.

Abb. Geographisches KS (f, ?) bzw. (B, L) Abb. Ebenes rechtwinkliges KS (x, y)

Beim ebenen rechtwinkligen Koordinatensystem der Geodäsie zeigt + y nach rechts und + x nach oben. Die Quadranten werden rechtsläufig bezeichnet, damit alle aus der Mathe-matik bekannten Beziehungen gültig bleiben. Außerdem sind die Horizontalkreise der Winkelmessinstrumente rechtsläufig geteilt, d.h. der positive Drehsinn ist ebenfalls rechts-läufig (Uhrzeigersinn).

Gauß-Krüger-Koordinaten

Bei der konformen (winkeltreue) Abbildung der Kugel in die Ebene wird ein Merdian (x-Achse) als unverzerrte Grundlinie abgebildet.

Abb. Mercator-Abbildung Abb. Meridianstreifen

Man kann einen schmalen Streifen (sphärisches Zweieck) in der Ebene nahezu verzer-rungsfrei darstellen. Gauß hat dafür 3° Streifen gewählt. Es entsteht ein System von schmalen sphärischen Zweiecken mit denen man die gesamte Erdoberfläche darstellen kann. Krüger hat 1912 daraus die Gauß-Krüger-Koordinaten entwickelt.

Die Oberfläche der Erde kann stufenweise ohne große Verzerrungen in der Ebene abgebil-det werden. Jeder Meridianstreifen hat ein eigenes ein rechtwinkliges ebenes Koordinaten-system.

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Abb. Gauß-Krüger-Koordinaten

Damit man feststellen kann, in welchem Koordinatenstreifen der Punkt liegt (die Werte wiederholen sich in jedem Streifen) wird eine Kennziffer eingeführt, die vor dem y-Wert steht:

NL

=°°3

L ist der Längengrad des Mittelmeridians. Damit keine negativen Koordinaten auftreten, wird der Mittelmeridian um 500 000 m nach links verschoben.

Beispiel: Koordinaten für den Turm Beyerbau/TU Dresden

Bezeichnung Abkürzung Angabe

Geographische Koordinaten

Breite B 51°01′51,79586′′ Länge L 13°43′53,24168′′ Höhe H 159,76 m

Gauß-Krüger-Koordinaten/3°-Streifen

Hochwert H 5655725,80 Rechtswert R 5411022,99

Raumbezug für den Turm Beyerbau/TU Dresden

• Meridian x-Achse • Äquator y-Achse • Schnittpunkt Koordinatenursprung

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2.4 Koordinatenberechnung

Die Lage eines Punktes in der Ebene kann entweder in einem polaren Koordinaten-system oder in einem kartesischen Koordinatensystem eindeutig festgelegt werden.

Abb. Polare Koordinaten Abb. Kartesische Koordinaten

Richtungswinkel

Unter einem Richtungswinkel versteht man den Winkel im Uhrzeigersinn zwischen der positiven x-Achse (Gitternord) oder einer Parallelen dazu und einer Strecke. Da eine Stre-cke stets durch zwei Endpunkte bestimmt ist, hat diese auch zwei Richtungswinkel:

• auf Punkt P1: t1,2 von P1 nach P2 • auf Punkt P2: t2,1 von P2 nach P1

gontt 2002,11,2 ±=

Strecke

Die Endpunkte einer Strecke sind koordinatenmäßig bekannt. Die Strecke wird durch Mes-sung oder Berechnung bestimmt.

Abb. Erste Grundaufgabe

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Erste Grundaufgabe

Berechnung der Koordinaten eines Punktes aus Richtungswinkel und Strecke

= := = :

,:

,,,:

2

2

22

2,111

sKontrollexxyyBerechnung

xyGesucht

stxyGegeben

∆∆

==

Der Quadrant des Richtungswinkels bestimmt die Vorzeichen der trigonometrischen Funk-tionen und damit der Koordinatenunterschiede:

∆y ∆x arctan Richtungswinkel t Quadrant + + + t I + - - t + 200 gon II - - + t + 200 gon III - + - t + 400 gon IV

Beispiel: Polares Anhängen

Das „Polare Anhängen“ wird nach der ersten Grundaufgabe gelöst. Der Richtungswinkel wird dabei aus den vorhandenen Koordinaten bzw. Winkelmessungen ermittelt.

Zweite Grundaufgabe

Berechnung von Richtungswinkel und Strecke aus den Koordinaten zweier Punkte

22

4,3

4,3

4433

= :

:

,:

,,,:

yxsKontrolle

s

tBerechnung

stGesucht

xyxyGegeben

∆∆ +

=

=

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2.5 Messgenauigkeit

Eine Messung dient der quantitativen Bestimmung von Größen. Alle Messungen sind mit Messfehlern, besser Messunsicherheiten, behaftet. Die Messunsicherheiten hängen ab vom Messgerät, dem Messverfahren, den Bedingungen des Messraumes und den Fertigkeiten des Messenden.

Vorschriften

− DIN 18201 Toleranzen im Bauwesen − DIN 1319 Grundlagen der Messtechnik (Messunsicherheit) − DIN 18710 Ingenieurvermessung

Grobe Fehler

Sie stehen in keinem Zusammenhang mit der Messgenauigkeit und sind durch Messungs-kontrollen in jedem Fall zu vermeiden, z.B. Meterfehler.

Systematische Fehler

Ursachen sind gleichsinnig wirkende Unzulänglichkeiten bei der Messung, z.B. Ausdeh-nung eines Stahlmessbandes bei Sonneneinstrahlung. Durch geeignete Messungsanord-nungen, Kalibrierung der Messgeräte und Anbringen von Korrektionen sind sie zu elimi-nieren.

Zufällige Fehler

Ursachen sind Unvollkommenheit der Messinstrumente, Unsicherheiten des Beobachters und Bedingungen des Messraumes. Sie treten positiv und negativ in etwa gleicher Häufig-keit auf und sind unvermeidbar. Durch Wiederholungsmessungen, Mittelbildung sowie Überbestimmung der Messelemente lassen sich die Einflüsse reduzieren.

Gauß führte als Genauigkeitsmaß für geodätische Messungen den „mittleren zu fürchten-den Fehler“ oder kurz mittleren Fehler m ein. Dem mittleren Fehler entspricht in der ma-thematischen Statistik die empirische Standardabweichung s.

In der geodätischen Praxis wird die Standardabweichung der Grundgesamtheit σ als Vor-gabewert und die Standardabweichung s als deren Realisierung aus einer Stichprobe (z.B. zweimalige Messung eines Winkels) verwendet. Liegt eine Messreihe (Stichprobe) mit den Werten nxxxx ,...,,, 321 vor, so ergibt sich das arithmetische Mittel:

∑=

=+++

=n

ii

n xnn

xxxxx

1

321 1...

Bei n → ∞ handelt es sich im statistischen Sinne um die Grundgesamtheit der Messwer-te. Für die Bewertung einer Stichprobe wird die Standardabweichung s (Streuungsmaß eines Messwertes) und die Standardabweichung des arithmetischen Mittels berechnet:

2)(1

1∑ −

−= xx

ns i

und ns

sx = .

Beispiel:

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Das Fehlerfortpflanzungsgesetz

Sind die gesuchten Größen nicht direkt gemessen, z.B. die Länge einer Strecke, sondern werden aus mathematischen Beziehungen abgeleitet, so ist der Fehler der Unbekannten nach dem Fehlerfortpflanzungsgesetz zu bestimmen.

Gegeben ist eine Funktion

F = F(x1, x2,…xn)

wobei die Messwerte xi (Strecken, Winkel, Höhenunterschiede) mit zufälligen Fehlern (mittleren Fehlern, Standardabweichungen) behaftet sind. Mathematisch erfolgt die Lösung über das totale Differential nach dem Fehlerfortpflanzungsgesetz (auch Varianzfortpflan-zungsgesetz)

2

2

22

2

2

21

2

1

... n

n

F xF

xF

xF

σσσσ

∂∂

++

∂∂

+

∂∂

= .

Beispiel: siehe Kapitel trigonometrische Höhenbestimmung

Ist F eine reine Summen- oder Differenzenfunktion mit gleichen Standardabweichungen, so ergibt sich der Sonderfall

nF σσ = .

Beispiel: Ein Strecke von 100 m wird mit einem 25m-Messband durch vier Bandlängen bestimmt. Für eine Bandlage gilt: s25m = 2mm

Lösung: : s100m =

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3 Distanzmessung Bei der Distanzmessung (Strecken,- Entfernungs- oder Längenmessung) wird die Länge der zu bestimmenden Distanz durch Vergleich mit der Längeneinheit (Meter) ermittelt. Erst die korrigierte bzw. reduzierte Distanz ergibt die Strecke.

Distanzmessungen können mit verschiedenen Geräten und nach unterschiedlichen Verfah-ren durchgeführt werden. Die Auswahl richtet sich nach der Genauigkeit, der Größe des Aufnahmegebietes und den topographischen Gegebenheiten. Man unterscheidet:

− mechanische Distanzmessung − optische Distanzmessung − elektronische Distanzmessung.

a) Mechanische Distanzmessung mit Stahlmessband

Zur Vermessung kleinerer Gebiete mit einer geringen Anzahl von Punkten verwendet man Stahlmessbänder (DIN 6403) von 20; 25; 30 oder 50 m Länge.

− Schrägmessung − Horizontalmessung − Staffelmessung (Ablotung mit Hilfe eines Schnurlotes)

Abb. Prinzip Distanzmessung

Genauigkeit

Zulässige Abweichungen nach DIN 6403 gegenüber dem Sollmaß, z.B.: 20-m-Stahlmessband; Bezugsspannung von 50 N, Bezugstemperatur 20°C ± 2,2 mm Beachte: Ø Kenntnis der wahren Bandlänge Ø Straffe Bandlage Ø Exaktes Einrichten in die Messungslinie Ø Korrektes Abloten bei Staffelmessung Ø Exaktes Anlegen bzw. Ablesen an den End- und Zwischenpunkten Ø Markieren der Bandlängen (Zählnadeln, Signierkreide).

Standardabweichung der mechanischen Distanzmessung:

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b) Optische Distanzmessung

Im Sehfeld des Fernrohrs im Standpunkt sind Distanzstriche sichtbar, die einen konstanten Winkel γ einschließen. Der Winkel γ ist so festgelegt, dass zwischen dem Distanzstrichab-stand l und der Streckenlänge L ein konstantes Verhältnis 1:k, z. B. 1:100, besteht.

Abb. Optische Distanzmessung mit Distanzstrichen Liest man an einem Maßstab (Nivellierlatte, Zollstock) den Lattenabschnitt l ab, so ergibt sich bei einer Multiplikationskonstanten k = 100 die Länge der Strecke aus der Gleichung

lks ⋅=

Beispiel:

c) Elektronische Distanzmessung

Das Grundprinzip der elektronischen Distanzmessung basiert auf einem Sender, der eine elektromagnetische Welle als Trägerwelle des eigentlichen Messsignals erzeugt. Diese Welle wird ausgesendet und die Zeit, die die Welle zum Durchlaufen der Strecke benötigt, gemessen. Als Trägerwellen werden Infrarotlicht (λ ≈ 600 nm), Laser und Mikrowellen (λ ≈ 1-10 cm) eingesetzt. Diese Trägerwelle wird mit einer Messinformation moduliert.

Abb. Elektronische Distanzmessung

Bei der elektronischen Distanzmessung nach dem Impulsverfahren wird ein scharf defi-nierter Impuls aufmoduliert und ausgesendet. Die Differenz zwischen Aussendung und Empfang des Impulses entspricht der Zeit t , die der Impuls für das zweimalige Durchlau-

fen der Strecke benötigt: 2

tcs

⋅= mit c = 299792 km/s (Lichtgeschwindigkeit).

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Beim Phasenvergleichsverfahren wird der Trägerfrequenz des Distanzmessgerätes eine relativ langperiodische Schwingung (z.B. 30 MHz, λ = 10 m) aufmoduliert.

Phasen-messer

Quarz-oszillator

Modulator

Verstärker

Auswerte-einheit

Sendeoptik

Empfangsoptik

Sende-diode

f

f

f , f∆

f∆

D

Reflektor

Abb. Prinzip Phasenvergleichsverfahren

Die Strecke s ergibt sich aus einer zunächst unbekannten Anzahl n von ganzen Schwin-gungen der Länge λ und dem Reststück R, das durch ein Phasenmessgerät genau gemessen werden kann. Die Strecke ergibt sich:

2

λλ ⋅+⋅=

Rns

λ Wellenlänge (10m ...100m) n Anzahl der Wellenlängen R Reststück der Wellenlänge

Die Distanzmessgeräte sind als Entfernungsmessteil in einem elektronischen Tachymeter (? Totalstation) und benötigen einen Reflektor im Zielpunkt.

Abb. Lösung der Mehrdeutigkeit

λ1 (eindeutig)

λ2

λ3 (Feinauflösung)

Distanz

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Abb. Totalstation mit Distanzmesser und Reflektor

Reflektorlose Distanzmessung

Mit dem Hand-Lasermeter DISTO kann man bei einem Messbereich von 0,3 bis 100 m Genauigkeiten von 1,5 bis 5 mm erreichen. Der sichtbare gebündelte Laserstrahl ermög-licht ein einfaches, ziel- und punktgenaues Arbeiten. Als Handmessinstrument kann es in der Bau- und Objektvermessung im Bauwesen und der Architektur das Messband bzw. den Zollstock ersetzen.

Abb. Handlasermessgerät DISTO von Leica Geosystems, Schweiz

Abb. Zielgenauigkeit Abb. Ecken und Kanten: a) innere Ecke, b) äußere Ecke, c) Kante-Wand

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4 Winkelmessung

Abb. Winkelmessung

Richtung

Eine Richtung ist der Horizontalwinkel zwischen dem Teilkreisnullpunkt und einem Ziel-punkt C. Wenn die Lage des Teilkreisnullpunktes beliebig ist, spricht man von der Rich-tung nach dem Punkt A oder C

Winkel

Ein Winkel α ist sie Differenz zweier Richtungen nach den Zielpunkten A und C.

Vertikalwinkel

Nullpunkt im Zenit → Winkel zum Zielpunkt: Vertikalwinkel bzw. Zenitwinkel Nullpunkt in der Horizontalebene → Winkel zum Zielpunkt: Höhenwinkel

4.1 Theodolit

Bezeichnung Genauigkeit Standardabweichung Bautheodolit niedere ≤ 8 mgon Ingenieurtheodolit mittlere ≤ 2 mgon Sekundentheodolit hohe ≤ 0,6 mgon Präzisionstheodolit höchste ≤ 0,2 mgon

Beispiel: Mit einem Theodolit σr = 8 mgon soll die Richtung zu einem Punkt in 126 m Entfernung bestimmt werden. Wie genau kann der Punkt in der Lage bestimmt werden?

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Abb. Aufbau des Fernrohrs

Abb. Theodolit und Stativ Die Instrumente bestehen aus 3 Hauptteilen: Stativ, Unterbau, Oberbau. Durch Fertigungs-toleranzen und Abnutzung bei längerem Gebrauch entstehen Ungenauigkeiten, die ausge-schaltet aber auch nicht beeinflußt werden können.

1) Umdrehungsachse bzw. Stehachse (V): Achse durch das Vertikalachsensystem, die bei horizontiertem Gerät senkrecht steht

2) Libellenachse (L): Tangente an den oberen Ausschliffbogen im Normalpunkt der Röh-renlibelle. Sie liegt bei einspielender Libelle horizontal.

3) Zielachse (Z): Verlängerte Verbindungslinie des Fadenkreuzschnittpunktes mit dem optischen Mittelpunkt des Objektivs.

4) Kippachse (K): Horizontalachse, um die das Fernrohr gekippt werden kann Diese vier Hauptachsen müssen folgende Bedingungen erfüllen:

• V rechtwinklig zu L (Umdrehungs- bzw. Stehachsenfehler) • Z rechtwinklig zu K (Zielachsenfehler) • K rechtwinklig zu V (Kippachsenfehler)

Fernrohrlage I : Zielung mit Vertikalkreis links vom Fernrohr (0 bis 200 gon)

Fernrohrlage II :Zielung mit Vertikalkreis rechts vom Fernrohr (200 bis 400 gon)

Strichkreuzplatte

Objektiv Okular Fokussiertrieb

Fokussierlinse

Zielachse

Aufbau des Fernrohrs

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Stehachse rechtwinklig zur Libellenachse: Horizontieren

Beachte: Zielachsenfehler und Kippachsenfehler kann man durch Messung in FRL I und FRL II und Mittelbildung eliminieren. Der Stehachsenfehler lässt sich auf diese Art nicht eliminieren.

Vertikalwinkelmessung

Bei horizontaler Zielung und einspielender Indexlibelle muss am Vertikalkreis 100,0000 gon stehen, wenn nicht ist ein Indexfehler vorhanden. Der Indexfehler fällt durch (2 FRL) heraus; trotzdem muss der Indexfehler i so klein wie möglich gehalten werden.

In den elektronischen Tachymetern übernehmen Kompensatoren die Funktion der Höhen-indexlibelle, welche die Stehachsneigung in Messrichtung kompensieren.

Beispiel: Auswirkung eines Stehachsfehlers auf die Messung

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4.2 Satzweise Richtungsmessung

FRL I

FRL II

Abb. Horizontalwinkelmessung

− Die zwei Werte in FRL I und FRL II unterscheiden sich genau um 200 gon.

− Man kann die Genauigkeit der Messungsergebnisse noch steigern, indem man weitere Sätze misst (Satzweise Richtungsmessung) und die Werte mittelt. Teilkreisverstellung:

Satzanzahl n ngon 200

= δ

− Die Richtungen nach den gleichen Zielpunkten aus mehreren Sätzen müssen auf 0,0000 gon reduziert werden. Dazu wird rechnerisch von allen gemittelten Richtungen jeweils die erste Richtung subtrahiert: reduzierte Mittel.

Abb. Formular Richtungsmessung

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4.3 Elektronische Tachymeter

Tachymetrie heißt "Schnellmessung". Mit einem Tachymeter kann man Winkel und Dis-tanzen gleichzeitig messen. Die heutigen elektronischen Tachymeter verfügen alle über einen elektro-optischen Distanzmesser (EDM) und einen elektronischen Winkelabgriff. Dadurch werden Winkel und Distanzen digital angezeigt, Horizontaldistanz, Höhenunter-schied und Koordinaten werden automatisch berechnet und alle Messwerte und Zusatzin-formationen können registriert werden. Die Tachymeter sind mit Software ausgestattet, mit der die meisten Vermessungsaufgaben schnell gelöst werden können.

Abb.: Elektronisches Computertachymeter Elta von Carl Zeiss

Die Ablesemikroskope sind bei den elektronischen Theodoliten durch optoelektronische Abtastsysteme ersetzt.

Abb. Codeverfahren

Der Teilkreis ist mit einer Codeeinteilung versehen. Dabei wird jeder Teilkreisstellung ein codiertes Ausgangssignal zugeordnet. Die Teilung besteht aus radialen Spuren, die aus durchleuchtbaren und nicht durchleuchtbaren Feldern als Binärcodierung besteht. Oberhalb jeder Spur ist eine Leuchtdiode angeordnet, deren Lichtsignal durch eine darunterliegende Photodiode in ein elektrisches Signal gewandelt wird. Dabei entsteht ein Signalimpuls oder ein Nullsignal. Dieser jeder Teilkreisstellung zuzuordnende Dualzahl wird in eine „Able-sung“ auf 0,1 bis 0,3 mgon umgerechnet.

Luminiszenzdio-den Teil-

kreis

Photodio-den

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5 Aufmessung und Absteckung

5.1 Festpunktfeld und Netzverdichtung

Das Deutsche Hauptdreiecksnetz (DHDN 92) besteht aus 4 hierarchischen Ordnungen:

TP-Netz Bezeichnung Punktabstand 1. Ordnung TP (1) 30 - 70 km 2. Ordnung TP (2) 10 - 20 km 3. Ordnung TP (3) 3 - 5 km 4. Ordnung TP (4) 1 - 2 km

Geodätische Festpunktdichte Die trigonometrischen Punkte (TP) des amtlichen Lagefestpunktfeldes weisen in ihrer höchsten Verdichtungsstufe einen Abstand von 1 - 2 km auf.

Für die Geländeaufnahme oder Absteckung ist jedoch eine Verdichtung erforderlich. Dazu werden vermarkte Festpunkte, deren Koordinaten bekannt sind, als Anschlusspunkte zur Bestimmung neuer Festpunkte benutzt.

Bei dieser Netzverdichtung wird entweder jeder Punkt einzeln, oder mehrere Punkte ge-meinsam mit Hilfe eines Polygonzuges (Vieleckzuges) bzw. netzweise mit Hilfe eines Dreiecks- oder Polygonnetzes bestimmt.

Abb. Netzverdichtung

Abb. Baulagenetz

24

5.2 Polygonzug

Neue Lagefestpunkte werden in der Örtlichkeit so ausgewählt, dass sie die Knickpunkte eines Polygonzuges bilden. Durch Messen der Seitenlängen zwischen den Polygonpunkten und der Brechungswinkel als Differenz der Richtungen in den Polygonpunkten ist der Po-lygonzug eindeutig bestimmt.

Der Polygonzug wird am Anfang und Ende an vorhandene Festpunkte angeschlossen, de-ren Koordinaten im Landessystem bekannt sind. Dieser geschlossene Polygonzug ermög-licht die Bestimmung der Koordinaten der Polygonpunkte im Landessystem.

Abb. Polygonzug

Berechnung

Gegeben: Koordinaten der Festpunkte AA, A, E, EE Gemessen: Brechungswinkel β ι und Strecken si

Gesucht: Koordinaten der Polygonpunkte Pi (xi, yi)

25

5.3 Ähnlichkeitstransformation

Unter Koordinatentransformation (auch Koordinatenumformung) versteht man die Trans-formation der Koordinaten eines lokalen Systems in ein übergeordnetes System oder um-gekehrt.

Im Allgemeinen wird eine Ähnlichkeitstransformation verwendet, dabei ist das zu trans-formierende Punktfeld

– zu verschieben, – zu drehen, – zu dehnen oder zu strecken.

Die Ähnlichkeitstransformation benötigt vier Parameter um das Koordinatensystem

(x, y) ? (?, ?) zu transformieren:

– 2 Translationen x0 , y0

– Rotation f

– Maßstabsfaktor m

Zur eindeutigen Bestimmung der Transformationsparameter müssen 2 identische Punkte in beiden Systemen gegeben sein.

26

Abb. Ähnlichkeitstransformation

27

5.4 Freie Standpunktwahl

Bestimmung der Lagekoordinaten eines frei gewählten Standpunktes durch Richtungs- und/oder Streckenmessungen zu Punkten mit bekannten Koordinaten. Anschließend wer-den im Gelände die Absteckungsdaten der Objektpunkte berechnet und abgesteckt.

Berechnung der Standpunktkoordinaten mit Anschluss an zwei Festpunkten

Bei dieser Minimallösung gibt es, wenn auf dem freien Standpunkt des Tachymeters nur die Richtungen und die Strecken zu zwei Festpunkten gemessen werden, eine unzureichen-de Messungskontrolle. Die Messaufgabe ist nicht überbestimmt, wenn der Maßstab der gemessenen Strecken zusätzlich als Unbekannte eingeführt wird.

Abb. Freie Standpunktwahl

Lösung

(1) Berechnung der Entfernung und des Richtungswinkels zwischen den beiden Festpunk-ten aus den bekannten rechtwinkligen Koordinaten im X, Y-System

( ) ( )22, ABABBA YYXXs −+−=

(2) Berechnung der Entfernung s“A,B zwischen den Festpunkten aus den polaren Mess-werten nach dem Cosinus-Satz.

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(3) Vergleich beider Entfernungen, und wenn der Widerspruch als zulässig erachtet wird: Beseitigen des Widerspruchs. Beibehaltung der gemessenen Richtungen und Anpassung der gemessenen Strecken sA und sB an den Maßstab des Netzes Maßstabsfaktor m

m Strecke aus KoordinatenStrecke aus Meßwerten

s

sA B

A B= = ,

,"

Die verbesserten Strecken m ⋅ si und der gemessene Winkel (γ = rB - rA) passen nun widerspruchsfrei zum Netzmaßstab.

Nach der Berechnung des Winkels α können durch polares Anhängen an den Festpunkt A die rechtwinkligen X, Y-Koordinaten des Standpunktes berechnet werden:

YmYtsmYY

XmXtsmXX

tt

AFSAAAFS

AFSAAAFS

BAFSA

α

⋅+=⋅⋅+=

⋅+=⋅⋅+=

+=

,

,

,,

sin

cos

Da bei diesem Verfahren der Beseitigung des Messungswiderspruchs alle Winkel unverän-dert bleiben, handelt es sich im Grunde um eine Ähnlichkeitstransformation mit zwei iden-tischen Punkten A und B.

5.5 Aufmessung

Abb. Orthogonalverfahren

29

Bestimmung und Absteckung rechter Winkel

Das Orthogonalverfahren nutzt rechte Winkel zur Aufnahme und Absteckung und zum Fällen eines Lotes. Dafür werden Prismeninstrumente verwendet: Prismatische Glaskörper mit unterschiedlicher Grundfläche (Drei-, Vier-, Fünfeck), z.B. das Doppelpentagon.

Abb. Absteckung rechter Winkel mittels Prisma und Fluchtstab

Feldriss (bzw. Feldbuch): unmaßstäbliche, lagerichtige Skizze des Aufnahmeobjektes mit Festpunkten, Messungslinien sowie allen evtl. notwendigen Hilfslinien und Maßen, die zu der geforderten maßstabsgerechten Kartierung der großmaßstäbigen Karte führen.

Tachymetrie

Die Tachymetrie (Schnellmessung) ermöglicht die gleichzeitige Aufnahme der Lage und Höhe (Relief) für die Herstellung großmaßstäbiger Karten. Die Lageaufnahme geht von dem Prinzip der Aufnahme nach Polarkoordinaten aus. Das Verfahren wird als Polarver-fahren bezeichnet.

Abb. Polarverfahren

Bezug ist die bekannte Richtung der Polygonseite von PP1 nach PP2 mit ihren bekannten Koordinaten x, y. Hierauf beziehen sich alle nach den aufzunehmenden Objektpunkten Pi zu messenden (Richtungs-) Winkel α1, α2, α3 .... und die Strecken s1, s2.

30

Amtlicher Lageplan

Die Verordnung über bautechnische Prüfungen (BauPrüfVO) der Länder schreiben vor, daß im Genehmigungsverfahren mit dem Bauprojekt (oder auch schon zur Bauvoranfrage) ein „Amtlicher Lageplan“ vorgelegt werden muss. Dieser ist von einer vermessungsbefug-ten Behörde oder einem ÖbVI anzufertigen bzw. zu beglaubigen.

Abb. Amtlicher Lageplan

31

5.6 Absteckung

Eine Absteckung ist die Übertragung von Punkten oder Linien eines vorgegebenen Projek-tes in die Örtlichkeit. Die Absteckdaten sind örtliche Koordinaten (rechtwinklige, polare), die sich auf einen Polygonzug beziehen (Polygonpunkte - identische Punkte).

Absteckung eines Gebäudes nach Baufluchten

Baufluchtlinie: Eine meist parallel zur Straße verlaufende gedachte Linie, deren Abstand von der Straße festgelegt ist und über die Gebäude nicht hinausragen dürfen.

Abstandsflächen

Das Gesetz über die Bauordnung schreibt vor, dass vor freistehenden Außenwänden Ab-standflächen einzuhalten sind, die auf dem Baugrundstück selbst oder maximal bis zur Mitte der angrenzenden öffentlichen Verkehrsfläche liegen dürfen. Die Bemessung der Abstandflächen wird durch einen ÖbVI mit baurechtlichen Nachweis erbracht.

32

Berechnung von Absteckdaten

Gegeben: Absteckbasis mit 2 koordinatenmäßig bekannten Polygonpunkten (PP16, PP17) Koordinaten der abzusteckenden Punkte Pi des Objektes:

Abb. Absteckung nach polaren Koordinaten

Absteckung nach dem Polarverfahren

Gesucht: Winkel α, β und Strecken s16,P und s17,P

Berechnung:

Kontrolle: Zweite Berechnung und Absteckung vom PP16, Messen von Diagonalen

Absteckung mit Totalstation

Für die Absteckung von Punkten bieten die Totalstationen zwei grundsätzliche Lösungen:

• die Richtungsorientierung zum Absteckpunkt und fortlaufende Streckenmessung mit-tels Trackingfunktion und

• die iterative Bestimmung der Längs- und Querabweichung von einem Näherungspunkt zur Soll-Lage des abzusteckenden Punktes.

In jedem der beiden gewählten Absteckverfahren zählt das Programm die Absteckdifferen-zen automatisch auf Null herunter („Setting out“): Der Reflektorträger befindet sich am abzusteckenden Punkt. Polare Absteckwerte liegen vor, wenn die Lage des Punktes als Winkel zu einem Bezugspunkt und die Entfernung vom Instrumentenstandpunkt gegeben sind.

Der abzusteckende Punkt ist solange einzurichten bis die Längs- und Querabweichung gleich Null bzw. kleiner einer vorgegebenen Tolerenzgrenze sind.

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Abb. Tracking mittels Horizontaldistanz HD und Horizontalrichtung Hz

Sicherung der Absteckung

Da die Baugrube größer als der Grundriss des Gebäudes ausgeführt werden muss, fallen die abgesteckten Punkte wieder weg. Sie müssen deshalb vor Baubeginn gesichert werden. Die Sicherung erfolgt so, dass die Sicherungspunkte soweit von der Baugrube entfernt sind, dass sie durch das Baugeschehen nicht wegfallen, andererseits jedoch auf einfache Weise die Wiederherstellung der Hauseckpunkte gestatten.

Abb. Absteckung und Sicherung mit Schnurböcken

Der Absteckplan enthält die Grundrisssituation mit den abzusteckenden Punkten und den Sollmaßen. Der Absteckriss enthält alle abgesteckten Punkte und Richtungen, die verwen-deten Bezugspunkte und Anschlussrichtungen. Aus dem Absteckriss müssen Art der Ver-markung sowie Kontroll- und Sicherungsmaße hervorgehen. Schließlich enthält der Ab-steckriss noch Angaben zur örtlichen Orientierung, wie Nordpfeil und örtlich vorhandene Objekte. Ein Absteckriss ist keine maßstäbliche Darstellung der Örtlichkeit.

SETTING OUT

PtNr : 1234

Hz: - 0.806 HD: 1.070

Tachymeter-Display

34

6 Höhenbestimmung

6.1 Bezugsflächen und Höhensysteme

Für die Messung von Höhenunterschieden muss man bei den geometrischen und trigono-metrischen Verfahren die Schwerkraft zu Hilfe nehmen.

Wenn eine Libelle einspielt, so steht die Libellenachse rechtwinklig zur Schwerkraft.

Abb. Höhenbezugsfläche

Wenn man ein einheitliches Höhensystem aufbauen will, damit die Höhen der gemessenen Punkte miteinander vergleichbar sind, dann muss man eine einheitliche Bezugsfläche fest-legen. Das kann nur eine Fläche sein, die in jedem Punkt rechtwinklig zur Schwerkraft steht: Das ist das Geoid; eine Niveaufläche

Es gibt für Westeuropa und die alten Bundesländer die Niveaufläche, die durch den Null-punkt des Amsterdamer Pegels geht und die Höhen werden bezeichnet mit

Höhen über Normal-Null (NN)

Natürlich ist diese Niveaufläche in Höhe des mittleren Meeresspiegels nicht für Messun-gen unmittelbar zugängig. Deshalb hat sich jedes Land einen Haupthöhenpunkt (Deutsch-land: 40 km östlich von Berlin in Hoppegarten) geschaffen, der einen Normal-Nullpunkt in Höhe des mittleren Meereshorizontes festlegt.

Für Osteuropa und die neuen Bundesländer war die Niveaufläche der Nullpunkt des Kron-städter Pegels und die Höhen werden bezeichnet mit

Normalhöhen (HN; über Höhennull)

Der Höhenunterschied zwischen dem NN-System und dem HN-System beträgt 8 bis 16 cm und ist nicht konstant. In absehbarer Zeit wird es das Deutsche Haupthöhennetz (DHHN 92) mit einem einheitlichen Höhenbezug geben. Beachte: Es können immer nur Höhen aus dem gleichen System miteinander verglichen werden.

Man unterscheidet weiterhin

• absolute Höhen (H), die sich auf eine Bezugsfläche beziehen und • relative Höhen (∆h) oder Höhenunterschiede, die sich auf einen beliebigen Punkt be-

ziehen.

Da man zur Bestimmung absoluter Höhen der Punkte nicht immer am Nullpunkt anfangen kann, wird das Land mit einem Netz von Höhenfestpunkten überzogen, deren absolute Höhen bekannt sind.

Die absolute Höhe eines neuen Punktes B erhält man ausgehend von einer bekannten Höhe eines Punktes A und der bestimmten Höhenunterschiede zu:

hHH AB ∆ + =

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Messverfahren

• Geometrische Höhenbestimmung (0,1 mm bis 1 cm) • Trigonometrische Höhenbestimmung (1 bis 3 cm) • Barometrische Höhenbestimmung (1 bis 2 m) • Hydrostatische Höhenbestimmung (0,02 mm)

Geometrische Höhenbestimmung

Grundlage: Horizontalebene, Niveauebene, Nivellement, Bestimmung des Höhenunter-schieds ∆h durch Differenzbildung

Trigonometrische Höhenbestimmung

Grundlage: Vertikalwinkel und Entfernung, Bestimmung des Höhenunterschieds ∆h durch Auflösung eines rechtwinkligen Dreiecks.

6.2 Geometrische Höhenbestimmung

Das Prinzip ist dadurch gekennzeichnet, dass eine horizontale Ebene hergestellt wird und an senkrecht aufgestellten Maßstäben der Höhenunterschied abgelesen wird. Da man mit einer horizontalen Ebene (Niveauebene) arbeitet spricht man von nivellieren bzw. dem Nivellement.

11 bahHHh AB

−=−=

∆∆

horizontale Ziel l in ie

Erdoberf läche

Ellipsoid

Geoid

Lotr ichtung

Höhe

Klassifizierung der Nivelliere

Bezeichnung Genauigkeit s h 1 km Doppel-Niv.

Baunivellier Niedere ≤ 20 mm Ingenieurnivellier Mittlere: Ni 025 (2,5 mm/1 km) ≤ 6 mm Feinnivellier Hohe ≤ 2 mm Präzisionsnivellier Höchste ≤ 0,5 mm

Die Geräte sind in der Lage durch eine horizontal gestellte Zielachse, die sich frei um eine senkrechte Umdrehungsachse bewegen lässt, die gewünschte Niveauebene herzustellen.

36

Da sich die Zielachse nicht ohne weiteres genau horizontal stellen lässt, benötigt man Vor-richtungen, die das bewirken:

1) eine genaue Röhrenlibelle, die fest mit der Zielachse verbunden ist 2) einen Kompensator, der die Ziellinie automatisch horizontiert.

• Prüfung von Nivellierinstrumenten • Die Zielachse des Nivellierinstruments kann nur dann genau horizontiert werden,

wenn die Nivellierinstrumente folgende Anforderung erfüllen: Zielachse nach Ver-lassen des Fernrohrs horizontal

Abb. Nivellier und Nivellierlatte

Digitalnivellier

Das Licht gelangt zu einem Zeilendetektor mit 456 Pixeln, der das Bild einer binärcodier-ten Latte darstellt. Der Code ist so aufgebaut, dass er mit einem einfachen CCD-Zeilensensor in digitale Informationen umgeformt werden kann. Der Lattencode ist ein Binärcode, der aus schwarz - weiß Elementen aufgebaut ist. Der vollständige Code umfasst 2000 Elemente auf einer Latten1änge von 4050 mm; ein Grundelement ist 4050/2000 = 2,025 mm breit.

Der Sensor ersetzt das Augedes Beobachters und erkennt die codierte Teilung der Latte und bildet hieraus ein Signalmuster, welches mittels Korrelationsverfahren ausgewertet wird. Bis zu 6000 Messungen werden automatisch auf einer PCMCIA-Karte abgelegt

Abb. Lattencode Abb. NA3003 von Leica

Senkrechter Maßstab:

4m lange, auf 2m klappbare in Felderteilung unterteilte Holz-latten: Teilungsintervall [cm]; [mm] schätzen

37

Geometrisches Nivellement

1) Höhenmessung einzelner Punkte: Festpunktnivellement als Nivellementszug oder Nivellementsschleife 2) Höhenmessung von Punkten auf einer mathematisch definierten Linie: Profilmessungen als Längs- und Querprofile 3) Höhenmessung von Punkten (Bezug Fläche): Flächennivellement

Beginnt man an einem höhenmäßig bekannten Punkt und schließt an einem anderen hö-henmäßig bekannten Punkt ab, so wurde ein Nivellementszug gemessen. Damit ist ein Vergleich von gemessenem und bekanntem Höhenunterschied möglich (Messungs- und Rechenkontrolle).

Wenn der Endpunkt B nicht vorhanden ist, dann muss man zum Ausgangspunkt zurück-messen: Nivellementsschleife. Der gemessene Höhenunterschied muss 0,00 m ergeben. Grundsätzlich ist ein Nivellementszug zu messen.

Abb. Nivellementszug

Gegeben: HA und HB (absolute Höhen zweier Höhenfestpunkte)

Gesucht: HPi (absolute Höhen eines oder mehrerer Punkte) bzw. Höhenunterschied

P 1

P 2

P 3

P 4

P 5

R V

R V

R V

EFH210,00

I

II

III

IV

R VRückblick

0,301

Vorblick

3,905

Abb. Nivellementsmessung

Höhenunterschied = Rückblick minus Vorblick: ∆h = r – v

38

1) Latte auf Höhenfestpunkt (Höhenbolzen) A aufstellen 2) Nivellier in max. 50 m Entfernung fest aufstellen und grob horizontieren 3) Latte in A anzielen, genau horizontieren und Ablesung r1 (Rückblick) 4) Instrument bleibt stehen, Latte nach Wechselpunkt WP1 (max. 50 m) 5) Latte in WP1 anzielen, genau horizontieren und Ablesung v1 (Vorblick) 6) Latte bleibt in WP1 stehen, Instrument nach I2, fest aufstellen, grob horizontieren 7) Latte in WP1 anzielen, genau horizontieren und Ablesung r2 8) Instrument bleibt stehen, Latte wandert nach WP2, bzw. HP1 Beachte: Wenn die Latte wandert bleibt das Instrument stehen, wenn das Instrument wan-dert bleibt die Nivellierlatte stehen. Eines von beiden muss die Höhe übertragen !

1. Berechnung der Höhenunterschiede und Kontrolle der Messung

Kontrolle: Wenn keine Messungsfehler vorliegen muss die Bedingung erfüllt werden:

Bei Bauvermessungen ist eine Abweichung als Fehlergrenze zulässig. Es gilt

Der Fehler = IST − SOLL bzw. die Verbesserung = − Fehler

2. Berechnung der Höhenunterschiede mit den verbesserten Rückblicken

Beachte: Nur ganze [mm] verteilen !

3. Berechnung der absoluten Höhen mit Hilfe der Höhenunterschiede

Das Nivellement wird in ein Formular eingetragen und im Gelände sofort berechnet.

39

40

6.3 Flächennivellement

Die Höhenbestimmung von flächenhaft verteilten Punkten mit einem Nivellier erfolgt mit-tels Flächennivellement.

Anwendungen

− Herstellung von Lageplänen mit Höhenlinien − Grundlage für Massenberechnungen in mäßig geneigten Gelände − Verdichtung von bereits im Lageplan und im Gelände vorhandener Punkte

Prinzip: Rostaufnahme

− Die Aufnahmepunkte werden rasterartig angelegt. − Die Absteckung der Punkte erfolgt mit Hilfe von Parallelen und Senkrechten in regel-

mäßigen Abständen mit Messband, Prisma und Fluchtstäben − Die Maschenweite ist so zu wählen, dass das Gelände höhenmäßig genau appro-ximiert

wird (markante Punkte beachten)

Messung – Nivellement mit Zwischenblicken

− Anschluss an einen Höhenfestpunkt − Von einem Instr.-Stpkt. Punkthöhen des Rostes als Zwischenblicke [cm] bestimmen − Anschluss an zweiten Höhenfestpunkt oder Rücknivellement zum ersten Festpunkt

Abb. Aufnahmerost für Flächennivellement

41

Abb. Höhenlinieninterpolation

6.4 Höhenabsteckung

Innerhalb des Bauwerkes ist ein bauwerks-internes Höhenbezugssystem einzuführen, dessen Nullfläche meist die Oberfläche des fertigen Fußbodens im Erdgeschoß (OFFE) ist. Die OFFE-Höhe wird an das amtliche Höhensystem über das Bauhöhennetz ange-schlossen. Die Höhenmarkierungen (Höhen-lehren - Schnurgerüste) beziehen sich stets auf das bauwerksinterne Höhensystem OFFE.

Als Höhenbezugspunkt wird im Kellerge-schoß eine Höhenmarke (Bolzen, Farbmar-kierung) angebracht und dessen Höhe im amtlichen Höhensystem bestimmt.

Für die Geschoßhöhenmarke ergibt sich:

ouBG lllHH −++= ∆

HG Höhe der Geschoßhöhenmarke HB Höhe des Höhenbezugspunktes lu Ablesung an der unteren Latte lo Ablesung an der oberen Latte

Die vorgegebene Geschoßhöhenmarke ist am Bauwerk abzustecken, d.h. lo ist zu berech-nen und von der Ziellinie aus abzusetzen (Umstellung der Gleichung).

Abb. Höhenabsteckung

42

Anlegen von Höhenlehren

Die Höhenlehren beziehen sich auf die Nullhöhe des Bauwerks (OFFE). In den Bauausfüh-rungsplänen ist diese Höhe vielfach mit ± 0,00 m unter gleichzeitiger Angabe der absoluten Höhen (NN- oder HN-Höhe) gekennzeichnet. Tiefer gelegene Punkte werden durch ein Mi-nuszeichen und höher gelegene durch ein Pluszeichen angegeben.

Sollen Höhenlehren (Schnurbretter, Nägel, Strichmarkierungen, Rundstahlbolzen) genau die Nullhöhe des Bauwerks anzeigen, so sind diese Lehren auf die entsprechende Soll-Höhe ein-zurichten. Die Soll-Ablesung errechnet sich:

Sollablesung = HHöhenfestpunkt + RückblickHöhenfestpunkt - Sollhöhe

Abb. Sicherung der Höhe an einer Höhenlehre

6.5 Messung und Berechnung von Längs- und Querprofilen

Längsprofile

Um die horizontale Lage einer Trasse festzulegen erfolgt die Planung des Bauvorhabens in einem Lageplan. Darin hat man, abgesehen von den Höhenlinien, keinen Einblick in den Verlauf der Trasse in vertikaler Richtung. Mit einem Vertikalschnitt durch die Erdoberflä-che, der mit dem horizontalen Verlauf der Trasse zusammenfällt, erhält man das Längspro-fil. Die Gradiente ist der Verlauf einer Trasse in vertikaler Richtung

Berechnung der Höhen:

iiiiii vzhzzhzrh −=−=−= 3421211 ,..., , ∆∆∆

Graphische Darstellung des Längsprofils: Da die Längsausdehnung wesentlich größer als die Höhenausdehnung ist, verwendet man zur Darstellung der Längen und Höhen ver-schiedene Maßstäbe und zwar für die Längen, i.a. den Maßstab des Lageplans: 1:500, 1:1000. Die Höhen werden meist im Verhältnis 1:10 größer dargestellt: 1:50, 1:100.

43

Querprofile

Verkehrswege haben eine nicht linienförmige, sondern eine räumliche Ausdehnung. Neben dem Längsprofil benötigt man noch Informationen über den Verlauf des Geländes links- und rechts der Trasse, der Achse des Verkehrsweges. Querprofile werden in bestimmten Abständen (Stationierung) rechtwinklig zur Achse des Verkehrsweges gemessen. Graphi-sche Darstellung der Querprofile: Da die Längenausdehnung begrenzt ist, kann ein großer Maßstab gewählt werden (1:100)

Abb. Längs- und Querprofile

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6.6 Trigonometrische Höhenbestimmung

s'

Abb. Trigonometrische Höhenbestimmung

Gegeben: HA absolute Höhe des Ausgangspunktes Gemessen: s‘ schräge Distanz ζ Vertikal-, bzw. Zenitwinkel i Instrumentenhöhe zwischen Punkt A und Kippachse z Zielhöhe zwischen Zielpunkt und B Gesucht: ?h Höhenunterschied zwischen A und B HB absolute Höhe des Punktes B Berechnung des Höhenunterschiedes ∆h

Berechnung der absoluten Höhe HB

Erdkrümmungsreduktion

Bei der Bestimmung des Höhenunterschiedes ∆h wird die Erde als Ebene angenommen. Wenn man mit cm-Genauigkeit arbeitet und s > 300 m ist, macht sich die Erdkrümmung bemerkbar. Näherungsweise Berechnung:

2

= 2

Rs

rE ⋅mit R ≈ 6370 km (Radius der Erdkugel)

Abb. Reduktion wegen Erdkrümmung

45

S in m 200 300 500 1000 2000 5000

rE in m 0,003 0,007 0,020 0,078 0,314 1,960

Höhenunterschiedsreduktion wegen Erdkrümmung

Die Erdkrümmung wird bei elektronischen Tachymetern automatisch berücksichtigt.

Wenn man den Höhenunterschied über große Entfernungen bestimmen will, wirkt ein wei-terer Einfluß - die Refraktion:

− Der Zielstrahl durchläuft verschiedene Luftschichten mit verschiedener Dichte. − Der gekrümmte Zielstrahl kann vernachlässigt werden.

Höhenbestimmung unzugänglicher Punkte

Beispiel: Berechnung der Höhen von Fernleitungen und Genauigkeitsbetrachtung nach dem Fehlerfortpflanzungsgesetz

46

7 Trassierung

Trasse

7.1 Trassierungselemente

Im Grundriss setzt sich die Trasse aus Trassenelementen mit konstanter Krümmung zu-sammen:

Gerade

Kreis

Übergangsbogen mit Krümmungsänderung

Von der Gerade zum Kreis gilt:

Den Übergangsbereich nennt man im Eisenbahnbau Überhöhungsrampe und im Straßen-bau Verwindungsstrecke. Die bautechnisch einfachste Lösung ist die linear wachsende Überhöhung (ü wächst proportional zur Strecke l).

Um eine fahrdynamisch einwandfreie Lösung zu erreichen, muss die Krümmung ebenfalls linear anwachsen. Auf die Länge l der Überhöhungsrampe muss eine Kurve mit linear wachsender Krümmung angeordnet werden - Klotoide.

7.2 Absteckung langer Geraden

Lange Geraden (> 300 m) sind im Verkehrsbau oft im Flachland zwischen zwei Bogen anzutreffen. Die Gerade ist so durch Punkte zu vermarken, dass der Verkehrsweg den Ge-nauigkeitsforderungen entsprechend gebaut werden kann. Der Punktabstand 50 m hängt von der Art des Verkehrsweges und von der Bauweise ab.

Kommt ein drahtgesteuerter Fertiger zum Einsatz muss die Gerade alle 10 m und kürzer vermarkt werden.

Abstecken langer Geraden, wenn die Endpunkte gegenseitig sichtbar sind

Abb. Einfluchten und Abstecken langer Geraden

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Abstecken langer Geraden, wenn die Endpunkte gegenseitig nicht sichtbar sind

− Festlegen der Hilfspunkte P1 und P2 − Theodolit auf Pi zentrieren und horizontieren − Messen des Brechungswinkels α1 − Messen der Strecke P2 P1 = q − Berechnen der Teilstrecken q1 und q2 : − Kontrolle: q = q1 + q2 − Anmerkung: P1und P2 können auch auf der gleichen Seite liegen

Abb. Abstecken langer Geraden bei Sichthindernissen

7.3 Bogenberechnung und Bogenabsteckung Zur Berechnung benötigt man folgende Daten:

• den Radius R des Kreisbogens, • den Tangentenschnittwinkel α und • die Stationierung

Berechnung und Absteckung der Bogenhauptpunkte

Bei der Trassierung besteht die Aufgabe, einen Kreisbogen mit vorgegebenen Radius R in die Achsen einzufügen. Als Bogenhauptpunkte definiert man den Bogenanfang BA sowie das Bogenende BE, da hier die Krümmungswechsel erfolgen. Drei Punkte eines Bogens (BA, BE, Bogenmitte BM) sind für die Bauausführung nicht ausreichend, deshalb werden in vorgegebenen Abständen Bogenzwischenpunkte eingeschaltet.

Der Tangentenschnittwinkel α ist gleich dem Zentriwinkel des Kreisbogens; die Strecke vom Tangentenschnittpunkt zum Mittelpunkt ist eine Symmetrieachse und halbiert den Zentriwinkel.

48

Tangentenlänge

Scheitelabstand

Sehnenlänge

Bogenlänge

Berechnung der Kreisbogenzwischenpunkte

Für die Bauausführung ist die Absteckung der Bogenhauptpunkte infolge der großen Punktabstände nicht ausreichend, so dass eine Verdichtung durch Kreisbogen-zwischenpunkte im Abstand ∆lk erforderlich ist.

Punktabstand: Gerade ∆l = 50 m, in den Kreisbogen ∆lk = 10 − 25 m.

Stationierung

• Hundertmeterwerte von den Meterangaben durch ein + und erhält eine Hektometrie-rung oder

• Kilometerwerte von den Meterangaben auf die gleiche Weise und erhält eine Kilo-metrierung.

Für eine Stationierung müssen folgende Werte bekannt sein:

• Streckenlängen des Tangentenpolygonzuges • Tangentenlängen der Kreisbogen • Bogenlänge der Kreisbogen • Längen der Übergangsbogen • Punktabstand ∆lk der Kreisbogenzwischenpunkte

− Bauausführung genügend genaue Krümmung − Neubau von Strecken: Querprofile für Erdmengenberechnung − i.allg. runder Abstand vom Nullpunkt oder gleichmäßige Unterteilung der un-

runden lk (15m < ∆lk < 25m)

Abb. Bogengeometrie

49

1. Stationen der Bogenhauptpunkte:

2. Stationen der Geradenzwischenpunkte:

3. Stationen der Bogenzwischenpunkte:

Abb. Prinzip der Stationierung

Absteckung nach rechtwinkligen Koordinaten

− Absteckung nach rechtwinkligen Koordinaten von den Tangenten aus mit gleichen Abszissenunterschieden

− Absteckung der Kreisbogenzwischenpunkte mit gleichen Bogenabständen nach recht-winkligen Koordinaten von den Tangenten aus

Gegeben: Radius R, Zentriwinkel α, Bogenlänge lk und Stationierung: Teilbogenstücke ∆lk1, ∆lk2, ∆lk3, ..., ∆lkn ,unrunde Stationswerte von BA und BE Punktabstände ∆lkn

50

Berechnung

Zentriwinkel:

x-Werte:

y-Werte:

Abb. Absteckung nach dem Orthogonalverfahren

Sehnen-Tangentenwinkel-Verfahren

Die Absteckung der Bogenzwischenpunkte erfolgt mit Sehnentangentenwinkeln und Seh-nen (vgl. Polarverfahren); auch Peripheriewinkelverfahren.

Gegeben: Radius R, Zentriwinkel α, Bogenlänge lk, Teilbogenstücke ∆lk1, ∆lk2,..., ∆lkn

Berechnung

Alle Peripheriewinkel ∆σi über demselben Bogen sind gleich und halb so groß wie die zugehörigen Zentriwinkel ∆αi:

Die Sehnentangentenwinkel σ werden aus der proportionalen Teilung der Gesamtbogen-länge lk im Verhältnis zur Teilbogenlänge lki des halben Zentriwinkels α berechnet.

und die Sehnenlängen: nsnss RlRlRl σ∆σ∆σ∆ sin2,...,sin2,sin2 2211 ===

51

Abb. Absteckung mit dem Sehnentangentenwinkel-Verfahren

7.4 Kontrolle der Bogenabsteckung mit Pfeilhöhen

Ein Absteckfehler wirkt sich in Richtung der Trassentangente weit weniger auf das Bauge-schehen aus als ein Fehler in Richtung der Trassennormalen. Die Kontrolle erfolgt über die Pfeilhöhen.

Abb. Tangential- und Normalenfehler Abb. Pfeilhöhe

Für die Pfeilhöhe h gilt die Verhältnisgleichung: Rssh 2:: 211 =

Rss

h2

21 ⋅=

52

Für gleiche Bogenteilung gilt s1 = s2: R

sh

2

2

=

Beim Übergang von der Geraden zum Kreisbogen gilt: )(2

2

DCRDC

hBA +⋅

=

Abb. Berechnung der Pfeilhöhen

Messung der Pfeilhöhen

• Festlegung der Messungslinie zwischen Pi-1 und Pi+1 und Lotfußpunkt Fi ; Messung der Pfeilhöhe h vom abgesteckten Punkt zur Sehne:

− Herstellung der Sehne mit Dederonschnur, Maßstab − Einfluchten mittels Fluchtstabes − Theodolit - optische Ziellinie, Ablesen am Maßstab − Laserzielstrahl − Berechnung mit Tachymetersoftware: Abstand Punkt - Gerade

• Genauigkeit: mmh 5...2=σ (abhängig von Geschwindigkeit) →Vergleich der gemessenen Pfeilhöhen mit den berechneten

Abb. Klassische Messung der Pfeilhöhen

7.5 Sicherung der Absteckung

Die Achsabsteckung geht durch den Bauvorgang verloren. Deshalb muss die abgesteckte Achse vor Baubeginn gesichert werden:

− Rekonstruktion der Achse nach Lage und Höhe während des Baus − Die Achse wird auf beiden Seiten gesichert. − Aus den Höhendifferenzen kann man die SOLL-Höhenlage ableiten. Die Wiederherstellung der Achse von den Sicherungspunkten ist Aufgabe der Bauleiter.

53

Absteckung der Erdkörperbegrenzung

− Angabe der Böschungsneigung − Ausgehend von der Achsabsteckung wird an jedem Querprofil die Begrenzungslinie

von Erdkörper und Geländeoberfläche abgesteckt und mit Pfählen vermarkt.

An zwei Pfähle wird ein Brett angeschlagen, dessen Oberkante die Böschungsrichtung und die Erdkörperbegrenzung angibt. Zur Herstellung der Böschungslehren wird ein Bö-schungswinkel gebaut, der die Richtung der Böschung angibt, wenn man deren horizontale Kathete mit einer Wasserwaage horizontiert.

Abb. Böschungslehre

54

8 Flächen- und Erdmengenberechnung

8.1 Flächenbestimmung

Flächen, die nach dem Orthogonalverfahren aufgenommen sind, setzen sich aus Dreiecken, Trapezen sowie verschränkten Trapezen zusammen. Flächen werden benötigt für:

• Katastervermessung: Grundstücksgrößen • Bauwesen: Auftrags-und Abtragsflächen in Querprofilen zur Massenberechnung

Flächenberechnung aus Maßzahlen

Flächen, die nach dem Orthogonalverfahren aufgenommen sind, setzen sich aus

Dreieck

g

h

2 h g

F ⋅ =

Einfaches Trapez

g

hi hj

2 g·(hi + hj) F =

Verschränktes Trapez

g hj

hi

2 g·(hi - hj) F =

Liegt die größere Ordinate innerhalb der zu berechnenden Fläche, so ist die Fläche des verschränkten Trapezes positiv. Liegt sie außerhalb, so ist der Flächeninhalt von der Sum-me der Fläche der übrigen Dreiecke und Trapeze abzuziehen.

Abb. Beispiel Flächenberechnung

Flächenberechnung aus Koordinaten

Für die Flächenberechnung aus Koordinaten müssen die n Eckpunkte der Fläche aufeinan-derfolgend und rechtsläufig numeriert sein. Der Anfangspunkt kann beliebig gewählt wer-den. Mit der Vereinbarung: Punkt n + 1 = Punkt 1 (Wiederholung) ergibt sich der Flächen-inhalt nach der

55

Gaußschen Trapezflächenformel

∑∑=

−+=

−+ −⋅=⋅−⋅=⋅n

iiii

n

iiii xxyAyyxA

111

111 )(2- und )(2

Kontrolle: Berechnung des doppelten Flächeninhaltes nach beiden Gleichungen

Abb. Gaußsche Flächenberechnung

Flächenbestimmung mit Polarplanimeter

Eine der einfachsten und genügend genauen Verfahren ist die Flächenbestimmung mit dem Polarplanimeter. Es handelt sich um ein Gerät mit dem man durch Umfahren der Fläche, die Größe der Fläche bestimmen kann.

Abb. Mechanisches Polarplanimeter Abb. Digitales Polarplanimeter

Die Anzahl der Rollenumdrehungen ist der Flächengröße proportional.

A = k (ue - ua) mit ∆u = ue - ua

mit A Fläche ue Endablesung am Zählwerk ua Anfangsablesung am Zählwerk

Berechnung

)( = : Flächedie damit wird )( aeaean uukAuu

nuu −−=− Kontrolle: 2

)( rl FFF

+=

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8.2 Erdmengenberechnung

Bei Tiefbauarbeiten verursachen die Erdmassenbewegungen einen hohen Anteil an den Baukosten. Eine genaue Ermittlung der zu bewegenden Erdmassen ist daher sehr wichtig. Es gibt folgende Verfahren zur Erdmengenberechnung (auch Massenberechnung, Erd-stoffmengenberechnung):

• aus Längs- und Querprofilen langgestreckter Bauwerke • nach Prismen (flächenhafte Bauwerke) • aus Höhenlinien (z. B. für Stauraumbestimmungen) • aus Digitalen Geländemodellen.

Erdmengenberechnung aus Querprofilen

Für die Baukostenberechnung langgestreckter Bauwerke ergibt sich das Volumen des zu berechnenden Erdkörpers aus den Auf- oder Abtragsflächen zweier benachbarter Querpro-file sowie ihrem Abstand (im Längsprofil). Die Profilflächen werden aus Dreiecken und Trapezen oder mit dem Polarplanimeter bestimmt:

nnn l

AAl

AAl

AAV ⋅

+++⋅

++⋅

+= −

2...

221

221

110

An Auf- bzw. Abtragsfläche der Querprofile ln Abstand der Querprofile

− fortlaufende Anwendung − Näherungsformel − man erfaßt nicht die zwischenliegenden Unregelmäßigkeiten des Geländes − im Allgemeinen genügend genau

Abb. Quer- und Längsprofil

Ohne Korrekturen können die genannten Formeln jedoch nur verwendet werden, wenn der Abstand zwischen den Profilen eine Gerade ist, Verläuft die Trasse als Bogen (Kreis, Ü-bergangsbogen), müssen an die berechneten Volumina Verbesserungsfaktoren angebracht werden. Als Trassenlänge wird in dem Fall die Bogenlänge verwandt.

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Schwerpunktweg - Guldinsche Regel

Der Verbesserungsfaktor wird für jede Profil mit dem Schwerpunktabstand ys des jeweili-gen Querprofils ermittelt:

i

si

RyR

k)(

1−=

F

zzyyyyy iiii

s

)( )(

61 1

211

21 ++ −+⋅+

= ∑ .

Abb. Schwerpunktweg

Erdmengenberechnung aus Prismen

Bei flächenhaften Objekten, z.B. Sportplätze, Baugruben, kann die Volumenberechnung über prismatische Erdkörper erfolgen. Liegt eine tachymetrische Aufnahme vor, die sich im Grundriss in Dreiecke zerlegen lässt, wird V berechnet zu:

3

321 hhhAV D

++⋅=

AD Fläche des Grundrissdreiecks

Summiert man über alle Einzelprismen, ergibt sich das Gesamtvolumen. Liegt ein Flä-chennivellement vor, so werden die Volumen über Prismen mit quadratischer oder recht-eckiger Grundfläche berechnet.

4

4321 hhhhAV V

+++⋅=

AV Fläche des Grundrissvierecks

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9 Satellitenvermessung Das Global Positioning System (GPS) ist ein weltweit und 24h/Tag verfügbares Messsys-tem für die Positionierung und Navigation von beliebigen Objekten zu Wasser, zu Lande und in der Luft. Dieses von den USA aufgebaute und betriebenes System besteht aus drei Segmenten:

• Satelliten im Weltraum: 24 Satelliten, die in 20 000 km Höhe in 12 Stunden die Erde umkreisen, senden Signale, die mit geeigneten Empfängern registriert werden. Hierzu ist jeder Satellit mit einer Uhr, einem Mikroprozessor einem Sender und einer Antenne ausgestattet.

• Kontrollstation: Die Bahnkoordinaten der Satelliten werden von der Erde aus be-stimmt, die Satelliten senden kontinuierlich Signale und Zusatzinformationen aus, die von den Anwendern für die Positionierung, in der Geodäsie zur Koordinatenbestim-mung bzw. zur Navigation (Kurs, Geschwindigkeit) verarbeitet werden.

• Nutzer: Empfang der Signale von mindestens 4 Satelliten, Messung der Pseudo-Laufzeiten, Berechnung der Position und Systemzeit.

Abb. GPS-Messsystem mit Antenne und Empfänger Für die Navigation werden von zivilen Nutzern meist die C/A-Code-Informationen ver-wendet, die eine Echtzeitpositionierung aus nur einem Messzeitpunkt, z.B. jeder Sekunde, ermöglichen.

• Grundfrequenz der Atomuhr: 10,23 MHz • C/A-Code (Coarse/Aquisition): 1,023 MHz; 293,1m • P-Code (Precision-Code): 10,23 MHz; 29,31 m

Aus der Laufzeitdifferenz zwischen Sende- und Empfangszeitpunkt wird die Raumstrecke zu den Satelliten bestimmt. Durch einen räumlichen Bogenschnitt werden daraus 3dimensionale Koordinaten des Empfängers bestimmt. Als vierte Unbekannte tritt der Uhr-fehler auf (Genauigkeit der Uhr im Empfänger).

Die Entfernungen werden damit nur als Pseudodistanzen bestimmt. Wegen der vierten Unbekannten (Parameter: Uhrfehler) müssen bei GPS generell Messungen zu 4 Satelliten vorliegen. Für diese Messmethode sind preiswerte Empfänger erhältlich, die aber durch diese absolute auf ein weltweites Koordinatensystem bezogene 3D-Positionierung Unge-nauigkeiten bis etwa 100 m aufweisen, da zudem noch die Systembetreiber eine künstliche Signalverschlechterung aktivieren

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Relative Messverfahren

Abb. Absolute und relative Positionierung mit GPS

Um Genauigkeiten für die Nutzung von GPS in der Geodäsie zu erreichen, sind 3D-Koordinatendifferenzen zwischen zwei Stationen zu bestimmen. Damit erreicht man Ge-nauigkeiten im cm bis mm-Bereich, die Systemunsicherheiten, wie die Bahnfehler, atmo-sphärische Einflüsse und die künstlichen Signalverschlechterungen auf beiden Stationen etwa gleich wirken und somit für den Differenzvektor (baseline vector) herausfallen. Bei diesem differentiellen GPS (DGPS) werden die Koordinaten der Punkte nicht mehr absolut sondern in Relation zu einer Referenzstation, deren Koordinaten bekannt sind, bestimmt.

Für die Positionierung im dm-, cm- oder mm-Bereich ist der Übergang von den geome-trisch eindeutigen Code-Informationen zur Messung der Phasen der Trägerwellen

• L1 = 1575,42 MHz ≈ 19 cm (C/A und P-Code aufmoduliert) • L2 = 1227,60 MHz ≈ 24 cm (P-Code aufmoduliert)

erforderlich. Diese Wellenlängen können bis auf 1 mm aufgelöst werden, sind jedoch nur innerhalb der einfachen Wellenlänge eindeutig. Daraus ergibt sich das Problem der Mehr-deutigkeit der Lösung, das für hochgenaue Positionierungen die Hauptschwierigkeit bei der Übertragung von Korrekturdaten und in der Auswertung darstellt.

Diffentielles GPS (DGPS)

Wesentlich höhere Genauigkeiten als bei der absoluten Positionierung lassen sich durch die Bildung von Beobachtungsdifferenzen erreichen. Benötigt werden hierzu mindestens zwei Empfänger, die gleichzeitig Messungen ausführen. Man spricht bei dieser Messan-ordnung auch von „Differential GPS“ (DGPS), bei der durch eine differentielle Auswer-tung systematische Fehlereinflüsse auf benachbarten Stationen stark verringert oder voll-ständig eliminiert werden.

Ein Empfänger fungiert als Referenzstation und muss sich auf einem koordinatenmäßig bekannten Punkt befinden. Dieser führt permanent eine Satellitenbeobachtung durch. Aus dem Vergleich seiner bekannten Position und den aktuellen Beobachtungen auf einem Neupunkt lassen sich Korrekturwerte (Codekorrekturen) ableiten.

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Abb.: DGPS-Vermessung

Bei dem im Gelände eingesetzten mobilen Gerät (Rover) können diese Korrekturwerte an die Beobachtungen angebracht werden, wodurch die erreichbare Genauigkeit in der Positi-onsbestimmung verbessert wird (Postprocessing).

Stehen die Korrekturdaten im Gelände noch während der Messung unter einem Zeitverzug im Sekundenbereich zur Verfügung und können an die aktuellen Beobachtungen ange-bracht werden, spricht man von Echtzeitpositionierung. Man erhält somit in Echtzeit korri-gierte Positionen. Die Übertragung der Korrekturdaten lässt sich durch eine geeignete Te-lemetrieausrüstung gewährleisten.

Abb. Abschattung Abb. Mehrwegeausbreitung

Abb. GPS und Telemetrieausrüstung

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Literatur MÖSER, M.; MÜLLER, G.; SCHLEMMER, H.; WERNER, H. (Hrsg.): Handbuch Ingenieurgeo-däsie, Band: Grundlagen. 3. Auflage, Wichmann Verlag, Heidelberg 2000.

BAUMANN, E.: Vermessungskunde. Band 1: Einfache Lagemessung und Nivellement. 4. Auflage, Dümmlers Verlag, Bonn 1994.

BAUMANN, E.: Vermessungskunde. Band 2: Punktbestimmung nach Lage - und Höhe. 4. Auflage, Dümmlers Verlag, Bonn 1993.

BAUER, M.: Vermessung und Ortung mit Satelliten. 4. Auflage, Wichmann Verlag, Hei-delberg 1997.

FRÖHLICH, H.: Vermessungstechnische Handgriffe. 4. Auflage, Dümmlers Verlag, Bonn 1995.

GELHAUS, R.; KOLOUCH, D.: Vermessungskunde für Architekten und Bauingenieure. 2. Auflage, Werner Verlag, Düsseldorf 1997

GRUBER, F.J.: Formelsammlung für das Vermessungswesen. 6. Auflage, Dümmlers Ver-lag, Bonn 1994

HÄßLER, J.; WACHSMUTH, H. (1994): Formelsammlung für den Vermessungsberuf. 5. Auflage, Bing Verlag Korbach

HENNECKE, F.; MECKENSTOCK, H.; POLLMER,G.: Vermessung im Bauwesen. 10.Auflage, Dümmlers Verlag, Bonn 1994

HENNECKE, F.; MÜLLER, G.; WERNER, H.: Handbuch Ingenieurvermessung, Band: Ver-kehrsbau-Eisenbahnbau, Verlag für Bauwesen, Berlin 1991.

JOECKEL, R.; STOBER, M.: Elektronische Entfernungs- und Richtungsmessung. 3. Auflage, Verlag Konrad Wittwer, Stuttgart 1995.

PETRAHN, G. (1996): Grundlagen der Vermessungstechnik, 1. Auflage, Berlin

SCHNEIDER, K.J. (Hrsg.): Bautabellen für Ingenieure. 13. Auflage, Werner Verlag, Düssel-dorf 1998

WITTE, B.; SCHMIDT, H.: Vermessungskunde und Grundlagen der Statistik für das Bauwe-sen. 3.Auflage, Verlag Konrad Wittwer, Stuttgart 1995.

VOB - Verdingungsordnung für Bauleistungen. Beuth Verlag, Berlin, Köln 1992

HOAI: Verordnung über die Honorare der Architekten und Ingenieure (Honorarordnung für Architekten und Ingenieure); in der Fassung der 5. Änderungsverordnung vom 21. Sep-tember 1995; Bauverlag, Wiesbaden und Berlin 1995

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Glossar

Bessel-Ellipsoid: Das Referenzellipsoid des Potsdamer Datums mit den Parame-tern

a = 6377,397 km und f = 1 : 299.15.

Breite: Astronomische Breite ist der astronomisch gemessene Winkel zwischen der Lotrichtung und der Äquatorebene. Ellipsoidische Breite ist der Winkel zwischen dem Lot auf das Referenzellipsoid und der Äquatorebene des Re-ferenzellipsoids. Geographische Breite ist das Synonym für astronomische Breite.

Ellipsoidische Koordinaten: Breite, Länge und Höhe eines Punktes bezüglich eines Referenzellipsoids.

Gauß-Krüger-Koordinaten: Ebene rechtwinklige Koordinaten der deutschen Landesvermessung, die durch eine konforme Abbildung der ellipsoidischen Koordinaten des Besselellipsoids in eine Rechenebene entstehen.

Geodätisches Datum: Horizontales geodätisches Datum besteht aus einem Satz von Daten, die Lagerung sowie Dimension eines Referenzellipsoids im Erd-körper beschreiben. Vertikales geodätisches Datum beschreibt eine Be-zugsfläche für Höhenangaben, die i.d.R. eine Realisierung des Geoids dar-stellt.

Geographische Koordinaten: Geographische Breite und Länge.

Geoid: Die physikalisch definierte Figur der Erde. Das Geoid ist diejenige Niveau-fläche des Schwerefeldes der Erde, die die mittlere von Gezeiten freie Mee-resoberfläche enthält. Wegen der ungleichmäßigen Dichteverteilung im Erdkörper ist das Geoid eine unregelmäßige Fläche und zur Durchführung von Berechnungen eher ungeeignet, so dass man hierfür eine einfachere Ersatzfläche (das Referenzellipsoid) wählt. Allerdings bleibt das Geoid Be-zugsfläche für Höhenmessungen.

Geoidundulation: Die Höhe eines Geoidpunktes relativ zu einem Referenzel-lipsoid. Bezüglich eines mittleren Referenzellipsoids können Geoidundulati-onen bis knapp 100 m betragen.

Geozentrum: Der Schwerpunkt der Erde.

Höhe: Der Abstand eines Punktes von einer Bezugsfläche. In der Geodäsie ist diese Bezugsfläche das Geoid. Die Höhen hierauf werden durch kombinier-te Höhen- und Schweremessungen gewonnen. Fehlen die Schweremes-sungen oder werden sie durch einfachere Annahmen ersetzt, so entstehen verschiedene andere Höhensysteme. Orthometrische Höhe bezeichnet die Länge der Lotlinie vom Punkt bis zum Geoid (Verwendung West). Normal-höhen sind definiert als geopotentielle Kote dividiert durch den Schwerewert eines Niveauellipsoids an dieser Stelle (Verwendung Ost) Ellipsoidische Höhen geben die Länge der Lotlinie vom Punkt bis zum Ellipsoid an (ent-stehen aus Satellitenmessungen).

Höhen-Null (HN): Das vertikale geodätische Datum der deutschen Landesver-messung (Ost), welches sich auf den Pegel von Kronstadt bezieht und Normalhöhen verwendet.

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Internationales Ellipsoid: Das von der Internationalen Union für Geodäsie und Geophysik 1924 empfohlene mittlere Ellipsoid mit den Parametern a = 6378,388 km und f = 1 : 297.0 (verwendet im Europäischen Datum).

Kartesische Koordinaten: Koordinaten eines rechtwinkligen Koordinatensys-tems.

Länge: Astronomische Länge eines Punktes gibt den Winkel zwischen der astro-nomischen Meridianebene im Punkt und der astronomischen Meridianebe-ne durch Greenwich. Geographische Länge ist ein Synonym für die astro-nomische Länge. Ellipsoidische Länge benennt den Winkel zwischen der el-lipsoidischen Meridianebene des Referenzellipsoids im Punkt und einem Bezugsmeridian.

Lotabweichung: Der Winkel zwischen der Lotrichtung und der Ellipsoidnormalen.

Lotlinie: Eine Linie des Schwerefeldes der Erde. Es ist eine Raumkurve, die die Schar der Niveauflächen des Erdschwerefeldes senkrecht schneidet. Die Tangente im Punkt P an die Lotlinie ist die Lotrichtung in P.

Lotrichtung: Die Richtung des Schwerevektors. Diese wird z.B. durch ein frei-hängendes Schnurlot realisiert.

Niveaufläche: Eine Fläche, die die Linien eines physikalischen Feldes überall senkrecht schneidet. In der Geodäsie ist dies eine Fläche im Schwerefeld der Erde, die senkrecht auf den Lotlinien steht. Dabei ist eine spezielle Ni-veaufläche davon das Geoid.

Normal-Null (NN): Das vertikale geodätische Datum der deutschen Landesver-messung (West), welches sich auf den Pegel von Amsterdam bezieht und orthometrische Höhen verwendet.

Referenzellipsoid: Ein Rotationsellipsoid, dessen Dimension und Lagerung so gewählt wird, dass es sich dem Geoid im Vermessungsgebiet optimal an-passt. Das Referenzellipsoid ist Bezugsfläche für die Lagerkoordinaten im Vermessungswesen, wobei verschiedene Länder unterschiedliche jeweils bestanschließende Ellipsoide verwenden.

Universale-Transversale-Mercator-Koordinaten: Ebene rechtwinklige Koordina-ten, die aus einer konformen Abbildung von ellipsoidischen Koordinaten des Internationalen Ellipsoids in eine Rechenebene entstehen.

World-Geodetic-System 1984 (WGS84): Ein geodätisches Bezugssystem, zu dem neben anderen auch ein geodätisches Datum gehört. Die Koordinaten von GPS-Satelliten sind Koordinaten im geodätischen Datum des WGS84.