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Grundlagen der Kommunikation Fortbildung Senecura Hohenems DGKP Wölbitsch Mario Akademisch geprüfter Lehrer für Gesundheitsberufe

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Grundlagen derKommunikation

Fortbildung Senecura Hohenems

DGKP Wölbitsch MarioAkademisch geprüfter Lehrer für Gesundheitsberufe

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Wölbitsch Mario Kommunikation

Februar 2008 / Senecura Hohenems 2

Inhaltsverzeichnis

1. Kommunikation: 4

2. Kommunikationsmodelle: 4

2.1. Paul Watzlawick: 4

3. Kommunikationsarten: 5

3.1. Nonverbale Kommunikation: 53.1.1. Kongruenz 5

3.1.2. Körperhaltung: 6

3.1.3. Gestik: 7

3.1.4. Mimik: 8

3.1.5. Zone / Abstand / Distanz: 9

3.1.6. Tonfall 11

3.1.7. Übungen zur Zuordnung von Signalen: 11

4. Verbale Kommunikation: 13

4.1. Grundlagen effektiver Kommunikation: 13

4.2. Schritte des Kommunikationsprozesses: 14

4.3. Präsent sein: 15

4.4. Konkretisieren: 154.4.1. Ziel des Konkretisierens: 16

4.4.2. Wie und „Was“ konkretisiert man? 16

4.4.3. Zuhören: 17

4.4.4. Zusammenfassen: 19

4.4.5. Erklären und Auslegen – Interpretieren: 20

4.4.6. Fragen stellen: 21

4.5. Antworten: 264.5.1. Reagieren und Antworten: 26

4.5.2. Meine Reaktionen und Antworten können folgende Ziele verfolgen: 26

4.5.3. Störungen: 26

4.5.4. Wertende Antworten: 27

4.5.5. Interpretierende Antworten: 27

4.5.6. Tröstende Antworten: 27

4.5.7. Antworten, die eine sofortige Lösung vorschlagen: 27

4.5.8. Suchende Antworten: 27

4.5.9. Bestärkende Antworten: 27

4.5.10. Spiegelnde Antworten: 28

4.6. Eigene Erfahrungen einbringen: 284.6.1. Was sind eigene Erfahrungen? 28

4.6.2. Wie wendet man eigene Erfahrungen an? 28

4.7. Störungen des gesamten Kommunikationsprozesses: 29

5. Gesprächsführung: 30

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5.1. Allgemeines: 30

5.2. Gesprächsvorbereitung: 30

5.3. Allgemeine Gesprächsstruktur bei geplanten Gesprächen: 30

6. Literaturverzeichnis: 32

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1. Kommunikation:Kommunikation - leitet sich vom lateinischen Wort communicare ab / bedeutet verbinden.

Menschen stehen in Verbindung, wenn sie kommunizieren. Diese Verbindungen zwischen

Menschen sind die Basis jeder Gemeinschaft. Ohne Gemeinschaft und die verschiedenen

Verbindungen in ihr kann der Mensch nicht überleben. Somit ist Kommunikation für den

Menschen lebensnotwendig!

2. Kommunikationsmodelle:

2.1. Paul Watzlawick:

Man kann nicht nicht kommunizieren! Paul Watzlawick

Beispiel:1

Ein Mensch sitzt alleine im Warteraum eines Bahnhofs und scheint ein Buch zu lesen. Ein

Zweiter betritt den Warteraum, die beiden kennen sich nicht. Die sprechen nicht miteinander,

aber sie kommunizieren, sie senden Signale.

Der Erste kann den Kopf heben und den Zweiten ansehen. Er signalisiert damit, dass er

wissen will, wer hereingekommen ist. Er kann mit dem Kopf nicken, was einer Begrüßung

gleich kommt. Er kann weiterlesen und demonstriert damit, dass ihn der andere nicht

interessiert. Er kann dem anderen den Rücken zudrehen......

Jede Kommunikation zwischen Menschen hat nach Watzlawick zwei Aspekte:

Inhaltsaspekt: Was wird gesagt?

Beziehungsaspekt: Wie wird es gesagt?

Inhalt:Ist die Nachricht die übertragen werden soll!

Beziehung:Läuft gleichzeitig ab

Der Sender sagt mit Gestik, Mimik u. Tonfall etwas über die Nachricht aus;

Er sagt darüber aus:

• ob er die Nachricht für den Empfänger als wichtig erachtet

• ob er eine Antwort erwartet

• was er über den Empfänger denkt

Der Beziehungsaspekt übermittelt also wie die Nachricht gemeint ist. Er macht eine Aussage

über die eigentliche Aussage (=Metakommunikation).

Beispiel:

Beispielweise antwortet eine Krankenschwester auf die Frage eines Patienten, wofür er eine bestimmte Tablette nehmen

müsse: "Die ist für ihr Herz". Wendet sie sich während dieser Aussage zum Patienten und schaut ihn an, muntert sie ihn

dadurch auf, weiter nachzufragen. Sie drückt also als Beziehungsaspekt aus: "Ich habe Zeit, fragen Sie nur!"

Spricht sie jedoch den exakt gleichen Wortlaut in leicht herablassendem Ton und blättert dabei "geschäftig" in den

Patientenunterlagen, drückt sie als Beziehungsaspekt aus: „Mehr weiß ich nicht, mehr will und darf ich Ihnen nicht sagen!"

1

Aus Schädle-Deininger, H., Villinger, U. 1996) S.84

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3. Kommunikationsarten:Man unterscheidet:

• Nonverbale Kommunikation• Verbale Kommunikation

3.1. Nonverbale Kommunikation2:= Kommunikation ohne Worte, nicht an Sprache gebundene Kommunikation

Wichtigster Teil davon ist die Körpersprache die durch:

3

• Körperhaltung• Mimik (Gesichtsausdruck) u.

• Gestik (Gebärden mit Füßen und Händen)

• Zone / Abstand / Distanz• Tonfall

ausgedrückt werden kann.

3.1.1. Kongruenz4

Normalerweise erläutert oder verstärkt Körpersprache das Gesprochene. Die

Übereinstimmung zwischen verbaler und nonverbaler Information wird als Kongruenz(Übereinstimmung) bezeichnet. Wenn z.B. jemand betont "ja" sagt, nickt er gleichzeitig mit

dem Kopf.

Wenn uns z.B. ein Redner sehr angenehm beeindruckt, dann basiert unser positiver Eindruck

NIE auf den Signalen der Inhaltsebenen allein (wie brillant diese auch sein mögen!), sondern

auf der Tatsache, dass seine nicht sprachliche Signale äußerst kongruent zum Wort wird.

Sonst könnte er uns nämlich nicht überzeugen.

Das heißt also: KONGRUENZ ÜBERZEUGT.

Inkongruenz hat keine Überzeugungskraft! Sie erzeugt im anderen vage unbehagliche Gefühle

des „Das glaube ich nicht“, nur mit dem Unterschied, dass der geübte genau weiß, welche

Signale diese Gefühle ausgelöst haben. Daher kann er ihnen durch eine Kontrolle nachgehen,

wenn er dies wünscht. Dies vergrößert nicht nur seine Fähigkeit andere zu verstehen, es

verhindert auch Missverständnisse, die u. U. beiden Parteien viele Nachteile bringen können.

Unsicherheit führt häufig zu Inkongruenz, die jedoch leicht falsch interpretiert werden kann.

Deswegen kann es nicht verwundern, dass man scheue, schüchterne, gehemmte Menschen so

oft als „arrogant“ empfindet. Gerade hier sieht man, dass die ungeschulte, intuitive,

gefühlsmäßige Interpretation körpersprachlicher Signale irren kann. à Pygmalion-Effekt

Wichtiger Unterschied zwischen verbaler und nonverbaler Kommunikation:Sprache ist besser kontrollierbar (aus Sicht des Senders!) als Gestik und Mimik. Daher ist es

wichtig im Pflegealltag bewusst auf Körperhaltung, Gestik, Mimik zu achten.

Weil nonverbale Signale meistens unbewusst gesendet werden, wird mit ihnen kaum

"gelogen"! Bei fehlender Kongruenz zwischen Worten und Gesten ist es daher sinnvoll, eher

auf die Körpersprache zu achten.

2

Aus Pflege Heute (2004), S. 55; Schädle-Deininger, H., Villinger, U. 1996, S. 96ff

3

Aus Signale des Körpers (2002), Vera F. Birkenbihl, S.44;

4

Aus Signale des Körpers (2002), Vera F. Birkenbihl, S.24

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3.1.2. Körperhaltung:Sowohl die Haltung, die ein Mensch gerade einnimmt, aber auch Bewegungen, welche die

Körperhaltung verändern bzw. beeinflussen. (z.B. sich vor- u. zurückbeugen, Überschlagen

der Beine, ein Wippen auf den Fußballen....).

Bei den verschiedenen Haltungen des Körpers, die das Befinden des Menschen ausdrücken

können, lassen sich im Wesentlichen unterscheiden:

• Offene und geschlossene KörperhaltungenIm Folgenden einige typische Beispiele:

a) Offene Körperhaltungen signalisieren:

"Mir geht's gut, ich bin zufrieden".

Der Körper entspannt sich, die Arme werden geöffnet. Die Beine stehen locker und breit am

Boden. Es gibt keinen Anlass, sich schützen zu müssen.

b) Geschlossene Körperhaltungen signalisieren:

"Das behagt mir nicht, das will ich nicht."

Der Körper wird gespannt, die Arme bewegen sich zum Körper. Die geschlossene

Körperhaltung drückt prinzipiell Aggression oder Flucht aus.

Aggression:

Zeigt sich im breiten, aber nicht lockeren Aufstellen der Beine und einer Anspannung des

Körpers. Im Extremfall wird auch die Hand zur Faust geballt.

Das Signal lautet: "Mit mir kannst du das nicht machen, ich kann mich wehren."

Flucht:

Zeigt sich in Anspannung und Davonlaufen. Da dem Menschen seine natürliche

Fluchtreaktion im heutigen Alltag nichts nützt oder nicht möglich ist (viele Patienten würden

gerne vor Operationen davonlaufen), kommt es zu Ersatzreaktionen wie:

• Verstecken:

Der Körper zieht sich zusammen, der Patient "verkriecht sich in den hintersten Winkel",

außerdem irren die Augen umher, der Blickkontakt wird vermieden

• Hilfe suchen: Wenn

der Patient nicht direkt (sprachlich) um Hilfe bitten kann, bleibt der Körper

zusammengezogen, der Blick wandert seitlich, um den Retter zu suchen

• Unterwerfung:

In Situationen, die Patienten als aussichtslos empfinden, "beugen sie sich dem Schicksal".

Sie erwarten und erhoffen keine Hilfe mehr. Der Körper fällt in sich zusammen, die Arme

hängen am Körper herab.

N – N Kontakt:5

N – N steht für „Nase“ – „Nabel“. In der Theorie geht man davon aus, dass der Brustraum im

Zweifelsfall mehr über das wirkliche Interesse aussagt, als die Augen, wenn die beiden nicht

in eine Richtung weisen. Optimal wäre es demnach, wenn ich meinem Gesprächspartner den

N – N Kontakt gewähre!

5

Signale des Körpers, 2002, S.85

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3.1.3. Gestik:Unter Gestik versteht man die Gesamtheit aller Gesten, d.h. aller Ausdrucksbewegungen des

Körpers, vor allem die der Arme und Hände. Bei der Kommunikation mit Menschen, die die

Landessprache nicht beherrschen, muss man oft "mit Händen und Füßen sprechen". Aber

auch in der verbalen Kommunikation ist Gestik ein wichtiger Bestandteil, um die verbale

Aussage zu untermauern und hängt dann eng mit der Körperhaltung zusammen.

Der Gebrauch von Gesten ist stark von Persönlichkeit, Temperament und Selbstbewusstsein

sowie vom Kulturkreis abhängig. Extrovertierte, offene Menschen verwenden häufiger

ausdrucksstarke Gesten als introvertierte, in sich gekehrte Menschen; Italiener gestikulieren

im Gespräch häufiger als ihre nördlichen Nachbarn.

Auch die soziale Stellung spielt eine Rolle beim Gebrauch von Gesten. Mitarbeiter

gebrauchen Gesten im Gespräch mit dem Vorgesetzten seltener als im Gespräch mit

gleichberechtigten oder untergebenen Kollegen.

Im Krankenhaus sehen die Patienten das Personal meistens als "höher gestellt" an. Patienten

verwenden daher Gesten sparsamer als z.B. Pflegepersonen oder Ärzte. Dadurch verstärkt sich

aber beim Patienten das Gefühl, unterlegen zu sein. Deshalb ist es nicht nur wichtig, auf die

Gesten des Patienten, sondern auch auf die eigene Gestik zu achten und diese ggf.

einzuschränken.

Einige Grundsätze nach Vera F. Birkenbihl

6

Je stärker die Gefühle angesprochen werden, desto akzentuierter wird auch die Gestik

Wenn wir inkongruente Signale wahrnehmen, lernen wir lediglich, dass eine Inkongruenz

stattgefunden hat, wir wissen aber noch nicht, worauf diese zurückzuführen ist.

Je mehr jemand „er selbst ist“, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir bei ihm

Signale registrieren, die inkongruent zu seiner Person sind.

6

Signale des Körpers, 2002, S.122

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Februar 2008 / Senecura Hohenems 8

3.1.4. Mimik:

Neben der Körperhaltung und der Gestik ist für die nonverbale Kommunikation der

Gesichtsausdruck, das Gebärden- und Mienenspiel des Gesichts (Mimik) wichtig. Mit den ca.

20 Gesichtsmuskeln können Menschen viele verschiedene Gefühle ausdrücken.

Der bestimmte, feste, offene Blick

7

Viele Menschen glauben, dass ein bestimmter, fester Blick mit einer unbeweglichen Pupille

einhergehen müsste, im Gegensatz zum „unsteten“ Blick. Allerdings ist ein fester Blick

immer ein sich bewegender. Würde man nämlich einem andern wirklich fest ins (=in ein)

Auge sehen (d.h. ihn fixieren), dann wäre das Gefühl, das man dadurch auslöste, ein höchst

befremdliches. Deswegen verwundert es sicher nicht, dass man sich in Gegenwart mancher

Menschen unbehaglich fühlt, die den Augenkontakt in übertriebener Form „gelernt, trainiert,

od. krankheitsbedingt erworben haben.

Augen-Kontakt:

8

Augenkontakt heißt Augenkontakt, weil er Kontakt schafft!

Im Gegensatz zur landläufigen Auffassung ist „guter“ Augenkontakt KEIN ständiger! Sondern

wir verstehen unter gutem Augenkontakt, dass der Zuhörer den Sprecher (fast) ständig

anblickt, während der Sprecher den Zuhörer weniger häufig anschaut. Das hängt mit der

Tatsache zusammen, dass wir nicht gleichzeitig intensiv nachdenken u. Informationen

wahrnehmen können, die für diesen Denkprozess irrelevant sind. Deswegen blickt ein

Nachdenker oft zur Decke od. seitlich weg bzw. nach unten. Dieser Blick ist in Wahrheit kein

Blicken, de er im Augenblick nicht bewusst wahrnimmt. Er „blickt nach innen“ od. „versinkt

in Gedanken“. Je mehr jemand also über das, was er sagen will, nachdenken muss oder will,

desto wahrscheinlicher ist es, dass er den Augenkontakt solange unterbricht.

Augenkontakt im Sinne von Kontrollblicken stellt einen wesentlichen Aspekt der

Gesprächsführung dar.

7

Signale des Körpers, 2002, S.101

8

Signale des Körpers, 2002, S.102

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3.1.5. Zone / Abstand / Distanz: 9

Die Wissenschaft findet zu diesem Thema immer mehr Daten, die darauf hinweisen, dass

gerade in Bezug auf Abstandsverhalten gewisse Instinkte beim Menschen angelegt zu sein

scheinen bzw. dass Abstandsverhalten wenn nicht durch Instinkte, dann doch zumindest auf

einer weitgehend unbewussten Ebene „geregelt“ wird.

Wie jeder weiß, lassen wir nicht jeden Menschen gleich nahe an uns heran. Um über Distanz,

die uns vom anderen jeweils trennt, sinnvoll sprechen zu können, teilt man den Raum, der uns

umgibt, in vier Zonen ein:

• Intimzone

• Persönliche Zone

• Soziale Zone

• Öffentliche Zone

Intimzone:

9

Signale des Körpers (2002), S.139;

Im angelsächsischen wird die Intimzone

auch „bubble“ genannt, was soviel wie

„Blase“ bedeutet. Sie umgibt unseren

Körper wie eine zweite Haut. Innerhalb

unserer Blase fühlen wir uns sicher.

Personen die unsere Intimzone nicht

betreten dürfen, halten wir uns mit ca.

einer halben Armlänge „vom Leibe“, damit

sie uns nicht zu sehr auf die „Pelle“

(=Haut) rücken können.

Die Bedingung, unter der wir jemanden freiwillig in unsere Intimzone eintreten lassen, ist

Vertrauen.

Allerdings: Nicht jeden, dem wir vertrauen, lassen wir auch freiwillig in unsere Intimzone

hinein!

Die Größe der Intimsphäre kann sich verändern und ist abhängig von der eigenen Stimmung

(Sicherheit) u. dem Status des Gesprächspartners.

Je sicherer sich jemand fühlt, desto näher kann er Andere an sich heranlassen. Umgekehrt

verhält es sich bei einem Menschen, dessen geschlossene Haltung od. abschließende Gestik

uns zeigt, dass er sich derzeit nicht besonders gut fühlt: So ein Mensch möchte sich schützen

können, falls nötig.

Je höher der Status einer Person, desto größer wird die Intimzone, die andere ihm zugestehen.

Jemand, der die Intimzone eines anderen Menschen missachtet, missachtet gleichzeitig auch

die Person.

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Persönliche Zone:

In unsere persönliche Zone lassen wir

freiwillig all jene Personen hinein, mit

denen wir nicht so intim sind, dass sie

unsere Intimzone betreten dürfen, die uns

aber auch nicht so fremd sind, dass wir sie

in unserer nächstweiteren Zone verbleiben

müssten.

Also gute Freunde, Familienmitglieder,

Kollegen mit denen uns ein herzliches

Verhältnis verbindet, sowie all jene

Mitmenschen, mit denen wir „gut“ u. gerne

kommunizieren.

Abstand ca. 60cm!

Soziale Zone:Unsere soziale Zone ist für soziale Kontakte oberflächlicher Art reserviert, z.B. für Bekannte,

die meisten Kollegen u. die meisten Chefs!

Abstand 1,5 bis 2m!

Öffentliche Zone:Beginnt ca. bei einem Abstand von ungefähr 4m. Hier hat jede persönliche Beziehung

aufgehört u. man agiert als einzelner. Z.B. der Lehrer beim Frontalunterricht, der Politiker bei

seiner Ansprache, der Schauspieler auf der Bühne usw.

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3.1.6. TonfallBetonung, Sprachrhythmus u. –melodie, Sprachgeschwindigkeit, Pausen, Lautstärke u.

Deutlichkeit, Lachen;

Vorsicht beim Interpretieren !! Auch verschiedene Buch-Autoren und Wissenschaftler versuchen nonverbale Kommunikation zu kategorisieren ohne den Zusammenhang mit der Situation zu berücksichtigen! Z. B. alle Menschen die sich während eines Gesprächs an die Nase fassen, lügen in diesem Moment! Wirklich??

3.1.7. Übungen zur Zuordnung von Signalen:

Versuchen Sie bitte, untenstehende Liste von nicht-sprachlichen Signalen den fünf Kategorien Haltung, Mimik, Gestik, Abstand u. Tonfall

zuzuordnen. EAZ: 5 Minuten!

Er schrie: “Einmal möchte ich es erleben, das du tust, was man dir aufgetragen hat!“ ...................................................................................

Sie wich einen Schritt zurück: „So also stellst du dir das vor!?“ ...................................................................................

Er stand, lässig ans Buffet gelehnt, den rechten Fuß über den Knöchel des

linken gelegt. ...................................................................................

Nachdem die vierjährige Belinda ihrer Mutter versichert hatte, dass sie ihren

Mantel schon alleine zuknöpfen konnte, erwiderte die Mutter: „Natürlich kannst

du das, mein Schatz!“ während sie gleichzeitig den Mantel der Kleinen zuknöpfte. ...................................................................................

Während NIXON behauptete, den Kontakt zu den jungen Leuten zu suchen, streckte

er mehrmals abwehrend beide Arme aus, als wollte er sie von sich wegschieben. ...................................................................................

Sie wartete, auf den Ballen ihrer Füße wippend, bis die Helferin das Formular

ausgefüllt hatte. ...................................................................................

Er ging zum Fenster u. öffnete es. ...................................................................................

Sie blickte ihn stumm an, wobei ihre Nasenflügel vor verhaltener Erregung bebten. ...................................................................................

Der Kaffee war so heiß, dass er ihn reflexartig ausspuckte. ...................................................................................

Er sagte ironisch: „Lassen Sie das Kupplungspedal immer sehr schnell sausen,

das ist enorm gut fürs Getriebe.“ ...................................................................................

Ordnen Sie die folgenden Signale „schnell“ den fünf Kategorien zu. Bei Grenzfällen genügt eine Kategorie, da Ihnen der Zusammenhang für verschiedene Interpretations-Möglichkeiten hier ja fehlt.

1. Grinsen

2. Mit-dem-Fuß-Aufstampfen

3. Zögernd sprechen

4. Sich hinsetzen

5. Die Augenbrauen heben

6. Auf jemanden zugehen

7. Abgehackt sprechen

8. Sich bücken u. etwas aufheben

9. Die Faust ballen

10. Das Körpergewicht auf ein Bein verlagern

11. Den Augenkontakt unterbrechen

12. Laut u. nachdrücklich sprechen

13. Schweigen

14. Sich aufrichten

15. Eine böse Miene machen

16. Sich am Kopf kratzen

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Gezielte Anwendung nonverbaler Kommunikation:

Oben wurde festgestellt, dass sich verbale und nonverbale Kommunikation parallel

zueinander abspielen, nicht voneinander zu trennen sind und dass z.B. schon die Anwesenheit

eines Mitarbeiters im Aufenthaltsraum einer Station einen Schritt des

Kommunikationsprozesses darstellt.

Im psychiatrischen Setting werden je nach Bedarf nonverbale Kommunikationsmittel gezielt

eingesetzt, um die Beziehungsgestaltung zu einem schwer kommunikationsgestörten Patienten

zu erleichtern oder überhaupt möglich zu machen. Dabei werden gemeinsames Tun, Mimik,

Gestik und Körperhaltung sowie Berührung überlegt angewandt:

• Bei einem Patienten, der sich mit seinen Gedanken ständig im Kreis dreht und/oder sich

nicht äußern kann, werde ich z.B. an seinem Bett sitzen, ohne zu reden, um ihm zu zeigen,

dass er nicht alleine ist; neben ihm auf der Couch sitzen und in einer Illustrierten blättern;

mit ihm spazieren gehen.

• Mit einem Patienten, zu dem wegen seiner Ideenflucht kaum Kontakt herzustellen ist,

werde ich z.B. Geschirr spülen oder Tischtennis spielen.

• Mit einem verwirrten alten Patienten werde ich je nach Biographie z.B. Kuchen backen

oder Halma spielen.

• Mit einem Patienten, der ganz zurückgezogen und eingeengt ist, werde ich z.B.

gemeinsam fernsehen.

• Einen im Gespräch ins Stocken geratenen Patienten werde ich durch einen

aufmunternden Blick und meine Körperhaltung ermutigen, weiter zu sprechen.

• Einen zögernden Patienten werde ich z.B. durch eine entsprechende Geste einladen, sich

zu mir zu setzen.

• Wenn ein Patient mir zu nahe kommt oder bedrohlich wird, zeige ich ihm durch mein

Zurückweichen, dass ich Abstand brauche.

• Einem ängstlichen Patienten werde ich z.B. beim Spazierengehen anbieten, sich

unterzuhaken.

• Einem weinenden Patienten werde ich z.B., wenn ich ihn gut kenne, meine Hand auf die

Schulter legen.

WICHTIG: „Da sein“ – gemeinsam etwas tun!

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4. Verbale Kommunikation:

= Sprachgebundene Kommunikation, wobei diese Sprache aus Worten, Zeichen oder

sonstigen Informationsträgern bestehen kann.

Für eine Verständigung ist entscheidend, dass sich alle Beteiligten an einen

übereinstimmenden Code halten, also zum "Tisch" nicht plötzlich "Stuhl" sagen.

4.1. Grundlagen effektiver Kommunikation10:

Ich bin mir darüber im Klaren, dass Wörter und Gesten vieldeutig sind:

Viele Dialektausdrücke, z.B. Schimpfwörter, bedeuten je nach Region etwas völlig anderes:

Der Götz von Berlichingen gilt in Norddeutschland als Beleidigung, im Schwäbischen als

Ausdruck freudiger Überraschung. Deshalb wähle ich Wörter und Sätze so aus, dass mein

Gesprächspartner sie verstehen kann. Ich vergewissere mich, ob wir unter einem Begriff

dasselbe verstehen. Wenn ich unsicher bin, bitte ich den anderen, mit seinen Worten zu

wiederholen, was er verstanden hat und was nicht, so können Missverständnisse gleich geklärt

werden.

Ich erkenne Kommunikationsmuster bei anderen und bei mir selbst:

Jeder Mensch erlernt in seiner Sozialisation Kommunikations-Schemen, die er in heiklen

Lagen immer wieder anwendet, z.B. wenn ihm ein Thema unangenehm ist, wenn er

Informationen nicht preisgeben will. Diese Muster werden verbal und nonverbal sichtbar. Sie

stehen häufig einer offenen Kommunikation im Weg. Wenn z. B. ein Patient wiederholt bei

einem bestimmten Thema dem Blickkontakt ausweicht, sich räuspert oder das Thema

wechselt, habe ich ein solches Kommunikationsmuster entdeckt und kann mir überlegen, was

es für diesen Patienten bedeutet. Wenn ich meine eigenen Stereotypien kenne, merke ich im

Kontakt schneller, dass ich mich jetzt gerade unbehaglich fühle.

Ich weiß, dass sich die Lebensgeschichte mit ihren Erfahrungen auf die Kommunikation und ihre Interpretation auswirkt:

Die Wahrnehmung jedes Menschen von dem, was wie mitgeteilt bzw. empfangen wird, ist

beeinflusst von seinen jetzigen und früheren Erfahrungen und seinen Erwartungen an die

Zukunft.

Ich kann natürlich auch „Dinge“ sehen, hören die gar nicht da sind = Interpretationen!

Beispiel:

Frau J. wird einmal pro Woche von ihrem Vater auf der Station besucht. Jedes Mal weint sie

nach den Besuchen. Ich kann interpretieren, dass sie traurig über den Abschied ist. Wenn ich

jedoch weiß, dass Frau J. in ihrer Jugend vom Vater sexuell missbraucht wurde, werde ich

mir ihr Weinen anders erklären: Sie könnte erleichtert sein, dass der Besuch endlich vorbei

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Aus Schädle-Deininger, H., Villiner, U. 1996, S. 85ff

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ist, oder traurig darüber, dass sie es wieder nicht geschafft hat, ihren Vater auf die

Vergangenheit anzusprechen oder ihn einfach wegzuschicken oder. . . oder. . .

Beispiel:

Wenn eine Angehörige - Tante oder Großmutter - mit ihrer depressiven Verstimmung eine

große Rolle in meiner Kindheit und Jugend gespielt und sich dann schließlich das Leben

genommen hat, kann (werde) ich mit größerer Angst oder Abwehr auf einen depressiven

und/oder suizidalen Patienten reagieren.

Ich beachte die Tatsache, dass der Umfang, zu dem der Patient in der Lage ist zu abstrahieren und Sachverhalte in Begriffe zu fassen, den Kommunikationsprozess prägt:

Begriffsbildung und Abstraktionsvermögen sind intellektuelle Leistungen, die große

Unterschiede aufweisen, abhängig von Sozialisation, psychologischen und physiologischen

Faktoren. Bei schwer kranken psychiatrischen Patienten sind diese Fähigkeiten durch die

Erkrankung beeinträchtigt: Manch ein akut psychotischer Patient schützt sich vor

Reizüberflutung durch Halluzinationen oder illusionäre Verkennungen; ein schwer

depressiver Patient kann komplexe Sachverhalte nicht aufnehmen, weil sich seine Gedanken

nur um seine eigene Existenzbedrohung drehen; ein chronisch alkoholkranker Patient erweckt

den Eindruck, dass er alles versteht - erst wenn ich dieses überprüfe, merke ich, wie wenig

angekommen ist. Oft ist es notwendig herauszuspüren, welche Botschaften die eigentlich

wichtigen und welche sekundär sind. Nur wenn ich mich auf die aktuelle Fähigkeit des

Patienten zu abstrahieren einstelle, kann ich vermeiden, ihn dauernd zu überfordern, was einer

therapeutisch

11

wirksamen Kommunikation im Wege stünde.

4.2. Schritte des Kommunikationsprozesses:

Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Niemandem ist es in die Wiege gelegt

worden, sich therapeutisch wirksam zu verhalten. Die Fähigkeiten und Kenntnisse dazu

müssen erlernt bzw. erworben werden.

• Präsent sein• Zuhören• Zusammenfassen• Interpretieren• Fragen stellen• Antworten geben• Eigene Erfahrungen einbringen• Feedback geben und erhalten

• Selbstsicher reagieren

Dies stellt nur eine von vielen Möglichkeiten des Kommunikationsprozesses dar!

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Therapie (lt. Roche Lexikon Medizin 2002): Maßnahmen zur Heilung einer Krankheit. Symptomatisch oder

kausal (an der Ursache, Wurzel angreifend!)

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4.3. Präsent sein:

Unser Verhalten zeigt dem Patienten, dass wir fast immer ansprechbar sind. Dazu teilen wir in

großem Umfang den Alltag der Patienten: Mahlzeiten, Fernsehen, Frühsport, Einkauf,

Arztbesuch, Kuchen backen, Konversation, Putzen...

Vielen Patienten fällt es leichter, beim Spaziergang oder beim Geschirrspülen Themen

anzuschneiden, die ihnen wichtig sind – geht´s uns selber nicht genauso? Viele bedeutsame

Gespräche entstehen zufällig und ungeplant. Mit „gemeinsamem Tun“ schaffen wir

Gelegenheiten dazu. Der Patient soll dabei spüren, dass ich jetzt aufmerksam bin, mich auf

ihn konzentriere, dass ich seine Anliegen ernst nehme.

Nicht nur der Zeitfaktor, auch die persönliche Einstellung, geistige Anwesenheit bzw. Bereitschaft sind notwendig!

Zum Präsent-Sein gehört die Kehrseite:Patienten wissen, wann ich nicht ansprechbar bin oder wann sie mich bei einer anderen

Tätigkeit unterbrechen können.

Wenn ich einen Kontakt aus aktuellem Anlass abbreche, erkläre ich dies und vereinbare ,

wann unser Gespräch weitergehen kann.

Bei geplanten Interaktionen weiß ich, welche Ziele ich verfolge und welche ich dazu einsetze.

Störungen:• Wenn ich dem Patienten nicht mitteile, dass ich im Augenblick nicht bei der Sache bin,

weil mich andere Dinge beschäftigen oder ich mich körperlich unwohl fühle, er dies

jedoch spürt, fühlt er sich nicht ernst genommen.

• Wenn ich mir vornehme, Zeit beim Patienten zu verbringen, jedoch nicht dafür sorge, dass

z. B. jemand anderes das Telefon bedient, werde ich immer gestört und bin nirgendwo

richtig da.

• Wenn ich unter Druck stehe, weil noch soviel andere Arbeit anliegt, werde ich vielleicht

ungeduldig und bin nicht genügend aufnahmefähig.

• Wenn ein Patient mir aus dem Weg geht, weil er mich nicht mag, kann ich ihm meine

Präsenz nicht aufzwingen.

4.4. Konkretisieren:

In vielen Gesprächen möchte man eigentlich nicht zu genau werden. Man fragt z.B.: „Wie

läuft es mit der Arbeit?“ und erwartet eigentlich gar keine genaue Antwort, sondern eine

Antwort wie z. B.: „Ach, alles bestens.“ Darauf sagt man dann: „Das ist ja schön“. Damit ist

das Thema dann erledigt. Das gleiche gilt für den Urlaub. Wenn man jemanden fragt, ob er

einen schönen Urlaub gehabt hat, dann erwartet man keine zu konkrete oder emotional

belastende Antwort.

Im sozialen Umgang ist ein gewisses Maß an Oberflächlichkeit und Unbestimmtheit normal.

Ein tiefer gehendes Gespräch über emotional belastende Themen führt man in der Regel nur

mit engen Freunden. Das sind für gewöhnlich nur zwei bis vier Menschen. Bei engen

Freunden gibt man sich nicht so schnell mit oberflächlichen Antworten zufrieden.

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4.4.1. Ziel des Konkretisierens:

• Unklarheiten beseitigen!• Konkretisieren ist der erste Schritt zur Erkennung eines Problems.

Konkretisieren ist eine Fertigkeit, die den Patienten ermutigt, sich so genau wie möglich zu

Tatsachen und Gefühlen zu äußern. Dadurch erhält man spezifischere u. genauere

Informationen im Zusammenhang mit der Pflege.

• Es wird Respekt und Anteilnahme am Schicksal des Patienten gezeigt, Patient wird ernst

genommen.

• Vage oder unklare Andeutungen werden präzisiert und so verdeutlicht.

Damit kann man auch eine „klare“ Pflegediagnose stellen. Es ist die Aufgabe der

Pflegenden so lange zu konkretisieren, bis sie die Informationen klar verstanden haben.

• Die Pflegenden können mit Hilfe des Konkretisierens vermeiden, dass eine Äußerung des

Patienten verkehrt beurteilt oder gedeutet wird.

Unklarheiten vergrößern das Risiko einer falschen Interpretation der Situation des

Patienten. Eine falsche Interpretation führt schnell zu falschen Reaktionen der Pflegenden.

Es liegt auf der Hand, dass Konkretisieren nur möglich ist, wenn man vorher die

entsprechenden Informationen gesammelt hat. Das bedeutet, der Patient muss zunächst die

Gelegenheit haben, über Tatsachen und Gefühle zu sprechen.

4.4.2. Wie und „Was“ konkretisiert man?

Konkretisieren ist eine kombinierte Fertigkeit und umfasst folgende Aktivitäten:

• Aktives Zuhören

• Zusammenfassen

• Fragen stellen.

Nicht jede vage oder unklare Äußerung des Patienten kommt für die Konkretisierung in Frage,

sondern nur Äußerungen, die in einem Zusammenhang mit den Zielen der Pflege stehen.

Man sollte niemals konkretisieren, nur um die eigene Neugier zu befriedigen. Auch

Unklarheiten, die keinen funktionellen Wert haben, sollte man nicht konkretisieren. Die

Pflegenden sollten sich also immer (nach Möglichkeit) über die Ziele des Gesprächs und der

Pflege im Klaren sein.

Konkretisieren ist nicht immer einfach. Oft trauen sich Pflegende nicht zu konkretisieren, weil

sie z.B. befürchten, damit den Patient zu belasten, vom Patienten falsch verstanden zu werden.

Außerdem befürchten viele, dass das Konkretisieren den Patienten verärgern könnte.

Konkretisieren bedeutet oft konfrontieren. Eine zu direkt gestellte Frage empfindet der Patient

möglicherweise als aufdringlich. Verwechseln Sie daher konkretisieren nicht mit

konfrontieren. Beim konfrontieren teilen Sie dem Patienten mit, wie sein Verhalten auf Sie

wirkt. Man konfrontiert meistens, wenn einem das Verhalten des Patienten unangenehm ist.

Wenn der Patient z.B. lügt od. inkongruentes Verhalten zeigt. Eine Konfrontation kann den

Patienten in Verlegenheit bringen. Das ist jedoch nicht der Zweck des Konkretisierens.

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4.4.3. Zuhören:

Unterschied Hören und Zuhören:

Viele Menschen verwechseln „Hören“ mit „Zuhören“! Häufig meinen Sie „Hören“ wäre

„Zuhören“!

Hören ist die Aufnahme von Schall; im gewissen Sinne ein passiver Vorgang - der Empfänger

nimmt Reize auf, beantwortet sie od. lässt es bleiben

Zuhören dagegen ist eine aktive Handlung, sie fördert die Kommunikation zwischen den

Menschen.

Zuhören ist nicht das Gleiche wie Interpretieren (erklären, deuten).

Pflegende haben oft das Bedürfnis, für alles eine schnelle Lösung zu finden. Oft glaubt man,

nach einem halben Satz schon zu wissen, was los ist. Die Pflegenden müssen lernen, so

unvoreingenommen wie möglich zuzuhören und nicht schon vorzeitig Schlussfolgerungen zu

ziehen. Mit anderen Worten: Erst denken, dann handeln!

Man unterscheidet zwischen defensivem, selektivem und aktivem Zuhören:

4.4.3.1. Defensives Zuhören:

Beim defensiven Zuhören werden empfangene Botschaften nach eigenen Bedürfnissen

gefiltert oder sofort beim Empfang mit negativer Bewertung mit eigenen Vorurteilen

verknüpft. Die Ursachen für defensives Zuhören liegen in Schuldgefühlen, Scham, Angst und

schwach ausgeprägtem Selbstwertgefühl. Es führt zu Missverständnissen und verhindert die

Beziehung.

4.4.3.2. Selektives Zuhören:

Selektives Zuhören praktizieren alle Menschen. Dabei werden nur die Botschaften

empfangen, die man hören will, oder man hört zwischen den Zeilen Dinge; die überhaupt

nicht ausgesprochen wurden. Beim selektiven Zuhören stehen die Bedürfnisse des Hörers im

Vordergrund. Es schadet dem therapeutischen Prozess und führt zu Distanz und Verzerrung.

Beide Formen des Zuhörens sind von „Professionellen“ zu vermeiden. Wir sollten sie beim

Patienten jedoch bemerken und nach den Ursachen suchen.

4.4.3.3. Aktives Zuhören:

Beim aktiven Zuhören bin ich aufmerksam und konzentriere mich vollständig auf Wörter,

Sätze, Tonfall, Gestik, Mimik, Körpersprache und Pausen meines Gesprächspartners. Ich

zeige ihm durch meine eigene Körperhaltung, dadurch, dass ich Zeit und Ruhe habe,

gegebenenfalls Blickkontakt halte, mein Interesse an ihm und dem, was er besprechen will.

Wenn der Gesprächspartner dies spürt, wird er sich eher öffnen und leichter weitersprechen

können. Ich überprüfe in mir selbst und bei Bedarf beim Gesprächspartner, ob ich ihn richtig

verstanden habe. Ich versuche, das Problem aus dem Blickwinkel des Gesprächspartners zu

betrachten. Ich bemühe mich darum, meine eigenen Wertvorstellungen, Gedanken und Ideen

in den Hintergrund zu rücken.

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Was bedeutet Aktives Zuhören?

• bestärkt die Gesprächsbereitschaft

• der Gesprächspartner fühlt sich ernst genommen

• der Zuhörer zeigt durch offene Körperhaltung (nach vorne zum Anderen gebeugt), Sitzen

auf gleicher Höhe (sehr wichtig i. d. Pflege - bettlägrige Pat.), Mimik, Augenkontakt,

Nicken , Rückfragen, Zusammenfassen, Nachfragen etc. sein Interesse

• Gesprächspausen akzeptieren

• Keine wertenden Ausdrücke (gut, schlecht) verwenden!

Sitzposition bei Gesprächen mit schwierigem Inhalt:

45° zwischen Pflegeperson und Patient. Dadurch lässt sich der Blickkontakt herstellen und

zugleich hat ihr Gesprächspartner die Möglichkeit, dem Blickkontakt auszuweichen.

Aktives Zuhören ist eine der wichtigsten Voraussetzungen, um Partnerschaft in der Pflege

konkret werden zu lassen! (Beziehungsaufbau!!)

Voraussetzungen für Aktives Zuhören:

• ruhige Umgebung

• Zuhörende müssen Zeit, Ruhe und Geduld mitbringen, muss sich „einlassen“ wollen!

• Respekt

• Empathie (Problem aus dem Blickwinkel des Pat. sehen!)

• Berufshaltung

Hemmende Faktoren für Aktives Zuhören:

• Umgebung: Anwesenheit anderer Personen, Telefonanrufe, Raumtemperatur, Lärm,

Ambiente

• Die Person: Körperliche Beschwerden (Müdigkeit, Fieber....), Psychosoziales Befinden

(Stress, Kummer, Angst, Frustration, Vorurteile..)

• Sprache: Dialekt, Fremdsprache – Sprache der Patienten beherrschen! Ausländer ...

Sprache!, Fachtermini, Lautstärke, Satzaufbau.....

• Der häufigste und schwerwiegendste Fehler der „aktiven Zuhörern“ im Wege steht, ist

auch der Alltäglichste:

• Während mein Gesprächspartner redet, überlege ich parallel, was ich als nächstes fragen

oder antworten könnte.

• Wenn ich voraussetze, dass mein Gesprächspartner ohnehin ähnlich denkt wie ich, sich

auf meiner Wellenlänge befindet, werde ich nicht mehr hören, was er sagt oder zwischen

den Zeilen ausdrücken will.

• Wenn ein Thema aus der eigenen Biographie mich selbst sehr berührt, wird meine

Fähigkeit, aktiv zuzuhören, beeinflusst.

• Wenn ich mich ablenken lasse durch stereotype Redewendungen meines

Gesprächspartners, durch die Flecken auf seinem Pullover oder den Pickel auf seiner

Nase, kann ich nicht zuhören.

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4.4.4. Zusammenfassen:

Definition laut Duden: kurz wiedergeben, wiederholen

• setzt aktives Zuhören voraus, ist eine sehr anspruchsvolle Aufgabe

• Pflegeperson (PP) fördert den Patienten weiter zu sprechen - der rote Faden wird

festgehalten

• Patient behält weitestgehend die Leitung des Gesprächs und steuert es - teilt das mit, was

für ihn im Moment wichtig ist

• sollte so neutral wie möglich den Inhalt des Gesagten wiedergeben - jede PP muss sich

darüber im Klaren sein, dass sie durch ihr eigenes Denken, Urteilen, Interpretieren eine

Zusammenfassung "einfärben" kann - die Bedürfnisse des Patienten dürfen nicht aus den

Augen verloren werden

4.4.4.1. Ziele:

• Förderung der Gesprächsbereitschaft:

Patient hört, was er erzählt hat - kann überprüfen ob er verstanden wurde -

hat die Möglichkeit neue Fakten und Gefühle hinzuzufügen

• Strukturierung und Klärung des Gesprächs:

Fakten und Gefühle können geordnet werden - nicht alles, was der Patient

Erzählt, ist immer klar nachvollziehbar

• Förderung der partnerschaftlichen Beziehung

4.4.4.2. Einleitungen für Zusammenfassungen:

• Meinen Sie, dass....

• Um zu sehen, dass ich Sie richtig verstanden habe....

• Ich habe das Gefühl, dass Sie mir mitteilen wollen...

• Lassen Sie uns kurz überprüfen, wie weit wir gekommen sind

• Stimmt es, dass....

• Meinten Sie, dass.....

• Gebe ich korrekt wieder, wenn ich sage....

• Sie wollten mir mitteilen, dass.......

4.4.4.3. Man unterscheidet beim Zusammenfassen:

a) Wiederholung:ist die möglichst wörtliche Wiedergabe des Gesagten - dies können Teile oder ganze Sätze

sein (das Wichtige - Kernaussage!)! Verlangt eine hohe Konzentration der Pflegeperson!

b) Verdeutlichung – Paraphrase:Sinn und Zweck ist, den Kern der Aussage sinngemäß wiederzugeben.

c) Überprüfung der Richtigkeit der Zusammenfassung mit Hilfe des Patienten:Die „Rückgabe“ der Zusammenfassung ist die Kontrolle!

Die Pflegeperson umschreibt, was sie denkt, was den Patienten bewegt: sie versucht das was

sie verstanden hat, in eigene Worte zu fassen.

Dies hilft vor allem, wenn der Patient versucht, etwas mitzuteilen, was er nicht kennt oder

womit er noch keine Erfahrung gemacht hat.

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Beispiel:

Patient: Ich hatte sehr starke Schmerzen in meiner Brust und das Gefühl, dass der Schmerz

bis zur Schulter zog. Und gleichzeitig hatte ich ein komisches Gefühl in der Brust. Ich weiß

nicht, wie ich das beschreiben soll.

Pflegende: Ich verstehe, dass sie in die Schulter ausstrahlende Schmerzen und ein

ungewohntes Gefühl in der Brust hatten.

Patient: Ja, genau! Zusätzlich ................

4.4.5. Erklären und Auslegen – Interpretieren12:

Wir gestalten dauernd innere Bilder vom anderen, die unsere Begegnung mit ihm

beeinflussen. Wenn ich mir dessen bewusst bin, werde ich manches zusammengefügte Bild

hinterfragen und vom Patienten selbst, von Kollegen und/oder dem Supervisor korrigieren

lassen.

Dabei wird das Verhalten des Patienten reflektiert, aber auch mein Kommunikationsverhalten

kritisch beleuchtet. Kollegen und/oder Supervisor helfen mir dabei, die Interaktion mit einem

Patienten von außen zu betrachten, so dass ich die nötige Balance zwischen Nähe und Distanz

halten kann. Wenn meine Kollegen und der Supervisor ihre Sache gut machen, werde ich

dazulernen und sicherer mit Patienten interagieren können.

Ich begreife meine Bilder als Bruchstücke, die ich dem Patienten wohldosiert zur Überprüfung

anbiete. Er entscheidet selbst, ob und was er damit anfangen will. Ich weiß, dass es immer

mehrere Möglichkeiten gibt, Verhalten und Kommunikationsstil eines Menschen zu erklären

und zu verstehen.

„Irrtum ist immer möglich“

13

Wenn der geübte meint, verbale wie auch nonverbale (körpersprachliche) Signale „verstanden

zu haben“, bemüht er sich um die (Erfolgs-) Kontrolle, statt anzunehmen, er habe den anderen

durchschaut!

Erst diese Kontrolle hilft zu überprüfen, ob Signale, die man wahrgenommen hat, auch die

Bedeutung besitzen, die man ihnen zumisst.

Weiterhin kann die Erfolgskontrolle vermeiden, dass man ein Signal fälschlicherweise auf

sich, auf seine Worte, auf das hier u. Jetzt bezieht. Oft lösen unsere Handlungen (bzw. etwas,

was der andere gerade wahrnimmt) Assoziationen aus, die mit uns selbst gar nichts zu tun

haben.

Letztlich können Signale auch keine Nachricht enthalten.

Oder anders gesagt, man überprüft seinen Eindruck u. stellt entweder fest, dass die

Interpretation richtig war, oder aber, dass sie falsch gewesen ist!

12

Interpretieren = etwas deuten

13

Aus Signale des Körpers (2002), S.36;

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Beispiel:

Patient: „Mir geht es gar nicht gut Ich fühle mich richtig krank“

Pflegende «Das ist ja schrecklich. Können Sie mir sagen, was nicht stimmt?“

Patient: „Ja, ich habe Schmerzen.“

Pflegende: „Oh, die hatten Sie gestern auch schon. In letzter Zeit haben Sie oft Schmerzen im

rechten Bein.“

Patient: „Ja, das stimmt“

Pflegende, erleichtert: „Sehen Sie .“

Patient, verärgert: „Von wegen sehen Sie! Sie haben mich falsch verstanden. Natürlich hatte

ich Schmerzen im rechten Bein. Aber jetzt habe ich jedes Mal, wenn ich einatme, einen

stechenden Schmerz in der Brust Das ist überhaupt nicht lustig und hat mit den Schmerzen im

rechten Bein überhaupt nichts zu tun. Verstehen Sie mich jetzt?“

Drei Methoden der Erfolgskontrolle:

• Offene Frage – siehe Kapitel 4.6.

• Geschlossene Frage – siehe Kapitel 4.6.

• Schweigen

o Die meisten Menschen beginnen zu sprechen, wenn ihr Gegenüber schweigt.

o Viele Pflegekräfte machen zu wenig Gesprächspausen bzw. haben Probleme

damit, auch nur für kurze Zeit das „Schweigen“ auszuhalten!

o Ist eine sehr wirkungsvolle Methode, die auch in der Psychotherapie ihre

Anwendung findet!

WICHTIG: Auf Fakten (konkretisieren) achten – wir sind keine Psychotherapeuten!!

Dokumentation: Interpretationen als solche deklarieren!!

4.4.6. Fragen stellen:

Definition lt. Duden: eine Äußerung, die eine Antwort verlangt!

»Wie man in den Wald hineinruft, so schallt's heraus.« Durch die Art, wie wir fragen und

antworten, beeinflussen wir die Kommunikation mit Menschen. Je nach dem Ziel, das wir

verfolgen, wenden wir die dazu passenden Formen von Fragen und Antworten an.

• Nicht jede Frage muss beantwortet werden!

• Berufliches Interesse nicht mit persönlicher Neugier verwechseln!

• Wie fühlen Sie sich, wenn Ihnen Bekannte aus Neugier Fragen stellen?

• Mit Hilfe von gezielten Fragen erhält die Pflegeperson die nötigen Infos, um die Pflege

auf den Patienten abzustimmen!

• Je nach Situation kann mit Hilfe von Fragen der Patient in die Lage versetzt werden

o Gefühle zu äußern

o Sachlich zu informieren

o Seine "eigene" Geschichte zu erzählen

• In bestimmten Situationen (Notfall, Gedanken abreißen, Zeitnot.....) muss die

Pflegeperson mit gezielten Fragen strukturieren und möglichst rasch die notwendigen

Infos einholen

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Februar 2008 / Senecura Hohenems 22

• Es ist wichtig, dass die Patienten regelmäßig die Möglichkeit erhalten, ihre Erfahrungen

und Gefühle bzgl. ihrer Krankheit und Gesundheit zu äußern.

• Werden weitere Infos benötigt wird von der PP gezielt nachgefragt!

• Unüberlegte Fragen können ein ganzes Gespräch zerstören

z.B. Gattin ist erst kürzlich verstorben und ich frage den Patienten, was wohl seine Gattin

zu diesem Problem gesagt hätte!

4.4.6.1. Funktion von Fragen:

• Bekundung von Interesse

• Pat. fühlt sich ernst genommen, akzeptiert, respektiert

• Gesprächsanknüpfung

• Fast jedes Gespräch beginnt mit einer Frage!

• Routinemäßige Höflichkeit

• Wie geht es dir? (Man hat aber kein eigentliches Interesse an der Antwort – Grundsätzlich

o.k. aber nicht unbedingt notwendig! Oder doch? Erkennende Funktion: Ich sehe es geht

einem nicht so gut! – Pat. kann seine Gefühle, Meinung, Einstellung, Urteil... äußern!)

4.4.6.2. Wie stellt man Fragen?

• bewusst, gezielt, überlegt...

• man sollte Zeit für eine Antwort haben

Man unterscheidet „Offene“ u. „Geschlossene“ Fragen:

a) Offene Fragen14:

Allgemeines:

Sie lassen dem Gesprächspartner Spielraum, zu antworten, was er für wichtig hält. Sie sind

breit angelegt, so dass der Gefragte weit ausholen kann, wenn er will. Daher können Dinge

zur Sprache kommen, auf die der Fragende nicht abgezielt hatte. Offene Fragen dienen dazu,

möglichst vielfältige Informationen und Meinungsäußerungen zu bekommen.

Was sind offene Fragen?

• Sind sehr häufig W-Fragen:

Beispiele: Wie geht es Ihnen?

Woran denken Sie?

Was berührt Sie im Umgang mit kranken Menschen?

Wie fühlen Sie sich?

Wie meinen Sie das?

Was können Sie mir dazu erzählen?

Warum..... - Vorsichtig mit Warum-Fragen:

* Patienten fühlen sich oft bevormundet -

* Man hat das Gefühl, man müsse sich rechtfertigen

* Nie am Anfang eines Gespräches - zuerst Atmosphäre,

Beziehung herstellen

* Ton ist ausschlaggebend – Nachfragen, ob es für den

Patienten gepasst hat - Entschuldigen bei Bedarf!

14

aus Arets, Obex, Vaessen, Wagner (1999), S. 79

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• werden als sehr angenehm empfunden, Patient hat die Möglichkeit seine Antwort

innerhalb seines eigenen Bezugrahmens zu wählen!

• Patienten fällt es leichter sich mitzuteilen

• lassen sehr viel Raum für Antworten!

• dienen sehr häufig zur Einleitung eines Gespräches, Wechsel eines Themas oder zur

Fortsetzung eines "stockenden" Gesprächs

• um mit offenen Fragen gezielte Infos zu erhalten, muss ein Thema immer mehr

eingegrenzt werden (Trichter wird enger!)

z.B. Wie geht es Ihnen?

Was macht Ihre Gesundheit?

Wie steht es mit Ihrer Epilepsie?

Wie viele Medikamente nehmen Sie noch?

Wie viele Anfälle hatten Sie in den letzten Monaten?

Nachteile "offener Fragen":

• keine od. nicht ausreichende Strukturierung

• Infos sind eher verwaschen, unklar, nicht konkret

• Patient hat großen Einfluss auf die Themen, Richtung des Gesprächs

• PP hat die Gesprächsdauer nicht od. nur sehr schwer in der Hand

b) Geschlossene Fragen:

Was sind das für Fragen?

• sind meist kurze Fragen, die mit Ja od. Nein beantwortet werden können

• schränken die Antwortmöglichkeiten ein (auf eine Antwort!)

z.B. Leiden Sie unter Wahnvorstellungen?

Haben Sie letzte Nacht gut geschlafen?

Möchtest du noch ein Glas Wasser?

Brauchst du noch ein Schlafmittel?

• Variante: Alternativfragen:

z.B. Möchtest du noch ein Schmerzmittel, oder kannst du schlafen?

Möchtest du jetzt aufstehen, od. möchtest du noch ein bisschen

fernsehen?

Geschlossene Fragen werden hauptsächlich eingesetzt wenn:

• der Patient kaum oder nicht in der Lage ist, sich zu äußern, um überhaupt ein paar wenige

Informationen zu erhalten z.B. Sprache, Sprechen, Lähmung, Psych. Störung....

• akute Situationen bestehen, wo konkrete Infos relativ rasch benötigt werden

(Lebensgefahr, Krisen....)

Nachteile:

• Lassen nur einen kleinen Spielraum für Antworten

• Pflegeperson bestimmt das Gesprächsthema (auch Vorteil!)

• Pat. kann das Gefühl bekommen verhört zu werden (kann Misstrauen auslösen)

• es kann der Eindruck entstehen, dass die Meinung des Pat. nicht wichtig ist

• Patient fühlt sich nicht verantwortlich für das Gespräch

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Februar 2008 / Senecura Hohenems 24

c) Suggestivfragen:

Sie beinhalten bereits eine eigene Meinung, zu der der Fragende Zustimmung erwartet. Er

beeinflusst das Gespräch, ohne dass sich der andere dessen bewusst ist. Da sie den anderen

manipulieren, sollten sie nur benutzt werden, wenn beabsichtigt ist, eine gute Stimmung zu

schaffen.

Beispiele im positiven Sinne:

„Meinen Sie nicht auch, dass dies ein wunderschöner Ausflug gewesen ist?“

„Das haben wir doch heute gut hingekriegt, meinen Sie nicht auch?“

Beispiele im negativen Sinne:

„Sie gehören doch nicht zu denen, die wegen jeder Kleinigkeit jammern?

„Haben Sie nicht auch das Gefühl, dass Sie gute Fortschritte machen? (u. dabei evtl. noch mit

dem Kopf nicken)!“

d) Alternativfragen:

Sie zwingen den Beantworter, sich zwischen vorgegebenen Möglichkeiten zu entscheiden,

andere als die vorgegebenen Alternativen werden ausgeschaltet. Der Fragesteller wählt die

richtigen Alternativen aus. Die Alternativfrage wird angewandt, wenn der Beantworter sonst

zu keiner Entscheidung kommt, z. B. bei einem manischen Patienten oder bei einem alten

Menschen.

Beispiele:

„Wollen Sie mit meinem Kollegen spazieren gehen oder mit mir?“

„Möchten Sie lieber Tee, Kaffee oder Wasser trinken?“

e) Bohrende Fragen:

Sie befriedigen die Neugier des Fragenden, nehmen jedoch auf die Befindlichkeit des

Befragten keine Rücksicht. Sie lenken das Gespräch in die Richtung, die der Fragende sich

ausgedacht hat, drängen den Befragten und sind häufig indiskret, ohne dass die dazu

erforderliche Vertrauensbasis vorhanden ist. Hinzu kommt, dass solche Fragen oft zwischen

Tür und Angel und in Eile gestellt werden. Bei ihnen besteht die Gefahr, dass der Befragte

sich bloßgestellt fühlt.

f) Fangfragen:

Sie sind so gestellt, dass jede mögliche Antwort gegen den Befragten verwendet werden kann.

Sie wird zur Fangfrage durch den Kontext, in dem sie gestellt ist, und durch die nonverbale

Mitteilung, von der sie begleitet wird. Mit Fangfragen wird versucht, die Position des anderen

zu schwächen oder seine Wachsamkeit und sein Misstrauen zu fördern. Sie haben bei einem

Verhör bei der Polizei ihren Platz, werden bei uns jedoch nur angewandt, wenn wir

»kriminalistisch« tätig sind.

Beispiele:

„Wem sind Sie heute am Kiosk begegnet?“ (Frage an einen alkoholabhängigen Patienten)

„Wie war denn dein Geburtstagsfest gestern?“ (Frage an einen übernächtigten Kollegen)

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g) Mehrfachfragen:

Es werden mehrere Fragen auf einmal gestellt. Sie können ältere Menschen oder Patienten mit

Konzentrationsstörungen nur verwirren. Meistens wird nur eine davon beantwortet, und zwar

die letzte, die anderen werden vergessen. Multiple Fragen sollten vermieden werden, sie sind

ein Zeichen dafür, dass der Fragende ungeplant vorgeht und nicht weiß, was er will. In jedem

Fall hat der Fragende das falsche Tempo für den Empfänger.

Beispiele:

„Wie war denn Ihr Wochenendurlaub? Haben Sie die Treppe geputzt? Haben Sie Ihren

Nachbarn besucht?“

„Leiden Sie noch unter Essstörungen und glauben Sie, dass das auch den Heilungsprozess

beeinflusst?“

h) Indirekte Fragen:

Sie werden nicht als Frage, sondern als Feststellung formuliert, aber in fragendem Tonfall

geäußert. Sie greifen meist den emotionalen Anteil einer Aussage des Gesprächspartners auf.

Sie werden angewandt, um dem Befragten den nötigen Spielraum für seine Gedanken und

Gefühle zu lassen, ihn zu ermutigen diese auszusprechen, ihm eine ungefähre Richtung

vorzuschlagen und ihm zu vermitteln, dass der Fragende aufmerksam ist. Indirekte Fragen

dienen dazu, dem Befragten seine Gefühle bewusster zu machen.

Beispiele:

„Sie sind ganz traurig, weil Sie die kostbare Vase Ihrer Mutter kaputtgemacht haben.“

„Sie freuen sich, dass es Ihnen besser geht und Sie diese Woche nach Hause können.“

i) Bummerangantwort:

Der Patient antwortet mit einer Gegenfrage:

Beispiele:

„Wie denken Sie darüber?“

„Sie haben mich gefragt, ob ich eine Möglichkeit sehe, weniger Fett zu essen. Aber Sie haben

ja selbst Übergewicht. Fällt es Ihnen nicht schwer, auf Fett zu verzichten?“

Wie soll man sich verhalten?

Nicht darauf antworten, es geht nicht darum wie die Pflegeperson über einen bestimmten

Sachverhalt denkt!

Mögliche Antwort der Pflegeperson:

„Meine Meinung, mein Verhalten zu diesem Thema ist völlig unerheblich. Es geht ja um sie!“

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Februar 2008 / Senecura Hohenems 26

4.5. Antworten:

4.5.1. Reagieren und Antworten:

Zuallererst gebe ich dem Sender zu verstehen - verbal od. nonverbal - dass seine Botschaft bei

mir angekommen ist, auch wenn ich vielleicht etwas anderes verstanden habe.

4.5.2. Meine Reaktionen und Antworten können folgende Ziele verfolgen:

• Ich kann die gewünschte Info auf eine entsprechende Frage geben;

• Ich versuche zu klären, wo sich Standpunkte und Sichtweisen unterscheiden;

• Ich frage nach, um ein Problem vollständiger zu erfassen;

• Ich gebe Rückmeldung über das, was ich verstanden habe, und lasse dies bei Bedarf

korrigieren, dadurch versuche ich, Vertrauen zu fördern;

• Ich spiegle dem Patienten, wie seine Botschaften bei mir ankommen und was sie in mir

auslösen.

Reagieren und Antworten sind (sollten) keine impulsiven Erwiderungen, sondern bestehen aus

überlegter und ausgewählter Anwendung von Wissen auf eine spezifische Situation zu einem

gegebenen Zeitpunkt. Ich bin mitverantwortlich dafür, dass der Patient schrittweise den

Stellenwert und die Bedeutung seines Kommunikationsverhaltens begreift.

Manche Menschen die wir betreuen sind so sensibel, dass nahezu jedes Wort auf die

„Waagschale“ gelegt werden muss!

4.5.3. Störungen:

Wenn ich alltägliches Verhalten wie vorschnelles Antworten, „Ins-Wort-Fallen“ oder gut

gemeinte Ratschläge im beruflichen Zusammenhang anwende, wird der Patient die Interaktion

wahrscheinlich schnell beenden, weil er sich zurückgestoßen fühlt.

Wenn ich mich nicht auf die sprachliche Ebene meines Gesprächspartners begeben kann,

kommt es zu Missverständnissen, und wir reden aneinander vorbei.

Wenn ich die wunden Punkte in meiner Biographie nicht kenne oder nicht gelernt habe, sie in

mein berufliches Handeln zu integrieren, werde ich auf ähnlich gelagerte Probleme beim

Patienten inadäquat reagieren und dem Kommunikationsprozess schaden.

Wenn meine Reaktionen und Antworten aus vorschnellen Interpretationen bestehen, die als

Feststellungen formuliert sind, werde ich mein Gegenüber verletzen und vertreiben.

Wenn ich darauf beharre, einen Sachverhalt zu klären, der nur mir wichtig erscheint, und nicht

erkenne, dass mein Gegenüber mir signalisiert, dass er dies für sich behalten möchte, bringe

ich den Kommunikationsprozess zum Stillstand.

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4.5.4. Wertende Antworten:Sie gehen von einem moralischen Standpunkt aus und enthalten ein ablehnendes oder

zustimmendes Urteil. Der Gesprächspartner reagiert wahrscheinlich mit Schuldgefühlen,

Auflehnung oder Verheimlichen.

Beispiel:

„In Ihrem Alter weiß man doch, was man will, und versteckt sich nicht hinter anderen.“

4.5.5. Interpretierende Antworten:Wenn sie als Feststellungen formuliert werden, drücken sie aus, wie sich der Antwortende das

Verhalten des Gesprächspartners mit seinem Verstand erklärt. Sie verzerren die Aussage des

Partners und verfremden seinen Gedankengang. Er reagiert wahrscheinlich gekränkt, fühlt

sich nicht verstanden und wendet sich ab.

Beispiel:

„Ihr eigentliches Problem ist, dass Sie sich nicht von Ihrem Elternhaus lösen können.“

4.5.6. Tröstende Antworten:Der Berater versucht den Klienten zu beruhigen und das Problem zu bagatellisieren. Damit

schiebt der Berater den Klienten mit seinem Problem - vielleicht ohne dies zu wollen - von

sich weg und beruhigt sich selber. Der Klient fühlt sich wahrscheinlich nicht ernst genommen

und lehnt die falsche Anteilnahme ab.

Beispiele:

„Das ist alles halb so schlimm, in einer Woche sieht die Welt wieder anders aus.“

„Ich finde Ihre Lebenssituation nicht so aussichtslos, sie haben Ihre Familie, die zu Ihnen

steht und die Ihnen hilft.“

4.5.7. Antworten, die eine sofortige Lösung vorschlagen:Hier drängt der Berater den Klienten zur sofortigen Tat. Die Lösungsvorschläge entsprechen

den Bedürfnissen des Beraters, nicht den Möglichkeiten und Vorstellungen des Klienten. Der

Klient wird damit entmündigt, er fühlt sich entweder abgefertigt oder akzeptiert passiv die

vorgeschlagene Lösung.

Beispiel:

„Ich an Ihrer Stelle würde mich von Ihrer Frau trennen.“

4.5.8. Suchende Antworten: Sie liegen indirekten Fragen sehr nahe. Sie spiegeln dem Klienten das Bemühen des Beraters

wieder, sich weitgehend in die Probleme des Klienten zu versetzen. Sie ermutigen den

Klienten zum weiteren Erzählen, weil er sicher sein kann, dass der Berater aktiv zuhört.

Beispiele:

„Ich habe nicht verstanden, wie es zu dem Streit mit ihrer Frau gekommen ist.“

„Mir ist noch nicht klar, was Sie gestern Abend so beschäftigt hat, dass Sie nicht schlafen

konnten.“

4.5.9. Bestärkende Antworten: Sie haben die Aufgabe, zum positiven Selbstwertgefühl des Klienten beizutragen. Sie sind

damit fast identisch mit positiven Rückmeldungen.

Beispiele:

„Ich finde es gut, dass Sie auf dieses heikle Thema zu sprechen kommen.“

„Ich glaube, dass Sie es schaffen können, Ihre Kritik in der Morgenrunde anzubringen.“

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4.5.10. Spiegelnde Antworten: Der Klient wird damit konfrontiert, wie seine Aussagen oder sein Verhalten beim Berater

ankommen. Sie sprechen die Diskrepanz zwischen Eigen- und Fremdwahrnehmung aus. Sie

dienen dazu, die Selbstwahrnehmung des Klienten zu ergänzen, ihm mitzuteilen, wie er auf

andere wirkt, und seinen Bezug zu der ihn umgebenden Realität zu verstärken. Spiegelnde

Antworten werden besonders sorgfältig formuliert und angewandt, damit sie vom Klienten

angenommen werden können.

Beispiele:

„Sie haben mir eben gesagt, dass es Ihnen gut geht. So verkrümmt, wie Sie mir

gegenübersitzen, merke ich eine ziemliche Anspannung bei Ihnen und frage mich, was

dahinter steckt.“

„Sie haben mich eben nach einer Flasche Wasser gefragt. Der Ton, wie sie mich das gefragt

haben, ist bei mir wie ein Befehl angekommen.“

4.6. Eigene Erfahrungen einbringen:

4.6.1. Was sind eigene Erfahrungen?

Gefühle oder Ereignisse die man am "eigenen" Leib erfahren hat!

Eigene, persönliche Erfahrungen mit andern Menschen zu teilen ist nicht einfach (viele

Menschen sind dabei gehemmt).

Sie können aber ermöglichen, dass die Distanz zwischen Patient und Pflegeperson kleiner

wird.

Der Patient fühlt sich der Pflegeperson näher (Vertrauensbasis). Dies kann für den Patienten

eine große Hilfe sein, da der Patient sich „Wiedererkennen“ kann (persönliche Erfahrung der

Pflegeperson entspricht od. ähnelt der des Patienten).

Der Patient wird ermutigt weiter zu sprechen (z.B. Themen die für uns PP alltäglich, völlig

normal sind, können für Außenstehende sehr schwer zu besprechen sein - z.B. die Angst vor

einer Spritze, OP...).

4.6.2. Wie wendet man eigene Erfahrungen an?

Eigene Erfahrungen dienen dazu, innerhalb der Pflege bestimmte Ziele zu erreichen.

Es muss immer der Patient und nicht die Pflegeperson im Mittelpunkt stehen.

Werden eigene Erfahrungen zur falschen Zeit eingebracht, kann es zu einem Rollentausch

kommen: d.h. der Pat. hört aktiv zu, fasst zusammen, stellt Fragen.... - dies ist natürlich nicht

Sinn der Sache!

Nie eigene Beispiele verwenden, wenn die damit verbundenen Gefühle noch nicht verarbeitet

wurden! (Könnte sein, dass man dann seine Gefühle nicht im "Griff" hat, vielleicht sogar

weinen muss - dies würde dann den Patienten verunsichern!)

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4.7. Störungen des gesamten Kommunikationsprozesses:

• Wenn ich mich nicht authentisch verhalte, d. h. wenn meine Äußerungen und Handlungen

nicht übereinstimmen, kann mein Gegenüber nicht sicher sein, woran er mit mir ist.

• Wenn ich meinen Status in den Vordergrund stelle, meine eigene Meinung als einzige

gelten lasse, mich in meiner Funktion zu wichtig nehme, verhindere ich, dass

Kommunikation auf horizontaler Ebene entsteht und missbrauche meine Macht.

• Wenn ich die unterschiedlichen Wertesysteme, die jeden einzelnen durch Kultur und

sozialen Hintergrund geprägt haben, zu wenig berücksichtige, werde ich wahrscheinlich

falsch interpretieren, werde nicht feststellen können, wenn wir aneinander vorbeireden,

und nicht nachfragen, um Missverständnisse zu klären.

Wirksam kommunizieren zu lernen ist wie laufen lernen: Man lernt erst krabbeln, dann aufstehen und stehen bleiben und schließlich macht man die ersten unabhängigen Schritte. Diese ersten Schritte gleichen einem Eiertanz, man fällt immer wieder auf die Nase. Um bei der Kommunikation die erforderliche Gewandtheit zu erwerben, braucht man Geduld, Praxis und Beharrlichkeit: »Der Weg ist das Ziel!«

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5. Gesprächsführung:

5.1. Allgemeines:

Pflegende führen ständig Gespräche, die an Bedeutung und Wichtigkeit gewinnen können,

wenn man sich ihrer Möglichkeiten und Grenzen bewusst ist.

Sich eingestehen wenn man nicht mehr weiter weiß, ehrlich sein - Hilfe holen!!

5.2. Gesprächsvorbereitung:

Ist wichtiger als man annimmt!

Ein Gespräch zu planen, bedeutet nämlich, dass man Ziele bewusst und systematisch

erreichen will:

a) Unter welchen Voraussetzungen führe ich das Gespräch?

• Gespräche sollten immer in ruhiger Atmosphäre stattfinden

• darauf achten, dass man nicht gestört wird

• Zeitpunkt und Gesprächsdauer mit dem Patienten absprechen

• Pflegeperson muss Struktur vorgeben

• Sitzposition: Pflegeperson zu Patient 45°

• immer darauf achten, dass die Pflegeperson und der Patient sich in gleicher Höhe befinden

b) Wer ist der Patient?

Vorinformationen sammeln:

• Personalien

• Allgemeiner Hintergrund

• Grund des Aufenthaltes

• Probleme u. Möglichkeiten in Hinsicht auf Erkrankung und Gesundheit

• zu beachtende wichtige Punkte in der Pflege

5.3. Allgemeine Gesprächsstruktur bei geplanten Gesprächen:

Jedes geplante Gespräch ist wie folgt aufgebaut:

• Einleitung

• Mittelteil od. Kern

• Abschluss

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a) Einleitung:

• Gespräch sollte in Gang gebracht werden

• Begrüßung u. Vorstellung

• Small talk (nicht zu lange – Einleitung)

• Offene Fragen verwenden

• Gegenstand, Zweck und Ziele des Gesprächs angeben

• Abstimmung mit dem Patienten – was erwartet er, welche Ziel hat er? – nicht immer

leicht! – auch darauf achten, dass nicht „Endlos“ über die Vorgehensweise, Ziele diskutiert

wird!

• Vorschlag für eine Vorgehensweise immer mit einer offenen Frage beenden (z.B. Was

halten Sie von dem Vorschlag.....)

• Auf gute Atmosphäre achten. Fragen zur Intim- od. Privatsphäre?

b) Mittelteil:

• Pflegeperson soll Gesprächsverlauf ordnen, Konzentration auf die wichtigen Themen!

(Ziele!) – in die „Tiefe“ gehen

• Auf nonverbale Kommunikation achten

• Abmachungen einhalten

c) Abschluss:

Am Anfang des Abschlusses folgende Fragen stellen:

• Haben Sie das Gefühl, dass wir die vereinbarten Ziele erreicht haben?

• Haben Sie alles gesagt, was Sie sagen wollten?

• Gibt es noch etwas, was Sie besprechen wollen?

• Rechtzeitig ankündigen wenn es Zeit ist das Gespräch zu beenden

• Gespräch mit einer Schlussfolgerung, Zusammenfassung beenden

• Feststellen ob eine Gesprächsfortsetzung notwendig ist (immer notwendig wenn die Ziele

nicht erreicht werden konnten, der Patient das Bedürfnis für weitere Gespräche hat,

Themen nicht ausreichend besprochen werden konnten...!)

Merke:• Nicht jedes Gespräch „läuft“ gleich gut – nicht entmutigen lassen!

• Versuchen das Gespräch positiv zu beenden, auch wenn das Gespräch noch so schwierig

war!

• Man kann z.B. sagen: „ Das war ein sehr schwieriges Gespräch. Es ist gut, dass einmal

alle Karten auf dem Tisch liegen. Ich finde, das ist eine solide Basis für weitere

Gespräche!

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6. Literaturverzeichnis:

• Arets, J., Obex, F., Vaessen, J., Wagner, F. (1999). Professionelle Pflege. Theoretische

und praktische Grundlagen. Bern: Verlag Hans Huber.

• Birkenbihl, V. (2002). Signale des Körpers. Körpersprache verstehen. München: mvg

Verlag

• Pflege Heute (2004). 3. Auflage. München: Urban und Fischer Verlag.

• Schädle-Deininger, H., Villinger, U. (1996). Praktische Psychiatrische Pflege.

Arbeitshilfen für den Alltag. Bonn: Psychiatrie-Verlag.