Grundlagen Technik Auf das Spielbrett kommt es an - volleyball · Grundlagen 22 vm 11/2009 Technik...

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Grundlagen 22 vm 11/2009 Technik Auch für das Untere Zuspiel gilt, was im Volleyball für jede Technik Gültigkeit hat: Es ist kein Selbstzweck, sondern eine geeig- nete Lösung, um den Ball volley weiterzu- spielen. Die Hauptanwendung des Unteren Zuspiels erfolgt bei schnell fliegenden Bäl- len, die nicht über Schulterhöhe ankommen. Vorwiegend kommt das bei der Annahme von Angriffs-, aber auch von Flatterauf- schlägen oder bei der Abwehr von Angriffs- schlägen vor. Außerdem ist das Untere Zu- spiel angebracht bei Bällen, die außerhalb des Radius gespielt werden müssen, den man rechtzeitig erlaufen kann, um das Obe- re Zuspiel anzuwenden. Oder wenn der Ball über Entfernungen gespielt werden muss, die der Spieler im Oberen Zuspiel nicht schafft. Damit sind die Bedingungen für das Untere Zuspiel schon sehr klar definiert: Normaler- weise kommt der Ball mit viel Tempo auf den Spieler zu, der dadurch unter hohem Zeitdruck steht. Im Kinderbereich gibt es das Untere Zuspiel auch in einer erweiterten Funktion, weil die meisten Bälle mit wenig Eigenimpuls auf die Spieler zufliegen. Doch diese Form spielt im Erwachsenenbereich FOTO: FIVB Auf das Spielbrett kommt es an Bei der Annahme, in der Abwehr, teilweise auch beim Pass auf einen Angreifer ist das Untere Zuspiel die Technik, die zum Ziel führt. Michael Warm stellt Überlegungen vor, die in der Diskussion mit den Nachwuchs-Bundestrainern Han Abbing, Stefan Bräuer und Söhnke Hinz entwickelt wurden und beschreibt diese elementare Technik. Mit wenigen Schlüssel- szenen und vielen Varianten sich durch das Prinzip Einfallswinkel = Ausfallswinkel beschreiben. Über die Steuerung des Impulses ge- schieht die exakte Zielorientierung des Balles. Dabei reicht die Palette von einem starken Impuls, der durch das Spielbrett auf den Ball übertragen werden muss bis hin zu einem Negativimpuls, den das Spielbrett vom Ball aufnehmen muss. Wenn beide Schlüsselszenen präzise erfüllt sind, wird der Ball mit Sicherheit genau dort landen, wohin ihn der Spieler haben will. Jegliche Abweichung vom Zielort ist aus- schließlich darauf zurückzuführen, dass zu- kaum eine Rolle. Wenn ein Spieler genug Zeit hat, wird er in der Regel das Obere Zuspiel anwenden, da er damit präziser spielen kann. Dem sollte das Techniktrai- ning des Unteren Zuspiels auch bereits im Jugendbereich entsprechen. Aus diesen Bedingungen heraus ergeben sich für den Ballkontakt genau zwei wesent- liche Schlüsselszenen und Steuergrößen, die allein ausschlaggebend für einen erfolg- reichen Ballkontakt sind: Das Spielbrett muss im Moment des Ball- kontaktes im genau richtigen Winkel ste- hen. Dieser ist exakt festgelegt und lässt Mit vereinten Kräften: Chinas Frauen sichern den Ball im Unteren Zuspiel

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Grundlagen

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Technik

Auch für das Untere Zuspiel gilt, was im Vol leyball für jede Technik Gültigkeit hat: Es ist kein Selbstzweck, sondern eine geeig-nete Lösung, um den Ball volley weiterzu-spielen. Die Hauptanwendung des UnterenZuspiels erfolgt bei schnell fliegenden Bäl-len, die nicht über Schulterhöhe ankommen.Vorwiegend kommt das bei der Annahmevon Angriffs-, aber auch von Flatterauf-schlägen oder bei der Abwehr von Angriffs-schlägen vor. Außerdem ist das Untere Zu-spiel angebracht bei Bällen, die außerhalbdes Radius gespielt werden müssen, denman rechtzeitig erlaufen kann, um das Obe-re Zuspiel anzuwenden. Oder wenn der Ballüber Entfernungen gespielt werden muss,die der Spieler im Oberen Zuspiel nichtschafft.Damit sind die Bedingungen für das UntereZuspiel schon sehr klar definiert: Normaler-weise kommt der Ball mit viel Tempo aufden Spieler zu, der dadurch unter hohemZeitdruck steht. Im Kinderbereich gibt esdas Untere Zuspiel auch in einer erweitertenFunktion, weil die meisten Bälle mit wenigEigenimpuls auf die Spieler zufliegen. Dochdiese Form spielt im Erwachsenenbereich FO

TO: F

IVB

Auf das Spielbrettkommt es anBei der Annahme, in der Abwehr,

teilweise auch beim Pass auf einen

Angreifer ist das Untere Zuspiel die

Technik, die zum Ziel führt. Michael

Warm stellt Überlegungen vor,

die in der Diskussion mit den

Nachwuchs-Bundestrainern

Han Abbing, Stefan Bräuer und

Söhnke Hinz entwickelt wurden

und beschreibt diese elementare

Technik. Mit wenigen Schlüssel -

szenen und vielen Varianten

sich durch das Prinzip Einfallswinkel =Ausfallswinkel beschreiben.

� Über die Steuerung des Impulses ge-schieht die exakte Zielorientierung desBalles. Dabei reicht die Palette von einemstarken Impuls, der durch das Spielbrettauf den Ball übertragen werden muss bishin zu einem Negativimpuls, den dasSpielbrett vom Ball aufnehmen muss.

Wenn beide Schlüsselszenen präzise erfülltsind, wird der Ball mit Sicherheit genau dortlanden, wohin ihn der Spieler haben will.Jegliche Abweichung vom Zielort ist aus-schließlich darauf zurückzuführen, dass zu-

kaum eine Rolle. Wenn ein Spieler genugZeit hat, wird er in der Regel das Obere Zuspiel anwenden, da er damit präziserspielen kann. Dem sollte das Techniktrai-ning des Unteren Zuspiels auch bereits imJugend bereich entsprechen.Aus diesen Bedingungen heraus ergebensich für den Ballkontakt genau zwei wesent-liche Schlüsselszenen und Steuergrößen,die allein ausschlaggebend für einen erfolg-reichen Ballkontakt sind:� Das Spielbrett muss im Moment des Ball-

kontaktes im genau richtigen Winkel ste-hen. Dieser ist exakt festgelegt und lässt

Mit vereinten Kräften:

Chinas Frauen sichern den

Ball im Unteren Zuspiel

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Technik

mindest einer der beiden Aspekte (Richtungoder Impuls) abweicht. Alle weiteren Bewe-gungen des Körpers dienen nur dem Zweck,Richtung und Impuls des Balles zu beein-flussen. Dementsprechend sollte jeglicherHinweis auch immer daran ansetzen, ob diese beiden Komponenten stimmen. Den-noch können gute Tipps können nicht nur anden Armen, sondern auch an der Beinstel-lung, der Schulterstellung, etc. ansetzen,wenn sie für die Verbesserung der beidenSchlüsselszenen zielführend sind.

Konsequenzen für das TechniktrainingUm die Bewegung des gesamten Körpers zuverstehen und zu beurteilen, könnte mandie Fragestellung in diesem Fall umdrehenund nicht bei der Fuß- und Beinstellung (derGrundlage jeder Bewegung) beginnen, son-dern mit den übrigen Notwendigkeiten, diefür ein gutes Unteres Zuspiel erfüllt seinmüssen. Man stelle sich also vor, dass dasSpielbrett seine ideale Position im Raum ge-funden hat, damit der Ball in die richtigeRichtung abprallt, und modelliert nun ge-danklich den Körper so lange darum herum,bis dieser eine Position gefunden hat, die fürden Spieler…� anatomisch möglich ist� möglichst natürlich und bequem ist� einen Bodenkontakt beinhaltet,

um den wirkenden Kräften des Balles zu widerstehen

� ausreichenden Spielraum für die Impulssteuerung ermöglicht

� und aus einer neutralen Ausgangsposition schnell einnehmbar ist

So weit die Theorie als Grundidee für diePraxis: Der Spieler nimmt also vor dem er-warteten Ballkontakt eine möglichst ent-spannte und lockere Ausgangsposition ein,die es ihm ermöglicht, vor der eigentlichenAktion in alle Bewegungsrichtungen startenzu können (siehe Foto 1 auf dem Poster).

Merke: Jede unnötige Anspannung oder garVerspannung zu Beginn einer Bewegung kostet erst einmal Zeit, weil sich der Sport-ler aus ihr lösen muss. Ein schneller Muskel-start ist am leichtesten aus einer entspann-ten Haltung möglich.Doch welche Bewegungsrichtungen gibt es?Eine Aufteilung in Bereiche hilft, mit derVielfalt der Möglichkeiten operieren zu kön-nen. Die leichtesten Bälle sind die, die genauauf das Spielbrett zufliegen oder aber zu-mindest mit einer geringen Geschwindig-keit, die es dem Spieler ermöglicht, sich frühgenug dorthin zu bewegen, wo der Ball hin-fliegt.Auf dem Technikposter (Seiten 24 und 25)sind das die Bilder 2. Immer wird das jedoch

nicht funktionieren. Es wird also Bälle geben,die links (3) oder rechts (4) vom dem Spie-ler aufkommen würden. Ebenso Bälle, dieseitlich vor (5 und 6) oder hinter (7 und 8)dem Spieler aufkommen oder solche, dieden Spieler im Bereich des Oberkörpersoder der Schultern treffen würden. Diesekann man – auch bei hoher Geschwindigkeit– mit dem Oberen Zuspiel weiterleiten. Fürjede Situation gibt es eine Lösung, die dieoben formulierten Bedingungen erfüllt undan die genaue Situation angepasst werdenmuss. Beispiele hierzu sind auf dem Tech-nikposter zu sehen.

Stellung des Spielbretts und im RaumDa der Ball im Unteren Zuspiel nicht ange-nommen und weggeworfen, sondern ledig-lich umgelenkt wird, ist die Vorstellung voneinem Brett, von dem der Ball in die richtigeRichtung abprallt, plakativ und deutlich. Jenach Einfallswinkel des Balles und Stellungdes Spielbretts wird der Ball nur in eine

bitte lesen Sie auf Seite 26 weiter �

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� Richtige Ausrichtung des Spielbretts im Moment des Ballkontaktes: Einfallswinkel = Ausfallswinkel

� Steuerung des Impulses auf den Ball (vom starken Impuls bis hin zum Negativimpuls)

Zwei Varianten: So kann

das Spielbrett gebildet werden

Schlüsselszenen für das Untere Zuspiel

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TECHNIKPOSTERFrauke Formazin zeigt, mit welchenBewegungen sie die Bälle in denverschiedenen Bereichen annimmt.Die Fotos zeigen zuerst die Grund-situation (1) und dann die Situation,wenn der Ball in die entsprechendeRichtung neben den Körper fliegt.Foto 2 betrifft Bälle, die direkt vorder Spielerin aufkommen würden.Foto 3 und 4 Bälle, die seitlich ver-setzt aufgeschlagen werden. Ent-sprechend zeigen 5 und 6 Lösungenfür Bälle seitlich und vor die An-nahmespielerin, 7 und 8 seitlich undgleichzeitig lang geschlagen.

Innenseite lang: Beinachse öffnen! Lang und seitlich: Hüfte öffnen! Notball!

Seitlich: langer Ausfallschritt! Lockere Startposition – dann auflösen! Solange möglich: Körper verschieben!

Innenseite kurz: Mehr Hüftdrehung! Frontal: Spielbrett ausrichten! Kurz, seitlich: Außenbein vor, wenn nötig!

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Jan-Philipp Marks demonstriertebenso unterschiedlichen Lösun-gen. Entscheidend ist auch hier dieSpielbrettstellung, um das herumder Körper „modelliert” wird. Wich-tig ist die Ausrichtung im WinkelRichtung der Position II. Daher mussdie Schulterachse stets mit bewegtwerden. Teilweise wird die Bewe-gung auch auf die Hüft- undBeinachse übertragen. Eine guteBeweglichkeit in der Hüfte ist Vor-aussetzung für einen guten Annah-mespieler, wie bei der seitlichen Annahme (3 und 4) gut zu sehen ist.

jetzt SC Potsdam) und Söhnke Hinz (rechts, mit Jan-PhilippMarks, VCO Berlin) sind nahezu gleich. Einziger Unterschied:Bei Frauen können seitliche Bälle länger ausgelaufen werden,weshalb die Spielstellung öfter der Grundposition gleicht.

Schwerer Ball: weit aufdrehen! Seitlich lang: Außenbein nach hinten!

Seitlich: weiter Ausfallschritt! Lockere Startposition – dann auflösen! Auch Außenseite: weiter Ausfallschritt!

Das Spielbrett ist über dem Knie! Frontal: Spielbrett ausrichten! Ball kurz: Außenfuß nach vorn!

UNTERES ZUSPIEL

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Das Grundprinzip des Unteren Zuspiels: Aus entspannter Aus-gangslage auf Position V oder VI nehmen die Spieler Richtung IIan, auf diese Position ist das Spielbrett ausgerichtet. Die Tech-nikvorstellungen von Han Abbing (links, mit Frauke Formazin,

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Technik

klar festgelegte Richtung wieder abprallen.Die Vorstellung von einem Brett hilft Kin-dern, das Prinzip zu verstehen. Dabei kannleicht deutlich gemacht werden, wie wichtigdie Stellung der Arme ist. Ein zusätzlicherAspekt liegt im Zeitpunkt der Aktion. Waszählt, ist nicht die Stellung des Spielbrettesvor oder nach, sondern zum exakten Zeit-punkt des Ballkontakts. Dieses Prinzip funk-tioniert jedoch nur, wenn man tatsächlichvon einem Brett sprechen kann, mit dem derBall weitergeleitet wird.Verhalten sich die Unterarme während desBallkontakts durch eine weiche Gelenkstel-lung eher wie ein „Spielschaumstoff”,wären kompliziertere Gesetzmäßigkeiten zubeachten, die das erfolgreiche Spielen desBalles wesentlich erschweren. Die kontrol-

lierte Stabilität der Unterarme beim Ballkon-takt ist entscheidend. Warum kontrolliert?Das wird im Abschnitt beschrieben, der sichmit der Impulssteuerung beschäftigt. Bleibt die Frage nach der Fixierung des Spiel-bretts. Auf der einen Seite durch die Schul-tern, die über die richtige Anspannung derumliegenden Muskelpartien Stabilität ge-ben. Und auf der anderen Seite benötigendie Hände einen Handschluss. Der muss einerseits Stabilität gewährleisten, anderer-seits in sehr kurzer Zeit durchführbar sein.Dabei scheint die beste Lösung zu sein, dasseine Handfläche in die andere Handflächegelegt wird, wobei einzelne Finger für dieStabilität sorgen. Im Detail gibt es dafürmehrere Lösungen. Interessant ist der Effekt, der dabei erreichtwird. Je nachdem, wie die Handflächen in-einander fallen, zeigen unterschiedlicheTeile der Unterarme nach oben und bildenso das Spielbrett. Hier gibt es sehr indivi-duelle Bedingungen. Das Spielbrett solltemöglichst groß und plan sein und gleich-zeitig einen schnellen Handschluss ermög-lichen. Die Schulterbeweglichkeit, Form derUnterarme und das Streckverhalten im Ellenbogengelenk spielen eine Rolle. Hier istder Trainer gefragt. Er muss den Spielernhelfen, verschiedene Möglichkeiten desHandschlusses auszuprobieren, um für je-den Spieler die jeweils beste Lösung zu fin-den. Auf Seite 23 unten sind individuelle Lösungen zu sehen.

Impuls-Steuerung: Feingefühl gefragtDie zweite Komponente bestimmt zwarnicht mehr die Richtung des abfliegendenBalles, wohl aber seine Geschwindigkeit unddamit die Flugbahn. Auch hier gibt es wiedernur genau einen Impuls, der passt, damitder Ball die gewünschte Flugkurve nimmtund auf der richtigen Position landet. Diese

feine Dosierung muss von den Spielern auchsehr fein gesteuert werden. Schon dadurchergibt sich, dass eine komplette Impuls-steuerung durch die Beine nicht sinnvoll ist.Schließlich müsste der Impuls senkrecht zurStellung des Spielbrettes wirken. Und eineBewegung dorthin (aktiv wie negativ) istausschließlich aus den Beinen heraus nichtumsetzbar. Je schneller der Ball ankommt,desto schwieriger würde die Steuerung.Dasselbe gilt, wenn der Ball bei einem Flatteraufschlag schwer einzuschätzen ist.Daher muss diese Impulsgebung auch aufden Bereich der Schultern übergehen, wobeidas perfekte Zusammenspiel aus den betei-ligten Gelenken (vor allem Ellenbogen undSchulter) die Hauptrolle spielt. Hier zeigen sich in der Ausführung zwei unterschiedliche Situationen: Annahme vonSprungaufschlägen – also Bällen mit sehrviel Eigenimpuls: Das Spielbrett wird in denrichtigen Winkel gebracht, der Körper fun-giert als Widerstand und die Feindosierungerfolgt rein aus den Schultern und Ellen-bogen heraus. Die verschiedenen Variantenhierzu demonstriert Jan-Philipp Marks, derfür den Schweriner SC und den VC OlympiaBerlin spielt, auf dem Technikposter rechts.Die zweite Situation ist die Annahme vonBällen mit weniger Eigenimpuls, oftmals beiFlatteraufschlägen: Hier muss vom Spiel-brett ein Impuls auf den Ball übertragenwerden. Das heißt: Es kommt zu einer Bewe-gung gegen den Ball, die ursächlich aus denArmen heraus vollzogen wird. Dabei ist eineharmonische Impulskette über den gesam-ten Körper hinweg sinnvoll. Diese Bewe-gungskette wird durch die Öffnung des hin-teren – meist linken – Beines ermöglicht.Frauke Formazin (SC Potsdam, vormals VCOlympia Berlin) demonstriert diese Bewe-gungsform auf dem Technikposter, wobeiNachwuchs-Bundestrainer Han Abbing viel

Han Abbing: „Wenn der Ball weiter aufdie rechte Seite einer Spielerin fliegt,muss die nebenstehende Spielerin diesenBereich übernehmen. Lediglich auf derPosition I gibt es einen Korridor auf derrechten Körperseite, der gespielt werdenmuss.”

Söhnke Hinz: „Im Männerbereich ist diesetaktische Lösung durch die Geschwindigkeitder Sprungaufschläge kaum vorstellbar. Der Bereich auf der linken Seite würde vielzu groß. Wir müssen daran arbeiten, dassdie Spieler für beide Seiten rund um ihre Kör per achse Lösungen finden.”

Die unterschiedlichen Ansätze zur Technikausführung der Nachwuchs-Bundestrainer

Der richtige Impuls: So werden die Arme beim Unteren Zuspiel geführt

Stefan Bräuer: „Gerade in der Grund-ausbildung müssen alle Spieler Lösungenfinden, die beidseitig sind. Eine Spezia -lisierung, wie sie auf dem Poster gezeigtwird, kann erst erfolgen, wenn die Spielerin der Lage sind, auch wirklich beidseitigsicher und variabel zu spielen.”

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Technik

Wert darauf legt, die rechte Schulter vorn zuhalten und links von der Körperachse zuspielen, solange es möglich ist. Beide Spie-ler demonstrieren die Technik, indem sie aufder Position V stehen und den Ball in Rich-tung Position II oder III annehmen. Dabeiist gut zu erkennen, wie das Spielbrett in ei-nem deutlichen Winkel angestellt wird. Dieäußere Schulter muss höher sein als die in-nere, der Schultergürtel und die Hüfte neh-men die Bewegung auf und verleihen Stabi-lität. Die Beine wiederum ermöglichen so-wohl Bewegungsfreiheit als auch Stabilität.Dass gerade Kinder und Jugendliche einengrößeren Teil des Impulses aus den Beinenholen – und dies auch dürfen – liegt an meh-reren Gründen: Die kleinen Hebelverhältnis-

se in Verbindung zum dann relativ deutlichschwereren Ball sowie die entwicklungs -bedingt noch schwierige muskuläre Steue-rung aus der Schulter geben dem Bein -impuls eine größere Bedeutung. Darüberhinaus kommt der Ball im Kinderbereichnormalerweise in einer ruhigen, berechen-baren Flugbahn auf den Spieler zu, der spä-ter typische Zeitdruck spielt keine großeRolle. Dennoch hat der Trainer schon jetztdie wichtige Aufgabe, die richtigen Techni-ken für die spätere Notwendigkeit vorzube-reiten.Damit rückt neben der eigentlichen Stellungdes Spielbrettes schon früh auch die genaueDosierung der Impulssteuerung in den Mit-telpunkt des Trainings. Das feine Spiel mitdem Brett will gelernt und vor allem in im-mer wieder neuen Situationen erlebt undausprobiert werden.

Und wie wird trainiert?Han Abbing und Söhnke Hinz haben zu ver-schiedenen Teilaspekten des Techniktrai-nings für das Untere Zuspiel einen Praxisteilentworfen. Schwerpunkt ist dabei weder die Umsetzung mit Gruppen von zwei, vier,sechs oder zwölf Spielern noch die Einbin-dung innerhalb der Trainingseinheit. Viel-mehr werden Ideen vorgestellt, wie die un-terschiedlichen Teil aspekte der Bewegungerarbeitet werden können. Bei allen Übungs-formen gilt, dass sie im Sinne des Technik -erwerbstrainings dann eingesetzt werdensollten, wenn die Spieler noch in erholtemZustand sind. Erst wenn die Übungen sitzen, sollten sieunter mehr Zeitdruck oder auch in ermüde-tem Zustand durchgeführt werden. Abbingstellt auf der folgenden Seite Trainingsideenvor, mit denen die Stellung des Spielbrettstrainiert werden kann. Praxisseiten von Hinzund Bräuer gibt es im nächsten Heft. �

Lange Jahre wurde beim Erlernen des Unteren Zuspiels die Langbank eingesetzt(siehe Foto oben). Dabei entstehen zweiProbleme, die diese Übung in die Kate-gorie Bitte nicht verwenden! verbannen:Zum einen wird mit dieser Übung die Ideeverbunden, das Spielbrett mitsamt den

Schultern zu fixieren. Damit wird genau derTeil der differenzierten Impulssteuerung ausden Schultern verhindert, der wichtig ist.Darüberhinaus stimmt auch die Bewegungs-richtung nicht, denn ein Aufstehen ist ja nurdann sinnvoll, wenn der Ball genau von obenkommt und auch dahin zurück soll. Das

kommt jedoch in der Praxis nicht vor. Vondaher führt dieser Zugang in eine Bewe-gungssackgasse. Spätestens, wenn siemit schnell anfliegenden Bällen konfron-tiert werden, bekommen die Kinder Pro-bleme, die sich noch verstärken, wennFlatterbälle geschlagen werden.

Warnung: Bitte diese Übung nicht bei der Technikvermittlung anwenden

Lernsätze

Der Ball fliegt in langsamer Flug-kurve (im Bogen) auf den Spieler zu� viel Impulsgebung notwendig

Der Ball fliegt sehr scharf (fast linear) auf den Spieler zu� extrem wenig Impuls notwendig,

möglicherweise ist sogar ein Negativimpuls nötig

Der Zielpunkt ist weit entfernt� mehr Impulsgebung notwendig

Der Zielpunkt ist sehr nah� wenig Impulsgebung notwendig

Perfekte Technik: Besser

kann ein Spielbrett nicht geformt werden

Nicht nachmachen: Baggern lernt man

nicht aus dem Sitzen (siehe Kasten)

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Ausrichtung des Spielbrettsvon Han Abbing

Um die Ausrichtung des Spielbrettes zu trai-nieren, schlage ich einige Übungen vor, diemeinen Spielerinnen immer gut geholfen haben. Beim Unteren Zuspiel sind viele Kom-ponenten wie Beinarbeit, Beweglichkeit etc.wichtig. Von elementarer Bedeutung für die

richtige Ausrichtung des Spielbretts ist meiner Überzeugung nach die Stellung derSchulter. Ein Aspekt meines Trainings ist,dass wir das Ziel immer wieder verändern, sodass sich die Spielerinnen ständig neu aufdas Ziel ausrichten müssen.

Die Schwimm-Nudel

Jeder hat bestimmt schon einmal in einem Schwimmbaddie farbigen Nudeln ausSchaumstoff gesehen, mit denendie Kinder im Wasser spielen.Sie eignen sich sehr gut, um amSpielbrett für das Untere Zuspielzu arbeiten. Ein Spieler klemmtsich die Schaumstoffrolle vordem Körper unter die beidenAchseln. Damit wird erreicht,dass der Spieler während der Aktion einen großen Armwinkeleinhalten muss. Der Ball ist beieinem Mitspieler. Der schlägt ihnpräzise auf seinen Partner,

der ihn zurückbaggert. Dabei ist der Übende zwar in seinerSchulterbeweglichkeit eingeschränkt. Dennoch ist die Übung sinnvoll, weil derSpieler seinen Körper sehr gutpositionieren muss. Zudem wirder gezwungen, das rechte Beinsauber nach vorn bringen, um den Ball exakt spielen zukönnen. Schließlich ist dasSpielbrett ohne eine geöffneteHüftstellung nicht mehr gutauszurichten.

A

1

2

AT

Knee drop

Die Spieler stehen etwa vier Meter vor dem Netz und wartenauf den Ball. Der Trainer spielt – auf der anderen Netzseite stehend – den Ball in kurzerFlugbahn hinter das Netz. Die Spielerinnen müssen diesenBall erlaufen und ausschließlichaus den Armen zur Zuspiel-Position spielen. Dabei verlangeich, dass sie vor dem Ballkontaktmit dem linken Bein droppen, also den Boden berühren unddas Knie auch dort lassen. DasZiel dieser Übung ist es, dass dieSpieler lernen sollen, aus zwei,

drei kleinen Schritten dieVorwärtsbewegung abzustoppen und in die Tiefe zu gehen. Das nach unten gesenkte Knie zwingt sie, dieSpiel position exakt einzuneh-men. Zudem kann der Balldurch die Fixierung des Körpersam Boden sehr gefühlvoll ausden Armen gespielt werden. Die Spieler können sehr gut das Gefühl für die Bewegung erar-beiten. Solche Bälle sind imSpiel besonders wichtig.

Ball ablegen

Der übende Spieler hält einenBall in beiden Händen und wartet in Bereitschaftsstellungauf einen Ball, der von einemPartner auf ihn geschlagen wird.Seine erste Aufgabe ist es, dieFlugbahn des Balles möglichstfrüh zu antizipieren und sich mitkurzen, schnellen Schritten zurAnnahmeposition zu bewegen.Kurz bevor er den Ball im Unteren Zuspiel zu seinem Partner zurückspielen will, legt(nicht wirft!) der Spieler den Ballunter dem äußeren Knie auf demBoden ab und spielt ihn danach.

Das Ziel dieser Übung ist es,neben der Schulung der koordi-nativen Fähigkeiten, den Spielerdazu zu zwingen, den Ball sehrtief zu spielen (d.h. den Körper-schwerpunkt abzusenken). Zu-dem müssen die Arme von un-ten gegen den Ball spielen. Ein aktives Spielen des Spielbrettesnach vorn oben ist bei dieserÜbung notwendig. Durch denZeitdruck müssen die Spielerbesonders sauber mit den Beinen arbeiten.

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