Grundpraktikum Physik für Pharmazeuten/innen · 1.2 Darstellung von Messergebnissen Bei der...

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Grundpraktikum Physik für Pharmazeuten/innen WS 2012/2013 Fachrichtungen der Physik UNIVERSITÄT DES SAARLANDES Grundpraktikum Physik: http://grundpraktikum.physik.uni-saarland.de/ Kontaktadressen der Praktikumsleiter: PD Dr. Manfred Deicher Zimmer: 1.11, Gebäude E 2.6 e-mail: [email protected] Telefon: 0681/302-58198 Dr. Herbert Wolf Zimmer: 1.13, Gebäude E2.6 e-mail: [email protected] Telefon: 0681/302-2038

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Grundpraktikum Physik für Pharmazeuten/innen

WS 2012/2013

Fachrichtungen der Physik UNIVERSITÄT DES SAARLANDES

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Inhalt

• Fehlerrechnung

• Akustik

• Gleichstrom

• Spezifische Wärmekapazität

• Photometrische Analyse

• Radioaktivität

Physikalisches Grundpraktikum

Fehlerrechnung

Fachrichtungen der Physik

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UNIVERSITÄT DES SAARLANDES

Version 3 (3/2010)

2 Fehlerrechnung

1. Grundlagen

1.1 Einleitung

Im Rahmen des Grundpraktikums soll der Studierende das Experimentieren erlernen. Dazu gehört das Kennenlernen der Messtechnik und der Technik des Messens, aber auch das Erler-nen der Bewertung eines Messergebnisses. Denn um aus den Ergebnissen eines Experimentes schließen zu können, ob ein theoretisches Modell gültig ist oder nicht, muss die Qualität und Aussagekraft der Messung bekannt sein. Alle Messungen, wie sorgfältig sie auch geplant und durchgeführt werden, unterliegen Messunsicherheiten. Diese zu untersuchen, ihre Größe und Ursachen zu bestimmen, sind Gegenstand der Fehleranalyse.

Die Angabe eines Messwertes allein reicht nicht aus. Die Angabe der Messunsicherheit ist unbedingt notwendig, um auf die Aussagekraft der Messung zu schließen. Vereinfacht gilt:

Die Messung einer physikalischen Größe ohne Angabe der Messunsicherheit ist wertlos.

Grobe Fehler und Irrtümer, z.B. falsche Bedienung der Messapparatur, falsche Protokollie-rung von Messdaten oder Programmfehler in Auswerteprogrammen, werden nicht als Mess-unsicherheiten betrachtet. In diesem Fall sind die Messungen oder die Auswertung falsch und müssen wiederholt werden. Das Vorhandensein grober Fehler erkennt man nur durch kriti-sches Überprüfen und Kontrollieren der Messergebnisse.

Eine physikalische Größe wird durch Zahlenwert und Maßeinheit beschrieben. Jede physika-lische Größe lässt sich experimentell nur näherungsweise bestimmen. Die Zahlenwerte liegen innerhalb eines von dem Messverfahren abhängigen Fehlerintervalles, das gesondert abge-schätzt werden muss. Die Schwankungen können ihre Ursache in der Messgröße oder in der Messapparatur haben. Die mathematische Formulierung physikalischer Gesetzmäßigkeiten ist daher nur als ein Grenzfall verschwindend kleiner Fehlerbereiche anzusehen.

Zwei unbedingt zu unterscheidende Begriffe beim Bewerten von Messergebnissen sind Präzi-sion und Genauigkeit. Die Präzision beschreibt, wie gut eine Messung durchgeführt wurde, d.h. wie reproduzierbar der Messwert ist, die Genauigkeit gibt dagegen an, wie nahe der Messwert dem „wahren“ Wert ist. Durch eine falsche Anlage des Experiments oder ein defek-tes Messgerät kann mit hoher Präzision ein völlig unsinniger Messwert bestimmt werden. Man muss bei einer Messung sowohl nach Präzision als auch nach Genauigkeit streben.

Diese beiden Eigenschaften werden durch zwei unterschiedliche Arten von Messabweichun-gen oder Fehlern bestimmt: Systematische und zufällige (statistische) Fehler. Die Grenze zwi-schen beiden ist nicht immer eindeutig zu ziehen. Die systematischen Fehler werden z.B. durch Ungenauigkeit der Eichung eines Messgerätes und der Anzeige des Gerätes infolge von fehlerhafter Funktion verursacht. Sie sind oft dadurch gekennzeichnet, dass sie den Messwert meist stes in eine Richtung verfälschen. (Beispiel: der verbogene Zeiger eines Messgerätes).

Systematische Fehler erkennt man durch geeignete Kontrollmessungen der Messapparatur an bekannten Messobjekten, d.h. durch Eichung des Messgerätes. Obwohl die systematischen Fehler ebenso wichtig sind wie die zufälligen, spielen letztere bei der üblichen Fehlerabschät-zung eine größere Rolle. Das liegt u.a. daran, dass sie durch eine einfache Statistik leicht zu erkennen und abzuschätzen sind und ohne Änderung der Messapparatur auch meist durch Wiederholung des Messvorganges verringert werden können. Zufällige Fehler können ein Messergebnis mit ähnlicher Wahrscheinlichkeit zu höheren oder zu niedrigeren Werten hin verfälschen. Diese Symmetrie unterscheidet sie von den systematischen Fehlern. Beispiele für Ursachen zufälliger Fehler sind ein schwankender Zeigerausschlag oder das Abschätzen von Zwischenwerten auf einer Skala. Die im folgenden angegebenen Methoden der Fehlerab-schätzung beschränken sich auf den Anteil der zufälligen Fehler am Gesamtfehler. Allerdings

Fehlerrechnung 3

muss die Möglichkeit systematischer Fehler, die die zufälligen Fehler überwiegen könnten, immer bei der Auswertung einer Messung berücksichtigt werden.

1.2 Darstellung von Messergebnissen

Bei der Messung einer physikalischen Größe wird experimentell für diese Größe die Maßzahl zu einer gegebenen Einheit zu ermitteln. Eine korrekte Angabe von Messergebnissen beinhal-tet daher Messwert, Messunsicherheit (Fehler) und Maßeinheit. Benutzt man die absolute Messunsicherheit, so gibt man den besten Schätzwert (Bestwert) der Messgröße und ihre Un-sicherheit an:

Messwert = (Bestwert ± Unsicherheit) [Maßeinheit]

Die Angabe der Unsicherheit zeigt zwar die Zuverlässigkeit des Messergebnisses an, doch lässt sich die Qualität der Messung schneller an dem Quotienten aus Unsicherheit und Best-wert, der relativen Messunsicherheit, erkennen:

Messwert = (Bestwert) [Maßeinheit] ± (Unsicherheit/Bestwert) [%]

Für die Angabe der Messunsicherheit wird die Messunsicherheit auf eine signifikante Stelle gerundet. Für die Angabe des Messwertes soll die letzte signifikante Stelle dieselbe Größen-ordnung besitzen wie die Messunsicherheit.

Beispiel: Eine Messung der Erdbeschleunigung liefert das rechnerische Ergebnis 9,8243 m/s2 und die Berechnung der Messunsicherheit ergibt ± 0,02385 m/s2. Dann wird das Ergebnis für die Messunsicherheit auf ± 0,02 m/s2 gerundet. Für das Beispiel bedeutet dies:

g = (9,82 ± 0,02) m/s2

Wäre die Messunsicherheit 0,2 m/s2, so lautete die sinnvolle Angabe des Messergebnisses

g = (9,8 ± 0,2) m/s2

Werden allerdings Messwerte benützt, um die gesuchte Größe zu berechnen, so müssen min-destens zwei signifikante Stellen der Messunsicherheit mitgeführt werden, um Rundungsfeh-ler möglichst klein zu halten.

2. Messfehler der Einzelgröße 2.1 Mittelwert

Zur Verkleinerung des Anteils der zufälligen Fehler am Gesamtfehler misst man dieselbe Größe x mehrfach unter unveränderten Versuchsbedingungen. Aus n Einzelmessungen xi be-stimmt man den Mittelwert x durch arithmetische Mittelung:

1

1 n

ii

x xn =

= ∑ (1)

Die Mittelwertbildung führt zu einer genaueren Aussage als der Einzelmesswert, da sich die Schwankungen der Messgröße, soweit es sich um zufällige Fehler handelt, teilweise kompen-sieren. Systematische Fehler werden dagegen durch eine Mittelwertbildung nicht verringert, da sie jeden Einzelmesswert normalerweise in derselben Richtung verfälschen. Zu unterschei-den ist der Mittelwert vom „wahren Wert“ (bezüglich der zufälligen Fehler). Beide werden erst dann übereinstimmen, wenn die Zahl n gegen Unendlich geht.

Der arithmetische Mittelwert x ergibt sich aus der Forderung, dass die Summe der Quadrate aller Abweichungen der Einzelmesswerte xi vom Mittelwert minimal sein soll:

4 Fehlerrechnung

2

1( ) Minimum

n

ii

f x x=

= −∑ (2)

Fassen wir f als Funktion von x auf, so ist das Minimum durch die Nullstelle der ersten Ab-leitung gegeben

1

2 ( ) 0n

ii

df x xdx =

= − − =∑ (3)

und daraus folgt

1 1

1n n

i ii i

nx x x xn= =

= ⇒ =∑ ∑

2.2 Gauß-Fehler der Einzelmessung

Das Ausgleichsprinzip, das auf das arithmetische Mittel führt, nennt man Gaußsches Aus-gleichsprinzip oder die Methode der kleinsten Quadrate. Bei dieser Methode wird das Mini-mum von Gl. (2) als Maß für die Schwankung der xi um den Mittelwert, d.h. für den Fehler genommen. Freilich wächst das Minimum mit wachsender Zahl von Messungen, daher muss man durch die Zahl der Messungen dividieren, genauer durch die Zahl der Kontrollmessun-gen, denn nur diese können eine Aussage über den Fehler geben. Ist der wahre Wert bereits vor der Messung bekannt (z.B. die Winkelsumme in einem Dreieck), so stellen alle n Mes-sungen Kontrollmessungen dar. Häufig aber ist der wahre Wert unbekannt, so dass von den n Messungen nur n-1 Kontrollmessungen sind. Damit das Fehlermaß von der Dimension der Messgröße ist, muss noch die Wurzel gezogen werden, und wir erhalten

2

1

( )1

ni

Gi

x xxn=

−∆ =

−∑ (4)

Dieser Fehler trägt die Bezeichnung „mittlerer Fehler der Einzelmessung“, „Gaußscher Fehler der Einzelmessung“ oder „Standardabweichung“. Er ist ein Maß für die Streuung der Einzel-werte um den Mittelwert, wobei die Unsicherheit des Mittelwertes, d.h. dessen mögliche Ab-weichung vom wahren Wert durch die Division durch n-1 statt durch n mitberücksichtigt ist. Das Quadrat des Fehlers wird auch „Varianz“ genannt.

In der Statistik bezeichnet man die Gesamtheit aller unter gleichen Bedingungen aufgenom-menen Messungen als Grundgesamtheit, die durch eine Grenzverteilung beschrieben wird. Da die dazu erforderliche Datenmenge unendlich groß ist, kann man nie eine Realisierung der Grenzverteilung erreichen, sondern man muss sie durch eine Stichprobe vom Umfang n annä-hern.

Unterschiedliche Messgrößen haben oft auch unterschiedliche Grenzverteilungen. So werden z.B. Messungen, die vielen kleinen und zufälligen Abweichungen unterliegen, durch eine Gauß- oder Normalverteilung beschrieben. Andere Beispiele für physikalische Verteilungen sind in der Theorie der Wärme die Maxwellsche Geschwindigkeitsverteilung oder beim Zäh-len von Ereignissen aus dem radioaktiven Zerfall die Poissonverteilung.

Folgt die Verteilung der Messwerte um den Mittelwert herum einer Gaußschen Normalvertei-lung (s. Bild des 10 DM-Scheins auf der Titelseite), so gibt der Fehler ∆xG den Abstand ihrer Wendepunkte vom Mittelwert an, und im Fehlerintervall befinden sich 68% aller gemessenen Einzelwerte. Die Breite der Gauß-Verteilung entspricht der Standardabweichung. Liegt keine

Fehlerrechnung 5

Gauß-Verteilung vor, so lässt sich ein genauer Zahlenwert für die Wahrscheinlichkeit, dass ein weiterer zu messender Wert in das Fehlerintervall fällt, nicht genau angeben. Man kann aber sagen, dass er mit überwiegender Wahrscheinlichkeit in dieses Intervall fallen wird.

Mit dem Mittelwert x und dem Fehler ∆xG wird das Ergebnis einer Messung angegeben in der Form:

Gx x x= ± ∆ (5)

2.3 Durchschnittlicher Fehler

Häufig wird auch ein anderes Streumaß verwendet, die durchschnittliche absolute Abwei-chung der Einzelergebnisse vom Mittelwert

1

1 n

d ii

x x xn =

∆ = | − |∑ (6)

Obwohl er vom statistischen Standpunkt aus eine etwas unsaubere Definition darstellt, ist sein Gebrauch weit verbreitet.

2.4 Gaußscher Fehler des Mittelwertes

Meist interessiert nicht so sehr die Streuung der xi um x , sondern die Zuverlässigkeit des aus der Messreihe als Bestwert gefundenen Mittelwertes, d.h. dessen Fehler bezüglich des wahren Wertes, der bei n →∞ erreicht wird. In der Gaußschen Fehlertheorie ergibt sich dieser ‚mitt-lere Fehler des Mittelwertes‘ oder „Gaußsche Fehler des Mittelwertes“ zu

2

1( )

( 1)

n

ii

G

x xx

n nδ =

−=

∑ (7)

Er sagt aus, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit der wahre Wert der Messgröße xw innerhalb des Intervalls

G w Gx x x x xδ δ− ≤ ≤ +

liegt.

2.5 Absoluter und relativer Fehler

Die bisher besprochenen Fehler sind absolute Fehler. Damit bezeichnet man das Fehlerinter-vall der Messgröße. Absolutfehler der Größe und die Größe selbst haben dieselbe Maßeinheit. Dividiert man den Absolutfehler durch den Absolutbetrag des Mittelwertes der Messgröße, so erhält man den relativen Fehler; er ist dimensionslos und wird häufig in Prozent angegeben.

2.6 Größenordnungsmäßige Angabe von Messfehlern

Zur exakten Angabe eines Messergebnisses muss der Fehler hinzugefügt werden. Dabei ist es sinnlos, das Messergebnis oder dessen Fehler mit einer übermäßigen Stellenzahl anzugeben. Messfehler rundet man, da sie im allgemeinen nur grobe Wahrscheinlichkeitsaussagen dar-stellen, auf ein oder zwei Stellen ab. Das Messergebnis soll dann so viele Stellen enthalten, dass in der letzten (bzw. den letzten beiden) der Fehler liegt, die übrigen aber als zuverlässig anzusehen sind. Entsprechendes gilt für mittelbare Resultate, die man durch Rechnung aus verschiedenen Messwerten erhält. Eine, nur durch die Rechnung bedingte, zu große Stellen-

6 Fehlerrechnung

zahl ist gemäß dem Gesamtfehler des mittelbaren Resultates abzurunden. Bei geringeren An-forderungen an die Genauigkeit von Messungen genügt es oft zu wissen, in welcher Dezimal-stelle der Maßzahl der Fehler liegt, ohne dessen genaue Größe zu kennen. Für diesen Fall ist man übereingekommen, Messergebnisse in Dezimalzahlen so anzugeben, dass die vorletzte Ziffer noch zuverlässig ist, und in der letzten der Fehler liegt. Eine an letzter Stelle stehende Null muss dann mit angeschrieben werden; würde man sie fortlassen, so würde dies einen um eine Zehnerpotenz zu großen Fehler vortäuschen.

3. Fehlerfortpflanzung Die bisher angegebenen Fehler charakterisieren die Streuung einer direkt gemessenen Größe. Häufig ist man aber an einer mittelbaren Größe Z(x,y,z,…) interessiert, die sich über eine Formel aus verschiedenen Messwerten x, y, z, … ergibt. Infolge der Fehler der direkten Messwerte hat auch Z einen Fehlerbereich. Als Fehlerfortpflanzung bezeichnet man die Aus-wirkung der Einzelfehler δx, δy, usw. auf Z. Je nach Art der Funktion Z kann diese Auswir-kung völlig unterschiedlich sein, z.B. kann ein winziger Fehler δx einen gewaltigen Fehler für Z bedingen. Daher ist es angebracht, die Fehlerfortpflanzung schon vor der Messung der Ein-zelgrößen abzuschätzen, um zu wissen, welche Messungen besonders sorgfältig durchgeführt werden müssen und bei welchen ein großer Messaufwand überflüssig ist.

Zur Herleitung des Fehlerfortpflanzungsgesetzes wollen wir uns der Einfachheit halber auf eine Funktion Z = Z(x,y) mit 2 Messgrößen x und y beschränken. Setzen wir einmal die Mit-telwerte x , y und dann die Werte ,x x y yδ δ+ + in Z ein, so gibt uns der Unterschied der zugehörigen Z-Werte die Auswirkung der Fehler δx und δy auf Z. Allgemein erhält man den Wert ( )Z x x y y+ ∆ , + ∆ einer (vernünftigen) Funktion Z, indem man Z in eine Taylor-Reihe um Z(x,y) herum entwickelt:

2 2

22( ) ( ) Z Z Z ZZ x x y y Z x y x y x x y

x y x x y∂ ∂ ∂ ∂

+ ∆ , + ∆ = , + ∆ + ∆ + ∆ + ∆ ∆ + ...∂ ∂ ∂ ∂ ∂

(8)

Sofern die höheren Reihenglieder rasch kleiner werden, kann man diese Reihe nach den linea-ren Gliedern abbrechen, und wir erhalten für die Differenz der Z-Werte

( ) ( ) Z ZZ x x y y Z x y x yx y

∂ ∂+ ∆ , + ∆ − , ≅ ∆ + ∆

∂ ∂ (9)

Für die Größen x und y können wir nun die Mittelwerte x und y wählen und für die Größen ∆x und ∆y die Fehler der Mittelwerte δx und δy einsetzen.

Zur Berechnung der oberen Grenze des Schwankungsintervalls von Z bei Schwankungen von x und y innerhalb ihrer Fehlerintervalle müssen wir den pessimistischen Fall annehmen, dass die Beiträge aller Einzelfehler dasselbe Vorzeichen haben, d.h. wir nehmen die Absolutbeträge der Einzelfehler. Die Summe dieser Absolutbeträge liefert dann den Fehler von Z, der konsequenterweise als der absolute Größtfehler bezeichnet wird. Die Vorschrift zur Bildung von ∆Z heißt Fehlerfortpflanzungsgesetz:

Z ZZ x yx yδ δ∂ ∂

∆ ≤ +∂ ∂

(10)

Dabei bedeuten Z x∂ ∂ und Z y∂ ∂ die partiellen Ableitungen. Eine partielle Ableitung einer Funktion f von n Variablen wird gebildet, indem man n-1 Variablen als Konstante ansieht.

Fehlerrechnung 7

Dadurch wird f eine Funktion nur einer Variablen und nach dieser wird dann entsprechend den Regeln für Funktionen einer Variablen differenziert.

Wenn die Fehler unendlich klein werden, so stellt Gl. (9) das totale Differential der Funktion Z dar. Man kann also das Fehlerfortpflanzungsgesetz auch dadurch herleiten, dass man in der Formel für das totale Differential einer Funktion die Differentiale der Variablen durch die endlich großen Fehlerintervalle ersetzt. Dieser Näherungsschritt ist erlaubt, da es sich bei der Fehlerrechnung im allgemeinen nur um grobe Wahrscheinlichkeitsaussagen handelt.

Wir haben Gl. (10) für eine Funktion von 2 Variablen angegeben. Entsprechend kann man den Größtfehler einer Funktion f von n Variablen y1,…,yn angeben:

1

n

ii i

ff yyδ

=

∂∆ ≤

∂∑ (11)

Dieser Fehler hat Ähnlichkeit mit dem durchschnittlichen Fehler der Einzelmessung, man addiert Absolutbeträge. In der Gaußschen Fehlertheorie tritt an dessen Stelle wieder die Wur-zel aus der Summe der Quadrate. Das Gaußsche Fehlerfortpflanzungsgesetz lautet

2

1

n

G ii i

ff yyδ

=

∂∆ =

∂∑ (12)

Für einige häufig auftretende Typen von Funktionen lässt sich das Fehlerfortpflanzungsgesetz Gl. (10) vereinfachen.

a) Funktionen, die ausschließlich aus Summen und/oder Differenzen der Variablen beste-hen:

1 1 2 21

0n

n n i i ii

f a y a y a y a y a=

= + + ... + = ; ≠∑

Dann erhält man durch Differentiation den Fehler

1 11

n

n n i ii

f a y a y a yδ δ δ=

∆ ≤| | +...+ | |= | |∑ (13)

Regel: Der absolute Größtfehler ist gleich der Summe der Beträge der absoluten Einzel-fehler, multipliziert mit den Konstanten ai.

b) Funktionen, die ausschließlich aus Produkten und/oder Quotienten der Variablen yi mit beliebigen Potenzen mi bestehen:

1 21 2 0n im mm m

n i if Ay y y A y m= ... = ; ≠∏

Dann erhalten wir durch partielle Differentiation und Division durch den Funktionswert

11

11

nn i

n iin i

y yyf m m mf y y y

δ δδ=

∆≤ + ...+ =∑ (14)

8 Fehlerrechnung

Regel: Der relative Größtfehler ist gleich der Summe der Beträge der relativen Einzel-fehler, jeder multipliziert mit dem Exponenten der Variablen. Gl. (14) nennt an auch den Produktfehler.

Übrigens ist nicht festgelegt, wie die Fehler δyi für das Fehlerfortpflanzungsgesetz zu bilden sind; wir haben hier den mittleren Fehler des Mittelwertes gewählt.

4. Fehler einer Funktion Die angegebene Fehlerfortpflanzungs-Formel erlaubt, für einen mit vorgegebenen Zahlenwer-ten der Variablen berechneten Funktionswert den Fehler zu bestimmen. Dazu muss die Funk-tion bereits bekannt sein. Viele Experimente dienen jedoch dazu, die Funktion selbst erst zu finden. Dazu müssen nicht feste Werte der Variablen nachgemessen werden; es interessiert auch nicht der Fehler eines einzelnen Funktionswertes, sondern es stellt sich die Frage nach der aus den Messfehlern resultierenden Ungenauigkeit des funktionalen Zusammenhanges selbst. Einen funktionalen Zusammenhang misst man, indem man Variable schrittweise än-dert.

Abb. 1: Messpunkte mit Anpassung (rote Gerade) einer Bestgerade f(x) = a + bx nach der Methode der kleinsten Quadrate mit dem Programm Origin. Die Ergebnisse sind a = 0,25 ± 0,08 und b = 0,43 ± 0,01.

Am Beispiel einer Geraden f = a +bx soll der Fehler einer Funktion untersucht werden. Die Variable x wurde in vorgegebenen Schritten geändert, und die zugehörigen Funktionswerte f(x) wurden gemessen. Dabei sind xi mit einem Einstellfehler und die fi mit einem Messfehler beaufschlagt. In einer grafischen Darstellung (Abb. 1 und 2) erkennt man, dass die Punkte (x, f(x)) ungefähr einem linearen Zusammenhang gehorchen, wobei aber durch die Fehler beding-te Abweichungen auftreten. Gesucht werden nun die Bestwerte der Konstanten a und b der durch die Punkte verlaufenden Ausgleichsgeraden f = a +bx, sowie die Zuverlässigkeit der Konstanten, d.h. deren Fehlerintervall. Die exakte, allerdings aufwendige Methode ist, einen Ausgleich nach der Methode der kleinsten Quadrate vorzunehmen, d.h. die Gerade so zu be-stimmen (zu „fitten“), dass die Summe der Quadrate der Abweichungen vi aller Messpunkte von der Geraden ein Minimum wird. Diese Gerade nennt man dann „Bestgerade“. Als Maß

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 100

1

2

3

4

5Equation f(x) = a + bx

Value Standard Error

f(x)Intercept 0.251 0.07881Slope 0.42853 0.01388

f(x)

x

Fehlerrechnung 9

für den Fehler von a und b kann man den Verlauf des Minimums bei Variation von a und b um die Bestwerte herum heranziehen. Abb.1 zeigt eine solche Anpassung unter Benutzung des Programms Origin.

Es gibt jedoch eine grafische Methode (Abb. 2), die ohne PC auskommt, allerdings auch nur die Größenordnung der Fehler der Konstanten liefert.

Abb. 2: Messpunkte mit eingezeichneten Best- (rot) und Streugeraden (blau). Die Kon-struktion der Streugeraden erfolgte mit einem Hilfsrechteck (gestrichelte Linien).

Dazu zeichnet man die Bestgerade (auch Ausgleichsgerade genannt) nach Augenmaß durch die Messpunkte. Die Konstruktion der Bestgeraden stellt eine Mittelung der Messwerte dar, die mit geeigneten Hilfsmitteln (z.B. ein durchsichtiges Lineal) mit gutem Ergebnis durchge-führt werden kann. Aus zwei Punkten (x1, f(x1)) und (x2, f(x2)) auf der Bestgeraden bestimmt man die Konstanten a und b und damit die Geradengleichung der Bestgerade.

Zusätzlich zeichnet man - ebenfalls nach Augenmaß - zwei weitere Geraden, die Streugeraden oder Fehlergeraden. Diese sind dadurch gekennzeichnet, dass sie die Geraden maximaler und minimaler Steigung sind, die sich gerade noch mit den Messpunkten vereinbaren lassen (Abb. 2). Wesentlich ist, dass sich Streugeraden und Bestgerade in einem Punkt im Innern des Messintervalls schneiden. Ein Mittel zur Konstruktion der Streugeraden ist ein „Hilfsrecht-eck“. Dazu konstruiert man ein Rechteck, dessen Seiten parallel und etwa im gleichen Ab-stand zur Bestgeraden liegen. Das Rechteck sollte möglichst alle Messpunkte umschließen. Die Streugeraden sind dann die Diagonalen des Hilfsrechtecks.

Ein anderes Verfahren zur Bestimmung der Bestgeraden und der Streugeraden geht vom Schwerpunkt der Messwerte aus. Zunächst schätzt man die Lage des Schwerpunktes ab (z.B. nimmt man die Mittelwerte der xi und der yi) und markiert ihn in der Zeichnung. Dann sticht man einen Bleistift in den Schwerpunkt und legt das Lineal an die Bleistiftspitze. Nun dreht man das Lineal um die Bleistiftachse, bis die Datenpunkte beidseitig der Lineallinie statistisch gleichmäßig verteilt sind. Damit ist die Bestgerade festgelegt und wird eingezeichnet. Die erste Streugerade erhält man durch weiteres Drehen des Lineals bis auf der einen Seite der Drehachse alle Datenpunkte oberhalb und auf der anderen Seite unterhalb des Lineals liegen. Für die zweite Streugerade vertauscht man ‚oberhalb‘ und ‚unterhalb‘. Da der Schwerpunkt

f(x)

f(x )2

f(x )1

x1 x2 x

10 Fehlerrechnung

innerhalb des Datenbereichs liegt, kreuzen sich auch Bestgerade und Streugeraden innerhalb des Datenbereichs.

Nun kann man von den Streugeraden die Konstanten amax, bmax bzw. amin, bmin bestimmen und die Differenzen dieser Werte geben uns ein Maß für die Genauigkeit der Werte der Bestgera-den mit abest, bbest. Als Streumaße für die Konstanten der Bestgeraden führen wir ein:

2 2

max min max mina a b ba b− −∆ = ; ∆ = (15)

Der Faktor 1/2 ergibt sich daraus, dass die Fehler als ± halbe Fehlerintervallbreite angegeben werden. Dieses grafische Verfahren ist wegen der ziemlich willkürlichen Wahl der Streugera-den ziemlich ungenau, liefert aber die richtige Größenordnung des Anteils der zufälligen Feh-ler auf besonders einfache Weise.

Sein besonderer Wert liegt darin, dass man es auf andere Funktionstypen erweitern kann. Zwar lassen sich Best- und Streugeraden nur bei einer linearen Funktion zeichnen, man kann aber durch geeignete Variablentransformationen andere Funktionen, etwa Parabeln oder Ex-ponentialfunktionen in lineare Funktionen umformen. Will man überprüfen, inwieweit zwi-schen den Messgrößen y und x ein bestimmter, nicht linearer, analytischer Zusammenhang y = f(x) besteht, so muss man die Messgrößen so transformieren, das zwischen den transformier-ten Größen ( )X xϕ= und ( )Y yψ= ein linearer Zusammenhang besteht. Transformiert man die Messwerte in dieser Weise, so zeigt die Streuung der transformierten Größen X, Y um die Bestgerade, wie gut der Zusammenhang y = f(x) erfüllt ist. Dabei ist zu beachten, dass die Konstanten der Geraden und ihre Fehler in die Konstanten der ursprünglichen Funktion rück-transformiert werden müssen.

Beispiel: Die Exponentialfunktion y = AeBx wird durch folgende Variablentransformation in eine Gerade überführt:

X = x ; Y = ln y

Damit ergibt sich

ln( ) lnBxY Ae A BX a bX= = + = +

und a = ln A sowie b = B.

Um die zeitraubende Transformation der Messwerte zu ersparen, sind „Millimeterpapiere“ im Handel, deren Koordinaten bereits nach bestimmten mathematischen Funktionen transfor-miert sind. So gibt es für die Exponentialfunktion das Semilogarithmenpapier, dessen Abszis-se linear geteilt ist, die Ordinate aber so, dass die einzutragenden Werte an die ihren Loga-rithmen entsprechenden Stellen kommen. Man erspart sich so das Logarithmieren der Mess-werte; auf einem solchen Papier aufgezeichnet, ergibt eine Exponentialfunktion also eine Ge-rade.

Physikalisches Grundpraktikum

Akustik

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UNIVERSITÄT DES SAARLANDES

AK 2 Akustik

1. Stoffgebiet

• Transversale, longitudinale, stehende Wellen

• Interferenz

• Reflexionsgesetze

• Schallausbreitung in Gasen und Festkörpern

• Schallmessgrößen

• Eigenschwingungen von Stäben

• Elastizitätsmodul

• Ideale und reale Gase

• Adiabatische Zustandsänderungen

• Akustische Messungen

2. Literatur

• D. Meschede, Gerthsen Physik 23. Auflage (Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg 2006) Kap. 4.5

Version 2 (3/2009 MD

Akustik AK 3

3. Fragen

1. Geben Sie eine Definition einer Schwingung und einer Welle.

2. Zeichnen Sie die Phasendifferenz zwischen äußerer Erregung und Schwingung bei der erzwungenen Schwingung und den Amplitudenverlauf der Schwingung bei Fre-quenzen in der Umgebung der Resonanzfrequenz.

3. Was versteht man unter dem Polarisationszustand einer Welle?

4. Geben Sie die Gleichung für den Dopplereffekt bei kleiner Geschwindigkeit der Quelle an.

5. Geben Sie die Definition der folgenden Größen: (Maximal-) Amplitude, Frequenz und Wellenlänge einer Welle.

6. Geben Sie die Definition der folgenden Größen: (Momentan-) Phase einer Welle und Phasendifferenz zweier Wellen am Beispiel von ebenen Sinus-Wellen.

7. Was ist ein adiabatischer Vorgang und warum ist die Schallausbreitung in Gasen ein adiabatischer Vorgang?

8. Wann erfolgt die Reflexion einer Welle mit und wann ohne Phasensprung?

9. Was versteht man unter der Schallstärke (Schallintensität) einer Schallwelle und in welchen Einheiten misst man sie? Wie hängt die Lautstärke mit der Schallstärke zu-sammen und in welchen Einheiten misst man sie?

10. Wie nimmt die Schallstärke mit dem Abstand von der Schallquelle ab, wenn diese Kugelwellen aussendet (isotrope Quelle)? Wie nimmt die Schallstärke einer ebenen Schallwelle mit dem Weg in einem absorbierenden Medium ab?

AK 4 Akustik

4. Grundlagen

Es gibt Wellen, die an materielle Medien gebunden sind (z.B. elastische Wellen, Schallwel-len), und Wellen, die sich sowohl in materiellen Medien, als auch ohne sie ausbreiten können (z.B. elektromagnetische Wellen). Wir wollen im folgenden eindimensionale Wellen untersu-chen, die an ein materielles Medium gebunden sind. Als Welle bezeichnet man die räumliche Ausbreitung eines Schwingungszustandes in einem System vieler untereinander gekoppelter schwingungsfähiger Gebilde.

Eine ebene, ungedämpfte Welle, die sich in einer Richtung ausbreitet (eindimensionale Wel-le), beschreibt in differentieller Form die Wellengleichung:

2 2

22 2c

t x∂ ∂

=∂ ∂ξ ξ (1)

Dabei bedeuten: ξ: Amplitude der Verschiebung, t: Zeit, x: Abstand vom willkürlich gewählten Anfangspunkt, c: Geschwindigkeit, mit der die Verschiebung wandert.

Eine allgemeine Lösung dieser partiellen Differentialgleichung ist die Funktion

( ) ( )A f x ct B f x ct= + + −ξ (2)

wobei f eine zweimal nach x und t differenzierbare Funktion ist. Die Welle kann longitudinal oder transversal sein. Im longitudinalen Fall erfolgt die Auslenkung in Ausbreitungsrichtung, bei der transversalen Welle senkrecht dazu. Der einfachste Spezialfall der ebenen Welle ist die harmonische Welle:

sin[ ( )]sin[ ( )]

2 (Wellenzahl)

A k x ctA k x ct

k

= += −

=

ξξ

πλ

(3)

Das negative bzw. positive Vorzeichen steht bei Ausbreitung in positive bzw. negative x-Richtung. Im folgenden soll o.B.d.A. das negative Vorzeichen gelten. Andere Schreibweisen sind:

sin mit 2xA tc

ξ ω ω πν = − =

(4)

oder

2 1sin 2 mit Schwingungsdauert xA TT

πξ πλ ω ν

= − = =

(5)

Dabei ist ν die Frequenz und λ die Wellenlänge der Welle. Jede beliebige Welle kann nach dem Theorem von Fourier durch eine Summe von Sinus-Wellen beschrieben werden (Fourier-analyse). An einem festen Ort x = x0 kann die Gleichung (4) als Gleichung einer Schwingung angesehen werden, deren Phasenkonstante 0 0 /x cϕ ω= − ist. An einem benachbarten Ort ist die Phasenkonstante eine andere, und man kann nun den Nachbarort x1 suchen, an dem die

Akustik AK 5

Phasenkonstante sich um 2π von ϕ0 unterscheidet, d.h. sich der Sinus reproduziert. Dort er-folgt dann die Schwingung wieder in gleicher Phase wie am Ort x0. Setzen wir also

1 02 2 2x x

c cπν πν π− =

dann erhalten wir x1 - x0 = c/ν und diese charakteristische Länge x1 - x0 bezeichnet man als Wellenlänge λ. Es gilt die als Dispersionsrelation bezeichnete Beziehung:

2oder mitc c kkω πλν

λ= = = (6)

Zwei um λ voneinander entfernte Orte der ungedämpften Welle haben zu allen Zeiten gleiche Schwingungszustände. λ beschreibt also die Periodizität der räumlichen Ausbreitung, wie die Schwingungsdauer T die zeitliche Periodizität beschreibt.

4.1 Die stehende Welle Für alle Wellen gilt das Reflexionsgesetz und das Superpositionsgesetz. Beide Gesetze sollen nun an einem Beispiel angewendet werden, um den Begriff der stehenden Welle einzuführen. Vor einer Wand werde eine ebene Welle erzeugt. Diese läuft gegen die Wand, wird dort re-flektiert, läuft zurück und überlagert dabei die hinlaufende Welle. Die aus der Überlagerung dieser Wellenzüge resultierende Welle kann man mit Hilfe des Superpositionsgesetzes zeich-nerisch oder rechnerisch konstruieren. Die resultierende Welle zweier entgegengesetzt lau-fender Wellen

1

2

sin 2

sin 2

t xATt xAT

ξ πλ

ξ πλ

= − = +

(7)

kann mit Hilfe des Additionstheorems

sin sin 2sin cos2 2

α β α βα β + − + =

berechnet werden:

.2 22 cos sinres

x tAT

π πξλ

=

(8)

Gl. (8) kann man auch schreiben als

* *.

2 2sin mit 2 cosrest xA A A

Tπ πξ

λ = =

Dies stellt die Gleichung einer Schwingung mit räumlich variierender Amplitude A* dar.

Es treten also ortsfeste Schwingungsknoten und Schwingungsbäuche auf. Diejenigen Stellen, an denen sich die Verschiebungen durch Superpositionen wegheben (Knoten), liegen räum-lich fest, und dort ist die resultierende Amplitude stets Null. An den Orten der Bäuche addie-

AK 6 Akustik

ren sich dagegen die Verschiebungen so, dass die resultierende Amplitude A* dort stets ma-ximal ist. Wegen der festen Lage der Knoten und Bäuche nennt man die Gl. (8) eine stehende Welle. Amplitudenmaxima und -minima folgen im Abstand λ/4 aufeinander. Eigentlich ist die stehende Welle keine Welle, wie wir sie zuvor kennengelernt haben, da sich die Momentan-amplituden nicht mehr räumlich ausbreiten. Sie stellt vielmehr eine Vielzahl von Schwingun-gen dar, deren Maximalamplituden sich räumlich periodisch ändern.

4.2 Schallwellen Wegen der elastischen Eigenschaften von Materie können sich in ihr periodische Auslenkun-gen von Atomen oder Molekülen als elastische Wellen räumlich ausbreiten. Sind die Wellen-längen groß gegen die mittleren Atomabstände, so nennt man die elastischen Wellen „Schall-wellen“. Im Gegensatz zu elektromagnetischen Wellen sind sie also an Materie gebunden, und ihre Eigenschaften werden durch die elastischen Materialkonstanten (E-Modul, Kompres-sibilität), sowie Druck und Dichte bestimmt. In Gasen und Flüssigkeiten existieren nur longi-tudinale Schallwellen, in Festkörpern auch transversale. Longitudinale und transversale Schallwellen haben im allgemeinen verschiedene Ausbreitungsgeschwindigkeiten. Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit von Schallwellen im Hörbereich ist praktisch unabhängig von der Wellenlänge, wenn die Schallintensität nicht zu groß wird.

Für die longitudinale Welle im Festkörper gilt:

:Elastizitätsmodul, :DichtelongEc E ρρ

= (9)

Für die transversale Welle im Festkörper gilt:

:TorsionsmodultransGc Gρ

= (9b)

Für die longitudinale Welle in Gasen und Flüssigkeiten gilt:

:Kompressionsmodulplong

V

cK pc Kcρ ρ

= = (9c)

In Gasen ist K gegeben durch

: Druck, , :Spezifische Wärmekapazität bei konstantem Druck bzw. Volumen

p

V

p V

cK p

cp c c

= (10)

K ist der adiabatische Wert, da die bei den lokalen Kompressionen und Verdünnungen auftre-tende Temperaturänderung während der Schallausbreitung in Gasen berücksichtigt werden muss, und diese Änderungen so rasch erfolgen, dass sie adiabatisch sind. Aus der Tempera-turabhängigkeit von p und ρ folgt in der Näherung des idealen Gases die Temperaturabhän-gigkeit von c:

0 1c c Tα= + (11)

α: kubischer Ausdehnungskoeffizient des Gases,

Akustik AK 7

T: Temperatur in °C, c0: Geschwindigkeit bei 0 °C.

Die Schallgeschwindigkeit c kann auf verschiedene Arten gemessen werden:

1) Dopplereffekt,

2) Laufzeitmessungen,

3) Resonanzversuche, wobei die Parameter λ und ν zu bestimmen sind. Am einfachsten lassen sich in der Akustik Resonanzversuche durchführen. Auch mit Schallwellen kann man stehende Wellen an einer reflektierenden Wand erzeugen. Läuft die Welle statt dessen in ein an einem Ende geschlossenes Rohr, so bilden sich in dem Gasvolu-men ebenfalls stehende Wellen, allerdings nur, wenn die Länge des Rohres ein unge-rades Vielfaches der Viertel-Wellenlänge beträgt. Dann liegt ein Schwingungsknoten am geschlossenen und ein Bauch am offenen Rohrende. In diesem Fall koppelt die stehende Welle optimal an die Schallwelle außerhalb des Rohres an, d.h. sie wird stets im richtigen Takt überlagert, und die Amplitude würde ins Unendliche wachsen, wenn sie nicht durch Dämpfungsprozesse begrenzt wäre. Wenn sich eine stehende Welle bildet, tritt also Resonanz auf.

Die Bedingung für die stehende Welle im einseitig geschlossenen Rohr lautet:

(2 1) mit :Rohrlänge, 0,1,2,...4

l n l nλ= + = (12)

Der Abstand zwischen benachbarten Bäuchen ist gleich der halben Wellenlänge. Die stehende Welle (Abb. 1) kann man als Eigenschwingung der ganzen Luftsäule im Rohr ansehen. Die Eigenschwingung für n = 0 nennt man auch die Grundschwingung; n = 1,2,3... bezeichnen die 1., 2., 3., ... Oberschwingung.

Abb. 1: Stehende Welle im einseitig geschlossenen Rohr.

Im beiderseitig abgeschlossenen Rohr können stehende Wellen und damit Resonanzen entste-hen, wenn an beiden Enden Schwingungsknoten liegen. Die entsprechende Bedingung lautet dann:

( 1)2

l n λ= + (13)

AK 8 Akustik

Dieselbe Bedingung, Gl. (13), gilt für stehende Wellen in einem festen Stab; dort allerdings stellen die Enden keine feste Begrenzung dar, die Amplitudenknoten bedingen. Vielmehr lie-gen dort im Resonanzfall Amplitudenbäuche.

5. Versuch Kundtsches Rohr

Im Kundtschen Rohr (Abb. 2), einem an einem Ende abgeschlossenen, gasgefüllten Glasrohr, in dem sich feiner Korkstaub befindet, kann man stehende Schallwellen erzeugen und sichtbar machen. Als Schallquelle dient dabei ein mit einem Lappen geriebener Stab. Dabei entstehen longitudinale Schallwellen, die längs des Stabes laufen und an seinen Enden reflektiert wer-den. Durch Resonanz werden diejenigen Wellen verstärkt, die der Gl. (13) genügen. Je nach Zahl und Lage der Halterungen des Stabes (an den Halterungen liegen stets Schwingungskno-ten) kann man die Grundschwingung oder Oberschwingungen des Stabes anregen. Ihre Wel-lenlänge λStab ist aus der Länge des Stabes und der Zahl der Halterungen mit Gl. (13) direkt bestimmbar. Die Schwingungen des Stabes werden nun auf die Gassäule des Kundtschen Rohres übertragen. An der Grenze Stab-Gas ändert sich die Frequenz der Schallquelle nicht, jedoch ändert sich wegen der verschiedenen Ausbreitungsgeschwindigkeiten im Stab und im Gas die Wellenlänge:

Stab: Gas:Stab Stab Stab Gasc cλ ν λ ν= = (14)

Das Kundtsche Rohr gestattet eine einfache Messung von λGas durch Sichtbarmachung der stehenden Schallwelle im Rohr.

Abb. 2: Kundtsches Rohr.

Das waagerecht liegende Rohr wird so um seine Längsachse gedreht, dass ein Teil der Parti-kel des Korkmehls an der schrägen Glaswand liegt und durch die Haftreibung gerade noch gehindert wird, von selbst abzurutschen. Wird nun eine stehende Welle erzeugt, so wird nach Maßgabe der Schwingungsamplituden der Gasmoleküle Impuls auf die Korkpartikel übertra-gen. Diese gleiten von der schrägen Wand ab, wo die Schwingungsamplituden groß sind, bleiben jedoch an den Stellen haften, wo Schwingungsknoten liegen, so dass trotz der gerin-gen Schwingunsamplitude der Gasmoleküle (von der Größenordnung der Gasmoleküle selbst!) die stehende Welle sichtbar wird und ihre Wellenlänge λGas direkt ausgemessen wer-den kann. Man kann also die Schallgeschwindigkeit in einem Gas und daraus nach Gl. (9c) den Adiabatenexponenten dieses Gases bestimmen, wenn man cStab kennt. Umgekehrt kann man mit Kenntnis von cGas die Schallgeschwindigkeit im Stab und nach Gl. (9) dessen Elasti-zitätsmodul bestimmen.

Aufgabe 1: Die Schallgeschwindigkeit in Luft beträgt bei 105 Pa und 0°C c0 = 331,30 m/s. Man berechne die zu der herrschenden Temperatur gehörende Schallgeschwindigkeit c mittels Gl. (11).

Akustik AK 9

Aufgabe 2: Man leite den Zusammenhang zwischen dem Elastizitätsmodul E des Stabes und λLuft, λStab und cLuft mit Hilfe der Gl (9) und (14) her. Man bestimme λLuft und λStab und berechne mit diesen Werten den Elastizitätsmodul des Messingstabes bzw. Aluminiumstabes. (ρMessing = 8,2 g/cm3, ρAluminium = 2,7 g/cm3)

Messung: Man rege die erste Oberschwingung des Stabes an, bestimme λStab und messe λLuft mit Hilfe der Kundtschen Staubfigur. Dazu füllt man etwas Korkmehl in das Rohr, hält dieses schräg und lässt durch vorsichtiges Klopfen das Mehl so in das Rohr hinuntergleiten, dass ein etwa gleich breiter Korkmehlstreifen sich durch das ganze Rohr zieht. Man legt dann das Rohr vor-sichtig in seine Halterung, schiebt es soweit, dass der Stab etwa 10 cm ins Rohr hineinragt und drehe dann das Rohr 30 -45° um seine Längsachse. (Es hängt von der Luftfeuchtigkeit ab, wieweit man das Rohr drehen kann, ohne dass das Mehl von der schrägen Wand abrutscht). Dann justiert man den Stab so, dass die Metallscheibe am Ende des Stabes nicht die Innen-wand des Glasrohres berührt. Die Ankopplung der Gassäule an den Stab ist optimal und die Staubfiguren werden am deutlichsten ausgeprägt, wenn die Scheibe nahe an einem Schwin-gungsknoten des Gases liegt (wieso?) Mit dem mit Kolophonium bestreuten Lederlappen regt man den Stab zu Schwingungen an. Man legt dazu den Lappen auf das Stabende und zieht ihn, kräftig zupackend, rasch in Stabrichtung über das hintere Stabende ab. Meist erkennt man bereits nach der ersten Anregung aus der Staubfigur, wieweit das Rohr in seiner Längsrich-tung zu verschieben ist, damit die Scheibe in einem Geschwindigkeitsknoten liegt. Wichtig ist, dass Korkmehl und Rohr trocken sind.

Aufgabe 3: Man bestimme die Schallgeschwindigkeit c0 für CO2-Gas.

Messung: Man lässt über den Stopfen am Ende des Rohres CO2 aus der Gasflasche in das Rohr einströ-men. Zur Einstellung des richtigen Druckes ist unbedingt ein Assistent zu Hilfe zu rufen, da das Gas in der Flasche unter hohem Druck steht, der Korkstaub aber nicht aus dem Rohr ge-blasen werden soll. Man rege den Metallstab in seiner ersten Oberschwingung an und messe λCO2 aus der entstehenden Staubfigur, wie bei Aufgabe 2 beschrieben. Man kann dann mit Hilfe von Gl. (6) und den aus den Aufgaben 1 und 2 bekannten Werten von cLuft und λLuft die Schallgeschwindigkeit in CO2 von Raumtemperatur cCO2 berechnen. Die Berechnung von c0,CO2 erfolgt dann mit Hilfe der Gl. (11).

Aufgabe 4: Man berechne den Adiabatenexponenten für CO2 mit Hilfe von Gl. (9c) und dem in Aufgabe 3 bestimmten Wert von c0. Die Dichte von CO2 unter Normalbedingungen (T = 0 °C und p = 105 Pa) beträgt 1,98×10-3 g/cm3.

AK 10 Akustik

6. Versuch Quinckesches Rohr

Zur Messung von λ und cLuft dient in diesem Versuch das Quinckesche Resonanzrohr (Abb. 3). Es besteht aus einem offenen, unten durch einen Wasserspiegel abgeschlossenes Glasrohr. Die Höhe der Luftsäule in diesem Rohr kann durch Heben oder Senken eines mit ihm kom-munizierenden Wasserbehälters stetig verändert werden. Mittels eines über der Öffnung des Rohres angebrachten Lautsprechers kann die Luftsäule zu erzwungenen Schwingungen ange-regt werden. Resonanz tritt ein, wenn die Gl. (12) für stehende Wellen erfüllt ist. Dann wird der Ton durch die mitschwingende Luftsäule maximal verstärkt. Hebt oder senkt man den Wasserspiegel, so sind Resonanzen mit der Hörmuschel deutlich zu erkennen, wenn die Be-dingung von Gl. (12) für die Grundschwingung oder eine der Oberschwingungen erfüllt ist. Die zugehörige Länge l der Luftsäule wird an der Längenskala des Rohres abgelesen.

Abb. 3: Quinckesches Rohr.

Aufgabe 1: Man bestimme den Wert der Schallgeschwindigkeit c in Luft bei Zimmertemperatur durch Messung von λ der stehenden Wellen im Quincke-Rohr und bestimme den Größtfehler, der durch den Messfehler von λ und die Ungenauigkeit der Ablesung von ν bedingt ist.

Messung: Das Rohr wird zunächst fast ganz mit Wasser gefüllt. Dann erzeugt man mit dem Tongenera-tor einen Sinuston von 700 Hz (mit 15 Hz Genauigkeit). Der Wasserspiegel wird nun langsam gesenkt, wobei man ständig auf die Veränderung der Lautstärke des Tones achte. Es sind alle Resonanzstellen durch je fünfmaliges Heben und Senken des Wasserspiegels zu bestimmen (n = 0,1,2). Aus den je 10 Messwerten für die Höhe der Luftsäule bilde man den Mittelwert für λ sowie den Fehler des Mittelwerts.

Akustik AK 11

Aufgabe 2: Man berechne aus dem gemessenen Wert von c mittels Gl. (11) den Wert von c0. Mit diesem Wert berechne man die Frequenz des Grundtons und des ersten Obertons einer 3 m langen einseitig offenen und einer beidseitig offenen Orgelpfeife.

Aufgabe 3: Man führe mit dem Quincke-Rohr eine Klanganalyse durch.

Messung: Der Klanggenerator liefert einen aus drei Sinustönen bestehenden Klang. Verbinden Sie den Lautsprecher mit dem Generator. Diese Schaltung bleibt während der ganzen Messung unve-rändert. Durch Aufsuchen der Resonanzen im Quincke-Rohr werden dann die in dem Klang enthaltenen Wellenlängen λ1, λ2 und λ3 der Töne bestimmt. Dazu hebt und senkt man den Wasserspiegel je fünf mal, notiert die Höhen aller hörbaren Töne und bildet die Mittelwerte. Man ordnet die Resonatorlängen in einer Tabelle nach ihrer Größe. Nach Gl. (12) unterschei-den sich bei gleicher Frequenz die Resonatorlängen für die Oberschwingungen von denen der Grundschwingung um die Faktoren (2n + 1). Man kann entscheiden, welcher Wellenlänge eine Resonanz zuzuordnen ist, wenn man folgendermaßen verfährt: Ordnen Sie dem kleinsten Messwert die Grundschwingung des höchsten Tones zu. Suchen Sie in Ihrer Tabelle nach Messwerten, die sich von der Grundschwingung um den Faktor (2n + 1) unterscheiden (we-gen der Messfehler werden diese Faktoren nicht genau auftreten). Von den noch verbleiben-den Messwerten ordnen Sie wieder den kleinsten der Grundschwingung des mittleren Tones zu und suchen wieder in der Tabelle nach den Vielfachen (2n + 1). Auf gleiche Weise ver-fährt man mit dem tiefsten Ton. Achtung: Es können doppelte Resonanzstellen vorhanden sein.

Man bestimme

a) die Wellenlängen λ1, λ2 und λ3 (gemittelt aus den Werten von Grund- und Oberschwin-gungen),

b) die Verhältnisse der Wellenlängen λ1/λ2 , λ2/λ3 und λ1/λ3, c) die Namen der drei Tonintervalle an (dazu runde man gegebenenfalls die Verhältnisse zu

einfachen Brüchen).

AK 12 Akustik

7. Versuch Resonanz-Rohr

Zur Messung von c in Luft und CO2 dient in diesem Versuch ein Resonanzrohr (Abb. 4), das im Prinzip auf das Quincke-Rohr zurückgeht. Mit einem Tongenerator wird ein Sinuston er-zeugt, und die Schallwelle wird von dem Mikrophon in ein geschlossenes Posaunenrohr ein-gegeben. Sie breitet sich nach beiden Seiten in dem Rohr aus, die Teilwellen treffen aufeinan-der und interferieren. An einer anderen Stelle des Rohres ist ein Empfängermikrophon ange-bracht, das die Schalleistung an dieser Stelle auf ein Messgerät überträgt. Auf einem Oszillog-raphen kann das Signal des Empfangsmikrophons beobachtet werden.

Abb. 4: Resonanz-Rohr

Der eine der beiden Wege, den die Schallwellen vom Sende- zum Empfangsmikrophon zu-rücklegen, kann durch Verschieben des Rohres verändert werden. Beträgt die Differenz zwi-schen den Längen beider Wege ein ungeradzahliges Vielfaches der halben Schall-Wellenlänge , so löschen sich die beiden Teilwellen an der Empfangsstelle durch Interferenz; beträgt die Differenz hingegen ein geradzahliges Vielfaches der halben Wellenlänge, so tritt Verstärkung ein.

Aufgabe 1: Man bestimme den Wert der Schallgeschwindigkeit c in Luft bei Zimmertemperatur.

Messung: Man verschiebt die eine Rohrhälfte und registriert die Verschiebungen, die erforderlich sind, um von einem Maximum der Anzeige zum nächsten, übernächsten und drittnächsten Maxi-mum zu gelangen. Mit der am Tongenerator ablesbaren Frequenz erhält man aus den drei Dif-ferenzen drei Werte für c. Entsprechend verfahre man mit den Minima. Die Messung ist für zwei verschiedene Frequenzen durchzuführen. Da bei Schallwellen die Ausbreitungsge-schwindigkeit nicht von der Frequenz abhängt, kann aus den 12 Einzelmesswerten der resul-tierende Mittelwert gebildet werden.

Aufgabe 2: Man berechne aus dem Mittelwert die Schallgeschwindigkeit c0 bei 0°C. Setzen Sie in Gl. (11) für α den Zahlenwert des idealen Gases ein.

Akustik AK 13

Aufgabe 3: Füllen Sie das Rohr mit CO2 und bestimmen Sie wie in Aufgabe 1 die Schallgeschwindigkeit c. Lassen Sie sich beim Einfüllen des Gases aus der Gasflasche vom zuständigen Assistenten helfen.

Hinweis: Sie können an dem Tongenerator unterschiedliche Frequenzen einstellen. Wählen Sie die Fre-quenz so, dass bei gleich langen Wegen (Rohr ganz eingeschoben) am Ort des Empfangsmi-krophons sich maximale Intensität ergibt. (Hätte man in dieser Position des Rohres ein Mini-mum, so würde der Versuch nicht funktionieren. Wieso?)

Physikalisches Grundpraktikum

Gleichstrom

Fachrichtungen der Physik

WWW-Adresse Grundpraktikum Physik: 0http://grundpraktikum.physik.uni-saarland.de/

Kontaktadressen der Praktikumsleiter: Dr. Manfred Deicher Zimmer: 1.11, Gebäude E 2.6 e-mail: 1H [email protected] Telefon: 0681/302-58198

Dr. Patrick Huber Zimmer: 3.23, Gebäude E2.6 e-mail: 2H [email protected] Telefon: 0681/302-3944

UNIVERSITÄT DES SAARLANDES

GL 2 Gleichstrom

1. Stoffgebiet - Stationäre Ströme und Spannungen - Elektrische Netzwerke - Kirchhoff'sche Regeln - Spannungsquellen - Gleichstrommeßwerke - Ersatzschaltbilder - Elektrische Leistung - Energieumwandlung 2. Literatur - Gerthsen-C. ,Meschede, D. Physik 21. Auflage, Springer-Verlag, 2002 - Bergmann-Schäfer Lehrbuch der Experimentalphysik, Band 2, Elektromagnetismus 8. Auflage, W. de Gruyter-Verlag, 1999 - Trautwein-Kreibig-Oberhausen Physik für Mediziner 4. Auflage, de-Gruyter-Verlag, 1986

Gleichstrom GL 3

3. Fragen 1. Wie sind Strom und Spannung definiert? Man leite das Ohmsche Gesetz aus der diffe-

rentiellen Form j E= ⋅σ her. 2. Wie ändert sich ein metallischer Widerstand, wie ein Halbleiterwiderstand mit der

Temperatur? Wie sieht die Kennlinie einer Glühbirne, eines NTC’s oder PTC’s aus? 3. Welche Wirkungen des elektrischen Stromes können zur Messung der Stromstärke he-

rangezogen werden und wie sind diese Größen mit der Stromstärke verknüpft? Wie nennt man die entsprechenden Meßgeräte?

4. Welche Anforderungen werden an ein ideales Strommeßgerät bezüglich seines Innen-

widerstandes gestellt? Erläutern Sie anhand einer Schaltskizze, wie ein Strommeßgerät in den Schaltkreis eingefügt wird. Überlegen Sie sich wie die obigen Anforderungen durch das Power/Sensor Cassys erfüllt wird.

5. Welche Anforderungen werden an einen idealen Spannungsmesser bezüglich seines

Innenwiderstandes gestellt? Welche Spannungsmeßgeräte kennen Sie und welches von diesen kommt dem idealen am nächsten? Wie wird die Spannung an einem Widerstand gemessen (Schaltskizze!)? Wie sieht das Ganze beim Power/ Sensor Cassy aus?

6. Was versteht man unter elektrischer Arbeit und elektrischer Leistung? Wie sind diese

mit Strom, Spannung und Widerstand verknüpft? Wie läßt sich elektrische Energie in Wärme, Licht, mechanische Energie und in chemische Energie umwandeln (Beispiele)?

7. Wie kann man Gleichspannung erzeugen? Welche Gleichspannungsquellen kennen Sie? 8. Was versteht man unter dem inneren Widerstand einer Spannungsquelle, z.B. eines gal-

vanischen Elementes? 9. Man formuliere die Knoten- und die Maschenregel (1. und 2. Kirchhoff'sches Gesetz)

und gebe je ein Beispiel an. 10. Wie groß muß man den Widerstand Ra eines Verbrauchers wählen, um aus einer Span-

nungsquelle mit dem Innenwiderstand Ri a) die größtmögliche Spannung, b) den größtmöglichen Strom, c) die größtmögliche Leistung zu entnehmen?

GL 4 Gleichstrom

4. Grundlagen Wird an einem Stoff ein elektrisches Feld E angelegt, fließt ein Strom (1) j E= ⋅σ , wobei j die Stromdichte und σ die Leitfähigkeit sind. Die Leitfähigkeit σ hängt mikroskopisch betrachtet von der Ladung e der freien Ladungsträ-ger, deren Anzahl n sowie deren Beweglichkeit μ im Kristallgitter ab: (2) σ μ= ⋅ ⋅e n . In einem Metall sind freie Ladungsträger stets vorhanden; in einem Halbleiter werden sie durch thermische Energie erzeugt, d.h. die Leitfähigkeit eines Halbleiters wächst stark mit der Temperatur. Aus obiger Gleichung läßt sich leicht das bekannte Ohmsche Gesetz für einen homogenen Leiter, dessen Widerstand R nicht von der Spannung abhängt, herleiten: (3) U R I= ⋅ , wobei I der elektrische Strom durch den Leiter und U der Spannungsabfall längs des Leiters sind. Sind Spannung und Strom nicht von der Zeit abhängig, spricht man von Gleichspannung. Die im Widerstand erzeugte elektrische Leistung ist

(4) P U I R I UR

= ⋅ = ⋅ =22

.

Diese wird im Widerstand R komplett in Wärme umgewandelt. Elektrische Energie hat den Vorteil, daß sie sich mit hohem Wirkungsgrad in andere Energie-arten umwandeln läßt und einfach und umweltfreundlich zu transportieren ist. Ein entschei-dender Nachteil ist die geringe Speichermöglichkeit (Akku, Pumpspeicherwerk). Nachste-hend sind die wichtigsten Energieumwandlungs-möglichkeiten aufgeführt:

Gleichstrom GL 5

Umwandlung von

mechan. Energie Wärme Licht chemischer Ener-gie

mittels Dynamo, Mikro-fon, Reibungs-elektrizität

Seebeck-Eff. (in-direkt: KKW, Kernreaktor)

Photozelle, (So-larzelle)

Galvanisches Element, Brenn-stoffzelle

in elektrische Energie. Umwandlung von elektrischer. Energie mittels Elektromotor,

Lautsprecher Joule'sche Wär-me, Peltiereffekt

Leuchtstoffröhre (indirekt: Glüh-birne)

Elektrolyse

in mechan. Energie Wärme Licht chemische Ener-gie

Die Messung eines elektrischen Stromes geschieht durch geeignete Ausnutzung seiner Wir-kungen, z.B. durch Messung einer bei Elektrolyse abgeschiedenen Stoffmenge, durch Mes-sung der Temperaturerhöhung infolge Joule'scher Wärme (Thermokreuz, Hitzdraht-Ampèremeter), durch seine magnetischen Wirkungen (Drehspulinstrumente) oder durch e-lektronische Verstärkung und anschließende Digitalisierung der an einem Präzisionswider-stand abfallenden Spannung. Bei der letztgenannten Methode verwendet man ein (leicht abzu-lesendes) Digitalmultimeter mit einem Operationsverstärker (sehr hoher Eingangswiderstand von 100 MΩ und mehr) und einem Analog-Digital-Wandler (hohe Auflösung und Geschwin-digkeit siehe hierzu das Kapitel über AD/DA Wandler). Zur Funktion eines Drehspulmeß-werks sei auf die Literatur bzw. auf den Versuch "Magnetismus" (Teil: Galvanometer) ver-wiesen. Wir wollen uns im folgenden auf die Schaltung von Meßinstrumenten in Stromkrei-sen beschränken. Das Meßwerk eines Drehspulinstruments liefert einen dem hindurchfließen-den Strom proportionalen Ausschlag. Der Maximalausschlag ist die Grundkonstante Im. Als Amperemeter muß das Instrument direkt in den Stromkreis geschaltet werden. Es ist zu be-rücksichtigen, daß jedes Meßwerk einen von Null verschiedenen Innenwiderstand (Grund-konstante Ri) besitzt und somit selbst den zu messenden Strom beeinflußt.

GL 6 Gleichstrom

Meßbereichserweiterung:

I

R

Ri

U

Abb. 1: Stromkreis mit Meßwerk Durch Änderung des Innenwiderstandes läßt sich der Meßbereich des Ampèremeters erwei-tern. Schaltet man parallel zum Ampèremeter nochmals den Widerstand Rp= Ri, so fließt durch das Meßwerk nur noch der halbe Strom; d.h. mit dem Parallelwiderstand Ri kann man maximal die Stromstärke 2 ⋅ Im messen. Allgemein ergibt sich für eine Erweiterung des Meßbereichs um den Faktor n für den Parallelwiderstand:

(5) Rn

Rp i=−

⋅1

1 (Strommessung-Meßbereichserweiterung).

R

Rp

Ri

U

Abb. 2: Meßbereichserweiterung des Amperemeters

Gleichstrom GL 7

Als Voltmeter wird das Instrument in den Nebenschluß gelegt (Abb. 3).

U

Rv

R Ri

Abb. 3: Meßbereichserweiterung des Voltmeters Die Maximalspannung, die das Meßwerk messen kann, ergibt sich aus den Grundkonstanten zu (6) U R Im i m= ⋅ . Da jetzt ein Strom durch den Nebenschluß fließt, werden die Verhältnisse im Hauptkreis e-benfalls verändert. Man beachte, daß bei Messung von Strom und Spannung mit Drehspulin-strumenten die zu messenden Ströme und Spannungen beeinflußt werden. Um bei Messung von Strom und Spannung die Verhältnisse im Kreis nicht wesentlich zu verändern, muß der Innenwiderstand des Amperemeters klein gegen die Kreiswiderstände sein. Der Innenwider-stand des Voltmeters soll andererseits sehr groß sein. Schaltet man beim Voltmeter den Widerstand RV in Serie zu, so wird der Meßbereich um den Faktor

(7) n R RR

v i

i=

+ (Spannungsmessung-Meßbereichserweiterung)

größer. Mißt man mit einem Voltmeter die Klemmenspannung Uk einer Batterie, so ist folgendes zu beachten: Durch den inneren Widerstand RB der Batterie und den Widerstand Ri des Voltme-ters entsteht ein Spannungsteiler.

GL 8 Gleichstrom

RRB

U0

Ri

AV

Uk

S

Batterie

Abb. 4: Klemmenspannung Uk und Leerlaufspannung U0 einer Batterie

Dann ist (8) U U I Rk B0 = + ⋅ , d.h. die Klemmenspannung U U I Rk B= − ⋅0 ist kleiner als die Leerlaufspannung U0 (auch Urspannung, früher elektromotorische Kraft (EMK) genannt). Ist aber Ri sehr groß, so wird der Strom vernachlässigbar klein und Uk U≈ 0 . Schließt man in Abb. 4 den Schalter S und mißt mit dem Ampèremeter den Strom, der über R fließt, so ist der innere Widerstand RB bestimmt durch

(9) R U UIB

k=−0 .

Betrachtet man die Leistungsaufnahme im Verbraucher el(P = )kR U I⋅ , so stellt man fest, daß bei (10) R Ri= die Batterie die maximale Leistung abgibt (Leistungs-Anpassung). Will man die Leerlaufspannung exakt messen, darf der Batterie kein Strom entnommen wer-den. Eine solche Möglichkeit besteht bei der Kompensationsmethode nach Poggendorf (Abb. 5).

Gleichstrom GL 9

Abb. 5: Kompensationsmethode nach Poggendorf An dem Meßdraht AB der Länge L, an dem die Hilfsspannung Uh0 > Ux0 liegt, greift man eine Spannung zwischen A und C ab, die gleich Ux0 ist. In diesem Fall fließt durch das Gal-vanometer G kein Strom. Die gesuchte Leerlaufspannung Ux0 ist dann:

(11) U aL

Uxx

h0 0= ⋅

Uh0

CA

G Ux0

L

B ax

GL 10 Gleichstrom

5. Versuchsdurchführung Leiten Sie die Gleichungen (5), (7) und (10) her. Versuch A: Innenwiderstand einer Spannungsquelle

Aufgabe 1: a) Man bestimme den Innenwiderstand RB und die Leerlaufspannung U0 der Batterie ohne Zusatzwiderstand für verschiedene Lastwiderstände R = 10, 20, 30, 40, 50, 60 Ω. Messen Sie die Klemmenspannung Uk an R, berechnen Sie daraus den Strom I und tragen Sie die Meß-punkte in einem Uk=Uk(I)-Diagramm auf. Aus der Steigung und dem y-Achsenabschnitt der Bestgeraden erhält man nach Gleichung (8) U0 und RB .

b) Bestimmen Sie ebenso den Innenwiderstand und die Leerlaufspannung der Batterie mit Zusatzwiderstand.

c) Wie groß sind die Kurzschlußströme der Batterie für a) und b)?

Vorsicht: Drücken Sie den Taster stets nur kurzzeitig, um die Batterie nicht zu sehr zu be-lasten! Aufgabe 2: Die Anpassung eines Verbrauchers R an die Spannungsquelle ist experimentell zu bestim-men: Es wird die Batterie mit dem größten Innenwiderstand (Aufgabe 2.1b)) benutzt. Der Lastwiderstand R wird zwischen 10 kΩ und 0 Ω variiert. Man zeichne die Funktion P = P(R). Versuch B,C: Poggendorf-Kompensator In Abweichung der Basisschaltung in Abb. 5 wird zur Durchführung der Messung folgende Schaltung benutzt:

Abb. 6: Meßanordnung Poggendorf Kompensator

Uh0

CA

UN0

L

B ax,N

Ux0S

G

Gleichstrom GL 11

Die Normalspannung UN0 (Eichnormal) wird benötigt, um die Hilfsspannung Uh0 zu elimi-nieren, da dieser laufend Strom entzogen würde, und sie somit nicht konstant bliebe.

Aus U aL

UNN

h0 0= ⋅ und

U aL

Uxx

h0 0= ⋅ folgt dann

(12) U aa

Uxx

NN0 0= ⋅

Aufgabe 1: Man bestimme die Leerlaufspannungen dreier verschiedener Batterien. Aufgabe 2: a) Man messe die Summenspannung der am stärksten differierenden Elemente.

b) Man messe deren Differenzspannung. Bei jeder Messung ist aN neu zu bestimmen. Vorsicht: Man drücke die Taste S stets nur kurzzeitig, um den Elementen im unabgegliche-nen Zustand nicht zu schaden. Versuch D,E: Messbereichserweiterung Als Spannungsquelle dient ein Netzgerät in Verbindung mit zwei zugeschalteten Widerstän-den Ri1 und Ri2

. Die Spannung U0 (6 V), die das Netzgerät liefert, wird als eine Spannungs-quelle ohne Innenwiderstand betrachtet. Die Widerstände Ri1 und Ri2

sollen als Innenwi-derstände zweier Spannungsquellen mit den Klemmenspannungen Uk1

und Uk2 angesehen

werden.

Abb. 7: Versuchsanordnung Meßbereichserweiterung Aufgabe 1:

Netzgerät

R i1

Rx R i2

Uk1

Uk 2

GL 12 Gleichstrom

Man gebe die Grundkonstanten Ri, Im, Um des am Arbeitsplatz befindlichen Meßwerks an. Aufgabe 2: Man bilde durch Zuschalten eines passenden Widerstandes ein Voltmeter mit dem Meßbe-reich 6 Volt, messe damit die Spannungen Uk1

und Uk2 und berechne den zugehörigen Leis-

tungsverbrauch des Voltmeters. Aufgabe 3: Man erweitere den Meßbereich des Voltmeters auf 30 V, messe wieder Uk1

und Uk2 und

berechne den Leistungsverbrauch dieses Voltmeters. Aufgabe 4: Wie erklären sich die Unterschiede der Meßergebnisse von Aufgabe 2 und Aufgabe 3? Aufgabe 5: Durch Zuschalten eines geeigneten Widerstandes bilde man ein Amperemeter mit dem Meß-bereich 60 mA. Dieses schalte man in Serie mit dem unbekannten Widerstand Rx, lege die Spannung Uk2

an und messe die Stromstärke. Aufgabe 6: Aus dem Meßergebnis von Aufgabe 5 berechne man Rx, die Leistungsaufnahme des Ampe-remeters bei dieser Messung und vergleiche sie mit der Leistungsaufnahme des gesamten Kreises.

Gleichstrom GL 13

6. Versuchsausstattung

Versuch A

- 1 Batterie mit umschaltbarem Innenwiderstand und Taster - 1 Widerstandsdekade 0 . . . 111 Ω - 1 Widerstandsdekade oder 1 veränderlicher Widerstand 0 . . . 10 kΩ - 1 Multimeter

Versuche B, C - 1 Eichnormal (Standard Cell) - 3 Batterien mit Ein-Aus-Schalter - 1 Schaltbrett mit Umschalter und Taster - 1 Schiebewiderstand mit Schleifer - 1 Nullindikator - 1 Spannungsquelle

Versuche D, E - 1 Meßwerk - 1 Spannungsquelle (6V) - 1 Schaltbrett mit 3 Widerständen - 1 Widerstandsdekade

Physikalisches Grundpraktikum

Spezifische Wärmekapazität

Fachrichtungen der Physik

WWW-Adresse Grundpraktikum Physik: http://grundpraktikum.physik.uni-saarland.de/

Kontaktadressen der Praktikumsleiter: Dr. Manfred Deicher Zimmer: 1.11, Gebäude E 2.6 e-mail: [email protected]: 0681/302-58198

Dr. Patrick Huber Zimmer: 3.23, Gebäude E2.6 e-mail: [email protected]: 0681/302-3944

UNIVERSITÄT DES SAARLANDES

WK 2 Spezifische Wärmekapazität

1. Stoffgebiet

• Hauptsätze der Wärmelehre

• Wärmekapazität

• Kalorimeter

• Joule'sche Wärme

• Gleichverteilungssatz

• Spezifische Wärmekapazität von Gasen

• Festkörperphysik

• Gitterschwingungen

• Spezifische Wärmekapazität eines Festkörpers

• Dulong-Petit’sches Gesetz

2. Literatur

• W. Walcher: Praktikum der Physik 9. Auflage, Teubner, 2006

• H.-J. Eichler,H.-D. Kronfeldt, J. Sahm: Das Neue Physikalische Grundpraktikum 2. Auflage, Springer, 2006

Spezifische Wärmekapazität WK 3

3. Fragen

1. Wie sind die spezifischen Wärmekapazitäten cV und cp definiert? Warum ist bei einem

Körper der Masse m 1V

V

dUcm dT

⎛ ⎞= ⎜ ⎟⎝ ⎠

?

2. Warum ist beim idealen Gas cp > cV ? Berechnen Sie die Differenz der Molwärmen cp' - cV'.

3. Leiten Sie die Bestimmungsgleichung für die Wärmekapazität eines unbekannten Stof-fes nach der Mischungsmethode her. Benötigt man dazu die Hauptsätze der Wärmeleh-re?

4. Was versteht man unter dem Wasserwert (Leerkapazität) eines Kalorimeters und wie kann er gemessen werden?

5. Geben Sie in einer Schaltskizze an, wie man Strom und Spannung an einem Widerstand messen muss, wenn man die erzeugte Heizleistung bestimmen will?

6. Wie ist ein Festkörper (Kristall) aufgebaut? Was versteht man unter Gitterschwingun-gen?

7. Wie lautet der Gleichverteilungssatz? Wie teilt sich die Zahl der bei Zimmertemperatur angeregten Freiheitsgrade in einem ein- oder zweiatomigen Gas auf, wie in einem Fest-körper?

8. Erklären Sie das Dulong-Petit’sche Gesetz mit Hilfe des Gleichverteilungssatzes. Erläu-tern Sie die Neumann-Kopp’sche Regel.

9. Leiten Sie unter Annahme der Gültigkeit der elementaren kinetischen Gastheorie die Molwärmen von idealen Gasen her.

10. Man skizziere den Verlauf der Atomwärme eines einatomigen Festkörpers in Abhän-gigkeit von der Temperatur!

11. Wenn man einen Eisblock von T = -20 °C mit pro Zeiteinheit konstanter Wärmemenge dQ/dT erwärmt, bis man Dampf von T = 120 °C hat, hat das T(t)-Diagramm ein charak-teristisches Aussehen. Zeichnen Sie das Diagramm und geben Sie eine Deutung. Wel-che Größe ist ein Maß für die Wärmekapazität? Wie groß sind die spezifischen Wärme-kapazitäten bei 0 °C und 100 °C?

WK 4 Spezifische Wärmekapazität

4. Grundlagen

4.1 Phänomenologie

Führt man einem Körper eine Wärmemenge ΔQ zu, erhöht sich seine Temperatur T um ΔT, wenn nicht gerade ein Phasenübergang 1. Ordnung vorliegt; dann ist ΔT = 0. Die Wärmezu-fuhr kann unter verschiedenen Randbedingungen erfolgen, z. B. bei konstant gehaltenem Vo-lumen oder Druck. Dementsprechend wird ΔT verschieden groß werden, und man definiert als Wärmekapazität des Körpers bei konstantem Volumen

VV

QCT

∂⎛ ⎞= ⎜ ⎟∂⎝ ⎠ (1)

bzw. als Wärmekapazität bei konstantem Druck

pp

QCT

∂⎛ ⎞= ⎜ ⎟∂⎝ ⎠ (2)

Die Dimension der Wärmenge ist J (Joule), die der Temperatur K (Kelvin - siehe auch Ver-such „Temperaturmessung“). Oft findet man jedoch noch für die Wärmemenge die veraltete Dimension cal (Kalorie: Umrechnung: 1 cal = 4,1868 J).

Die spezifische Wärmekapazität ist die Wärmemenge der Masse 1 g eines Stoffes, also

,,

Jg K

V pV p

Cc

m⎛ ⎞

= ⎜ ⎟⎝ ⎠

,V p

(3)

m ist die Masse des Körpers. Unter der molaren Wärmekapazität c′ (auch Atom- oder Molwärme genannt) versteht man die Wärmekapazität eines Mols eines Stoffes. Für einen Stoff von Mol ergibt sich also ν

,,

Jmol K

V pV p

Cc

⎛ ⎞′ = ⎜ ⎟ν ⎝ ⎠

, M

bzw.U Q p V

Q U p V

D D D

D D D

. (4)

Die spezifische und die molare Wärmekapazität sind über das Atomgewicht M mit verknüpft. '

,V p V pc c=

Aus dem 1. Hauptsatz der Wärmelehre = −

= +

p Vc c>

(5)

lässt sich abschätzen, dass stets gilt

(6)

Betrachten wir z. B. den Fall des idealen Gases, wo die innere Energie U vom Volumen unabhängig ist, so finden wir, dass die bei konstantem Volumen (dV = 0) in das System ge-steckte Wärmemenge nur der Erhöhung der inneren Energie U dient; führt man dagegen die

Spezifische Wärmekapazität WK 5

Wärme bei konstantem Druck p zu, dehnt sich das Gas mit steigender Temperatur aus, und ein Teil der Wärmemenge wird zum Verrichten der Ausdehnungsarbeit +pdV benötigt.

Beim Festkörper unterscheiden sich cp und cV nur wenig, da die thermische Dehnung und der Kompressionsmodul klein sind.

WK 6 Spezifische Wärmekapazität

4.2 Atomistische Theorien Für die Thermodynamik ist vor allem die Atom- oder Molwärme von Interesse. Bezogen auf 1 Mol folgt aus Gl. (5)

MolV

V V

UQcT T

∂∂ ⎛ ⎞⎛ ⎞′ = =⎜ ⎟ ⎜ ⎟∂ ∂⎝ ⎠ ⎝ ⎠ (7)

Hier wird die messbare Größe cV’ mit der molaren inneren Energie UMol verknüpft, die sich aus theoretischen Modellen errechnen lässt. Dadurch bietet sich eine wichtige Möglichkeit, atomistische Modelle experimentell zu überprüfen.

Dazu zwei Beispiele:

1. Ideales Gas mit f Freiheitsgraden: nach dem Gleichverteilungssatz besitzt ein Gasteil-chen im Mittel die Energie ( 2) BE f= k T (kB: Boltzmannkonstante): 1 Mol enthält N Teilchen (N: Loschmidt’sche Zahl) und damit wird die innere Energie zu

( 2) ( 2)Mol BU N f k T f= = RT (R: Gaskonstante). Daher wird ( 2)Vc f R′ =

ong-Petit'sches Gesetz)

, was auch für viele reale Gase gut erfüllt ist.

2. Einatomige Festkörper: In der harmonischen Näherung (Der Potentialansatz enthält Glieder bis zur quadratischen Ordnung) hängt die Schwingungsenergie der Gitterteil-chen im Festkörper nur von der Temperatur ab. Da die Teilchen zu 3-dimensionalen Gitterschwingungen (vgl. Phononenbegriff) angeregt werden können, entfällt nach dem Gleichverteilungssatz auf die mittlere kinetische Energie eines Teilchens der Anteil <Ekin> = (3/2)kBT. Da die potentielle Energie im Mittel gleich der kinetischen Energie ist, wird die Gesamtenergie des Teilchens zu Ekin = 3kBT.

Dann ist UMol = 3RT und

(8) 3 (DulVc R′ =

Dieses Gesetz ist jedoch nur für höhere Temperaturen und abseits von Phasenumwand-lungen richtig; bei tieferen Temperaturen (≤ 250 K) verliert der Gleichverteilungssatz seine Gültigkeit, da dann gewisse Schwingungstypen wegen der geringeren thermischen Anregungsenergie ausfallen (Quantentheorie des Festkörpers ). Die Atomwärme nimmt daher mit fallender Temperatur ab und geht nahe dem absoluten Nullpunkt mit T3 gegen 0 (Debye'sches T3-Gesetz). Bei Metallen ist außerdem der thermische Energieanteil der Elektronen zu berücksichtigen, der jedoch bei höheren Temperaturen vernachlässigt werden kann.

Eine leicht abzuleitende Folge des Dulong-Petit'schen Gesetzes ist die Neumann-Kopp'sche Regel:

Die Molwärme eines mehratomigen Festkörpers ist gleich der Summe der Atomwärmen der Einzelkomponenten.

4.3 Kalorimeter Ein Gerät zur Messung der Wärmekapazität heißt Kalorimeter. Eine ziemlich ungenaue aber einfache Bestimmung lässt sich mit dem Mischungskalorimeter durchführen: Wenn zwei Körper mit den (in etwa) temperaturunabhängigen Wärmekapazitäten C1 und C2 und den An-fangstemperaturen T1 und T2 (T1 > T2) in Wärmekontakt gebracht werden, gleichen sie nach dem 2. Hauptsatz ihre Temperatur einander an. Die entstehende Mischungstemperatur sei TM (siehe auch 1. Hauptsatz). Für sie gilt nach dem Energieerhaltungssatz:

Spezifische Wärmekapazität WK 7

Abgegebene Wärmemenge = Aufgenommene Wärmemenge also

1 1 2 2( ) (M MC T T C T T )− = − (9)

Zur Messung der spezifischen Wärmekapazität cK eines wasserunlöslichen Körpers (Masse mK), den man auf die Temperatur TK gebracht hat, benutzt man als zweiten Körper zweckmä-ßig eine Wassermenge der bekannten spezifischen Wärmekapazität cw, der Masse mw und der Temperatur Tw, die sich in einem Dewargefäß (Thermosflasche) befindet, damit die Wärme-verluste möglichst gering gehalten werden. Die Messung wird dadurch kompliziert, dass der das Wasser enthaltene Innenteil des Dewargefäßes sowie Rührer und Thermometer am Wär-meaustausch mitbeteiligt sind, und deren Gesamtwärmekapazität CKal berücksichtigt werden muss. Dann wird Gl. (13) zu

(10) ( ) ( )(K K K M W W Kal M Wc m T T c m C T T− = + − )

Eine genauere und direktere Methode, die Wärmekapazität zu messen, lehnt sich eng an die Definitionsgleichungen (1) und (2) an: Dem thermisch ideal isolierten Versuchskörper wird durch eine elektrische Heizung (Spannung U und Strom I während der Zeit Δt) die Wärme-menge

Q UI tD D= (11)

zugeführt. Aus der Temperaturerhöhung des Körpers ergibt sich dann seine Wärmekapazität CK:

KQCT

DD

= (12)

WK 8 Spezifische Wärmekapazität

5. Versuchsdurchführung

Aufgabe 1: Messen Sie mit dem Mischungskalorimeter die spezifischen Wärmekapazitäten von Alumi-nium, Kupfer und Flußspat (CaF2).

Anleitung: Dazu werden die Versuchskörper gewogen und an einem Metallstab mit Drahtha-ken in kochendes Wasser gehängt (Temperatur TK) Dabei dürfen diese den Topfboden nicht berühren (warum?)! In das Dewargefäß wird abgemessenes Leitungswasser gefüllt (Tempera-tur (TW)) . Nach etwa 10 min wird jeweils ein Probenkörper schnell in das Dewargefäß ge-bracht; unter ständigem Rühren wird dort die Einstellung der Mischungstemperatur abgewar-tet. Nach Gl. (10) wird mit Hilfe der unten angegebenen Daten cK berechnet. Für jede Subs-tanz werden insgesamt drei Messungen durchgeführt und die Ergebnisse gemittelt.

Vorsicht: Die Dewargefäße sind sehr stoßempfindlich! Man prüfe, dass die Probekörper nicht an den Gefäßboden anschlagen können. Gegebenenfalls Aufhängung kürzen!

Aufgabe 2: Berechnen Sie die relativen Fehler von cK.

Anleitung: Die größten Fehler treten bei den Temperaturmessungen und bei der Angabe von CKal auf. Die anderen Fehler können vernachlässigt werden.

Aufgabe 3:

Überprüfen Sie die Gültigkeit des Dulong-Petit’schen Gesetzes und der Neumann-Kopp’schen Regel. Begründen Sie die Anwendbarkeit der Theorie und vergleichen Sie deren Ergebnisse mit Ihren Messwerten.

Anleitung: Berechnen Sie die Atom- und Molwärmen. Drücken Sie diese in Einheiten von R aus.

Spezifische Wärmekapazität WK 9

Daten:

Wasserwert (Leerkapazität) des Kalorimeters: J(42 8)K

= ±KalC

Spezifische Wärmekapazität des Wassers: J4,19g KW =c

Siedetemperatur des Wassers: TK siehe Dampfdruckkurve im Praktikum

Gaskonstante: J8,31mol K

R =

Atomgewichte:

MAl = 26,98 g/Mol

MCu = 63,54 g/Mol

MCa = 40,08 g/Mo1

MF = 19,00 g/Mol

5. Versuchsdurchführung

• 1 Kocher

• 1 Dewar-Gefäß

• 1 Stange mit Griff

• 1 Aluminium-Probe

• 1 Kupfer-Probe

• 1 Flußspat-Probe

• Thermometer

• 1 Messbecher

• 1 Stab zum Rühren

• 1 Waage (gemeinsam für alle Versuche)

Physikalisches Grundpraktikum

Photometrische Analyse

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UNIVERSITÄT DES SAARLANDES

Version 8 (11/2009)

PA 2 Photometrische Analyse

1. Stoffgebiet • Ausbreitung elektromagnetischer Wellen

• Optische Spektroskopie

• Absorption

• Lambert-Beersche Gesetz

• Reflexion

• Emissions- und Absorptionsspektren

2. Fragen 1. Was versteht man unter der Stoffmengenkonzentration? Wie hängt sie mit der Mol-

masse und der Masse zusammen? Überlegen Sie sich, wie man eine Lösung einer ge-wünschten Konzentration herstellt.

2. Was ist eine gesättigte, eine ungesättigte und eine echte Lösung?

3. Was ist ein kolloidales System?

4. Was ist ein Spektrum?

5. Was versteht man unter einem Emissionsspektrum und einem Absorptionsspektrum?

6. Wie unterscheiden sich Atom-, Molekül- und Festkörperspektren?

7. Was versteht man unter der spektralen Bandbreite des Lichts?

8. Im Innern eines absorbierenden Stoffes ist die relative Abnahme der Intensität /dI I Kdx= − , wenn sich das Licht in x-Richtung ausbreitet. Man leite daraus das Ab-

sorptionsgesetz Gl. (1) her.

9. Beschreiben Sie den Entfärbungsprozess von Kristallviolettlösung bei Zugabe von Na-tronlauge.

Photometrische Analyse PA 3

3. Grundlagen Bei der Untersuchung von Stoffen sind zwei Fragestellungen wichtig:

• Welche Substanzen sind enthalten? (qualitative Analyse)

• In welcher Konzentration sind sie enthalten? (quantitative Analyse)

Die zahlreichen Analysemethoden kann man in überwiegend chemische (Fällungs-, Färbungs-reaktionen, Titrationen etc.) und überwiegend physikalische (Absorptions- und Emissions-spektralanalyse, Chromatographie, Massenspektrometrie, Spinresonanzspektroskopie, Möß-bauer-Spektrometrie usw.) einteilen, wenngleich eine solche Einteilung keine scharfe Ab-grenzung liefert. Dabei ist beispielsweise von Interesse, welche Elemente in einer Verbin-dung, welche Verbindungen in einer Lösung enthalten sind, oder welche Substanzen bei che-mischen Reaktionen entstehen.

In der medizinischen Diagnostik beschränkt man sich meist auf den quantitativen Nachweis von organischen Verbindungen in Lösungen (z.B. Blut). In vielen Fällen eignet sich hierzu die Absorptionsspektralanalyse, die nur eine geringe Messzeit beansprucht. Diese Tatsache ist für instabile Lösungen wichtig. Da diese Methode ohne chemische Umwandlungen aus-kommt, stehen die Messproben für weitere Untersuchungen zur Verfügung. Heutzutage gibt es auf dem Markt spezielle Messgeräte, mit deren Hilfe komplette Messspektren in Bruchtei-len von Sekunden aufgezeichnet werden, so dass man auch den Verlauf chemischer Reaktio-nen schrittweise verfolgen kann.

3.1 Die Spektralanalyse

Der Spektralanalyse liegt die von dem Chemiker Bunsen und dem Physiker Kirchhoff ge-wonnene Erkenntnis zugrunde, dass jedes chemische Element durch sein Absorptions- und Emissionsspektrum (Atomspektrum) eindeutig charakterisiert ist. Dies gilt nicht in gleicher Allgemeinheit für chemische Verbindungen oder Zusammenlagerungen gleichartiger Atome (Festkörper, Flüssigkeiten), jedoch lassen sich auch viele Verbindungen, Flüssigkeiten und Festkörper durch ihre Spektren analysieren. Grund für diese Einschränkung ist, dass die Spek-tren umso komplizierter werden, je mehr Atome sich im engen Verband befinden (Moleküle, Festkörper) und sich gegenseitig beeinflussen. Die gegenseitige Beeinflussung benachbarter Atome bewirkt, dass deren Elektronenspektren verändert werden und zusätzliche Absorpti-ons- und Emissionsprozesse entstehen (beim Molekül etwa die Anregung von Schwingungen und Rotationen). An die Stelle der Atomlinien tritt beim isolierten Molekül eine Vielzahl von Liniengruppen (Molekülbanden). Bringt man Moleküle in Lösung, so findet man ähnlich wie bei den Festkörpern breite Absorptionsbereiche, die oft unterbrochen sind durch Bereiche ohne Absorption. Je größer die Zahl der miteinander in Wechselwirkung stehenden Atome ist, desto verwaschener und uncharakteristischer werden die Strukturen ihrer Spektren. Infolge solcher Wechselwirkungen hat z.B. das Spektrum metallischen Natriums keinerlei Ähnlich-keit mehr mit dem des Gases. Atomares Natrium kann durch das Liniendublett im Gelben leicht identifiziert werden. Im gesamten sichtbaren Spektralbereich ist das Spektrum metalli-schen Natriums dagegen so uncharakteristisch, dass es sich z.B. von dem des metallischen Aluminiums kaum unterscheidet. Auch die Moleküle eines Lösungsmittels stellen eine solche störende Umgebung dar, sodass die Spektren gelöster Atome und Moleküle auch von der chemischen Natur des Lösungsmittels beeinflusst werden. Dies muss bei der Analyse von Spektren gelöster Stoffe beachtet werden. An sich sind Absorptions- und Emissionsspektren zur Analyse gleich brauchbar; bei Atomen im Gas wird meist letztere angewendet (z.B. Flammenfärbung in der chemischen Analyse). Moleküle untersucht man dagegen meist in Absorption, da sie sich oft bei der für Emission

PA 4 Photometrische Analyse

notwendigen Erwärmung zersetzen. Auch bei flüssigen Lösungen kommt nur die erste Me-thode in Betracht. Absorptionsspektren von Lösungen bestehen aus Absorptionsbereichen (Absorptionsbanden) und Bereichen, in denen die Lösung durchsichtig ist. Liegt keine Absorptionsbande im sicht-baren Spektralbereich, so erscheint die Lösung farblos. Dann muss man zur Analyse die im Ultravioletten (UV) und Infraroten (IR) liegenden Absorptionsbereiche ausmessen. Die Absorptionsspektren von Lösungen setzen sich zusammen aus der Absorption der gelös-ten Stoffe und der Absorption des Lösungsmittels. Angenehmerweise liegen bei üblichen Lö-sungsmitteln wie Wasser oder Alkohol, die Eigenabsorptionen weit entfernt vom sichtbaren Spektralbereich im Ultravioletten und Infraroten, so dass sie im Sichtbaren farblos sind. Ist man aber z.B. bei gelösten Substanzen, die im Sichtbaren selbst nicht oder nur uncharakteristisch absorbieren, auf Messungen im UV oder im IR angewiesen, so muss man gesondert eine evtl. Eigenabsorption des Lösungsmittels prüfen. Wir werden darauf im Fol-genden näher eingehen. Mit kommerziellen Absorptionsgeräten (Photometer) kann man heute üblicherweise den Spektralbereich vom nahen Ultravioletten bis zum nahen Ultraroten (Wellenlängen von 280 nm bis etwa 1,5 µm) überstreichen. Zur qualitativen Spektralanalyse muss man also das Ab-sorptionsspektrum messen. Meist genügt dazu bereits ein kleiner Ausschnitt des Spektrums, wenn dieser Absorptionsbereiche enthält. Je größer man jedoch den zu messenden Spektralbe-reich wählt, je mehr typische Absorptionsstellen man also erfasst, desto sicherer ist die Ana-lyse. Aus der spektralen Lage der Maxima der Absorption ist dann auf die gelöste Substanz zu schließen.

3.2 Das Absorptionsgesetz

Zur quantitativen Analyse eines Stoffes genügt, falls bereits bekannt ist, dass er in der Lösung enthalten ist, die Messung seiner Absorption an einer Stelle im Spektrum, bei der das Lö-sungsmittel und sonstige gelöste Stoffe nicht absorbieren. Besonders geeignet sind die Maxi-ma von Absorptionsbereichen des zu untersuchenden Stoffes. Die Absorption von Licht in einer ebenen Schicht einer absorbierenden Substanz wird durch das Absorptionsgesetz be-schrieben. Die Konzentrationsbestimmung erfolgt mit dem Beerschen Gesetz, das eine Erwei-terung des Absorptionsgesetzes darstellt. Die von einer absorbierenden Substanz durchgelassene Lichtintensität Idurch bezogen auf die eindringende Intensität Iein nimmt exponentiell mit der Schichtdicke d ab. Die stoffspezifische Stärke der Absorption wird durch eine Materialkonstante, die Absorptionskonstante K erfasst. Ihre Größe hängt von der Wellenlänge λ des Lichtes ab. Das Absorptionsgesetz lautet:

( )K ddurch

ein

I eI

λ−= (1)

Abb. 1 zeigt den Verlauf von Gl. (1) als Funktion der Schichtdicke. Eine wesentliche Erweite-rung des Gesetzes auf Lösungen stammt von Beer. Ist c die Konzentration des gelösten Stof-fes und ist das Lösungsmittel im betrachteten Spektralbereich durchsichtig, so gilt:

( ) ( )K cλ α λ= (2)

Dabei ist α (λ) eine von der Wellenlänge abhängige Konstante, die spezifische Absorptions-konstante. Setzt man diese Formel in Gl. (1) ein, so erhält man das Beersche Gesetz (oft auch Lambert-Beersches Gesetz genannt) für die Transmission T:

Photometrische Analyse PA 5

( )cddurch

ein

IT eI

α λ−= = (3)

Aus der Messung der Intensitäten Idurch und Iein bei einer Wellenlänge λ erhält man nur dann eine eindeutige Aussage über die Konzentration c des gelösten Stoffes, wenn man dessen Konstante α bei dieser Wellenlänge kennt und weiß, dass keine weiteren Bestandteile der Lösung zur Absorption bei dieser Messwellenlänge beitragen.

Abb. 1: Die von einer absorbierenden Substanz durchgelassene Lichtintensität Idurch bezogen auf die eindringende Intensität Iein nimmt exponentiell mit der Schichtdicke d ab (Gl. (1)).

In der Photometrie wird statt der Transmission T oft die Extinktion E benutzt:

1log log ( ) logein

durch

IE cd eI T

α λ= = = (4)

Führt man den molaren dekadischen Extinktionkoeffizienten ε(λ) = α(λ)loge ein, ist

( )E cdε λ= (5)

ε ist die Extinktion E, die eine Lösung mit der Konzentration 1 mol/l bei einer Schichtdicke von 1 cm haben würde. An die Stelle der expliziten Kenntnis der Konstanten α οder ε kann auch eine Vergleichsmes-sung an einer gleichartigen Lösung mit bekannter Konzentration c0 (Normal- oder Eichlö-sung) treten. Dann verhalten sich die Absorptionskonstanten der Lösungen zueinander wie ihre Konzentrationen:

0 0( ) : ( ) :K K c cλ λ = (6)

PA 6 Photometrische Analyse

Für Lösungen mit mehreren absorbierenden Bestandteilen setzt sich die Gesamtabsorption aus den Einzelabsorptionen zusammen:

1 1 2 2( ) ( ) ( ) ...gesamtK c cλ α λ α λ= + + (7)

Für die gesamte Extinktion gilt

1 2 1 1 2 2... ( ...)gesamtE E E d c cε ε= + + = + + (8)

Die Indizes 1,2,... sollen auf die verschiedenen absorbierenden Bestandteile der Lösung hin-weisen. Hier ergibt sich nun eine Schwierigkeit: Selbst, wenn man weiß, dass zwei Substan-zen mit den spezifischen Absorptionskonstanten α1(λ) und α2(λ) in einer Lösung enthalten sind, so sind Gl. (7) bzw. (8) nicht eindeutig, da sie zwei Variablen enthalten. So kann dersel-be Zahlenwert von Kgesamt durch völlig unterschiedliche Kombinationen von c1 und c2 erhalten werden, wodurch eine eindeutige Konzentrationsbestimmung unmöglich wird. Der Ausweg ist, bei zwei oder mehreren Wellenlängen zu messen, und zwar, falls dies mög-lich ist, am besten bei einer Wellenlänge λ1, bei der nur die eine, und dann bei einer weiteren Wellenlänge λ2, bei der nur die andere Substanz absorbiert. Aber auch , wenn es solche Ge-biete im Messbereich des Spektrums nicht gibt, in denen der eine Stoff durchsichtig, der ande-re aber absorbierend ist, so erhält man aus zwei Messungen bei verschiedenen Wellenlängen im allgemeinen eine eindeutige Aussage über die beiden Einzelkonzentrationen, wenn die spezifischen Absorptionskonstanten bekannt sind. Allerdings ist dann die Auswertung kom-plizierter, da man ein System von zwei Gleichungen mit zwei Unbekannten lösen muss. Für die Auswertung ist zudem nötig, dass die Absorptionen der Bestandteile in der gleichen Größenordnung liegen. Dies ist meist nicht der Fall, wenn das Lösungsmittel selbst ein absor-bierender Bestandteil ist. Ist die Konzentration des gelösten Stoffes gering, kann seine Ab-sorption so sehr von der des mengenmäßig überwiegenden Lösungsmittels überdeckt werden, dass die Messgenauigkeit nicht ausreicht, den gelösten Stoff überhaupt noch nachzuweisen. Das Lambert-Beersche Gesetz gilt bei den meisten Lösungen, keineswegs aber allgemein. Eine Voraussetzung für seine Gültigkeit ist, dass keine Wechselwirkung zwischen den gelös-ten Molekülen auftritt. Bei niedrigen Konzentrationen ist dies wegen des großen mittleren Abstandes der Moleküle sicher der Fall, bei hohen Konzentrationen aber kann die Wechsel-wirkung der Moleküle untereinander bewirken, dass sich die Konstante α(λ) ändert, d.h. selbst von der Konzentration abhängig wird.

3.3 Das Spektrometer (Photometer)

Das hier benutzte Spektrometer Red Tide USB650 analysiert Licht in einem Wellenlängenbe-reich von 350 nm – 1000 nm mit einer Auflösung von etwa 2 nm. Es besitzt keine bewegli-chen Teile, alle optischen Komponenten sind fest montiert und wurden einmal eingestellt und geeicht. Abb. 2 zeigt den inneren Aufbau des Spektrometers. Das zu analysierende Licht wird über einen Lichtleiter (1) und einen Spalt (2) in das Spek-trometer geführt. Ein Eintrittsfilter (3) beschränkt den Wellenlängenbereich des eintretenden Lichts auf den Wellenlängenbereich 350 nm – 1000 nm. Ein Hohlspiegel (4) fokussiert das Licht auf ein Gitter (5) mit 600 Linien pro mm. Das Gitter zerlegt durch Beugung das Licht spektral. Die 1. Beugungsordnung dieses Lichts wird von einem weiteren Spiegel (6) über viele kleine Sammellinsen (7) auf einen CCD-Detektor (8) mit 2048 Elementen („Pixel“) ab-gebildet. Zusätzliche Filter (9,10) dienen der Unterdrückung von Streulicht und Licht aus Beugungen höherer Ordnung. Die Position jedes Pixels des CCD-Detektors entspricht einer bestimmten Wellenlänge und jeder Pixel erzeugt ein elektrisches Signal, das proportional zu

Photometrische Analyse PA 7

der Intensität des von ihm absorbierten Lichts ist. Diese Signale werden digitalisiert und an einen PC übertragen.

Abb. 2: Aufbau des Spektrometers Red Tide USB650.

Allerdings haben sowohl das Gitter als auch der CCD-Detektor abhängig von der Wellenlän-ge unterschiedliche Empfindlichkeiten. Dies ist einer der Gründe, warum photometrische Messungen immer im „2-Küvetten-Verfahren“ durchgeführt werden. Durch den Bezug auf eine Referenzmessung (Küvette mit reinem Lösungsmittel) ist die eigentliche Messung unab-hängig von der Ansprechwahrscheinlichkeit des Spektrometers. Als Lichtquelle für die Messungen dient eine Wolfram-Halogen-Lampe, die ein kontinuierli-ches Lichtspektrum im Bereich 360 nm – 2000 nm liefert. Abb. 3 zeigt das Lichtspektrum für den Bereich, für den das Spektrometer empfindlich ist.

Abb. 3: Aufbau des Spektrometers Red Tide USB650.

Durch Einsatz von Neutral-Filtern kann die Lichtintensität angepasst werden. Die Lichtquelle wird mit einem Lichtleiter mit dem Küvettenhalter verbunden, mit einem weiteren Lichtleiter wird das nicht absorbierte Licht zum Spektrometer geleitet.

PA 8 Photometrische Analyse

4. Versuche Hinweis: Eine Anleitung zur Aufnahme der Messungen mit dem Programm SpectraLab fin-den Sie in den Anhängen I und II.

Vorsicht: Vermeiden Sie es, die verwendeten Chemikalien in die Augen zu reiben. Verwen-den Sie Handschuhe.

Aufgabe 1

Prüfen Sie experimentell die im Lambert-Beerschen Gesetz geforderte Abhängigkeit der Ab-sorption von der Konzentration c. Dazu wird das Extinktionsspektrum einer Kaliumper-manganatlösung (KMnO4) aufgenommen. Der Transmissionskoeffizient wird aus der Extinktion berechnet. Bestimmen Sie mit Hilfe des Lambert-Beerschen Gesetzes den Absorp-tionskoeffizienten einer KMnO4 Lösung für drei verschiedenen, geeigneten Wellenlängen.

Stellen Sie 200 ml einer 0,001 molaren Kaliumpermanganatlösung (KMnO4) her (Molmasse: 158,03 g/mol). Von dieser Stammlösung des Farbstoffes stellen Sie folgende Verdünnungen her: 100%, 50%, 25%, 10%, 5% und 2%. Benutzen Sie dazu die Saugpipette.

Vorsicht: Die Küvetten nicht im transparenten Bereich berühren, sondern an den aufgerauten Flächen. Fingerabdrücke verfälschen die Messung.

Theoretische Grundlagen der Durchführung:

In der photometrischen Messung wird die durch die Probe dringende Lichtintensität aufge-nommen. Nach Gl. (1) hängt der Messwert von der Intensität des Lichtes vor Durchgang durch die Probe ab. Zusätzlich zur Messung der einfallenden Intensität ist die Reflexion des Lichtes, die an jeder Grenzfläche (Luft/Glas und Glas/Lösung) zwischen zwei verschiedenen durchsichtigen oder absorbierenden Stoffen auftritt, zu berücksichtigen (Abb. 4). Dadurch wird die Intensität Idurch zusätzlich geschwächt. Der reflektierte Anteil an einer Grenzfläche ist R I⋅ (R = Reflexionsvermögen der Grenzfläche, I = einfallende Intensität), der durchgelassene Anteil beträgt hinter einer Grenzfläche (1 )R I− ⋅ .

Abb. 4: Zwei-Küvetten-Messverfahren in der photometrischen Analyse.

Photometrische Analyse PA 9

Das Messsignal Idurch ist also nicht nur eine Funktion von K, sondern auch von Iein und dem Reflexionsvermögen der verschiedenen Grenzflächen. Durch das Zwei-Küvetten-Mess-verfahren wird der Einfluss der unerwünschten Größen eliminiert, und man erhält das unver-fälschte Absorptionsspektrum. Für eine stark verdünnte, wässrige Lösung ist die reflektierte Intensität praktisch gleich der einer mit reinem Lösungsmittel gefüllten Referenzküvette. Wird Idurch, die Intensität hinter einer mit Lösungsmittel gefüllten Küvette gemessen, so enthält dieser Wert nahezu dieselben Reflexionsverluste. Division dieses Wertes ( Lösung

durchI ) durch den Messwert ( LösungsmitteldurchI ) ergibt

die gesuchte Funktion ( )K de λ− ⋅ . Voraussetzung für diese Methode sind identische optische Eigenschaften der verwendeten Küvetten.

Durchführung:

a) Stellen Sie die Stammlösung und die beschriebenen Verdünnungen her. Befüllen Sie je-weils eine Küvette zu ca. ¾ mit der Stammlösung sowie den Verdünnungen. Befüllen Sie außerdem eine Küvette mit destilliertem Wasser als Referenz.

b) Messen Sie das Absorptionsspektrum von destilliertem Wasser.

c) Messen sie die Absorptionsspektren der Stammlösung und ihrer Verdünnungen.

Auswertung:

a) Übertragen Sie die Messwerte der Extinktion samt Wellenlängen nach Origin.

b) Suchen sie eine geeignete Wellenlänge heraus und tragen sie die zugehörigen Werte der Extinktion gegen die Konzentration auf. Mit Hilfe des Graphen können sie anhand des Lambert-Beerschen Gesetzes die Absorptionskonstante für diese Wellenlänge berechnen.

c) Berechnen sie die Absorptionskonstanten für zwei weitere Wellenlängen.

Aufgabe 2:

Untersuchen sie die Reaktionskinetik beim Entfärben einer Kristallviolettlösung der Konzen-tration 65 10c −= ⋅ mol/l mit Natronlauge (0,01 mol/l). Bestimmen sie die Reaktionskonstante.

Durchführung:

a) Stellen Sie 400 ml einer 65 10−⋅ molaren Kristallviolettlösung (C25H30ClN3) her. Die mola-re Masse von Kristallviolett beträgt 407,99 g/mol.

b) Nehmen Sie als Referenzmessung das Absorptionsspektrum von destilliertem Wasser auf.

c) Das Messprogramm muss vor dem Aufnehmen der Reaktionskinetik kalibriert werden. Nehmen Sie das Absorptionsspektrum der Stammlösung auf und wählen Sie den Wellen-längenbereich aus, in dem die Kinetik untersucht werden soll. Stellen Sie dann durch Ver-dünnen der Stammlösung Kristallviolettlösungen der Konzentrationen 64 10c −= ⋅ mol/l,

63 10c −= ⋅ mol/l, 62 10c −= ⋅ mol/l, 61 10c −= ⋅ mol/l her und nehmen Sie ihr Absorptions-spektrum auf.

d) Geben Sie mit einer Pipette einige Tropfen Natronlauge in eine Küvette mit der Stammlö-sung und stellen sie diese in die Messvorrichtung. Die Anfangskonzentration der Lösung sollte zwischen 64 10−⋅ mol/l und 64,5 10−⋅ mol/l liegen. Die Kristallviolettlösung wird sich innerhalb von etwa 20 Minuten langsam entfärben.

e) Nehmen Sie den Konzentrationsverlauf auf und bestimmen Sie daraus die Reaktionskon-stante.

PA 10 Photometrische Analyse

Aufgabe 3:

Vergleichen Sie experimentell und rechnerisch die Additivität von Absorptionskonstanten nach Gleichung (6).

Durchführung:

Sie benötigen folgende Lösungen bekannter Konzentration: Kupfersulfatlösung ( 0,22c =mol/l), Kristallviolettlösung ( 65 10c −= ⋅ mol/l) und Kaliumpermanganatlösung ( 0,001c =mol/l).

a) Nehmen Sie als Referenz das Absorptionsspektrum von destilliertem Wasser auf.

b) Nehmen Sie jeweils das Absorptionsspektrum der drei Lösungen auf und bestimmen sie wie in Aufgabe 1 die Absorptionskonstanten der Lösungen mit Hilfe des Lambert-Beerschen Gesetzes.

c) Stellen Sie eine Mischung (Verhältnis 1:1) aus Kupfersulfat- und Kristallviolettlösung sowie Kupfersulfat- und Kaliumpermanganatlösung her und bestimmen Sie die Absorpti-onskonstanten der Mischungen. Beachten Sie, dass sich die Konzentrationen ändern, wenn Sie zwei Lösungen mischen.

d) Vergleichen Sie die experimentell und rechnerisch erhaltenen Ergebnisse.

Photometrische Analyse PA 11

Anhang I Durchführung einer Messung zur Bestimmung der Absorptionskonstanten mit SpectraLab (das Handbuch zu dem Programm liegt bei dem Versuch aus bzw. kann von der Web-Seite des Praktikums runtergeladen werden):

A Messung der Referenz:

1. Klicken Sie auf den Reiter „Referenz I2 = I-I0“. 2. Setzen Sie die Referenz-Küvette in den Halter ein. 3. Passen Sie die Integrationszeit an:

a. Stellen Sie die Integrationszeit auf 100 ms ( und -Button), b. Probieren Sie verschiedene Kombinationen aus Neutralgläsern und verschiedenen In-

tegrationszeiten aus, um in Transmission maximal etwa 75% Intensität zu erreichen. 4. Warten Sie einige Sekunden, bis sich die Anzeige nur noch schwach verändert. 5. Bilden Sie den Mittelwert (∑-Button) über etwa 100 Messungen mit der Referenz. 6. Beenden Sie die Messung ( -Button).

B Messung der Probe

1. Klicken Sie auf den Reiter „Extinktion E = -log(I1/I2)“. 2. Setzen Sie die Proben-Küvette in den Halter ein. 3. Warten Sie einige Sekunden, bis sich die Anzeige nur noch schwach verändert. 4. Bilden Sie den Mittelwert (∑-Button) über etwa 50 Messungen mit der Probe. 5. Beenden Sie die Messung ( -Button).

Hinweis: Zum Messen von Probenvariationen (beispielsweise unterschiedliche Konzentratio-nen) erstellen Sie nach Schritt B5 eine neue Datenspalte ( -Button) und beginnen Sie wie-der bei Schritt B2. Stoppen Sie beim Wechsel die Bildung des Mittelwerts.

C Speichern der Daten

• Legen Sie in dem dafür vorgesehenen Verzeichnis ein Unterverzeichnis an, welches Sie nach dem aktuellen Datum benennen.

• Speichern Sie alle Daten ( -Button). • Benennen Sie ihre Daten nach der vermessenen Substanz (z.B. C:\Dokumente und Einstel-

lungen\Betreuer\Eigene Dateien\PA-Messungen\2009\13-10-09\KMnO4).

D Exportieren der Daten nach Origin

1. Rechtsklicken Sie die zu exportierende Tabelle und wählen Sie „Tabelle kopieren“ aus dem Menü aus.

2. Starten Sie Origin. 3. Rechtsklicken Sie auf Feld A-1 im Origin-Worksheet und drücken Sie „STRG+V“ zum

Einfügen der Daten.

PA 12 Photometrische Analyse

Anhang II Durchführung einer Messung zur Bestimmung der Reaktionskinetik mit SpectraLab:

A Messung der Referenz:

1. Klicken Sie auf den Reiter „Referenz I2 = I-I0“. 2. Setzen Sie die Referenz-Küvette in den Halter ein. 3. Passen Sie die Integrationszeit an:

a. Stellen Sie die Integrationszeit auf 100 ms ( und -Button), b. Probieren Sie verschiedene Kombinationen aus Neutralgläsern und verschiedenen In-

tegrationszeiten aus, um in Transmission bei λ = 600 nm etwa 75% Intensität zu errei-chen.

4. Warten Sie einige Sekunden, bis sich die Anzeige nur noch schwach verändert. 5. Bilden Sie den Mittelwert (∑-Button) über etwa 100 Messungen mit der Referenz. 6. Beenden Sie die Messung ( -Button).

B Eichung der Probe

1. Klicken Sie auf den Reiter „Extinktion E = -log(I1/I2)“. 2. Setzen Sie die Proben-Küvette in den Halter ein. 3. Warten Sie einige Sekunden, bis sich die Anzeige nur noch schwach verändert. 4. Bilden Sie den Mittelwert (∑-Button) über etwa 50 Messungen mit der Probe. 5. Beenden Sie die Messung ( -Button).

6. Suchen Sie den Bereich des Absorptionsmaximums. 7. Rechtsklicken Sie auf den Extinktions-Graphen und wählen Sie „Bereich für Kinetik defi-

nieren“. 8. Markieren Sie einen Bereich von ± 20nm um die Wellenlänge maximaler Extinktion. 9. Rufen Sie mit einem Linksklick auf das „E“ in der oberen Leiste das Anzeigegerät für die

Extinktion auf. 10. Klicken Sie auf den Reiter „Kalibrierung“. 11. Ziehen Sie den Wert aus der Anzeige mit der Maus in die erste Zeile der Spalte „E“ und

tragen Sie in der Spalte „c“ die zugehörige Konzentration ein. 12. Wechseln Sie zum Reiter „Extinktion E = -log(I1/I2)“. 13. Erstellen Sie eine neue Spalte ( -Button).

Wiederholen Sie Schritt B2-B5 und B10-B13 für die anderen Konzentrationen, dann fahren Sie mit B14 fort.

14. Wechseln Sie zum Reiter „Kalibrierung“. 15. Rechtsklicken Sie den Graphen in der Kalibrierung und wählen Sie „Anpassung durchfüh-

ren“ → „Ausgleichsgerade“ aus. 16. Markieren Sie die Messdaten. 17. Lesen Sie den Wert für E/c = A ab und notieren Sie ihn.

C Messung der Reaktionskinetik

1. Klicken Sie auf den Reiter „Kinetik“. 2. Ziehen Sie den Button „c“ aus der oberen Leiste in den Kinetik-Graphen. 3. Setzen Sie die Proben-Küvette in den Halter ein. 4. Vergewissern Sie sich, dass der ( -Button) und der (∑-Button) nicht mehr aktiv sind. 5. Starten Sie die Kinematik-Messung (-Button, rechts). 6. Beenden Sie die Kinematik-Messung (-Button, rechts).

Photometrische Analyse PA 13

D Speichern der Daten

• Legen Sie in dem dafür vorgesehenen Verzeichnis ein Unterverzeichnis an, welches Sie nach dem aktuellen Datum benennen.

• Speichern Sie alle Daten ( -Button). • Benennen Sie ihre Daten nach der vermessenen Substanz (z.B. C:\Dokumente und Einstel-

lungen\Betreuer\Eigene Dateien\PA-Messungen\2009\13-10-09\Kinetik).

E Exportieren der Daten nach Origin

1. Rechtsklicken Sie die zu exportierende Tabelle und wählen Sie „Tabelle kopieren“ aus dem Menü aus.

2. Starten Sie Origin. 3. Rechtsklicken Sie auf Feld A-1 im Origin-Worksheet und drücken Sie „STRG+V“ zum

Einfügen der Daten

Physikalisches Grundpraktikum

Radioaktivität

Fachrichtungen der Physik

WWW-Adresse Grundpraktikum Physik: http://grundpraktikum.physik.uni-saarland.de/

Kontaktadressen der Praktikumsleiter: Dr. Manfred Deicher Zimmer: 1.11, Gebäude E 2.6 e-mail: [email protected] Telefon: 0681/302-58198

Dr. Patrick Huber Zimmer: 3.23, Gebäude E2.6 e-mail: [email protected] Telefon: 0681/302-3944

UNIVERSITÄT DES SAARLANDES

RA 2 Radioaktivität

1. Stoffgebiet

• Aufbau der Atomkerne

• Nukleonen

• (Radio-)Nuklide

• Zerfallsfamilie

• Zerfallsgesetz

• Radioaktive Umwandlungen

• Radioaktive Strahlung

• Dosimetrie

• Natürliche und technische Strahlenbelastung

• Schwächung von Strahlung

• Compton-Effekt, Paarbildung, Ionisation

• Unselbstständige Gasentladung (Geiger-Müller-Zählrohr)

2. Literatur

• Strahlenschutzverordnung – StrlSchV BGBl. I Nr. 38 S. 1714 und BGBl. I Nr. 55 S. 2618

• P.A. Tipler, G. Mosca, Physik 2. Auflage (Elsevier, München 2004) Kap. 40

• V. Harms, Physik für Mediziner und Pharmazeuten 16. Aufl. Harms Verlag, Lindhöft 2004) S. 184

• H.-J. Eichler,H.-D. Kronfeldt, J. Sahm, Das Neue Physikalische Grundpraktikum 2. Aufl. (Springer, Berlin 2006) S. 507

• Bundesamt für Strahlenschutz, Umweltradioaktivität und Strahlenbelastung http://www.bfs.de/bfs/druck/uus

Version 7 (5/2009 MD)

Radioaktivität RA 3

3. Fragen

1. Was bedeutet die Angabe 22688 Ra ? Was ist ein Isotop? Was versteht man unter einer

radioaktiven Zerfallsfamilie? Geben Sie dafür jeweils ein Beispiel an.

2. Geben Sie die Masse (SI-Einheiten und atomare Masseneinheiten) und elektrische Ladung (SI) von Elektron, Positron, Neutrino, Proton und Neutron an.

3. Berechnen Sie die Quanten-Energie, Frequenz und Wellenlänge der elektromagneti-schen Strahlung, die bei der Zerstrahlung (Paarvernichtung) eines Elektron-Positron-Paares entsteht ( 2 )e e γ+ −+ → .

4. Zur Strahlungsmessung (Dosimetrie) werden die Größen ,,Aktivität“, ,,Energiedosis“ und ,,Äquivalentdosis“ benutzt. Wie sind diese Größen definiert und in welchen Ein-heiten werden sie gemessen?

5. Wie ändert sich die Aktivität eines radioaktiven Präparates mit der Zeit? Was ver-steht man unter einem ,,radioaktiven Gleichgewicht“?

6. Definieren Sie die Begriffe ,,(elektronische) Anregung eines Atoms“, ,,Ionisation“ und ,,Rekombination“.

7. Mit welcher Geschwindigkeit verlässt ein α-Teilchen einen 226Ra-Kern, wenn ihm dabei infolge der Änderung der Bindungsenergie im Kern eine Energie von 4,7 MeV mitgegeben wird?

8. Wieso erfolgt die Schwächung (monoenergetischer) α-Strahlung nicht nach einem exponentiellen Absorptionsgesetz?

9. Auf welche Weise wird biologisches Gewebe durch radioaktive Strahlung geschä-digt? Wie hoch ist die natürlich auftretende Strahlenbelastung eines Menschen in Deutschland? Wodurch ist diese bedingt?

10. Beschreiben Sie den prinzipiellen Aufbau eines Geiger-Müller-Zählers.

RA 4 Radioaktivität

4. Grundlagen

Atomkerne bestehen aus Nukleonen, den positiv geladenen Protonen (p) und Neutronen (n), die durch Kernkräfte zusammengehalten werden. Nicht jeder Kern mit einer bestimmten Kombination von Protonenzahl Z und Neutronenzahl N zu einem Kern mit der Massenzahl A = N + Z ist in der Natur allerdings realisiert oder im Labor herstellbar. Vielmehr führen nur ganz bestimmte Kombinationen zu stabilen Kernen, d.h. zu Kernen, die sich ohne äußere Ein-flüsse im Laufe der Zeit nicht verändern. Aus ihnen und den an sie gebundenen Elektronen ist unsere materielle Umwelt aufgebaut. Daneben kommen in der Natur instabile Kerne vor (na-türliche radioaktive Kerne), und darüber hinaus lassen sich im Labor eine große Zahl instabi-ler Kerne (künstliche radioaktive Kerne) herstellen. Die instabilen Kerne werden auch Radio-nuklide genannt. Instabil sind sie bezüglich der Zahl Z und/oder der Zahl N im jeweiligen Kern. Diese ändern sich im Laufe der Zeit, indem spontan Teilchen und Energie aus dem Kern emittiert werden (Radioaktivität).

Entspricht eine Kombination (Z,N) nicht der eines stabilen Kernes, so kommt es zu nuklearen Umwandlungsvorgängen. Ziel für einen Kern ist dabei immer ein möglichst stabiler Bin-dungszustand, der durch unterschiedliche Umwandlungsarten erreicht werden kann. Ist auch der durch den Zerfall entstandene Kern selbst instabil, zerfällt dieser seinerseits erneut. Es entsteht im allgemeinen eine ganze Zerfallskette, die letztlich bei einem stabilen Nuklid endet (Radioaktive Zerfallsfamilien).

4.1 Radioaktive Zerfallsarten

α-Zerfall

Beim α-Zerfall geht ein Mutterkern mit der Ordnungszahl Z und der Massenzahl A unter Emission eines 4He-Kerns, des α-Teilchens (Z=2, A=4), in einen Kern mit der Ordnungszahl Z-2 und der Massenzahl A-4 über (Abb. 1). Der Zerfall lässt sich symbolisch schreiben als

A A-4 4Z Z-2 2X Y He→ + (1)

Auf beiden Seiten der Gleichung steht die gleiche Anzahl von Protonen Z und die gleiche Anzahl von Nukleonen A. Dies gilt für alle radioaktiven Zerfälle. Die Zahl der Nukleonen und die Gesamtladung müssen erhalten bleiben.

Der α-Zerfall ist nur möglich, wenn die Kernmasse m auf der linken Seite von Gl. (1) größer ist als die Summe auf der rech-ten. Zu den Kernmassen kommen im neutralen Atom noch Z Elektronenmassen m0 hinzu und wir können statt der Kern-massen die Atommassen M(Z,A) = m(Z,A) + Zm0 benutzen. Mit der Einsteinschen Masse-Energie-Äquivalenz (E = mc2) ergibt sich für die Zerfallsenergie

4 22( , ) ( 2, 4 )( He)Q M Z A M Z A M c = − − − − (2)

Nur für den Fall Q > 0 ist ein α-Zerfall möglich. Es zeigt sich, dass nur für Kerne mit A > 150 der α-Zerfall möglich ist.

Da die Energie erhalten bleiben muss, verteilt sich Q als kinetische Energie auf die Zerfalls-produkte.

( ) (Y)kin kinE E Qα + = (3)

Abb. 1: Der α-Zerfall.

Radioaktivität RA 5

Mit dem Impulssatz ergibt sich dann

( ) Ykin

Y

mE Qm mα

α =+

(4)

Das α-Teilchen erhält also beim Zerfall eine diskrete kinetische Energie, die durch den Q-Wert und die Masse des Mutterkerns bestimmt ist. Die α-Strahlung ist deshalb monochroma-tisch (Abb. 2).

Abb. 2: Energiespektrum von α-Teilchen.

Wegen ihrer relativ großen Masse und Geschwindigkeit werden α-Teilchen bei der Wechsel-wirkung mit Materie nur selten wesentlich aus ihrer Bewegungsrichtung abgelenkt. Entlang ihres Weges erfolgen so lange Energieübertragungsprozesse (Stöße, Ionisation) mit Atomen oder Molekülen, bis die Bewegungsenergie aufgebraucht ist. Die Länge dieses Weges nennt man die Reichweite R. Je höher die Anfangsgeschwindigkeit v0 der Teilchen, desto größer ist R:

30R Av= (Geigersches Reichweitengesetz) (5)

Gl. (5) ist eine empirische Formel mit A als einer materialabhängigen Konstanten. In Luft gilt A ≈ 10-27 cm-2s3, in Blei ist A um den Faktor 1000 kleiner.

β-Zerfall

Unter dem β-Zerfall versteht man die Zerfälle eines Kerns, bei denen die Anzahl der Nukleo-nen, d.h. die Massenzahl A, konstant bleibt, und die Kernladungszahl Z sich um eine Einheit ändert. Es gibt drei verschiedene Arten von β-Zerfällen.

Abb. 3: β− (links) und β+-Zerfall (rechts).

Beim β−-Zerfall emittiert der Kern bei der Umwandlung eines Neutrons in ein Proton ein Elektron und erhöht seine Kernladungszahl von Z auf Z+1 (Abb. 3 links). Energetisch mög-

RA 6 Radioaktivität

lich ist dieser Prozess, wenn die Masse des Mutterkerns größer ist als die des Tochterkerns plus eine Elektronenmasse m0. Die Übergangsenergie Q ist die Differenz dieser Massen. Sie kann in Kernmassen m oder in Atommassen M ausgedrückt werden:

[ ] [ ]2 20( , ) ( 1, ) ( , ) ( 1, )Q m Z A m Z A m c M Z A M Z A c= − + − = − + (6)

Beim β+-Zerfall emittiert der Kern bei der Umwandlung eines Protons in ein Neutron ein Po-sitron und erniedrigt seine Kernladungszahl von Z auf Z-1 (Abb. 3 rechts). Das Positron ist ein „Antielektron“ mit allen Eigenschaften des Elektrons bis auf die positive Ladung. Für diesen Zerfall muss die Übergangsenergie

[ ] [ ]2 20 0( , ) ( 1, ) ( , ) ( 1, ) 2Q m Z A m Z A m c M Z A M Z A m c= − − − = − − − (7)

positiv sein.

Beim Elektroneneinfang (EC, von „electron capture“) fängt sich der Kern ein Elektron aus der Atomhülle ein und erniedrigt dabei die Kernladungszahl um eine Einheit. Die Übergangs-energie ist durch den Überschuss der Masse des Mutterkerns zuzüglich einer Elektronenmasse über die Masse des Tochterkerns gegeben.

[ ] [ ]2 20( , ) ( 1, ) ( , ) ( 1, )Q m Z A m Z A m c M Z A M Z A c= − − + = − − (8)

Vergleicht man Gl. (8) und Gl. (7), ergibt sich, dass β+ und EC gleichzeitig auftreten können, wenn das Mutteratom mindestens zwei Elektronenmassen schwerer ist als das Tochteratom.

Abb. 4: Energiespektrum von β-Teilchen.

Misst man die Energie der beim β− oder β+ emittierten Teilchen, stellt man im Unterschied zum α-Zerfall fest, dass ihre Energien über einen weiten Bereich kontinuierlich verteilt sind, obwohl Mutter- und Tochteratom einen energetisch wohldefinierten Zustand darstellen (Abb. 4). Nur ganze wenige Teilchen besitzen eine kinetische Energie, die der Übergangsenergie Q entspricht. Alle anderen Teilchen haben niedrigere Energien. Diese Beobachtung schien die Energieerhaltung zu verletzen. Deshalb hat Pauli in den 30er Jahren postuliert, dass bei den β-Zerfällen noch ein weiteres Teilchen emittiert wird, dass ungeladen ist und entweder keine oder eine sehr kleine Masse besitzt. Er nannte dieses Teilchen Neutrino. Erst viele Jahre spä-ter ist es gelungen, die Existenz des Neutrinos nachzuweisen.

Mit dem Neutrino besteht der Endzustand nach dem β-Zerfall aus drei Teilchen, auf die die Übergangsenergie beliebig verteilt werden kann. Damit können Elektronen oder Positronen mit Energien zwischen null bis zur Übergangsenergie emittiert werden. Die jeweils zur Über-gangsenergie fehlende Energie wird vom Neutrino aufgenommen.

Radioaktivität RA 7

γ-Zerfall

Der γ-Zerfall tritt in Verbindung mit dem α- und β-Zerfall auf, falls die Übergänge zu einem angeregten Zustand des Tocherkerns führen. Der Tochterkern gibt dann diese Anregungs-energie durch Emission von γ-Strahlung ab. γ-Strahlung ist elektromagnetische Strahlung (Photonen) wie Licht und Röntgenstrahlung. Über die Beziehung E = hv ist die Energie der Strahlung mit ihrer Frequenz verknüpft. Die Energien dieser Übergänge sind spezifisch für ein bestimmtes Radionuklid, so dass man aus der Bestimmung der γ-Energien Rückschlüsse auf die in einer radioaktiven Probe enthaltenen Isotope ziehen kann.

4.2 Radioaktives Zerfallsgesetz

Zu welchem Zeitpunkt ein einzelner Kern eines bestimmten Radionuklides zerfällt, ist nicht vorhersagbar, da diese Zerfälle rein statistisch ablaufen. Für eine genügend große Anzahl n von Kernen jedoch lassen sich Aussagen über die Häufigkeit der Zerfälle machen. Die Zahl dn der sich in einem Präparat im Zeitintervall zwischen t und t+dt umwandelnden Kerne hängt von der Zahl der Kerne eines Radionuklids ab. Je mehr Kerne vorhanden sind, umso wahrscheinlicher ist es, dass einer davon zerfällt.

d ( )dn n t tλ= − (9)

λ ist die als Zerfallskonstante bezeichnete Proportionalitätskonstante . Ihr Kehrwert τ = 1/λ gibt die mittlere Lebensdauer der instabilen Kerne an. Das negative Vorzeichen steht für die Abnahme der Anzahl der Kerne durch den Zerfall.

Hat man zu einem willkürlich mit t = 0 bezeichnetem Zeitpunkt, von dem aus die Zeit gemes-sen wird, die Zahl n(0) = n0 der Kerne eines radioaktiven Isotops bestimmt, so ist davon zum Zeitpunkt t noch die Zahl n(t) übrig. n(t) ergibt sich aus Gl. (9) durch Integration über die Zeit

0 0( )t

tn t n e n eλ τ−−= = (10)

Üblicherweise verwendet man nicht die mittlere Lebensdauer τ zur Charakterisierung der Zerfallswahrscheinlichkeit sondern die Halbwertszeit T1/2. Sie gibt die Zeit an, nach der von einer anfänglichen Zahl n0 eines Radionuklids die Hälfte zerfallen ist.

1 2 01( )2

n T n= (11)

Nach Einsetzen in Gl. (10) ergibt sich

1 2ln 2 ln 2T τλ

= = (12)

Die „Stärke“ eines radioaktiven Präparats d.h. die mittlere Zahl der Zerfälle pro Zeit, wird als Aktivität A bezeichnet und in der Einheit Becquerel (Bq) angegeben. 1 Bq entspricht einem Zerfall pro Sekunde.

In Tab. 1 sind einige Radionuklide zusammengestellt.

Tab. 1: Zerfallsarten und Halbwertszeiten einiger radioaktiver Isotope.

Radionuklid Zerfallsarten Halbwertszeit 146C β−,γ 5730 a

5926 Fe β−,γ 44,5 d

RA 8 Radioaktivität

13153 I β−,γ 8 d

6027 Co β−,γ 5,3 a

13755Cs β−,γ 30 a

22688 Ra α,β− 1620 a

2411 Na β−,γ 0,6 d

2211 Na β+,γ 2,6 a

9038Sr β− 28,8 a

3215 P β− 14,3 d

24195 Am α,γ 432,2 a

4.3 Poisson-Verteilung

Wird der Zerfall eines radioaktiven Präparates beobachtet, so ist leicht zu erkennen, dass dies kein Vorgang ist, der gleichmäßig von statten geht. Mal zerfallen mehr, mal weniger Kerne, und nur im zeitlichen Mittel kann dafür ein Wert angeben werden. Ob ein einzelner Kern zer-fällt oder nicht, ist ein zufälliges Ereignis, das unbeeinflusst von der Umgebung eines Kerns eintritt. Der Zerfall eines Kerns hat kausal nichts mit einem vorhergehenden anderen Kernzer-fall zu tun. Damit schwankt auch die Anzahl N der vom Messinstrument pro Zeiteinheit regis-trierten Impulse. Bei genügend großer Anzahl von Messungen ergibt sich eine in Abb. 5 Dar-gestellte charakteristische Häufigkeitsverteilung

Abb. 5: Histogramm der Zählratenverteilung beim Radioaktiven Zerfall. Die rote Linie zeigt die zugehörige Poisson-Verteilung.

Der wahrscheinlichste Wert kann dabei in guter Näherung durch das arithmetische Mittel N ausgedrückt werden.

1

1 n

ii

N Nn =

= ∑ (13)

Radioaktivität RA 9

Die Genauigkeit einer Messung wird durch die Varianz σ2 charakterisiert:

( )22

1

11

n

ii

N Nn

σ=

= −− ∑ (14)

Die Wurzel aus der Varianz, die Standardabweichung σ, ist ein Maß für die Streuung der ein-zelnen Zählergebnisse um den Mittelwert.

Die in Abb. 5 als durchgezogene eingezeichnete Häufigkeitsverteilung ist die sogenannte „Poisson-Verteilung“, die praktisch allen Radioaktivitätsmessungen zugrunde liegt. Bei der Poisson-Verteilung ist die Varianz gleich dem Mittelwert.

2 oderN Nσ σ= = (15)

Für genügend große Zählergebnisse (Mittelwert 20N > ) lässt sich die Poisson-Verteilung gut durch eine Normal- bzw. Gauß-Verteilung annähern.

4.4 Wechselwirkung von Strahlung mit Materie

Geladene Teilchen

Bei Stößen von geladenen Teilchen mit Materie dominiert die elektromagnetische Wechsel-wirkung. Es können verschiedene Prozesse dabei auftreten:

• Inelastische Streuung an Elektronen: Das geladene Teilchen wird dabei abgebremst und verliert seine kinetische Energie an die Atome oder Moleküle, die dabei angeregt oder io-nisiert werden.

• Elastische Streuung an Kernen: Die Teilchen werden bei Annäherung an einen positiv geladenen Atomkern durch elastische Stöße gestreut und verlieren dabei an den Kern Rückstoßenergie. Dieser Verlust ist umso kleiner je größer der Massenunterschied der Stoßpartner ist. Die Häufigkeit dieser Stöße ist wesentlich geringer als die inelastischen Stöße in der Elektronenhülle.

• Inelastische Streuung an Kernen: In der Häufigkeit vergleichbar mit den elastischen Stö-ßen mit Kernen sind inelastische Prozesse, bei denen ein geladenes Teilchen außer der durch die Kinematik bedingten Rückstoßenergie noch zusätzlich Energie verliert. Solche Prozesse sind z.B. die Erzeugung von Bremsstrahlung oder Anregungen des gestoßenen Kerns.

Geladene Teilchen können in hinreichend ausgedehnter Materie ihre gesamte Energie verlie-ren. Ihre Reichweite hängt von der Anfangsenergie und dem Bremsvermögen des Materials ab und kann nur näherungsweise berechnet werden. Eine empirische Formel für die Reichwei-te von α-Teilchen ist das Geigersches Reichweitengesetz (Gl. (5)).

Falls β+-Teilchen (Positronen) bei einem Zerfall emittiert werden, begegnen die Positronen entwerder bereits in der radioaktiven Probe oder im Detektor innerhalb einiger 100 ps norma-lerweise einem Elektron. Dies führt zu einer „Materie-Antimaterie“-Vernichtung des Elekt-rons und des Positrons: 2e e γ+ −+ → . Dabei entstehen zwei γ-Quanten mit einer Energie von je 512 keV. Diese Energie entspricht gerade der Masse des Elektrons bzw. des Protons.

γ-Strahlung

Im Gegensatz zu geladenen Teilchen ionisiert γ-Strahlung Materie nicht direkt. Sie wird nachweisbar durch drei Prozesse der elektromagnetischen Wechselwirkung: den Photoeffekt, die Comptonstreuung und die Paarbildung. Die dabei freigesetzten oder erzeugten Elektronen

RA 10 Radioaktivität

und Positronen übernehmen kinetische Energie, die sie durch Ionisierung abgeben. Es sind also sekundäre Teilchen, die den Nachweis von γ-Strahlung ermöglichen.

Im Unterschied zu geladenen Teilchen verliert γ-Strahlung in Materie Intensität, aber die Pho-tonen, die durchkommen, haben keine Energie verloren. Gegen γ-Strahlung ist keine vollstän-dige Abschirmung möglich, da auch nach großen Schichtdicken noch eine endliche Intensität vorhanden ist.

Die Abnahme der Intensität elektromagnetischer Strahlung durch Absorption in Materie der Dicke d wird durch die Beziehung

0dI I e µ−= (16)

beschrieben. Die Größe µ, die die Wahrscheinlichkeit der Absorption beschreibt, hat die Di-mension einer reziproken Länge und ist der totale lineare Absorptionskoeffizient.

Die Größe λ=1/µ ist die mittlere freie Weglänge der Strahlung in Materie, d.h. der mittlere Weg, den ein Photon zurücklegt, bevor es absorbiert wird.

4.5 Strahlenwirkung und Dosis

Auf Strahlung reagieren die verschiedenen in einem Organismus vorhandenen Gewebetypen unterschiedlich. Besonders strahlenempfindlich sind die Blutbildungsorgane, die Schleimhäu-te des Magen-Darm-Traktes und der Luftwege, die Keimdrüsen und embryonales Gewebe. Strahlenexposition bedeutet, das Strahlung im Gewebe absorbiert wird, wodurch es zu Wech-selwirkungen auf molekularer Ebene mit dem Körpergewebe kommt. Wenn Strahlung auf Körperzellen einwirkt, können bösartige Mutationen, wie zum Beispiel Krebs, in der strahlen-exponierten Person selbst entstehen. Sind Keimzellen betroffen, so kann es zu Mutationen oder zur Veränderung der Erbanlagen, der DNS, kommen.

Ionisierende Strahlung kann zelluläre Bestandteile, insbesondere die Erbsubstanz, verändern oder zerstören. Das ist nicht gleichbedeutend mit einem gesundheitlichen Schaden, denn der Organismus ist in der Lage, Zellverluste auszugleichen und sie zu reparieren. Allerdings kön-nen die natürlichen Abwehr- und Reparatursysteme der Immunabwehr auch in dieser Hinsicht versagen. Dies ist abhängig von der Höhe der Dosis, der Strahlenart, des Zeitraums der Strah-lenexposition und der räumlichen Verteilung der Zellschäden.

Energiedosis

Für die Beurteilung der Wirkung radioaktiver Strahlung wird die Energiedosis D verwendet, die als absorbierte Strahlungsenergie pro durchstrahlte Masse definiert ist. Die Maßeinheit ist Gray (Gy) mit 1 Gy = 1 J/kg.

Äquivalentdosis

Die verschiedene biologische Wirksamkeit unterschiedlicher Strahlungsarten wird durch die Äquivalentdosis H berücksichtigt:

Äquivalentdosis H = Energiedosis D × Qualitätsfaktor Q

Die Äquivalentdosis wird in [H] = 1 Sv = 1 Sievert angegeben. Der Qualitätsfaktor ist 1 für γ-Strahlung und 20 für α-Strahlung.

Äquivalentdosisleistung

Da Strahlung mit einer bestimmten Dosis über unterschiedliche Zeiträume einwirken kann, wird noch die Äquivalentdosisleistung benötigt, die Äquivalentdosis pro Bestrahlungsdauer

Radioaktivität RA 11

mit Maßeinheit Sv/h (In Deutschland beträgt die mittlere Äquivalentdosisleistung infolge na-türlicher Strahlungsquellen etwa 0,27 μSv/h).

In Tab. 2 sind einige Beispiele für Äquivalentdosen unterschiedlicher Herkunft und ihre mög-lichen kurzfristigen Wirkungen aufgezählt. Über möglicherweise Jahre oder Jahrzehnte später auftretende Nachwirkungen sagt diese Tabelle nichts aus.

Tab. 2: Äquivalentdosen verschiedener Herkunft und Wirkungen.

Äquivalentdosis Herkunft bzw. Wirkung

2 -4 mSv Jährliche natürliche Strahlenbelastung in Deutschland, bestehend aus Höhenstrahlung, Strahlung aus Isotopen in der Erde, der Radonbela-stung, der Belastung durch die natürlich entstehenden Isotope 40K und 14C.

0,1 mSv Interkontinentalflug

0,2-1 mSv Röntgenaufnahme der Lunge

ca. 10 mSv Röntgenaufnahme des Beckens

250-500 mSv Blutbildveränderungen, die sich wieder zurückbilden

1000-1200 mSv Haarausfall, Übelkeit

4000-5000 mSv LD50, d.h. 50% der betroffenen Personen sterben

7000 mSv 100% der betroffenen Personen sterben innerhalb von 30 Tagen

50000 mSv 100% der betroffenen Personen sterben innerhalb von 5 Tagen

4.6 Nachweis von Strahlung

Die Strahlung, die bei radioaktiven Zerfällen produziert wird, wird vom Menschen mit kei-nem seiner Sinne wahrgenommen. Zur Messung radioaktiver Strahlung bedarf es technischer Hilfsmittel. Zwei wichtige Arten von Detektor werden nachfolgend besprochen: das Geiger-Müller-Zählrohr und der Szintillationszähler.

Geiger-Müller-Zählrohr

Abb. 6: Schematische Darstellung eines Geiger-Müller-Zählrohres.

Beim Geiger-Muller-Zählrohr (GMZ) (Abb. 6) handelt es sich um ein einseitig offenes, meist zylindrisches Gefäß. Die offene Seite, das sog. Fenster, ist mit einem für Strahlung möglichst durchlässigen Material zur Luft hin verschlossen, üblicherweise verwendet man hierfür dünne

RA 12 Radioaktivität

Plastikfolien oder Glimmer. Dieses Gefäß ist mit einem leicht ionisierbaren Gas (Zählgas) unter niedrigem Druck gefüllt. Die Innenseite des Rohres ist elektrisch leitend, sie bildet einen Pol eines Kondensators (Kathode). Davon isoliert angebracht ist eine Gegenelektrode (Ano-de), bei zylindrischen Anordnungen befindet sich diese axial innerhalb des Rohres.

An diese Elektrodenanordnung wird nun eine Gleichspannung U0 angelegt. Das System ver-hält sich wie ein Kondensator: es baut sich auf Grund der Potentialdifferenz zwischen den beiden Elektroden ein elektrisches Feld auf. Gelangt ein schnelles, elektrisch geladenes Teil-chen, z.B. ein β-Teilchen, in das Zählrohr, so entstehen durch Ionisation des Zählgases längs der Bahn des Teilchens freie Elektronen und positiv geladene Ionen. Die Elektronen werden aufgrund des elektrischen Feldes in Richtung des Anodendrahtes beschleunigt und können durch Stöße weitere Gasmoleküle ionisieren. Die freien Elektronen leiten eine Gasentladung ein, die jedoch bei geeigneter Wahl der Spannung U0 und einem entsprechend dimensionier-ten Vorwiderstand R nach etwa 10-5 s selbst erlischt. Bei dieser Gasentladung fließt für kurze Zeit ein Strom im Zählrohr, der an dem Widerstand R einen Spannungsimpuls verursacht. Dieser lässt sich elektronisch verstärken und mit einer Zählerschaltung registrieren.

Die ionisierende Wirkung, die die Strahlung hat, ist abhängig von der Energie und der Art der Strahlung. α-Teilchen etwa besitzen aufgrund ihrer zweifach positiven Ladung eine höhere Wahrscheinlichkeit für die Ionisation als etwa Elektronen derselben Energie. Dennoch kann mit einem GMZ keine Aussage zu Art oder Energie der detektierten Teilchen gemacht wer-den. Das System reagiert ausschließlich darauf, dass es ein Zählereignis gegeben hat, nicht jedoch auf die Art des Ereignisses.

Nachdem das GMZ einen Zählimpuls produziert hat, dauert es eine gewisse Zeit t*, bis sich die Spannung auf den Kondensatorelektroden regeneriert hat. Während dieser Zeit ist das elektrische Feld im Inneren schwächer und es ist nicht mehr garantiert, dass durch Strahlung entstehende freie Ionen getrennt werden können bevor sie mit ihrem/ihren Elektron/en rekombinieren. In dieser Zeit muss daher davon ausgegangen werden, dass das Zählrohr blind ist. t* bezeichnet man als Totzeit. Folgen die Teilchen schneller aufeinander als im Abstand t*, ist das Zählrohr nicht mehr in der Lage, diese getrennt zu registrieren, und es gibt einen einzigen Zählimpuls. Je höher daher die aktuelle Zählrate ist, die mit einem GMZ gemessen wird, umso höher ist die Zahl der Teilchen, die in das Zählrohr eindringen, ohne dass dort für jedes Teilchen ein einzelner Zählimpuls ausgelöst wird. Um dennoch auch bei höheren Zähl-raten messen zu können, bedient man sich einer statistischen Korrekturformel, um aus der gemessenen Zählrate NZ die wahre Zahl von Teilchen im Zählrohr NW zu bestimmen:

1

ZW

Z

NNN t∗=

− (17)

Die hier verwendeten Zählrohre haben eine Totzeit von ca. 100 µs, so dass sie nur für kleine bis mittlere Zählraten geeignet sind. Sie registrieren α- und β-Strahlung gleichermaßen gut. Die Zählrohre registrieren auch γ-Strahlung, allerdings erzeugt nur etwa jedes hundertste ein-fallende Photon ein Ionenpaar, woraus sich eine nur geringe Empfindlichkeit für γ-Strahlung ergibt.

Szintillationsdetektor

Die Abnahme der Intensität von γ-Strahlung durch Absorption in Materie wird durch Gl. (16) beschrieben. Die wesentlichen Prozesse dabei sind der Photoeffekt und der Comptoneffekt, die durch die Absorption bzw. Streuung der Photonen freie Elektronen im Material erzeugen. Beim Photoeffekt entspricht die kinetische Energie des Elektrons der Energie des absorbierten Photons. Diese Elektronen verlieren durch Abbremsung im Material ihre kinetische Energie.

Radioaktivität RA 13

Dabei kommt es zu elektronischen Anregungen oder Ionisation der Atome. Die Zahl der An-regungen ist proportional zur Energie der abgebremsten Elektronen. In bestimmten Materia-lien (NaI, ZnS, Anthrazen) rekombinieren die angeregten oder ionisierten Atome unter Aus-sendung von Licht im sichtbaren Bereich. Dieser Prozess heißt Szintillation. Die Zahl dieser Lichtblitze ist proportional zur Energie der durch das γ-Quant erzeugten freien Elektronen. Solche Szintillatoren können zur Detektion von radioaktiver Strahlung benutzt werden.

In einem Szintillationsdetektor werden die erzeugten Lichtblitze mit Hilfe eines Sekundär-elektronenvervielfachers („Photomultiplier“) in ein messbares elektrisches Signal umgesetzt. Abb. 7 zeigt den Aufbau eines Szintillationsdetektors, bestehend aus eine mit Tl dotieren NaI-Kristalls und einem Photomultiplier.

Abb. 7: Schematische Darstellung eines Szintillationsdetektors.

Der durchsichtige NaI(Tl)-Kristall wird auf das Fenster des Photomultipliers gesetzt. Auf der Rückseite dieses Fensters ist die Anode angebracht, die mit einer dünnen Schicht eines Alka-limetalls beschichtet ist. Wird in dem Kristall eine Szintillation ausgelöst, so durchläuft das erzeugte Licht den Kristall und trifft auf die Anode und löst Elektronen aus dem Alkalimetall der Anode aus. Die Anode liegt auf dem negativen Potential U0, so dass die Elektronen in Richtung der 1. Dynode mit dem Potential U0 – ∆U beschleunigt werden und dabei kinetische Energie gewinnen. Treffen die Elektronen auf die Dynode, reicht ihre kinetische Energie aus, um pro einfallendem Elektron mehrere weitere Elektronen herauszuschlagen. Dieser Prozess wird nun über mehrere Dynoden hinweg wiederholt, bis die so erzeugte „Elektronenlawine“ schließlich die sich auf Erdpotential befindliche Anode erreicht. Dabei kann ein Elektronen-Verstärkungsfaktor von bis zu 1011 erreicht werden. Der dabei entstehenden Strom- bzw. Spannungspuls ist proportional zur Energie des ursprünglich absorbierten γ-Quants (oder auch α- oder β-Teilchens) und kann nun elektronisch verstärkt und analysiert werden.

Anders als ein GMZ ist der Szintillationszähler also in der Lage, die Energie eines einfallen-den Teilchens zu bestimmen. Die Totzeit eines Szintillations-Zähler-Systems beträgt wenige µs, d.h. es können wesentlich höhere Zählraten im Vergleich zum GMZ verarbeitet werden. Da es sich bei dem Detektionsmedium um einen Festkörper handelt, ist aufgrund der höheren Dichte verglichen mit dem Füllgas des GMZ die Wahrscheinlichkeit zur Detektion von γ-Strahlung wesentlich erhöht.

Abb. 8 zeigt ein mit einem NaI(Tl)-Szintillationszähler aufgenommenes Energiespektrum für ein Radionuklid, das γ-Strahlung mit nur einer Energie (662 keV) aussendet.

Dieses Spektrum zeigt die verschiedenen Komponenten eines Spektrums:

RA 14 Radioaktivität

• Der „Photopeak“ entspricht der Energie eines γ-Quants, das vollständig durch Photoeffekt im Szintillations-Kristall absorbiert wurde. Die Breite des Photopeaks ist durch die Ener-gieauflösung des Szintillations-Detektors gegeben.

• Zwischen der Energie null und der Energie der „Compton-Kante“ sind Ereignisse regi-striert, bei denen das einfallende γ-Quant durch Compton-Effekt“ gestreut wurde. Die La-ge der Compton-Kante hängt von der Energie der γ-Strahlung ab.

• Der „Rückstreupeak“ wird durch γ-Quanten verursacht, die zunächst ohne jede Wechsel-wirkung den Szintillations-Kristall durchqueren, dann aber an Material in der Umgebung des Detektors gestreut werden (Compton-Streuung) und danach im Detektor absorbiert werden.

Abb. 8: γ-Spektrum gemessen mit NaI(Tl)-Spektrometer.

Raumwinkel

Betrachtet man ein typisches Experiment zur Radioaktivität, so hat man es in der Regel mit einer strahlenden Substanz zu tun, die sich in einem definierten Abstand zu einem Detektor befindet. Jeder Zerfall innerhalb des Präparates löst die Emission eines entsprechenden Teil-chens aus, das in zufälliger Richtung vom Präparat ausgesendet wird. Ein Detektor registriert einfallende Teilchen und die Zählrate lässt Rückschlüsse auf die Aktivität der Probe zu. Schaut man sich die Verhältnisse genauer an, dann ist es aufgrund der begrenzten Größe der Detektoröffnung verständlich, dass nur der kleinere Teil aller emittierten Teilchen in den De-tektor gelangt und gezählt wird (Abb. 9).

Um die gesamte Aktivität einer Probe zu messen, müsste man daher die radioaktive Probe in einen Detektor hineinstellen, der Strahlung unabhängig von der Emissionsrichtung erfasst. Solche Geräte gibt es, für die meisten Anwendungen sind diese allerdings zu aufwendig oder zu unhandlich. Wie viel Strahlung von einem Detektor detektiert wird, ist abhängig von der Größe des Detektorfensters und des Abstandes zwischen diesem und der zu messenden Probe. Je weiter entfernt sich der Detektor von dem Präparat befindet, umso kleiner erscheint das Fenster des Detektors, durch das Teilchen einfallen müssen um detektiert zu werden. Da sich bei größeren Abständen die Zahl der emittierten Teilchen auf eine größere Oberfläche verteilt, misst der Detektor eine geringere Zählrate.

0 200 400 600 800 10000

1x103

2x103

3x103

4x103

Erei

gniss

e

Energie (keV)

Photopeak

Compton-Kante

Rückstreupeak

Radioaktivität RA 15

Abb. 9: Beschränkte Sicht eines Detektors. Nur diejenigen Teilchen können regi-striert werden, die in den grün markierten Winkelbereich emittiert wer-den.

Um die Detektoreigenschaften ,,Abstand“ und ,,Detektionsfläche“ in nur einer Größe erfassen zu können, bedient man sich in Analogie zum ebenen Winkel im Bogenmaß des sogenannten „Raumwinkels“. Betrachtet man den Einheitskreis (Abb. 10), so hat man neben der Angabe eines Winkels in Grad die Möglichkeit, diesen über die Länge des ausgeschnittenen Kreisbo-gens zu definieren. Dabei gilt (mit r = 1 im Einheitskreis)

[ ][rad] 22 360 360

b br

θ θππ

°= ⇒ =

° ° (18)

Abb. 10: Analogie zwischen dem ebenen Winkel im Bogenmaß (links) und dem Raumwinkel (rechts).

Für den räumlichen Fall kann man analog überlegen, welches Flächenstück A einer Kugel-oberfläche S mit Radius R (S = 4πR2) von einem Kegel ausgeschnitten wird, dessen Spitze im Mittelpunkt der Kugel liegt. Analog zu Gl. (18) gilt dann

2bzw.4

A AS Rπ

Ω= Ω = (19)

Für die Einheitskugel (mit R = 1 ) entspricht der Raumwinkel gerade dem Flächeninhalt des Stückes der Kugelfläche, die den Schnitt zwischen Raumwinkelbereich und Kugeloberfläche darstellt. Für kleine Winkel ist die Krümmung dieses Flächenstückes vernachlässigbar, und es ist näherungsweise zulässig, mit einer ebenen Fläche anstatt einer Kugelkappe zu rechnen. Analog zu Bogen und Sehne beim Kreis (Abb. 10 links) ersetzt man bei der Kugel die Kugel-kappe durch deren Grundseite (siehe Abb. 10).

RA 16 Radioaktivität

Zur genauen Aktivitätsbestimmung einer Probe muss man neben dem Raumwinkel des De-tektors auch die Ansprechwahrscheinlichkeit des Detektors für eine bestimmte Art von Strah-lung kennen, d.h. die Wahrscheinlichkeit, dass ein in den Detektor eindringendes Teilchen überhaupt ein Zählereignis auslöst. Die Ansprechwahrscheinlichkeit variiert insbesondere für γ-Strahlung stark mit deren Energie und hängt außerdem noch von dem Detektormaterial und dem Detektorvolumen ab.

Radioaktivität RA 17

5. Versuchsdurchführung

Die radioaktiven Präparate, die bei diesem Versuch zum Einsatz kommen, besitzen geringe Aktivitäten und sind für den Unterrichtsgebrauch zugelassen. Trotzdem sollten Sie folgende Hinweise beachten:

• Vermeiden Sie es, in die unmittelbare Nähe der Öffnung der Halterung zu kommen, aus der die Strahlung austritt.

• Versuchen Sie nicht, die Präparate mit den Fingern oder Gegenständen zu berühren (Kontaminationsgefahr).

• Ein- und Ausbau der Präparate in die Halterungen ist Sache der Betreuerin/des Be-treuers. Sollte ein Präparatewechsel notwendig werden, informieren Sie sie/ihn.

Sollten Fragen bezüglich des Strahlenschutzes aufkommen, wenden Sie sich bitte an die/den zuständigen Betreuerin/Betreuer.

Abb. 11: Aufbau für Messungen mit einem Geiger-Müller-Zählrohr.

Für die Versuche 5.1 bis 5.3 wird der in Abb. 11 dargestellte Aufbau benutzt. Das radioaktive Präparat befindet sich entweder halboffen an der einen Frontseite eines Stabes oder in einem strahlungsdurchlässigen Gefäß. Diese Präparateträger werden vom Betreuer/in in die Halter aus Kunststoff eingesetzt. Diese sind auf einer optischen Bank montiert. Einerseits gewähr-leistet das einen Schutz gegen Umkippen, andererseits kann die angebrachte Skala direkt für Abstandsmessungen benutzt werden. Durch ein Loch im Halter kann das Präparat Strahlung nach außerhalb abgeben. Auf einem zweiten Halter ist ein GMZ-Detektor angebracht.

Die sich gegenüberliegenden Stirnseiten der Halter für das Zählrohr wie auch für das radioak-tive Präparat definieren beide nicht genau die Position des Zählrohrfensters bzw. der Präpa-ratoberfläche. Die gemessenen Abstände sind daher entsprechend zu korrigieren. Einen sche-matischen Überblick verschafft dazu Abb. 12.

Nulleffekt

Als Nulleffekt (oder Nullrate bezogen auf die Zeit) wird die Anzahl von Zählimpulsen ver-standen, die von der Messapparatur auch ohne Vorhandensein eines radioaktiven Präparats registriert wird. Sie rührt von den natürlichen und künstlichen radioaktiven Isotopen in unse-rer Umwelt und der kosmischen Strahlung her. Der Nulleffekt ist im Zeitablauf zufälligen

RA 18 Radioaktivität

Schwankungen unterworfen und hängt vom Ort (geographische Lage und Meereshöhe), dem Gebäude (Baustoffe, Abschirmung) ab. Der Nulleffekt sollte vor Beginn jeder Messreihe er-fasst werden.

Zur Vermeidung von Verfälschungen durch den Nulleffekt ist eine Korrektur der gemessenen Zählergebnisse N bzw. der Zählrate Z mit Z = N/T (T: Zähldauer) um den Nulleffekt N0 bzw. die Nullrate Z0 nötig.

5.1 Untersuchung der α-Strahlung von 241Am

In diesem Versuchsteil sollen die Eigenschaften von α-Strahlung untersucht werden.

Da α-Teilchen feste Materie kaum durchdringen, muss bei dem folgenden Versuch die Schutzkappe vor dem GMZ-Fenster entfernt werden. Dadurch ist dieses aber nicht mehr vor mechanischen Beanspruchungen geschützt. Es ist daher darauf zu achten, das Fenster nicht zu berühren oder sonst irgendwie mechanisch zu belasten. Ein Loch oder Riss hat die Zerstö-rung des Zählrohres zur Folge (Kosten etwa 350 €).

Abb. 12: Abstandsmaße für Messungen mit einem Geiger-Müller-Zählrohr.

Bestimmung der Reichweite von α-Strahlung

Wie bereits bei den unterschiedlichen Zerfallsarten ausgeführt wurde, besitzen α-Teilchen, die durch denselben Zerfallsprozess entstehen, identische kinetische Energien, sie sind mono-energetisch. Da die Wahrscheinlichkeit für Zusammenstöße mit Molekülen der Luft für alle α-Teilchen ebenfalls identisch ist, ergibt sich daraus eine im Mittel gleiche Entfernung, die die Teilchen durch Luft zurücklegen können.

Starten sie die Software für die Messwerterfassung „CASSYLab“. Als Messwertquelle wäh-len sie auf der schematischen Skizze des CASSY, die von dem Programm am Programmstart angezeigt wird, die Zählrohrbox an. Es stehen Ihnen nun zwei Modi zur Verfügung:

• Messung der Gesamtzahl N der Zählereignisse: jedes Ansprechen des Zählrohres erhöht den Wert der Größe N um eins. Ein Zurücksetzen auf null muss manuell erfolgen.

• Messung der Zählrate R: es wird die Anzahl der Zählereignisse innerhalb einer Sekunde gezählt. Nach der Erfassung dieses Wertes wird der Wert zurückgesetzt auf null und es wird neu gezählt.

Für die hier vorliegende Aufgabe ist der zweite Modus der geeignete. Entfernen Sie die Schutzkappe vor dem Zählrohrfenster. Präparat und Zählrohr werden nun einander gegenüber

Radioaktivität RA 19

liegend auf der optischen Bank angeordnet. Unter Messparameter stellen Sie eine Messzeit von 60 s ein. Messen Sie so die Zählrate für einen Abstand von 25 mm. Verkleinern Sie dann den Abstand millimeterweise bis auf 10 mm. Beachten Sie die geometrischen Verhältnisse (siehe Abb. 12).

Wie Sie bereits nach der ersten Messung feststellen können, variiert die Zählrate nicht uner-heblich, so dass für eine sinnvolle Messung der zeitliche Mittelwert über die 60 s Messzeit ermittelt werden muss (diese Funktion finden Sie im Kontextmenü der CASSYLab-Software). Notieren Sie sich diesen zeitlichen Mittelwert und den dazugehörigen Abstand. Nachdem Sie die Zählrate für alle Abstände bestimmt haben, werten Sie Ihre Ergebnisse di-rekt aus, indem Sie die Messdaten in der Software ,,Origin“ erfassen. Tragen Sie die Zählrate gegen den zugehörigen Abstand von Zählrohr und Präparat auf.

In der gemessenen Strahlung sind auch γ-Anteile enthalten, deren Schwächung längs der aus-gemessenen Abstände vernachlässigt werden kann. Sie liefern einen abstandsunabhängigen Untergrund. Ziehen sie diesen Untergrund, den Sie bei großen Entfernungen (oder durch ein Blatt Papier zwischen Präparat und GMZ) messen können, von ihren Messwerten ab.

Man sollte erwarten, dass bei kleinen Abständen die α-Zählrate praktisch konstant ist (die Absorption monoenergetischer α-Strahlung erfolgt ja nicht nach einem Exponentialgesetz). Statt dessen werden Ihre Messwerte eine starke Abnahme zeigen. Dies liegt zum einen daran, dass nicht die Reichweite in Luft sondern im System ,,Luft/Zählrohrfenster“ gemessen wird. Längs ihres Weges sinkt die Geschwindigkeit der α-Teilchen, und da nach dem Reichweitengesetz, Gl. (5), auch die Reichweite im Fenster mit v3 abnimmt, sinkt die Durch-lässigkeit der Folie, wodurch bei größerem Abstand die langsamen Teilchen praktisch nicht mehr in das Zählrohr eindringen können.

Zum anderen ist die Abstandsabhängigkeit Ihrer Messwerte wesentlich durch den mit zuneh-menden Abstand verringerten Raumwinkel, aus dem das Zählrohr Strahlung empfängt, be-dingt. Berechnen Sie daher für jeden Abstand den Raumwinkel (wobei sie die Quelle als punktförmig annähern können) und dividieren Sie Ihre Messergebnisse durch diesen Raum-winkel. Die so erhaltenen Werte stellen sie grafisch gegen den Abstand dar. Bestimmen Sie daraus die Reichweite.

Messung der statistischen Verteilung

Wenn Sie die Messergebnisse des vorhergehenden Versuchsteils anschauen, so stellen Sie fest, dass die gemessenen Zählraten um den von Ihnen bestimmten Mittelwert eine deutlich merkliche Schwankung zeigen. Offenbar verläuft der Zerfall einer Substanz alles andere als gleichmäßig.

Wechseln sie die Ansicht der CassyLAB-Software in den Modus „Häufigkeitsverteilung“. Für jede einzelne Messung erhalten Sie hier die Information, wie häufig welcher Messwert inner-halb einer Messreihe vorgekommen ist. Markieren Sie einen maximalen Punkt jeweils in einer dieser Verteilungen bei kleinem (z.B. bei 12 mm) und bei großem Abstand (25 mm). Be-stimmen Sie jeweils mit Hilfe der Software die Poisson-Verteilung zu der Messreihe, indem Sie nach Auswahl des entsprechenden Menüpunktes die Messwerte ähnlich wie bei der Mit-telwertbildung markieren. Die Anzahl der Messwerte, der Mittelwert sowie die Streuung wer-den nach der Bestimmung der Verteilung im Textfeld als Standardwert eingetragen und sind dort abrufbar. Vergleichen Sie die beiden Ergebnisse miteinander.

RA 20 Radioaktivität

5.2 Untersuchung der β-Strahlung von 60Co

Bestimmung der Absorptionsskonstanten von β-Strahlung in Polymeren und Aluminium

In diesem Teil wird das Schwächung von β-Strahlung durch Materie gemessen. Anders als α-Teilchen besitzen β-Teilchen aus einem radioaktiven Zerfall in der Regel alle unterschiedliche kinetische Energien. Daher ist einsichtig, dass die Reichweite von β-Teilchen qualitativ eine andere ist als bei α-Teilchen. Die Absorption polyenergetischer β-Strahlung folgt annähernd einem Exponentialgesetz

( ) (0) KxN x N e−= (20)

wobei N(0) und N(x) die Zählraten der β-Teilchen vor und hinter einem Absorber der Dicke x bedeuten. K ist die Absorptions- oder Schwächungskonstante; ihr Kehrwert δ = K−1 wird als mittlere Reichweite bezeichnet. δ gibt die Absorberdicke an, in der N auf den e-ten Teil von N(0) abgefallen ist. Ursachen für das (fast) exponentielle Abklingen sind zum einen die ver-schiedenen Reichweiten der β-Teilchen unterschiedlicher Energie im Strahl und zum anderen die Ablenkung des β-Teilchen bei Wechselwirkungen mit Absorberatomen aus der geradlini-gen Richtung heraus, so dass diese nicht mehr in das Fenster des GMZ einfallen. Aufgrund der geringen Masse der β-Teilchen passiert das viel häufiger als bei den schweren α-Teilchen, deren Flugrichtung sich so gut wie nicht ändert. 60Co emittiert sowohl β- als auch γ-Strahlung. Die γ-Strahlen werden wesentlich weniger ab-sorbiert als die β-Strahlen. Da die Empfindlichkeit des GMZ für γ-Strahlen wesentlich gerin-ger ist als die für β-Strahlung, stört dieser Anteil die Messung nur in vernachlässigbarem Ma-ße.

• Messen Sie die Zählrate bei 2 cm Abstand zwischen Probenhalter und GMZ (Zähldauer: 60 s).

• Wiederholen Sie die Messung, platzieren Sie allerdings vor die Austrittsöffnung des Pro-benhalters eine oder mehrere Plastikfolien. Durch Kombination mehrerer Folien lassen sich unterschiedliche Dicken zwischen 0,1 mm und 2 mm realisieren.

• Tragen Sie halblogarithmisch die Anzahl Messereignisse NMess(x) gegen die Dicke der Absorberschicht x auf und ermitteln Sie daraus die Absorptionskonstante für das Plastik-material. Verwenden Sie als Messwert jeweils den Mittelwert aus 3 Einzelmessungen und geben Sie eine Fehlerabschätzung an.

• Wiederholen sie die Messungen, verwenden Sie als Absorbermaterial nun aber Alumini-um (Schichtdicke: 1 mm bis 12 mm).

• Vergleichen Sie qualitativ die aus den Schwächungskonstanten folgenden mittleren Reichweiten mit den aus dem Versuch 5.1 ermittelten Reichweiten von α-Strahlung. Was lässt sich daraus bezüglich der Schädlichkeit von β-Strahlung für Organismen folgern? Wie kann man sich gegen von außen kommende β-Strahlung schützen? Wie dick muss ei-ne Plastik-Abschirmung sein, um die β-Strahlung von 60Co bis auf 0,1% abzuschirmen?

5.3 Untersuchung eines Cs-Ba-Mutter-Tochter-Präparates

Wie bereits in den Grundlagen vorgestellt wurde, liegen Kerne nach einem radioaktiven Zer-fall in aller Regel in einer angeregten Form vor. Ähnlich wie bei den Elektronen wird die in dieser Anregung steckende Energie durch Emission von Photonen frei, wenn das System in den Grundzustand zurückkehrt. Im Falle der Kerne ist die Lebensdauer dieser Anregungen oft deutlich länger als in Atomen.

Radioaktivität RA 21

Bei dem zu untersuchenden System handelt es sich um 137Cs, das über einen metastabilen Zwischenzustand in 137Ba zerfällt (Abb. 13).

Abb. 13: Termschema für den β-Zerfall von 137Cs. Die Energieskala ist Null im Grundzustand. Ausgehend vom Ausgangskern zerfällt das Isotop entwe-der zu 137Ba (zu 5,4%) oder der Zerfall läuft über den angeregten Zwi-schenzustand 137mBa des Bariums 0,66 MeV oberhalb des Grundzustands ab (zu 94,6%).

Das Isotop 137mBa mit einer Halbwertszeit von wenigen Minuten wird in einem „Isotopenge-nerator“, der 137Cs enthält, ständig produziert. Das metastabile 137mBa besitzt zur Ausgangs-substanz Cs unterschiedliche chemische Eigenschaften. Deswegen kann man mit Hilfe einer entsprechenden Lösung die Ba-Kerne aus dem Isotopengenerator ausspülen, ,,eluieren“ ge-nannt. Im Generator bleibt danach lediglich das für die Lösung unlösliche Cäsiumsalz zurück, welches bei nachfolgenden Zerfällen wieder Barium produziert. Die metastabilen Kerne des Barium befinden sich nach der Eluierung in der produzierten Lösung.

• Bestimmen Sie den Nulleffekt im GM-Zähler ohne radioaktives Präparat. Betreiben Sie das Zählrohr im Modus, der Ihnen die absolute Anzahl von Zählereignissen liefert. Stellen Sie in den Messeinstellungen die Messzeit auf 10 s ein und wählen Sie eine Zeitauflösung von 100 µs. Führen Sie eine Serie von etwa 50 Einzelmessungen durch. Stellen Sie die Häufigkeitsverteilung als Balkendiagramm dar. Bestimmen Sie Mittelwert und Standard-abweichung und überprüfen Sie die Gültigkeit von Gl. (15).

Für die Bestimmung der Halbwertszeit von 137mBa bleibt Ihnen nach der Produktion der Lö-sung nicht viel Zeit. Sie sollten mit der nachfolgend beschriebenen Messung daher beginnen, sobald der Betreuer/die Betreuerin die 137mBa-Lösung hergestellt und in den Präparatehalter eingesetzt hat.

• Bringen Sie Präparat- und Zählrohrhalter möglichst dicht zusammen, um eine gute Intensi-tät für Ihre Messung zu bekommen. Achten Sie darauf, dass die Schutzkappe auf das Zähl-rohrfenster aufgesetzt ist.

• Betreiben Sie das Zählrohr in diesem Versuch nicht in dem Modus, der ihnen die aktuelle Zählrate liefert, sondern betreiben Sie es im Modus, der ihnen die absolute Anzahl von Zählereignissen liefert. Wählen Sie einen Messbereich von 700 aus.

• Stellen Sie in den Messeinstellungen die Messzeit auf 10 s ein und wählen Sie eine Zeit-auflösung von 100 µs. Aktivieren Sie außerdem die Option ,,neue Messreihe anhängen“.

• Lassen Sie die Einstellungen vom Betreuer/von der Betreuerin noch einmal überprüfen. Da der Isotopengenerator immer eine gewisse Zeit benötigt (etwa 20 min), bis er noch einmal verwendet werden kann, und weil falsche Einstellungen den Abbruch einer Mes-sung fast zwangsläufig bedingen, ist eine Kontrolle sinnvoll und spart im Zweifel Zeit.

• Nehmen Sie eine Stoppuhr zur Hand.

RA 22 Radioaktivität

• Starten Sie eine Messung gleichzeitig mit der vorhandenen Stoppuhr.

• Haben Sie alles richtig gemacht, endet die Messwerterfassung der Cassy-Software nach10 s.

• Nach weiteren 20 s starten sie eine weitere Messung, die wiederum nach 10 s abbricht.

• Wiederholen Sie diesen Vorgang für eine Gesamtdauer von 10 Minuten. Sie erhalten da-durch alle 30 s für jeweils 10 s die Anzahl der Messereignisse des Zählrohres.

• Zuletzt bestimmen Sie aus der Differenz zwischen der Anzahl der Zählereignisse jeweils am Anfang und zum Ende eines 10 s-Intervalls die Anzahl der Detektionen innerhalb von 10 s. Daraus folgt die Aktivität der Probe für jedes der einzelnen 10 s-Intervalle innerhalb der 10 Minuten.

Tragen Sie die Probenaktivität gegen die Zeit auf (mit Origin) und korrigieren Sie auf den Nulleffekt. Erzeugen Sie einen exponentiellen Fit Ihrer Messdaten nach Gl. (10) und bestim-men Sie daraus die Zerfallskonstante und die Halbwertszeit des Nuklids 137mBa.

Radioaktivität RA 23

6. Zerfalls-Diagramme der radioaktiven Isotope

… und hier das wirklich komplizierte (und nicht mal vollständige) Zerfalls-Diagramm von 241Am:

Alle Energieangaben sind in „keV“.

Quelle: R.B. Firestone, Table of Isotopes (8th ed., Wiley-Interscience, New York 1996).