Grundvorlesung im BA-Studiengang Bauingenieurwesen · Dieses Messverfahren ist insbesondere für...

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Hochschule Bochum – Fachbereich Geodäsie 1 Bauvermessung Grundvorlesung im BA-Studiengang Bauingenieurwesen Prof. Dr.-Ing. H.-J. Przybilla Quellen: Resnik/Bill: Vermessungskunde für den Planungs-, Bau- und Umweltbereich Witte/Schmidt: Vermessungskunde und Grundlagen der Statistik für das Bauwesen

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Hochschule Bochum – Fachbereich Geodäsie 1

Bauvermessung

Grundvorlesung im BA-Studiengang

Bauingenieurwesen Prof. Dr.-Ing. H.-J. Przybilla

Quellen: Resnik/Bill: Vermessungskunde für den Planungs-, Bau- und Umweltbereich Witte/Schmidt: Vermessungskunde und Grundlagen der Statistik für das Bauwesen

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Elektrooptische Distanzmessung

Prisma

S

Sender

Empfänger

Zur Bestimmung einer Distanz wird von einem Sender eine elektromagnetische Strahlung ausgesendet, von einem Prisma reflektiert und durch einen Empfänger detektiert.

Die Distanz kann entweder aus der Laufzeit oder aus dem Phasenunterschied beim Verlassen des Senders und beim Empfang abgeleitet werden.

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Impuls- und Phasenvergleichsverfahren Impulsverfahren

Sender Reflektor

Empfänger

Laufzeitmesser

Distanz S

Durch Messung der Laufzeit t des Impulses lässt sich die im Hin- und Rückweg durch-laufene Strecke ermitteln 2S = ct

Phasenvergleichsverfahren

Sender Reflektor

Empfänger

Phasenmesser

Distanz S

Durch Messung der Phasen-verschiebung des Signals ∆ϕ und Vielfachen N der Wellen-länge λ lässt sich die durch-laufene Strecke ermitteln

2S = λ ( + N) ∆ϕ 2π

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Lösung der Mehrdeutigkeit

λ1 (eindeutig)

λ2

λ3 (Feinauflösung)

Eindeutige Ergebnisse nach dem Phasenvergleichsverfahren lassen sich erzielen, wenn man den Messvorgang in einzelnen Schritten mit verschiedenen Wellenlängen ausführt.

Messfrequenz Wellenlänge Reststrecke

3. Messung 150 kHz 2000 m 789 2. Messung 1,5 MHz 200 m 88,2 1. Messung 15 MHz 20 m 8,437

Gesamtstrecke 788,437

Beispiel:

Distanz S

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Anwendung des Impulsverfahrens

Empfänger

Sender

S = c t / 2

Durch Mittelbildung der in schneller Folge durchgeführten Einzelmessungen lässt sich die Genauigkeit des Impuls-verfahrens wesentlich verbessern. Dieses Messverfahren ist insbesondere für die reflektorlose Distanzmessung geeignet.

Lichtimpuls

Zielpunkt

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Reflektorlose Distanzmessung Die Reichweite und die Genauigkeit der reflektorlosen Distanzmessung hängt erheblich von der angemessenen Oberfläche, den meteorologischen Bedingungen und der Objektform ab.

Ecke Wand

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Reflektorlose Distanzmessung 1994 stellte Leica mit DISTO den ersten elektronischen Handstreckenmesser vor. Das Messsystem ist aufgrund der reflektorlosen Streckenmesstechnik weit mehr als ein Ersatz für das Messband.

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Reflektorlose Distanzmessung

Die wesentlichen Vorteile gegenüber dem Messband sind:

1-Personen-Messystem, präzisere Messungen (s = 1 bis 10 mm auf 50 m), gefahrlose Messung von Raumhöhen bzw. schwer zugänglichen

Abschnitten (Verkehrs- und Wasserflächen usw.), automatische Speicherung der Messwerte und Berechnung von

Flächen und Volumina, umfangreiches Zubehör (Visiereinrichtungen, Zieltafeln usw.) für

spezielle Messaufgaben, wie Baumhöhen und große Entfernungen.

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Elektronische Tachymeter

+ Optisch-mechanische Theodolite

Optisch-mechanische Entfernungsmesser

+ Optisch-mechanische Theodolite

Elektronische Entfernungsmesser

+ Elektronische Theodolite

Elektronische Entfernungsmesser

Während optisch-mechani-sche Tachymeter eher an der Kartiergenauigkeit im dm-Bereich orientiert sind, lassen sich die Zielpunkte durch Kombination der elektronischen Winkel- und Distanzmesseinrichtungen mit cm- und sogar mm-Genauigkeit einmessen. Elektronisches

Tachymeter (Totalstation)

N X Y P 212 132.45 243.01 KD 213 138.97 231.33 Sch

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S

Z

β

Scanner- spiegel

Motor

Sende- und Empfangsoptik

Während die elektronischen Tachymeter in der Regel eine selektive Erfassung der ausgewählten Objektpunkte ermöglichen, werden die zu erfassenden Objekte bei Anwendung der sog. Laserscanner abgetastet, d. h. mit einem regelmäßigen Raster von Messpunkten überzogen.

Terrestrische Laserscanner

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Messungen pro Punkt Pi: 1 Strecke s‘i 1 Horizontal-Winkel w1i und 1 Vertikal-Winkel w2i

Objektpunkt: Koordinaten x y z + Intensität i des reflektierten Signals

Punktraster

Messprinzip

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Punktwolke (Maschinenhalle Zeche Zollern)

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Punktwolke im Vergleich zu Bilddaten

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360°-Panorama

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Tachymetrie ist die Messmethode, mit der sich eine Geländeaufnahme nach Grundriss und Höhe durch die Messung von Richtungen, Strecken und Höhenunterschieden vom Instrumentenstandpunkt aus schnell durchführen lässt.

A

B

1

SA1

β1

tAB tA1

A

B

1

Draufsicht

Z1

i

t SA1

A 1

HA H1

Vertikalschnitt

X1 = XA + SA1 cos(tAB+β1)

Y1 = YA + SA1 sin(tAB+β1)

H1 = HA + SA1 cot(Z1) + i - t

Tachymetrie

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Messtischtachymetrie Aufnahme mit vollständiger

graphischer Bearbeitung im Feld

Zahlentachymetrie Aufnahme mit

ausgewählter Codierung im Feld

Whs 9

Sch 1

2

3

4 5

6 7

10

8 9 11

17

12

13 15

16

14

1,5 0,2

1,7 0,25

Whs 9

Sch

34.4

N X Y P 212 132.45 243.01 KD 213 138.97 231.33 Sch

Entwicklung der Tachymetrie

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Grundprinzip der tachymetrischen Aufnahme

Standpunkte

Aufnahmepunkte Standpunkt

Als Grundlage für die tachymetrische Aufnahme wird ein Festpunktrahmen benötigt, in dem jeder Standpunkt nach Lage und Höhe bestimmt wird. Abstand und Lage dieser Punkte richtet sich nach den Sichtverhältnissen im Gelände.

Aufnahmepunkte

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Festpunktfeld

Tachymeterzug

1 2

3 4

A B

Blockmethode

A B

freie Standpunktwahl

A C B

1

lokales Netz

A B

1 2

3 4

Die Aufnahme kann in der Regel nicht nur von den wenigen Fest-punkten der amtlichen Festpunktnetze durchgeführt werden. Daher werden einige zusätzliche Punkte im Gelände koordiniert.

4

2 1

3

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Linienerfassung

1

2

3

4

Geländeschnitt

1

2 3

4 5

6

Weg

Situationsaufnahme

Für die korrekte Erfassung der gekrümmten Linien nähert man ein Sehnenpolygon derart an, dass die Abweichung zwischen Sehne und Kurve im zulässigen Bereich bleiben.

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Datencodierung

Verschlüsselung der Daten: Schlüsselzahl Punktnummer Punktcode

Der Punktcode ist die Beschreibung des in der Örtlichkeit aufgemessenen Objektes. Zum Beispiel: Code 2 TP

3 Polygonpunkt 4 Grenzpunkt 15 Holzmast 166 Laubbaum

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020 Gehweg 021 Gehw.-Einf. 022 Gehw.-Mauer 023 Gehw.-Zaun 024 Mauer-Zaun 025 Mauerecke 026 Mauer-Haus 027 Zaunecke 028 Geländer 029 Trockenm. 030 Gittermast 031 Holzmast 032 A-mast 033 Doppelmast 034 Kabelsch. 035 Schaltkast. 036 Laterne 037 Betonmast 038 Kabelstein 039 Trafo

040 KD 041 Hydrant 042 Wassersch. 043 Gully 044 Doppelgully 045 Rinne Anf. 046 Rinne Mitte 047 Durchlass 048 ACO-Drain 049 Parkuhr 050 OK Graben 051 UK Graben 052 Grabenmitte 053 OK Bach 054 UK Bach 055 OK Sohlsch. 056 UK Sohlsch. 057 Kabelsch. 058 Notruf 059 Infotafel

060 Gasschieber 061 Ferngassch. 062 Riechrohr 063 Lichtsch. 064 Stufe, Trep. 065 Beet 066 FS 067 Eingang 068 Schacht 069 Pfeiler 070 OK Bö. 071 UK Bö. 072 Bö.-Spitze 073 Bö.-Knick 074 OK Zaun 075 UK Zaun 076 OK Weg 077 UK Weg 078 Gelände 079 OK=UK

000 001 TP 002 PP 003 Grenzpkt. 004 Achspkt. 005 Geb.Ecke 006 Fl.-Ende 007 Überdach. 008 Hl.-Ecke 009 Fahrb.-Mitte 010 Fahrb.-Rand 011 Bogenanf. 012 Bogen 013 Schw.Decke 014 Wegrand 015 Parktasche 016 Busbucht 017 Insel 018 Radweg 019 S. Skizze

Die Überlegungen hinsichtlich des Aufbaues einer sinnvollen Datenstruktur müssen vor Beginn der Vermessung abgeschlossen sein.

Codelisten

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Führung des Feldrisses

Inhalte:

- Instrumentenstandpunkte, Nr., Anschlussrichtung

- Geländepunkte - Interpolationslinien

- Zäune, Grenzen, Straßen etc. - auffallende Einzelobjekte - Nutzungsarten

- Böschungen, Kuppen, Mulden - Gebäude (Nutzung, Hausnr.)

- Nordpfeil

- Kennzeichnung (Datum, Name)

Feldriss Seite

Gemessen am : durch :

Land Gemeinde Kreis Stadt

Gemarkung Ortsteil

Kennziffer/Block Straße, Flur Kartenblatt Nr. Maßstab Objekt Auftrags-Nr.Maßstab

Whs 9

Sch 1

2

3

4 5

6 7

10 8 9 11

17

12

13 15

16 14

1,5 0,2

1,7 0,25

12.11.04

Paul

Rostock

Pr. Umbau

N

PP 5

PP 4

PP 6

Wiese

1

Da nicht alle möglichen Attribute und Verbindungsinformationen durch die Punktcodes verschlüsselt werden können, werden bei den umfangreichen tachymetrischen Aufnahmen zusätzlich Feldskizzen geführt.

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N X Y P 212 132.45 243.01 KD 213 138.97 231.33 Sch

Projekt: Rostock - [Digitale Karte]

Whs. 9

Sch

34.4

Vollständige Codierung und graphische Bearbeitung

N X Y P 212 132.45 243.01 KD 213 138.97 231.33 Sch

Ausgewählte Codierung

Mit modernen Feldcomputern ergibt sich heutzutage die Möglichkeit, die graphischen Bearbeitungsmöglichkeiten des "klassischen" Messtisches mit den Forderungen eines geschlossenen Datenflusses zu verbinden.

Grafische Aufnahmeverfahren

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Elektronische Datenverarbeitung (EDV)

Messung und Datenregistrierung

Aufbereitung der Rohdaten und Datenkorrektur

Koordinatenberechnungen aus den Messdaten

Ein ununterbrochener digitaler und möglichst verlustfreier Datenfluss ist die Voraussetzung für eine effektive und wirtschaftliche Anwendung der EDV im Vermessungswesen.

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Datenausgabe als Koordinatenlisten und Ergebnisprotokolle

Interaktiv-graphische Systeme (CAD, GIS ...)

Elektronische Datenverarbeitung (EDV)

Ein ununterbrochener digitaler und möglichst verlustfreier Datenfluss ist die Voraussetzung für eine effektive und wirtschaftliche Anwendung der EDV im Vermessungswesen.

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Interaktiv-graphische Datenverarbeitung

Ausgabe in Digitalform

Whs 10

Ausgabe in Papierform N X Y P 212 132.45 243.01 KD 213 138.97 231.33 Sch

Moderne Verfahren der 3D-Vermessung

Abschnitt 1 M 1:1000

Ein Kartiersystem ist ein Programmsystem, welches einer Umsetzung von alphanumerischen Informationen in Graphiken und ihrer Bearbeitung mit dem Computer dient.

Interaktiv-graphisches System (Kartiersystem)

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Datenverarbeitung in einem CAD-System

CAD ist ein Sammelbegriff für ein Programmsystem zur digitalen Bearbeitung geometrischer Gebilde, welches speziell zum Konstruieren und Visualisieren verwendet wird.

CAD-System

N X Y P 212 132.45 243.01 KD 213 138.97 231.33 Sch

Moderne Verfahren der 3D-Vermessung

Ausgabe in Digitalform

Ausgabe in Papierform

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Geodätische Rechentechnik Nach der Aufnahme der Vermessungs- und Objektpunkte im Gelände durch verschiedene Messverfahren erfolgt in der Regel eine Weiterverarbeitung der gewonnenen Daten. Dabei sind die folgenden Aufgaben besonders von Bedeutung:

Flächenberechnung F

Volumenberechnung V

Koordinatenberechnung 1

2 A B

3 4 x

y

Fehlerrechnung 95,4%

-3σ -2σ -σ 0 σ 2σ 3σ

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Richtungswinkel

Der Richtungswinkel ist der rechtsläufig gezählte Winkel zwischen der Abszissenachse eines geodätischen Koordinatensystems bzw. einer Parallelen zu dieser und der Richtung zu einem Ziel.

X

Y

A

0

B tBA

X

Y A

0

B tAB

tBA = tAB ± 200 gon

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Rechtwinklige und polare Koordinaten

Gegeben: t12 und s12 Gesucht: ∆x12 und ∆y12

Lösung: ∆y12 = S12 sin t12

∆x12 = S12 cos t12

Erste Grundaufgabe

Polare und rechtwinklige Koordinaten können problemlos unter Nutzung trigonometrischer Beziehungen ineinander überführt werden.

Zweite Grundaufgabe

Gegeben: ∆x12 und ∆y12 Gesucht: t12 und s12

Lösung:

t12 = arctan ( ) ∆y12

∆x12

s12 = ∆y12 + ∆x12 2 2

x1

x2

y1 y2

t12 ∆x12

∆y12

s12

y

x

P1

P2

∆x12

∆y12

x1

x2

y1 y2

t12 s12

P1

P2

y

x

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Polares Anhängen

Gegeben: Koordinaten der Punkte P1 und P2 (x1, y1, x2, y2) Gemessen: Winkel β2 und Strecke s23 Gesucht: Koordinaten des Punktes P3 (x3, y3)

P1 y

x

P2

Lösung: t23 = t12 ± 200 + β2

x3 = x2 + s23⋅cos(t23)

y3 = y2 + s23⋅sin(t23)

Das „Polare Anhängen“ wird nach den Formeln der ersten Grundaufgabe gelöst. Der Richtungswinkel wird dabei aus den vorhandenen Koordinaten bzw. Winkelmessungen ermittelt.

s23

β2

P3

y1

x1

y2

x2

?

?

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Lösung:

Polares Anhängen - Zahlenbeispiel

350 gon

?

?

30 m

40 m

90 m

60 m P1

P2

y

x

60 m

P3

y3 = y2 + s23 ⋅ sin(t23) = 56,833 m

t12 = 200 + arctan ( ) = 200 + 79,517 = 279,517 gon ∆y12

∆x12

Gegeben: x1, y1, x2, y2 Gemessen: β2 = 350 gon s23 = 60 m Gesucht: x3, y3

t23 = t12 ± 200 + β2 = 29,517 gon x3 = x2 + s23 ⋅ cos(t23) = 93,67 m

(klicken um Lösungsschritte anzuzeigen)

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Instrumente für die Polaraufnahme

Trimble 3300DR

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Instrumente für die Polaraufnahme

Zeiss Elta 50Ra

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Instrumente für die Polaraufnahme

Leica TC 600a