GUSTO unterwegs Weinviertel / Retzer Land Zuflucht für ...zu gehört ein rescher Veltliner. Das...
Transcript of GUSTO unterwegs Weinviertel / Retzer Land Zuflucht für ...zu gehört ein rescher Veltliner. Das...
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RRebzeilen bahnen sich den Weg von Hügel zu Hügel, dazwischen sind gelb leuchtende Kürbisseins Land gestreut. Enge Kellergassen, geschlossene Häuserreihen Schulter an Schulter, fröhliche Stimmen aus der Buschenschank. Mensch und Wein, im Weinviertel eine natürliche Symbiose.
T E X T : B A R B A R A H A I D E N I F O T O S : D I E T E R B R A S C H
Zuflucht für RomantikerGUSTOGUSTO unterwegs Weinviertel / Retzer Land
Weinidylle mit Zukunft. Schön langsam erwacht das Retzer Land aus seinem Dornröschenschlaf. Im modern gestalteten Weinquartier treffen Landjugend und Weintouristen aufeinander. Im schönen Retzbacherhof in Unterretzbach gibt’s regionale Leckerbissen: zum Beispiel Kürbisgulasch und Kürbisbowle.
Zuflucht für Romantiker
Die Maulaverner Kellergasse in Zellerndorf.
Ein echter Weinviertler: der Grüne Veltliner.
Retz, Metropole des nordwestlichen
Weinviertels, eine reizende Kleinstadt
mit schmuckem Stadtplatz, umrahmt
von schönen alten Bürgerhäusern. Der
eiserne Vorhang ist längst gefallen, das
nahe Znaim ist aber immer noch weiter
weg als das ferne Wien. Vor einem Jahr
haben hier am Stadtplatz die Wein-
viertler Winzer eine Dependance für
ihre Weine eingerichtet. Das modern
gestylte Weinquartier ist Vinothek, Res-
taurant und Bar. Die rund 350 Weine
der 50 vertretenen Winzer können alle
verkostet und zu Ab-Hof-Preisen ge-
kauft werden. In der Weinbar finden
sich auch gerne die Retzer zum Par-
lieren und Degustieren ein. Und zum
Speisen, das verlockende Angebot
reicht von Antipastiteller bis Veltliner-
beuschel.
Eine empfehlenswerte Adresse für Rei-
sende ist auch der Althof Retz. In der zu
einem gemütlichen Landhotel umfunk-
tionierten Burg lässt sich entspannt es-
sen, schlafen, Wein erleben. Abenteuer-
lich wird’s unterirdisch, in den weit ver-
zweigten Gängen des Retzer Erlebnis-
kellers.
Alles dreht sich hier um den Wein,
selbst die Radwege tragen Namen wie
Veltliner, Riesling oder Portugieser. Auf
einem der schönsten Plätze thront die
Retzer Windmühle. Das denkmalge-
schützte Bauwerk ist heute ein kleines
Museum, gleich unterhalb im Wind-
mühlenheurigen der Familie Bergmann
stärkt man sich mit traditioneller Heuri-
genkost und genießt den Blick auf das
friedliche Land.
Retzbacherhof
Unterretzbach ist schon wegen seines
Ortsbildes einen Besuch wert: Ein brei-
ter Grünstreifen zieht sich mitten durch
den langgezogenen Ort, der Anger,
an dem die Häuser zu beiden Seiten
Anteil haben, diente früher als Vieh-
weide.
Seit der Ort ein herzeigbares Wirtshaus
hat, kommen tatsächlich wieder mehr
Gäste. Seit drei Jahren belebt Harald
Pollak mit dem Retzbacherhof die länd-
liche Idylle. Wie in Landgasthäusern
gepflogen, wechseln bereits am frühen
Vormittag die ersten Biere die Schank-
seite, den Stammtisch beanspruchen
die Einheimischen für sich.
Bei den geringen Niederschlägen der
Region wird auch der schöne Gast-
garten genutzt. Man sitzt umringt von
Hundertjährigen – Kastanienbäume und
ein stattlicher Maulbeerbaum spenden
großzügig Schatten.
„Zu uns kommt man nicht wegen Hum-
mer oder Garnelen“, kennt Harald
Pollak, Wirt und Küchenchef, die Wün-
sche seiner Gäste. Vielmehr schätzen
diese bodenständige Schmankerln, ein
gutes Beuschel, Ripperln, ein solides
Schnitzel. Von Bio hält er wenig, „mir ist
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GUSTOGUSTO unterwegs Weinviertel / Retzer Land
wichtiger, dass ich weiß, wo
die Produkte herkommen“.
Vieles kommt vom Bauern-
hof der Eltern, die ein paar
Häuser weiter einen Hofladen
betreiben. An den Ruheta-
gen des Restaurants werden
die Gäste in der „Einkehr“,
dem zum Gasthaus gehören-
den Heurigen versorgt. Mit
warmen Selchwürsteln, Press-
wurst, Blutwurst, Leberauf-
strich.
Bäuerliche Kulinarik
Luzia Pollak ist gerade in den
Grammelkas vertieft. Ein tra-
ditioneller Heurigenaufstrich.
Grammeln werden mit Zwie-
bel und Knoblauch faschiert,
mit Schmalz zu einer streich-
fähigen Masse gestreckt, mit
Salz und Paprika gewürzt.
Eingenommen wird die Köst-
lichkeit auf Schwarzbrot, da-
zu gehört ein rescher Veltliner.
Das Sortiment von Luzia
Pollak ist enorm: Sauer Ein-
gelegtes, jede Menge Mar-
meladen und Aufstriche wer-
den auf dem Hakenhof pro-
duziert. Oskar, ihr Mann, fährt
zweimal die Woche mit den
bäuerlichen Delikatessen nach
Wien auf den Markt. Ein gutes
Sortiment an Produkten bie-
tet auch der Retzer Bauernla-
den, stark vertreten Essiggur-
ken und anderes Saures.
Im Zeichen der Gurke
Das Land um Retz und
Znaim war früher eine Gur-
kenhochburg. Die Znaimer
Gurke genoss höchstes An-
sehen in der ganzen Monar-
chie. Leider ist sie ver-
schwunden, möglicherweise
aber ist sie doch noch zu ret-
ten. Franz Neubauer, Chef
der Firma „Retzer Delikates-
sen“ versucht zumindest, ge-
meinsam mit der Arche
Noah, den guten alten Sorten
auf die Spur zu kommen.
Die ertragreichen Hybrid-Sor-
ten haben sich einfach zu oft
als aufgeblasene Hohlgurken
erwiesen. Für Salzgurken ein
Desaster, sie werden weich,
gummig.
Eine Salzgurke muss grün,
warzig und knackig sein, er-
klärt uns Anna Neubauer, Se-
nior-Chefin. Die Zubereitung
ist seit Generationen unver-
ändert: Die Gurken werden
mit Dillkraut und Kren in
7-prozentiges Salzwasser ge-
legt und durchlaufen wäh-
rend 10 Tagen eine milchsau-
re Gärung. Dann werden sie
„umgelegt“, der Sud gefiltert,
mit Essig abgeschmeckt, mit
einer Krenscheibe, Knob-
lauch und einem Dillzweig in
Gläser gefüllt.
Das typische Gericht zu den
Gurken ist ein Weinviertler
Sterz. Dafür wird Grieß
trocken geröstet, mit Milch
aufgegossen. Dann kommen
gekochte, grob gerissene
Erdäpfel und ein kalter, grob
gerissener Semmelknödel
dazu. Das ganze wird dann
tüchtig im Schmalz geröstet.
Kraftnahrung, wie es sie beim
Retzer Weinlesefest Ende
September gibt. Dazu gehört
ein Salat aus den kleinen
weißen Reisler-Bohnen. Ganz
klar, dass das ohne Wein
nicht rutscht.
Maria sei Dank
Ja, der Wein. Seit es den
Weinviertel DAC gibt, weiß
man auch im Ausland, was
ein Pfefferl ist – obwohl gera-
de das so manchem „mo-
dernen“ Veltliner abhanden
gekommen ist. Auf jeden Fall
gibt es hier noch viel zu ent-
decken, moderne wie altmo-
dische Weine, urige Heuri-
ge, reizende Kellergassen –
die von Pillersdorf wurde vor
einigen Jahren zur schönsten
Niederösterreichs gewählt.
Nur mehr wenige Presshäu-
ser und Keller werden be-
wirtschaftet, viele wurden
restauriert und erfüllen Re-
präsentationszwecke. „Vor-
kappel“ heißt der Eingang
zum Keller, erklärt uns Josef
Diem, der exzellenten Wein
macht, aber einen Großteil
seiner Trauben an namhafte
Winzer im Kamp- und Krems-
tal verkauft. Wir schlendern
mit dem geprüften Keller-
gassenführer durch die
Maulaverner Kellergasse in
Zellerndorf. Weinkeller gibt
es erst seit Maria Theresia,
sie erlaubte den Bauern Wein
zu verkaufen. Die gute Frau
sollte eigentlich Schutzheilige
der Weinbauern sein.
Nach dem Essen sollst du ruhen … Ruhezone im Retzbacherhof. Mama Pollak schupft den Bauernladen. Links: Anna Neubauer stellt hohe Ansprüche an die Retzer Salzgurke – sie hat die besten.
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Harald und Sonja Pollak, seit 3 Jahren erfolgreich mit dem Retzbacherhof.
Weinviertler Energy-Food: Grammelkas.
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Zwei Damen im Glück
Auf dem Weg zurück Rich-
tung Großstadt ist noch ein
Stopp in Braunsdorf fällig.
Koch&Kunst heißt das ent-
zückende Gasthaus, es feiert
gerade seinen ersten Ge-
burtstag. Ingrid und Frauke
Hamann, zwei überzeugte
Slowfoodianerinnen haben
den Weinviertler Vierkanthof,
den Inge gemeinsam mit
ihrem Mann Franz Enzmann
erworben hat, um ein Gast-
haus bereichert. „Wir wollten
die Philosophie von den
guten Grundprodukten um-
setzen“, so ihr Ansinnen.
Der Gast nimmt im ehemali-
gen Kuhstall Platz, das ver-
bliebene „Mobiliar“ integriert
sich perfekt in die Gaststu-
be, die auch über eine gut
bestückte Kochbuchecke
verfügt. Es duftet nach fri-
schem Heu – nebenan be-
findet sich der Heustadl.
Draußen aufgeregtes Schnat-
tern, Herr Nielson, eine statt-
liche pommersche Graugans,
sieht nach dem Rechten.
Eine Schar Enten, Hühner
und Kärntner Brillenschafe
beleben den Hof. Köchin
Frauke bedient sich aus der
eigenen Landwirtschaft und
dem sorgfältig angelegten
Bauerngarten hinterm Haus.
Ein Südtiroler Schweinsbra-
ten vom Mangalitza schmort
im Rohr, der Elsässer Zwie-
belkuchen ist schon fertig, er
wird zum frischen Sturm ser-
viert. Zum Entenconfit kommt
würziges, selbst gebackenes
Brot, Köstlichkeiten, die die
Gäste gerne mit nach Hause
nehmen. „Frauke kocht mit
Leidenschaft und sehr viel
Gründlichkeit.“ Lobende Wor-
te von Mama Ingrid, die auf
der friesischen Insel Lange-
oog aufgewachsen ist. Heim-
weh nach dem hohen Nor-
den wird mit Essen behan-
delt und ist der Grund, dass
sich Gerichte wie Labskaus
oder Friesische Hühnersuppe
auf der Karte finden. „Wir ha-
ben uns am Anfang kaum
getraut friesisch zu kochen.“
Inzwischen geht’s nicht mehr
ohne. Derzeit steht Friesen-
torte auf der Karte, ein
Prachtstück aus Obers, Po-
widl und Blätterteig, „gibt’s
in Friesland überall, ist ganz
einfach zu machen und
schmeckt ganz lecker“. Kin-
der dürfen als einzige jeder-
zeit in die Küche und aus
den Töpfen naschen.
Fruchtsäfte kommen von
einem Bauern im Ort, Cola
und Fanta hat bislang noch
kein Kind vermisst.
Es gibt Jever Pils aus Fries-
land und an kalten Tagen mi-
xen die Damen einen wirk-
samen Sanddorn-Grog. Nur
den berühmten friesischen
Tee können sie nicht servie-
ren, das Wasser hier ist viel
zu hart (für die private Tee-
stunde wird Regenwasser
abgekocht). Außerdem, Frie-
sentee ist etwas für Leute,
die wirklich viel Zeit haben.
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GUSTOGUSTO unterwegs Weinviertel / Retzer Land
Retzbacherhof2074 Unterretzbach, Bahnstraße 1 T: 02942 201 71, www.retzbacherhof.at
Koch&Kunst 3714 Sitzendorf, Braunsdorf 40 T: 0664 46 77 855, www.kochkunst.co.at
Hofladen Familie Pollak 2074 Unterretzbach, Hauptstraße 22 T: 02942 206 12, www.pollak.co.at
Retzer Delikatessen, Fa. Neubauer2070 Retz, Josef Missonsiedlung 1 T: 02942 2387, www.retzer.at
Weinquartier 2070 Retz, Hauptplatz 4–5T: 02942 204 88, www.weinquartier.at
Althof Retz Hotel, Restaurant, Vinothek2070 Retz, Althofgasse 14 T: 02942 37 11, www.althof.at
WEINVIERTEL
Kulinarium1 Rohr auf 190°C vorheizen. Aus den Teig-platten 2 Böden (Ø 26 cm) ausschneiden, auf mit Backpapier belegte Bleche legen, mit einer Gabel mehrmals einstechen und im Rohr je 15 Minuten goldgelb backen.
2 Teigböden auskühlen lassen. Einen Bodenin eine Tortenform legen. Powidl und 3 ELSchnaps verrühren und in der Mitte verteilen.
3 Gelatine in kaltem Wasser einweichen. 2 EL Schnaps erwärmen, Gelatine darin auf-lösen. Obers cremig schlagen, Gelatine zügigeinrühren. Drei Viertel vom Obers in dieForm, Rest in einen Dressiersack füllen.Oberfläche in 12 Segmente teilen, auf jedesSegment eine Obersrosette spritzen. Tortemindestens 1 Stunde kühlen.
4 Glasur: Zucker mit Wasser aufkochen, auf den zweiten Teigboden streichen und fest werden lassen (ca. 1 Stunde). Torte ausder Form lösen. Die glasierte Teigplatte in 12 Stücke teilen und auf die Torte legen.Torte in Stücke schneiden.
Nährwert pro Stück 411 kcal; 5 g EW; 30 g Fett; 27 g KH; 2,2 BE; 59 mg Chol.
FRIESENTORTE1 Torte, 12 Stücke, Zuberei tung ca. 30 Minuten,zum Kühlen mindestens 1 Stunde
2 Rollen Blätterteig(je ca. 280 g)
5 EL Powidl5 EL Zwetschkenschnaps 800 ml Schlagobers8 Blatt Gelatine
Glasur : 5 EL Staubzucker2 EL Wasser
Große Freude bei Frauke und Inge Hamann, wenn der Strandkorb mal frei ist. Wohlfühlzone: die Gaststube.